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1. Ausgewählte Uebungsstücke aus deutschen Musterdichtern für die Declamationsübungen in höheren Bürgerschulen und in den unteren Klassen der Gymnasien - S. 63

1822 - Berlin : Reimer
Erzählungen. Der Meister aber schalt den Dreisten, Gab ihm zu knacken die harte Nuß, Zu verehren den König Hironymus, Und sagte: ,,Bleib bei deinem Leisten! Wer kaum den Pfriemen regieren kann, Was gehn den Säbel und Flinte an?" Da glühten dem Wilhelm beide Wangen, Und er sprach mit keck erhabenem Muth: ,.Mir fließt in den Adern Soldatenblut! Wie sollte mich nicht danach verlangen, Den gottlosen Feind zu schlagen aufs Haupt, Der unserm König sein Halle geraubt?" Und tapfere Preußen und Russen zogen, Von Kleist, dem Helden, geführt, in die Stadt Die langst solche Gaste gewünscht sich yat;- Allein, wie unglückschwangere Wogen, Zog auch. ein feindliches Heer heran, Weit stärker an Waffen, und Roß, und Mann! Damit der Feind herein nicht dringe, Wird draußen am Strome fleißig geschanzt Und manche Kanone ausgestanzt. Schon messen sich blutig Pik' und Klinge; Doch immer näher und näher erscheint Der übermächtig gerüstete Feind. Kanonendonner beginnt zu brüllen, Und Jägerbüchsen knallen darein. Der Frühlingssonne heller Schein Muß in Pulverdampf verhüllen; Und bang und bänger athmet die Stadt, Die eben so fröhlich gejauchzt noch hat. Dem Meister sinken Pfrietnen und Leder Aus seiner sonst so fleißigen Hand; Die gelehrteste Weisheit hält nicht Stand, Es zittert die geschickteste Feder; Und tief im Keller weint sich blind Manch Juden-und manch Christenkind.

2. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 372

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
372 noch schwereren Platz macht. Der größte Theil dieser Thiere wird zum Last- tragen gebraucht; einiger anderen bedient man sich nur zum Reiten. Der Araber sitzt oben auf seinem Höcker und ist mit einer Flinte, Lanze, Pfeife und anderem Gcräthe versehen. Sonnini erzählt, daß ein Beduinen-Araber die Reise von Kairo in Aegypten bis Mekka in fünf Tagen zurücklegte, ein Weg von vierhundert Stunden, wozu die Pilgrims-Karavanen mehr als dreißig Tage nöthig haben; er machte mithin achtzig Stunden in einem Tage. Die Sättel der Dromedare sind in der Mitte hohl und haben an den beiden Bogen ein Stück rundes, wagrecht gestelltes Holz, an welchem der Reiter sich festhält. Lange an den Seiten herabhangende Beutel mit einiger Nahrung für den Reiter und das Kameel, ein Schlauch Wasser und ein lederner Gurt zur Peitsche ist das ganze Geräth. Der gewöhnliche Gang ist ein weites Traben, wobei sie den Kopf und den Schwanz in die Höhe richten. Für jeden Ungeübten ist diese Art zu reisen höchst beschwer- lich ; die Hände schwellen an und schmerzen, die Schenkel werden wie zer- brochen , dabei stellt sich der heftigste Kopfschmerz ein durch die beständige Erschütterung, denn das Thier hat einen schweren Tritt, auch lebt der Reiter in Furcht, von dem hohen Sitz das Gleichgewicht zu verlieren und herunter zu stürzen, und die Schnelligkeit des Laufs in der glühenden Luft soll ihm fast den Athem nehmen. Zu den Unbequemlichkeiten sind noch ferner die Wanzen und anderes Ungeziefer zu zählen, welche sich auf dem Höcker auf- halten. Wenn die Dromedare sich beim Eintritt in eine Stadt drängen, wird die Sorge des Reiters noch größer. Alle Kameele lieben Musik und scheinen an der menschlichen Stimme Wohlgefallen zu haben; der Araber, wenn er einen starken Marsch machen will, feuert sie durch Gesang an, der mehr auf sie wirken soll, als alle Schläge; auch sollen sie nach den Zeugnissen einiger Reisenden langsamer und rascher gehen, je nach dem langsameren oder schnelleren Takt des Gesangs. Werden sie überladen, so stehen sie nicht eher auf, als bis die Bürde erleichtert ist. Sie sind äußerst mäßig, und zur Zeit der Noth ist ein alter Weidenkorb ein ganz gutts Essen für sie. Haben sie jedoch reiche Weide, so suchen sie nur die besten Gräser. Auf langen Reisen füttert man sie mit etwas Gerste, Boh- nen, Datteln oder mit Kugeln von Weizenmehl. Die köstlichste und nothwendigste Eigenschaft dieses Thieres ist die, daß es viele Tage ohne Beschwerde das Wasser entbehren kann, und dies allein macht es zu dem nützlichen, für den Araber unentbehrlichen Geschöpf. Hat es lange gedürstet, so wittert es hoch in der Luft, um in weiter Ferne eine Quelle zu entdecken, und verdoppelt seine Schritte, um dahin zu ge- langen und den brennenden Durft zu löschen, welcher es jedoch weniger plagt, als seinen Herrn. Hat es zwölf bis zwanzig Tage nicht getrunken, dann ist es aber auch im Stande, zwei Tonnen Wasser oder 240 Flaschen zu sich zu nehmen, gewöhnlich aber nicht so viel. Wenn daher eine Karavane von dreihundert Stück Kameelen an eine der dürftigen Quellen der Wüste kommt, wo nur eins nach dem andern saufen kann, so währt es wobl drei Taae, bis alle ibren Durst gelöscht haben.

3. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 78

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
78 und in Gottes Wort gelesen hat, so ist der Nachmittag nicht entweiht, wenn der Hausvater sich mit Frau und Kindern eine unschuldige Freude gönnt im Hause oder durch einen Gang in's Freie. Geht er aber allein in's Wirthshaus, so trägt er die Freude aus dem Hause fort. 130. Königliche Kinderzucht. Der kleine Prinz von Wales, der älteste Sohn der mächtigen Kö- nigin Viktoria von England (er ist am 9.Novbr. 1841 geboren), stand eines Tages in einem Zimmer des königlichen Landsitzes am Fenster, dessen Scheiben, wie dieses bei manchen solchen Gebäuden der Fall ist, bis hinunter auf den Fuszboden reichen. Er sollte seine Lektion auswendig lernen, schaute aber aus dem Fenster hinaus in den Garten und spielte mit seinen Fingern an den Scheiben. Seine Erzieherin bemerkte das und bat ihn freundlich, an das Lernen seiner Aufgabe zu denken. Der kleine Prinz sagte: „Ich mag nicht.“ „Dann musz ich Sie,“ sagte das Fräulein, „in die Ecke stellen.“ „Ich will nicht lernen,“ antwortete ganz trotzig der Kleine, „und ich musz nicht in der Ecke stehen ; denn ich bin der Prinz von Wales.“ Indem er dies spricht, stöszt er mit dem Fusze eine Fensterscheibe aus. Das Fräulein klingelt; der Kammerdiener kommt; durch diesen läszt sie dem Vater des Prinzen, dem Prinzen Albert, sagen, sie bäte, dasz Seine Königliche Hoheit sich hierher bemühen möchten, weil sie in dringenden Angelegenheiten seines Sohnes mit ihm zu sprechen habe. Der treugesinnte Vater kommt sogleich und läszt sich alles, was so eben vorgefallen war, erzählen. Er wendet sich hierauf an seinen kleinen Sohn, und indem er auf einen kleinen Schemel deutet, sagt er : „Setze dich jetzt einmal hierher und bleibe da, bis ich wiederkomme.“ Darauf geht er in sein Zimmer und holt sich dort eine Bibel. „Höre nun“, spricht er zu dem kleinen Prinzen, „was der Apostel Paulus dir und andern Kindern deiner Art sagt.“ Darauf liest er Galater 4, 1. 2 : „Ich sage aber, so lange der Erbe ein Kind ist, so ist zwischen ihm und einem Knechte kein Unter- schied, obwohl er ein Herr ist aller Güter, sondern er ist unter den Vormündern und Pflegern bis auf die bestimmte Zeit vom Vater.“ „Es ist wahr,“ fährt der Prinz Albert fort, „du bist der Prinz von Wales, und wenn du dich gebührend aufführst, kannst du ein vor- nehmer Mann, du kannst einmal nach dem Tode deiner Mutter, die uns Gott noch lange erhalten möge, König von England werden. Aber jetzt bist du noch ein kleiner Knabe, der seinen Vorgesetzten und Pflegern gehorchen musz. Ueberdies musz ich dir noch ein anderes Wort eindringlich machen, das der weise Salomo, Sprüch- wörter 13, 24, sagt: „Wer seiner Ruthe schonet, der hasset seinen Sohn; wer ihn aber lieb hat, der züchtigt ihn bald.“ Darauf zog der Vater eine Ruthe hervor und züchtigte den künftigen Thronerben

4. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 248

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
248 « endlich ein Abgesandter des Königs, der über das Verhalten des Kolumbus eine Untersuchung anstellen sollte. Das war dem edlen Helden zuviel; mißmuthig verließ er die Insel und eilte nach Spanien. Dort erkannte man auch seine Unschuld; doch vergingen zwei Jahre, ehe er die nöthigen Schiffe zu einer neuen Fahrt erhalten konnte. Auf dieser dritten Reise entdeckte Kolumbus zuerst das feste Land des neuen Erdtheils. Er kam an die Küste von Südamerika, wo der Orinokostrom sich in das Meer ergießt. Aus der Größe dieses Stromes merkte er, daß er aus keiner Insel kommen könne. Er fuhr eine Strecke der Küste entlang und wandte sich dann nach seiner Lieblingsinsel Hayti. Aber hier standen die Dinge höchst traurig. Wüste Unordnung und Zwie- tracht zerrüttete die spanische. Niederlassung; frecher, als je zuvor, erhoben die Feinde des Kolumbus das Haupt. Und als er nun mit Kraft gegen die Friedensstörer einschritt, da wandten sich diese von neuem an den König und erhoben wider ihn die ärgsten Beschuldigungen. Abermals kam ein Gesandter aus Spanien, ein hochmüthiger, gewaltthätiger Mensch. Der mißbrauchte seine Macht so sehr, daß er ohne nähere Untersuchung den Ko- lumbus gefangen nehmen, wie einen Verbrecher in Ketten legen und nach Europa abführen ließ. So sah Spanien den großen Weltentdecker in Fesseln! Freilich gab man ihn sogleich wieder frei; allein die Belohnungen, welche man ihm früher zugesagt hatte, wurden ihm nicht zu Theil. Dennoch unternahm der kühne Mann noch eine vierte Reise. Auf derselben hatte er furchtbare Gefahren zu bestehen. Nachdem alle seine Schiffe zu Grunde gegangen waren, schmachtete er mit seiner Mannschaft acht Monate lang auf einer Insel mitten unter den Wilden in der äußersten Noth, bis endlich ein Schiff erschien und ihn nach Spanien zurückführte. Kolumbus starb, 59 Jahre alt, in der spanischen Stadt Valladolid. Sein Leichnam wurde nach Hayti und später nach Kuba gebracht; die Kette, mit welcher er einst gefesselt war, wurde ihm, wie er verordnet hatte, mit in's Grab gelegt. Der von ihm entdeckte Erdtheil aber erhielt nicht nach ihm, sondern nach dem Italiener Amerigo, der ihn zuerst beschrieb, den Namen Amerika. 17. Luther's Jugend und Klosterleben. Am St. Martini-Abend, welches war der 10. Novbr. 1483, ist Martin Luther zu Eisleben geboren. Sein Vater war Hans Luther, ein Bergmann, wegen seiner Rechtschaffenheit allen braven Männern sehr werth; seine Mutter Margarethe war insonderheit durch Zucht, Gottesfurcht und fleißiges Gebet ausgezeichnet. Anfangs waren Luther's Eltern arm, der Vater war ein armer Hauer, und die Mutter hat das Holz auf dem Rücken getragen. Nachher aber segnete Gott des Vaters Arbeit und bescherte ihm zu Mannsfeld 2 Schmelzöfen. Sie erzogen ihren Martin zur Furcht, Gottes; dabei aber hielten sie ihn sehr hart. Er sagt selbst: „Mein Vater stäupte mich einmal so sehr, daß ieb ihn floh und ward ihm gram,

5. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 392

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
392 Steine, so kommt der Interpret und wendet mit seinem Schnabel, der an der Spitze etwas aufgeworfen ist, die Steine um. Der Austernfänger, der von Muscheln lebt, hat einen keilförmigen Schnabel mit harten scharfen Spitzen, mit denen er die starke Hülle seiner Beute so gut durchbohren und aufbrechen kann, daß man zu diesem Zweck kein trefflicheres Werkzeug erfinden könnte. Die Strandvögel, welche die öden User des nördlichen Polarmeeres bevölkern, Reiher, Brachvögel, Wafferrallen re., ziehen vor dem Winter süd- wärts in mildere Gegenden und kehren mit Anfang des Sommers nach Norden zurück, wo ihnen der aufgethaute Meeresstranb reichliche Nah- rung bietet. Der Pelikan, weißröthlich, mit schwarzen Schwingen und einem Federschopf am Hinterhaupte, einer der größten Schwimmvögel, lebt am kaspischen und an den Küsten der südlichen Meere, wird gegen 5 Fuß hoch und mißt mit ausgespannten Flügeln 10 Fuß in die Breite. Sein langer starker Schnabel ist mir einem Haken an der Spitze versehen; die nackte Kehlhaut bildet einen großen Sack, den er als Hamen zum Fischen gebraucht. Trotz seiner Schwere fliegt er doch schnell und hebt sich hoch in die Luft. Er wird in China gezähmt und zum Fischfang abgerichtet, wobei man ihm einen Ring um den Hals legt, damit er die gefangenen Fische nicht ver- schlucken kann. Der 5 Fuß hohe prächtige Flamingo, mit hohen Stelzfüßen, sehr langem Hals und hakenförmig gebogenem Schnabel, hat als Sumpfvogel ausnahmsweise Schwimmhäute zwischen den Fußzehen. Wozu? Er steckt seinen Hakenschnabel umgekehrt in den Sumpf und treibt mit dem schaufel- förmigen Fuße die Wasserwürmer und das Fischlaich in den Mund. Die Schwimmhaut des Fußes macht es ihm möglich, einen kräftigen Wasserstrom nach dem Munde zu drücken. Eine Gruppe rosenrother Flamingos bietet einen prächtigen Anblick. Sie leben truppweise und stellen sich beim Fischfang in langen Reihen auf. Stößt die Schildwache bei drohender Gefahr ein lautes Geschrei aus, so erhebt sich das ganze Regiment und fliegt wie ein aufwallendes Flammen- meer in die Luft. Der wandernde Flamingozug ordnet sich zu einem Drei- ecke und läßt sich, am Ziele angelangt, in einer abwärts neigenden Schrauben- windung zur Erde nieder. Diese sonderbaren Vögel bauen in den Morästen kegelartige Hügel, setzen ihre Nester daraus, legen je zwei Eier hinein und brüten, damit ihre langen Stelzfüße die Brut nicht stören, aus dem Schlammhügel wie auf einem Pferde reitend, ihre Jungen aus. So hat jede vom gewöhnlichen abweichende Körperform ihren bestimm- ten Zweck. Was dem Unkundigen als Zufall erscheint, ist bei näherer Be- ■ trachtung ein Ergebniß der höchsten anbetungswürdigsten Weisheit.

6. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 195

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
195 „Es ist nicht Trank, nicht Speise, wornach es Noth mir thut; doch, so ihr seid Hans Euler, so will ich euer Blut! Wißt ihr, vor Monden hab' ich euch noch als Feind bedroht; dort hatt' ich einen Bruder, den Bruder schlugt ihr todt. Und als er rang am Boden, da schwor ich ihm es gleich, daß ich ihn rächen wollte, frich oder spät, an euch!" „Und hab' ich ihn erschlagen, so war's im rechten Streit, und kommt ihr ihn zu rächen: — wohlan, ich bin bereit! Doch nicht im Hause kämps' ich, nicht zwischen Thür und Wand; im Angesichte dessen, wofür ich stritt und stand! Den Säbel, Marthe, weißt du, womit ich ihn erschlug; und sollt ich nimmer kommen: — Tirol ist groß genug!" » Sie gehen mit einander den nahen Fels hinan, sein gülden Thor hat eben der Morgen aufgethan; — Der Hans voran, der Fremde recht rüstig hinterdrein, und höher stets mit beiden der liebe Sonnenschein. Nun stehn sie an der Spitze — da liegt die Alpenwelt, die wunderbare, große, vor ihnen aufgehellt; Gesuukne Nebel zeigen der Thäler reiche Lust, mit Hütten in den Armen, mit Herden an der Brust. Dazwischen Riesenbäche, darunter Kluft an Kluft, daneben Wälderkronen, darüber freie Lust, Und, sichtbar nicht, doch fühlbar, von Gottes Ruh' umkreist, in Hütten und im Herzen der alten Treue Geist. Das sehn die beiden droben, — dem Fremden sinkt die Hand; Hans aber zeigt hinunter auf's liebe Vaterland: „Für das hab' ich gefochten, dein Bruder hat's bedroht; für das hab' ich gestritten, für das schlug ich ihn todt!" Der Fremde sieht hinunter, sieht Hansen in's Gesicht, er will den Arm erheben, den Arm erhebt er nicht: „Und hast du ihn erschlagen, so war's im rechten Streit; und willst du mir verzeihen, komm', Hans, ich bin bereit!" 39. Das Hufeisen. Als noch, verkannt und sehr gering, unser Herr aus der Erde ging, und viele Jünger sich zu ihm fanden, die sehr selten sein Wort verstanden, liebt' er es gar über die Maßen, seinen Hof zu halten auf der Straßen, weil unter des Himmels Angesicht man immer besser und freier spricht. Er ließ sie da die höchsten Lehren aus seinem heiligen Munde hören; besonders durch Gleichniß und Exempel macht' er einen jeden Markt zum Tempel. So schlendert' er in Geistesruh' mit ihnen einst einem Städtchen zu: sah etwas blinken auf der Straß', das ein zerbrochen Hufeisen was. Er sagte zu St. Peter drauf: „Heb' doch einmal das Eisen auf!" St. Peter war nicht aufgeräumt, er hatte so eben im Gehen geträumt so was vom Regiment der Welt, was einem jeden wohlgefällt: denn im Kopf hat das keine Schranken; das waren so seine liebsten Gedanken. Nun war der Fund ihm viel zu klein, hätt' müssen Krön' und Scepter sein; aber wie sollt' er seinen Rücken nach einem halben Hufeisen bücken? Er also sich zur Seite kehrt und thut, als hätt' er's nicht gehört. Der Herr, nach seiner Langmuth, drauf hebt selber das Hufeisen auf und thut auch weiter nicht dergleichen. Als sie nun bald die Stadt erreichen, geht er vor eines Schmiedes Thür, nimmt von dem Mann drei Pfennig dafür. 13'

7. Geschichte des Mittelalters - S. 91

1904 - Langensalza : Schulbuchh.
91 und die letzten Jahre seines traurigen Lebens brachte er unter tiefem Kummer zu. Sein Sohn Heinrich fand in Deutschland besonders unter den Sachsen vielen Anhang: alles neigte sich vor der aufgehenden Sonne. Da ging der Vater schnell auf ihn los und wollte gegen sein unnatürliches Kind kämpfen. Am Flusse Regen, nörblich von Regensburg, stauben die Heere beiber kampfgerüstet einander gegenüber. Aber plötzlich sah er fast alle seine bisherigen Anhänger zum Feinde übergehen, und nur die Flucht konnte ihn retten. Hierauf berief der Sohn einen Reichstag nach Mainz, wo bei" Vater abgesetzt werden sollte. Das suchte dieser zu verhinbern. Schnell sammelte er die letzten Freunbe, die er noch hatte, und wollte bnrnit nach Mainz gehen. Der Sohn fürchtete, der Anblick des rechtmäßigen Kaisers möchte die Fürsten aus anbere Gebanken bringen, und entwarf daher einen fchänblichen Plan, um den Vater in seine Gewalt zu bekommen. Er reiste ihm nach Koblenz entgegen, warf sich ihm ba zu Füßen, weinte viele heuchlerische Tränen, bat ihn tausenbmal um Verzeihung und versicherte, böse Ratgeber hätten ihn verleitet. Wie freute sich der Alte, daß sein Sohn sein Unrecht einsah! Er brückte ihn innig an sein Herz, weinte laut vor Rührung und vergab ihm mit Frenbeu. Aber alles, was der Sohn sagte, war die schänblichste Heuchelei. Er rebete dem Vater zu, doch lieber sein Heer zu entlassen. er brauche es ja nun nicht mehr, da sie versöhnt wären, und es sähe so mißtrauisch gegen die Fürsten aus, wenn er mit Soldaten nach Mainz käme. Der Vater ließ sich bereden und entließ seine Leute. Einige warnten ihn; aber gleich schwur der Sohn ihm zu, er benfe nur Liebes und Gutes und sei bereit, sein Leben für ihn aufzuopfern. Wie konnte ba wohl der Vater Verräterei ahnen! Als sie in die Gegenb von Mainz kamen, stellte ihm sein Sohn vor, es sei besser, daß er nicht mit nach Mainz ginge, er möchte lieber so lange sich in einem benachbarten Schlosse aufhalten, bis er in Mainz die Fürsten zu seinen Gunsten gestimmt haben würde. „O Sohn, Sohn!" rief der alte Kaiser, „meinst du es auch nicht böse mit mir?" Da tat der Sohn wieber einen feierlichen Schwur, daß er sein Leben für ihn zu lassen bereit sei. Sobald aber der Kaiser auf dem Schlosse Böckelheim

8. Geschichte des Mittelalters - S. 297

1904 - Langensalza : Schulbuchh.
297 herbei und drängten dies alles den Spaniern auf. Auch erschien der Gesandte eines benachbarten mächtigen Kaziken, der Kolumbus einlud, doch zu ihm zu kommen, da wolle er ihm alles geben, was er nur verlange. Kolumbus segelte hin und wurde mit Frohlocken empfangen. Männer, Weiber und Kinder strömten zu Tausenden herbei und staunten die wunderbaren Gäste an. Sie schleppten das Beste herbei, was sie hatten, und ließen nicht ab mit Bitten, daß die Spanier es nur annehmen möchten. Dem Kolumbus schenkte der Kazike unter anderem eine Maske mit schönen Goldstückchen in Ohren, Augen und Nase, und am Halse eine Menge goldener Kleinodien, und als er mit einem Schiffe in der Nähe seines Bezirkes Schissbrnch litt, weinte der gute Mann heiße Tränen, suchte Kolumbus freundlich zu trösten, und seine Indianer mußten alle Sachen aus dem Schisse ans Land schassen, wo sie in zwei Gebäuden niedergelegt und bewacht wurden. Gern wäre Kolumbus noch weiter gesegelt; aber er hatte nur noch ein kleines Schiss übrig. Das eine war ja gescheitert, und mit dem andern war der Befehlshaber Pinzon heimlich davon-gesegelt, um auf eigene Hand Entdeckungen zu machen und damit in Spanien groß zu tun. Aber der ehrliche Kazike wollte Kolumbus nicht gern ziehen lassen; er bat ihn, doch da zu bleiben und ihm gegen die Anfälle der Karaiben (Menschenfresser) der benachbarten Inseln beizustehen. Das ging zwar nicht an; indessen da mehrere von der Schiffsmannschaft baten, auf Haiti zurückbleiben zu dürfen, erlaubte es ihnen Kolumbus, beschloß aber, vorher den Indianern noch einen recht hohen Begriff von seiner Macht und einen Beweis seiner himmlischen Abkunst zu geben, damit sie auch in seiner Abwesenheit die Spanier gut behandelten. Er ließ daher in seiner Gegenwart seine Spanier Waffenübungen anstellen und erreichte dadurch ganz seinen Zweck. Mit Staunen und Schrecken sahen die Indianer das Hauen mit Säbeln und hörten mit Entsetzen das Schießen mit den Flinten, und als Kolumbus endlich eine Kanone abfeuern ließ, stürzten sie gar zu Boden. Absichtlich hatte er dieselbe gegen die Wand des gestrandeten Schiffes richten lasten und zeigte nun den Wilden die von der Kugel gemachte Öffnung. Das

9. Geschichte des Mittelalters - S. 306

1904 - Langensalza : Schulbuchh.
306 und nach England gekommen war, hatte er ganz und gar nichts, so daß er sich erst durch Unterricht im Kartenzeichnen so viel verdienen mußte, um in anständiger Kleidung vor dem Könige erscheinen zu können. Heinrich Vii. hatte ihn freundlich ausgenommen, ebenso der König von Frankreich, Karl Viii., der indessen schon von der berühmten Entdeckungsreise seines Bruders gehört hatte. Noch mehr Ehre hatte ihm Ferdinand der Katholische erwiesen; er vertraute ihm drei Schiffe an, mit denen er gleich nach Haiti gehen sollte, um seinem Bruder die verlangten Lebensmittel zu überbringen. Auch brachte er ein sehr schmeichelhaftes Schreiben des Königs mit, in welchem jener bald mehr Schiffe nachzusenden versprach und alle getroffenen Einrichtungen guthieß. Dieser Freude bedurfte der brave Admiral auch wirklich bei den vielen Unannehmlichkeiten, die seiner wieder warteten. Die Unzufriedenheit der Spanier wurde immer größer. Der eine klagte über schlechte Nahrung, der andere über zu schwere Arbeit, ein dritter konnte die Lnst nicht vertragen, und einem vierten war die Strenge nicht recht. Alle vereinigten sich in der Sehnsucht nach Spanien und in dein Hasse gegen Kolumbus. Ganz unmenschlich verfuhren seine Spanier gegen die armen Indianer. Einzelne Rotten streiften aus der Insel umher und mißhandelten und beraubten die Eingeborenen. Endlich riß diesen die Geduld. Sie ermordeten jeden Spanier, den sie allein trafen, und plötzlich erhielt Kolumbus einen unerwarteten Besuch von Guacanagari, der ihm meldete, daß eine Menge Kaziken sich verschworen hätte, die Spanier gänzlich auszurotten. Schnell fuhr Kolumbus auf. Mit 200 Fußsoldaten, 20 Reitern und 20 großen Hunden zog er gegen die Indianer, die ihn in ungeheurer Menge erwarteten. Kaum hörten sie indessen den Knall der Flinten, als der ganze Schwarm mit lautem Geschrei davonlief. Hinter ihnen drein jagten die Reiter und die Hunde, und viele der Unglücklichen wurden niedergeritten oder zerfleischt. Ein schreckliches Opser, welches Kolumbus der Sicherheit seiner Spanier schuldig zu sein glaubte! Die Entronnenen verbreiteten überallhin Schrecken vor den gewaltigen Fremdlingen. So hatten denn die Spanier fürs erste Ruhe vor den (Singe-bornen, die nun so eingeschüchtert waren, daß sie, wenn sie einen

10. Geschichte des Mittelalters - S. 8

1904 - Langensalza : Schulbuchh.
Frühling frohe Feste feierte. — Und neben diesen Göttern verehrten die Germanen noch eine Menge niederer Geister, von denen sie sich beeinflußt glaubten. Im einsamen, rauschenden Walde wohnten die Elfen, im Wasser die Nixen, in den Bergen die Zwerge und in den Häusern die Heinzel- und Wichtelmänner. L>ie alle mußten mit den Göttern und Göttinen dem mächtigen Christengotte weichen, der, besonders von irischen Missionaren gepredigt, unsern Vorfahren als ein zum Kampfe ausziehender Held erschien, und die Zabl ihrer Anhänger wurde immer kleiner; aber in der Sage und im Märchen lebten sie fort bis auf unsere Zeit, und noch heute erinnern viele Sitten und Gebräuche an die Zeit ihrer Verehrung. 2. Die Völkerwanderung nach dem Untergänge des weströmischen Reiches. Odoaker konnte sich nicht lange seiner Herrschaft freuen. Nach 13 Jahren (489) erschien ein Mächtigerer und warf ihn wieder in den L-taub zurück. Das war Theoderich der Große, der Ostgoten König. Bisher hatten die Ostgoten, die nach dem Tode Attilas wieder frei und mächtig geworden waren, an der unteren Donau gewohnt. Wie früher die Hunnen, so waren sie jetzt dem oströmischen Reiche gefährliche Nachbarn. Nur durch Zahlung großer Geldsummen konnte der oströmische Kaiser sein Reich vor ihnen schützen. Zur Sicherung der abgeschlossenen Verträge wurde nach der damaligen Sitte Theoderich nach Konstantinopel als Geisel gegeben. Da wuchs der treffliche Knabe zum blühenden Jüngling heran und wurde vom Kaiser Zeno sehr ausgezeichnet. Er erhielt reiche Geschenke, wurde sorgfältig unterrichtet und kehrte endlich, 18 Jahre alt, in sein Vaterland zurück, wo alle Stämme ihn als König anerkannten. Aber je mehr Ruhm Theoderich erwarb, desto mehr zitterte der griechische Kaiser. Daher war es diesem wohl lieb, als einst Theoderich vor ihn trat und sprach: „Du weißt, Italien liegt unter der Gewalt des Mietlings Odoaker. Erlaube mir, mit meinen Goten dahin zu ziehen. Falle ich, so bist du einen gefürchteten
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