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1. Ausgewählte Uebungsstücke aus deutschen Musterdichtern für die Declamationsübungen in höheren Bürgerschulen und in den unteren Klassen der Gymnasien - S. 63

1822 - Berlin : Reimer
Erzählungen. Der Meister aber schalt den Dreisten, Gab ihm zu knacken die harte Nuß, Zu verehren den König Hironymus, Und sagte: ,,Bleib bei deinem Leisten! Wer kaum den Pfriemen regieren kann, Was gehn den Säbel und Flinte an?" Da glühten dem Wilhelm beide Wangen, Und er sprach mit keck erhabenem Muth: ,.Mir fließt in den Adern Soldatenblut! Wie sollte mich nicht danach verlangen, Den gottlosen Feind zu schlagen aufs Haupt, Der unserm König sein Halle geraubt?" Und tapfere Preußen und Russen zogen, Von Kleist, dem Helden, geführt, in die Stadt Die langst solche Gaste gewünscht sich yat;- Allein, wie unglückschwangere Wogen, Zog auch. ein feindliches Heer heran, Weit stärker an Waffen, und Roß, und Mann! Damit der Feind herein nicht dringe, Wird draußen am Strome fleißig geschanzt Und manche Kanone ausgestanzt. Schon messen sich blutig Pik' und Klinge; Doch immer näher und näher erscheint Der übermächtig gerüstete Feind. Kanonendonner beginnt zu brüllen, Und Jägerbüchsen knallen darein. Der Frühlingssonne heller Schein Muß in Pulverdampf verhüllen; Und bang und bänger athmet die Stadt, Die eben so fröhlich gejauchzt noch hat. Dem Meister sinken Pfrietnen und Leder Aus seiner sonst so fleißigen Hand; Die gelehrteste Weisheit hält nicht Stand, Es zittert die geschickteste Feder; Und tief im Keller weint sich blind Manch Juden-und manch Christenkind.

2. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 372

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
372 noch schwereren Platz macht. Der größte Theil dieser Thiere wird zum Last- tragen gebraucht; einiger anderen bedient man sich nur zum Reiten. Der Araber sitzt oben auf seinem Höcker und ist mit einer Flinte, Lanze, Pfeife und anderem Gcräthe versehen. Sonnini erzählt, daß ein Beduinen-Araber die Reise von Kairo in Aegypten bis Mekka in fünf Tagen zurücklegte, ein Weg von vierhundert Stunden, wozu die Pilgrims-Karavanen mehr als dreißig Tage nöthig haben; er machte mithin achtzig Stunden in einem Tage. Die Sättel der Dromedare sind in der Mitte hohl und haben an den beiden Bogen ein Stück rundes, wagrecht gestelltes Holz, an welchem der Reiter sich festhält. Lange an den Seiten herabhangende Beutel mit einiger Nahrung für den Reiter und das Kameel, ein Schlauch Wasser und ein lederner Gurt zur Peitsche ist das ganze Geräth. Der gewöhnliche Gang ist ein weites Traben, wobei sie den Kopf und den Schwanz in die Höhe richten. Für jeden Ungeübten ist diese Art zu reisen höchst beschwer- lich ; die Hände schwellen an und schmerzen, die Schenkel werden wie zer- brochen , dabei stellt sich der heftigste Kopfschmerz ein durch die beständige Erschütterung, denn das Thier hat einen schweren Tritt, auch lebt der Reiter in Furcht, von dem hohen Sitz das Gleichgewicht zu verlieren und herunter zu stürzen, und die Schnelligkeit des Laufs in der glühenden Luft soll ihm fast den Athem nehmen. Zu den Unbequemlichkeiten sind noch ferner die Wanzen und anderes Ungeziefer zu zählen, welche sich auf dem Höcker auf- halten. Wenn die Dromedare sich beim Eintritt in eine Stadt drängen, wird die Sorge des Reiters noch größer. Alle Kameele lieben Musik und scheinen an der menschlichen Stimme Wohlgefallen zu haben; der Araber, wenn er einen starken Marsch machen will, feuert sie durch Gesang an, der mehr auf sie wirken soll, als alle Schläge; auch sollen sie nach den Zeugnissen einiger Reisenden langsamer und rascher gehen, je nach dem langsameren oder schnelleren Takt des Gesangs. Werden sie überladen, so stehen sie nicht eher auf, als bis die Bürde erleichtert ist. Sie sind äußerst mäßig, und zur Zeit der Noth ist ein alter Weidenkorb ein ganz gutts Essen für sie. Haben sie jedoch reiche Weide, so suchen sie nur die besten Gräser. Auf langen Reisen füttert man sie mit etwas Gerste, Boh- nen, Datteln oder mit Kugeln von Weizenmehl. Die köstlichste und nothwendigste Eigenschaft dieses Thieres ist die, daß es viele Tage ohne Beschwerde das Wasser entbehren kann, und dies allein macht es zu dem nützlichen, für den Araber unentbehrlichen Geschöpf. Hat es lange gedürstet, so wittert es hoch in der Luft, um in weiter Ferne eine Quelle zu entdecken, und verdoppelt seine Schritte, um dahin zu ge- langen und den brennenden Durft zu löschen, welcher es jedoch weniger plagt, als seinen Herrn. Hat es zwölf bis zwanzig Tage nicht getrunken, dann ist es aber auch im Stande, zwei Tonnen Wasser oder 240 Flaschen zu sich zu nehmen, gewöhnlich aber nicht so viel. Wenn daher eine Karavane von dreihundert Stück Kameelen an eine der dürftigen Quellen der Wüste kommt, wo nur eins nach dem andern saufen kann, so währt es wobl drei Taae, bis alle ibren Durst gelöscht haben.

3. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 392

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
392 Steine, so kommt der Interpret und wendet mit seinem Schnabel, der an der Spitze etwas aufgeworfen ist, die Steine um. Der Austernfänger, der von Muscheln lebt, hat einen keilförmigen Schnabel mit harten scharfen Spitzen, mit denen er die starke Hülle seiner Beute so gut durchbohren und aufbrechen kann, daß man zu diesem Zweck kein trefflicheres Werkzeug erfinden könnte. Die Strandvögel, welche die öden User des nördlichen Polarmeeres bevölkern, Reiher, Brachvögel, Wafferrallen re., ziehen vor dem Winter süd- wärts in mildere Gegenden und kehren mit Anfang des Sommers nach Norden zurück, wo ihnen der aufgethaute Meeresstranb reichliche Nah- rung bietet. Der Pelikan, weißröthlich, mit schwarzen Schwingen und einem Federschopf am Hinterhaupte, einer der größten Schwimmvögel, lebt am kaspischen und an den Küsten der südlichen Meere, wird gegen 5 Fuß hoch und mißt mit ausgespannten Flügeln 10 Fuß in die Breite. Sein langer starker Schnabel ist mir einem Haken an der Spitze versehen; die nackte Kehlhaut bildet einen großen Sack, den er als Hamen zum Fischen gebraucht. Trotz seiner Schwere fliegt er doch schnell und hebt sich hoch in die Luft. Er wird in China gezähmt und zum Fischfang abgerichtet, wobei man ihm einen Ring um den Hals legt, damit er die gefangenen Fische nicht ver- schlucken kann. Der 5 Fuß hohe prächtige Flamingo, mit hohen Stelzfüßen, sehr langem Hals und hakenförmig gebogenem Schnabel, hat als Sumpfvogel ausnahmsweise Schwimmhäute zwischen den Fußzehen. Wozu? Er steckt seinen Hakenschnabel umgekehrt in den Sumpf und treibt mit dem schaufel- förmigen Fuße die Wasserwürmer und das Fischlaich in den Mund. Die Schwimmhaut des Fußes macht es ihm möglich, einen kräftigen Wasserstrom nach dem Munde zu drücken. Eine Gruppe rosenrother Flamingos bietet einen prächtigen Anblick. Sie leben truppweise und stellen sich beim Fischfang in langen Reihen auf. Stößt die Schildwache bei drohender Gefahr ein lautes Geschrei aus, so erhebt sich das ganze Regiment und fliegt wie ein aufwallendes Flammen- meer in die Luft. Der wandernde Flamingozug ordnet sich zu einem Drei- ecke und läßt sich, am Ziele angelangt, in einer abwärts neigenden Schrauben- windung zur Erde nieder. Diese sonderbaren Vögel bauen in den Morästen kegelartige Hügel, setzen ihre Nester daraus, legen je zwei Eier hinein und brüten, damit ihre langen Stelzfüße die Brut nicht stören, aus dem Schlammhügel wie auf einem Pferde reitend, ihre Jungen aus. So hat jede vom gewöhnlichen abweichende Körperform ihren bestimm- ten Zweck. Was dem Unkundigen als Zufall erscheint, ist bei näherer Be- ■ trachtung ein Ergebniß der höchsten anbetungswürdigsten Weisheit.

4. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 195

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
195 „Es ist nicht Trank, nicht Speise, wornach es Noth mir thut; doch, so ihr seid Hans Euler, so will ich euer Blut! Wißt ihr, vor Monden hab' ich euch noch als Feind bedroht; dort hatt' ich einen Bruder, den Bruder schlugt ihr todt. Und als er rang am Boden, da schwor ich ihm es gleich, daß ich ihn rächen wollte, frich oder spät, an euch!" „Und hab' ich ihn erschlagen, so war's im rechten Streit, und kommt ihr ihn zu rächen: — wohlan, ich bin bereit! Doch nicht im Hause kämps' ich, nicht zwischen Thür und Wand; im Angesichte dessen, wofür ich stritt und stand! Den Säbel, Marthe, weißt du, womit ich ihn erschlug; und sollt ich nimmer kommen: — Tirol ist groß genug!" » Sie gehen mit einander den nahen Fels hinan, sein gülden Thor hat eben der Morgen aufgethan; — Der Hans voran, der Fremde recht rüstig hinterdrein, und höher stets mit beiden der liebe Sonnenschein. Nun stehn sie an der Spitze — da liegt die Alpenwelt, die wunderbare, große, vor ihnen aufgehellt; Gesuukne Nebel zeigen der Thäler reiche Lust, mit Hütten in den Armen, mit Herden an der Brust. Dazwischen Riesenbäche, darunter Kluft an Kluft, daneben Wälderkronen, darüber freie Lust, Und, sichtbar nicht, doch fühlbar, von Gottes Ruh' umkreist, in Hütten und im Herzen der alten Treue Geist. Das sehn die beiden droben, — dem Fremden sinkt die Hand; Hans aber zeigt hinunter auf's liebe Vaterland: „Für das hab' ich gefochten, dein Bruder hat's bedroht; für das hab' ich gestritten, für das schlug ich ihn todt!" Der Fremde sieht hinunter, sieht Hansen in's Gesicht, er will den Arm erheben, den Arm erhebt er nicht: „Und hast du ihn erschlagen, so war's im rechten Streit; und willst du mir verzeihen, komm', Hans, ich bin bereit!" 39. Das Hufeisen. Als noch, verkannt und sehr gering, unser Herr aus der Erde ging, und viele Jünger sich zu ihm fanden, die sehr selten sein Wort verstanden, liebt' er es gar über die Maßen, seinen Hof zu halten auf der Straßen, weil unter des Himmels Angesicht man immer besser und freier spricht. Er ließ sie da die höchsten Lehren aus seinem heiligen Munde hören; besonders durch Gleichniß und Exempel macht' er einen jeden Markt zum Tempel. So schlendert' er in Geistesruh' mit ihnen einst einem Städtchen zu: sah etwas blinken auf der Straß', das ein zerbrochen Hufeisen was. Er sagte zu St. Peter drauf: „Heb' doch einmal das Eisen auf!" St. Peter war nicht aufgeräumt, er hatte so eben im Gehen geträumt so was vom Regiment der Welt, was einem jeden wohlgefällt: denn im Kopf hat das keine Schranken; das waren so seine liebsten Gedanken. Nun war der Fund ihm viel zu klein, hätt' müssen Krön' und Scepter sein; aber wie sollt' er seinen Rücken nach einem halben Hufeisen bücken? Er also sich zur Seite kehrt und thut, als hätt' er's nicht gehört. Der Herr, nach seiner Langmuth, drauf hebt selber das Hufeisen auf und thut auch weiter nicht dergleichen. Als sie nun bald die Stadt erreichen, geht er vor eines Schmiedes Thür, nimmt von dem Mann drei Pfennig dafür. 13'

5. Bd. 1 - S. 27

1912 - Leipzig : Dyk
— 27 — schwächer an Zahl, als die angreifenden Barbaren; daher litten sie viel, ohne es vergelten zu können. So schlugen sie denn dort, als sie — soweit es in einem dichtbewaldeten Gebirge überhaupt möglich war — einen passenden Platz gefunden hatten, ein Lager auf. Die Mehrzahl der Wagen und was ihnen sonst nicht durchaus notwendig war, verbrannten sie oder ließen es im Stich und zogen am andern Tage in besserer Ordnung weiter, bis sie wirklich an eine lichtere Stelle gelangten; doch kamen sie nicht los, ohne Blut zu lassen. Als sie aber, von dort aufgebrochen, wiederum in die Waldungen gerieten, wehrten sie sich zwar gegen die, welche auf sie eindrangen, gerieten aber gerade auch dadurch in nicht geringe Not. Denn indem sie sich auf einen engen Raum zusammendrängten damit das Fußvolk und die Reiterei zugleich mit voller Mach: sich auf den Feind stürzen könnten, hatten sie unter sich, einer von dem andern, und alle von den Bäumen viel zu leiden. Kaum hatten sie sich mit Anbruch des dritten Tages auf den Weg gemacht, als heftiger Regen und starker Wind hereinbrach, der ihnen weder vorzurücken, noch festen Fuß zu fassen verstattete, ja sogar den Gebrauch der Waffen benahm. Denn weder Bogen noch Pfeile, noch die Wurfspeere, noch die Schilde — die ja von Regen durchnäßt waren — konnten sie ordentlich gebrauchen. Die Feinde, die der Mehrzahl nach leicht bewaffnet waren und ohne Bedenken angreifen oder sich zurückziehen konnten, wie sie wollten, wurden von dergleichen Unfällen natürlich weniger betroffen. Überdies waren sie weit stärker an Zahl, da auch von denen, welche anfangs noch unschlüssig waren, viele schon um der Beute willen zu ihnen stießen; deshalb konnten sie jene, deren Zahl bereits verringert war — denn viele waren in dem bisherigen Kampfe umgekommen — um so leichter umzingeln und niederhauen. Darum vollbrachten Varns und die andern angesehensten Männer aus Furcht, entweder gefangen zu werden oder unter den Händen erbitterter Feinde zu sterben (verwundet waren sie schon) eine furchtbare, aber notwendige Tat: sie töteten sich selbst. Als dies bekannt ward, wehrte sich auch von den andern keiner mehr, wenn es ihm auch nicht an Kraft gefehlt hätte. Die einen folgten dem Beispiel ihres Anführers, die andern warfen die Waffen fort und ließen sich von dem ersten besten umbringen; fliehen konnte keiner, hätte er es auch noch so gern gewollt. So ward denn alles ohne Scheu niedergehauen, Männer und Rosse. Nichts Blutigeres gab es je, als das Schlachten dort in den

6. Bd. 1 - S. 7

1912 - Leipzig : Dyk
— 7 — Deshalb bereitete denn auch Marius dort eine Schlacht vor (102 v. Chr.) und nahm zum Lagerplatz einen Punkt, der wohl fest war, aber keinen Überfluß an Wasser hatte; in der Absicht, wie es heißt, auch dadurch die Soldaten anzufeuern. Wenigstens als viele murrten und äußerten, sie würden Durst leiden, wies er mit der Hand auf einen Fluß hin, der nah am Lager der Barbaren hinströmte, und sagte: dort würden sie sich für Blut einen Trunk kaufen können. „Weshalb also," hieß es, „führst du uns nicht sogleich darauf los, so lange uns noch das Blut in den Adern nicht vertrocknet ist?" Und jener antwortete mit ruhiger Stimme: „Erst müssen wir einmal unser Lager befestigen." Die Soldaten, obwohl unwillig, gehorchten; der Troß der Knechte aber, der weder für sich, noch für die Tiere zu trinken hatte, ging haufenweise an den Fluß; die einen nahmen Äxte, andere Hacken, einige aber auch Schwerter und Lanzen neben den Wasserkrügen mit, um selbst durch Kampf zu Wasser zu gelangen. Zuerst banden nur wenige von den Feinden mit ihnen an, denn die meisten waren beim Frühstück nach dem Bade, oder badeten noch. Dort nämlich sprudeln aus dem Boden warme Wasserquellen, und ein Teil der Barbaren ward von den Römern überrascht, als er es sich dabei wohl sein ließ und laut jubelte vor Freude und Verwunderung über den herrlichen Ort. Da aber auf das Geschrei eine immer größere Menge zusammenlief, ward es Marius schwer, die Soldaten, welche für ihre Knechte fürchteten, zurückzuhalten; zugleich erhob sich der streitbarste Teil der Feinde, von dem die Römer früher unter Manlius und Cäpio überwältigt waren — sie hießen Ambronen und waren für sich allein über 30000 Mann stark — und eilte zu den Waffen. Den Leib mit Speise überladen, dabei voll ausgelassenen Mutes und von starkem Weine begeistert, liefen sie dennoch nicht ordnungslos und toll umher, noch war es ein sinnloses Geschrei, das sie ausstießen; sondern indem sie die Waffen im Takt zusammenschlugen und alle zugleich in die Höhe sprangen, riefen sie oftmals ihren eigenen Namen: „Ambronen, Ambronen"; sei es, daß sie sich selbst zum Kampfe aufriefen, oder die Feinde im Voraus durch Kundgebung ihres Namens erschrecken wollten. Als aber die Ligyer, welche zuerst von den italischen Hilfsvölkern auf sie losgingen, ihr Geschrei hörten und verstanden, riefen sie dagegen an: das sei auch ihr heimischer Name; denn die Ligyer selbst nennen sich mit ihrem Stammnamen Ambronen. Ohne Unterlaß und wie ein Echo ertönte von beiden Seiten der Ruf, bevor sie handgemein wurden; Quellenlesebuch. Band 1. 2

7. Bd. 1 - S. 37

1912 - Leipzig : Dyk
— 37 — ihnen versagt hat, weiß ich nicht. Doch möchte ich nicht behaupten, daß keine Gebirgsader Germaniens Silber oder Gold hervorbrächte, denn wer hat danach gesucht? Besitz und Gebrauch wirkt auf sie nicht wie auf andere. Man kann bei ihnen silberne Gefäße, die ihre Gesandten und Fürsten als Geschenke erhielten, neben irdenem Geschirr zu gleich niedrigem Dienste bestimmt sehen, obwohl die Grenzstämme wegen des Handelsverkehrs Gold und Silber zu schätzen wissen und einige von unsern Geldstempeln anerkennen und wohl unterscheiden. Die Binnenvölker treiben nach einfacher, alter Art Tauschhandel. Das Geld gefällt ihnen, wenn es alt und lange bekannt ist: Denare mit zackigem Rande oder mit dem Bigastempel (Biga = Zweigespann). Auch gehen sie mehr auf Silber als auf Gold aus: keineswegs aus besonderer Vorliebe, sondern weil die größere Zahl der Silbermünzen ihnen zum Gebrauch bequemer ist, da sie nur gewöhnliche und billige Waren einhandeln. Selbst Eisen haben sie nicht im Überfluß, wie aus der Art ihrer Waffen zu schließen ist. Wenige brauchen Schwerter oder größere Lanzen; Speere oder, wie sie sie nennen, Frameen führen sie, mit einer schmalen und kurzen Eisenspitze, so scharf jedoch 'und zum Gebrauch so handlich, daß sie mit derselben Waffe, je nachdem es die Umstände erfordern, aus der Nähe sowohl wie aus der Ferne kämpfen. Der Reitersmann begnügt sich mit Schild und Framea; die Fußkämpfer entsenden auch Wurfgeschosse, jeder mehr als eines, und schleudern sie unglaublich weit, nackt oder in einem leichtert Mantel. Prahlerischen Schmuck kennen sie nicht; nur die Schilder bemalen sie mit den gewähltesten Farben. Wenige haben Panzer, kaum einer oder der andere eine Sturmhaube oder einen Helm. Die Pferde sind nicht durch Gestalt, nicht durch Schnelligkeit ausgezeichnet. Ja, nicht einmal zum Drehungenmachen, wie es bei uns Sitte ist, werden sie geschult; sie lassen sie geradeaus oder in ununterbrochener Schwenkung rechts herum gehen, in einem so fest geschlossenen Kreise, daß keiner der letzte ist. Im allgemeinen zu urteilen, wohnt mehr Kraft dem Fußvolke bei. Deshalb kämpfen sie untermischt; denn leicht fügen und schmiegen sich in den Reiterkampf die gewandten Fußkämpfer, die sie aus der gesamten jungen Mannschaft auswählen und vor der Schlachtreihe aufstellen. Fest bestimmt ist auch ihre Zahl; je hundert sind es aus jedem Gau, und eben diese Bezeichnung führen sie unter den ihrigen. Was zuerst Zahl war, ist nun schon Ehrentitel und Rang. Die Schlachtreihe wird in Keilen aufgestellt. Vom Platze zu weichen, wenn man nur wieder zum Angriff umkehrt, gilt mehr für

8. Bd. 1 - S. 47

1912 - Leipzig : Dyk
— 47 — war unersättlich; die Hand wollte nicht ermüden und gewährte keine Schonung. Die Schwerverwundeten flehten meist um den erlösenden Tod, andere wieder baten mit erlöschenden Augen um Gnade. Gut waren die daran, denen schwere Geschosse gleich das Haupt vom Rumpfe getrennt hatten. Einige Unglückliche stürzten auf dem blutbedeckten, schlüpfrigen Boden und erstickten unter dem Haufen der über sie Fallenden, ohne Wunden empfangen zu haben. Immer heftiger drängten die siegreichen Römer nach, deren Schwerter stumpf zu werden drohten, und traten die glänzenden Helme und Schilde der Besiegten in den Staub. Dagegen befanden sich diese in um so größerer Not, als die Haufen der Erschlagenen den Weg versperrten; sie eilten dem Flusse zu, dort ihr Heil zu suchen. Unermüdlich verfolgten die Römer im Lauf die fliehenden Feinde, von denen viele durch Schwimmen ihre Rettung zu finden glaubten, bis ans Ufer. Schnell übersah das der Cäsar und beeilte sich, mit den Tribunen und anderen Offizieren durch Kommandorufe zu verhindern, daß die Unfrigen in der Hitze der Verfolgung nachsprängen. Vielmehr befahl er, nun Geschosse auf die Feinde zu schleudern, damit selbst die tüchtigsten Schwimmer verwundet in die Tiefe gezogen würden. An die guten Schwimmer klammerten sich dieser Kunst Unkundige an; andere, deren sich die Behenden entledigt hatten, trieben dahin wie Klötze, andere wieder wurden von den reißenden Wirbeln auf den Grund gezogen; wenige endlich, die auf ihren Schilden den Strom in schräger Richtung zu durchschneiden vermochten, kamen unter vielen Fährlichkeiten am andern Ufer an. Mißmutig wälzte der Rhein auf seinen blutgefärbten Wogen die ungewohnte Last stromabwärts. Während dies vorging, hatte der König Chonodomar Gelegenheit gefunden, durch die Haufen der Erschlagenen mit wenigen Begleitern sich abseits zu wenden, und eilte so schnell wie möglich zu den Schiffen. Den Rhein mußte er überschreiten, wenn er in sein Reich zurückkehren wollte, und so ging er allmählich zurück, das Gesicht verhüllend, um nicht erkannt zu werden. Schon war er nahe an das Ufer gekommen, da trat sein Pferd beim Umgehen einer sumpfigen Stelle auf dem schlüpfrigen Grunde fehl und warf ihn ab, und nun konnte er sich bei seiner Körperfülle nur langsam auf den Gipfel eines nahen Hügels durcharbeiten. Eine Kohorte unter einem Tribunen war ihm in raschem Laufe gefolgt und erkannte ihn bald, da er leicht kenntlich durch die Zeichen seiner Würde war. Sofort wurde der buschige Hügel umzingelt, damit er nicht, durch das dichte

9. Bd. 1 - S. 49

1912 - Leipzig : Dyk
— 49 — durch Ziegenfelle, die Schuhe schneiden sie sich nicht nach dem Fuße zu und sind deshalb im freien Gehen gehindert. Aus diesem Grunde sind sie auch zum Fußkampf wenig geeignet, dagegen an ihren Pferden, die zwar dauerhaft, aber von häßlichem Aussehen sind, wie angeheftet, und sitzen zuweilen nach Frauenweise auf denselben. Tag und Nacht bringen sie auf ihnen zu, kaufen und verkaufen, essen und trinken reitend und überlassen sich, auf dem schmalen Nacken des Tieres niedergebeugt, einem Schlafe, der so fest ist, daß selbst die bunten Träume nicht fehlen. Auch wenn über wichtige Angelegenheiten zu beraten ist, werden die Verhandlungen zu Pferde geführt. Ohne durch königliche Gewalt beschränkt zu sein, begnügen sie sich, in stürmischer Weise einen ihrer Häuptlinge zum Führer zu wählen, und brechen sich dann durch alle Hindernisse Bahn. Durch einen Angriff bedroht oder gereizt, lassen sie sich zuweilen auch in einen förmlichen Kampf ein und stürzen sich in keilförmigen Massen unter fürchterlichem Kriegsgeschrei auf den Feind. Ungemein flüchtig und behend sprengen sie auf einmal absichtlich auseinander und fallen in unordentlichen Haufen bald da, bald dort wieder frisch ein, um ein mörderisches Blutbad anzurichten; wegen dieser außerordentlichen Eilfertigkeit sieht man auch niemals, daß sie die Erstürmung eines Walles oder eines feindlichen Lagers versuchen. Aus der Ferne schießen sie mit Pfeilen, die aus Knochen geformte, mit wunderbarer Kunst ineinandergefügte, aber abtrennbare Spitzen haben. In der Nähe kämpfen sie mit dem Schwert und suchen, vor einem Schwerthieb sich sorgfältig in acht nehmend, die Feinde mit zusammengedrehten Tuchfetzen so zu verstricken, daß den des Gebrauchs ihrer Glieder beraubten Gegnern jede Bewegung zu Pferd oder zu Fuß unmöglich wird. Niemand bei ihnen bebaut das Feld oder berührt je eine Pflugschar. Ohne feste Wohnsitze, ohne Heimwesen und Gesetz oder bestimmte Sitte und Satzung ziehen sie mit ihren Wagen, die ihnen zur Wohnung dienen, Flüchtigen gleich, von einem Ort zum andern; auf den Wagen weben die Weiber ihnen die garstigen Gewänder, pflegen des Umgangs mit ihren Männern, gebären ihre Kinder und behalten sie bei sich bis zu den Jahren beginnender Mannbarkeit. Keiner von ihnen kann auf Befragen den Ort seiner Heimat angeben, denn an dem einen ist er gezeugt, fern davon geboren, noch weiter weg erzogen worden. Bei einem Waffenstillstand zeigen sie sich treulos, unzuverlässig, bei jedem Windstoß, der neue Hoffnung zuführt, veränderlich und der blindesten Wut völlig untertan. Gleich un-

10. Bd. 1 - S. 98

1912 - Leipzig : Dyk
— 98 — Die Goten hatten ihre Pferde laufen lassen und standen alle zu Fuß, mit der Front gegen den Feind, in einer tiefen Phalanx. Als das die Römer sahen, stiegen sie ebenfalls ab und stellten sich ebenso auf. Jetzt komme ich an die Beschreibung einer höchst denkwürdigen Schlacht und des Heldenmuts eines Mannes, der in keiner Beziehung einem der sogenannten Heroen nachsteht. Und zwar will ich von Tejas reden. Die Goten stachelte ihre der-' zweifelte Lage zur Tapferkeit an, die Römer leisteten ihnen, obgleich sie ihre Verzweiflung bemerkten, mit allen Kräften Widerstand, da sie sich schämten, dem schwächeren Gegner zu weichen. Beide gingen mit Ungestüm auf die nächststehenden Feinde los, die einen, weil sie den Tod suchten, die andern, weil sie um die Palme des Sieges stritten. Früh am Morgen begann die Schlacht. Weithin kenntlich stand Tejas mit wenigen Begleitern vor der Phalanx, von seinem Schilde gedeckt und die Lanze schwingend. Wie die Römer ihn sahen, meinten sie, mit seinem Fall werde der Kampf sofort zu Ende fein, und deshalb gingen gerade die tapfersten, sehr viele an der Zahl, geschlossen gegen ihn vor, indem sie alle mit den Speeren nach ihm stießen oder warfen. Er aber fing alle Speere mit dem Schilde, der ihn deckte, auf und tötete viele in blitzschnellem Sprunge. Jedesmal, wenn sein Schild von aufgefangenen Speeren ganz voll war, reichte er ihn einem seiner Waffenträger und nahm einen andern. So hatte er ein Dritteil des Tages unablässig gefochten. Da ereignete es sich, daß in seinem Schilde zwölf Speere hafteten, so daß er ihn nicht mehr beliebig bewegen und die Angreifer nicht mehr damit zurückstoßen konnte. Laut rief er einen seiner Waffenträger herbei, ohne seine Stellung zu verlassen oder nur einen Finger breit zurückzuweichen. Keinen Augenblick ließ er die Feinde weiter vorrücken. Weder wandte er sich so, daß der Schild den Rücken deckte, noch bog er sich zur Seite, sondern wie mit dem Erdboden verwachsen stand er hinter dem Schilde da, mit der Rechten Tod und Verderben gebend, mit der Linken die Feinde zurückstoßend — so rief er laut den Namen des Waffenträgers. Dieser trat mit dem Schilde herzu, und er nahm ihn sofort statt des speerbeschwerten. Bei dieser Bewegung war nur einen kurzen Augenblick seine Brust entblößt: ein Speer traf ihn, und er sank sofort tot zu Boden. Einige Römer steckten seinen Kopf auf eine Stange und zeigten ihn beiden Heeren, den Römern, um sie noch mehr anzufeuern, den Goten, damit sie in Verzweiflung den Kampf aufgäben. Die Goten taten das aber keines-
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