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1. Das erste Geschichtsbuch - S. 44

1892 - Gera : Hofmann
— 44 — In der Garnifonkirche zu Potsdam wird Friedrichs Grab oft von Fremden besucht. Auch Napoleon stand hier und soll gesagt haben: „Lebtest du noch, stünde ich nicht hier." Über seiner Gruft reichten sich Fnedrich Wilhelm Iii. und Kaiser Alexander I. von Rußland die Hand zum Bunde gegen Napoleon. Wir wollen nun hören, wie der große König das kleine Preußen, das damals nur 2% Mill. Einwohner zählte, zu einer Großmacht erhoben hat. 2. Wie Friedrich Ii. erzogen ward. Er wurde am 24. Januar 1712 geboren. Sein Vater Friedrich Wilhelm I. war ein strenger Mann und erzog den Kronprinzen hart, weil derselbe Neigung zum Leichtsinn zeigte. Sein Vater wollte einen biedern Deutschen aus ihm machen, aber seine französischen Erzieher flößten ihm eine Vorliebe für die französische Sprache ein. Er hat nie richtig deutsch sprechen und schreiben gelernt, aber niemals seine gute deutsche Gesinnung verleugnet. Weiter wollte ihn sein Vater zu einem frommen Christen erziehen, wandte aber leider dazu verkehrte Mittel an. Der lebhafte Prinz mußte zur Strafe Lieder und Psalmen ausweubig lernen; dazu ermübeten ihn die langen Hausanbachten und ein trockener Religionsunterricht. Auch ein einfacher und sparsamer Hauswirt sollte der Kronprinz werben, aber er mochte nicht knaufern und zog lieber einen bequemen Schlafrock als den knappen Solbatenrock an. Einmal fanb der König feinen gestickten Schlafrock und warf ihn ins Feuer. Vor allem sollte der Kronprinz ein guter Solbat werben, aber das schien am wenigsten zu glücken. Er haßte den strengen Zwang und das ewige Exerzieren. Viel lieber stubierte er gute Bücher, bichtete und blies auf der Flöte. Voll Ärger rief der König aus: „Fritz ist ein Querpfeifer und Poet (Dichter); er macht sich nichts aus den Soldaten und wirb mir meine ganze Arbeit verberben!" 3. Wie er sich mit seinem Vater entzweite. Der König würde immer unzufriebener über das leichte Wesen seines Sohnes. Sogar vor den Hofleuten schalt er ihn aus. Da beschloß Friedrich, nach England zu den Verwanbten seiner Mutter zu entfliehen. Er teilte feinen Plan dem Leutnant Katte brieflich mit. Der Brief fiel aber in die Hänbe des Königs und verriet alles. Der König war eben auf einer Reife nach dem Rheine und übernachtete in einem Dorfe bei Mannheim. Friedrich schlief in einer Scheune und wollte in Verkleibung früh entweichen, aber ein Diener hielt ihn an. Als Gefangener würde er den Rhein hinabgeführt. In feinem Zorne schalt ihn der König einen „feigen Deserteur ohne Ehre" und schlug ihn mit einem Stocke blutig. Er ließ ihn auf der Festung Küftrin in eine enge Zelle einschließen. Weber Messer noch Gabel, Weber Bett noch Licht, Weber Feber noch Tinte erhielt er, nur die Bibel zum Lesen. Ein Kriegsgericht sollte ihn als „fahnenflüchtig" zum Tode verurteilen. Da rief ein Major: „Wenn Eure Majestät Blut verlangen, so nehmen Sie meines; das Ihres Sohnes bekommen Sie nicht, so lange ich reben bars!" Katte aber würde vor Friebrichs Fenster hingerichtet. Ein frommer Felb-

2. Das erste Geschichtsbuch - S. 66

1892 - Gera : Hofmann
— 66 — Das schöne Begräbnislied „Jesus, meine Zuversicht—" dichtete seine Gemahlin Luise Henriette. Die Stadt Oranienburg hat von ihr den Namen; sie war eine Prinzessin von Oranien. Vor dem Waisenhause in Oranienburg steht ihr Denkmal. Unsere schönsten Kirchenlieder sind von Paul Gerhardt gedichtet. Er lebte als Geistlicher in Berlin zur Zeit des großen Kurfürsten. Friedrich Wilhelm legte den Grund zu Preußens Größe. Er schuf die Macht, die unter seinem Sohne den Namen Königreich Preußen erhielt. Friedrich der Große sagte von ihm: „Der hat viel gethan!" Was er für unser Vaterland gethan hat, wollen wir nun hören. 2. Wiener seine Jugend verlebte. Seine Jugend war keine freundliche. In Deutschland tobte der dreißigjährige Krieg zwischen den Evangelischen und den Katholischen. Niemand war seines Lebens und seines Gutes sicher. Zuerst wurde der Prinz aus Berliu auf ein Jagdschloß im Walde gebracht. Hier lernte er fleißig, ritt aber auch gern auf seinem Pferdlein umher und jagte Hirsche und Rehe mit seinem Speer. Da er hier vor den Soldaten und Räubern nicht sicher war, brachte man ihn in die Festung Küstrin an der Oder und erzog ihn da. Später reiste er mit seinem Lehrer nach Holland, um sich dort weiter auszubilden. In dem weisen und tapferen Statthalter von Oranien lernte er einen trefflichen Regenten und in den fleißigen Holländern glückliche Unterthanen kennen. Er nahm sich vor, sein Land und Volk ebenso glücklich zu machen. In einer Stadt wollte man ihn zu Ausschweifungen verleiten, da floh er in das Feldlager zu Oranien und sprach dabei: „Ich bin es meinen Eltern, meinem Lande und meiner Ehre schuldig!" Oranien klopfte ihm auf die Schulter und sagte: „Eure Flucht ist heldenmütiger, als wenn ich diese Festung eroberte. Wer sich selbst besiegt, ist großer Thaten fähig!" 3. Wie er 1640 zur Regierung kam. Als Friedrich Wilhelm den Thron bestieg, war das Land Brandenburg durch den Krieg gänzlich verwüstet. Berlin zählte nur noch 300 Bürger. Ganze Dörfer waren niedergebrannt, von den Bewohnern über die Hälfte durch das Schwert, den Hunger und böse Seuchen getötet. Die Felder lagen wüst; Vieh und Saatkorn gab es nicht; in den Wäldern hausten Räuber. Aber der junge Kurfürst verlor den Mut nicht. Entschlossen ging er ans Werk. Sein Wahlspruch war: „Gott ist meine Stärke". Zunächst wollte er Herr in seinem eigenen Lande werden. Die Trnppen hatten dem Kaiser Treue geschworen, die Schweden aber teilweise das Land besetzt. Er bildete ein eigenes Heer und schloß mit den Schweden einen Waffenstillstand. Wer sich weigerte, ihm den Fahneneid zu schwören, der wurde entlassen. Das Heer zählte zuerst nur 3000 Mann, wuchs aber bald auf 8000 und zuletzt auf 26000 Mann. Noch acht Jahre des schrecklichen Krieges mußte er als Kurfürst erleben, aber er milderte seinem Lande die Leiden des Krieges, so viel er konnte. Im westfälischen Frieden 1648 erlangte er durch seine Klugheit und Festigkeit günstige Bedingungen und vergrößerte sein Land bedeutend.

3. Das erste Geschichtsbuch - S. 8

1892 - Gera : Hofmann
Prinz Wilhelm wurde mit seinem Bruder Heinrich nach einem bestimmten Stundenpläne von tüchtigen Lehrern unterrichtet. Außer den gewöhnlichen Schulfächern lernte er noch fremde Sprachen, reiten, fechten, schwimmen und rudern. Besonders liebte er die Wasferfahrten. Einmal wollte ihn ein Matrose fahren, der feine Jacke mit Teer beschmutzt hatte. „Mit einem so schmutzigen Menschen mag ich nicht fahren!" rief der Prinz. Da fagte ihm fein Erzieher: „Sie thun dem Manne unrecht, wenn Sie ihm feine fchmntzige Kleidung vorwerfen. Bei seinem Berufe geht es ohne Beschmutzung der Kleider nicht ab. Der Mann dient seinem Könige treu und verdient die Kränkung nicht." Da reichte der Prinz dem Matrosen die Hand und bat ihn um Verzeihung. Nicht in dem Gewühl der Großstadt, sondern in dem stillen Potsdam und auf dem Gute Bo rüste dt verlebte der Prinz feine erste Jugend. Einmal wollten seine Spielgenossen einen ärmlich gekleideten Knaben nicht mitspielen lassen. Da rief er entrüstet: „Dann will ich mit euch auch nicht spielen!" Der Prinz lernte fleißig und zeigte sich begabt und willensstark. Sein liebster Lehrer war der Geheimrat Hinzpeter, den er noch heute liebt und ehrt. Als Prinz Wilhelm 15 Jahre alt war, wurde er konfirmiert. In seinem Glaubensbekenntnisse sagte er: „Ich weiß, welche großen und schweren Aufgaben meiner warten, und ich will die Zeit meiner Jugend benutzen, um denselben gewachsen zu sein!" 3. Er bereitete sich gewissenhaft auf seinen Beruf vor. Der Prinz sollte vor seinen späteren Unterthanen nichts voraus haben; darum mußte er die Schule wie sie besuchen. Seine Eltern schickten ihn mit seinem Bruder Heinrich auf das Gymnasium in Kassel. Hier lebte und lernte er wie jeder andere Schüler. Jeden Tag ritt er von Schloß Wilhelmshöhe in die Stadt, saß im schlichten Anzuge auf der Schulbank, verrichtete wie jeder andere Schüler die kleinen Klassendienste, teilte wohl mit einem Mitschüler das Butterbrot und bestand endlich in ehrenvoller Weise die Schlußprüfung. Ja, er erhielt sogar wegen seines Fleißes eine der drei Denkmünzen, die an die würdigsten Schüler verteilt wurden. Glücklich rief er aus: „Wie freut mich diese Denkmünze! Ich habe meine Pflicht erfüllt und gethan, was ich konnte!" An feinem 18. Geburtstage führte ihn sein Großvater, Kaiser Wilhelm I., als Offizier in die Garde ein. Er richtete eine herzliche Ansprache an ihn, die mit den Worten schloß: „Nun geh und thu deine Pflicht, wie sie dir gelehrt werden wird. Gott sei mit dir!" Und als musterhafter Soldat hat er pünktlich und eifrig feine Schuldigkeit gethan. Auf der Hochschule zu Bonn am schönen Rheinstrome studierte der Prinz zwei Jahre lang die Rechts- und Staatswissenschaft. Fröhlich lebte und fleißig lernte er hier. Dann führte ihn der große Reichskanzler Fürst Bismarck in die Staatskunst, andere geschickte Beamte in alle Zweige der Verwaltung ein. So war er wohlvorbereitet ans sein hohes Amt, als ihn der Tod seines Vaters im 30. Lebensjahre auf den Thron rief.

4. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 291

1899 - Gera : Hofmann
291 220. Soldaten Friedrichs des Großen. (Hirt.) einigkeit der beiden Sieger rettete den Rest des Heeres und Berlin. In demselben Jahre mußte Schmettau Dresden übergeben und der General Fink bei Maxen, unweit Pirna, sich mit 12 000 Mann gefangen geben (der Finkenfang bei Maxen). Nur ein Sonnenstrahl fiel in das trostlose Dunkel dieses Jahres: Herzog Ferdinand erfocht bei Minden einen neuen Sieg über die Franzosen. Auch Friedrichs Herz erlitt in diesen schweren Jahren einen Verlust nach dem andern. Besonders schmerzte ihn der Tod seiner Lieblingsschwester Wilhelmine, der Markgräfin von Bayreuth. Sie hatte mit ihm das Leid der Jugend getragen und für seine Bestrebungen immer das größte Verständnis gezeigt. Ohne Neigung hatte sie auf den Wunsch ihres Vaters ihren Gatten gewählt. Der Ehe fehlte die innere Übereinstimmung und damit das Glück. Ihr einförmiges Leben an dem kleinen Hose suchte sie durch Beschäftigung mit der Litteratur und fleißigen Briefwechsel erträglich zu gestalten. Sie war eine kluge, geistvolle Fürstin, beobachtete scharf Menschen und Dinge um sich her und schonte mit ihrer Zunge und Feder niemand. Ihre „Denkwürdigkeiten" sind nicht frei von Klatsch und werfen oft _ grelle Streiflichter auf das Hofleben und ihre eigene Familie. Friedrich errichtete dem Andenken der geliebten Schwester am Ende des Parks von Sanssouci zwischen alten Bäumen und weiten Rasenflächen den „Freund- schaftstempel" aus weißem Marmor. Darin ist ihr Standbild mit dem klugen, angenehmen, ausdrucksvollen Gesichte. An Voltaire schrieb Friedrich: „Ich gehe oft dahin, um an meinen Verlust und an das Glück zu denken, das ich ehemals genoß." Ir) Die Siege bei Liegnitz und Torgau 1760. Bei Liegnitz 1760 siegte Friedrich über Laudon, der ihn beim Morgengrauen überraschen wollte, aber das Heer in voller Schlachtordnung fand; 5 Uhr morgens war er schon aufs Haupt geschlagen. Berlin war inzwischen von den Russen gebrandschatzt, Sachsen von den Österreichern einge- 19*

5. Deutsche Prosa - S. 154

1900 - Gera : Hofmann
154 Marie von Ebner-Eschenbach. cfuise von Iraners. (Gekürzt.) Erinncrungsblätter von Marie von Ebner-Eschenbach. (Velhagen u. Klasings Monatshefte: März 1894.) Wie seit dreizehn Jahren an jedem 13. September, kam mir auch an diesem letzten ein Brief von Luise von Francois aus Weißenfels an der Saale zu. Er wünschte Glück zum Geburtstage und brachte Glück, denn er befreite mich fast völlig von der bangen Sorge um die ver- ehrte Freundin, die einige ihrer früheren Briefe in mir erweckt hatten. Ihre teuren Zeilen enthielten dieses Nial kein Wort der Klage, sie atmeten die friedlichste Heiterkeit, nichts verriet, daß sie auf dem Kranken- bett geschrieben worden waren. „Ich habe den ,Wirt an der Mahr' von Ihrem Rosegger gelesen", hieß es am Schlüsse, „der beste, schönste Volksroman, den ich kenne! Dieses Buch wird bleiben." Lebhaft und freudig, wie immer, wenn sie unbedingt zustimmen konnte, erging sie sich im Lobe vieler Einzelheiten im Werke unseres heimischen Dichters. Einen so munteren Ton hatte sie lange nicht mehr angeschlagen, so fest und deutlich lange nicht mehr geschrieben. Auch ihr Augenleiden, das Auftreten des grauen Stares — „kein Rabe, ein unschuldiges Starchen", wie sie sagte — mußte sich gebessert haben. Dieser, allerdings thörichten Hoffnung gab ich mich hin. Wenige Tage später traf die Nachricht von ihrem Tode ein und erschütterte mich in allen Herzenstiefen. -i- * * Das Dezemberheft der Deutschen Rundschau bringt Erinnerungen an die Verewigte von Otto Hartwig. Mit mehr Treue können die Familienverhältnisse und der Lebensgang der Dichterin, mit mehr Ver- ständnis kann ihr Wesen nicht dargestellt werden. Auf diesen vor- trefflichen Essay darf ich verweisen und mich ans nur persönliche Ein- drücke beschränken, die ich aus den Briefen, den Werken und dem Ver- kehr mit der unvergeßlichen Dahingeschiedenen empfing. Zu meinen vielen Schwächen gehört eine sträfliche Zaghaftigkeit. Sie hat mich unter anderem immer verhindert, einem berühmten Autor, wenn mich eines seiner Bücher noch so sehr entzückte, meine Bewunde- rung auszusprechen. Eine große Unterlassungssünde, denn keine Kritik noch so voll Anerkennung, keine Zustimmung von Freunden beglückt den Poeten so durch und durch, wie einige warme Worte, die ihm ans der Fremde zugeflogen kommen. Die lobende Kritik erfährt

6. Deutsche Prosa - S. 160

1900 - Gera : Hofmann
160 Marie von Ebner-Eschenbach. Glück gemacht. Wir befanden uns, als sie erschienen, in Reichenhall, und fast täglich kamen Briefe voll Anerkennung an die Verfasserin. Auch eine gewichtige Stimme erhob sich zum Preise des Büchleins, die Conrad Ferdinand Meyers: „Ihr Kollege in der Deutschen Rundschau — wäre er's nur auch an Talent!" schrieb der berühmte schweizerische Schriftsteller und Poet an Luise von Francois. Er hatte in ihr den kongenialen Geist er- kannt, er fand eine Wahlverwandtschaft zwischen seinem und ihrem Talent. Das Bekannt- und später Befreundetwerden mit ihm ver- breitete einen Freudenschimmer über das letzte Jahrzehnt ihres Lebens. Sie besuchte den Dichter und die Seinen wiederholt bei Gelegenheit ihrer Reisen nach der Schweiz und verbrachte auf seiner Besitzung Kilchberg am Zürichersee unvergeßlich schöne Tage. Ungefähr um dieselbe Zeit wie das letzte Novellenbändchen, er- schien auch bei Spemann das Lustspiel: „Der Posten der Frau," eine Dramatisierung der gleichnamigen Novelle. Es wurde zum ersten und einzigen Male auf Veranlassung des Herzogs selbst, der sich lebhaft für das Stück interessierte, im Jahre 1883 in Meiningen aufgeführt?) Mit religiösen Fragen hat sich Luise von Francois vielfach und eingehend beschäftigt, hat dem Einfluß des Glaubens und der ver- schiedenen Konfessionen auf ihre Bekenner gründlichst nachgeforscht. Noch am 9. Januar 1890 schreibt sie in ihr Notizbuch: „Der Protestant Hase und der Katholik Döllinger sind die einzigen Theologen, die mich nach Schleiermacher interessiert haben." In der Schilderung priester- licher Naturen, katholischer Geistlicher, protestantischer Pastoren, besaß sie eine wahre Meisterschaft, die sich nie glänzender bethätigte, als in der Erzählung: „Die goldene Hochzeit". Ein färben- und figuren- reiches Bild, das man ebensowenig vergessen kann, wie man „die goldene Hochzeit" von Knaus vergißt. In der „Kluswirtin" läßt Luise von Francois ihre Heldin, eine Protestantin, einen Charakter von fast erschreckender Herbigkeit und Kraft, einem milden katholischen Geistlichen eine Generalbeichte ablegen. Es geschieht so vollständig, mit solcher Inbrunst, „daß dem alten Priester das Herz gittert; so tief ist er noch nie in den Grund einer Menschenseele gedrungen." — — Die Güte der Verwandten Luisens von Francois hat mir zur Benutzung für diese Skizze eine Anzahl handschriftlicher Bücher und Büchlein aus dem Nachlasse der Verstorbenen anvertraut. Sie ent- halten Notizen, Betrachtungen über Politik und wichtige Tagesfragen, sie berichten über Spaziergänge und kleine Reisen, deren Ziel zumeist das Grab geliebter Toten war. Hie und da giebt die Verfasserin sich ') Folgt eine genauere Angabe über den Mißerfolg des Stückes.

7. Deutsche Prosa - S. 162

1900 - Gera : Hofmann
162 Marie von Ebner-Eschenbach. gewendet, das Gemüt. Und bei aller scheinbaren Einfalt und Kunst- losigkeit ist er ein Denker und Dichter." Unter den lebenden Schriftstellern und Poeten wies Luise von Francois Konrad Ferdinand Meyer den ersten Rang an. Parteiisch aber machte ihre Freundschaft für ihn sie nicht. Eher zu streng ab- sprechend als zu milde, sind ihre Urteile über einzelne Novellen und Gedichte des Meisters. Es wurde mir vergönnt, in die Briefe, die er an die Verehrte schrieb, einen Einblick thun zu dürfen. Sie geben Zeugnis von der edlen Bescheidenheit des hochgefeierten Mannes, der wenig bekannten Schriftstellerin gegenüber. Vertrauensvoll teilt er ihr seine Pläne zu neuen Arbeiten mit und erbittet ihren Rat. Ihre Meinung ist ihm immer wichtig, wenn er auch manchmal widerspricht. Die Empfängerin verzeichnet das Eintreffen eines jeden dieser reich- haltigen Freundesbriefe in ihr Tagebuch, jeder einzelne hat sie erquickt und ihre Gedanken lange und lebhaft beschäftigt. Je mehr Luise von Francois in Jahren fortschreitet, desto un- litterarischer werden ihre Aufzeichnungen. Auf ihre schriftstellerische Thätigkeit wirft sie kaum noch einen Blick zurück. Die Schriftstellerin ist untergegangen in der aufopfernden Wohlthäterin der Armen, der treuen Freundin, der warmherzigen, fürsorglichen Verwandten. Am häufigsten und liebevollsten spricht sie in ihren Tagebüchern und Briefen von ihrem kleinen Neffen Leo. Sie teilt sich mit seiner Mutter in die Pflege des „Stümperchens;" jedes geringste Ereignis in seinem Kinderleben ist ihr von Bedeutung, sein Fortschreiten, sein Gedeihen ihr tiefstes Glück. Aus den Briefen der letzten Jahre spricht oft eine große ^ Müdig- keit und Sehnsucht nach Ruhe. Als ich ihr im Sommer den Tod eines mir sehr teuren Freundes anzeigte, schrieb sie: „Die wahr- haftige Liebe wünscht keinem ihrer Eigensten, nein, keinem Menschen die Dauer oder auch nur den Beginn unheilbarer Altersgebrechen." Und später: „Ich lebe noch — ich spaziere oder richtiger, schleiche von Bank zu Bauk, bei gutem Wetter ein Stündchen fast alle Tage, bin nicht eigentlich krank, nur altersmatt, das Augenlicht schwach. Vor einiger Zeit kam mein Landsmann und gütiger Freund, Geheim- rat Graefe aus Halle, zu mir, um meine Augen zu untersuchen und mir zu einer Operation des rechten, längst starreifen zuzureden; solange ich aber auf dem linken noch einen sehr schätzbaren Schimmer habe, denke ich nicht an eine Operation. Ich stehe ja im siebenundsiebzigsten Jahr! Meine Nichte, das gute Gretchen, „das Engelchen", wie ihre Bekannten sie nennen, war ein paar Wochen bei mir. Sie wollte mich zu sich holen nach Wiesbaden, mußte aber allein wieder abreisen."

8. Kleines Realienbuch - S. 3

1895 - Gera : Hofmann
I. Kilder aus der vatttlän-ischkn Geschichte. A. Aus der neusten Zeit. 1. Kaiser Wilhelm H. und die Gegenwart. 1. Das Leben in der Gegenwart. Nicht immer ist alles so gewesen, wie wir es heute sehen. Erst nachund nach sind die Zustände so geworden. Die Geschichte erzählt, wie dies zugegangen ist. Besonders durch die Arbeit, den Verkehr, die Bildung und die Fürsorge der Regierung sind die Menschen fortgeschritten und veredelt worden. (Zeige, was die Menschen arbeiten, wie sie miteinander verkehren, wie sie gebildet und wie sie regiert werden!*) Wir wohnen in Deutschland und gehören zu dem deutschen Volke. Unser engeres Vaterland heißt...., und unser Landesvater.... An der Spitze von ganz Deutschland steht Wilhelm Ii. Er ist König von Preußen und Kaiser von Deutschland. Er stammt aus dem berühmten Geschlechte der Hohenzollern, das nun fast 500 Jahre lang in unserem Vaterlande regiert. Die Vorfahren unseres Kaisers haben Preußen groß und glücklich, Deutsch- land einig und mächtig gemacht. Auch unser Kaiser setzt die gesegnete Arbeit seiner Vorfahren fort. In Preußen hat er 30, in ganz Deutschland 50 Millionen Unterthanen. Alle Beamten haben ihm den Diensteid, alle Soldaten den Fahneneid geschworen. Die Richter sprechen Recht in seinem Namen. Jeden Sonntag wird für ihn, sein Haus und seine Regierung in allen Kirchen gebetet. In jeder Schule hängt sein Bild und wird sein Geburtstag gefeiert. 2. Wilhelm Ix. verlebte eine glückliche Jugend. Unser Kaiser wurde am 27. Januar 1859 geboren. Sein Vater war der deutsche Kaiser Friedrich Iii., seine Mutter ist die noch lebende Kaiserin Viktoria. Gleich nach seiner Ge- burt rief ein alter General der Volksmenge vor dem Schlosse zu: „Es geht alles gut; es ist ein tüchtiger Rekrut, wie man ihn nur verlangen kann!" Sein Vater sagte den Abgeordneten, die ihm Glück wünschten: „Wenn Gott meinem Sohne das Leben erhält, so will ich ihn in den Gesinnungen und Gefühlen erziehen, die mich an das Vaterland ketten." Der kleine Prinz wurde sorgfältig erzogen. Er sollte einfach, ordentlich, fleißig und gehorsam werden. Mit seinem Bruder Heinrich wurde er nach einem bestimmten Stundenpläne von tüchtigen Lehrern unterrichtet. Außer den gewöhnlichen Schulfächern lernte er fremde Sprachen, reiten, fechten, schwimmen und rudern. Seine erste Jugend verlebte der Prinz nicht in dem unruhigen Berlin, sondern in dem stillen Potsdam und auf dem Gute Bornstedt. Sein liebster Lehrer war der Geheimrat Hinzpeter, den er noch heute liebt und ehrt. Als der Prinz 15 Jahre alt war, wurde er konfirmiert. In seinem Glaubensbekennt- nisse sagte er: „Ich weiß, welche großen und schweren Aufgaben meiner warten, und ich will die Zeit meiner Jugend benutzen, um denselben gewachsen zu sein." 3. Er bereitete sich gewissenhaft auf seinen Beruf vor. Der Prinz sollte vor seinen künftigen Unterthanen nichts voraus haben. Seine Eltern schickten ihn deshalb auf das Gymnasium in K a f s e l. Hier lebte und lernte er wie jeder andere Schüler. Wegen seines Fleißes erhielt er bei der Schlußprüfung eine der drei Denkmünzen, welche an die würdigsten Schüler verteilt wurden. Glücklich rief er aus: „Wie freut mich diese Denkmünze! Ich habe meine Pflicht erfüllt und gethan, was ich konnte!" *) Vergl. „Erstes Geschichtsbuch" von Fr. Polack (Gera, Theod. Hofmann). 1*

9. Kleines Realienbuch - S. 5

1895 - Gera : Hofmann
D 7. Er ist unermüdlich thätig. Kaiser Wilhelm Ii. ist von der Fußsohle bis zum Scheitel ein rechter Hohenzoller, d. h. ein frommer Christ, ein guter Deutscher, ein tapferer Soldat, ein entschlossener Regent und ein fleißiger Arbeiter. Er steht zeitig auf und widmet den ganzen Tag der Arbeit. Er hört die Vorträge der Minister, bespricht wichtige Angelegenheiten mit ihnen, liest und beantwortet eingegangene Schreiben, giebt Bittstellern Gehör, bekümmert sich um die Erziehung seiner Söhne, besichtigt die Truppen, hält hier und da Heerschau ab und befehligt dabei gern selbst. Seine gewöhnliche Erholung sind Ritte, Fahrten und Gänge ins Freie. Auch liebt er die Jagd und erfreut sich an Musik und guten Schauspielen. Gern unternimmt er Reisen. Die Re- gierungsarbeiten läßt er sich dabei nachschicken und erledigt sie rasch und regel- mäßig. Bei Meerfahrten hält er selbst Gottesdienst auf dem Schiffe, denn er fürchtet Gott und bittet täglich um Segen von oben. 1. Kaiser Wilhelm Ii. und seine Gemahlin Kaiserin Auguste Viktoria. 8. Er führt ein glückliches Familienleben. Am 27. Febr. 1881 ver- mählte sich unser Kaiser mit der Prinzessin Auguste Viktoria Luise von Schleswig-Holstein. Sie trägt die Namen von drei preußischen Königinnen, hat aber auch deren Tugenden geerbt. Sie wurde am 22. Oktbr. 1858 geboren, einfach und fromm auf einem ländlichen Schlosse ihres Vaters erzogen. Durch Anmut und Güte gewann sie schon als Prinzessin alle Herzen. Wohlthun war

10. Kleines Realienbuch - S. 7

1895 - Gera : Hofmann
7 und gewissenhaft und übte sich besonders gern als kleiner Soldat. Seine Mutter schrieb über ihn an ihren Vater: „Unser Sohn Wilhelm wird, wenn mich nicht alles trügt, gerade wie sein Vater, einfach, bieder und verständig." Als zartes Kind erlebte er das furchtbare Unglück, daß der französische Kaiser Napoleon I. Preußen durch die Schlacht bei Jena fast vernichtete. Bis nach Memel am östlichen Ende des Reiches flüchtete er mit seinen Eltern und Geschwistern. Er sah die Thränen seiner Mutter, teilte ihre Not und weinte an ihrem Kranken- bette. In Königsberg hatte er Unterricht beim lieben Vater Zeller, an den er später einen dankbaren, kindlichen Brief schrieb. Als er 13 Jahre alt war, starb ihm die geliebte Mutter. Er schmückte die Tote mit einem Kranze, der heute noch im Sterbezimmer aufbewahrt wird. 3. Der pflichttreue Prinz. Als sich im Jahre 1813 das ganze Volk er- hob und die Franzosen aus dem Lande jagte, da wäre er so gern als Kämpfer auch dabei gewesen. Aber sein Vater ließ ihn nicht mit ins Feld ziehen, weil er noch zu schwach und kränklich sei. Als aber die Heere in Frankreich einfielen, da zog auch er mit und erwarb sich durch seinen Mut mitten im Kugelregen das eiserne Kreuz. Mit ganzer Seele war er Soldat. Er bemühte sich, die Heeres- einrichtungen zu verbessern. Seinem Vater und dann seinem ältesten Bruder Friedrich Wilhelmiv. gehorchte er willig und freudig als erster Unterthan. Zur Gattin wählte er die Prinzessin Augusta von Weimar. Zwei Kinder schenkte ihnen Gott, den späteren Kaiser Friedrich und die noch lebende Großherzogin L u i se von Baden. Viele Jahre wohnte er in Kob- lenz und verwaltete die Rhein- provinz. Bei dem Aufstande 1848 nötigte ihn der Haß der Berliner, nach England zu gehen. Hier sammelte er man- che nützliche Erfahrung. Sein königlicher Bruder Friedrich Wilh. Iv. erkrankte 1858 sehr schwer, übertrug ihm die Re- gentschaft und starb am 2. Jan. 1861. Als 64jähriger Mann bestieg König Wilhelm I. den Thron, jeder Zoll ein König und ein Deutscher. Schlicht und wahr, stark und klar, gerecht und fromm war sein Wesen. 4. Der deutsche Mann 2. Wilhelm 1. im dänischen Kriege 1864. Der König erhöhte durch eine neue Einrichtung die Schlagfertigkeit des Heeres. Sein Ministerpräsident Otto von Bismarck hals dieselbe gegen den Widerstand des Abgeordnetenhauses durchsetzen. In jener Zeit starb der König von Dänemark, der zugleich Herzog von Schleswig- Holstein war. Die beiden Herzogtümer sollten „up ewig ungedeckt" zu Deutsch- land gehören. Der neue Dänenkönig aber suchte Schleswig bis an die Eider zu einer dänischen Provinz zu machen, deutsche Sprache und Sitte auszurotten.
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