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1. Geschichte der neuesten Revolution - S. 25

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
25 rin seinen Platz. Plötzlich hoben und senkten sich die Ge- wehre, ein Schuß fiel, man sagt aus dein Garteil des Ho- tels, und ein langer Knall krachte hinterher. Einige fünf- zig Todte und Verwundete stürzten nieder. Unter wildem Geschrei stob die Menge auseinander und ergoß sich durch alle Stadtthcile mit dem Ruf: „Zu den Waffen! Wir sind verrathen! Man mordet uns!" Die kleine Kolonne republikanischer Blousenmänner, die vor dem Pelotonfeuer zurückgewichen war, kam unter einem fruchtbaren Rachcge- schrei nach der Blutstatte zurück, lud ein Dutzend Leichname auf einen Karren und zog unter Mordgeschrei und Wuth- geheul durch die Straßen. Inzwischen erloschen an den Häusern die Lampen, aus allen Ecken und Winkeln huschten Bewaffnete hervor, wie auf ein geheimes Machtgebot thürinten sich die Pflastersteine zu Barrikaden empor und auf allen Kirchthürmen läuteten die Sturmglocken, während die Empörer hier und da mit den Truppenpatrouillen Flintenschüsse wechselten. Als der Morgen des verhängnißvollen 24. Februar anbrach, war Paris bewaffnet bis an die Zähne, anderthalbtausend wohk- vertheidigte Barrikaden starrten den königlichen Truppen entgegen, die Revolte von gestern hatte sich in eine Revolution verwandelt. Dies war das Werk der Ver- schwornen der'geheimen, militärisch eingerichteten Gesell- schaften, welche, nachdem sie den Vorgang vor dem Hotel Guizots wahrscheinlich selbst hervorgerufen, ihn schnell zum Losbrechen benutzten, ihre Abtheilungen gu den Waffen rie- fen, die Häuser nach Waffen durchsuchten und die Waffen- läden plünderten, die Gläser- und Flaschenmagazine aus- lcerten und ihre Vorräthe über die Straßen streuten, um sie der Reiterei unzugänglich zu machen, und die Menge der übrigen Gesinnungslosen theils mit sich fortrissen theils zwangen, mit ihnen gemeinschaftliche Sache zu machen. Im Schloß der Tuilericn wußte man wenig oder nichts von dem, was in der Stadt vorging, und die Truppen be- hielten ihre Stellung bei. Nachdem Graf Molo es abge- lehnt hatte, ein neues Ministerium zu bilden, ließ der Kö- nig um Mitternacht den Herrn Thiers, eins der Häup- ter der Widerstandspartci in der Kammer, rufen, der sich auch bereit erklärte, mit Odilon-Barrot, Rem usai und Duvergier de Heu renne ein Kabinet zu bilden; Marschall Bugeaud sollte an die Spitze der bewaffneten Macht treten, doch wollte das neue Ministerium dies nicht

2. Geschichte der neuesten Revolution - S. 20

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
20 Die Vorgänge in Rom und der unerwartet schnelle Ausgang des Sonderbundskriegcs in der Schweiz ermu- thigtcn die Revolutionäre in Italien noch mehr, und das unter der Asche glimmende Feuer der Empörung kam an vielen Stellen zu gleicher Zeit zum Ausbruch. In Nea- pel, wo seit 1830 der von den Jesuiten beherrschte Bour- von Ferdinand Ii. regierte, kam es zu ernsthaften Volksbewegungen und in Sicilicnö Hauptstadt Palermo am 12. Januar 1848 zu einem furchtbaren Aufstande, an dessen Spitze der alte Marquis Ruggiero Set tim o die Konstitution von 1812 verlangte. Zu Florenz in Tos- kana mußte der Großhcrzog Leopold am 17. Febr. 1848 eine vollständige Konstitution mit bürgerlicher und politischer Gleichberechtigung aller Kulte geben. Dasselbe that am 8. Februar der König Karl Albert von Sardinien, der gern an der Spitze eines italiänischen Staatenbundes stehen und der erste und beliebteste unter Italiens Fürsten sein wollte. Die Jesuiten mußten überall, selbst aus Rom flüchten, und ihre Profeßhäuser wurden in Kasernen ver- wandelt. Im lombardisch-vcnetianischcn König- reiche, das sich unter Oesterreichs Herrschaft eines großen Wohlstandes erfreute, kam zu den Klagen über hohe Zölle, strenge Zensur, geheime Polizei, Verwaltung durch Auslän- der noch der Nationalhaß gegen die herrschenden Deutschen, und als selbst der Papst gegenüber dem starren Festhalten Oesterreichs am Alten zu politischen Reformen sich verstand, erhob sich in der ganzen Lombardei der Geist des Wider- standes und schon im Sommer 1817 riefen viele Stim- men : Tod den Deutschen (Oesterreichern)! Die Jtaliäner vermieden allen Umgang mit den Deutschen, sie leisteten freiwillig Verzicht auf Taback und Lotto, um den österrei- chischen Finanzen zu schaden, und in Mailand, Pavia, Padua kam cs täglich zu Händeln zwischen Militär und Volk. Die österreichischen Soldaten und Beamten wandel- ten überall auf vulkanischem Boden. Schon im Februar 1818 ließ der österreichische Graf Radetzky im ganzen Königreich das Standrccht verkündigen. Diese Flammen der Empörung waren es nun, welche auch nach Frankreich und Paris hinüberreichten und einen Brand entzündeten, der seines Gleichen kaum noch gehabt hat.

3. Geschichte der neuesten Revolution - S. 39

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
39 schof 21 ff re von Paris, der, mit der Palme des Friedens in der Hand, auf einer Barrikade zum Tode getroffen wurde. Die Erbitterung war so arg, daß selbst Weiber siedendes Wasser und Oel aus den Fenstern aus die unglücklichen Soldaten herabgossen und wie Furien die Barrikaden mit vertheidigten. Was in frühcrn Religions- und Bürger- kriegen Gräßliches vorgckommcn war, wurde hier noch weit übertroffen: gefangene Soldaten und Nationalgardisten, selbst der muthige General Bröa, wurden grauenhaft ver- stümmelt, gemordet, und raffinirte Bubenstücke kannibalischer Wildheit begangen, vor welchen die ganze Bevölkerung noch schaudert. Sogar vergifteter Branntwein wurde ge- reicht und einem gefangenen Reiter die Füße abgehackt und er so wieder aufs Pferd gesetzt. Die Aufrührer fochten mit dem Rufe: „Es lebe die demokratisch-soziale Republik!" Einer, der mit den Waffen in der Hand ergriffen wurde, äußerte: „Alle Leute, die Etwas besitzen, sind Spitzbuben; das ist meine Meinung, und blos dafür habe ich mich ge- schlagen." Ein Anderer, den man fragte, was er unter demokratischer und sozialer Republik verstände, gab zur Antwort: „Die Regierung der Arbeiter." Einige hatten auf ihre rothen Fahnen geschrieben: „Plünderung und Gewaltthat!" Andere: „Äls Sieger plündern wir, als Besiegte brennen wir!" — Welches Schicksal wäre dieser unglücklichen Hauptstadt aufgespart gewesen, wenn die Em- pörung hätte die Oberhano gewinnen können! Ueber Pa- ris war während der viertägigen Schlacht ein düsterer Schrecken verbreitet: die endlosen Straßen, Quais und Boulevards waren still und öde; alle Thüren und Fenster geschlossen; nur das schauerliche Krachen des Gewehr- feuers, mit Trommelwirbel und Trompetenschall vermischt und von Kanonendonner überboten, unterbrach die Todten- stille. Im ganzen Weftquartier herrschte noch am 24. Juni eine peinliche Ungewißheit über den endlichen Ausgang des Kampfes. Selbst Cavaignac war noch am Morgen des 25. so wenig über die Entscheidung des in die Länge sich ziehenden Kampfes sicher, daß er mit dem Präsidenten der Kammer insgeheim übereinkam, im Fall der Aufstand sie- gen sollte, den Sitz der Nationalversammlung aus Paris in eine Provinzialstadt zu verlegen. Rührend war es aber zu sehen, wie Tausende von wackern Nationalgardisten, Haus und Hof, Weib und Kind verlassend, unter der An- führung ihres Maires oder Bürgermeister aus fernen Städ-

4. Geschichte der neuesten Revolution - S. 84

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
— 84 — bildete und wohlhabende Klasse der Bevölkerung ansahen, um auf fremde Kosten zu leben und Geld zu erpressen. Was man von jenen Leuten zu hoffen gehabt hätte, zeigte Struve's Genosse, Löwenfels, als er über die Milde des deutschen Volkes, an der auch diese Revolution geschei- tert sei, klagte und ausrief: „Erst wenn die Guillotine die Verräther geschreckt und die Gleichgültigen aufgerüttelt ha- den wird, dann erst wird, wie nach einem kräftigen, alle bösen Dünste verzehrenden Gewitter, die reine Luft der Demokratie auf Erden wehen können." Und ein anderer Helfershelfer Struve's, F. Ne ff, ein halbstudirter Baucr- bursche aus Rümingen, schrieb nach dem Mißlingen des hochverräterischen Unternehmens: „Nur durch Schrecken rrnd Ströme Bluts kann nach diesen Vorgängen die Re- publik gegründet werden. Wer aber diesen Weg des Schre- ckens betreten will, der darf sein Leben nicht höher achten als einen Pfifferling und das Mm der Feinde nicht hö- her achten als Gras. Er muß sich als eine Kraft betrach- ten, die ohne Herz und Gefühl und ohne eignes Leben nur zum Wohle von Tausenden Einzelne zermalmt wie ein Mühlstein die Weizenkörner." Die paar Tage Republik, die cs damals in Lörrach und der Umgegend gab, waren gebrandmarkt durch Plünderungen öffentlicher Kassen, Er- pressungen bei Privatleuten und Verhaftungen ganz un- schuldiger, wehrloser Menschen. Zu Werkzeugen und Agen- ten der Republik warfen sich Die auf, die, wie an Glauben und Sitten, so an ihren Finanzen Schiffbruch gelitten hatten, und wo nur im kleinsten Dorfe ein so verdorbenes Subjekt sich fand, war es als Theilnehiner und Förderer des frevelhaften Unternehmens willkommen und spielte in seiner Eitelkeit auf einige Zeit eine Rolle. Ein alter kränk- licher Pfarrer wurde angeblich wegen Widersetzlichkeit vor das Revolutionsgericht nach Müllheim geschleppt, wo ein verdorbener Bäcker und zwei bankrotte Kaufleute als „Kom- missäre" der s. g. republikanischen Regierung tagten. Und wie brüderlich der für Freiheit, Gleichheit und Brü- derlichkeit schwärmende Struve handelte, erfuhren die zum Theil durch Zwang gepreßten Thcilnehmer des bewaffneten Aufstandes, als sie in wilder Flucht vor dem Großherzog- lichcn Militär davoneiltcn und er ihnen nachrief: „Wollt ihr stehen bleiben, ihr Viehvolk! Zurück, ihr Hunde, dort- hin geht und schießt." Struve selbst nebst seiner überspann- ten Frau wurde auf der Flucht ergriffen und von Solchen,

5. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 299

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
299 herausbringen, als „Pardon!" dachte aber: „es würde nicht Viel helfen!" Der Leser denkt vielleicht auch, jetzt wird der Fran- zose den Husaren zusammenhauen, und freuet sich schon darauf. Allein das könnte mit der Wahrheit nicht bestehen. Denn wenn das Herz bewegt ist, und vor Schmerz fast brechen will, mag der Mensch keine Rache nehmen. Da ist ihm die Rache zu klein und verächtlich, sondern er denkt: Wir sind in Gottes Hand, und will nicht Böses mit Bö- sem vergelten. So dachte der Franzose auch, und sagte: „Daß Du mich mißhandelt hast, das verzeihe ich Dir; daß Du meine Eltern mißhandelt und zu armen Leuten gemacht hast, das werden Dir meine Eltern verzeihen; daß Du meine Schwester in den Brunnen geworfen hast und ist nimmer davon gekommen, das verzeihe Dir Gott!" — Mit diesen Worten ging er fort, ohne dem Husaren das Geringste zu Leide zu thun, und es ward ihm in seinem Herzen wieder wohl. Dem Husaren aber war es nachher zu Muthe, als wenn er vor dem jüngsten Gericht gestanden hätte, und hätte keinen guten Bescheid bekommen. Denn er halte von dieser Zeit an keine ruhige Stunde mehr, und soll nach einem Vierteljahr gestorben sein. Merke: Man muß in der Fremde Nichts thun, worüber man sich daheim nicht darf finden lassen. Merke: Es gibt Unthaten, über welche kein Gras wächst. Hebn. 47. Ein guter Sohn, der im Glücke sich nicht seiner geringen Eltern schämt. In dem Regiment des berühmten, von Friedrich dem Großen hoch geehrten Generals von Ziethen, stand auch ein Rittmeister, mit Namen Kurzhagen. ' Er war klug, tapfer und hatte ein kindliches Gemüth. Seine Eltern waren arme Landleute im Mecklenburgischen. Mit dem Verdienstorden auf der Brust rückte er nach Beendigung des siebenjährigen Krieges in Parchim ein. Die Eltern waren von ihrem Dörfchen nach der Stadt gekommen, um ihren Sohn nach Jahren wieder zu sehen, und erwarteten ihn auf dem Markte. Wie er sie erkannte, sprang er rasch vom Pferde und umarmte sie unter Freu- denthränen. Bald darauf mußten sie zu ihm ziehen und aßen allezeit mit an seinem Tische, auch wenn er vornehme Gäste hatte.

6. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 307

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
307 Noch heut' so reich, als du bist gewesen ewiglich; mein Ver- trauen steht ganz zu dir," und mit dem Vers aus Paul Gerhard's Liede: „Schickt uns Gott ein Kreuz zu tra- gen, dringt herein Angst und Pein, sollt' ich drum verza- gen?" Ober sie sagte zu der sorgenden Mutter: Liebe Mut- ter, weine nur nicht; wir wollen recht beten und arbeiten; wenn ich aus der Schule komme, will ich fleißig Strohhüte flechten; der liebe Gott wird uns nicht verlassen!" — So verging fast ein Jahr nach des Vaters Tode; die Wittwe hielt mit ihrem einzigen Kinde sparsam und treulich Haus, und Beide hatten durch Gottes Segen keinen Mangel. Das Magdlein ging fleißig zur Schule, flocht-nach der Schule eben so fleißig Stroh zu Hüten; seine einzige äußerliche Un- terhaltung und Freude war eine Henne, die sich die kleine Waise vom Küchlein auferzogen und mit den abgesparten Brotkrumen ernährt hatte. Eines Tages, in der Erntezeit, geht die Mutter zu einem Bauer in dem nächsten Dorfe, um bei diesem Hafer rechen zu helfen; das Mägdlein aber geht nach seiner Gewohnheit in die Schule, und setzt sich, sobald es nach Hause gekommen, vor die Thür seiner Hütte hin, um Stroh zu Hüten zu flechten. Da kommt ein Nach- barsmädchen von zwölf Jahren, ein Kind von sehr wilder Art, und will Rosinen nöthigen, mit ihr herumzusprin- gen und Muthwillen zu treiben. Die kleine, fromme Waise will das nicht. Hierüber erzürnt, reißt sie das stärkere Nach- barsmädchen zu Boden, und knieet ihr auf den Leib, bis das Kind vor Schmerzen laut aufschreit. Als die Mutter des Abends von der Arbeit nach Hause kommt, klagt ihr die Kleine, was ihr geschehen sei. Die Mutter aber meint, es werde ihr wohl nicht viel Schaden gethan haben, und geht mit dem Kinde schlafen. Am Morgen aber klagt dieses sehr über Schmerz in seinem Leibe, kann schon nicht mehr auf- stehen, und auch durch die von einem guten Arzte in Dres- den gebrauchten Arzeneimittel werden die Schmerzen nicht gelindert, sondern immer nur größer. Da bittet das Mägd- lein seine Mutter, sie solle ihm doch den Seelsorger holen lassen, daß er mit ihr bete wie mit ihrem Vater, denn sie werde sterben. Die Mutter sagt: „Mein liebes Kind, wen hätte dann ich? Du bist noch mein Trost. Du wirst ja nicht sterben wollen!" — Das Kind antwortet: „Liebe Mutter, Gott muß Euer Trost sein; vertrauet nur ihm! Wisset Ihr nicht, wie wir singen: „„Weil du mein Gott und Tröster bist, dein Kind du wirst verlassen nicht?" " Lasset nur den Herrn 20* »

7. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 311

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
311 53. Franziska. In einem unscheinbaren Dörfchen am Rhein saß eines Abends, als es schon dunkeln wollte, ein armer junger Mann, ein Weber, noch an dem Webstuhl und dachte während der Arbeit unter andern an den König Hiskias, hernach an Vater und Mutter, denen ihr Lebensfaden auch schon von der Spule abgelaufen war, hernach an den Groß- vater selig, dem er einst auch noch auf den Knieen gesessen und an das Grab gefolgt war, und war so vertieft in sei- nen Gedanken und in seiner Arbeit, daß er gar Nichts davon merkte, wie eine schöne Kutsche mit vier stattlichen Schim- meln vor seinem Häuslein anfuhr und stille hielt. Als aber Etwas an dem Schlosse der Thür drückte, und ein holdcö ju- gendliches Wesen trat herein von weiblichem Ansehen mit wal- lenden schönen Haarlocken, und in einem langen himmelblauen Gewand; und das freundliche Wesen fragte ihn mit mildem Ton und Blick: „Kennst Du mich, Heinrich?" da war ihm, als ob er aus einem tiefen Schlaf aufführe, und war so erschrocken, daß er nicht reden konnte. Tenn er meinte, es sei ihm ein Engel erschienen, und es war auch so Etwas von der Art, nämlich seine Schwester Franziska, aber sie le-bte noch. Einst hatten sie manches Körblein voll Holz barfmß mit einander aufgelesen, manches Biusenkörbchen voll Erdbeeren am Sonntag mit einander gepflückt und in die Stadt getragen, und auf dem Heimwege ein Stücklcin Brot mit einander gegessen, und Jedes aß Wenig davon, da- mit das Andere genug bekäme. Als aber nach des Vatrrs Tode die Armuth und das Handwerk die Brüder aus der elterlichen Hütte in die Fremde geführt hatte, blieb Fran- ziska allein bei der alten gebrechlichen Mutter zurück, und pflegte ihrer also, daß sie dieselbe von dem kärglichen Ver- dienst ernährte, den sie in einer Spinnfabrik erwarb, und in den langen schlaflosen Nächten mit ihr wachte und aus einem alten zerrissenen Buche aus Holland erzählte, von den schönen Häusern, von den großen Schiffen, von der grau- samen Seeschlacht bei Doggersbank, und ertrug das Alter und die Wunderlichkeit der kranken Frau mit kindlicher Ge- duld. Einmal aber früh um zwei Uhr sagte die Mütter: „Bete mit mir, meine Tochter. Diese Nacht hat für mich keinen Morgen mehr auf dieser Welt!" Da betete und schluchzte und küßte das arme Kind die sterbende Mutter, und die Mutter sagte: „Gott segne dich und sei" — und

8. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 312

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
312 nahm die letzte Hälfte ihres Muttersegens: „und sei dein Begleiter!" mit sich in die Ewigkeit. Als aber die Mutter begraben und Franziska in das leere Haus zurückgekommen war, und betete und weinte, und dachte, was jetzt aus ihr werden solle, sagte Etwas in ihrem Inwendigen zu ihr; „Geh nach Holland!" und ihr Haupt und ihr Blick richtete sich langsam und sinnend empor, und die letzte Thrä- ne für diesmal blieb ihr in dem blauen Auge stehen. Als sie von Dorf zu Stadt, und von Stadt zu Dorf betend und bettelnd und Gott vertrauend nach Holland gekommen war, und so Viel ersammelt hatte, daß sie sich ein sauberes Kleid- lein kaufen konnte, in Rotterdam, als sie einsam und ver- lassen durch die wimmelnden Straßen wandelte, sagte wieder Etwas in ihrem Inwendigen zu ihr: „Geh in selbiges Haus dort mit den vergoldeten Gittern am Fenster." Als sie aber durch den Hausgang an der mar- mornen Treppe vorbei in den Hof gekommen war, denn sie hoffte zuerst Jemand anzutreffen, ehe sie an einer Stuben- thür anpochte, da stand eine betagte freundliche Frau von vornehmem Ansehen in dem Hofe, und fütterte das Geflü- gel, die Hähne, die Tauben und die Pfauen. „Was willst Du hier, mein Kind?" Franziska faßte ein Herz zu der vornehmen freundlichen Frau, und erzählte ihr ihre ganze Geschichte. „Ich bin auch ein armes Hühn- lein, das Eures Brotes bedarf," sagte Franziska, und bat sie um Dienst. Die Frau aber gewann Zutrauen zu der Bescheidenheit und Unschuld und zu dem nassen Auge des Mädchens, und sagte: „Sei zufrieden, mein Kind, Gott wird Dir den Segen Deiner Mutter nicht schuldig bleiben. Ich will Dir Dienst geben und für Dich sorgen, wenn Du brav bist." Denn die Frau dachte: „Wer kann wissen, ob nicht der liebe Gott mich bestimmt hat, ihre Vergelterin zu sein!" und sie war eines reichen Rotterdamer Kaufmanns Wittwe, von Geburt aber eine Engländerin. Also wurde Franziska zuerst Hausmagd, und als sie gut und treu er- funden ward, wurde sie Stubenmagd, und ihre Gebieterin gewann sie lieb, und als sie immer feiner und verständiger wurde, wurde sie Kammerjungfer. Aber jetzt ist sie noch nicht Alles, was sie wird. Im Frühling, als die Rosen blühten, kam aus Genua ein Vetter der vornehmen Frau, ein junger Engländer, zu ihr auf Besuch nach Rotterdam, er besuchte sie fast alle Jahre um diese Zeit, und als sie Eins und das Andere hinüber und herüber redeten, und der Vetter er-

9. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 255

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
255 brermädchen, und den Milchmann und die Gartenfrau auch. Und als es still schweigt, rauscht schon der Wind und die Tropfen fallen gegen die Fensterscheiben. Die Kleine aber wundert sich und spricht mit leuchtenden Augen: „Das hat mal schnell geholfen!" 2. T/as denrstth ige Kind. Melanchthon, Luthers Freund, hatte ein Töchterlein; die war ein gar holdseliges frommes Kind. Als sie aber einmal weggegangen, und über die Gebühr lange ausgeblieben war, fragte sie der Vater, was sie der Mutter nun wohl sagen wolle, wenn diese sie tüchtig ausschelte. „Nichts," entgcg- nete das Kind; und das machte dem Vater eine sonderliche Freude, denn böse Kinder wissen immer Viel zu sagen, wenn sie gescholten werden um ihres Ungehorsams willen. « 3. Die Verzeihung. Sophie, ein sechsjähriges Mädchen, saß einst vor der Hausthür und spielte. Sie hatte ihr ganzes kleines Kuchen- geschirr vor sich, backte und kochte nach Herzenslust und war so recht vergnügt. — Da kam ihr Bruder Anton, setzte sich lachend zu ihr und sprach: Nun, da du so schöne Kuchen ge- backen hast, will ich mich zu Gaste bitten! Hiermit griff er nach den Tellerchen und ließ zwei der schönsten zur Erde fallen. Jetzt nahm er auch die übrigen Schüsseln, schüttete alles, was daraus war, weg, und verdarb seiner guten Schwe- ster die ganze Freude. Sophiens Augen füllten sich mit Thränen, allein kein böses Wort entschlüpfte ihrem Munde. Sie sammelte die Scherben der zerbrochenen Teller, packte Alles zusammen und ging still ins Haus zurück. Anton lief auch fort, und kam erst zur Essenszeit wieder, weil er fürchtete, Sophie habe ihn seines Muthwillens wegen bei den Eltern verklagt. Aber auch dies hatte die gute Schwester nicht gethan; Anton bekam al|o keine Strafe. — Am Abend umarmte er sein Schwesterchen, weinte und sagte: Sophie, du bist doch besser als ich! Es war recht schlecht von mir, daß ich dein Spiel verdarb, und du hast nicht einmal darüber gescholten, sondern mir so gerne verziehen. Willst du mir einen Gefallen thun, so nimm von mir dies schöne Pennal, welches dir neulich so wohl gefiel. Thue es nur, dann erst bin ich wieder vollkom- men ruhig. — Sophie nahm das Geschenk an und sagte: Sei nur zufrieden, lieber Anton, ich bin ja nie böse mit dir l

10. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 266

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
266 (es sind schon einige Monate her), daß man denen, die uns umgeben, Gutes thun und ihnen von dem Herrn Jesus er- zählen müsse. _ Das verstand ich nicht sehr gut anzufangen; da ich hier niemand hatte, der mich unterrichtete, so hab ich gedacht, du mußt es versuchen, vielleicht, indem du es ver- suchst, lernst du es besser. Drauf sagte ich zu den andern Kin- dern in der Grube, ich wolle ihnen, wenn sie mit mir kämen, Etwas von dem Heilande erzählen, was ich in der Schule da oben bei Ihnen gelernt hätte. Sie kamen. Diesen Ort haben wir zu unsrer Versammlung zurechtgemacht. Ich habe ihnen aus dem neuen Testament vorgelesen, das Gelesene erklärt und nachher das Gebet verrichtet." Noch einiges An- dere erzählte das Kind und das Herz des würdigen Christen klopfte vor Freude. Er mußte aber zurück aus diesem un- terirdischen Betsaale. Als er sich anschickte, nach dem Loche, durch welches er gekommen, wieder hinauf zu klimmen, hielt ihn das Kind am Arme und sagte: „Sehen Sie hier noch, Herr Lehrer, das ist unsere Missionsbüchse. Wenn wir zum Gebet hier zusammenkommen, legt jeder seine Stüber da- hinein." Es bestand aber diese Missionsbüchse aus einer einfachen Vertiefung, welche von den Kindern in die Slein- kohlenwand gehauen war. „Aber nimmt man euch," sagte der Lehrer, „aus diesem offenen Loche das Geld nicht weg?" „O nein," lautete die kindliche Antwort. „Dies Geld ge- hört dem Herrn und niemand würde wagen, eö anzutasten. Wenn das Loch voll ist, leeren wir's und tragen's zur Mis- sionsgesellschaft. Wir haben's schon einmal geleert; es wa- ren 12 Schillinge (4 Thlr.) darin!" Da siehest du, wie Kinder die Missionsbüchse füllen und den armen Heiden Gutes thun können. 17. Das Glücksspiel. Friedrich N., ein kleiner Knabe, der noch die Schule besuchte, hatte einen frommen, weisen Vater. Der Vater warnte ihn oft, er solle sich ja vor allen Glücksspielen und überhaupt vor allem Spiel um Gewinn hüten, weil man dadurch gewinnsüchtig oder verschwenderisch werde und die Zeit verderbe. Er folgte auch dem Vater lange und blieb weg, wenn Knaben beisammen saßen, um Spiele mit Wür- feln und andere Glücksspiele zu treiben; und wenn sie ihn riefen, so dachte er: Der Vater hats verboten! und rief ihnen kurz und gut zu: Ich mag nicht! Da war einmal Jahrmarkt im Dorfe. Eö kamen Leute,
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