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I. Die Französische Revolution.
Regel das Urteil der Menschen bestimmt, heftete sich an seine Fersen. Ludwig Xv. war weder bedeutend, noch hatte er in seinen äußern Unternehmungen Erfolg. Die Niederlage bei Roßbach, die Verluste in Amerika durch den Siebenjährigen Krieg gegen England hatten das Ansehen der Regierung schwer erschüttert. Dazu herrschte am Hofe die größte Sitten-losigkeit. Nicht mit Hochachtung, sondern mit Verachtung betrachtete das Volk den Hof.
Die Mißachtung des Hofes wurde gesteigert durch die Willkür, die in der Rechtspflege herrschte. Königliche Haftbefehle, Lettres de cacliet genannt, wurden von den Ministern verkauft und verschenkt. Der Inhaber setzte den Namen einer ihm mißliebigen Person darauf; diese wurde dann im Namen des Königs verhaftet. Trotz wiederholter königlicher Verordnungen, daß kein Bürger länger als 24 Stunden ohne richterliches Urteil in Haft gehalten werden dürfte, haben viele Personen, die den Machthabern oder deren Günstlingen mißliebig geworden waren, jahrelang im Kerker gesessen, ohne durch Richterspruch dazu verurteilt zu sein. Der Minister Fleury soll 40000 solcher Haftbefehle bewilligt, andre Minister Tausende davon verschenkt haben.
Die Aufklärung. Unter solch unbefriedigenden Zuständen ist nicht zu verwundern, daß die Männer der Wissenschaft eine staats- und kirchenfeindliche Richtung einschlugen, und daß ihre Schriften, soweit sie vom Volke verstanden wurden, auch bei diesem Eingang fanden. Schriften, die die bestehende Ordnung in Staat und Kirche angreifen, sind zu allen Zeiten veröffentlicht worden, aber sie sind nur ins Volk gedrungen, wertn dieses durch wirklich vorhandene Mißstände dafür empfänglich war. Der die Frucht feiner Arbeit genießende Bürger ist im allgemeinen revolutionären Ideen auf staatlichem und kirchlichem Gebiete unzugänglich; Not und Hunger trotz harter Arbeit machen revolutionär. Für die Schriften der Philosophen hatte das Volk kein Verständnis. Montesquieu^ Lettres J Persanes schlugen bei den Gebildeten ein. Der Verfasser kleidet die wirklichen und auch vermeintliche Mißbräuche in Staat und Kirche in die Form von Reiseberichten angeblicher Perser. In seiner Schrift Esprit des lois tritt er für die konstitutionelle Staatsform ein, die er in England kennen gelernt habe, d. h. für eine Staatsform, bei der die Regierung durch eine Volksvertretung kontrolliert wird.
Ins Volk dagegen drangen Jean Jacques Rouffeaus Schriften Le contrat social und Emile. Der Grundgedanke des Contrat social, des Staatsvertrags, ist, daß das Volk Inhaber der höchsten Gewalt sei, die es durch Vertrag den Regierenden überträgt; dieser Vertrag ist jederzeit kündbar. Jedes Privateigentum ist Anmaßung. „Der erste, der ein Stück einzäunte und sagte: das gehört mir, und der Leute sanb, die einfältig genug waren, es zu glauben, war der wahre Begrünber der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, wie viele Kriege hätten
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3. Niederwerfung Preußens.
23
Im Frieden zu Preßbnrg, der noch in demselben Jahre zustande kam, mußte Österreich Venezien an Italien abtreten, Tirol und Vorarlberg an Bayern, andre Besitzungen an Württemberg und Baden. Diese drei deutschen Staaten hatte Napoleon zu einem Bündnis mit Frankreich veranlaßt. Außer der Gebietserweiterung wurden Bayern und Württem-berg als Königreiche von Napoleon anerkannt. Österreich hatte seine letzte Besitzung in Italien verloren und hatte auch deutsches Gebiet eingebüßt. Der König von Neapel verlor sein Königreich, behauptete sich aber mit englischer Unterstützung in Sizilien. Bezeichnend sür den Übermut, mit dem Napoleon nicht willfährige Fürsten behandelte, ist sein Brief an den König von Neapel nach der Schlacht bei Austerlitz: „Die Dynastie Bourbon in Neapel hat aufgehört zu regieren." Das Königreich Neapel übertrug Napoleon seinem Bruder Joseph; sein Schwager Joachim Murat, Gemahl seiner Schwester Karoline, erhielt das Großherzogtum Berg, das aus den ehemaligen Herzogtümern Kleve und Berg gebildet wurde; die Batavische Republik gab er seinem Bruder Ludwig als Königreich Holland. Dieser Ludwig ist der Vater Napoleons Iii. Italien war als Königreich mit der Krone Frankreichs vereinigt und wurde von seinem Stiefsohn Engen Beauharnais verwaltet. Eugen Beauharnais war ein Sohn der Kaiserin Josephine aus deren erster Ehe mit dem General Beauharnais. Wie die Republik Basallenrepubliken geschaffen hatte, so schuf Napoleon für seine Familie Vasallenkönigreiche.
Von einschneidender Bedeutung für die deutschen Verhältnisse war die Stiftung des Rheinbundes. Die deutschen Staaten mit Ausnahme von Österreich und Preußen sagten sich vom Deutschen Reiche los und traten zum Rheinbund zusammen unter der Schutzherrschaft Napoleons. Daher legte Kaiser Franz Ii. am 6. August 1806 die deutsche Kaiserkrone nieder. So fand das Deutsche Reich nach tausendjährigem Bestände seinen Untergang in den Stürmen der Napoleonischen Kriege durch die Untreue deutscher Fürsten.
3. Niederwerfung Preußens.
Zu dieser Zeit regierte in Preußen König Friedrich Wilhelm Iii. Im Jahre 1797 war er seinem Vater, Friedrich Wilhelm Ii., gefolgt. Er war ein einfacher, schlichter Mann, religiös und rechtlich gesinnt. So lange wie möglich wünschte er feinem Lande den Frieden zu erhalten. Sah er doch, daß Napoleons Gegner überall unterlagen. Indessen bestand am Hofe und im Lande eine ansehnliche Kriegspartei. Da Preußen feit 1793 "neutral geblieben war, hatten die preußischen Truppen die napoleonifche Art der Kriegführung nur aus der Ferne kennen gelernt; das preußische Heer hatte die notwendige neue Schulung nicht mit durchgemacht. Als Kaiser Alexander I. von Rußland sich der dritten Koalition
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32
Tt. Frankreich als Kaiserreich.
die Kämmerer. Bürgermeister werden aus 12 Jahre gewählt und können wiedergewählt werden, Kämmerer sogar auf Lebenszeit. Die Kämmerer sind Verwalter der Stadtkasse.
15. Große Städte werden in Bezirke eingeteilt, an deren Spitze ein Bezirksvorsteher steht. Der Magistrat überträgt dem Bezirksvorsteher einen Teil seiner Arbeiten für den Bezirk, z.b. die Aufsicht über die Wegebauten. Verteilung der Unterstützungen an die Armen des Bezirks.*)
In den meisten deutschen Staaten wurde die preußische Städteordnung nachgeahmt.
Auch die Verwaltung des Staates wurde ganz umgestaltet und die größte Sparsamkeit eingeführt. Was die Königliche Familie an Gold und Silber besaß, gab sie hin, damit Geld daraus geprägt würde, um die große Schuldenlast zu tilgen.
Stein hatte in einem Privatbriefe geschrieben, daß die Bewohner der abgetrennten Provinzen, namentlich die Westfalen, in der Liebe und Treue zu dem preußischen Königshause erhalten werden müßten, damit sie beim Ausbruche eines Krieges sich auf preußische Seite stellten, wohin sie gehörten. Dieser Brief wurde von den Franzosen aufgefangen, und Napoleon verlangte nun die Verbannung Steins. An feine Stelle trat Hardenberg, der im Geiste feines Vorgängers die Verwaltung weiterführte.
Scharnhorst. Die Umgestaltung des Heerwesens unternahm Scharnhorst. Er war, wie Hardenberg, ein geborener Hannoveraner, der in preußischen Dienst getreten war. Scharnhorst war ein Mann von seltnen Eigenschaften. Was er als richtig anerkannt hatte, führte er durch. Sein Wesen war milde, aber entschlossen, genügsam und uneigennützig. In seinem Auftreten wie in seinem Wirken und Schaffen hat er große Ähnlichkeit mit dem Feldmarschall Moltke.
Scharnhorst stellte den Grundsatz auf, daß alle dienstfähigen Söhne Preußens zur Verteidigung des Vaterlandes verpflichtet feien. Kein Wehrpflichtiger konnte sich mehr, wie früher, durch Zahlung einer Geldsumme an den Staat vom Militärdienst loskaufen. So kam die sogenannte allgemeine Wehrpflicht zur Geltung, und der Soldatendienst wurde eine Ehrensache für jeden Bürger.
Im Frieden zu Tilsit war Preußen die Verpflichtung aufgenötigt worden, nicht mehr als 42 000 Soldaten unter den Waffen zu halten. Um trotzdem eine größere Heeresmacht kriegsfähig zu machen, wurden die Soldaten so rasch wie möglich für den Krieg eingeübt, dann sofort entlassen und andre an ihrer Stelle ausgehoben und in gleicher Weise geschult. Ohne daß das stehende Heer die Zahl von 42 000 Mann überschritt, waren auf diese Weise bei Beginn der Befreiungskriege über 250 000 Mann für den Kriegsdienst vorbereitet.
*) In den rheinischen Städten gibt es keinen Magistrat; dessen Rechte übt der Bürgermeister.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Hardenberg Hardenberg Feldmarschall_Moltke
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Westfalen Steins
10. Feldherren u. Staatsmänner aus der Zeit der Revolution u. der Befreiungskriege. 43
Ein gewaltiges Denkmal bezeichnet die Stelle, wo der korsische Eroberer das Ende seines Kriegsglückes fand.
Der Sturz Napoleons beeinflußte auch die Baukunst. An die Stelle des Empirestils trat die moderne Renaissance. (Fig. 6.)
Der Deutsche Bund. Das Deutsche Reich wurde nach Napoleons Sturz nicht wiederhergestellt. Statt dessen traten die einzelnen deutschen Staaten in ein Bundesverhältnis, das den Namen Deutscher Bund erhielt. Die gemeinsamen Angelegenheiten wurden auf einem Bundestage, -auf dem Österreich den Vorsitz führte, geregelt. Der Sitz des Bundestages war Frankfurt am Mai"
16. Feldherren und Staatsmänner aus der Zeit der Revolution und der Befreiungskriege.
Minister Freiherr vom und zum Stein hatte sich durch feine erfolgreiche Arbeit an Preußens Wiedergeburt, besonders aber durch einen aufgefangenen Privatbrief Napoleons Haß zugezogen. Geächtet und seiner Güter verlustig erklärt, floh er nach Rußland. Nach der Schlacht bei Leipzig kehrte er zurück, nahm am Einzuge in Paris und am Wiener Kongresse teil und zog sich dann auf sein Gut Kappenberg in Westfalen zurück. Auf seine Veranlassung trat die Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde zusammen, die die Herausgabe der Monumenta Grermaniae historica, der großartigsten Quellensammlung der alten und mittelalterlichen deutschen Geschichte, in Angriff nahm. Vom Könige zum Laudtagsmarschall für Westfalen und zum Mitglied des preußischen Staatsrates ernannt, starb er 1831 im 74. Lebensjahre. Zu Frücht bei Ems liegt er begraben. In der dortigen Grabschrift wird er genannt „ein Manu, demütig vor Gott, hochherzig gegen Menschen, der Lüge und des Unrechts Feind, hochbegabt in Pflicht und Treue, unerschütterlich in Acht und Bann, des gebeugten Vaterlandes ungebeugter Sohn, in Kampf und Sieg Deutschlands Mitbefreier". Man nennt ihn auch des Guten Grundstein, des Bösen Eckstein, der Deutschen Edelstein.
Steins Nachfolger, Fürst von Hardenberg, führte die von Stein begonnenen Verbesserungen durch. Auf dem Wiener Kongresse sorgte er, daß Preußen an Gebiet und Bevölkerung mehr erhielt, als es abgetreten hatte. 1817 ernannte ihn der König zum Präsidenten des Staatsrates. Auf einer Reife nach Italien starb er zu Genua 1822 im Alter von 72 Jahren.
Scharnhorst, von Geburt Hannoveraner, trat 1801 im Alter von 46 Jahren in preußischen Militärdienst. Nach dem Frieden von Tilsit wurde er Direktor des allgemeinen Kriegs Departements. In dieser Eigenschaft führte er die Umgestaltung des preußischen Heeres durch. Bei Beginn der Befreiungskriege wurde er Chef beim Generalstabe Blüchers. In der Schlacht bei Großgör scheu wurde er am Fuße verwundet. Die Vernachlässigung dieser Wunde führte feinen Tod im Jahre 1813 herbei. Er ruht auf dem Jnvalidenkirchhofe zu Berlin. Friedrich Wilhelm Hi. ließ ihm vor der Berliner Hauptwache eine Bildsäule durch den berühmten Bildhauer Rauch errichten.
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Napoleons Napoleons Hardenberg Blüchers Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Napoleons Frankfurt Mai" Napoleons Leipzig Paris Kappenberg Westfalen Westfalen Deutschlands Deutschen_Edelstein Italien Genua Tilsit Berlin Berliner_Hauptwache
44
Ii. Frankreich als Kaiserreich.
Der volkstümlichste von den Feldherren der Befreiungskriege war der Feldmarschall Fürst Gebhard Lebrecht von Blücher. In Rostock geboren, trat er zuerst in schwedische Kriegsdienste, wurde von preußischen Husaren gefangen und veranlaßt, in die preußische Armee zu treten. Während des Siebenjährigen Krieges zeichnete er sich als Rittmeister in der Schlacht bei Freiberg aus. Wegen einer Zurücksetzung trat er aus der Armee aus und wurde Landwirt in Pommern. Friedrich Wilhelm Ii. nahm ihn wieder in preußische Dienste. Nach der unglücklichen Schlacht bei Auerstädt war er der einzige preußische General, der seine Truppen in geschlossener Ordnung zurückführte. Seine größten Heldentaten verrichtete er in den Befreiungskriegen. Er siegte an der Katzbach, trug zum Siege bei Leipzig wesentlich bei, drang in Frankreich ein, nahm aber am ersten Einzuge in Paris nicht teil, weil er verstimmt war über die Zugeständnisse, die die Verbündeten den Franzosen machten. Nach Napoleons Rückkehr von Elba verlor er zwar gegen diesen die Schlacht bei Ligny, erschien aber rechtzeitig in der Entscheidungsschlacht bei Waterloo, verfolgte die Franzosen bis Paris und nahm am zweiten Einzuge in die französische Hauptstadt teil. Berühmt sind seine dort gesprochenen Worte:
„was die Schwerter uns erwerben,
Laßt die Federn nicht verderben!"
König Friedrich Wilhelm Iii., der ihn zum Feldmarschall und Fürsten von Wahl statt ernannt hatte, schuf eine besondere Ordensauszeichnung für ihn, ein Eisernes Kreuz in einem Stern mit goldnen Strahlen. Nach den Befreiungskriegen nahm Blücher seinen Abschied vom Heere und zog sich auf sein Gut Krieblowitz in Schlesien zurück, wo er 1819 im Alter von 77 Jahren starb. Er wurde bei den drei Linden an der Straße von Krieblowitz bestattet. König Friedrich Wilhelm Iv. ließ ihm hier eine Grabkapelle errichten.
Blücher war eine stattliche Erscheinung; eine hochgewölbte Stirn, ein durchdringender, feuriger Blick zeichneten ihn aus. Ein unbeugsamer Wille, große Menschenkenntnis, militärischer Scharfblick, rasche Tat, Herrschaft über die ihm freudig ergebenen Soldaten haben zu seinen Erfolgen wesentlich beigetragen. Offenheit des Charakters, ein schalkhafter Humor, soldatisch derbe Sitten, glühende Begeisterung für das Vaterland und vollkommene Selbstlosigkeit verhalsen ihm zu großer Beliebtheit beim Volke. Unter dem Namen Marschall Vorwärts lebt er in der dankbaren Erinnerung des Volkes fort. Vor der Universität zu Rostock steht sein Standbild. Goethe ehrte seine Verdienste durch folgende Verse:
„3n Harren und Krieg,
3« Sturz und Sieg Bewußt und groß!
So riß er uns vom Feinde los."
Graf Gneisenan ist bereits bei der Verteidigung Kolbergs erwähnt worden. Zu Beginn der Befreiungskriege wurde er Blüchers Generalstabschef,
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Extrahierte Personennamen: Gebhard_Lebrecht_von_Blücher Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleons_Rückkehr_von_Elba Napoleons Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Goethe Gneisenan
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Rostock Freiberg Pommern Leipzig Frankreich Paris Paris Schlesien Rostock
4. Überblick über die europäischen Großstaateil.
57
Kabinetts, das früher neben dem Ministerium bestand und dessen Tätigkeit häufig lahmlegte.
Die Kunst verdankt ihm den Bau des heutigen Alten Museums in Berlin, das er mit Kunstwerken ausstattete, und das Grabmal der Königin Luise im Mausoleum zu Charlottenburg, von dem Bildhauer Christian Rauch ausgeführt, gleichzeitig ein Denkmal der Pietät gegen seine verstorbene Gemahlin. Demselben Meister hat er den Austrag zu dem Reiterstandbilde Friedrichs des Großen gegeben.
In seiner äußern Erscheinung lag etwas Imponierendes. Er war von hoher Gestalt; sein Antlitz trug den Ausdruck des Ernstes und der Milde, sein Blick war fest, klar, ruhig, offen und wahr, immerdar der Spiegel seines Innern. In der Bewegung seines Körpers lag hohe Würde, sein Gang war fest, ruhig und sicher, bis in sein Alter rüstig und kräftig. In seiner Kleidung wie in seinem ganzen Wesen liebte er die Einfachheit. Gewöhnlich trug er einen blauen Oberrock bis oben zugeknöpft und eine einfache Landwehrmütze. Im Jahre 1840 starb er im Alter von siebzig Jahren. An der Seite seiner Gemahlin Luise in der Königlichen Grabkapelle zu Charlottenburg wurde ihm das Grab bereitet. /
4. Überblick über die europäischen Grotzsiaaten mit Ausschluß Preußens während dieses Zeitraumes.
England. In England erlangten. die Katholiken durch die unablässigen Bemühungen Daniel O'connells und durch das wohlwollende Entgegenkommen des Ministerpräsidenten Lord Wellington, des Siegers von Waterloo, Gleichstellung mit den Mitgliedern der anglikanischen Hochkirche und dadurch Zutritt zum Parlament sowie zu allen Staatsämtern. Als 1837 König Wilhelm Iv. ohne männliche Nachkommen starb, folgte in England seine Tochter Viktoria, die bis 1901 regierte. In Hannover, wo weibliche Thronfolge nicht zulässig war, folgte des Königs Bruder Ernst August. England verlor dadurch feinen Sitz auf dem Deutschen Bundestage.
' Rußland hatte einen Ausstand in Polen niederzuwerfen und vereinigte sich mit Frankreich und England zum Schutze der Griechen gegen die Türkei. Griechenland, das seit der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1458 zum Türkischen Reiche gehörte, hatte feit 1821 um seine Unabhängigkeit gekämpft. Die Befreiung gelang erst, als die genannten fremden Mächte in den Kampf eintraten. In der Bucht von Navarino in Messenien unterlag die türkisch-ägyptische Flotte der englisch-französischen. Dem Landkrieg machte ein russisches Heer durch Besetzung von Adrianopel ein Ende. Die Türkei erkannte die Unabhängigkeit Griechenlands an.
Griechenland ein Königreich. Durch Übereinkunft der Mächte zu London im Jahre 1830 wurde Otto, der zweite Sohn des Königs
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106
V. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I.
daß diese sich an die Arbeit gewöhnen, wenn sie den Erfolg ihrer Arbeit in klingender Münze erhalten. Ferner ist Aufgabe der Kolonisation, die Missionstätigkeit zu fördern. Die Volker, deren Zivilisation und Kultur auf dem Christentum beruht, haben die Aufgabe, den heidnischen Völkern die christliche Religion, Kultur und Gesittung zu vermitteln. Die deutschen Missionare arbeiten mit größerm Erfolg, wenn sie in einer Kolonie des Mutterlandes ihre Tätigkeit entfalten, als wenn sie dieser Anlehnung entbehren. Das ist erwiesen durch die frühern zahlreichen Christenverfolgnngen in China.
Die Arbeit in den Kolonien ist schwer. Alle Vorbedingungen eines geregelten Lebeus müssen erst geschaffen werden. Zum Eintritt in die Kolonien eignen sich nur Leute mit widerstandsfähigem Körper und zäher Arbeitskraft, die Strapazen ertragen und die Bequemlichkeiten des Lebens entbehren können, vor allem Männer von reinen Sitten. Für Glücksritter ist dort kein Arbeitsfelds Nur der beste Mann ist gut genug zum Kolonisieren. { Die Eingeborenen müssen ebensosehr Achtung bekommen vor der christlichen Gesittung wie vor der geistigen Überlegenheit, der Arbeitskraft und Technik der Europäer.
Was die Preisgabe einer Kolonie bedeuten kann, hat Rußland erfahren, dem das nordamerikanische Alaska gehörte. 1867 wurde das Gebiet von den Amerikanern den Russen um 7 200000 Dollar abgekauft. Im Kongreß zu Washington begegnete die Vorlage heftigem Widerspruch. Es wurde gesagt, Alaska sei ein unwirtliches, elendes Land. Man solle den Russen das Geld geben und sie bitten, das Land zu behalten; wenn das nicht geschehen könne, solle man es irgendeiner europäischen Macht anbieten und sie bitten, Geld und Land zu nehmen. Das waren die damaligen Ansichten; jetzt urteilt man anders. In Alaska hat sich das Goldgebiet Klondike gefunden! Allein der Pelzhandel und der Fischfang bringen den Amerikanern alljährlich mehr ein, als die ganze Kaufsumme betrug.x)
13. Soziale Gesetzgebung.
Kaiser Wilhelm I. ist von Jugend auf ein Freund der ärmern Bevölkerung gewesen. Als zwanzigjähriger Jüngling wohnte er den Sitzungen des Staatsrates bei. Neue Steuervorlagen wurden beraten, um der Geldnot, in die das Land durch die Befreiungskriege geraten war, abzuhelfen. Bei der Gelegenheit drückte er den Wunsch aus, die reichen Volksklaffen und die hohen Beamten mit einem höhern Prozentsatz zu besteuern, damit die armen Leute mehr geschont werden könnten. Bei seiner Silbernen Hochzeit trat er an die Spitze eines Berliner Vereins, der sich die Aufgabe gestellt hatte, für die Arbeiterbevölkerung gesunde und billige Wohnungen zu bauen. Fremder Not gegenüber hatte er stets eine offne Hand. Wenn des Wassers oder des Feuers zerstörende Kraft Schaden angerichtet hatte, spendete er mit kaiserlicher Freigebigkeit; wenn ein bedrängtes Kind aus dem Volke ihm in einem schlichten Briefe seine Not klagte, hatte er immer Mittel, sie zu lindern.
*) Nach Freih. von Stengel, Deutsche Kolonialpolitik, und nach einer Rede des Staatssekretärs Dernbnrg.
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76
C. Länderkunde,
8 115. Die Flüsse des Harzes haben namentlich im N tiefe Täler
ausgewaschen, die nur enge Felsenpforten bilden. Am deutlichsten zeigt das
die vom Brocken kommende Bode, deren Bett mehrere hundert Meter tief
eingegraben ist. Bei ihrem Austritt aus den: Harz, nahe dem Städtchen
Thale, liegt der Bodekessel. Oben auf der Hochfläche, einander gegen-
über, erblickt man die Roßtrappe und den Hexentanzplatz. Ähnliche Ver-
Hältnisse zeigen die Täler der Ilse und der Oker. Neben ihnen sind die
Kalkstein höhlen im Bodetal ein Ziel der Harzbesucher.
49. Die Hermannshöhle bei Rübeland im Harz.
Nahe dem Bodeufer im Schöße des marmorartigen Kalkgebirges ist die Tropfsteinhöhle durch ehemalige
unterirdische Wasserläufe ausgewaschen und dann durch das kalkhaltige, von der Decke träufelnde Sicker-
wasser mit Tropfsteingebilden erfüllt. Die Säulen wachsen sich vom Boden und von der Decke entgegen.
Aufgabe. Beschreibe das Bild aus dem Gedächtnis!
$ 116. Das rauhe Innere des Gebirges hat Schneehöhen bis zu
4 m. Es bietet außer dem Bergbau durch den Holzreichtum Gelegenheit
zur Köhlerei und zur Herstellung von Holzwaren. Die einst blühende
Kanarienvogelzucht ist zurückgegangen. Die Haupterwerbsquelle ist gegen-
wärtig der Fremdenverkehr, der dem Gebirge im Sommer und Winter
viele Erholungsbedürftige und Wanderer zuführt.
Aufgabe. Weise nach, daß eine Wasserscheide zwischen Elbe und Weser
über die Kuppe des Brockens geht!
$ 117. Südöstlich vom Harz liegt ein an Bodenschätzen reiches Berg-
baugebiet. Hier sinden sich in der Gegend von Eisleben Lager von Kupfer-
erzeu, die seit dem 12. Jahrhundert einen ausgedehnten Bergbau aufkommen
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53. Das Hirschberger Tal und das Riesengebirge von Gotschdorf ^3 km westlich von Hirschberg) aus gesehen.
Den schönsten Blick |über das gesamte Riesengebirge von seinem mit Äckern und Wiesen umsäumten Fuße, über den breiten Gürtel der Wälder bis zu den kahlen
Felsenkegeln der Gipfel gewährt der nördliche Rand des Hirschberger Kessels. Links erhebt sich die mit Felstrümmern übersäte Schneekoppe (1600 m). Die Moo»
gründe und Sumpfwiesen des Kammes wechseln mit Flächen ab, auf denen kurzes ffirns, Heidekraut oder Knieholz wächst. In den Kamm sind schmale Spalten und Tal
gründe eingeschnitten. In diese stürzen wilde Bäche hinab. Stellenweise taut in ihnen der Schnee im Sommer nicht auf („Schneegruben"».
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I. Europa. —
3, Die außerdeutschen Länder Europas
175
$ 274. Klima. Auf der ganzen Inselwelt herrscht ein für die Breiten-
läge außergewöhnlich mildes Seeklima mit vielem Regen, dazu infolge des
Golfstromes Nebel und ein überaus milder Winter. Die Hafen frieren
niemals zu. Im 8 überwintern Fuchsie, Myrte und Lorbeer im Freien.
Aber für das Reifen des Weines reicht die geringe Wärme des Sommers
nicht aus. Nur 3,9^ des Bodeus sind mit Wald bestanden.
§ 275. ^Erzeugnisse. Im westlichen Gebirgsland hat sich eine groß-
artige Industrie entwickelt. England ist hinsichtlich der Steinkohlenerzeugung
der zweite, hinsichtlich der Eisenerzeugung der dritte Staat der Erde. Das
südöstliche Tieflandsbecken ist der Sitz der englischen Landwirtschaft. Diese
genügt längst nicht dem Bedarf des überaus dichtbevölkerten Industrie-
staates. Besteht die Ausfuhr aus gewerblichen-Erzeugnissen, so die Einfuhr
aus Nahrungsmitteln und Rohstoffen für die Industrie (Baumwolle, Wolle,
Holz). Großbritannien hat den größten Anteil am deutschen Ausfuhrhandel.
§ 276/ Bewohner. Das Seelebeu hat Kraft und Selbständigkeit, Wage-
mut und zähe Ausdauer erzeugt. Dazu tritt die Reiselust, die einen weiten
Blick erwerben hilft und den Briten einen hervorragenden Platz unter den
geographischen Entdeckern angewiesen hat. Groß ist des Engländers Geschick
im Handel, in der Industrie und im Kolonisieren. Er hat mit dem Über-
schuß der Bevölkerung alle Erdteile besiedelt und den fünften Teil der
Erde sich untertänig gemacht. Aber der dadurch erworbeue Reichtum be-
findet sich in verhältnismäßig wenigen Händen, und in den Großstädten
wohnt neben dem Reichtum der Vornehmen entsetzliches Elend.
Die Schotten gelten als begabt und lernbegierig, arbeitsam und spar-
sam, die Iren sind arm und neigen unter dem Druck des laudbesitzendeu
Adels zur Auswanderung.
Der Staat ist eine durch Parlamentsherrschaft stark eingeschränkte
Monarchie.
Religion. England und Wales gehören größtenteils der protestan-
tischen, englisch-bischöflichen Kirche an. Schottland hat eine re-
formierte Landeskirche, in Irland sind 75^" römisch-katholisch.
§ 277. Besiedlung. Im Mittelpunkt der mit malerischen Schlössern des
Adels geschmückten Parklandschaft liegt London [Ißnbnj, die Brückenstadt an
der Themse. Sie ist der größte Hafen der Welt, der bevorzugte Hafen für
den Handel mit Deutschland und Nordeuropa, in jeder Beziehung der Mittel-
Punkt Englands. Der älteste Teil und der Mittelpunkt des Geschäftslebens
ist die City [fättt], der Sitz riefiger Gewerb- und Handelstätigkeit, der erste
Geldmarkt der Erde. Jnner-London bedeckt über 30 qkm, viermal mehr als
Berlin, und hat 4y2 Miff. Einwohner, Groß-London dagegen beherbergt
auf mehr als 300 qkm bebauter Fläche über 7 Mill. Einwohner (= Bayern'.
Aber Nebel, Ruß und das Elend im 0 machen einen abstoßenden Eindruck.
Freundlich sind die Vorstädte, die mit weiten Gärten ins freie Land übergehen.
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Europas England England Wales Schottland Irland London Deutschland Nordeuropa Englands Berlin Bayern