148
Geschichte der neueren Zeit.
auf die Tuilerien. Der König verhaftet und in den Temple gebracht. Aufhebung der königlichen Gewalt. Überhandnehmen der Jakobiner. Nationalkonvent 1792—1795: Die Republik wird proklamiert. Prozeß - des Königs, dessen Verurteilung und Hinrichtung 21. Januar 1793. Danton. Robespierre, Üoiarat. Wohlfahrtsausschuß. Schreckensherrschaft. Bürgerkrieg in der Vendee, Proklamiernng der „Religion der Vernunft'1. Endlich Sturz Robespierres. Neue Verfassung von 1795: Direktorialregierung.
§83. Die Revolution und Deutschland. 1792 Krieg Prenßens gegen die Republik. Herzog von Braunschweig dringt in Frankreich ein, sein Rückzug. — Erster Koalitionskrieg 1793—1797. Die Franzosen sind siegreich. Friedrich Wilhelm Iii. schließt den Separatfrieden zu Basel 1795. Napoleon Bonaparte führt den Krieg zu einem für die Österreicher ungünstigen Ende — Friede zu Compo Formio — das linke Rheinufer französisch 1797.
B. Aas Zeitalter Mapoleorrs.
§ 84. Napoleon Vonaparte bis zu seiner Erhebung zum
Kaiser.
Der Mann, dessen Pläne und Handlungen fortan mehr als
anderthalb Jahrzehnte lang im Vordergründe des europäischen
Interesses stehen, und dessen Unternehmungen gerade für unser
Vaterland von weitester Tragweite gewesen sind, war Napoleon
Bonaparte. Er war im Jahre 1769 zu Ajaceio aus Korsika geboren und verlebte seine Kinderjahre unter dem nachhaltigen Einfluß seiner Mutter Lätitia, einer ungewöhnlich bedeutenden, durch hohe Selbständigkeit des Charakters ausgezeichneten Frau. Schon als zehnjähriger Knabe kam er ans die Kriegsschule zu Brienne, von wo er nach fünf Jahren an die Pariser Militärschule überging. Mathematische und historische Studien (Lektüre Plutarchs) betrieb er mit besonderem Eifer. In die Armee eingetreten, lenkte er bald durch Mut und Klugheit die Aufmerksamkeit der Direktorial-regierung auf sich und da er derselben, sowie vorher dem Konvente, wesentliche Dienste bei Unterdrückung von Ausständen leistete, erfuhr er eine rasche Beförderung (1796 feine Vermählung mit der sehr reichen Witwe Josephine Beauharnais).
Nachdem Napoleon den ersten Koalitionskrieg durch den Frieden zu Compo Formio zu einem günstigen Ende geführt, gedachte er den Einfluß des immer noch drohenden England zu brechen. Da aber dasselbe schwer angreifbar war, so wollte er es indirekt schädigen, indem er ihm a) die Herrschaft des Mittelmeers zu ent-
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Bonaparte Napoleon Josephine_Beauharnais Napoleon
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128 Geschichte der neueren Zeit.
Gerhardt zeigt. Seine erste Gemahlin war Prinzessin Henriette von Oranien, die fromme Liederdichterin, Enkelin des Admirals Coligny.
Der Staat ist unter dem Großen Kurfürsten sehr gewachsen; die Zahl der Einwohner hob sich von 700 000 auf 1 300 000; die Einnahmen stiegen von 11/2 auf 71j2 Millionen. —
§ 75. Friedrich Iii. (I.) und Friedrich Wilhelm I.
Auf den Großen Kurfürsten, den Begründer brandenbnrgifch-1688 preußischer Größe, folgte sein Sohn Friedrich Iii. (1688—1713). Mehr auf äußeren Glanz gerichtet, hat derselbe es sich zur Aufgabe ° gemacht, seinem Hanse die Königskrone zu verschaffen; den Anreiz dazu bildete u. a. der Umstand, daß um jene Zeit das Knrhans Hannover die englische und das Kurhaus Sachsen die polnische Krone erwarb. Kaiser Leopold zeigte sich geneigt, gegen eine erhebliche Unterstützung, welche Kurfürst Friedrich ihm im spanischen Erbfolgekriege leistete, diesem die Anerkennung als König in Preußen 1701 zu gewähren. Am 18. Januar 1701 fand zu Königsberg die Feier statt, bei der Friedrich Iii. (nunmehr Friedrich I. genannt) sich und seiner Gemahlin, der geistvollen Sophie Charlotte von Hannover, mit eigener Hand die Krone aussetzte. Zum Andenken an dieses Ereignis, das außerdem durch eine Reihe der glänzendsten Feste verherrlicht wurde, stiftete der König den schwarzen Adlerorden („Suum cuique“). Fortan verlieh Friedrich auch dem Äußeren seiner Hofhaltung, sowie der Stadt Berlin einen königlichen Glanz, wobei offenbar das Vorbild Ludwigs Xiv. von Einflnß war. Berlin wurde durch große Bauteu (Schloß, lange Brücke, Zeughaus re.) geziert. Jn Charlottenburg residierte die edle Königin, die Freundin des großen Philosophen Leibniz. Sie wie der König förderten in freigebiger Weise Wissenschaften und Künste. Jn Berlin wurde die Gesellschaft der Wissenschaften und die Akademie der Künste gestiftet; Halle wurde der Sitz einer rasch aufblühenden Universität, an welcher hervorragende Gelehrte, wie Thomasins und Wolf, wirkten und edle Männer, wie Hermann Francke (Stifter des Waisenhauses) und Freiherr von Canstein (Bibeldruckerei) ihre gemeinnützigen Werke schufen. Aber diese Unternehmungen, verbunden mit einer glänzenden Hofhaltung, kosteten dem Lande mehr, als es auf die Dauer hätte aufbringen können; zumal der Bürger- und Bauernstand litt unter einem hohen Steuer-
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Extrahierte Ortsnamen: Hannover Kurhaus_Sachsen Berlin Berlin Charlottenburg Berlin Canstein
130
Geschichte der neueren Zeit.
Während dieser sein ganzes Interesse auf das militärische Leben richtete und allen rein geistigen Beschäftigungen abhold war, hatte sich in dem Sohne unter dem Einfluß seiner Mutter und des Franzosen Duhau de Jaudun ein lebhafter Sinn für Kunst und Wissenschaft entwickelt {{ein Flötenspiel-Lehrer Quauz). Als der Vater, damit unzufrieden, den Prinzen hart behandelte, machte derselbe den Versuch, nach England zu entfliehen; aber der Fluchtplan wurde entdeckt, Friedrich selbst auf die Festung Knstrin gebracht, sein Helfer, der Lieutenant Katte, hingerichtet, und seine Schwester, die nachmalige Markgräfin von Baireuth, welche ebenfalls um den Plan gewußt, mit Schlügen gezüchtigt. Endlich wurde Friedrich von seinem Vater begnadigt (der Feldprediger Mittler), und da er sich durch eifrige Arbeit auf der Kriegs- und Domainenkammer und auch durch fein williges Eingehen auf eine Heirat mit Elisabeth Christine von Braunschweig die Zufriedenheit seines Vaters erwarb, ließ dieser ihm mehr und mehr Freiheit, ja, scheuste ihm sogar das Schloß Rheinsberg. Hier lebte Friedrich nun einige Jahre der Beschäftigung mit den Wissenschaften, besonders der Geschichte und der französischen Litteratur. Geistvolle Mäuuer (Keiserling, Jordan, Fouquet) bildeten seinen Umgang. Von hier aus trat er mit den bedeutendsten Gelehrten und Schriftstellern in Verbindung, namentlich mit Voltaire. Aber dem stillen Behagen dieser Zeit sollten bald Unruhen und stürmisch bewegte Jahre folgen.
Brandenburg-Preußen war durch feine natürliche Entwicklung ein Gegner des habsburgischen, bisher in Deutschland vorwiegenden Hauses geworden. Diese Gegnerschaft gelangte unter Friedrich zum 1740 Ausbruch, als nach dem Tode Kaiser Karls Vi. (1740) der deutsche Kaiserthron erledigt war. Des letzteren Tochter, Maria Theresia, eine kluge und energische Frau, erhob aus Grund der unter dem Namen pragmatische Sanktion bekannten Erbfolgeordnung Anspruch auf die österreichischen Erblande, welcher aber von vielen Fürsten nicht anerkannt wurde. Kurfürst Karl Albert von Bayern, der ebenfalls Ansprüche auf Österreich geltend machte, wurde 1742 als Karl Vii. zum deutschen Kaiser gekrönt. König Friedrich Ii. nun erneuerte gleich zu Beginn seiner Regierung die alten Ansprüche seines Hauses auf Schlesien und bot Maria Theresia gegen die Anerkennung derselben seine Zustimmung zur pragmatischen Sanktion. Sie aber verweigerte dieselbe. So kam es zum
77. Die drei schlesischen Kriege.
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Extrahierte Ortsnamen: England Rheinsberg Deutschland Karls
§ 86. Preußen seit dem Tode Friedrichs des Großen. 151
mußte auf Veuetien und Tirol verzichten, und die Herrscher von Bayern und Württemberg als Könige anerkennen.
Napoleons Wille war nunmehr in dem südlichen und westlichen Deutschland unbedingt herrschend. Die dortigen Fürsten waren durch ihn erhöht und bestanden nur durch ihn. Er bildete nun aus ihnen den sog. Rheinbund, Juli 1806, und übernahm 1806 selbst das Protektorat desselben. Fortan bildeten deutsche Laudeskinder wesentliche Teile des Napoleonischen Heeres, deutsche Fürsten sein Gefolge. Die Zeit der tiefsten Erniedrigung unseres Volkes begann. Das beinahe tausendjährige deutsche Reich nahm ein trauriges Ende. —
§ 86. Preußen seit dem Tode Friedrichs des Großen.
Der große König hatte Preußen auf hoher Machtstufe zurückgelassen. Aber die großartige Anspannung aller Kräfte, durch
welche dieselbe erklommen war, ließ unter seinem Nachfolger und
Neffen Friedrich Wilhelm Ii. 1786 — 1797 nach. Ein 1786
leichter, zum Schutz des naheverwandten Hauses Oranien (des ^
Königs Schwester!) unternommener Krieg gegen Holland befestigte { in dem Heere das Vorurteil der Unbesiegbarkeit; eine gegen die Ansprüche Österreichs schwache und unentschiedene Politik auf dem Kongreß zu Reichenbach schädigte das Ansehen Preußens. Freilich wurde der Umfang des Staatsgebietes durch die zweite und dritte Teilung Polens (1793, 1795) um ein bedeutendes vermehrt, aber die inneren Zustände begannen zu kranken. Der Hof fo wenig als die gebildete Gesellschaft blieben unberührt von
der aus Frankreich eindringenden Erschlaffung der Sitten. Dazu
kam, daß sich unehrliche, heuchlerische Menschen in das Vertrauen des Königs einzudrängen wußten und daß die religiöse Duldsam-samkeit, durch welche unter dem Großen Kurfürsten wie unter Friedrich dem Großen Segen über das Land gekommen war, einer fanatischen, engherzigen Orthodoxie Platz machte (das Wöllnersche Religionsedikt).
In mancher, besonders auch in letzterer Hinsicht, wurde es zwar besser, als der edle König Friedrich Wilhelm Iii. (1797 1797 bis 1840) seinem Vater auf den Thron folgte. Selbst sittenrein, bis
suchte er mit seiner Gemahlin, der schönen und edlen Königin 1840
Luise, Prinzessin von Mecklenbnrg-Strelitz, die Sitten zu heben und die Lage des Volkes durch Landstraßen, Schulen rc. zu bessern.
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§ 36. Der zweite punische Krieg. 79
habe in meiner Toga Krieg und Frieden, wählt!). — Hannibal zog mit einem großen Heere, in dem Elefanten mitgeführt wurden, über die Pyrenäen, den Rhone und die Alpen (kleiner Sankt Bernhard). Obgleich er bei dem Übergange über letzteres Gebirge mehr als die Hälfte feiner Mannschaften verloren hatte, drang er mit den Übriggebliebenen mutig vor und schlug den P. Corn. Scipio am Ticinus (218). Nach einem weiteren Siege (an der Trebia) 218 überschritt er den Apennin und schlug dann die Römer völlig am trafimenifchen See in Etrurien (217). Die Römer ernannten 217 nun, in großer Besorgnis, den bedächtigen Q. Fabius Maximus zum Diktator, der von feiner abwartenden Kriegführung, durch welche er den Hannibal beständig in Aufregung hielt, ohne es zu einer Schlacht kommen zu lassen, den Namen Cunctator (der Zauderer) erhielt. Aber dem römischen Volke genügte diese Kriegführung nicht, man wählte im nächsten Jahre (216) einen weniger besonnenen Konsul, der sich trotz der Abmahnung feines verständigeren Mit-konfuls auf die Schlacht bei Cannä einließ (216), in welcher 216 das römische Heer völlig geschlagen wurde. Hannibal marschierte nicht, was ihm jetzt leicht gewesen wäre, gegen Rom, sondern ging nach Kampanien, wo er in Capua die Winterquartiere bezog. Der römische Senat wie die Bevölkerung zeigten in dieser größten Not eine heldenmütige patriotische Haltung. Mit großer Aufopferung rüsteten sie ein neues Heer aus und stellten an dessen Spitze Marcellus, „das Schwert der Römer". Demselben gelang es, Hannibal in den Gefechten bei Nola zu schlagen 214. Er ging 214 dann nach Sizilien, wo sich der Nachfolger des Königs Hiero den Karthagern angeschlossen hatte, und eroberte nach einer langen Belagerung die durch den Mechaniker Archimedes kunstvoll verteidigte Stadt Syrakus. Ganz Sizilien war bald in den Händen der Römer. Nun verschlimmerte sich die Lage Hannibals: das feste Capua wurde ihm entrissen, obgleich er durch einen Zug gegen die Hauptstadt (Hannibal ante portas) dasselbe zu retten suchte; auch das kaum eroberte Tarent vermochte er nicht zu halten.
Auch in Spanien waren die Karthager im Nachteile. Dort hatten von 217 an die beiden Brüder Scipio zunächst mit Erfolg 217 gekämpft, waren dann aber 211 selbst beide gefallen. Ihre Aufgabe 211 führte der jüngere Scipio, ein hochbegabter, edler Mann, glücklich weiter, indem er Neukarthago eroberte, den Hasdrubal, Hannibals Bruder, in einer großen Schlacht schlug, und die Herzen der Spanier
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86 Erster Teil. Das Altertum.
Konsul, sondern trieb sogar in Rom selbst unter den Augen der Behörden großartige Bestechung. Der Krieg wurde mit einer, in der römischen Geschichte bis dahin nicht gesehenen Schlaffheit geführt. Endlich aber ermannte sich der Senat. Jngurtha wurde zuerst von dem tüchtigen Metellus geschlagen und mußte sich endlich dem klugen Sulla, der in dem Heere des Marius diente, ergeben. (Die hochinteressante Geschichte dieses Krieges schrieb in schöner Form Sallustius, vgl. § 47.)
Wie sehr mit den Sitten das Selbstvertrauen des römischen Volkes gesunken war, zeigte sich bei dem Einfall der Cimbern 110 und Teutonen (ca. 110) in Italien. Deutsche Völkerschaften von der Nordseeküste, unter denen die obengenannten die Mehrzahl bildeten, kamen mit dem Begehr um Überlassung von Wohnsitzen nach Italien, und als man sie abwies, schlugen sie die Römer in mehreren großen Schlachten (bei Noreja in Kärnthen, bei Aransio in Südfrankreich). Allgemeiner Schrecken, die Deutschen möchten auf Rom ziehen, bemächtigte sich der Römer („cimbrischer Schrecken") und ries eine völlige Ratlosigkeit hervor. Niemand wollte das Oberkommando übernehmen. Endlich ließ sich Marius, eben siegreich aus Afrika kommend, zum Konsulat wählen, das er nun viermal nacheinander bekleidete. Ihm gelang es, die Teutonen bei Aquä Sextiä (Aix in Südfrankreich) und die Cimbern in Obei> Italien bei Vercelli auf den raudischen Feldern zu schlagen. Nun erst atmete Rom auf. Die Deutschen, soweit sie nicht gefallen oder gefangen waren, zogen zurück.
§ 41. Marius und Sulla.
Bald darauf fielen sämtliche italischen Bundesgenossen, welchen das schon durch E. Gracchus in Aussicht gestellte Bürgerrecht immernoch vorenthalten wurde, von Rom ab, indem sie sich in Corsinium eine neue Hauptstadt gaben. Der darüber ansbrechende Bundesgenossen krieg überhob die Römer nicht der Notwendigkeit, sämtlichen 90 Italikern das Bürgerrecht zu verleihen (ca. 90 v. Chr.). In dem Kriege hatte sich besonders ausgezeichnet L. Cornelius Sulla, der nun als Führer der aristokratischen Partei auftrat. Durch Senatsbeschluß wurde ihm der Oberbefehl gegen den in Asien allmächtigen und den römischen Einfluß gefährdenden König Mithri-dates von Pontus anvertraut; aber das Volk betraute mit derselben Sendung den demokratisch gesinnten Marius. Da Sulla
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Extrahierte Ortsnamen: Rom Italien Italien Südfrankreich Rom Afrika Südfrankreich Obei>_Italien Vercelli Rom Rom Corsinium Asien
70
Erster Teil. Das Altertum.
ü. Periode.
pic Zeit der Uepubük.
509—31 v. Chr.
A. Won der Gründung der Kepnvlik Sis zum Beginn der punischen Kriege.
509—264 v. Chr.
§ 30. Die Republik.
An die Stelle des Königtums trat nun die Republik. Die obersten Beamten des Staates waren zwei jährlich gewählte Prätoren oder, wie sie später durchweg heißen, Konsuln. Sie waren zugleich oberste Feldherren und oberste Richter. Sie wurden gewählt durch die Versammlungen des ganzen Volkes (Ceuturiatkomi-tien); neben diesen bestanden noch die Versammlungen der vornehmen Geschlechter, der Patrizier (Curiatkomitien), die aber wenig einflußreich waren, und die Tribuskomitten, in welchen das Volk sich distriktsweise (nach den Tribus - Distrikten) versammelte. Die Patrizier hatten den größten Einfluß im Senate, der jetzt eine viel bedeutendere Stellung bekam, als er zur Zeit der Könige gehabt hatte. Der Senat bildete die eigentliche Regierung, schlug die Konsuln vor und bekleidete dieselben auch mit ihrer Amtsgewalt. Damit aber die Beamten nicht etwa, wie es die Könige gethan, das Volk unterdrückten, wurde bald darauf festgesetzt, daß von den Befehlen derselben jedermann eine Berufung an die Volksversammlung einlegen könne — das ist das überaus wichtige Provokationsrecht. — In Zeiten großer Not des Vaterlandes wurde durch die Konsuln ein Mann, der das allgemeine Vertrauen besaß, zum Diktator ernannt, zum obersten völlig unbeschränkten Befehlshaber auf sechs Monate.
§ 31. Äußere und innere Gefahren.
Aber die neue Republik hatte viele Stürme zu bestehen, ehe sie sich befestigte.
a) Krieg gegen Porfena. Nachdem die Römer einen Angriff der vertriebenen Tarquinier abgeschlagen hatten, wandten sich diese an den König Porsena von Etrurien um Hilfe. Diefer zog mit einem großen Heere vor die Stadt und zwang dieselbe, trotz ihrer tapferen Gegenwehr, zu einem sehr ungünstigen Frieden.
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74 Erster Teil. Das Altertum.
Samniter. Dieselben hatten ihren Einfluß sowohl im Süden gegen die Griechen als auch gegen die Etrusker erfolgreich ausgebreitet, und so wurde der Kampf für die Römer eine Notwendigkeit. 343 Der erste Krieg (343—341) brachte den Römern in zwei Schlachten, bis am Berge Gaurus und bei Suessula, den Sieg und endete mit 341 einem vorläufigen Vertrage. Gleich, nach diesem Kriege empörten sich die Latiner gegen die Römer, indem sie für die Hilfe, welche sie denselben geleistet, erhebliche Vorrechte (ein Konsul solle immer ein Latiner sein) verlangten, die Römer ihnen dieselben 340 aber nicht zugestehen wollten. Aber in dem Latinerkriege (340 bis bis 338) siegten die Römer durch den tüchtigen, jedoch unnatürlich oob strengen (er richtete seinen eigenen Sohn hin) Manlius Tor-quatus und durch den Opfertod des edlen P. Decius Mus am Berge Vesuv. Ein zweiter Sieg bei Trifanum schlug die Selbstständigkeit der Latiner vollends nieder.
326 Der zweite Samniterkrieg (326—304). Die Samniter bis rafften in dem neuen Waffengange ihre ganze Kraft zusammen, und
304 es gelang ihnen, obgleich die Römer zunächst einige Siege errangen (Fabius Rullianns, Unterfeldheer des Papirius Cursor), dieselben
321 in den caudinischen Pässen (321) empfindlich zuschlagen. Den Frieden aber, den die römischen Feldherren gezwungen schlossen, nahm der römische Senat nicht an. Nun wurde der Krieg langwierig. Die Samniter fanden Bundesgenossen an den Etruskern, die sich gegen die Römer empörten, dann aber in der Schlacht am vadi-310monischen See 310 geschlagen wurden. Endlich neigte sich, nach schweren Kämpfen, das Kriegsglück auf die Seite der Römer: nach
305 der Schlacht beiboviannm 305 konnten die Samniter nicht länger Widerstand leisten. In dem Frieden wurde ihnen zwar Freiheit und Selbständigkeit gewährleistet, aber sie mußten aus jeden Einfluß in der Landschaft Campanien verzichten, die nunmehr römisch ward.
Um den durch diesen Krieg gewonnenen Machtbezirk festzuhalten und womöglich zu erweitern, siedelte der Senat an allen wichtigeren Orten römische Bürger an und erbaute große Heerstraßen, auf denen eine rasche Verbindung mit Rom und Truppenbeförderungen möglich waren, so z. B. die nach dem Censor Appius Claudius sogenannte Via Appia, von der man heute noch die Überreste zeigt; sie führte nach Capua in Campanien, von wo sie bis zur Straße von Messina einerseits und bis Brundisium andererseits verlängert wurde.
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Extrahierte Ortsnamen: Suessula vadi-310monischen_See Rom Capua Messina
76 Erster Teil. Das Altertum.
schmelzen. Allenthalben an wichtigeren Punkten wurden römische Bürger und Soldaten angesiedelt. Große Straßen, zunächst zu militärischen Zwecken erbaut, dienten dem Handel und Verkehr. Die Verfassungen der unterworfenen Städte wurden nach der römischen umgebildet. Die unterworfenen Gemeinden wurden im allgemeinen mild behandelt, doch wurde ihnen mit Absicht, gemäß dem römischen Grundsatz „teile und herrsche", eine ganz verschiedenartige Stellung Zu Rom verliehen. Man hat unter diesen Gemeinden zu unterscheiden: 1. solche, die das römische Bürgerrecht entweder vollständig oder doch in beschränktem Umfange hatten, 2. solche, die dasselbe überhaupt nicht, dafür aber das geringwertigere lati-nifche oder irgend ein anderes besaßen.
§ 34. Nachdem nun die Römer bis an die Straße von Messina ihre Herrschaft ausgedehnt hatten, richteten sie naturgemäß ihren Blick nach Sizilien, welches feiner Lage und Beschaffenheit nach eng zu Italien "gehört und besonders auch wegen seiner Fruchtbarkeit begehrenswert erschien. Aus den Besitz dieser Insel aber erhoben schon seit geraumer Zeit die Karthager Anspruch, und die Sizilianer hatten unter ihren Führern (Dionys der Ältere, Ti-nioleon, Agathokles) mit denselben schwere Kämpfe zu bestehen gehabt. Nun tritt Rom mit den Karthagern in einen langen und blutigen Kampf um Sizilien und damit um die Herrschaft des Mittelmeeres.
Repetition: R ö m e r. Ii. Periode. 509—31 v. Chr. A. 509—264.
Errichtung der Republik. Zwei Konsuln. Senat. Volksversammlungen (Komitien). Provokationsrecht. Diktator.
Gleich Anfangs äußere und innere Gefahren. Krieg des Porsena von Etrurien gegen Rom. — Empörung der schlecht gestellten Plebejer gegen die Patrizier; Auswanderung auf den heiligen Berg (Menenius Agrippa). Zum Schutze der Plebejer Einsetzung des Volkstribuuats 494. Coriolans Versuch, dasselbe abzuschaffen, mißlingt.
451. Decemvirn eingesetzt, um geschriebene Gesetze, die bisher nicht bestanden, zu geben. Zwölftafelgesetz. — Die Decemvirn wollen ihr unbeschränktes Amt nicht wieder abgeben. Da werden sie, anläßlich eines Übergriffs des Appius Claudius, gestürzt. — Plebejer erlangen von Stufe zu Stufe den Mitbesitz der Ämter, überhaupt rechtliche Gleichstellung mit den Patriziern (die Licinischen Gesetze 366).
Die Ausbreitung der römischen Macht über Mittelitalien erfolgt rasch, nachdem sich die Römer von dem verheerenden Einfall der Gallier (388) in ihre Stadt erholt haben. Eroberung von Veji (Camillns). Die Samniter- und Latinerkriege (P. Decins Mus' Opfertod). Im zweiten Samniterkrieg furchtbare Niederlage der Römer in den caudinischen
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Extrahierte Personennamen: Menenius_Agrippa Coriolans Claudius
Extrahierte Ortsnamen: Rom Messina Sizilien Italien Rom Sizilien Etrurien Rom
§ 31. Äußere und innere Gefahren. 71
Die Sage hat diesen Krieg verherrlicht durch die Heldenthaten einzelner römischer Jünglinge und Jungfrauen (Mncins Scävola, Horatius Cocles, Cloelia); aber diese Thaten, auch wenn sie geschehen, haben keine rettende Wirkung gehabt.
b) Die Auswanderung auf den heiligen Berg. —
Das Volkstribunat. — Coriolan. — Im Innern bildete sich allmählich ein schroffer Gegensatz zwischen den wohlhabenden Patriziern und den armen, obendrein noch durch allerhand ungerechte Verpflichtungen in Schulden geratenen und durch harte Schuldgesetze (Schuldhaft, völliger Verlust der Freiheit) gepeinigten Plebejern. Dieser Gegensatz wuchs zur Erbitterung um das Jahr 494. Die Plebejer weigerten sich Kriegsdienste zu thun und 494 verstanden sich schließlich nur dazu gegen das feste Versprechen einer Besserung ihrer Lage. Aber nachdem der Sieg über die Feinde errungen war, hielten die Patrizier ihr Versprechen nicht. Da verließen sämtliche Plebejer die Stadt und zogen auf den benachbarten sogenannten heiligen Berg. Nun gerieten aber die Patrizier, welche doch auf keine Weise die Plebejer entbehren konnten, in große Verlegenheit. Glücklicherweise gelang es dem besonnenen und klugen Menenins Agrippa, die Plebejer zur Rückkehr zu bewegen (die sagenhafte Gleichnisrede vom Magen und den Gliedern des menschlichen Körpers). Nun erhielten die Plebejer in den 2 (oder 5, später 10) Volkstribunen Beamte, die das Recht und die Pflicht hatten, sie gegen jede Unbill zu schützen. Dieselben waren persönlich unverletzlich und hatten außer anderen Vorrechten das eine unermeßlich wichtige, daß sie gegen jeden Befehl jedes Beamten Einspruch erheben und Aufhebung erwirken konnten („Veto einlegen"). Als Helfer in ihrem Amte wurden den Tribunen (wie den Konsuln die Quästoren) 2 Ädilen des Volkes beigesellt. — Aber wie diese Behörde den Patriziern nur abgezwungen war, so suchten dieselben auch sie unschädlich zu machen. Das gelang jedoch nicht. Als der aristokratische Mareins Coriolanus einen Versuch machte, das Volkstribunat wieder abzuschaffen, erhoben sich die Tribunen gegen ihn und ließen ihn vom Volke verurteilen; er aber ging nach Corioli und würde seine Vaterstadt mit den Waffen in der Hand angegriffen haben, hätten nicht seine Gemahlin und seine Mutter (Veturia und Volumnia) ihn davon zurückgehalten.
Er wandte Rom den Rücken und starb in der Fremde (Shakespeares Ccriolan).
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