Türke. 77
5. Türke.
Die Balkan-Halbinsel gehört zu den reichsten und frucht-
barsten Ländern der Erde. Aber trotz des Reichtums an
Natnrerzeugnissen aller Art übertrifft in der Türkei die Einfuhr
die Ausfuhr um das Vierfache. Hier ist die Erklärung in der
Eigenart, in der Stumpfheit, in der Trägheit vor allem zu
suchen. Trägheit und Gleichgültigkeit sind der Hauptzug des
türkischen Charakters, diese arten oft in Stumpfsinn aus und
erzeugen eine Schlaffheit und Unthätigkeit, wie man sie bei
keinem anderen Volke findet. Vom Morgen bis zum Abend
kann der Türke rauchend auf feinem Teppich liegen. Hundert-
mal sieht man ihn durch dieselbe Straße wandern, ohne daß er
über irgend ein Haus Auskunft geben kann; ja es giebt sogar
Türken, die in Konstantinopel geboren und in ihrem ganzen
Leben nicht nach Skntari gekommen sind. — Diese angeborene
Unthätigkeit erklärt auch den Stolz des Türken, wie sie seine
Unwissenheit begreiflich macht. Er sieht in jedem Franken
einen Bettler, der, um sich vor Hunger zu bewahren, sich bei
Tag und Nacht abmühen muß. Allerdings giebt er zu, daß
die Europäer viele Kunstfertigkeiten besitzen, die ihm fremd sind;
aber eben hierin findet er einen Beweis ihrer Armut. Ihm
ist alles, was nicht Türke ist, ein Volk von Handwerkern, das
zur Arbeit, aber nicht zum Genuß berufen ist, während er selbst
nur in der Welt zu sein glaubt, um sein Leben gemächlich zu
genießen. Merkwürdig ist die Achtung, welche der Türke vor
fremdem Eigentum hat. Obgleich er, wie alle Morgenländer,
nach Gewinn lüstern ist, so befriedigt er seine Habsucht doch
fast nie auf unerlaubte Weise. Im Morgenlande ist es Sitte,
fast alle Waren an Thür und Fenstern zur Schau zu stellen,
so daß die meisten Städte großen Marktplätzen gleichen, und
dennoch verschließt niemand zur Nacht seine Hütte, sondern be-
gnügt sich damit, sie mit einem Tuche zu verhängen. Dieser
Gebrauch herrscht auch auf den ungeheuren Märkten in Kon-
stantinopel, auf denen die Schätze des gesamten Morgenlandes
zusammenfließen. Der Türke glaubt sich ferner gegen Nicht-
Mohammedaner zu allen möglichen Gewalttätigkeiten be-
rechtigt; er schlägt sie tot, aber er betrügt sie nicht.
Daß die Türken ein sehr religiöses Volk sind und die
Frömmigkeit weniger in die Beobachtung äußerlicher Gebräuche
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
82 Die Theekultur.
erhalten. Es bedurften nämlich die Mandschn, nachdem sie
selbst die Herrschaft errungen hatten, natürlich keine Wälle mehr
gegen ihre eigenen, mit Wohlthaten überhäuften Landsleute und
unterließen deshalb olle Ausbesserungen. Verschieden von der
äußeren ist die innere große Mauer, nördlich von Peking. Sie
befindet sich noch jetzt, da man an den schadhaften Stellen immer
wieder mit neuem Mauerwerk nachhalf, in sehr gutem Zustande.
So wenig aber ehemals diese Schutzwälle das Mittelreich vor
der Verwüstung und der Herrschast tatarischer Hordeu bewahrten,
so wenig werden zu unserer Zeit, trotz aller kriegerischen An-
strengungen, die tatarischen Gebieter ihre chinesischen und mon-
golischen Unterthanen der Oberherrlichkeit des Westens und dem
umgestaltenden Einflüsse seiner Kultur entziehen köirnen.
5. Die Theekultur.
a) Der Anbau, b) Die Ernte, c) Schwarzer Thee.
d) Grüner Thee.
a) Die Theepflauzungen im nördlichen Teile von China
befinden sich stets an den unteren Abhängen und auf deu srucht-
barsten Bergseiten, wie in den Niederungen, Die Sträucher
sind regelmäßig in Reihen, etwa 1^/g in von einander entfernt,
gepflanzt. Die einzelnen Pflanzungen sind von geringer Aus-
dehnung. einen Hektar höchstens' aber jeder Landmann hat
seinen kleinen Garten, dessen Ertrag für die Bedürfnisse seiner
Familie genügt. Es giebt nicht leicht ein friedlicheres Bild, als
das einer chinesischen Familie, die mit dem Einsammeln von
Theeblättern beschäftigt ist. Ein Greis, der Vater oder Groß-
Vater der Familie, leitet die Thätigkeit seiner Nachkömmlinge,
man sieht ihn mitten unter denselben, vielleicht durch Alter ge-
beugt, aber immer noch geehrt als das Oberhaupt der Familie.
Nach den Arbeiten des Tages kehren sie in ihre kleinen
Wohnungen zurück; das mäßige Abendmahl, bestehend aus
Fischen, Reis und Gemüse, ist stets lustig, denn alle bringen
ein zufriedenes Herz mit. — b) Die erste Blätterernte geschieht
in der Mitte des April. Sie besteht aus deu jungen Blatt-
knospen, die kaum anfangen, sich zu öffnen, und erzeugt den
sehr feinen Haifangthee, den man in kleinen Quantitäten als
Geschenk an seine Freunde schickt. Vierzehn Tage oder drei
Wochen nach der ersten Ernte haben die Pflanzen neue Blätter
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Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Damaskus. 49
erstreckt sich vom Berge Casiun an auf zwei Stunden Länge
und wird vom „kalten" Barada. dem vormaligen Goldfluß
(Chrysorrhoas), der von den Höhen in lauten Kaskaden herab-
kommt, mit sieben Armen in zwei Hälften geteilt. Sieben
Kanäle durchziehen die Oase, 360 Adern bewässern die 3000
Gärten und befruchten den reichsten Obstwald von ganz Syrien.
Das Füllhorn des Segens ist über Stadt und Land ausge-
gössen. Jedes vornehme Haus hat einen Born im Innern
fließen. Der Esfendi kauert im Liwan^) an oder auf seinem
Diwan vor dem melancholisch murmelnden Sprudel, angesäuselt
von den zerspritzenden Wasserstrahlen, raucht auf gesticktem
Polster sein langes Tschibuk oder Nargileh, die Wasserpfeife,
und giebt sich dem Kus, dem süßen Nichtsthun, hin. Die Oase
umfaßt eine halbe Tagereise im Geviert mit 134 Dörfern und
Weilern und 100 000 Bewohnern außer den 150 000 der Stadt,
wobei Valahije, „der Sommeraufenthalt," 12 000 zählt. Dort
scheint die Natur sich selbst übertroffen zu haben, um einen
Garten des Lebens zu schaffen. Von dort stammt das Bild
des Paradieses, das den Seligen im Jenseits beglücken soll und
im Koran weiter ausgemalt ist. Dort wächst auch die Para-
diesfeige, Musa paradisiaca. — ft) Wie wir uns Rom nicht
vorstellen können ohne die Riesenkuppel des Petersdomes, so
gewinnen wir von der Paradiesesstadt am Chrysorrhoas keine
Vorstellung ohne die wunderbar gekuppelte Moschee, deren Grund-
stein achtzig Jahre nach dem Aufkommen des Islam gelegt
ward. Der Riesenbau verschlang die eroberten Schätze Indiens.
Vierhundert Kisten Goldes, jede mit etwa fünf Millionen
Dukaten unseres Geldes, erforderte das Werk bis zur Voll-
enduug 717. Darauf versammelte der Kalif die Bürger und
redete sie an: „Ihr habt vor der übrigen Welt vier Herrlich-
leiten voraus: Luft, Wasser, Gärten und Früchte; ich füge die
fünfte Gabe hinzu, dies Dfchami." Von diesem Dome heißt
die Stadt selber die Kuppel des Islam oder die Vollendung
des geistigen Tempels der Religion. Ein Gebet in diesem heili-
gen Räume ist soviel wert als 30 000 an anderen Andachts-
stätten. Die Moschee mißt 144 m in der Länge, 93 m in der
Breite. Die prachtvollsten korinthischen Säulen von einem
schwarzen Monolith stützen die Decke. Durch die Reihe der
*) Liwan = der nach einer Seite hin offene Saalraum.
Buch holz, Asien. 2. Aufl. 4
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Extrahierte Personennamen: Musa_paradisiaca
Extrahierte Ortsnamen: Damaskus Barada Syrien Rom Chrysorrhoas Indiens Asien
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Peking. 85
auch die zahlreichen Fiaker versperren überall den Weg; es sind
dies ein- oder zweispännige Karren, bedeckt mit einem Zelt in
Form eines Tonnengewölbes. Ihre große Anzahl erklärt sich
durch ein Gesetz, welches nur Standespersonen von gewissem
Range den Gebrauch der Sänften vorbehält, die von Kulis ge-
tragen werden, hinter ihnen ein Dutzend Bediente in schmutziger,
abgenutzter Livree. Dazwischen nun noch eine Bürgerhochzeit,
deren ganzes Personal sich in Fiakern befindet, oder eins der
kostspieligen Leichenbegängnisse, deren übertriebener Aufwand
manche Familie zu Grunde richtet. Der Tempel des Himmels
mit seinem Park von Zedern und anderem Nadelholz und mit
den von Mauern und Gräben umschlossenen Höfen hat zwei
englische Meilen im Umfang. Auf einer kreisrunden Terrasse
erhebt sich der vielseitige Tempel. Ein phantastisch geschnitztes,
mit blauem Glasemail geschmücktes Holzgitter vertritt die Wände.
Drei über einander gestellte Dächer, in Gestalt eben so vieler
Sonnenschirme, sind mit blauen Ziegeln gedeckt. Vier Holz-
säulen, mit Schnitzwerk und Malerei reichlich ausgestattet, oben
durch vier ähnlich gearbeitete Querbalken verbunden, tragen eine
mit Pilastern geschmückte Galerie, auf welcher eine Kuppel ruht,
vielleicht die einzige in China. Weder ein Götzenbild, noch sonst
etwas erinnert daran, daß dieser Ort dem Gebete gewidmet sei.
Nur der Kaiser, die Prinzen von Geblüt und sein Gefolge
dürfen diesen prachtvollen Kiosk betreten, der würdig ist der
Zusammenkunft zwischen dem Gebieter des Himmels und dem
Gebieter der Erde.
7. Canton.
Die Bedeutung des Hafens von Canton am Perlflusfe für
den europäischen Handel ist seit der Gründung von Hongkong
in steter Abnahme begriffen. Als Industriestadt nimmt Canton
unter allen Städten Chinas den ersten Rang ein. Insbesondere
haben in Canton ihren Hauptsitz die Seidenweberei und Seiden-
stickerei, das Glasblasen, die Glas- und Steinschleiferei, die
Lackwaren- und Papierfabrikation, die Holz- und die Elfenbein-
schnitzerei und die Möbeltischlerei. In den umliegenden Dörfern
hat die Porzellanindustrie ihren Sitz, während gegen 100 000
Personen zur Zeit der Zuckerrohr-Ernte in den Zuckermühlen
in der Umgebung von Canton beschäftigt sind. Die Stadt hat
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
Extrahierte Ortsnamen: Peking China Hongkong Chinas