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1. Ausgewählte Uebungsstücke aus deutschen Musterdichtern für die Declamationsübungen in höheren Bürgerschulen und in den unteren Klassen der Gymnasien - S. 63

1822 - Berlin : Reimer
Erzählungen. Der Meister aber schalt den Dreisten, Gab ihm zu knacken die harte Nuß, Zu verehren den König Hironymus, Und sagte: ,,Bleib bei deinem Leisten! Wer kaum den Pfriemen regieren kann, Was gehn den Säbel und Flinte an?" Da glühten dem Wilhelm beide Wangen, Und er sprach mit keck erhabenem Muth: ,.Mir fließt in den Adern Soldatenblut! Wie sollte mich nicht danach verlangen, Den gottlosen Feind zu schlagen aufs Haupt, Der unserm König sein Halle geraubt?" Und tapfere Preußen und Russen zogen, Von Kleist, dem Helden, geführt, in die Stadt Die langst solche Gaste gewünscht sich yat;- Allein, wie unglückschwangere Wogen, Zog auch. ein feindliches Heer heran, Weit stärker an Waffen, und Roß, und Mann! Damit der Feind herein nicht dringe, Wird draußen am Strome fleißig geschanzt Und manche Kanone ausgestanzt. Schon messen sich blutig Pik' und Klinge; Doch immer näher und näher erscheint Der übermächtig gerüstete Feind. Kanonendonner beginnt zu brüllen, Und Jägerbüchsen knallen darein. Der Frühlingssonne heller Schein Muß in Pulverdampf verhüllen; Und bang und bänger athmet die Stadt, Die eben so fröhlich gejauchzt noch hat. Dem Meister sinken Pfrietnen und Leder Aus seiner sonst so fleißigen Hand; Die gelehrteste Weisheit hält nicht Stand, Es zittert die geschickteste Feder; Und tief im Keller weint sich blind Manch Juden-und manch Christenkind.

2. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 372

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
372 noch schwereren Platz macht. Der größte Theil dieser Thiere wird zum Last- tragen gebraucht; einiger anderen bedient man sich nur zum Reiten. Der Araber sitzt oben auf seinem Höcker und ist mit einer Flinte, Lanze, Pfeife und anderem Gcräthe versehen. Sonnini erzählt, daß ein Beduinen-Araber die Reise von Kairo in Aegypten bis Mekka in fünf Tagen zurücklegte, ein Weg von vierhundert Stunden, wozu die Pilgrims-Karavanen mehr als dreißig Tage nöthig haben; er machte mithin achtzig Stunden in einem Tage. Die Sättel der Dromedare sind in der Mitte hohl und haben an den beiden Bogen ein Stück rundes, wagrecht gestelltes Holz, an welchem der Reiter sich festhält. Lange an den Seiten herabhangende Beutel mit einiger Nahrung für den Reiter und das Kameel, ein Schlauch Wasser und ein lederner Gurt zur Peitsche ist das ganze Geräth. Der gewöhnliche Gang ist ein weites Traben, wobei sie den Kopf und den Schwanz in die Höhe richten. Für jeden Ungeübten ist diese Art zu reisen höchst beschwer- lich ; die Hände schwellen an und schmerzen, die Schenkel werden wie zer- brochen , dabei stellt sich der heftigste Kopfschmerz ein durch die beständige Erschütterung, denn das Thier hat einen schweren Tritt, auch lebt der Reiter in Furcht, von dem hohen Sitz das Gleichgewicht zu verlieren und herunter zu stürzen, und die Schnelligkeit des Laufs in der glühenden Luft soll ihm fast den Athem nehmen. Zu den Unbequemlichkeiten sind noch ferner die Wanzen und anderes Ungeziefer zu zählen, welche sich auf dem Höcker auf- halten. Wenn die Dromedare sich beim Eintritt in eine Stadt drängen, wird die Sorge des Reiters noch größer. Alle Kameele lieben Musik und scheinen an der menschlichen Stimme Wohlgefallen zu haben; der Araber, wenn er einen starken Marsch machen will, feuert sie durch Gesang an, der mehr auf sie wirken soll, als alle Schläge; auch sollen sie nach den Zeugnissen einiger Reisenden langsamer und rascher gehen, je nach dem langsameren oder schnelleren Takt des Gesangs. Werden sie überladen, so stehen sie nicht eher auf, als bis die Bürde erleichtert ist. Sie sind äußerst mäßig, und zur Zeit der Noth ist ein alter Weidenkorb ein ganz gutts Essen für sie. Haben sie jedoch reiche Weide, so suchen sie nur die besten Gräser. Auf langen Reisen füttert man sie mit etwas Gerste, Boh- nen, Datteln oder mit Kugeln von Weizenmehl. Die köstlichste und nothwendigste Eigenschaft dieses Thieres ist die, daß es viele Tage ohne Beschwerde das Wasser entbehren kann, und dies allein macht es zu dem nützlichen, für den Araber unentbehrlichen Geschöpf. Hat es lange gedürstet, so wittert es hoch in der Luft, um in weiter Ferne eine Quelle zu entdecken, und verdoppelt seine Schritte, um dahin zu ge- langen und den brennenden Durft zu löschen, welcher es jedoch weniger plagt, als seinen Herrn. Hat es zwölf bis zwanzig Tage nicht getrunken, dann ist es aber auch im Stande, zwei Tonnen Wasser oder 240 Flaschen zu sich zu nehmen, gewöhnlich aber nicht so viel. Wenn daher eine Karavane von dreihundert Stück Kameelen an eine der dürftigen Quellen der Wüste kommt, wo nur eins nach dem andern saufen kann, so währt es wobl drei Taae, bis alle ibren Durst gelöscht haben.

3. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 392

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
392 Steine, so kommt der Interpret und wendet mit seinem Schnabel, der an der Spitze etwas aufgeworfen ist, die Steine um. Der Austernfänger, der von Muscheln lebt, hat einen keilförmigen Schnabel mit harten scharfen Spitzen, mit denen er die starke Hülle seiner Beute so gut durchbohren und aufbrechen kann, daß man zu diesem Zweck kein trefflicheres Werkzeug erfinden könnte. Die Strandvögel, welche die öden User des nördlichen Polarmeeres bevölkern, Reiher, Brachvögel, Wafferrallen re., ziehen vor dem Winter süd- wärts in mildere Gegenden und kehren mit Anfang des Sommers nach Norden zurück, wo ihnen der aufgethaute Meeresstranb reichliche Nah- rung bietet. Der Pelikan, weißröthlich, mit schwarzen Schwingen und einem Federschopf am Hinterhaupte, einer der größten Schwimmvögel, lebt am kaspischen und an den Küsten der südlichen Meere, wird gegen 5 Fuß hoch und mißt mit ausgespannten Flügeln 10 Fuß in die Breite. Sein langer starker Schnabel ist mir einem Haken an der Spitze versehen; die nackte Kehlhaut bildet einen großen Sack, den er als Hamen zum Fischen gebraucht. Trotz seiner Schwere fliegt er doch schnell und hebt sich hoch in die Luft. Er wird in China gezähmt und zum Fischfang abgerichtet, wobei man ihm einen Ring um den Hals legt, damit er die gefangenen Fische nicht ver- schlucken kann. Der 5 Fuß hohe prächtige Flamingo, mit hohen Stelzfüßen, sehr langem Hals und hakenförmig gebogenem Schnabel, hat als Sumpfvogel ausnahmsweise Schwimmhäute zwischen den Fußzehen. Wozu? Er steckt seinen Hakenschnabel umgekehrt in den Sumpf und treibt mit dem schaufel- förmigen Fuße die Wasserwürmer und das Fischlaich in den Mund. Die Schwimmhaut des Fußes macht es ihm möglich, einen kräftigen Wasserstrom nach dem Munde zu drücken. Eine Gruppe rosenrother Flamingos bietet einen prächtigen Anblick. Sie leben truppweise und stellen sich beim Fischfang in langen Reihen auf. Stößt die Schildwache bei drohender Gefahr ein lautes Geschrei aus, so erhebt sich das ganze Regiment und fliegt wie ein aufwallendes Flammen- meer in die Luft. Der wandernde Flamingozug ordnet sich zu einem Drei- ecke und läßt sich, am Ziele angelangt, in einer abwärts neigenden Schrauben- windung zur Erde nieder. Diese sonderbaren Vögel bauen in den Morästen kegelartige Hügel, setzen ihre Nester daraus, legen je zwei Eier hinein und brüten, damit ihre langen Stelzfüße die Brut nicht stören, aus dem Schlammhügel wie auf einem Pferde reitend, ihre Jungen aus. So hat jede vom gewöhnlichen abweichende Körperform ihren bestimm- ten Zweck. Was dem Unkundigen als Zufall erscheint, ist bei näherer Be- ■ trachtung ein Ergebniß der höchsten anbetungswürdigsten Weisheit.

4. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 124

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
124 ihr Gesang zum Himmel empor: „Ein' feste Burg ist unser Gott." Der Kampf beginnt. An der Spitze der Psorzheimer steht ihr Bürgermeister Deimling. Ein Mnsketenschuß zerschmettert ihm das rechte Bein; erknicet auf das linke und schwingt die Fahne hoch empor. Eine Traubrnkugel zerreißt ihm den rechten Arm, er nimmt die Fahne in die linke Hand. Noch einmal hebt er sie empor und sinkt, von einer Kugel durchbohrt, zu Boden. Ein Jüngling ergreift die Fahne. Furchtbar wüthet der Tod; Leichen thürmen sich ans Leichen. Immer mehr schmilzt die Heldenschar zusam- men ; aber ihre Fahne hält sie allezeit hoch. Siehe, noch einmal flattert sie, noch einmal blitzt ihre goldne Inschrift: „Ein' feste Burg ist unser Gott" über das Feld des Todes; da saust ein Schwert durch die Luft, die Fahne sinkt: der letzte der Vierhundert ist gefallen. So viel aus der Lebensgeschichte dieser köstlichsten Perle unter allen evangelischen Liedern. Zum Schlüsse sei noch des alten Reimleins gedacht: Ein' feste Burg ist unser Gott, Half vor Alters, hilft noch aus Noth. 185. Das Feuer im Walde. Zwei Knaben liefen durch den Hain und lasen Eichenreiser auf und thürmten sich ein Hirtenfeu’r, indes die Pferd’ im fetten Gras am Wiesenbache weideten. Sie freuten sich der schönen Glut, die wie ein helles Osterfeu’r gen Himmel flog, und setzten sich auf einen alten Weidenstumpf. Sie schwatzten dies und schwatzten das, vom Feuermann und Ohnekopf, vom Amtmann, der im Dorfe spukt und mit der Feuerkette klirrt, weil er nach Ansehn sprach und Geld, wie’s liebe Vieh die Bauern schund und niemals in die Kirche kam. Sie schwatzten dies und schwatzten das, vom sel’gen Pfarrer Habermann, der noch den Nuszbaum pflanzen that, von dem sie manche schöne Nusz • herabgeworfen, als sie noch zur Pfarre gingen, manche Nusz! Sie segneten den guten Mann in seiner kühlen Gruft dafür und knackten jede schöne Nusz noch einmal in Gedanken auf. — Da rauscht das dürre Laub empor, und sieh’, ein alter Kriegesknecht wankt durch den Eichenwald daher, sagt: „Guten Abend!“ wärmet sich und setzt sich auf den Weidenstumpf. „Wer bist du, guter alter Mann?“ „Ich bin ein preuszischer Soldat, der in der Schlacht bei Kunersdorf das Bein verlor und, leider Gott’s ! vor fremden Thüren betteln musz. Da ging es scharf, mein liebes Kind! Da sauseten die Kugeln uns wie Donnerwetter um den Kopf! / Dort flog ein Arm und dort ein Bein! Wir patschelten durch lauter Blut im Pulverdampf. „Steht, Kinder, steht! verlaszet euren König nicht! “ rief Vater Kleist; da sank er hin. Ich und zwei Bursche trugen flugs ihn zu dem Feldscher aus der Schlacht. Laut donnerte die Batterie; mit einmal flog mein linkes Bein

5. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 195

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
195 „Es ist nicht Trank, nicht Speise, wornach es Noth mir thut; doch, so ihr seid Hans Euler, so will ich euer Blut! Wißt ihr, vor Monden hab' ich euch noch als Feind bedroht; dort hatt' ich einen Bruder, den Bruder schlugt ihr todt. Und als er rang am Boden, da schwor ich ihm es gleich, daß ich ihn rächen wollte, frich oder spät, an euch!" „Und hab' ich ihn erschlagen, so war's im rechten Streit, und kommt ihr ihn zu rächen: — wohlan, ich bin bereit! Doch nicht im Hause kämps' ich, nicht zwischen Thür und Wand; im Angesichte dessen, wofür ich stritt und stand! Den Säbel, Marthe, weißt du, womit ich ihn erschlug; und sollt ich nimmer kommen: — Tirol ist groß genug!" » Sie gehen mit einander den nahen Fels hinan, sein gülden Thor hat eben der Morgen aufgethan; — Der Hans voran, der Fremde recht rüstig hinterdrein, und höher stets mit beiden der liebe Sonnenschein. Nun stehn sie an der Spitze — da liegt die Alpenwelt, die wunderbare, große, vor ihnen aufgehellt; Gesuukne Nebel zeigen der Thäler reiche Lust, mit Hütten in den Armen, mit Herden an der Brust. Dazwischen Riesenbäche, darunter Kluft an Kluft, daneben Wälderkronen, darüber freie Lust, Und, sichtbar nicht, doch fühlbar, von Gottes Ruh' umkreist, in Hütten und im Herzen der alten Treue Geist. Das sehn die beiden droben, — dem Fremden sinkt die Hand; Hans aber zeigt hinunter auf's liebe Vaterland: „Für das hab' ich gefochten, dein Bruder hat's bedroht; für das hab' ich gestritten, für das schlug ich ihn todt!" Der Fremde sieht hinunter, sieht Hansen in's Gesicht, er will den Arm erheben, den Arm erhebt er nicht: „Und hast du ihn erschlagen, so war's im rechten Streit; und willst du mir verzeihen, komm', Hans, ich bin bereit!" 39. Das Hufeisen. Als noch, verkannt und sehr gering, unser Herr aus der Erde ging, und viele Jünger sich zu ihm fanden, die sehr selten sein Wort verstanden, liebt' er es gar über die Maßen, seinen Hof zu halten auf der Straßen, weil unter des Himmels Angesicht man immer besser und freier spricht. Er ließ sie da die höchsten Lehren aus seinem heiligen Munde hören; besonders durch Gleichniß und Exempel macht' er einen jeden Markt zum Tempel. So schlendert' er in Geistesruh' mit ihnen einst einem Städtchen zu: sah etwas blinken auf der Straß', das ein zerbrochen Hufeisen was. Er sagte zu St. Peter drauf: „Heb' doch einmal das Eisen auf!" St. Peter war nicht aufgeräumt, er hatte so eben im Gehen geträumt so was vom Regiment der Welt, was einem jeden wohlgefällt: denn im Kopf hat das keine Schranken; das waren so seine liebsten Gedanken. Nun war der Fund ihm viel zu klein, hätt' müssen Krön' und Scepter sein; aber wie sollt' er seinen Rücken nach einem halben Hufeisen bücken? Er also sich zur Seite kehrt und thut, als hätt' er's nicht gehört. Der Herr, nach seiner Langmuth, drauf hebt selber das Hufeisen auf und thut auch weiter nicht dergleichen. Als sie nun bald die Stadt erreichen, geht er vor eines Schmiedes Thür, nimmt von dem Mann drei Pfennig dafür. 13'

6. Geschichte des Mittelalters - S. 4

1904 - Langensalza : Schulbuchh.
4 mann. Man nennt diese Einrichtung die Lehnsverfassung oder das Feudalsystem. Tie Gesetze unserer Vorfahren waren sehr einfach. Die Strafen waren größtenteils Geldstrafen; selbst der Mord konnte durch ein Wergeld gesühnt werden. So bestimmte das Gesetz der ripuarischen Franken: „Wenn ein Freier einen freien Ripuarier tötet, soll er zur Erlegung von 200 Solidi (röm. Goldmünzen) verurteilt werden. Wenn jemand einen Knecht getötet Hot, so soll er zur Erlegung von 36 Solidi verurteilt roerden. Wenn ein Freier dem andern das Ohr abgehauen hat, so daß dieser nicht Hören kann, so soll er zur Erlegung von 100 Solidi verurteilt werden. Wenn jener das Gehör nicht verloren hat, so soll er die Buße von 50 Solidi zahlen u. s. w." Da bares Geld noch selten war, war es gestattet, die Strafe in Naturalien oder Gebrauchsgegenständen zu erlege»; so wurde eine gesunde Kuh für einen Solidus, ein Pferd für 6 Solidi und ein Schwert mit der Scheide für 7 Solidi angerechnet. Zu den Gerichtsversammlungen, die unter freiem Himmel oder unter alten Eichen abgehalten wurden, dursten ursprünglich alle freien Grundbesitzer erscheinen und Recht sprechen; später wurden bestimmte Personen, die Schöffen genannt wurden, zur Anwesenheit an den Gerichtstagen und zum Finden des Urteils verpflichtet. Konnte man die Schuld oder Unschuld eines Beklagten nicht ermitteln, so mußte er einen Eid leisten, nachdem die sogenannten Eideshelser seine Glaubwürdigkeit bekräftigt hatten. In zweifelhaften Fällen nahm man zu den 0rt> alten oder Gottesurteilen seine Zuflucht. Hierbei, glaubte man, übernähme Gott selbst die Entscheidung. Ein solches sogenanntes Gottesurteil war beispielsweise die Feuerprobe. Die Angeklagte mußte mit einem glühenden Eisen aus der flachen Hand vier und einen halben Schritt lausen, dann wurde diese in ein Säckchen gebunden und versiegelt. War nach drei Tagen keine Brandwunde da, so sprach man ihn als unschuldig los. Auf eine ähnliche Art verfuhr man beim Kesselfange, wo der Beschuldigte mit entblößtem Arme in einen Kessel voll kochenden Wassers fahren und einen ans dem Grunde liegenden Ring herausholen mußte. Bei der Wasser-

7. Geschichte des Mittelalters - S. 297

1904 - Langensalza : Schulbuchh.
297 herbei und drängten dies alles den Spaniern auf. Auch erschien der Gesandte eines benachbarten mächtigen Kaziken, der Kolumbus einlud, doch zu ihm zu kommen, da wolle er ihm alles geben, was er nur verlange. Kolumbus segelte hin und wurde mit Frohlocken empfangen. Männer, Weiber und Kinder strömten zu Tausenden herbei und staunten die wunderbaren Gäste an. Sie schleppten das Beste herbei, was sie hatten, und ließen nicht ab mit Bitten, daß die Spanier es nur annehmen möchten. Dem Kolumbus schenkte der Kazike unter anderem eine Maske mit schönen Goldstückchen in Ohren, Augen und Nase, und am Halse eine Menge goldener Kleinodien, und als er mit einem Schiffe in der Nähe seines Bezirkes Schissbrnch litt, weinte der gute Mann heiße Tränen, suchte Kolumbus freundlich zu trösten, und seine Indianer mußten alle Sachen aus dem Schisse ans Land schassen, wo sie in zwei Gebäuden niedergelegt und bewacht wurden. Gern wäre Kolumbus noch weiter gesegelt; aber er hatte nur noch ein kleines Schiss übrig. Das eine war ja gescheitert, und mit dem andern war der Befehlshaber Pinzon heimlich davon-gesegelt, um auf eigene Hand Entdeckungen zu machen und damit in Spanien groß zu tun. Aber der ehrliche Kazike wollte Kolumbus nicht gern ziehen lassen; er bat ihn, doch da zu bleiben und ihm gegen die Anfälle der Karaiben (Menschenfresser) der benachbarten Inseln beizustehen. Das ging zwar nicht an; indessen da mehrere von der Schiffsmannschaft baten, auf Haiti zurückbleiben zu dürfen, erlaubte es ihnen Kolumbus, beschloß aber, vorher den Indianern noch einen recht hohen Begriff von seiner Macht und einen Beweis seiner himmlischen Abkunst zu geben, damit sie auch in seiner Abwesenheit die Spanier gut behandelten. Er ließ daher in seiner Gegenwart seine Spanier Waffenübungen anstellen und erreichte dadurch ganz seinen Zweck. Mit Staunen und Schrecken sahen die Indianer das Hauen mit Säbeln und hörten mit Entsetzen das Schießen mit den Flinten, und als Kolumbus endlich eine Kanone abfeuern ließ, stürzten sie gar zu Boden. Absichtlich hatte er dieselbe gegen die Wand des gestrandeten Schiffes richten lasten und zeigte nun den Wilden die von der Kugel gemachte Öffnung. Das

8. Geschichte des Mittelalters - S. 306

1904 - Langensalza : Schulbuchh.
306 und nach England gekommen war, hatte er ganz und gar nichts, so daß er sich erst durch Unterricht im Kartenzeichnen so viel verdienen mußte, um in anständiger Kleidung vor dem Könige erscheinen zu können. Heinrich Vii. hatte ihn freundlich ausgenommen, ebenso der König von Frankreich, Karl Viii., der indessen schon von der berühmten Entdeckungsreise seines Bruders gehört hatte. Noch mehr Ehre hatte ihm Ferdinand der Katholische erwiesen; er vertraute ihm drei Schiffe an, mit denen er gleich nach Haiti gehen sollte, um seinem Bruder die verlangten Lebensmittel zu überbringen. Auch brachte er ein sehr schmeichelhaftes Schreiben des Königs mit, in welchem jener bald mehr Schiffe nachzusenden versprach und alle getroffenen Einrichtungen guthieß. Dieser Freude bedurfte der brave Admiral auch wirklich bei den vielen Unannehmlichkeiten, die seiner wieder warteten. Die Unzufriedenheit der Spanier wurde immer größer. Der eine klagte über schlechte Nahrung, der andere über zu schwere Arbeit, ein dritter konnte die Lnst nicht vertragen, und einem vierten war die Strenge nicht recht. Alle vereinigten sich in der Sehnsucht nach Spanien und in dein Hasse gegen Kolumbus. Ganz unmenschlich verfuhren seine Spanier gegen die armen Indianer. Einzelne Rotten streiften aus der Insel umher und mißhandelten und beraubten die Eingeborenen. Endlich riß diesen die Geduld. Sie ermordeten jeden Spanier, den sie allein trafen, und plötzlich erhielt Kolumbus einen unerwarteten Besuch von Guacanagari, der ihm meldete, daß eine Menge Kaziken sich verschworen hätte, die Spanier gänzlich auszurotten. Schnell fuhr Kolumbus auf. Mit 200 Fußsoldaten, 20 Reitern und 20 großen Hunden zog er gegen die Indianer, die ihn in ungeheurer Menge erwarteten. Kaum hörten sie indessen den Knall der Flinten, als der ganze Schwarm mit lautem Geschrei davonlief. Hinter ihnen drein jagten die Reiter und die Hunde, und viele der Unglücklichen wurden niedergeritten oder zerfleischt. Ein schreckliches Opser, welches Kolumbus der Sicherheit seiner Spanier schuldig zu sein glaubte! Die Entronnenen verbreiteten überallhin Schrecken vor den gewaltigen Fremdlingen. So hatten denn die Spanier fürs erste Ruhe vor den (Singe-bornen, die nun so eingeschüchtert waren, daß sie, wenn sie einen

9. Geschichte des Mittelalters - S. 212

1904 - Langensalza : Schulbuchh.
212 des Volkes zu geißeln. Vor ihnen her wurde eine blutrote Fahne getragen; sie selbst waren in Bußkleider gehüllt und trugen in der Hand eine Geißel aus knotigen Riemen, deren Enden eiserne Stacheln hatten. Wenn sie unter dem Zulaufe des Volkes in eine Stadt einzogen, so warsen sie die Kleider ab; nur den Leib hielten sie mit einem weißen Tuche umwunden. Unter Absingung trauriger Bußpsalmen geißelten sie sich dann den Rücken so, daß das Blut herablief, und beteten zu Gott, daß er um ihres Blutes willen die verdienten Strafen abwenden möchte. Zuletzt sammelten sie unter dem Volke Geldbeiträge ein. Kurz vor und bald nach diesem großen Unglück trug sich in Rom eine seltsame Regieruugsverandernng durch Cola tu Rienzi zu. Dieser Mann war der Sohn eines Weinschenken und einer Wäscherin. Er hatte sich von Jugend auf mit den Wissenschaften beschäftigt, die Werke der Alten gelesen und war, umgeben von den Überresten altrömischer Denkmäler, von Bewunderung für die römische Vorzeit erfüllt. Gerührt durch den Anblick der traurigen Lage Roms, um das sich weder der Papst, der seit 1309 in Avignon im südlichen Frankreich residierte, noch der Kaiser in Prag bekümmerte, und das innern Parteiungen preisgegeben war, ergriff er mit Begeisterung die Idee, Rom seine alte Größe wiederzugeben und es wieder zum Haupte des Christentums zu machen. Der damalige Zustand Roms war in der Tat betrübend. Die römischen Barone hatten alle Schlösser der Umgegend und ihre Paläste in der Stadt in Festungen verwandelt, selbst die Ruinen befestigt und Soldaten hineingelegt, die, Räubern gleich, die friedlichen Bürger überfielen, beraubten und ihre Beute in ihren Festen verbargen. Die Regierung führte dem Namen nach ein vom Papste ernannter Senator, der aber vor den Gewalttätigkeiten der Großen, die zu seiner Partei gehörten, die Augen schloß und dessen Gewalt von seinen Gegnern nicht anerkannt wurde. Die Edeln teilten sich in die beiden Parteien Orsini und Colonna, die unaufhörlich gerüstet und feindlich einander gegenüberstanden. Diesem unglücklichen Zustande glaubte Cola ein Ende machen zu können; die Gesetzlosigkeit, die bis dahin in Rom geherrscht hatte, wollte er

10. Geschichte des Mittelalters - S. 231

1904 - Langensalza : Schulbuchh.
231 Stadt Konstanz und befahl ihm, Hus in seinem und des Königs Namen als einen Ketzer zu verbrennen. Der Vogt übergab den armen Mann bent Scharfrichter und den Ratsknechten mit dem Befehle, ihn hinauszuführen, ihn aber nicht dessen, was er an sich trage, zu berauben. Hus hatte zwei schwarze Gewänder von gutem Tuche an, um bett Leib einen mit Silber beschlagenen Gürtel, an welchem zwei Messer in einer Scheibe hingen. So würde er abgeführt, ohne Fesseln; auf jeber Seite führte ihn ein Diener des Pfalzgrafen, vor und hinter ihm gingen zwei Kriegsknechte und mehr als 3000 Bewaffnete zu Fuß; bei' Pfalzgraf, eine Menge der Fürsten und Herren, auch viele Geistliche folgten zu Pierbe nach. So ging der Trauerzug zun Tore hinaus. Es war eine so ungeheure Menge Volks herbeigelaufen, die Tobesqualen des reblichcn Hus mit anzusehen, daß man einen andern als den gewöhnlichen Weg einschlagen mußte und besorgt war, die Brücke möchte einbrechen. Hus ging gefaßt einher; der Gebaute an das Beispiel Jesu und das Bewußtsein seiner Unschnlb hielten ihn aufrecht. Mehrcretual sprach er auf lateinisch die Worte: „Jesus Christus, Sohn des le-benbigen Gottes, erbarme bich meiner!" Auch wanbte er sich zuweilen in beutscher Sprache an das nebenher lausenbe Volk und versicherte, daß er nicht tun seiner Ketzerei, sonbern um der Ungerechtigkeit seiner Feinde willen bett Tod leiben müsse. Als er bei dem böhmischen Palaste vorbeikam, sah er, wie man seine Bücher ans einem Scheiterhaufen verbrannte, und lächelte dazu. Nun kam er auf den Platz, auf welchem der für ihn bestimmte Holzstoß stand. Da fiel er ans feine Knie, empfahl sich der Barmherzigkeit Gottes und rief zu Jesu, ihn in fein Reich aufzunehmen. Dann wollte er zu dem Volke noch einige Worte reden, aber der Pfalzgraf verbot es und befahl, die Hinrichtung zu beschleunigen. Noch einmal fiel Hus auf feine Knie und betete andächtig, dankte darauf seinem Kerkermeister für die gegen ihn bewiesene Freundlichkeit — er hatte vom 28. November 1414 bis zum 6. Juli 1415, dem Tag feiner Verbrennung, im Gefüngniffe gesessen — und sagte, seine Wärter wären ihm wie Brüder nicht wie Wachter gewesen Dann schleppten ihn die Knechte auf den Holzstoß, stellten ihn auf einen
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