1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
354
Iv. Naturbilder.
Außerdem schlafen viele zwei Drit-
theile des Winters hindurch, da es doch
nichts Gescheiteres für sie zu thun
gibt, wobei sie nicht so viel Stärkung
brauchen, als im Juni, wo sie täglich
16 bis 18 Stunden ununterbrochen auf
den Beinen und Schwingen sein müssen,
um für sich und ihre Nachkommenschaft
zu sorgen. — Doch wissen sie auch im
Winter mit ihren kleinen, runden,
scharfen und blitzschnellen Augen und
ihren beweglichen, spitzigen Schnäbeln
aus tausenderlei Winkeln und auf tau-
senderlei Weise Frühstück, Mittag- und
Abendbrod zu finden. Die Speisekam-
mer der Vögel ist meilengroß; Men-
schen und Thiere gehen im größten Hun-
ger daran vorbei, ohne ihnen Etwas
wegzunehmen. In den Ritzen rauher
Baumrinden, in den Höhlen und Löchern
alter Bäume, zwischen verwitterten Grä-
sern, in Tausenden, in Millionen kleiner
Samenkörnchen, die der eisige Nord,
als Säemann des künftigen Frühlings,
aus vertrockneten Kapseln umherstreut,
an verlornen und vergessenen wilden
Früchten, überall in Wald und Feld,
unter sammetnen, auch im Winter noch
grünen Moosen finden die kleinen mun-
tern Sänger von Flur und Feld ihre
besetzten Tafeln. Und was die Schlaf-
stelle betrifft, machen sie sich selbst zum
warmen Bett, indem sie Schnabel und
Köpfchen unter dem Flügel verbergen,
während der durchdringendste Ost macht-
los über ihr warmes Federbett hinrafft.
So schlafen sie ruhig, gesund und warm
lange, lange Januarnächte hindurch.
Und wenn die ganze Landschaft umher
mit starrem, weißem Schnee bedeckt ist
und nicht einmal der starke Huf durch
die gefrorne Decke bricht, finden die
Vögel doch noch ihren Weg und ihren
Speisebedarf zwischen Gebüsch und Dor-
nen und picken umher in Farrn und
Flechten, durchsuchen Holzstöße und Ge-
treidemagazine, hohle Banmwnrzeln, die
noch schwarz aus dem Schneetuche her-
vorragen. Wird's aber gar zu arg
und mager draußen, so legen auch die
wildesten, menschenscheuesten Vögel ihre
Furcht vor des Menschen Haus und
Hof ab und gucken in die Scheune
hinein, wo der staubige Drescher sie
nicht beachtet, und nehmen ihm, oft
mit der größten Keckheit, aber äußerst
schlau, gute, fette Körner dicht vor der
Nase weg. Sie hüpfen und picken zwi-
schen Stroh und Düngerhaufen, zwischen
Kühen und Gänsen umher, umzingeln
die Hühner, wenn diese gefüttert werden
und nehmen Alles mit einer Geschwin-
digkeit und Schlauheit in Beschlag, die
ergötzlich ist. Dann machen sie An-
griffe mitten unter den Füßen des grim-
migen Hahnes hinweg in das Bereich
der fleißigen Schnäbel, vor jedem Korne,
das sie hinwegschnappen wollen, erst
genau beobachtend, ob auch die nächste
Henne mit einem neidischen Seitenhiebe
ihres scharfen Schnabels nicht Einspruch
thun könnte. Das geht Alles so blitz-
schnell, daß man nicht so geschwind
sehen kann, wie sie die Lage jedes
Kornes erst genau berechnen und jedes
unbeschützte sofort wegpicken, in dem-
selben Augenblick schon wieder ein an-
deres ausmessend, welches sie immer
richtig treffen, so daß Hahn und Hühner,
die manchmal mit einem ärgerlichen
Zanktone nach ihnen hacken, immer da-
neben treffen. Und wo haben nicht
überall auf der Schneedecke Pferde oder
Hunde oder andere Thiere gefressen?
Da finden sich auch immer eine große
Anzahl Vögel ein und halten ihre
Mahlzeit; ja sie scheuen sich sogar nicht,
mit dem Pferde zu gleicher Zeit aus
derselben Krippe zu fressen! —
Zu dem Gemüse und den Mehl-
speisen werden auch Fleisch und Braten
angeschafft. Millionen von Schmetter-
lingen und Insekten haben Eier und
Junge in Concons gesponnen und nach
ihrer Weise gut versteckt, aber die kleinen
Blitzaugen des Vogels wissen überall
solche kleine Eier- und Fleischmärkte
auszuspioniren und mit der größten
Geschwindigkeit aufzuräumen: eine wahre
Wohlthat für die Blätter und Sprossen
des künftigen Frühlings, die im Keime
rein aufgefressen werden würden, wenn
die Vögel nicht ihre Eier- und Fleisch-
speisen aus diesen unerschöpflichen Quel-
len des Ungeziefers bezögen.
2. Die kleine Meise stöbert zwischen
Strohdächern und altem Reisig nach
Insekten. Die Bachstelze marschirt
1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
172. Deutsche Waldbäume.
369
Die
In den Nacken des Gebirges schlägt
sie ihre Wurzeln und steigt, eine erhabene
Pyramide, in schwindelnder Steil-Linie
empor, indeß sich ihre Zweige schwer
hinabsenken. Majestät und Schwermuth
mischen sich mit einem Zuge kühnen
Trotzes in diesem Baume. Seine düst're
Macht faßt uns ernstgebietend. Aber
der wolkenanklimmende Wuchs selbst, das
Sonnenlicht, das durch die Wipfel glimmt,
der Sammetteppich zu seinen Füßen,
ewig frisch erhalten von den überall
rieselnden Quellen, die Waldblumen um-
her gemischt mit dem Purpur reifende^
Beeren, all' dieses warme, farbige Leben
lös't das in sich zurückgescheuchte Ge-
müth, so daß es befreit sich neu erhebt.
• Wie gerne denke ich hier deiner, ein-
sames Erzgebirg, mit den finster schat-
tenden Schluchten und den sanftum-
blumten Höhen! Ringsum schreiten die
stolzen Bäume hinan, und von Zweigen
tropft duftig goldenes Harz. Kein Laut
unterbricht das Schweigen, nur daß
drüben vom Felsen der Wildbach sich
brausend niederstürzt. Schon ist die
Nacht hinabgesunken in die Thäler: aber
auf den Bergen ragt die Tanne, das
Die
Dem Froste und dem Sturme, dem
Blitze und selbst der Fäulniß trotzend,
im Sumpfmoor wie im dürren Sande
gedeihend, bedarf die zierliche, schlanke,
zartgegliederte Birke nur einer Spanne
Erde, ihre Wurzeln hineinzusenken. Auf
den norddeutschen Grasebenen steht sie
in zerstreuten Gruppen, weite, schim-
mernde Waldstrecken füllt sie in den
Tiefthälern von Norwegen, und da selbst,
wo einiger Schnee den Fjölengrat um-
hüllt, klammert sie sich an die stiefmüt-
terliche Scholle. Es ist die Zwergbirke,
deren Samen allein im Winter den
Lemming und das weiße Rebhuhn nährt.
— Vielleicht erstreckte sich ehedem das
Reich der Birke weiter hinauf, als heute.
Auf Island wenigstens stand sie vor
Alters im dichten Walde von dem Meeres-
ufer bis zum Fuße der Gebirge und
Marschall. Lesebuch.
Haupt in Sonnenglorie leuchtend, wie ein
Priester Gottes, die müde Erde zu segnen.
Es ist, als ob die Weltruhe, die
auf dem schwarzen, schlafenden Gebirge
lagert, Rede gewönne. Wunderbare
Stimmen klingen h erüber, alle die Wünsche,
die Leidenschaften verstummen, aber aus
der Tiefe der Seele, wie aus einer ge-
heiligten Fluth, hebt sich der Engel des
Gebets. In den Hochebenen, welche
den Polarkreis einschließen, breiten unge-
heure Fichtenwälder ihr Dunkel unun-
terbrochen über das Land. Die mäch-
tigsten Stämme werden zu Tausenden
niedergeworfen, und dennoch scheint der
Wald noch so dicht, wie vordem. Der
schäumende Strom trägt sie zum Fjord,
zum Meer hinab, wo sie abermals be-
stimmt sind, ihre schlanken Gestalten
emporzurichten, entkleidet von den lan-
gen Aesten und den dunkelgrünen Nadeln,
aber mit einer neuen, schneeweißen Hülle
von Segeln angethan.
Die biegsame Faser des Krautes ist
des Baumes Herr geworden, und der
König des Waldes, vor Kurz.em noch
so fest in der Erde wurzelnd, muß der
weitgespannten Leinwand gehorchen.
warf so um die damals fruchtbare
Insel ein wärmendes Gewand, von dem
jetzt kaum die Fetzen in Busch und
Strauch zu sehen sind. In leicht ge-
schwungener, oft unmuthig geschlängelter
Linie steigt der schlanke, gerundete Stamm
hinauf, nach oben schwach gebogen, doch
mit geschmeidiger Härte der Gewalt der
Elemente widerstrebend. Grau bemooste
Furchen zerreißen wohl unten die glatte,
atlasartige Rinde, die aus dem Blätter-
grün hervorleuchtet,
* „als wäre d'ran aus heller Nacht,
das Mondlicht blieben hangen."
Kein mächtiger Ast tritt aus dem
zähen Holz, vielmehr fällt ringsum ein
zierliches Reisernetz in langen Flechten
herab, das sich immer lockerer aufbaut,
bis die Krone wie in einem Federbüschel
endet. Da ist auch nicht Raum für des
24
1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
173. Die Mistel.
371
ihn die zottige Mooshülle mit dichtem
Schilde. So hat er seinen Fuß droben
eingegraben, der Alte vom Berge, ein
reisiger, riesiger Held. Vom Boden aber
rankt Eppich und Geisblatt hinauf, und
Fink und Amsel spinnen frische Lieder
um seine Zweige.
173. Die Mistel.
Wald und Garten stehen im Winter
kahl; die Blätter modem am Boden und
die neuen Triebe schlummern noch, um-
hüllt von den schützenden unansehnlichen
Knospendecken. Aber sieh dort auf dem
Zweige des Birnbaumes bemerkst du ein
kugelrundes Büschchen, grün mitten im
Winter. Es ist die Mistel, ein Sträuch-
lein, welches beim Birnbaum in Kost
und Logis steht. Draußen im Walde
wirst du sie auch in den Baumkronen
der Laub- und Nadelwälder sehen, in
manchen Gegenden häufiger, in anderen
seltener. Sie ist ein Glied der reichen Fa-
milie der Riemenblumen (Iwravtlisöv),
und man zählt an 400 Arten, die über
alle Erdtheile verbreitet sind. Die zahl-
reichsten und schönsten bewohnen die tro-
pischen Gebiete Asiens und Amerika's.
Diese prunken in schöner Blüthenpracht
und werden umflattert von köstlichen
Schmetterlingen und von goldstrahlenden
Honigvögeln zu der Zeit, in welcher unser
Mistelbüschchen sich unter der Last des
Schnees und Reifes herabbeugt. Aber
auch unsere Mistel hat ihre Verehrer
unter der Vogelwelt, und namentlich ist
es die Misteldrossel, welche nicht nur die
weißen Beeren dieses Gewächses besonders
liebt, sondern auch ihr Quartier in deren
Zweigen aufschlägt. Schon am Ende des
Winters erscheint sie, baut ihr Nest in
die Zweiggabel und bekleidet es so mit
Flechten, daß nur ein geübtes Auge es
zu entdecken vermag. Mit Eifersucht
hütet sie die Mistelbeeren ihres Reviers
gegen andere Vögel, selbst gegen solche
ihres eignen Geschlechts. Kreischend und
flügelschlagend empfängt sie jeden Ein-
dringling und ruhet nicht, bis sie ihn
vertrieben; dann aber erschallt auch der
düstere Wald von ihrem flötenden Sieges-
liede. Diese Drossel hat allerdings einiges
Anrecht an die Früchte des Zweiges;
denn sie ist gewissermaßen dessen Säe-
mann gewesen. Nach ihrer Mahlzeit flog >
sie auf einen andern Baum, setzte sich
auf einen Ast und wetzte das Schnäbelein
daran. Mit dem zähen klebrigen Safte
der Beeren leimte sie absichtslos ein
Samenkörnlein an die rauhe Rinde. Ja
man will behaupten, daß die Keimkraft
des Samens im Magen des Vogels be-
sonders geweckt und erregt werde, so
daß diejenigen Körnchen am leichtesten
aufgingen, welche die Drossel wieder aus-
geschieden. Regen und Nebel speisten
das winzige Korn, daß es keimte. Das
Würzelchen des Keimlings kroch die Rinde
entlang, bis es eine Ritze fand, in die
es sich hinein senkte. Lag das Mistel-
korn etwa auf dürrem Astende, so kroch
das Würzelchen weiter bis zum leben-
digen Holze, wenn dieses nicht zu weit
entfernt war; es wollte durchaus auf
einen grünen Zweig kommen.
Auf den lebendigen Ast des Baumes
wirkt die Wurzel in sonderbarer Weise
ein. Sie reizt die Zellen und Gewebe
desselben in ähnlicher Weise, wie das
Ei der Gallmücke das Blatt der Eiche
und Buche. Die Rinde des Baumes
lockert sich, ihr Zellgewebe wächst und
bildet eine Anschwellung rings um die
junge Mistel. Die Wurzel des Gastes
dringt tiefer und immer tiefer ein. Im
Innern verschmelzen die Endzellen der
Mistelwurzel innig mit dem Holz und
haften in diesem, wie die Wurzeln an-
derer Pflanzen in der Erde. Vom Baume
ziehen sie ihre Nahrung. Die Mistel
ist in uns'rer Gegend das einzige Ge-
wächs, das nie am Boden gedeiht, son-
dern von frühester Jugend bis zum Alter
nur auf Bäumen lebt, der einzige ächte
Baumparasit. Blätter, Stengel und
Zweige haben dieselbe gelblich - oliven-
grüne Farbe. Die Mitte jedes Triebes,
jedes Zweigende wird zur Blüthe. Das
ganze Büschchen besteht aus einem Gewirr
sparriger, gleichmäßig vertheilter Gabel-
zweige, die an ihren Enden die Blätter
24*
1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
175. Die Steinkohlen.
375
mehr oder minder Auflösung des orga-
nischen Zusammenhanges, wodurch die
ganze Masse in einen breiigen, aufge-
lösten Zustand versetzt wurde.
Wenn indeß fast mit Gewißheit ge-
schlossen werden kann, daß die Stein-
kohlenmasse sich meist in einem erweich-
ten Zustande befunden hat, so scheint
derselbe von einer wirklichen Auflösung
doch sehr verschieden gewesen zu sein,
denn sonst würde die Masse völlig gleich-
artig erscheinen. Die Ungleichheit derselben
ergibt sich besonders aus dem verschie-
denen Aschengehalt der Kohlen von den
einzelnen Lagen und denselben Flötzen.
Einen wesentlichen Einfluß hat hier auch
der Druck ausgeübt, wenn die vegeta-
bilischen Massen tiefer eingesenkt von
allmählich erhärtendem Schieferthon und
Sandstein überschüttet wurden. Ferner
beschleunigte eine erhöhte Temperatur
den Umbildungsprozeß. In einzelnen
Fällen mag die Temperatur höher als
die des siedenden Wassers gewesen sein,
dann erstreckte sich die Einwirkung nicht
bloß auf die Kohle selbst, sondern auf
die darauf, darunter und dazwischen
liegenden Sandstein- und Schieferthon-
schichten.
2. Die Entstehung der Stein-
kohlen denkt sich Professor vr. Göppert
auf folgende Weise: Die Inseln in dem
ungeheuren Meere, welches in der Vor-
zeit unseren Erdtheil bedeckte, hatten wie
die Inseln in unserer Zeit Berge, Thä-
ler, Flüsse, Binnenseen, feuchte und
trockene, frische und wärmere, schattige
und sonnigere Stellen. Ueberall war
ein tropisches Klima verbreitet, wie dies
aus der überaus ähnlichen, nur mit der
tropischen Natur vergleichbaren Ädd-
tation hervorgeht. Denn die fossilen
Pflanzen in beiden Hälften der Erdkugel,
im Süden und Norden Asiens, in Altai
und in Sibirien, im nördlichen Europa
durch den ganzen Continent hindurch
bis jenseits des Kanals in England,
Schottland und Irland, gleichwie jenseits
der Meere im nördlichen und südlichen
Amerika und in Neuholland erscheinen
durchaus dieselben. Ungeheure Wälder
mit Stämmen von 70—75 Fuß Höhe,
2 — 3 Fuß Dicke, andere mit 30 Fuß
langen Aesten waren ganz geeignet, in
und unter sich Reste von Vegetabilien
aufzunehmen. Diese gesammte Vege-
tation wurde in den Schichten, welche
die große Steinkohlensormation bilden,
begraben, sodann durch die in Folge von
Niveau - Veränderungen hereinbrechenden
Gewässern überschwemmt und in zusam-
menhängende Kohlenlager verwandelt,
oder vermischt mit Thon und Sand in
allmählich sich verhärtendem Schieferthon
und Sandstein eingeschlossen und er-
halten.
Wenn nun aber entschieden nach-
gewiesen ist, daß, um so bedeutende
Kohlenflötze zu bilden, die Pflanzen, die
auf dieser Fläche zu wachsen vermochten,
nicht ausreichten, und ebenso, daß man
an eine ruhige Ablagerung und nicht an
ein Zusammenschwemmen aus weiter
Ferne denken kann, so sieht man sich,
um dieses Phänomen zu erklären, zu der
Annahme genöthigt, daß sehr viele Koh-
lenlager als die Torflager der Vorwelt
anzusehen sind, die sich ebenso im Laufe
einer langen Vegetationszeit bildeten,
wie die Torflager in unserer Zeit, welche
mitunter auch eine Mächtigkeit von 40
bis 50 Fuß erreichen und große Flächen
einnehmen. Die Torfmoore waren
also die Herde der Bildung der Kohlen-
maflen aller Zeiten. Doch weicht die
Steinkohlenflora ganz und gar von der
jetztweltlichen ab; aber der Gesammt-
charakter derselben läßt auf ein feuchtes,
heißes Klima zurückschließen. Eigentliche
Torfbildung finden wir freilich gegen-
wärtig in der Tropenwelt nicht und
man hat sie den Ländern außerhalb der
kalten und gemäßigten Zone überhaupt
abgesprochen; allein mit Unrecht. Moräste
mit Torfbildung von ungeheurer Aus-
dehnung finden sich doch in Süd-Vir-
ginien und Nord-Carolina, in der Breite
von Tunis und Algier.
In den eigentlichen Tropenländern
fehlen Torfmoore wahrscheinlich nur
deßhalb, weil die zeitweise eintretende
Dürre, welche das völlige Austrocknen
der Moräste zur Folge hat, die Torf-
bildung verhindert; in einem fortwäh-
rend nassen und heißen Klima aber, wie
es die Kohlenflora verlangt, waren auch
die Bedingungen zur Torfbildung ge-
geben. — Ferner läßt die große Aus-
1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
36. Die bayerische Hochebene.
63
dieser Ebenen. Die Aehnlichkeit nament-
lich dieser Gegenden mit dem nord-
deutschen Tieflande ist überraschend; er-
innerten nicht die im Hintergründe him-
melanstrebenden Alpen, sowie die Flüsse
mit ihrer grünlichen Farbe und ihrer
Raschheit und Mächtigkeit an die Nähe
des süddeutschen Hochgebirges, man
könnte versucht sein zu glauben, daß
man sich im Gebiete der Nord - oder
Ostsee befinde. Ein Holsteiner oder
Mecklenburger könnte vom Heimweh
überwältigt werden, wenn er, an den
kleinen Seen zwischen dem Ammer-
und dem Starnberger-See wandernd,
diese Buchenhaine erblickt, von so tief
gesättigtem, saftigem Grün, wie man
es in der Regel nur in der Nähe des
Meeres oder in den Alpen trifft; oder
wenn er die smaragdnen Triften über-
schaut, wie sie in dieser Ueppigkeit auch
nur den äußersten Norden und Süden
Deutschlands schmücken. Näher gegen
das Gebirge zu belebt sich die Ebene
mehr und mehr. Sie erscheint zuerst
wellenförmig bewegt, dann tauchen ein-
zelne Höhen aus, die in andern Gegen-
den sich schon Bergen an die Seite stellen
dürften, hier aber gegenüber den Alpen-
riesen zu Hügeln zusammenschrumpfen,
bis endlich der Plateaucharakter ganz
erlischt, weil an die Stelle der vorigen
ebenen und wellenförmigen Fläche ein durch
Quereinschnitte stark zertheiltes Bergland
getreten ist, das Vorland der Alpen
unp das Durchbruchsgebiet der Alpen-
flüsse vom Gebirgsland in die Ebene.
Eine Reihe von See'n, wechselnd mit
halb trocken gelegten Wasserbecken, den |
Moosen und Bergfilzen, verleihen dieser
Region einen unmuthigen Wechsel der
landschaftlichen Scenerie. Auf diesen Vor-
alpen beginnt auch schon die Alpen-
wirthschaft, da sie, 2500—3500 Fuß
über dem Meere gelegen, für das Win-
tergetreide zu lange mit Schnee bedeckt,
für das Sommergetreide zu stark mit
Gras durchwuchert sind, jedoch einen
ungemein üppigen Futterwuchs erzeugen.
Die buntprangenden, malerisch eingeheg-
ten Wiesengründe mit den freundlichen
fensterhellen Gehöften, die reine erquickende
Luft und der Anblick der unmittelbar
aufsteigenden Alpenreihen verleihen die-
- ser Vorterasse des Hochgebirgs einen
Liebreiz, wie man ihn in den zwar er-
habenen, wildromantischen, aber oft dü-
ster eingeengten Hochalpenthälern ver-
gebens sucht.
Unter den gleich mächtigen Wart-
thürmen einer Riesenfestung in die
bayerische Hochebene vorgeschobenen iso-
lirten Bergkegeln nimmt der hohe
Peißenberg zwischen Schongau und
Weilheim, weithin sichtbar in einer Höhe
von 3145 Fuß aufragend, die erste Stelle
ein. Schon seit 300 Jahren krönt seinen
Gipfel eine Wallfahrtskirche; ein stattliches
Pfarrhaus mit einem „Luginsland" auf
dem Dache, ein Wirthshaus, ein paar
andere Häuser und ein Kirchhof nehmen
den Raum der Bergplatte ein, von wel-
cher aus den Vesteiger eine bewun-
dernswerthe Fernsicht lohnt. In einem
j Kranze liegen die Alpen vom Hochsäntis
; bis zum Watzmann ausgebreitet, mitten
! drin der Großglockner, der König der
deutschen Berge, welcher aus dem fernen
! Kärnthen verschwimmend herüberschim-
mert. Ueber das weite Flachland weg
reicht der Blick bis zu dem blauen Rücken
des Jura und der waldigen Höhe des
Böhmerwaldes. In duftiger Ferne ra-
gen die Frauenthürme Münchens, die
Domthürme von Freising und die Ul-
richskirche von Augsburg als graue
Marksteine auf. Nicht mit Unrecht wird
dieser Berg der „bayerische Rigi" ge-
nannt, und dessen Besuch wird nun, da
die Eisenbahn bis an seinen Fuß führt,
bald ein sehr häufiger werden.
Eine Merkwürdigkeit der bayerischen
Hochebene sind die erratischen oder
Wanderblöcke, auch Findlinge
genannt. Sie kommen ihrer Gesteins-
art nach ohne Zweifel von den Central-
alpen und sind in deutlich erkennbaren
Zügen von Süden nach Norden über die
Ebene zerstreut. Ihre Größe wechselt
von 2 bis 3 zu 100 Fuß Kubikinhalt.
Einer der größten, ein riesiger Felsblock,
liegt an der Straße gegen Miesbach.
Früher fand man sie viel häufiger, allein
die Verwendung zu Bauten und Straßen
in dieser an Bau- und Straßenmaterial
so armen Ebene hat ihre Zahl sehr ge-
mindert. Die Frage: Wie sind diese
Blöcke aus den Hochalpen in die Ebene
1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
36. Die bayerische Hochebene.
zweiten: das 'Erdinger Moos am östlichen
Ufer der Isar, nahe bei München begin-
nend und bis Moosburg hinziehend, das
Dachauer Moos, im Süden Haspelmoor
genannt; zur dritten endlich: die Filze
südlich des Chiemsee's, das Weitmoos
und Filz bei Rosenheim, das Murnauer
Moos südlich vom Staffelsee und das
Haselmoos nordwestlich vom Kochelsee.
Kaum ein Fluß, dessen Säume nicht
irgendwo solche Moosgründe aufzuweisen
haben; und manche Eintiefungen, wie
das Loisach-, Amper- und Innthal sind
daran nur zu reich.
Diese Moose sind entweder mit
sauern Halbgräsern bewachsen, oder sie
weisen röthlich-braune Flächen auf, be-
standen mit Zwergwäldern von krüppel-
hasten Kiefern, Filzkoppen genannt.
Die rothe Farbe rührt von einer eigenen
Moosgattung her, dem Torfmoos, wel-
cher das Wasser aus der Tiefe empor- !
zieht und festhält. Die erste Art der
Moore nennt man Wiesen-, die letztere
Hochmoore, das Volk aber bezeichnet
erstere als Möser, letztere als Filze.
In ihrem ursprünglichen Zustande sind
die Moore hauptsächlich nutzbar durch
Torf, Streu und etwas Brennholz. Den
Torf findet man in beiden Arten von
Mooren, und seit er als Brennmaterial
verwendet wird, beschäftigt der Torfstich
viele Hände, und der Preis eines Tag-
werks Moorgrund ist von 5—10 auf 200 fl.
gestiegen. Vielfach hat man auch die
Moose trocken gelegt und für die Kultur
gewonnen, doch geht diese Umgestaltung
nur langsam voran und noch immer
„kann Bayern durch Entwässerung und
Anbau seiner Moose ein ganzes Fürsten-
thum im Innern erobern;" denn von
der Gesammtfläche der Moorgründe zu
20 Meilen ist noch wenig für den
Anbau gewonnen. Das Wiesenmoor und
die Heide, der überfeuchte und über-
trockene Boden, finden sich merkwürdiger
Weise oft in unmittelbarster Nähe; so
im Lechfelde, so im Dachauer und Er-
dinger Moos, in der Garchinger Heide.
Beide aber finden ihren Uebergang zu
Wiese oder Wald in der Trift, die,
halb Wiese, halb Wald, von ihrer Be-
nutzung zum Viehtrieb den Namen er-
halten hat. Auf magerem Grasboden
Marschall, Lesebuch.
65 '
stehen gruppenweise und in schlechtem,
fast verkümmertem Zustande einzelne
Bäume, Maßholder, Elzbeerbäume, Ei-
chen, Hagebuchen, Espen, Birken, Kiefern,
umgeben von wenig nutzbarem Unter-
holz: Haselsträuchern, Salweiden, Weiß-
! schlehe und Kreuzdornen, Pfaffenkäppchen
und Faulbaum. An den Flüssen, beson-
ders an Isar, Donau und Lech, finden
sich die Auen, in welchen Wiesen und
Triften, Sumpf und Wald abwechseln.
Schon im Einzelnen zeigen diese Auen
! eine große Manchfaltigkeit der Vegetation;
auffallend aber ist der Unterschied der
Auen am Oberlaufe der Alpenflüsse ge-
gen die am Unterlaufe. An der obern
Isar z. B. wechseln blumige Rasenstrecken
und saftige Wiesen bald mit lichten
Nadelholzbeständen, bald mit Gebüschen
von Weiden und Erlen, um welche sich
die Alpenliane mit ihren großen präch-
tigen Purpurblüthen rankt, bald mit
Büschen von Alpenrosen, bald mit Knie-
holzwäldchen.
Nahe der Einmündung der Isar in
die Donau aber herrscht der Wald in
solcher Ueberfülle vor, daß er einem
tropischen Urwalde gleicht. Manche
Bäume erreichen eine ebenso riesige Höhe
als Dicke, und man hat Schwarzpappeln
von 30 Fuß Umfang gefunden. Stau-
nenerregend ist die Manchfaltigkeit und
Ueppigkeit der Baumarten, unter welchen
man nicht selten auch Nadelhölzer, eine
pinienartige Kiefer oder eine säulenartige
Fichte trifft, dazwischen dichtes und blü-
thenreiches Unterholz, umschlungen von
unserer deutschen Liane, der schlanken
Waldrebe; der Boden bedeckt mit üppig
wuchernden, krautartigen Gewächsen. Das
Dickicht ist oft undurchdringlich und es
kostet dem Jäger und Botaniker Mühe,
sich durchzuarbeiten. Aber er wird auch
entschädigt durch reiche Ausbeute und
seltenen Naturgenuß. Da liegt, im tief-
sten Waldesschatten versteckt, ein schilf-
bewachsener Teich, ein sogenanntes „Alt-
wasser", geschmückt mit Seerosen und
gelbblühender Iris; dort läd't ein Rasen-
teppich, umsäumt von Weidengebüsch und
überschattet von malerischen Baumgrup-
pen, zur Ruhe ein, und da blinkt durch's
wildverwachsene Gezweig der Strom im
Sonnenschein, und sein Rauschen klingt
1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
66
Ii. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde.
geisterhaft durch die unentweihte Stille
der Waldesau.
Aber selbst wirklicher Urw ald fehlt
dieser Gegend nicht. Im Forstamte
Tegernsee ist ein von der Axt noch nicht
berührter Wald. Da ihm von den Mo»
derresten abgestorbener Baumgeschlechter
nichts entzogen worden, so hat sich in
der ungeheuern Anhäufung solcher Massen
eine Ueppigkeit des Wachsthums gebil-
det, welche da, wo Licht und Luft den
Zutritt finden, an's Unglaubliche grenzt.
Bäume jeden Alters und jeder Art
wuchern aus dieser Moderschicht, und
wo einer kolossalen abgestorbenen Tanne
Raum gewährt ist zum Fall, da strecken
hundert andere ihre Häupter her-
vor, wetteifernd, an die Stelle der ge-
fallenen Größe zu treten, deren Leiche,
nachdem sie sich noch lange als dürre
„Rane" aufrecht erhalten, ein Jahrhun-
dert braucht, um in Verwesung zu zer-
fallen. Große Gräser, duftende Farren-
kräuter und Massen von Moos füllen
die Lücken aus zwischen den Baumstäm-
men und Felsblöcken. Undurchdringlich
für die Menschen, sind sie ein ungestör-
tes Asyl des Wildes. Der Urwald ist
eine der großartigsten Erscheinungen in
der Natur. Er hat etwas Heiliges,
Ehrfurchtgebietendes. Er verkündet das
ungestörte Schaffen der Naturkräfte in
stiller, erhabener Majestät.
Wie verschieden von diesen abgele-
genen Wäldern, wie verschieden auch von
den armen unfruchtbaren Moosen und
Heiden sind die reichen Getreideflu-
ren der bayerischen Hochebene! Ein un-
absehbares Meer von Aehren wogt zur
Sommerszeit in der breiten Thalebene
der Donau von Regensburg bis über
Osterhofen hinab! Hier liegt Bayerns
reichstes Weizenland vor uns, mit Recht
als dessen K o r n k a m m e r gepriesen. Der
Bauer in diesem Gau (vom Volk „Kay"
gesprochen) ist stolz auf seinen unerschöpf-
lichen „Dunkelboden", in welchen
eine verdorbene Sprachweise den „ D un g a-
boden", d. h. den Donaugauboden,
umgetauft hat.
Hier hatten die großen Wasserstuthen
längere Zeit ruhig gestanden und über
dem steinigen Geröll fruchtbare Erdschich-
ten abgesetzt. Als die Gewässer sich un-
terhalb Paffau durch die Bergdämme
eine Ausgangspforte gebrochen hatten
und allgemach zum Meere abgelaufen
waren, da ward der Boden des Riesen-
sees trocken gelegt und nach und nach
von Pflanzen und Thieren belebt. Die
Donauniederung aber hatte als köst-
liches Geschenk der Fluthen ihren „Dunga-
boden" erhalten, der sie zur reichen Korn-
kammer Bayerns gemacht.
37. Aus dem bayerischen Alpengebirg.
1) Derchtcsgadrn und der Königsfer.
I.
Von dem berühmten Schloß Hell-
brunn, unweit Salzburg, mit seinen
Wasserkünsten und von da über den Schel-
le nb erg herkommend, langte ich eines
Sonntags Abends in der rings von hohen
Alpen umschlossenen, am Fuße des riesigen
Watzmann gelegenen, ehemaligen gefür-
steten Abtei Berchtesgaden an.
Am andern Tage erhielt ich durch einen
Forstmann in Berchtesgaden, an welchen
ich empfohlen war, Einlaß in das einen
guten Büchsenschuß östlich von der Stadt
entfernte Salzbergwerk an de^i west-
lichen Abdachungen des „hohen Göll" am
Salzberg. Das Bergwerk besteht aus vier
übereinander liegenden Werken, deren jedes,
wie es eben bei den Bergleuten Gebrauch
ist, seinen besonderen Namen trägt.
Fragt der Fremde in dieser Gegend
nach den Salzbergwerken von Berchtesgaden
und Hallein, die nicht so gar weit von
einander liegen, welches das schönste von
beiden sei, so richtet sich die Antwort dar-
auf selbstverständlich immer nach dem Lande,
welchem der Gefragte angehört. Denn Hal-
lein liegt im Oesterreichischen und der Salz-
burger gibt daher dem Bergwerk in Hallein
immer den Vorzug, während der Bayer,
der doch auch etwas Schönes haben will,
stets dem in Berchtesgaden den ersten
Platz einräumt, wenn es gleichwohl nicht
1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
43. Bayerns Land und Volk.
57
seinen saftigen Almen, seinen klaren See'n
und seinen schäumenden Rinnen und
Bergflüssen; — hier breitet sich eine
große, von mächtigen Wasseradern durch-
furchte Hochfläche aus, auf welcher an-
muthige, waldbewachsene Höhenzüge mit
ausgedehnten Ebenen abwechseln, letztere,
wenn auch hie und da Sumpflandschaften,
Haideflächen, magere Triften und ärm-
Uche Kiefernbestände zeigend, meist frucht-
bares Getreideland mit unabsehbaren
Weizenfluren, oder fetter Wiesengrund,
dann und wann unterbrochen durch dunkel-
gefärbte Waldstrecken. Dort wieder steigen
aus der Ebene allgemach die vielfach
verzweigten Höhen des Mittelgebirges
auf, bekleidet hier mit dem dunklern Ge-
wände der Nadelholz-, dort mit den
Hellern der Laubholzwaldungen. — Hier
rankt sich in sorgsam gepflegten Anpflan-
zungen an einem Walde schlanker Stangen
die würzige Hopfenstaude empor, und
dort, wo die Sonne ihre Strahlen glühen-
der zur Erde sendet, schmücken blühende
Obsthaine die Thalgründe und üppige
Rebgelände die Höhen.
Wenn die alten Deutschen meinten,
das Land sei glücklich zu preisen, in dem
folgende fünf W gefunden würden:
Wald, Wiese, Wasser, Wein und
Weizen, dann darf man Bayern ge-
wiß ein gesegnetes Land nennen, denn
an alledem fehlt es bei uns nicht, und
wir können daher gewiß mit Zufrieden-
heit auf unser Heimatland blicken. Sind
auch nicht alle Gegenden Bayerns gleich
freigebig von der Natur bevorzugt, so
stiefmütterlich ist doch auch keine bedacht,
daß sie ihren Bewohnern nicht wenigstens
den nöthigsten Lebensbedarf darböte. Weit-
aus die Mehrzahl der Einwohner Bayerns
erfreut sich eines — anderwärts nicht eben
häufigen — Wohlstandes und Lebensge-
nusses. Die Behäbigkeit des altbayerischen
Bauern ist sprichwörtlich geworden; und
doch ist es eine Frage, ob der Hopfen-
bauer Mittelfrankens oder der Weinberg-
besitzer auf der Hardt sich in einen Tausch
mit ihm einließen. Bei den Berg- und
Waldbewohnern finden wir allerdings
selten ein so ergiebiges Besitzthum; allein
dafür ist ihnen eine andere Gabe zu
Theil geworden, köstlicher wahrlich als
Reichthum an Gut und Geld: ein hei-
terer freier Sinn, Genügsamkeit und Zu-
friedenheit; und das Volk der Berge fühlt
sich daher, trotz äußerer Armuth, meist
glücklicher und wohler, als das Volk
der Ebene. An Quellen ausreichenden
Erwerbs mangelt es aber auch den Ge-
birgsbewohnern nicht. Wo der Wald
deren eigen Gut ist, wirft er kaum ge-
ringeres Erträgniß ab, als Wiese und
Ackerland. Meist freilich sind die Wal-
dungen im Besitze des Staates, der
Stiftungen oder Gemeinden. Dann sucht
der Wäldler seinen und der Seinen Un-
terhalt durch Holzhauen, Kohlenbrennen,
Theer- und Pechgewinnung, Einsammeln
von Beeren, Arzneikräutern u. dgl.
Arm an Vegetation sind nur wenige
Strecken in Bayern; allenthalben lohnen
reiche und manchfache Erzeugnisse die
Pflege und den Anbau des Bodens. Des
großen Getreidereichthums, des Hopfen-,
Wein- und Obstbaues, sowie der Er-
trägnisse der Waldungen ist schon ge-
dacht worden. Außerdem erzielt Bayern
in einzelnen Gegenden, je nach Klima
und Bodenbeschaffenheit: Tabak, beson-
ders in der Pfalz, Oelpflanzen, Flachs
und Hanf, Gemüse, Meerrettig, Süß-
holz, Färbepflanzen. Wohl hat auch der
Maulbeerbaum nennenswerthe Verbrei-
tung gewonnen, aber ohne daß dadurch
die Seidenzucht wesentlich gefördert wor-
den wäre. In den sonnigen Lagen der
Hardt reifen selbst süße Kastanien und
Mandeln.
Dieser Manchfaltigkeit des Pflan-
zenwuchses stellt sich der Reichthum der
Thierwelt würdig zur Seite. Die reißen-
den Thiere, Wolf, Bär und Luchs, im
vorigen Jahrhundert noch sehr häufig
im bayerischen Wald und in den Alpen,
sind nun als Standthiere ausgerottet:
doch wechseln sie noch dann und wann
aus Tirol und Böhmen über die baye-
rischen Grenzen. In den Alpen hatte
sich am längsten gehalten der Luchs,
nämlich bis in die dreißiger Jahre unseres
Jahrhunderts; im bayerischen Walde der
Bär, von dessen Geschlecht noch in unserm
Jahrhundert in diesem Walde an sechzig
erlegt oder lebend gefangen wurden. Der
letzte Bär in den Alpen wurde 1835,
im bayerischen Walde 1853 erlegt; der
letzte Wolf dort 1837, hier 1850. Noch
1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
58. Die Schneestürme in den Schweizer Gebirgen.
125
nackte Felswände, die wegen ihrer steilen
Höhe nicht fähig sind, dauernden Schnee
zu tragen. Zwergartige Gewächse, be-
sonders Moose beleben diese Region oft
noch bis zu einer Höhe von 10,500 Fuß;
aber bis zu 11,000 Fuß scheint sich hier
im Alpenlande kein Leben zu versteigen.
Ueber diese Vegetationsgrenze hinaus er-
heben sich nur noch einzelne Riesengipfel,
deren Gesichtskreis, wie von dem Mont-
blanc und Groß-Glockner, an 40, 50 und
60 Stunden weit über die Erde reicht.
58. Die Schneestürme in den Hochalpen.
Zu den ungestümsten und schrecken-
erregendsten Naturerscheinungen des Hoch-
gebirges gehören die Schneestürme. Von
ihrer Heftigkeit und Gewalt und von
der Menge des durch die Lüfte getragenen
Schnee's, wovon oft binnen wenigen Mi-
nuten kurz vorher noch sichtbare Wege
gänzlich vergraben und fußhoch bedeckt
werden, kann nur derjenige sich einen
lebhaften Begriff machen, der die wilden
Kraftäußerungen der Elemente im Ge-
birge schon in anderer Weise kennen
lernte. Der Schneesturm in den Alpen
ist eine ebenso furchtbare atmosphärische
Erscheinung als der Samum der Wüste.
Wie hier der rasend einherbrausende
Wind der Wüste unberechenbare Milliar-
den glühend heißer Sandkörnchen empor-
hebt und in jagender Flucht durch die
Lüfte trägt, tiefe Mulden hier aufwühlt,
um neue, vorher nicht dagewesene haus-
hohe Hügel dort abzuladen: — so erfüllt
der Schneesturm die Luft auf große Ent-
fernungen hin mit dichten, ringsumher
Alles verfinsternden Wolken kleiner, feiner
Schneekrystalle, die Alles durchdringen,
an Alles sich einbohren und mit der
Atmosphäre eine völlig verschmolzene
Masse zu sein scheinen.
Der Schnee des Hochgebirges ist so-
wohl nach Gestalt und Umfang, als nach
Dichtigkeit und Schwere seiner einzelnen
Theilchen verschieden vom Schnee der
Tiefebene und des Hügellandes. Während
der Schnee der Tiefebene große, breite,
fette Flocken bildet, entstanden durch die
Vereinigung vieler Eissterne, welche lang-
sam, gleich von den Windwellen getra-
genen Fallschirmchen aus der Höhe nie-
derschweben, so verhält es sich mit dem
Schnee der Hochebene ganz anders. Er
ist viel feiner, mehliger oder eigentlich
sandähnlich, trockener und darum beweg-
licher; er besteht aus kleinen Nüdelchen
oder keilförmigen Pyramiden, die mit
einer ganz andern Geschwindigkeit die
Luft durchschneiden als die mehr Raum
einnehmende Schneeflocke. Bei der un-
gemeinen Feinheit der einzelnen Körper-
chen des Hochschnees ist es aber auch vor-
nehmlich deren große Trockenheit, welche
sie auszeichnet. Diese ist Folge der in
den oberen Regionen während des ganzen
Jahres fast ununterbrochen herrschenden
niederen Temperatur. Im normalen
Zustande ist der Hochschnee so spröde
und körnig, daß er sich eben so wenig
zusammenballen läßt, wie eine Hand voll
trockenen feinen Sandes.
Mit diesem Material treibt nun
der Wind auf den Höhen und in den
Einsattelungen des Gebirges, welche
5000 Fuß übersteigen, sein schrecken-
erregendes Spiel, packt plötzlich einige
hunderttausend Kubikklafter dieses feinen
Eisstaubes, wirbelt ihn spielend hoch,
hoch in die Lüfte empor, und überläßt
es der dort herrschenden Windrichtung,
ihn wieder in Form des dichtesten Schnee-
falles oder zerstreut als glitzernden Eis-
nadel-Regen abzuschütteln, wo es ihm
beliebt. Der „Montblanc raucht seine
Pfeife," sagen die Thalbewohner jener
Gegend, wenn's von der Schneekuppel
dieses höchsten europäischen Berges bei
hellem, tiefblauem Himmel wie Dämpfe
aufsteigt und leise verweht wird. Oder
der Wind hebt irgend eine Ladung solch
trockenen Hochschnees auf und schleudert
ihn in tiefere Bergbecken oder Uebergangs-
punkte, so daß mühsam aufgeschaufelte
Hohlwege binnen wenigen Minuten wie-
der so verschüttet sind, daß viele Arbeiter
tagelange Zeit nöthig hätten, um einen
Weg durch diese Masse Schnee zu bahnen.
Darum läßt sich auch zwischen diesen
bösartigen Neckereien des Windes und
dem Fall der eigentlichen „Staublawinen"
1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
49. Deutsches Land, deutsches Volk und deutsche Sprache.
103
aber in der Mitte, in Thüringen, und
im Westen, am Main und Rhein, über
seine natürlichen Grenzen hinaus in
süddeutsches Gebiet eingegriffen hat. Das
von diesen Grenzen nördlich zum Meer
hin sich ausbreitende Flachland umfaßt
einen Flächenraum von 4500^ Meilen,
dacht sich von Südost gegen Nordwest
ab und wird durch eine zwischen Weser
und Elbe hinstreichende Bodenerhebung
in eine westliche und östliche Hälfte ge-
theilt. Die westliche Hälfte bildet eine
weite Ebene, die reich an Sümpfen,
Mooren und Heiden und im Ganzen
nur wenig über den Meeresspiegel er-
haben, ja an manchen Stellen noch tiefer
gelegen ist, als die Flußbette. Darum
müssen nicht nur die niedrigen Küsten
gegen die Einbrüche des Meeres, sondern
auch die Uferstrecken der meisten größeren
Gewässer gegen die Ueberfluthungen
dieser durch Erdwälle geschützt werden.
Des Flachlandes östliche Hälfte ist schon
mehr über die See erhaben und nur
an wenigen Stellen ganz eben, an den
meisten wellenförmig.
Oberdeutschland zeigt den reich-
sten Wechsel der Bodengestaltung. Von
den steilsten, theils nackten, theils ewig be-
schneiten Felsengipfeln bis zum sanftesten,
abgerundeten, schönbewaldeten Gehügel
finden sich hier alle an der Erhebung der
Erde nur denkbaren Formen. Oberdeutsch-
land theilt sich wieder in zwei große
Hauptgebiete nach der Verschiedenheit
der Bodenform; in das nördliche Mittel-
gebirgsland und in das südliche
Alpenhochland. Das Mittelge-
birgsland, 5000sih Meilen einnehmend,
ist das Land der reichsten Erzeugnisse,
vor allem des Ackerbaues. Wald- und
erzreiche Gebirge wechseln mit wohn-
lichen Gauen, besät mit Dörfern wohl-
habender Landleute und mit gewerblichen
Städten, die mittelst großer Bahnnetze
unter sich in leichtem Verkehr stehen.
Dem Alpengebirgslande gehören
die Gebiete südlich einer Bogenlinie
vom Bodensee bis gegen Wien an.
Es begreift mit einer Fläche von etwa
2000q Meilen einen kleinen Theil von
Bayern und den größten von Deutsch-
Oesterreich. Gegen Osten senken sich die
Alpen mehr und mehr, so daß für
Oesterreich der Weg zum südlichen Meere
offen blieb; auch sind die Ostalpen viel
reicher an Mineralschätzen, besonders an
Salz, Eisen, Blei und Quecksilber, als
die Centralalpen. Der klimatische
Gegensatz zwischen dem Süden und
Norden Deutschlands wird durch die
Abdachung von Süden nach Norden
nahezu aufgehoben. Hätte das Hoch-
land seinen Platz im Norden und das
Tiefland im Süden, so wäre dieser
Gegensatz ein sehr schroffer. Der Norden
Deutschlands wäre dann ein deutsches
Norwegen, ein unwirthliches Hochland,
der Süden dagegen ein Niederungarn
oder Südrußland, d. h. eine sommer-
dürre Steppe, ein Weideland für No-
maden, geworden. So gleicht sich die
Kälte des Hochlands durch seine südliche
Lage mit der größeren Wärme des Tief-
landes so ziemlich aus und es konnte
gleichermaßen im Norden wie im Süden
Landwirthschaft mit Viehzucht die Grund-
lage des Völkerlebens werden.
Nach seiner Lage ist Deutschland
das Herz Europas, „Niemanden
gefährlich, Allen wohlthätig." Es ver-
bindet die vielfach gespaltenen Glieder
Europas zur wahren Einheit; sein
Grundcharakter ist der der Vermitt-
lung der Gegensätze. Wie es in seiner
Bodengestaltung den Uebergang bildet
vom gebirgigen Südwesten zum flachen
Nordosten, so in seinen klimatischen Ver-
hältniffen zwischen dem heißen Süden,
in welchem die Laubbäume ihres Blätter-
schmuckes nicht mehr beraubt werden, und
dem rauhen Norden, in dem nur noch
Birken und Föhren ihr kümmerliches
Dasein fristen. Aus diesem Herzen
Europas ist germanische Bevölkerung
und germanische Bildung nach allen
Seiten hin ausgeströmt: nach Osten in
die Provinzen am baltischen Meere
und in die unteren Donauländer, nach
Norden in die skandinavischen Gebiete
und nach Westen in das britische Reich
und in die Niederlande. Und wenn
auch im Süden die deutsche Herrschaft
wieder verloren gegangen ist und im
Westen ein romanisches Volk in deut-
sches Gebiet erobernd eingegriffen hat:
der deutsche Geist hat doch im Süden
und Westen auf die Völker romanischen