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1. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 415

1913 - Wittenberg : Herrosé
415 immer größer. Trotzdem besorgte sie die Pflege lange allein. Ihre Hingabe an diese Lebensaufgabe kannte keine Grenzen. In allen Ortschaften des Tales richtete sie die Bewahranstalten selbst ein. Dabei scheute sie nicht die schlechten Wege. sie ließ sich von ihren Gängen durch keine Witterung abhalten. Erschöpft und durchnäßt, von Kälte erstarrt, kehrte sie oft von diesen Wegen der Barmherzigkeit ins Pfarrhaus zurück und ließ es sich nicht nehmen, hier noch bei der Arbeit behilflich zu sein. Für die Kinder des Hauses sorgte sie, als ob es ihre eignen Geschwister wären. In den schweren Zeiten der Revolution, in den Schrecken eines Hungerjahres, in Krankheit und Leid stand sie treu zu ihrer Herr- schaft. Und als ihre gütige Herrin starb, da wurde sie den sieben Kindern eine zweite Mutter. Und für die seltene Hingebung nahm sie nichts an. als was zur Bestreitung der leiblichen Bedürf- nisse notwendig war. Ihr schönes Herz. ihre edle Uneigennützigkeit spricht sich am rührendsten in dem Briefe aus, den sie nach dem Tode der Frau Oberlin zum Neujahr 1797 an ihren geistigen Führer schrieb. Er lautet: Lieber und zärtlicher Vater! Erlauben Sie mir, daß mit dem Beginn des Jahres ich von Ihnen eine Gnade begehre, nach welcher ich schon lange trachte. Da ich nun ganz frei stehe. d. h., da ich meinen Vater und dessen Schulden nicht mehr zu tragen habe, so bitte ich Sie. lieber Vater, versagen Sie mir die Gnade nicht, mich ganz zu Ihrem Kinde an- zunehmen; geben Sie mir nicht den geringsten Lohn in Zukunft. Da Sie mich in allem wie Ihr Kind halten, so wünsche ich es auch in dieser Hinsicht zu sein. Ich brauche wenig zu meinem körper- lichen Unterhalte: was einige kleine Ausgaben verursachen könnte, sind Kleider. Strümpfe. Holzschuhe, und wenn ich solcher bedarf, so will ich es Ihnen sagen, wie ein Kind seinem Vater. O ich bitte Sie, lieber Vater, gewähren Sie mir diese Gnaden, und sehen Sie mich an als ihr treu ergebenes Kind Luise. Oberlin nimmt sie freudig als Tochter ün. sucht ihr aber für ihre ausgezeichneten Dienste auf Umwegen Geld zukommen zu lassen. Luise merkt aber gar bald die List und bittet inständig, davon abzustehen. Dem guten Oberlin bleibt nichts übrig, als die Bitte zu erfüllen, und nun jubelt Luise über das große Glück, die freie Tochter eines guten Vaters zu sein. Luise wirkte so jahrelang in der engen Welt. die von Fels- wänden abgeschlossen war. Die Welt hinter den Bergen kannte sie nicht. Aber der Ruf von der frommen Gründerin der Kinder- bewahranstalten schwang sich über die Vergspitzen hinweg, drang immer weiter in das Land und erreichte auch die glänzende Stadt Paris. Da hatte ein reicher Graf eine ansehnliche Summe Geldes gestiftet, die unter besonders brave und tugendhafte Mädchen des Volkes verteilt werden sollte. Die französische Akademie, der die Verteilung oblag, erkannte einstimmig der edlen Luise einen

2. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 424

1913 - Wittenberg : Herrosé
— 424 — freundlichen Eigenschaften in Weimar geliebt und verehrt. In den schweren Kriegszeiten, die damals Deutschland heimsuchten, nahm sie sich in ihrem Ländchen besonders der Verwundeten, der Kranken und der Armen an, so daß sie als der „Friedensengel der im Kampfe Verwundeten" gepriesen ward. Als sie dann das Glück hatte, noch eine lange Friedenszeit zu erleben, führte sie mit ihrem Gemahl ein stilles, glückliches Familienleben, umgeben von blühenden Kindern und einem Kreise hervorragender Männer. Die vortrefflichen Eigenschaften der Mutter sind später in ihrer Tochter A u g u st a wieder aufgelebt. Sehr jung. am 11. Juni 1829, war diese Gemahlin des damaligen Prinzen Wil- helm von Preußen geworden; aber sie war noch kein Jahr in der neuen Heimat, als man schon von ihrer offenen Hand zu er- zählen wußte. Schon damals hat sie manche Träne getrocknet, viel Elend gemildert und namentlich auch vielen kränklichen Kindern geholfen. Nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms Iv. im Jahre 1840 erhielt Prinz Wilhelm den Titel eines Prinzen von Preußen, er war der Nächste am Throne; mit ihm fühlte sich seine Gemahlin als die Nächste in den Pflichten dieser erhabenen Stellung. Wo es eine Sammlung galt zu wohltätigen Zwecken, ein rasches Geben bei plötzlichen Unglücksfällen, da war die Prinzessin von Preußen die erste, die gab, die reichlich gab, oft über ihre Mittel. Nicht selten mußte sie sich selbst einen Lieblingswunsch versagen, um nur geben zu können, wie ihr Herz es wünschte. Und wo die Mittel nicht zureichten, verkaufte sie von ihren Schmucksachen. Öfters wohl scherzte der spätere Kaiser Wilhelm I. mit ihr über ihre Passion des Gebens. Sie nahm die erstaunten Blicke ihrer Schwägerin, der Kaiserin von Nußland. über ihre bescheidene Kleidung hin und tröstete sich mit ihrem guten Bewußtsein. Lange Jahre weilte Augusta am Rhein, da ihr Gemahl damals den Posten eines Gouverneurs der Rheinlande bekleidete. Koblenz ward ihr Lieblingsaufenthalt, und bis in ihr letztes Lebensjahr kehrte sie gern dahin zurück. Hier begann sie auch zu- erst in bezug auf barmherzige Liebe schöpferisch vorzugehen. Hier konnte sie zum erstenmal in größerm Umfange betätigen, daß sie fest gewillt sei. als Wohltäterin der Armen und Kranken in die Fußstapfen ihrer Mutter zu treten und die Mahnworte zu erfüllen, die der Oberhofprediger Röhr bei der Konfirmation ihr zugerufen hatte: „Wo auch dereinst Ihr Wirkungskreis sein möge. immer mögen Sie sich bemühen. Tränen zu stillen, Wunden zu heilen. Kummer zu lindern und frohe und glückliche Menschen zu machen." In Koblenz rief Prinzessin Augusta wohltätige Anstalten ins Leben. Sie kannte hierbei keinen Unterschied des Bekenntnisses; allen Kranken- und Waisenhäusern wandte sie gleichmäßig ihre Gunst und ihre Unterstützungen zu. Was aber noch wertvoller war und ihr bald aller Herzen gewann, das waren die Besuche, die sie selbst den Notleidenden und Hilfebedürftigen abstattete.

3. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 428

1913 - Wittenberg : Herrosé
— 428 — Hospitäler werden gegründet oder unterstützt. Näh- und Flick- schulen. Volks- und Schulküchen sowie Suppenanstalten werden aus Vereinsmitteln unterhalten. Armen Kindern wird der Weihnachtsbaum angezündet und der Weihnachtstisch mit Gaben bedeckt, und arme Kommunionkinder und Konfirmanden werden zum ersten Gange an den Tisch des Herrn mit Kleidung versehen. Wo immer Not zu lindern oder im Unglück Hilfe zu bereiten war. da hat man sich nie vergeblich an das weiche, warm fühlende Herz der Kaiserin Augusta gewandt, das fremdem Leide stets zu- gänglich war. Eine sinnige Huldigung brachte Kaiser Wilhelm I. seiner Gemahlin und den von ihr so wirksam geförderten Be- strebungen dadurch dar, daß er an seinem 74. Geburtstage, nach- dem er tags zuvor den ersten deutschen Reichstag eröffnet hatte, das Verdienstkreuz für Frauen und Jungfrauen stiftete, die sich unter der Oberleitung der Kaiserin der Pflege der verwundeten Krieger gewidmet hatten. Verehrt das deutsche Volk in der Königin Luise die Märtyrerin auf Preußens Thron, der das schwere Schicksal des Vaterlandes das Herz gebrochen, so wird es in der Kaiserin Augusta verehren die barmherzige Samariterin. die zu allen Zeiten, selbst in den Tagen des eignen Unglücks, nur die eine Absicht hatte, das Elend zu mildern und die Tränen der Un- glücklichen zu trocknen. An ihrem Sarge im Januar 1890 sprach der Hofprediger u. a. folgende Worte: ..Wie sie vorlieb nahm mit den Wegen Gottes, auch wenn dieselben auf steile Höhen oder in dunkle Tiefen führten, wie sie sich umfangen wußte von Gottes Barm- herzigkeit und Geduld, reingewaschen durch das Blut des Lammes, das der Welt Sünde trägt, so war in ihr ein Zug des Mitleids und der Barmherzigkeit rege für alles, was elend und siech, was wund und verloren ist . . . Neben dem alten Kaiser, dem Ritter des Eisernen Kreuzes, steht sie, die Samariterin von Gottes Gnaden, mit dem Zeichen des Roten Kreuzes, beide ein ebenso schlichtes wie großes Kaiserpaar mit der Signatur: vom Dienst zum Diadem, vom Diadem zum Dienst; wenn das Leben köstlich gewesen ist. so ist es Mühe und Arbeit gewesen." Nach Ernst Schreck. 242. Das Rote Kreuz. 1. Du rotes Kreuz auf weißem Grunde — ' der ew'gen Liebe hehres Bild — wie leuchtest du so göttlich mild in wutdurchraster Schlachtenstunde, wenn auf dem blutgetränkten Feld der Rettungsengel Rundschau hält. 2. Wie manches Auge, schmerzumnachtet. hob' nie die Wimpern mehr empor.

4. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 327

1913 - Wittenberg : Herrosé
327 ergoß, uns nicht wundernehmen. Die Fürstin ist keine geringere als die Gemahlin des Heldenkaisers Wilhelm I.. die Kaiserin Auqusta, deren Strahlenkranz der Barmherzigkeit an andrer Stelle enthüllt werden soll. So sind in der Gegenwart Tausende von frommen Christen bemüht, einzelne und in Vereinen, ohne Ansehung der Abstammung und Religion den ins Elend und Unglück Geratenen aufzuhelfen und sie zu retten aus leiblicher und geistiger Not. Christliche Liebestat hilft aber auch vielfach noch in andrer Weise: Blinde und Taubstumme finden Aufnahme, liebevolle Behandlung und geeignete Erziehung und Unterweisung in musterhaft geleiteten Anstalten; Geisteskranken und Blödsinnigen, entlassenen Sträf- lingen und Arbeitslosen werden Heil- und Zufluchtsstätten ge- währt. Christi Geist ist es, der da wirkt auf allen Wegen, öffent- lich und im Verborgnen. Der Same aber, den jene „Fürsten im Reiche der Liebe", von denen wir oben einige nannten, aus- gestreut. trägt tausendfältige Frucht, so daß. je länger, je mehr. immer weitere Kreise des Volkes dem leuchtenden Vorbilde jener Pfleger der Barmherzigkeit nachfolgen zum Segen der Brüder. N. Waeber. (Gekürzt.) 204. Ein Tag aus dem Leben einer Krankenschwester. 1. Der Tag beginnt zu grauen. Im Garten des Kranken- hauses pfeift die Drossel und verkündet vielen der Leidenden, die in dem geräumigen Gebäude auf Genesung warten, daß die Nacht zu Ende geht. Gar manche Brust hebt sich da unter einem Seufzer der Erleichterung; denn die Nacht, die dem Gesunden den erquickenden Schlaf bringt, bedeutet für nicht wenige Kranke nur eine Vermehrung ihrer Leiden. Auch auf der Krankenstation, auf der Schwester Elisabeth ihre stille, segensreiche Tätigkeit entfaltet, sind nur einige Augen noch geschlossen. Hin und wieder hebt schon eine Kranke den Kopf aus den Kissen, um nach der Tür zu blicken, durch die die treue Pflegerin bald eintreten mutz. Und richtig! Kaum hat die Uhr im Hausflur mit weichem Klange das Ende der sechsten Stunde verkündet, als sich die Tür geräuschlos öffnet und Schwester Elisabeth eintritt. Ihr Blick gleitet von einer Kranken zur andern, und traurig lächelnd schüttelt sie den Kopf. Die gute Schwester ist betrübt, so viele ihrer lieben Pfleglinge bereits wach zu finden. Weiß sie doch. datz der Schlaf für die armen Kranken heilkräftiger ist als alle Arzneien. Jetzt tritt sie an das Krankenbett, das der Tür zunächst steht, und beugt sich teilnehmend über die Kranke. „Wieder eine schlechte Nacht gehabt?" flüstert sie ihr dabei zu. „Verlieren Sie nur den Mut nicht! Hoffen Sie das Veste von der neuen Arznei, die Ihnen der Arzt heute geben will. Sie hat schon vielen unsrer Kranken geholfen. Vorhin bei der Morgen-

5. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 328

1913 - Wittenberg : Herrosé
328 andacht habe ich zudem Ihrer besonders gedacht und den lieben Gott um Besserung für Sie gebeten. Der gestrige Tag war so schwer für Sie!" Ein freundlicher Blick ist der Dank der Kranken für die liebe- volle Sorge der Pflegerin. So geht Schwester Elisabeth von einem Bett zum andern, das Herz voll warmer Teilnahme. Bald hat jede der Kranken, die ihrer Pflege anvertraut find, ein ermutigendes Wort von ihr erhalten. Dabei hat sie mit Hilfe des Thermometers die Temperatur der Kranken festgestellt und auf der Tafel vermerkt, die über jedem Bette angebracht ist. 2. Schwester Elisabeth öffnet nun das Fenster, und die bal- samische Luft des schönen Maimorgens strömt in das Kranken- zimmer. Dann beginnt sie mit dem Aufräumen des Kranken- saales, einer Arbeit, die ihr im Anfang ihrer Berufstätigkeit wenig zusagen wollte. Glaubte sie damals doch, daß diese Arbeit ebensogut von Dienstboten verrichtet werden könnte: jetzt urteilt sie anders. Sie weif; nun, das; auch für diese einfache Arbeit die größte Sorgfalt nötig ist. Und an Sorgfalt läßt es die gute Schwester denn auch nicht fehlen: das müssen alle zugeben, die sie bei dieser Arbeit beobachten. „So gut wie Schwester Elisabeth versteh' ich's nicht zu machen," denkt manche Kranke. „Da bleibt ja kein Fleckchen des Fußbodens trocken, kein Stäubchen fliegt auf! Und wie oft sie den Eimer mit frischem Wasser füllt!" Sobald auch die Platten der Nachttischchen mit einem feuchten Tuche abgewischt und die Gläser, auf ihnen gereinigt worden sind, kommen die hilflosen Kranken selbst an die Reihe. Zunächst wird jede Kranke sorg- fältig gewaschen und gekämmt: dann wird ihr Bett geordnet. Mit sanftem und doch festem Griffe bringt Schwester Elisabeth die Kranke in sitzende Stellung, schüttelt die Kissen auf und streicht glättend über das Bettuch. Ein Ausdruck des Wohlbehagens zeigt sich auf dem Gesichte der Kranken, wenn sie der stützende Arm der Schwester wieder in die Kissen sinken läßt. Aber nicht alle Kranken danken Schwester Elisabeth für so- viel liebevolle Fürsorge: an manchem Krankenbett wird sie wenig freundlich empfangen. „Sie haben mir den Verband gestern wenig gut angelegt. Schwester!" sagt da eine Frau in barschem Tone. „Sehen Sie nur, wie locker er sitzt!" „Ich will ihn sofort noch einmal anlegen," erwidert die ge- duldige Schwester. „Sie müssen dann aber versuchen, ruhiger zu liegen, sonst wird er sich bald wieder lockern." So versteht es Schwester Elisabeth, auch launenhafte Kranke zu befriedigen, in- dem sie diesen und jenen Handgriff noch einmal macht oder die Kranken in ruhigen Worten davon überzeugt, daß alles nach Vorschrift des Arztes ausgeführt fei. Freilich muß sie dabei oft Selbstüberwindung üben, denn Schwester Elisabeth ist von Natur

6. Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 121

1910 - Wittenberg : Herrosé
121 Ufer der Fulda, hatte er von fränkischen Großen eine reiche Land- schenkung empfangen. Hier erbaute fein Freund und Schüler Sturm, der in Bayern sich an ihn angeschlossen hatte, ein neues Kloster und gründete eine Schule, die noch lange ein Segen der kommenden Geschlechter blieb. Durch seinen Schüler Lullus ist er auch der Gründer des Klosters Hersseld geworden. Die Klöster haben wesentlich zur Hebung des äußeren Wohles der Deutschen beigetragen. Den Ackerbau betrieben die Mönche als eine nützliche Beschäftigung planmäßig. Sie bebauten öde und unfruchtbare Orte und rodeten mit eigener Hand den Wald aus. Wo sonst Bären und Wölfe gehaust hatten, entstanden friedliche Wohnstätten der Menschen. Die wilden Gewässer wurden abgeleitet, und Deiche wiesen die austretenden Ströme in ihr Bett zurück. Lachende Auen und fette Weiden winkten bald da, wo sonst die Eulen schrieen und die Unken riefen. Die Veredlung der Obstbaumzucht ging gleich- falls von den Klöstern aus. In diesen wurden zuerst besondere Geräte zum Gartenbau verfertigt. Die Mönche hielten Wirtschafts- kalender, in die sie alle Erfahrungen über Viehzucht, Saatbestellung und Ernte eintrugen. Besondere Aufmerksamkeit widmete man dem Weinbau. Die vorzüglichsten Nebengelände Deutschlands wurden von den Klosterbewohnern angelegt, z. B. legten Mönche die Weinberge an der Bergstraße und am ganzen Rhein an. Auf- munternd wirkten die Klöster auch auf das Gewerbe. Die Berei- tung des Bieres ging von ihnen aus. Ihre Mühlen verarbeiteten die Erzeugnisse des Landbaues. Da der Überfluß in entfernte Gegenden gesandt werden mußte, wurde die Schiffahrt betrieben, und Laienbrüder bauten und leiteten die Fahrzeuge. Brücken wurden erbaut und Landstraßen angelegt und verbessert. Die Bauten der Klosterbrüder waren Vorbilder in bezug auf Sicherheit und besseren Geschmack. Wollenweberei und Färberei begannen bald in den Klöstern. Freilich sorgten sie nur für den eigenen Be- darf; allein diese Gewerbetätigkeit weckte doch den Nachahmungs- trieb und regte den Wetteifer an. Der Unterricht der Jugend und die Pflege der Wissenschaften haben den Klöstern viel zu danken; überhaupt waren diese die Träger und Vermittler der gesamten Kultur. Die Baukunst vollendete sich bei der Errichtung von Klöstern und Kirchen. Die Ausschmückung derselben durch Dar- stellungen aus der heiligen Geschichte erforderte geschickte Maler. Die Mönche förderten die Bildung durch Schreiben und Verviel- fältigen von Büchern.. Wohltätigkeit unter allen Formen galt als Pflicht der Klöster; die Not wurde durch Almosen gelindert, der Wanderer und Pilger erfreute sich der Gastfreundschaft, die Kranken wurden gepflegt'. Bekleidung und Ernährung gab man den zugewiesenen armen Kindern. Bei größeren Landesnöten und Mißwachs waren die Klöster die offenen Zufluchtsstätten aller Hungernden. Von Mainz aus, wo Winfried den erzbischöflichen Stuhl ein- nahm, lenkte er sein Werk. In der Tat ist er einer der größten

7. Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 16

1897 - Wittenberg : Herrosé
16 Geschichten, lehrte sie ihre Händchen zum Gebet falten und ihre zarten Stimmen in Gesang zu Gott und in munteren, kindlichen Weisen erheben, zeigte ihnen Bilder vor und veranstaltete mit ihnen allerlei heitere Spiele. So wechselten Ernst und Scherz, Arbeit und Spiel, wie wir es heute noch in unseren Kinderbewahr- anstalten finden. Als Oberlin am 1. Juni 1826 starb, wurde er als „Vater“ seiner Steinthaler herzlich und schmerzlich betrauert. Möchte er viele Nachahmer finden! Nach A Gild u A 14. Der Brief.*) Es stand auf Posten ein Grenadier, ein Brieflein in der Hand, — gar grobe Schrift und gar grobes Papier — von Hause hergesandt. Und wie er eifrig im Briefe las, da hört er reiten von ferne was. Das Brieflein warf er zur Erde nur und sich in Positur. Es galoppirt heran die Schar, er schulterte das Gewehr; und da darunter der König war, so präsentierte er. Der König lachte und schaute an den Brief und den Mann und sagte dann: „So nicht Geheimnisse drinnen sind, gieb ihn herauf geschwind." Es liest der König und schmunzelt daß und spricht zu all' den Herrn, indem er laut das Brieflein las: „So etwas lest ich gern. Hier steht: Gott grüß' dich, lieber Sohn! Es wird in vierzehn Tagen schon die Liese, dein einziges Schwesterlein, den Michel Görge frei'n." „Eswünschtdeinaltesmütterchensehr, Du möcht'st dabei auch sein. Ich sagt' ihr, daß es nicht möglich wär', und giebt sie sich nun drein. Zur Hochzeit bist du nicht eben not, schieß' lieber viele Franzosen tot! Sei früh und spat' in Wort und That ein wackerer Soldat." Der König reichte den Brief zurück, und sprach: „Na, grüß' sie schön!" Er jagte davon, und im Augenblick war nichts von ihm zu sehn. — Der Krieger, als er zur Wache kam, mit offenem Munde die Mär vernahm: „Zehn Thaler schickt dir der König, und du hast Urlaub uoch dazu." Adalbert Harnisch. 15. Der Mönch auf dem Ä. Bernhard. Die Klosterglocke tönt, der Mönch erwacht: „Mein Bruder, dich trifft die Reihe heut' nacht!" Und der Bernhard-Mönch im weißen Gewand, er lockt seinen Hund, nimmt die Leuchte zur Hand. So eilt er hinaus in die tosende Höh' und wandelt allein durch Sturm und Schnee. An der Stätte vorbei, wo Totengebein der Erfror'nen schläft in geschichteten Reihn, > Eine wahre Begebenheit

8. Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 144

1897 - Wittenberg : Herrosé
144 winkten bald da, wo sonst die Eulen schrieen und die Unken riefen. Die Veredlung der Obstbaumzuchr ging gleichfalls von den Klöstern aus. In diesen wurden zuerst besondere Geräte zum Garteilban ver- fertigt. Die Mönche hielten Wirtfchaftskalender, in die sie alle Erfahrungen über Viehzucht, Saatbcstellung und Ernte eintrugen. Besondere Aufmerksamkeit widmete man dem Weinbau. Die vorzüg- lichsten Rebengelände Deutschlands wurden von den Klosterbewohnern angelegt, z. B. legten Mönche die Weinberge an der Bergstraße und am ganzen Rhein an. Aufmunternd wirkten die Klöster auch auf die Gewerbe. Die Bereitung des Bieres ging von ihnen aus. Ihre Mühlen verarbeiteten die Erzeugnisse des Landbaues. Da der Überfluß in entfernte Gegenden gesandt werden mußte, wurde die Schiffahrt betrieben, und Laienbrüder bauten und leiteten die Fahrzeuge. Brücken wurden erbaut und Landstraßen angelegt und verbessert. Die Bauten der Klosterbrüder waren Vorbilder in Bezug auf Sicherheit ltitb besseren Geschmack. Wollenweberei und Färberei begann bald in den Klöstern. Freilich sorgten sie nur für den eigenen Bedarfs allein diese Gewerbe- thätigkeit weckte doch den Nachahmungstrieb und regte den Wett- eifer an. Der Unterricht der Jugend nnb die Pflege der Wissenschaften haben beit Klöstern viel zu danken; überhaupt waren diese die Träger und Vermittler der gesamten Kultur. Die Baukunst vollendete sich bei der Errichtung von Klöstern und Kirchen. Die Ausschmückung derselben durch Darstellungen aus der heiligen Geschichte erforderte geschickte Maler. Die Mönche förderten die Bildung durch Schreiben und Ver- vielfältigen von Büchern. Wohlthätigkeit unter allen Formen galt als Pflicht der Klöster; die Not wurde durch Almosen gelindert, der Wan derer und Pilger erfreute sich der Gastfreundschaft, die Kranken ivurden gepflegt. Bekleidung und Ernährung gab man den zugewiesenen armen Kindern. Bei größeren Landesnöten und Mißwachs waren die Klöster die offenen Zufluchtsstätten aller Hungernden. Bon Mainz aus, ivo Winfried den erzbischöflichen Stuhl einnahm, lenkte er sein Werk. In der That ist er einer der größten Wohlthäter der Deutschen geworden. Deshalb erhielt er den Namen Bonisaeius, d. h. Wohlthäter. Im Wirken fand der 74jährige Menschenfreund seinen Tod. Noch war ein Teil der Friesen unbekehrt; deshalb wollte er das Werk seiner Jugend als Greis vollenden. Ehe er den Rhein hinabfuhr, bereitete er voll Todesahnung das Leichentuch, in das er gehüllt sein wollte. Im Friesenlande angekommen, predigte er mit gutem Erfolge. Einst erwartete er Neugetaufte zur Erteilung zur Firmlung. Statt der Be kehrten brach jedoch eine wilde Schar heidnischer Friesen aus dem Walde hervor. Das Evangelienbuch über dem Haupte haltend, endete Winfried unter den Äxten der Mörder. Sein Leichnam ruht in Fulda. Vor Karl dem Großen hat niemand einen gewaltigeren Einfluß auf Deutschland ausgeübt, als Bonisaeius, der mit vollem Rechte der „Apostel der Deutschen" genannt wird. Wir ehren ihn hoch als den Begründer deutscher Natioualeinheit und Hersteller einer deutschen Kirche
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