— 13 —
von da bis an den Genfersee ein Querthal. Der Rhein bildet von seiner
Quelle bis zur Stadt Chur ein Längs-, von da bis an den Bodensee ein
Querthal. Wichtig ist, daß sich alle längeren Thäler der Alpen nach N. und
0. öffnen, während nach 8. hin nur kurze und steile Flußläuse ihren Ausgang
finden. Daher sind die Alpen vorzugsweise von N. und 0. her, also von
Deutschen und Slaven, in Besitz genommen. Nur das Thal der Etsch macht
eiue Ausnahme. Es ist dies aber auch eine Stelle, wo gegenwärtig uuauf-
haltsam italienische Bevölkerung und italienische Sprache gegen den Kern der
Alpen und Deutschland vordringt.
Kein anderes Hochgebirge hat so viele Pässe und Verkehrs st raßen
wie die Alpen. An Pfaden für Fußgänger (Fußpfaden) und Saumtiere
(Saumpfaden) fehlt es nirgends und in keiner Richtung, und die Zahl
gebahnter Fahrstraßen ist, in Anbetracht der Schwierigkeiten, mit denen
ihre Anlage zu kämpfen hatte, ungemein groß; sie beträgt in der Schweiz und
in Österreich 44. Die Kunstbauten sind namentlich denjenigen Verbindungen
zu gute gekommen, die das Gebirge quer durchschneiden, weil sich in dieser
Richtung die meisten Schwierigkeiten darbieten; in der Längsrichtung des
Gebirges stellten sich seine bedeutenden Parallelthäler als natürliche Ver-
bindungswege dar. — Der höchste Paß der Alpen ist das Stilsfer Joch
(2800 m). Andere Pässe führen über den St. Gotthard, den Splügen, den
Brenner, den Semmering und deu Mont Cenis. Einige von diesen Pässen,
z. B. der St. Gotthard-Paß, dienen nicht nur dem Verkehr der Menschen,
sondern auch den Zugvögeln auf ihrem Wege nach dem 8. und heimwärts
als natürliche Durchgangsthore. In neuester Zeit ist die Zugäuglichkeit der
Alpeu noch durch mehrere Eisenbahnen erhöht worden, welche dem Bedürfnis
eines beschleunigten Verkehrs dienen und teils über, teils in langen
Tunneln durch die Alpeu führen. Diese Eisenbahnen sind: a. Die Mont
Cenisbahn, welche Frankreich und Italien verbindet; b. die St. Gotthard-
bahn, eine Schienenverbindung zwischen Deutschland und Italien; c. die
Brennerbahn, die aus Tirol nach Italien führt; d. die Semmering-
bahn, eine Verbindung zwischen Wien und Triest über Graz; e. die
Arlbergbahn verbindet die österreichischen Alpenländer mit Bregenz am
Bodensee. So bilden die Alpen keineswegs eine trennende Schranke für den
Verkehr, einen Schrecken für den einsamen Wanderer, wohl aber in klimatischer
Beziehung eine deutliche Scheidung zwischen Mittel- und Südeuropa, jenes
mit rauherem Himmel, dieses mit milden Lüften „das Land, wo die Citronen
blühen". — Auch in früheren Zeiten sind die Alpen keine scharfe Völkergrenze
und kein Hindernis für die Wanderungen und Kriegszüge einzelner Völker
gewesen. Ihre sanftere Abdachung nach N. und Nw. hat es aber mit sich
gebracht, daß sie viel früher und häufiger von dorther überschritten wurden,
als von 8. (Hannibals Alpenübergang; Kimbern und Teutonen.) In der
Zeit der Völkerwanderung brachen zahllose Scharen deutscher Völkerstämme
über die Alpeu iu Italien ein. Im Mittelalter unternahmen deutsche Kaiser
wiederholt Kriegszüge über die Alpen (Barbarossa). Auch friedlicher Handels-
verkehr (namentlich mit Genua und Venedig) hat seit den frühesten Zeiten
über die Alpen bestanden.
Sehr wichtig für die Alpen sind noch die Älpenscen. a) Sie sind ein
Hauptschmuck des Gebirges. Der wohlthuende Eindruck derselben wird
durch die Frische, Klarheit und Farbe ihres Wassers erhöht, das vom hellsten
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T90: [Alpen See Schweiz Inn Rhein Bodensee Gotthard Paß Rhone Italien], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Chur Deutschland Frankreich Italien Deutschland Italien Italien Wien Triest Graz Bregenz Mittel- Südeuropa Italien Genua Venedig
— 2 —
wo der nördliche Polarkreis die Westküste Norwegens trifft. — Im W. liegt
der Atlantische Ozean mit seinen Gliedern, im 8. das Mittelländische Meer
mit dem Schwarzen Meere. Nach 0. hängt Europa seiner ganzen Breite
nach mit Asien zusammen. Die Ostgrenze läuft von der Mündung der Kara
über den Rücken des Uralgebirges, dann ungefähr am Uralflusse und an der
Westküste des Kaspischen Meeres entlang, dann nördlich am Kaukasus uach
dem Schwarzen Meere hin und zwar so, daß ganz Kankasieu noch zu Asien
gehört. Die Naturgrenze zwischen Rußland und Asien bildet in der Strecke
zwischen dem Kaspischen und Schwarzen Meere der Kaukasus, die politische
Grenze liegt gegenwärtig in der Manytsch-Niederung. (In der Ver-
waltung des Russischen Reiches wird ein ziemlich umfangreiches Gebiet im 0.
des Urals bis zum Tobol hin zum Europäischen Rußland gerechnet.) (In
einer früheren Zeit der Erde war die Grenze Europas gegen Asien viel
deutlicher ausgesprochen als jetzt. Denn alles deutet auf eine frühere Ver-
bindung des Kaspischen Meeres einerseits mit dem Schwarzen Meere, anderer-
seits mit dem Nördlichen Eismeer. Damals war Europa ein von Asien völlig
getrennter Erdteil.)
Bedeutung der Nordgrenze: 1. Das Eismeer ist ein nngast-
liches Meer und sendet kalte Winde ins Land. 2. Dennoch dient es dazu,
von Norden aus in Europa einzudringen. 3. Es verbindet Europa auf leichte
Weise mit Nord-Asien. 4. Es ist wichtig für Fischfang und Jagd.
Bedeutung der Ostgrenze: I. Sie ist die einzige Landgrenze
Europas. 2. Sie setzt Europa in Verbindung mit Asien, der „Wiege des
Menschengeschlechts". 3. Der Ural bildet einen Schutzwall gegen das Ein-
dringen der asiatischen Völker; dagegen ist die zwischen dem südlichen Ural
und dem Kaspischen Meere gelegene Steppe ein „Völkerthor" geworden, durch
das zu wiederholten Malen Europa überflutet wurde. (Huuueu, 375 n. Chr.)
4. Die Ostgrenze giebt Veranlassung zum Handel mit Asien. 5. Nach der
Ostgrenze hin fließt der größte Strom Europas, die Wolga. 6. Nur an der
Ostgrenze hat Europa Raum zur Entwickeluug großer Landmassen.
Bedeutung der Südgrenze: 1. Die Südgrenze hat 3 große Halb-
inseln und zeigt eine reiche Küstenentwickelung. 2. An der Südküste wohnten
im Altertum die gebildetsten Völker (Griechen, Römer). 3. Das Meer an
der Südgrenze hatte im Altertum eine völkerverbindende Stellung und führte
'zur Begründung der Weltherrschast der Römer. 4. Nach der Südküste
Europas kamen aus dem Morgenlande wichtige Erfindungen (Buchstaben- und
Zifferuschrift, Schiffsbau), Wissenschaften (Himmelskunde), das Christentum und
Kulturfortschritte. Das alles wurde zuerst vou Griechenland mit offener Hand
aufgenommen, dann nach Rom weitergegeben. Vom Mittelmeere verbreitete
sich dann die Bildung und das Christentum in dem Stamm Europas von
W. nach O. und überschritt endlich auch den Atlantischen Ozean, um in
Amerika eine Stätte zu gewinnen. 5. Nach der Südgrenze wurden aus dem
Morgenlande wichtige Kulturpflanzen (Ölbaum, Dattelpalme) und Haustiere
(Psau) gebracht. 6. Durch den Handel mit Asien und Afrika gelangten
namentlich nach den Kreuzzügen viele Städte Südeuropas zu großem Reichtum,
z. B. Venedig.
Bedeutung der West grenze: I. Sie setzt uns mit einem Welt-
meere und dadurch mit den übrigen Erdteilen in Verbindung und befördert
Schiffahrt, Handel und Fischfang. 2. Von hier aus wurden Amerika (1492)
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden]]
TM Hauptwörter (100): [T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
Extrahierte Ortsnamen: Westküste_Norwegens Atlantische_Ozean Europa Kaspischen_Meeres Kaukasus Asien Kaukasus Europäischen_Rußland Europas Europa Asien Europa Europa Europas Europa Asien Europa Asien Europas Europa Altertum Altertum Europas Griechenland Rom Europas_von
W. Atlantischen_Ozean Amerika Afrika Venedig Amerika
Ouropa.
I. Name, Lage, Grenzen und Größe.
1. Aame. Der Name Europa stammt wahrscheinlich von dem phönizischen
Worte Ereb, welches Westen oder Abend oder Sonnenuntergang bedeutet.
Europa war den Phöniziern also das West- oder Abendland, wie wir
umgekehrt Vorderasien das Morgenland nennen.
3. Lage. Europa liegt ganz auf der nördlichen und östlichen Halbkugel,
sowie iu der Mitte der Land h albkngel. Deshalb ist es auch „das
Herz der Erde" oder „der Erdteil der Mitte" genannt worden. Es
ist nach 3 Seiten umlagert von 3 Erdteilen, und wenn es auch nur mit
eiuem (Asien) unmittelbar zusammenhängt, so ist es von den übrigeu (Afrika
und Nordamerika) doch nur durch verhältnismäßig schmale und leicht zu über-
schiffende Meeresteile geschieden. Durch diese Lage war ein Verkehr und Aus-
tausch mit den Bewohnern der Nachbarerdteile leicht möglich, und so ist es
gekommen, daß Europa zum Mittelglieds des Weltverkehrs ge-
worden ist und seine Bewohner die erste Stelle unter der Bevölkerung der
Erde einnehmen. „Im Altertum war der Süden des Erdteils berufen,
den Verkehr zwischen Asien, Europa und Afrika zu vermitteln, und die Römer
gründeten ihr mittelmeerisches Reich in allen 3 Erdteilen. Durch die Auf-
nähme des Christentums und die im Mittelalter beginnende Entwicklung
vieler neuer Kulturmittelpunkte wurde Europa ein Hauptschauplatz für die
Erziehung des Menschengeschlechts. Mit dem Beginn der Neuzeit war der
Westen von Europa wegen der größten Annäherung an Amerika am besten
dazu geeignet, den Verkehr nach diesem Festlande in die Hand zu nehmen
und es allmählich ganz mit Ansiedlern zu besetzen."
Auf den ersten Blick erscheint Europa als eine Halbinsel Asiens.
Allein Dreierlei berechtigt dazu, es als eiuen selbständigen Erdteil anszn-
fassen. 1. Die Verteilung von Land und Wasser um Europa ist eiue solche,
daß sich von Europa aus uach allen Richtungen Wasserwege für den Völker-
verkehr eröffnen. — 2. Europa liegt fast ganz in der gemäßigten Zone und
ist dadurch ebenso fern der erschlaffenden Einwirkung der Tropenzone wie der
erstarrenden der Polarzone. — 3. Die Gestaltung des Umrisses (Meeres-
einschnitte, Halbinseln und Inseln) und der Oberfläche Europas (keine un-
übersteiglichen Gebirge, keine trennenden Hochebenen, die strahlenförmige Ans-
breitung der Flüsse) ermöglicht eine große Bewegung der Bevölkerung.
3. Greifen. Die Grenzen Europas sind gegen die Nachbarerdteile sast
durchgängig Natur grenzen und zwar größtenteils Wassergrenzen. Im N.
grenzt Europa an das Nördliche Eismeer von der Kara-Mündnng bis dahin,
Vogel, Geographie, Ausg. A. Heft Ii. 1
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
TM Hauptwörter (100): [T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Ortsnamen: Ouropa Europa Europa Europa Asien Afrika Nordamerika Europa Asien Europa Afrika Europa Europa Amerika Europa Asiens Europa Europa Europa Europas Europas Europa Kara-Mündnng
— 10 —
Weberei. Das industriereichste deutsche Gebirge ist das Erzgebirge, das
industriereichste am Rhein der Schwarzwald. — 5. Gebirge bilden oftmals
Natur grenzen zwischen Ländern und Völkerstämmen: Böhmerwald, Erz-
gebirge, Sudetenzug, Thüringerwald (zwischen Thüringen und Franken). —
6. a. Gebirge haben Einfluß auf das leibliche und geistige Leben
ihrer Bewohner: Gebirgsbewohner sind körperlich meist rüstig und iu
geistiger Beziehung meist fromm, weil die Gefahren, denen sie unterworfen
sind, sie ans Gottes Schutz hinweisen. Sie hängen gewöhnlich auch mit
großer Liebe an der Heimat und an heimischen Sitten. Gebirgsbewohner
sind serner freiheitsliebend. Gebirge sind oftmals Zufluchtsorte für Verfolgte
geworden, z. B. die Waldenfergemeinden fanden namentlich in Gebirgen
Schutz. — b. Gebirge haben Einfluß auf die Dichtigkeit der Be-
völkernng. In der Regel wirken bedeutende Erhebungen des Bodens
einer Verdichtung der Bevölkerung entgegen. Unter allen Erdteilen hat
Europa die geringste mittlere Höhe, ist also in dieser Beziehung bedeutungs-
voll begünstigt. — 7. Gebirge sind von Einfluß auf die Pflanzen-
und Tierwelt. Auf hohen Gebirgen wachsen andere Pflanzen (Alpen-
pflanzen) und leben andere Tiere (Gemsen, Steinböcke, Murmeltiere) als in
anderen Gebieten; auch iu den Thälern ein und desselben Gebirges wachsen
andere Pflanzen als auf den Höhen der Berge. Nördlich von den Alpen
sind vielfach andere Pflanzen, als südlich von denselben; die Tierwelt
Europas ist durch das Uralgebirge von derjenigen Asiens geschieden.
8. Gebirge verschönern das Land. Ebene Länder sind arm an Natur-
schöuheiten, Gebirge bieten Abwechselung von Berg und Thal, reizende Fern-
sichten, rauschende Bäche, srische Luft, Waldpartieen und anmutige Gebirgs-
dörfer. — 9. Im Altertums betrachtete man die Gebirge als Wohnsitze der
Götter, als „Altäre Gottes". Der Olymp war Der Göttersitz bei den
Griechen.
Die wichtigsten Gebirge Europas sind folgende:
). Die 3upcit
gehören zu den Hochgebirgen, sind das höchste Gebirge in Europa
und liegen in der Mitte zwischen Äquator und Nordpol. Der Na m e bedeutet
soviel wie „die Weißen" oder „die hohen Berge". Ihre Länge beträgt etwa
150 Beeilen (etwa 1200 km), ihre Breite 20—40 Meilen (150—300 km
und ihr Flächeninhalt 4500 ^Meilen (220 000 qkm). In Europa werden
sie an Länge bedeutend von dem Uralgebirge und an Massenhastigkeit von
dem Skandinavischen Gebirge übertroffen. Doch übertreffen sie selbst alle
andern größern Gebirge Europas außer durch die Höhe noch durch ihre
Bewohnbarkeit, Anbaufähigkeit und Zugäng lichkeit, sowie
durch Mannigfaltigkeit und Schönheit der N a t u r f o r m e n. — Die
Alpen haben im allgemeinen die Gestalt eines Füllhorns, dessen Spitze am
Golf von Genua liegt und dessen Öffnung nach der Tiesebene Ungarns zu
gerichtet ist. Ihre natürliche Begrenzung finden sie im S. durch das
Adriatische Meer, die Potiesebene und den Busen von Genua, im W. durch
die Rhonetiefebene, im N. durch die Schweizer Hochebene und die Schwäbisch-
bayerische Hochebene, im 0. durch die Ungarische Tiefebene. Die Abdachuug
der Alpen ist gegen 8. im allgemeinen steiler und kürzer als gegen N., daher
erscheint die Alpenkette von 8. her gesehen viel mächtiger, als von einem
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm]]
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Schwarzwald Böhmerwald Thüringerwald Gottes Europa Steinböcke Europas Europas Europa Europa Europas Genua Ungarns Genua Ungarische_Tiefebene
Das Deutsche Reich.
I. Name, Lage, Grenzen und Gröhe.
I. Name. Zur Zeit Jesu hieß unser Vaterland Germanien, und
unsere Vorfahren wurden von den Kelten und nach diesen von den Römern
Germanen genannt. Der Sinn dieses Namens ist nicht recht klar: dem
einen bedeutet er „Nachbar", dem andern „Speermänner", dem dritten „Rufer
im Streit" oder „tobende Krieger" (sie stürzten sich unter großem Geschrei
auf den Feind) und noch anderen „Waldgebirgsbewohner". Sie selbst nannten
sich später (etwa um das Jahr 900 u. Chr.) Deutsche, d. h. Volk.
Ii. Lage, a) Das „Deutsche Reich" nimmt den weiten Raum ein von
den Alpeu und den Gebirgen, welche Böhmen im Norden umsäumen, bis an
die Küsten der Nord- und Ostsee. Es liegt in der Mitte Europas und
ist deshalb das „Herz Europas" genannt worden. Die Folge dieser geo-
graphischen Lage ist, daß es ein Mittelglied zwischen dem slavischen Osten
und dem romanischen Westen, dem üppigen Süden und dem ärmeren Norden
bildet. Es grenzt fast an alle übrigen großen Länder Europas oder steht doch
mit ihnen durch Flüsse und Meere in leichter und naher Verbindung.
Daraus erklärt sich folgendes:
1. Die Deutschen sind nach allen Seiten hinausgeströmt und haben Bildung
verbreiten helfen, haben auch das Ehristeutum nach dem Norden und Osten
Europas gebracht (sie sind ein geistiger Mittelpunkt des Erdteils geworden).
2. Deutschland ist zu manchen Zeiten (Zeit der Ottonen, Salier und
Hohenstaufen:) eine leitende Macht Europas gewesen (politischer Mittelpunkt).
3. Deutschland ist das Durchgaugsland für die Völkerbewegungen zwischen
dem Osten und Westen, dem Norden und Süden gewesen.
4. Es war oft der Schauplatz für die die Geschichte Europas entscheidenden
Kriege. „Kein anderes Land Europas zählt so viele Schlachtfelder großer
Entscheidungskämpfe wie Deutschland, das gewissermaßen eine unermeßliche
Walstatt zwischen den Völkern des Ostens und Westens, des Nordens und
Südens vorstellt."
Iii. Grenzen. Das Deutsche Reich grenzt im Osten an das Kaisertum
Rußland und das Kaisertum Österreich, im Süden an Österreich, den
Bodensee und die Republik Schweiz, im W e st e n an die Republik Frankreich,
das Großherzogtum Luxemburg und die Königreiche Belgien und Niederlande,
im Norden an die Nordsee, das Königreich Dänemark und die Ostsee.
Deutschlands Wassergrenzen sind viel kürzer als die Landgrenzen. Die
Nordsee berührt Deutschland auf 36 Meilen, die Ostsee auf über doppelt so-
viel (83) Meilen.
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa]]
Extrahierte Ortsnamen: Germanien Ostsee Europas Europas Europas Deutschland Europas Deutschland Westen Europas Europas Deutschland Kaisertum
Rußland Republik_Schweiz Frankreich Luxemburg Belgien Niederlande Nordsee Deutschlands Nordsee Deutschland Ostsee
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
377
ein großes Waschfest, das mit Vorbereitungen und Nacharbeit
acht oder vierzehn Tage alle weiblichen Hausgenossen und noch
ein paar Waschfrauen dazu in Anspruch nahm.
Ii.
Seitdem sind mehr als fünfzig Jahre verstrichen. Auch wenn
wir von ländlichen Haushaltungen absehen, die immer noch in
der Lage sind, einen großen Teil ihrer Bedürfnisse selbst zu er-
zeugen und gebrauchsfertig herzustellen, so läßt sich nicht be-
haupten. daß alle erwähnten häuslichen Einrichtungen und
Arbeiten aus allen oder den allermeisten deutschen Häusern völlig
verschwunden seien. Es gibt immer noch Frauen, die das eine
und das andre so machen, wie es ihre Urgroßmütter machten.
Aber im großen und ganzen zeigt heute das häusliche Leben in
Deutschland ein völlig andres Gesicht. Der allgemeine Brauch
ist nicht mehr, selbst zu machen, was man irgend selbst machen
kann, sondern zu kaufen, was irgend zu kaufen ist. Den leitenden
Grundsatz in Einrichtung und Lebensweise bilden nicht mehr die
Sparsamkeit und Genügsamkeit, sondern die Behaglichkeit und
Befriedigung des Schönheitssinnes. Man fragt nicht: Was können
wir entbehren? Was können wir uns mit eigner Anstrengung
schaffen? sondern: Was müssen wir haben? Woher beziehen wir
das und jenes am besten?
Wenn nun auch Sparsamkeit und Genügsamkeit unbedingt
Tugenden genannt werden müssen, so ist« nicht damit gesagt, daß
der heutige Zuschnitt unsers häuslichen Lebens ebenso unbedingt
verwerflich sei. Jedes Volk führt ihn ein, sobald es sich dazu reich
genug fühlt. Unsre westlichen Nachbarn, besonders die Eng-
länder und Holländer, haben, weil sie viel reicher sind als wir,
schon viel früher diesen Schritt getan. Daß wir ihnen aber jetzt
verhältnismäßig so schnell nachgefolgt sind, das liegt nicht an
einem ebenso plötzlichen und ebenso starken Wachstum unsers
Nationalvermögens. Mit jenen beiden Völkern und den Fran-
zosen verglichen, sind wir immer noch ein armes Volk. Vielmehr
liegt es einerseits daran, daß durch die Ausbreitung des Eisen-
bahnnetzes die Angehörigen aller Kulturvölker in unendlich viel
lebhaftere Beziehungen zueinander getreten sind als früher, und
anderseits daran, daß durch die Erfindung der verschiedenartigsten
Maschinen die Arbeit der Menschenhand überhaupt an vielen
Stellen abgelöst worden ist. Der Dampf hat die Welt um-
gewandelt! Der Handwerker muß vielfältig dem Fabrikanten
weichen: er zieht dafür, soviel er kann, die Arbeit an sich, die
früher jeder für sich selbst ausführte. Jetzt sind ein Brot oder ein
Kuchen, die nicht der Bäcker gebacken hat. eine Seltenheit: der
Bäcker muß sich seinerseits vor der Brotfabrik mit Dampfbetrieb
und Dampfmühle wehren, die ihm die Kundschaft zu rauben
droht. Der Fleischer hat nicht mehr damit zu rechnen, daß seine
Kunden einen großen Teil des Jahres hindurch von ein-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
441
abstoßend wirkt. Es gibt fast ohne Ausnahme in den europäischen
Häusern in China nur männliche Dienerschaft, und. obwohl die
schlitzäugigen Gesellen mit einem wahren Feuereifer der neuen
Hausherrin entgegenstürzen und ihre Dienste anbieten, so ist doch
zunächst ein großes Hindernis für den Verkehr vorhanden: die
Sprache. Sorgsam wird ja die Frau. die jahrelang im Ausland
zubringen soll, sich vorher der englischen Sprache mächtig gemacht
haben und ist vielleicht nicht wenig stolz auf ihre Kenntnisse: ist
ihr doch gesagt worden, daß nur im Englischen ein Verkehr im
gewöhnlichen Leben dort draußen möglich ist: aber der Wort-
schwall mit dem der Boy, der chinesische Diener, die Herrin be-
grüßt und ihre Aufträge einholen will, hat keine Ähnlichkeit mit
Englisch. Einige schnell und gurgelnd hervorgestoßene kurze Sätze
lassen wohl hier und da eine englische Silbe heraushören, aber
einen Sinn findet man dann erst, nachdem das Ohr erst be-
sonders darin geschult, nachdem das Gedächtnis sich eine Reihe
ganz bestimmter Redewendungen eingeprägt hat. Es ist das so-
genannte Pidgin-Englisch. eine Vermischung des Englischen mit
portugiesischen Ausdrücken, merkwürdigen Anhängesilben und der
chinesischen Logik entnommenen Worten.
Schon für das Auspacken und Unterbringen aller der Sächel-
chen und Kleinigkeiten, die aus der Heimat mitgebracht worden
und die in so zarter Weise vielleicht das Band aus den Mädchen-
jahren in die junge Ehe hinüberspinnen, die als letzte Geschenke
und Andenken ferner Freundinnen eine Art Seelenverbindung
mit der fernen Heimat in sinniger Weise erhalten, ergeben sich
große Schwierigkeiten, denn dies alles muß von der jungen Frau
gewöhnlich selbst besorgt werden, da all die Diener von dem Ge-
brauch der Sachen nicht die geringste Ahnung haben, und wenn
man sie schalten ließe, sich bald die drolligsten Verwechslungen
und Szenen ergeben würden.
Jetzt kommt die erste Mahlzeit heran: im Speisezimmer über-
rascht die ungemein geschmackvolle Anordnung der Tafel, in der
die Chinesen allerdings Meister sind. Vielleicht nimmt an der
Tafel schon heute, wie das im ganzen Osten Asiens üblich ist, das
ganze europäische Eeschäftspersonal teil. aber es sind wenigstens
lauter gute deutsche Physiognomien, wenn auch hin und wieder in
ihrer Sprache sich ein englischer Ausdruck oder eine aus dem Eng-
lischen entnommene Redensart einschleicht und einen fremden Ein-
druck hervorbringt. Hinter jedem Stuhl, hinter jedem Tischgast
stellt sich ein eigner Diener auf. andre befördern die Speisen aus
der Küche in den Saal. Eine Fülle von Gerichten erscheint hinter-
einander: aber die deutsche Hausfrau, die noch ganz im Geist der
Heimat lebt. der der Begriff der Hausmannskost noch zu deutlich
vorschwebt, wird allen diesen Sachen kaum einen großen Geschmack
abgewinnen, und gewiß wird sie zuerst den Entschluß fassen, ihre
eigne Küche umzugestalten: dies ist aber nicht so leicht. Auch der
Koch ist natürlich ein Chinese: auch hier muß die Schwierigkeit der
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
443
Ding der Unmöglichkeit gewesen. Sprache, Sitten und Lebens-
gewohnheiten stehen sich hier durchaus gegenüber. So der Ver-
lauf eines gewöhnlichen Tages. Sehr, sehr oft wird er durch
mannigfaltige Vergnügungen und Geselligkeit unterbrochen. Es
gehören dazu die in ganz Ostasien ungemein beliebten Picknicks.
Jeder Haushalt stellt dazu, was ihm beliebt, und als Be-
förderungsmittel für die Teilnehmer wird gewöhnlich der leichte,
offene, von vier Chinesen an langen Bambusstangen getragene,
aus Bambus geflochtene Stuhl benutzt. Gewöhnlich ist das Ziel
irgendein nahegelegener Tempel, die stets in ihrer Umgebung
schattige Haine oder Bambusgebüsche aufweisen, in denen die
mannigfaltigsten Spiele geübt werden. In Schanghai haben die
Damen einen eignen Klub gegründet, der ein prachtvolles Ge-
bäude mitten in einer bedeutenden Eartenanlage zeigt, und in
dem Herren nur auf besondre Einladung zu Spielen oder zur
Unterhaltung Zutritt haben. Neben der Geselligkeit ist es der
Wohltätigkeitssinn, der in hervorragendem Matze den gegen-
seitigen Verkehr, die Annäherung und die Freundschaft befördert.
Es gibt keine Dame im Osten, die nicht irgendeinem wohltätigen
Vereine angehörte.
Die erste große Schwierigkeit im Leben der Fremden ergibt
sich in der Kindererziehung. Für den jungen Weltbürger wird
eine chinesische Wärterin, eine sogenannte Ahmah, angenommen.
Die ersten Sprachversuche bringen neue Schwierigkeiten, denn
naturgemäß lernt der kleine Europäer neben seiner Mutter-
sprache, und oft noch schneller als diese, den chinesischen Dialekt
der Gegend, in der er gerade das Licht der Welt erblickt. Mit
dem fünften Jahre etwa ist das Kind der alleinigen Obhut der
Ahmah entwachsen, es erhält einen der Boys des Hauses zum
ständigen Begleiter, ahmt die Bewegungsspiele der Erwachsenen
nach oder unternimmt auf seinem kleinen schottischen Pony, be-
gleitet von einem chinesischen Reitknecht, kleine Ausflüge in der
Nähe des elterlichen Hauses. In diesem Lebensalter mutz auch
die elterliche Erziehung besonders sorgfältig darauf sehen, daß
sich nicht, wie dies leider vielfach der Fall ist, bereits bei dem
Kinde eine vollkommene Verachtung der chinesischen Bevölkerung
herausbildet. Ein Verkehr mit chinesischen Kindern ist auch hier
fast ganz ausgeschlossen. Noch einige Jahre später — sofern die
Familie überhaupt solange im Osten bleibt — verlangt die
geistige Ausbildung gebieterisch die Trennung vom Elternhause.
Die geselligen Äußerungen in Theatern und Konzerten sind
der wundeste Punkt des ganzen Aufenthalts in China. Höchst
selten geschieht es, daß irgendeine kunstreisende französische
Operettengesellschaft in dem Saale irgendeines Hotels die alten
Offenbachiaden kläglich aufführt; meistens ist der Europäer auf
sich selbst angewiesen. Hin und wieder erscheint wenigstens an
den Haupthäfen kometenartig ein Virtuose, meist aber hilft auch
hier die Liebenswürdigkeit musikbegabter Damen. Der Hoch-
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
83
gemein verbreitet ist. Gierig läuft das Wild unsrer Wälder nach
der Salzlecke; dem Kamel der Wüste ist ein Stückchen Steinsalz
die liebste Leckerei.
Wer kennt nicht die zahlreichen Anwendungen des Salzes
zum Aufbewahren von Fleisch und Gemüse, zum Einpökeln, zum
Düngen, ganz besonders aber zur Herstellung der Soda, auf der
die Fabrikation des Glases und der Seife mit allen ihren un-
entbehrlichen Produktionen beruht! Nicht der mächtigste Fürst,
nicht der ärmste Bettler kann des unscheinbaren Stoffes entbehren
— es ist so notwendig wie die Luft.
Das Salz, gewöhnlich Kochsalz genannt, ist die Verbindung
eines sehr leichten Metalles, Natrium, und einer eigentümlich gelben
Gasart, Chlor. Es wird vom Wasser aufgelöst, und zwar in dem
Maße, daß 100 Teile Wasser 27—28 Teile davon aufnehmen.
Sein Geschmack ist angenehm salzig. 2m reinsten Zustande ist
es weiß, durchsichtig wie Eis und in Würfeln kristallisiert. Das
natürlich vorkommende Steinsalz wird oft in kristallen von mehr
als 100 kg Schwere gebrochen. Dagegen bildet das aus dem
Meere oder den Solen durch Verdunstung gewonnene Salz kleine
weiße (undurchsichtige), vielseitige Trichterchen. Sechs solcher Trichter
mit ihren Spitzen zusammengestellt und darauf überall ausgefüllt,
würden einen Würfel darstellen.
Ist das Kochsalz für Menschen und die höhern Tiere ein
wichtiges Nahrungsmittel, so wirkt es auf eine große Anzahl von
niedern Tieren sowie auf viele Pflanzen als ein rasch tötendes
und zerstörendes Gift. Eine Landschnecke mit Salz bestreut, stirbt
bald; ein Frosch geht im Salzwasser alsbald zugrunde; ein Baum,
damit begossen, verdorrt binnen wenigen Tagen; die Blätter vieler
Kräuter schrumpfen zusammen, und Gras und alle Getreidearien
gehen davon ein. Dagegen gibt es aber auch eine große Anzahl
von Pflanzen und Tieren, die ausschließlich im Salzwasser leben
und gedeihen und denen das Süßwasser den Tod bringt.
Seit den ältesten Zeilen haben die Menschen Salz gewonnen.
Dem deutschen Boden entspringen unzählige salzhaltige Quellen,
die schon von den Ureinwohnern benutzt worden sind. Bei Bad
Nauheim in der Wetterau fanden sich vor einigen Jahren die
Reste ausgedehnter alter Salinen, wahrscheinlich von einem keltischen
Volksstamme herrührend, aus einer Zeit des Betriebes, wo die
Germanen noch nicht nach diesen Gegenden vorgedrungen waren.
Jene Salinen, aus allerlei tönernen Kochkesseln, Röhrenleitungen
und steinernen und bronzenen Geräten bestehend, lagen 3—6 m
tiefer als der jetzige Boden und waren bedeckt von Erdlagern,
worin germanische und römische Reste, Waffen und Begräbnis-
stätten gefunden wurden. Die Darstellung des Salzes war bei
den Germanen anfangs sehr einfach und roh. Sie schütteten das
Salzwasser auf Haufen glühender Kohlen und erhielten dadurch
schwarze, unreine, salzige Krusten, die sie zum Würzen ihrer Speisen
gebrauchten. Die Römer dagegen, die vor fast zwei Jahrtausenden
6*
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T107: [Eisen Gold Silber Kupfer Blei Metall Salz Zinn Stein Mineral], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
Hs
444 —
sommer bringt eine meist recht willkommene Unterbrechung des
täglichen Lebens durch einen lungern Erholungsaufenthalt; für
den Norden Chinas ist es besonders das Gebirge, das in chine-
sischen Tempeln den erholungsbedürftigen Familien Aufenthalt
bietet. In den chinesischen Mittelprovinzen mutz der Land-
aufenthalt das Gebirge ersetzen, von Hongkong und Kanton aus
wird meistens die prächtige Insel Makao als Luftkurort gebraucht,
wenn man nicht eine weitere, dafür desto lohnendere Reise nach
Japan oder Manila unternimmt.
Nur kurz ist die Reise von China hinüber nach dem Lande
der aufgehenden Sonne: nach Japan, aber ein wie gewaltiger
Wechsel tritt dem Fremden entgegen! In China die starre Ab-
weisung europäischer Kultur, ein zähes Festhalten an vieltausend-
jährigen Sitten und Gewohnheiten: in Japan eine wahrhaft
fieberhafte Hast, alles und jedes, die Staatseinrichtungen des
Volkes, die Gebräuche, die gesamte äußere und innere Kultur zu
europäisieren, aus Japan einen Kulturstaat der Neuzeit zu machen.
Es ergibt sich von selbst, daß der Verkehr mit den Europäern
nicht nur nicht wie in China verabscheut wird, sondern das; die
gebildeten und hauptsächlich vornehmen Japaner diesen vielmehr
in jeder Weise sich zu verschaffen suchen. Mit richtigem Takte
haben sie dabei erkannt, daß sie ihren Kulturzwecken allein durch
wissenschaftliche Ausbildung nicht dienen können, sondern das; das
Wesen zumal deutscher Kultur im Familienleben, in dem Ein-
flüsse der deutschen Frau begründet ist. und so ist die Stellung,
die die deutschen Frauen in Japan nach jeder Richtung hin ein-
nehmen. eine sehr einflußreiche und zugleich angenehme.
Es ist ja bekannt, daß das deutsche Element in Japan gegen-
wärtig eine hervorragende Rolle spielt: als Professoren. Juristen,
Staatsbeamte, Ärzte. Kaufleute und Gewerbetreibende haben die
Deutschen einen Vorsprung vor den andern Nationen genommen,
leichter fällt es dem einzelnen, seine Familie hier unterzubringen,
genußreicher stellt sich das gesellschaftliche Leben dar. Die Ge-
selligkeit ist eine ganz außerordentlich ausgebildete. Alle Fa-
milien sind untereinander bekannt und pflegen gesellschaftlichen
Verkehr, und so gilt es fast täglich, Besuche zu machen, zu erwidern,
oder Einladungen Folge zu leisten. Allerdings bietet dann die
Lage der europäischen Häuser, der Umstand, daß sie fast ohne
Ausnahme von reizenden Gärten umgeben sind, deren Rasen-
flächen die Pflege der für die Gesundheit so sehr zuträglichen
Bewegungsspiele geradezu herausfordern, wenigstens einen Ersatz
für die angewandte Mühe.
Des Donnerstags abends gibt es in Tokio eine feststehende
Gesellschaft im größern Stile. Die japanischen Damen der vor-
nehmen Kreise sollen nämlich mit Gewalt tanzen lernen; sie
müssen ihr bequemes, japanisches Gewand, den Kimono, mit der
europäischen Vallrobe vertauschen, und unter den schmetternden
Fanfaren des von einem deutschen Kapellmeister geschulten
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier]]
Extrahierte Ortsnamen: Chinas Hongkong Japan Manila China Japan China Japan Japan China Japan Japan Tokio