Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
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Geschlecht (WdK): Mädchen
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immer größer. Trotzdem besorgte sie die Pflege lange allein.
Ihre Hingabe an diese Lebensaufgabe kannte keine Grenzen. In
allen Ortschaften des Tales richtete sie die Bewahranstalten selbst
ein. Dabei scheute sie nicht die schlechten Wege. sie ließ sich von
ihren Gängen durch keine Witterung abhalten. Erschöpft und
durchnäßt, von Kälte erstarrt, kehrte sie oft von diesen Wegen der
Barmherzigkeit ins Pfarrhaus zurück und ließ es sich nicht nehmen,
hier noch bei der Arbeit behilflich zu sein. Für die Kinder des
Hauses sorgte sie, als ob es ihre eignen Geschwister wären. In
den schweren Zeiten der Revolution, in den Schrecken eines
Hungerjahres, in Krankheit und Leid stand sie treu zu ihrer Herr-
schaft. Und als ihre gütige Herrin starb, da wurde sie den sieben
Kindern eine zweite Mutter. Und für die seltene Hingebung
nahm sie nichts an. als was zur Bestreitung der leiblichen Bedürf-
nisse notwendig war. Ihr schönes Herz. ihre edle Uneigennützigkeit
spricht sich am rührendsten in dem Briefe aus, den sie nach dem
Tode der Frau Oberlin zum Neujahr 1797 an ihren geistigen
Führer schrieb. Er lautet:
Lieber und zärtlicher Vater!
Erlauben Sie mir, daß mit dem Beginn des Jahres ich von
Ihnen eine Gnade begehre, nach welcher ich schon lange trachte.
Da ich nun ganz frei stehe. d. h., da ich meinen Vater und dessen
Schulden nicht mehr zu tragen habe, so bitte ich Sie. lieber Vater,
versagen Sie mir die Gnade nicht, mich ganz zu Ihrem Kinde an-
zunehmen; geben Sie mir nicht den geringsten Lohn in Zukunft.
Da Sie mich in allem wie Ihr Kind halten, so wünsche ich es auch
in dieser Hinsicht zu sein. Ich brauche wenig zu meinem körper-
lichen Unterhalte: was einige kleine Ausgaben verursachen könnte,
sind Kleider. Strümpfe. Holzschuhe, und wenn ich solcher bedarf,
so will ich es Ihnen sagen, wie ein Kind seinem Vater. O ich bitte
Sie, lieber Vater, gewähren Sie mir diese Gnaden, und sehen Sie
mich an als ihr treu ergebenes Kind Luise.
Oberlin nimmt sie freudig als Tochter ün. sucht ihr aber
für ihre ausgezeichneten Dienste auf Umwegen Geld zukommen
zu lassen. Luise merkt aber gar bald die List und bittet inständig,
davon abzustehen. Dem guten Oberlin bleibt nichts übrig, als
die Bitte zu erfüllen, und nun jubelt Luise über das große Glück,
die freie Tochter eines guten Vaters zu sein.
Luise wirkte so jahrelang in der engen Welt. die von Fels-
wänden abgeschlossen war. Die Welt hinter den Bergen kannte
sie nicht. Aber der Ruf von der frommen Gründerin der Kinder-
bewahranstalten schwang sich über die Vergspitzen hinweg, drang
immer weiter in das Land und erreichte auch die glänzende Stadt
Paris. Da hatte ein reicher Graf eine ansehnliche Summe Geldes
gestiftet, die unter besonders brave und tugendhafte Mädchen des
Volkes verteilt werden sollte. Die französische Akademie, der die
Verteilung oblag, erkannte einstimmig der edlen Luise einen
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Geschlecht (WdK): Mädchen
— 424 —
freundlichen Eigenschaften in Weimar geliebt und verehrt. In
den schweren Kriegszeiten, die damals Deutschland heimsuchten,
nahm sie sich in ihrem Ländchen besonders der Verwundeten,
der Kranken und der Armen an, so daß sie als der „Friedensengel
der im Kampfe Verwundeten" gepriesen ward. Als sie dann das
Glück hatte, noch eine lange Friedenszeit zu erleben, führte sie
mit ihrem Gemahl ein stilles, glückliches Familienleben, umgeben
von blühenden Kindern und einem Kreise hervorragender Männer.
Die vortrefflichen Eigenschaften der Mutter sind später in
ihrer Tochter A u g u st a wieder aufgelebt. Sehr jung. am
11. Juni 1829, war diese Gemahlin des damaligen Prinzen Wil-
helm von Preußen geworden; aber sie war noch kein Jahr in
der neuen Heimat, als man schon von ihrer offenen Hand zu er-
zählen wußte. Schon damals hat sie manche Träne getrocknet,
viel Elend gemildert und namentlich auch vielen kränklichen
Kindern geholfen.
Nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms Iv. im Jahre
1840 erhielt Prinz Wilhelm den Titel eines Prinzen von Preußen,
er war der Nächste am Throne; mit ihm fühlte sich seine Gemahlin
als die Nächste in den Pflichten dieser erhabenen Stellung. Wo
es eine Sammlung galt zu wohltätigen Zwecken, ein rasches Geben
bei plötzlichen Unglücksfällen, da war die Prinzessin von Preußen
die erste, die gab, die reichlich gab, oft über ihre Mittel. Nicht
selten mußte sie sich selbst einen Lieblingswunsch versagen, um nur
geben zu können, wie ihr Herz es wünschte. Und wo die Mittel
nicht zureichten, verkaufte sie von ihren Schmucksachen. Öfters
wohl scherzte der spätere Kaiser Wilhelm I. mit ihr über ihre
Passion des Gebens. Sie nahm die erstaunten Blicke ihrer
Schwägerin, der Kaiserin von Nußland. über ihre bescheidene
Kleidung hin und tröstete sich mit ihrem guten Bewußtsein.
Lange Jahre weilte Augusta am Rhein, da ihr Gemahl
damals den Posten eines Gouverneurs der Rheinlande bekleidete.
Koblenz ward ihr Lieblingsaufenthalt, und bis in ihr letztes
Lebensjahr kehrte sie gern dahin zurück. Hier begann sie auch zu-
erst in bezug auf barmherzige Liebe schöpferisch vorzugehen. Hier
konnte sie zum erstenmal in größerm Umfange betätigen, daß sie
fest gewillt sei. als Wohltäterin der Armen und Kranken in die
Fußstapfen ihrer Mutter zu treten und die Mahnworte zu erfüllen,
die der Oberhofprediger Röhr bei der Konfirmation ihr zugerufen
hatte: „Wo auch dereinst Ihr Wirkungskreis sein möge. immer
mögen Sie sich bemühen. Tränen zu stillen, Wunden zu heilen.
Kummer zu lindern und frohe und glückliche Menschen zu machen."
In Koblenz rief Prinzessin Augusta wohltätige Anstalten ins
Leben. Sie kannte hierbei keinen Unterschied des Bekenntnisses;
allen Kranken- und Waisenhäusern wandte sie gleichmäßig ihre
Gunst und ihre Unterstützungen zu. Was aber noch wertvoller
war und ihr bald aller Herzen gewann, das waren die Besuche,
die sie selbst den Notleidenden und Hilfebedürftigen abstattete.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Wilhelm Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Weimar Deutschland Rhein Rheinlande Koblenz Koblenz
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— 428 —
Hospitäler werden gegründet oder unterstützt. Näh- und Flick-
schulen. Volks- und Schulküchen sowie Suppenanstalten werden
aus Vereinsmitteln unterhalten. Armen Kindern wird der
Weihnachtsbaum angezündet und der Weihnachtstisch mit Gaben
bedeckt, und arme Kommunionkinder und Konfirmanden werden
zum ersten Gange an den Tisch des Herrn mit Kleidung versehen.
Wo immer Not zu lindern oder im Unglück Hilfe zu bereiten
war. da hat man sich nie vergeblich an das weiche, warm fühlende
Herz der Kaiserin Augusta gewandt, das fremdem Leide stets zu-
gänglich war. Eine sinnige Huldigung brachte Kaiser Wilhelm I.
seiner Gemahlin und den von ihr so wirksam geförderten Be-
strebungen dadurch dar, daß er an seinem 74. Geburtstage, nach-
dem er tags zuvor den ersten deutschen Reichstag eröffnet hatte,
das Verdienstkreuz für Frauen und Jungfrauen stiftete, die sich
unter der Oberleitung der Kaiserin der Pflege der verwundeten
Krieger gewidmet hatten.
Verehrt das deutsche Volk in der Königin Luise die
Märtyrerin auf Preußens Thron, der das schwere Schicksal des
Vaterlandes das Herz gebrochen, so wird es in der Kaiserin
Augusta verehren die barmherzige Samariterin. die zu allen
Zeiten, selbst in den Tagen des eignen Unglücks, nur die eine
Absicht hatte, das Elend zu mildern und die Tränen der Un-
glücklichen zu trocknen.
An ihrem Sarge im Januar 1890 sprach der Hofprediger
u. a. folgende Worte: ..Wie sie vorlieb nahm mit den Wegen
Gottes, auch wenn dieselben auf steile Höhen oder in dunkle
Tiefen führten, wie sie sich umfangen wußte von Gottes Barm-
herzigkeit und Geduld, reingewaschen durch das Blut des Lammes,
das der Welt Sünde trägt, so war in ihr ein Zug des Mitleids
und der Barmherzigkeit rege für alles, was elend und siech, was
wund und verloren ist . . . Neben dem alten Kaiser, dem Ritter
des Eisernen Kreuzes, steht sie, die Samariterin von Gottes
Gnaden, mit dem Zeichen des Roten Kreuzes, beide ein ebenso
schlichtes wie großes Kaiserpaar mit der Signatur: vom Dienst
zum Diadem, vom Diadem zum Dienst; wenn das Leben köstlich
gewesen ist. so ist es Mühe und Arbeit gewesen."
Nach Ernst Schreck.
242. Das Rote Kreuz.
1. Du rotes Kreuz auf weißem Grunde —
' der ew'gen Liebe hehres Bild —
wie leuchtest du so göttlich mild
in wutdurchraster Schlachtenstunde,
wenn auf dem blutgetränkten Feld
der Rettungsengel Rundschau hält.
2. Wie manches Auge, schmerzumnachtet.
hob' nie die Wimpern mehr empor.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Gottes
Gnaden Ernst_Schreck Ernst
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ergoß, uns nicht wundernehmen. Die Fürstin ist keine geringere
als die Gemahlin des Heldenkaisers Wilhelm I.. die Kaiserin
Auqusta, deren Strahlenkranz der Barmherzigkeit an andrer
Stelle enthüllt werden soll.
So sind in der Gegenwart Tausende von frommen Christen
bemüht, einzelne und in Vereinen, ohne Ansehung der Abstammung
und Religion den ins Elend und Unglück Geratenen aufzuhelfen
und sie zu retten aus leiblicher und geistiger Not. Christliche
Liebestat hilft aber auch vielfach noch in andrer Weise: Blinde
und Taubstumme finden Aufnahme, liebevolle Behandlung und
geeignete Erziehung und Unterweisung in musterhaft geleiteten
Anstalten; Geisteskranken und Blödsinnigen, entlassenen Sträf-
lingen und Arbeitslosen werden Heil- und Zufluchtsstätten ge-
währt. Christi Geist ist es, der da wirkt auf allen Wegen, öffent-
lich und im Verborgnen. Der Same aber, den jene „Fürsten im
Reiche der Liebe", von denen wir oben einige nannten, aus-
gestreut. trägt tausendfältige Frucht, so daß. je länger, je mehr.
immer weitere Kreise des Volkes dem leuchtenden Vorbilde jener
Pfleger der Barmherzigkeit nachfolgen zum Segen der Brüder.
N. Waeber. (Gekürzt.)
204. Ein Tag aus dem Leben einer Krankenschwester.
1. Der Tag beginnt zu grauen. Im Garten des Kranken-
hauses pfeift die Drossel und verkündet vielen der Leidenden,
die in dem geräumigen Gebäude auf Genesung warten, daß die
Nacht zu Ende geht. Gar manche Brust hebt sich da unter einem
Seufzer der Erleichterung; denn die Nacht, die dem Gesunden
den erquickenden Schlaf bringt, bedeutet für nicht wenige Kranke
nur eine Vermehrung ihrer Leiden.
Auch auf der Krankenstation, auf der Schwester Elisabeth
ihre stille, segensreiche Tätigkeit entfaltet, sind nur einige Augen
noch geschlossen. Hin und wieder hebt schon eine Kranke den Kopf
aus den Kissen, um nach der Tür zu blicken, durch die die
treue Pflegerin bald eintreten mutz.
Und richtig! Kaum hat die Uhr im Hausflur mit weichem
Klange das Ende der sechsten Stunde verkündet, als sich die Tür
geräuschlos öffnet und Schwester Elisabeth eintritt.
Ihr Blick gleitet von einer Kranken zur andern, und traurig
lächelnd schüttelt sie den Kopf. Die gute Schwester ist betrübt,
so viele ihrer lieben Pfleglinge bereits wach zu finden. Weiß
sie doch. datz der Schlaf für die armen Kranken heilkräftiger ist
als alle Arzneien. Jetzt tritt sie an das Krankenbett, das der
Tür zunächst steht, und beugt sich teilnehmend über die Kranke.
„Wieder eine schlechte Nacht gehabt?" flüstert sie ihr dabei zu.
„Verlieren Sie nur den Mut nicht! Hoffen Sie das Veste von
der neuen Arznei, die Ihnen der Arzt heute geben will. Sie
hat schon vielen unsrer Kranken geholfen. Vorhin bei der Morgen-
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Auqusta Elisabeth
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328
andacht habe ich zudem Ihrer besonders gedacht und den lieben
Gott um Besserung für Sie gebeten. Der gestrige Tag war so
schwer für Sie!"
Ein freundlicher Blick ist der Dank der Kranken für die liebe-
volle Sorge der Pflegerin.
So geht Schwester Elisabeth von einem Bett zum andern,
das Herz voll warmer Teilnahme. Bald hat jede der Kranken,
die ihrer Pflege anvertraut find, ein ermutigendes Wort von
ihr erhalten. Dabei hat sie mit Hilfe des Thermometers die
Temperatur der Kranken festgestellt und auf der Tafel vermerkt,
die über jedem Bette angebracht ist.
2. Schwester Elisabeth öffnet nun das Fenster, und die bal-
samische Luft des schönen Maimorgens strömt in das Kranken-
zimmer. Dann beginnt sie mit dem Aufräumen des Kranken-
saales, einer Arbeit, die ihr im Anfang ihrer Berufstätigkeit
wenig zusagen wollte. Glaubte sie damals doch, daß diese Arbeit
ebensogut von Dienstboten verrichtet werden könnte: jetzt urteilt
sie anders. Sie weif; nun, das; auch für diese einfache Arbeit die
größte Sorgfalt nötig ist. Und an Sorgfalt läßt es die gute
Schwester denn auch nicht fehlen: das müssen alle zugeben, die
sie bei dieser Arbeit beobachten.
„So gut wie Schwester Elisabeth versteh' ich's nicht zu
machen," denkt manche Kranke. „Da bleibt ja kein Fleckchen des
Fußbodens trocken, kein Stäubchen fliegt auf! Und wie oft sie
den Eimer mit frischem Wasser füllt!" Sobald auch die Platten
der Nachttischchen mit einem feuchten Tuche abgewischt und die
Gläser, auf ihnen gereinigt worden sind, kommen die hilflosen
Kranken selbst an die Reihe. Zunächst wird jede Kranke sorg-
fältig gewaschen und gekämmt: dann wird ihr Bett geordnet.
Mit sanftem und doch festem Griffe bringt Schwester Elisabeth
die Kranke in sitzende Stellung, schüttelt die Kissen auf und streicht
glättend über das Bettuch. Ein Ausdruck des Wohlbehagens
zeigt sich auf dem Gesichte der Kranken, wenn sie der stützende
Arm der Schwester wieder in die Kissen sinken läßt.
Aber nicht alle Kranken danken Schwester Elisabeth für so-
viel liebevolle Fürsorge: an manchem Krankenbett wird sie wenig
freundlich empfangen.
„Sie haben mir den Verband gestern wenig gut angelegt.
Schwester!" sagt da eine Frau in barschem Tone. „Sehen Sie
nur, wie locker er sitzt!"
„Ich will ihn sofort noch einmal anlegen," erwidert die ge-
duldige Schwester. „Sie müssen dann aber versuchen, ruhiger zu
liegen, sonst wird er sich bald wieder lockern." So versteht es
Schwester Elisabeth, auch launenhafte Kranke zu befriedigen, in-
dem sie diesen und jenen Handgriff noch einmal macht oder die
Kranken in ruhigen Worten davon überzeugt, daß alles nach
Vorschrift des Arztes ausgeführt fei. Freilich muß sie dabei oft
Selbstüberwindung üben, denn Schwester Elisabeth ist von Natur
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Schwester_Elisabeth Elisabeth Elisabeth Elisabeth Elisabeth Elisabeth
121
Ufer der Fulda, hatte er von fränkischen Großen eine reiche Land-
schenkung empfangen. Hier erbaute fein Freund und Schüler
Sturm, der in Bayern sich an ihn angeschlossen hatte, ein neues
Kloster und gründete eine Schule, die noch lange ein Segen der
kommenden Geschlechter blieb. Durch seinen Schüler Lullus ist er
auch der Gründer des Klosters Hersseld geworden. Die Klöster
haben wesentlich zur Hebung des äußeren Wohles der Deutschen
beigetragen. Den Ackerbau betrieben die Mönche als eine nützliche
Beschäftigung planmäßig. Sie bebauten öde und unfruchtbare
Orte und rodeten mit eigener Hand den Wald aus. Wo sonst
Bären und Wölfe gehaust hatten, entstanden friedliche Wohnstätten
der Menschen. Die wilden Gewässer wurden abgeleitet, und Deiche
wiesen die austretenden Ströme in ihr Bett zurück. Lachende Auen
und fette Weiden winkten bald da, wo sonst die Eulen schrieen und
die Unken riefen. Die Veredlung der Obstbaumzucht ging gleich-
falls von den Klöstern aus. In diesen wurden zuerst besondere
Geräte zum Gartenbau verfertigt. Die Mönche hielten Wirtschafts-
kalender, in die sie alle Erfahrungen über Viehzucht, Saatbestellung
und Ernte eintrugen. Besondere Aufmerksamkeit widmete man
dem Weinbau. Die vorzüglichsten Nebengelände Deutschlands
wurden von den Klosterbewohnern angelegt, z. B. legten Mönche
die Weinberge an der Bergstraße und am ganzen Rhein an. Auf-
munternd wirkten die Klöster auch auf das Gewerbe. Die Berei-
tung des Bieres ging von ihnen aus. Ihre Mühlen verarbeiteten
die Erzeugnisse des Landbaues. Da der Überfluß in entfernte
Gegenden gesandt werden mußte, wurde die Schiffahrt betrieben,
und Laienbrüder bauten und leiteten die Fahrzeuge. Brücken
wurden erbaut und Landstraßen angelegt und verbessert. Die
Bauten der Klosterbrüder waren Vorbilder in bezug auf Sicherheit
und besseren Geschmack. Wollenweberei und Färberei begannen
bald in den Klöstern. Freilich sorgten sie nur für den eigenen Be-
darf; allein diese Gewerbetätigkeit weckte doch den Nachahmungs-
trieb und regte den Wetteifer an. Der Unterricht der Jugend und
die Pflege der Wissenschaften haben den Klöstern viel zu danken;
überhaupt waren diese die Träger und Vermittler der gesamten
Kultur. Die Baukunst vollendete sich bei der Errichtung von
Klöstern und Kirchen. Die Ausschmückung derselben durch Dar-
stellungen aus der heiligen Geschichte erforderte geschickte Maler.
Die Mönche förderten die Bildung durch Schreiben und Verviel-
fältigen von Büchern.. Wohltätigkeit unter allen Formen galt als
Pflicht der Klöster; die Not wurde durch Almosen gelindert, der
Wanderer und Pilger erfreute sich der Gastfreundschaft, die
Kranken wurden gepflegt'. Bekleidung und Ernährung gab man
den zugewiesenen armen Kindern. Bei größeren Landesnöten und
Mißwachs waren die Klöster die offenen Zufluchtsstätten aller
Hungernden.
Von Mainz aus, wo Winfried den erzbischöflichen Stuhl ein-
nahm, lenkte er sein Werk. In der Tat ist er einer der größten
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche]]
16
Geschichten, lehrte sie ihre Händchen zum Gebet falten und ihre
zarten Stimmen in Gesang zu Gott und in munteren, kindlichen
Weisen erheben, zeigte ihnen Bilder vor und veranstaltete mit
ihnen allerlei heitere Spiele. So wechselten Ernst und Scherz,
Arbeit und Spiel, wie wir es heute noch in unseren Kinderbewahr-
anstalten finden.
Als Oberlin am 1. Juni 1826 starb, wurde er als „Vater“
seiner Steinthaler herzlich und schmerzlich betrauert. Möchte er
viele Nachahmer finden! Nach A Gild u A
14. Der Brief.*)
Es stand auf Posten ein Grenadier,
ein Brieflein in der Hand,
— gar grobe Schrift und gar grobes
Papier —
von Hause hergesandt.
Und wie er eifrig im Briefe las,
da hört er reiten von ferne was.
Das Brieflein warf er zur Erde nur
und sich in Positur.
Es galoppirt heran die Schar,
er schulterte das Gewehr;
und da darunter der König war,
so präsentierte er.
Der König lachte und schaute an
den Brief und den Mann und sagte
dann:
„So nicht Geheimnisse drinnen sind,
gieb ihn herauf geschwind."
Es liest der König und schmunzelt daß
und spricht zu all' den Herrn,
indem er laut das Brieflein las:
„So etwas lest ich gern.
Hier steht: Gott grüß' dich, lieber
Sohn!
Es wird in vierzehn Tagen schon
die Liese, dein einziges Schwesterlein,
den Michel Görge frei'n."
„Eswünschtdeinaltesmütterchensehr,
Du möcht'st dabei auch sein.
Ich sagt' ihr, daß es nicht möglich wär',
und giebt sie sich nun drein.
Zur Hochzeit bist du nicht eben not,
schieß' lieber viele Franzosen tot!
Sei früh und spat' in Wort und That
ein wackerer Soldat."
Der König reichte den Brief zurück,
und sprach: „Na, grüß' sie schön!"
Er jagte davon, und im Augenblick
war nichts von ihm zu sehn. —
Der Krieger, als er zur Wache kam,
mit offenem Munde die Mär vernahm:
„Zehn Thaler schickt dir der König,
und du
hast Urlaub uoch dazu."
Adalbert Harnisch.
15. Der Mönch auf dem Ä. Bernhard.
Die Klosterglocke tönt, der Mönch erwacht:
„Mein Bruder, dich trifft die Reihe heut' nacht!"
Und der Bernhard-Mönch im weißen Gewand,
er lockt seinen Hund, nimmt die Leuchte zur Hand.
So eilt er hinaus in die tosende Höh'
und wandelt allein durch Sturm und Schnee.
An der Stätte vorbei, wo Totengebein
der Erfror'nen schläft in geschichteten Reihn,
> Eine wahre Begebenheit
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann]]
Extrahierte Personennamen: Ernst Oberlin Michel_Görge Adalbert_Harnisch Bernhard
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winkten bald da, wo sonst die Eulen schrieen und die Unken riefen.
Die Veredlung der Obstbaumzuchr ging gleichfalls von den Klöstern
aus. In diesen wurden zuerst besondere Geräte zum Garteilban ver-
fertigt. Die Mönche hielten Wirtfchaftskalender, in die sie alle
Erfahrungen über Viehzucht, Saatbcstellung und Ernte eintrugen.
Besondere Aufmerksamkeit widmete man dem Weinbau. Die vorzüg-
lichsten Rebengelände Deutschlands wurden von den Klosterbewohnern
angelegt, z. B. legten Mönche die Weinberge an der Bergstraße und
am ganzen Rhein an. Aufmunternd wirkten die Klöster auch auf die
Gewerbe. Die Bereitung des Bieres ging von ihnen aus. Ihre
Mühlen verarbeiteten die Erzeugnisse des Landbaues. Da der Überfluß
in entfernte Gegenden gesandt werden mußte, wurde die Schiffahrt
betrieben, und Laienbrüder bauten und leiteten die Fahrzeuge. Brücken
wurden erbaut und Landstraßen angelegt und verbessert. Die Bauten
der Klosterbrüder waren Vorbilder in Bezug auf Sicherheit ltitb besseren
Geschmack. Wollenweberei und Färberei begann bald in den Klöstern.
Freilich sorgten sie nur für den eigenen Bedarfs allein diese Gewerbe-
thätigkeit weckte doch den Nachahmungstrieb und regte den Wett-
eifer an. Der Unterricht der Jugend nnb die Pflege der Wissenschaften
haben beit Klöstern viel zu danken; überhaupt waren diese die Träger
und Vermittler der gesamten Kultur. Die Baukunst vollendete sich bei
der Errichtung von Klöstern und Kirchen. Die Ausschmückung derselben
durch Darstellungen aus der heiligen Geschichte erforderte geschickte
Maler. Die Mönche förderten die Bildung durch Schreiben und Ver-
vielfältigen von Büchern. Wohlthätigkeit unter allen Formen galt als
Pflicht der Klöster; die Not wurde durch Almosen gelindert, der Wan
derer und Pilger erfreute sich der Gastfreundschaft, die Kranken ivurden
gepflegt. Bekleidung und Ernährung gab man den zugewiesenen armen
Kindern. Bei größeren Landesnöten und Mißwachs waren die Klöster
die offenen Zufluchtsstätten aller Hungernden.
Bon Mainz aus, ivo Winfried den erzbischöflichen Stuhl einnahm,
lenkte er sein Werk. In der That ist er einer der größten Wohlthäter
der Deutschen geworden. Deshalb erhielt er den Namen Bonisaeius,
d. h. Wohlthäter.
Im Wirken fand der 74jährige Menschenfreund seinen Tod. Noch
war ein Teil der Friesen unbekehrt; deshalb wollte er das Werk seiner
Jugend als Greis vollenden. Ehe er den Rhein hinabfuhr, bereitete
er voll Todesahnung das Leichentuch, in das er gehüllt sein wollte.
Im Friesenlande angekommen, predigte er mit gutem Erfolge. Einst
erwartete er Neugetaufte zur Erteilung zur Firmlung. Statt der Be
kehrten brach jedoch eine wilde Schar heidnischer Friesen aus dem
Walde hervor. Das Evangelienbuch über dem Haupte haltend, endete
Winfried unter den Äxten der Mörder. Sein Leichnam ruht in Fulda.
Vor Karl dem Großen hat niemand einen gewaltigeren Einfluß
auf Deutschland ausgeübt, als Bonisaeius, der mit vollem Rechte der
„Apostel der Deutschen" genannt wird. Wir ehren ihn hoch als den
Begründer deutscher Natioualeinheit und Hersteller einer deutschen Kirche
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: ivo_Winfried Winfried Winfried Winfried Karl_dem_Großen Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Rhein Bon_Mainz Rhein Fulda Deutschland