68
Erste Periode des Mittelalters.
er die Bistümer Salzburg, Freisingen, Regensburg, Passau, Würzburg, Erfurt, Büraburg bei Fritzlar, Eichstädt und richtete sein besonderes Augenmerk auf den Lebenswandel und die geistige Regsamkeit der Geistlichen. Zu dem Ende berief er Synoden, ließ heilsame Gesetze aufstellen und verbot den Geistlichen die Teilnahme an Jagden und Kriegszügen. 745 brachte er auf einer allgemeinen fränkischen Kirchenversammlung die Oberhoheit des Papstes für die gesamte fränkische Kirche zur Anerkennung. Mainz wurde zum Erzbistum erhoben und Bonifacius durch Ptpirt den Kleinen 748 zum bleibenden Wohnsitz übergeben. Von Mainz aus leitete Bonifacius die ganze Kirche Deutschlands mit Kraft und Wohlwollen, sodaß er in Wahrheit ein Wohlthäter für Deutschland geworden ist. Der Bekehrungseifer aber erfüllte selbst noch die Brust des hochbetagten Greises. Es zog ihn unwiderstehlich hin nach Fries land, gleichsam als solle er sein verdienstliches Werk in dem Lande be-
schließen, wo er es begonnen hatte. Von geheimer Todesahnung erfüllt, traf er seine letzten Anordnungen. Nach einer kurzen, glücklichen Fahrt den Rhein hinab langte er mit zahlreichem Geleite an und ließ sich zu D o k k u m nieder, wo er in seinem Wirken bald guten Erfolg hatte. Als er aber am 5. Juni 755 Bekehrte zur Taufe erwartete, brach eine Schar heidnischer Friesen hervor, um den Sturz der Götzenbilder zu rächen. Ohne mit seinen Gehilfen Widerstand zu leisten, fiel er, das Evangelienbuch in der Hand haltend , unter den Axthieben dieser Heiden und starb mit 52 seiner Gefährten den Märtyrertod. Seine Leiche fand seinem Wunsche gemäß ihre Ruhestätte in dem von ihm gegründeten Kloster Fulda.
Der Ausbau des Werkes, zu dem Bonifacius in Deutschland den Grund gelegt hatte, wurde von seinen Schülern unter dem
Schutze der Frankenherrschaft fortgesetzt. Christliche Kultur und Sitte löschten allmählich die Spuren des Heidentums aus. Auch äußerlich gedieh die Kirche. An den Bischofssitzen entstanden prächtige Kirchen (Dome) und bischöfliche Pfalzen; Handwerker, Freie und Edle zogen hinzu, sodaß diese Orte zu prächtigen Städten aufblühten. Die zu einem Dome gehörende Geistlichkeit bildete später das Domkapitel, woraus gewöhnlich der Bischof hervorging, der entweder von dem Domkapitel gewählt oder von dem Landesherrn ernannt wurde. Mehrere Bistümer wurden zu einem Erzbistum vereinigt.
Die Klöster. Wichtige Kulturstätten wurden die Klöster. In
fruchtbarer Gegend angelegt, gaben sie die Anregung zur Bebauung
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Extrahierte Personennamen: Bonifacius Fries
Extrahierte Ortsnamen: Regensburg Passau Würzburg Erfurt Büraburg Fritzlar Mainz Mainz Deutschlands Deutschland Rhein Fulda Deutschland
§. 2, 10. Die Wiedertäufer.
39
Der Zweck des Ordens war der Kampf gegen den Protestantismus und die Geistesfreiheit, welche durch die Reformation geweckt worden war. Die Ketzer sollten in den Schoß der „allein seligmachenden Kirche" zurückgeführt, die Ungläubigen bekehrt werden. Zugleich aber war das Streben des Ordens aus die Beherrschung der Kirche selbst gerichtet. Gut und recht sollte sein, was dem Orden nützte. Alles geschah „zur größeren Ehre Gottes." Seine innere Gliederung erhielt der Orden durch den zweiten General Lainez und den fünften, Aquaviva. Der blindeste Gehorsam herrscht im Orden; das Wort des Generals gilt gleich dem Gebot einer übermenschlichen Macht. Die Persönlichkeit des Einzelnen muß dem Ganzen sich fügen; der Orden verlangt ein gemeinsames Streben, einerlei Rede und kennt keinen Widerspruch, keine Weigerung, kein Markten. Alle Glieder des Ordens sind in vier Klassen eingeteilt. Dem General zur Seite stehen vier Assistenten, unmittelbar unter ihm die Superioren der Provinzen und die Rektoren der Bezirke. Die Beförderung von einer Stufe zur andern ist der Willkür des Generals überlassen; ein Recht auf Beförderung kennt er nicht. Jeder einzelne hat feinen Aufpasser; einer wird durch den andern beobachtet, überwacht und angegeben. Alle acht Tage müssen die jüngeren beichten; sie werden angehalten, auch ihre geheimsten Gedanken zu offenbaren. Alle Glieder des Ordens hängen wie ein unauflöslich ineinander geschlungenes Gewebe zusammen, dessen äußerste Fäden der General in der Hand hält. An ihn gehen aus allen Gegenden der Welt zu bestimmten Zeiten Berichte über die Ordensglieder aller Grade ein.
Der Jesuitenorden sucht in alle Verhältnisse des Lebens einzugreifen und der wichtigsten Posten sich zu bemächtigen. Ihre Mitglieder treten auf als Lehrer der Jugend, als Bußprediger, als Handelsleute, Heidenbekehrer, als Beichtväter der Fürsten, als Staatsmänner. In ihren Schulen täuschen sie durch äußeren Schein. Dieselben bieten ihnen Gelegenheit, nicht nur die Grundsätze des Ordens zu verbreiten, sondern auch Zöglinge sür den Orden zu bilden und zu gewinnen. Sie sehen dabei nicht bloß auf körperliche und geistige Tüchtigkeit, sondern auch auf vornehme Herkunft und Reichtum ; denn der Novize muß feine Güter und Erbanfprüche dem Orden überlassen. Eine bedeutende Macht erlangten die Jesuiten als Seelsorger und Beichtväter bei den Fürsten, den vornehmen Ständen und dem Volke; ihre feinen Sitten, ihre Gewandtheit und Klugheit, ihre gefällige Moral, welche niemals ein geängstigtes Gewissen im Stiche
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§. 12, 6. Friedrich Wilhelm I. von Preußen.
193
größeren Einheit in der Verwaltung setzte er das Generaldirektorium ein, eine oberste Verwaltungsbehörde, die alle Zweige der Staatsverwaltung in sich vereinigte und in allen wichtigen Fragen ihre Weisung vom König erhielt.
Den Wohlstand seiner Unterthanen hob er durch Förderung des Ackerbaues und des Gewerbes. Er gab Anregung zum Anbau wüster Länderstrecken und hatte für die Beschaffung der dazu nötigen Bedürfnisse eine offene Hand. 20 000 Lutheraner, die ihres Glaubens wegen 1731 vom Erzbischof Firmian aus Salzburg vertrieben worden waren, nahm er in sein Land auf. Er siedelte sie in der durch Pest und Hunger entvölkerten Provinz Preußen an und gewährte ihnen außer den Ländereien auch Vieh und Ackergeräte. Dem Gewerbe seines Landes half er, teilweise freilich auf Kosten des Handels, dadurch aus, daß er ein fcharfes Schutzzollsystem einrichtete und die Einfuhr einzelner fremder Fabrikate zu Gunsten einheimischer verbot. So schützte er z. B. die Wollmanusaktur durch Verbot der modischen Kattune des Auslandes und hielt auf strenge Durchführung desselben. Er sorgte auch für eine Verbesserung der Rechtspflege und erließ Vorschriften über Vereinfachung und Beschleunigung des Prozeßverfahrens. Gegen Diebstahl, Raub und Betrug wurden strenge Maßregeln ergriffen; dem Unfug der Hexenprozefse wurde ein Ende gemacht. Die Einkünfte des Staates mehrte er durch Erneuerung und Verschärfung der Verbrauchssteuer. Die Rittergüter, die bis dahin nur zu Leistungen in Kriegszeiten verpflichtet waren, zog er zu regelmäßiger Jahressteuer heran. Dem Adel, der gegen diese Neuerung Widerspruch erhob, gab er seine absolute Regierungsweise durch die charakteristischen Worte kund, daß er „die Souverainete stabilere wie einen Rocher von Bronce".
Große Verdienste erwarb sich der König um die Volksb il-dung. Er begünstigte die Wirksamkeit der Kirche zur Befestigung und Verbreitung wahrer Religiosität im Volke, sorgte für Erbauung von Kirchen und Wohlthätigkeitsanstalten, erließ eine Kirchenordnung, durch welche in den Provinzen geistliche Inspektoren, in den einzelnen Gemeinden Kirchenvorsteher eingesetzt wurden, führte den Konfirmandenunterricht ein und ließ Erbauungsbücher unter das Volk verbreiten. Von der pedantischen Weise der Gelehrten dachte er gering. Akademie und Universitäten ließ er zwar bestehen, aber da er das Wesen der Wissenschaften zu wenig würdigte, konnten diese Anstalten seine Gunst nicht gewinnen. Doch stiftete er den
(Saffians Weltgeschichte. Iii. 5. Stuft. t>. Ph. Beck. 13
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_I._von_Preußen Friedrich Wilhelm_I.
§. 17. Der Kulturzustand Europas im zweiten Zeitraum. 225
und Schrift für die Herrlichkeit der christlichen Religion auf. Ein Schüler Franckes war der Graf Nikolaus Ludwig von Zinzen-dorf (f 1760), welcher die Überreste der böhmischen und mährischen Brüder aus seinem Gute Berthelsdorf in der Lausitz sammelte und aus ihnen 1722 die erneuerte Brüdergemeinde zu Herrnhut bildete. Als daraus viele Auswanderungen aus Böhmen und Mähren erfolgten, erhob die kaiserliche Regierung Beschwerde beim Kurfürsten von Sachsen, und dieser verbot die Aufnahme. Dagegen gaben Preußen, Schweden und Polen den frommen Brüdern ein Asyl. Diese entfalteten alsbald nach außen eine bedeutende Thätigkett, sandten Missionare zu den Eskimos in Grönland, zu den Hottentotten in Afrika und stifteten Brüdergemeinden in Deutschland, England, Rußland und Nordamerika.
In England war durch Georg Fox (f 1691) die Sekte der Quäker gestiftet worden, welcher William Penn 1681 in der von ihm gegründeten Kolonie Pennsylvanien ein neues Asyl bot. Eine andere religiöse Erregung ging von John Wesley (f 1791) aus, der in Oxford aus jungen Studenten den Verein der Methodisten bildete, die durch religiöse Übungen, streng sittlichen Wandel und eifrige Sorge um das verwahrloste Volk sich auszeichneten und in England und Nordamerika eine erfolgreiche Wirksamkeit entfalteten.
Die katholische Kirche suchte durch Stiftung neuer Orden der religiösen Erschlaffung entgegen zu wirken und sich in Amerika, Indien und China neue Länder zu erschließen. Zu dem im 16. Jahrhundert gestifteten Orden der volkstümlichen Kapuziner wurde durch den französischen Abt La Rattee 1664 in dem Kloster La Trappe der strenge Orden der Trappisten errichtet, welcher die Pflege der Wissenschaft und selbst das Gespräch ausschloß. La Salle (f 1719) ries in Frankreich den Orden der Schulbrüder ins Leben, der sich des verwahrlosten Volksschulwesens annahm. Mit der Krankenpflege befaßte sich der von Vineenz von Paula 1629 gestiftete Orden der barmherzigen Schwestern. Aus dem Gebiete der Mission wirkte die Gesellschast zur Ausbreitung des Glaubens, sowie der Jesuitenorden (§. 2, 10). Da letzterer jedoch in alle Lebensverhältnisse eindrang und seine Macht mißbrauchte, so wurde
er 1773 durch Papst Clemens Xiv. (den ehemaligen Kardinal Gatt-gatielli) aufgehoben. *)
^>iu_ \ Ii. stellte den Drben 1814 wieder her, und seitdem war derselbe unablässig thätig, sein früheres Ansehen wieder zu gewinnen. Im
^ahre 1848 wurde der Orden abermals aus Deutschland und Italien
Cassians Weltgeschichte. Iii. 5 Aufl. v. Ph. Beck. 15
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Extrahierte Personennamen: Franckes Nikolaus_Ludwig_von_Zinzen-dorf Nikolaus Ludwig Georg_Fox William_Penn John_Wesley Paula Clemens_Xiv
Extrahierte Ortsnamen: Europas Sachsen Schweden Polen Afrika Deutschland England Nordamerika England Pennsylvanien Oxford England Nordamerika Amerika Indien China La_Rattee Frankreich Deutschland Italien
Cassians_Weltgeschichte
388
Dritte Periode der Neuzeit.
großes Aufsehen, allmählich aber trat sie wegen Mangels echt christlicher Anschauung in den Hintergrund. Eine bedeutende Macht entfaltete in der jüngsten Vergangenheit die katholische Kirche unter der Einwirkung des Jesuitenordens. Nachdem schon 1864 Papst Pius Ix. eine große Anzahl moderner Ansichten über Politik und soziales Leben verdammt hatte, berief er 1869 ein Konzil nach Rom, dessen Aufgabe es war, die päpstliche Unfehlbarkeit in Sachen des Glaubens und der Sitte als Dogma, d. i. als absoluten Glaubenssatz, aufzustellen. Die Nachgiebigkeit der anfangs widerstrebenden, namentlich deutschen Bischöfe vermochte die ablehnende Bewegung in Deutschland nicht zum Schweigen zu bringen: es bildeten sich vielmehr „ a l t k a t h o l i s ch e" Gemeinden, welche das Unfehlbarkeitsdogma zurückwiesen. In der evangelischen Kirche trat eine Partei auf, die ein oberflächliches, gehaltloses Vernunftchristentum aufstellte und mit dem Namen Lichtfreunde bezeichnet wurde. Es entstanden sogenannte freie Gemeinden, denen ein Toleranzedikt im Jahre 1847 die bürgerlichen Rechte zuerkannte. Erfreulicher war, daß sich zur Unterstützung armer evangelischer Gemeinden in katholischen Landen der Gustav-Adols-Verein bildete. Zum Schutz der evangelischen Christen im Orient gründete Friedrich Wilhelm Iv. von Preußen mit der Königin von England ein evangelisches Bistum in Jerusalem.
Auf keinem Gebiete der wissenschaftlichen Forschung ist im 19. Jahrhundert mehr geleistet worden, als auf dem der Naturwissenschaften, und hier war es vor allen Alex. v. Humboldt (1769 — 1859), welcher nach allen Seiten hin thätig anregte. Er hat in seinem „Kosmos" die Ergebnisse seiner eignen wie anderer Reisen und Forschungen niedergelegt und zuerst eine gründliche, wahre Weltbeschreibung vom physikalischen Standpunkte aus verfaßt. In der Naturgeschichte hat Oken ein vollständiges, scharf gegliedertes System aufgestellt, Cuvier die vergleichende Anatomie auf die Reste vorweltlicher Tiere angewandt. Ehrenberg mit Hilfe des vervollkommneten Mikroskops die Welt der Jnsusionstiere durchforscht. Um die Mineralogie erwarben sich Werner in Freiberg, Leopold von Buch, Bischof in Bonn u. a. große Verdienste. Bedeutende Fortschritte machte das 19. Jahrhundert in der Erforschung des Weltraums. Noch zu Anfang desselben kannte man nur 7 größere Planeten; jetzt kennt man außer 8 größeren über 250 kleinere Planeten. Man hat neue Kometen entdeckt und ihre Bahnen berechnet, das Rätsel der Milchstraße und der Nebelflecken gelöst, die Stoffe der
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Ehrenberg Werner_in_Freiberg Leopold_von_Buch Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Rom Deutschland Gustav-Adols-Verein England Jerusalem Bonn
§. 41. Die Frauen im dritten Zeitraum.
407
Ehe zu verlangen, dafür aber den Frauen die Beschäftigung mit Kunst und Wissenschaft zu sichern, ihnen das Recht zu gewähren, in ihren Sitten, Lebensgewohnheiten und Trachten, wenn es ihnen gefalle, ganz den Männern nachahmen zu dürfen. Allein diese Ideen, welche den Frauen „Cigarre und Reitpeitsche" sichern sollten, haben wenigstens in Deutschland noch kein Glück gemacht. Männern und Frauen sind diese emancipierten Wesen aus mehr als einem Grunde zuwider, und das Institut der Ehe ist in dem staatlichen und sittlichen Leben so tief begründet, daß an ihm nie gerüttelt werden darf. Von der Natur und der Vorsehung ist das Leben der Frauen an die Ehe und an die Familie gebunden; ohne das Leben in der Ehe und der Familie ist ein geordnetes Staatswesen undenkbar, weil es jeglichen Halt verliert. Die Heiligkeit der Ehe preisgeben, würde gerade das Gegenteil von dem bewirken, was jene weltbeglückenden Schwärmerinnen erstrebten; die Frauen würden durch ihre natürliche Schwäche erliegen und weit größeres Leid erfahren, als dies jetzt möglich und ersichtlich ist.
13. Wendet man sich von diesen unweiblichen Bestrebungen einzelner ab und dem eigentlichen Berufs leb en der Frauen zu, so bietet sich das erfreuliche Bild, daß deutsche Frauen bei allen Gelegenheiten einen ihrer ausgeprägten Gesühlsrichtung entsprechenden regen Sinn bethätigt haben, wenn es galt, der armen und leidenden Menschheit Hilfe und Rettung zu bringen. Diese edle, aufopfernde Thätigkeit haben die deutschen Frauen niemals großartiger bekundet, als in den Zeiten des deutschen Befreiungskrieges und des letzten französischen Krieges. Frauen und Jungfrauen pflegten allenthalben die Verwundeten, speisten die Hungrigen und besorgten die Krankenhäuser mit Gefahr des eignen Lebens. Mit Thränen des tiefsten Schmerzes haben sie ihren Angehörigen die Waffen in die Hand gegeben, und mit ihrem Segen haben sie dieselben in den Kampf ziehen lassen.
Auf dem Gebiete der Wohlthätigkeit, der Förderung allgemein menschlicher Zwecke, der Linderung großer Not und der Hebung des geistigen und sittlichen Wohls der niederen Volksklassen ist die weibliche Thätigkeit mit ihrem praktischen Sinne, ihrer unermüdlichen Sorgfalt, ihrer vollständigen Hingebung und bewundernswerten Opferfreudigkeit bis zur Stunde auf die segensreichste Weise wirksam. Der Orden der „ barmherzigen Schwestern " und die auf dem Boden der evangelischen Kirche wirkenden „ Diakonissinnen " widmen sich der Krankenpflege in selbstloser Demut und Nächstenliebe; Be-wahr- und Pflegeanstalten, Arbeits- und Unterstützungsvereine ent-
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18
deutscher Pürsten zu Halle, der auf die süddeutschen wie auf Kaiser und König ausgedehnt wird zu Nürnberg 1538. Der wieder heftiger entbrennende Türkenkrieg veranlalst
1532 den milden Nürnberger Religionsfr ieden, wesentlich eine Wiederholung des ersten Speierer Reichstagsabschiedes. Wür-temberg, anfangs österreichischen Räten, seit 1522 dem Erzherzoge Ferdinand zur Verwaltung übergeben, wird 1534 wieder dem Herzoge Ulrich, den Landgraf Philipp von Hessen mit französischer Unterstützung zurückgeführt, überlassen durch den mit Ferdinand abgeschlossenen Vertrag zu Gadan (in Böhmen). Die Reformation wurde in Würtemberg durchgeführt unter Beitritt zum Schmalkaldischen Bund. Die auswärtigen Kriege, gegen Osmanen und Franzosen, halten den Ausbruch des Religionskrieges auf.
Gleichzeitig erhob sich der Aufruhr der Wiedertäufer in Münster 1534—1535. Schon 1532 hatte sich, besonders durch den Prediger Bernt (Bernhard) Rothmann, in Münster eine evangelische Gemeinde (anfangs lutherischer, dann zwinglischer Richtung) gebildet, die sich durch Philipps von Hessen Vermittlung 1533 auch gegen Bischof und Domkapitel behauptete Bewegungen der Gilden gegen den Rat gingen mit der kirchlichen Gärung Hand in Hand. Hier fanden wiedertäuferische Lehren, die, von den Zwickauer Schwarmgeistern und Thomas Münzer ausgehend, in Oberdeutschland und der Schweiz trotz aller Verfolgungen sich festgesetzt hatten, von den Niederlanden her durch Flüchtige und Sendboten (Jan Bockelson von Leiden, Jan Mathys aus Harlem) 1533 Eingang. Die Folge war eine politisch-kirchliche und soziale Umgestaltung der Stadt: Bernt Knipperdollingk wird Bürgermeister, die Wiedertäufer erhalten im Rate die Oberhand; alle Bücher werden verbrannt, Kunstwerke zerstört, Vielweiberei und Gütergemeinschaft eingeführt. Jan von Leiden wird König. Die Stadt wurde durch den Bischof mit Hilfe von Köln, Trier, Kleve und Hessen erobert und gezüchtigt.
1535 Karls V. Züge gegen die nordafrikanischen Raub-
staaten endeten glücklich gegen Tunis 1535, unglücklich gegen Algier 1541.
>36— Der dritte Krieg zwischen Karl V. und Franz I.
1538 wurde veranlalst durch Karls Weigerung, auch nach Franz Sforzas Tode (1535) den König mit Mailand zu belehnen.
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ulrich Philipp_von_Hessen Philipp Ferdinand Bernt Bernhard)_Rothmann Philipps Thomas_Münzer Jan_Bockelson Jan_Mathys Bernt_Knipperdollingk Karls V. Karls V. Karl_V. Karl_V. Franz_I. Karls Franz_Sforzas Franz
Extrahierte Ortsnamen: Würtemberg Hessen Oberdeutschland Hessen Tunis Algier Karls Mailand
128
Zweite Periode der neueren Geschichte.
und zwingt
ihn zur
Flucht.
Diejndepen-
deuten
bemächtigen
sich unter
Olivier
Cromwell der
Regierung.
Das Leben
Oliver
Cromwells.
glücklichen Schlachten bat der König, welcher sich in Oxford eingeschlossen
hatte, um Frieden; man traute ihm nicht. Als aber Oliver Cromwell
sich anschickte, Oxford zu belagern, entfloh Karl in der Kleidung eines
Reitknechtes nach Schottland; er hoffte, seine Landsleute würden ihn
retten. Als er aber ihre unbegränzten Forderungen nicht bewilligte,
lieferten sie ihil um 400,000 Pfund Sterling an das Parlament aus,
welches ihn auf dem Schlosse Holmbh einkerkerte.
Während dieser Vorgänge war neben den Katholiken, Episkopalen
und Presbyterianern noch eine vierte religiöse Gemeinde entstanden, die
der Independenten. Diese verwarfen die presbyterianischen, von den
Geistlichen beherrschten Kirchenversammlungen und nahmen für sich das
Recht in Anspruch, unmittelbar unter Jesus Christus zu stehen. Zu
den äußersten religiösen Schwärmern, welche im Heere der Indepen-
denten eine Rolle spielten, gehört ohne Zweifel Oliver Cromwell.
Oliver Cromwell war 1599 zu Huntington geboren, wo sein
Vater sich mit Landwirthschaft und Brauerei beschäftigte. In seiner
Jugend zeichnete er sich durch einen wilden und unbändigen Sinn, aber
auch durch außerordentliche Anlagen aus. Er führte einen leichtfertigen
Lebenswandel, gewann dem Studium der Rechtswissenschaft auf der
Universität keinen Geschmack ab und übernahm darum die väterliche
Brauerei. Nachdem er sich aber mit Elisabeth Boucher glücklich ver-
heirathet hatte, ward er Plötzlich ein anderer Mensch und ein guter
Hausvater. Er wandte sich mit vollem Eifer der Sache der Puritaner
zu, brachte ihr sein Vermögen zum Opfer und trat in's Parlament
(1625). Seine häßlichen Züge, seine bäurischen Manieren und sein
unklarer Vortrag ließen ihn aber damals trotz seiner großen Willens-
kraft und seines glühenden Eifers für die Sache des Volkes neben
andern bedeutenderen Rednern nicht aufkommen. Seit 1640 aber nahm
er an allen Vorgängen lebhaften Antheil; und bei dem Ausbruche des
Krieges bildete er eine Reiterschwadron, die siegreiche Schaar der schon
erwähnten „Eisenseiten". Er wußte seinen Leuten den ganzen purita-
nischen Fanatismus einzuflößen, der ihn selbst beseelte; Gesang und
Gebet wechselten in seinem Lager. So trat Oliver Cromwell, dem
das Heer des Parlaments mit großer Begeisterung folgte, allmählich
an die Spitze aller Unternehmungen.
Zwischen den Independenten, deren Haupt Cromwell war, und
den Presbyterianern, welche die Mehrzahl des Parlamentes bildeten,
entstanden jetzt Mißhelligkeiteu. Da der Krieg beendet schien, so woll-
ten Letztere die Armee vermindern. Die Independenten waren damit
gar nicht einverstanden, am allerwenigsten Cromwell, welcher seine Partei
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Extrahierte Personennamen: Olivier
Cromwell Oliver
Cromwells Oliver_Cromwell Karl Karl Jesus_Christus Oliver_Cromwell Oliver_Cromwell Elisabeth_Boucher Oliver_Cromwell Cromwell Cromwell
36
Erste Periode der neueren Geschichte.
Entstehung
dkê Jesuiten-
ordens.
Zweck und
Einrichtung
des Jesuiten-
ordens.
Scharfrichter Knipperdolling und sein Kanzler Krechting wurden ge-
fangen, beschimpft und verhöhnt, in mehreren Städten zur Schau herum-
geführt und zuletzt mit glühenden Zangen gezwickt. Ihre Leichname
wurden zum warnenden Beispiel in eisernen Käfigen am Lambertus-
thurm aufgehängt. Wer ani Leben blieb, erhielt Verzeihung. Die
Stadt Münster verlor durch diese unglückliche Begebenheit ihren Wohl-
stand, und die evangelische Lehre kam daselbst nicht wieder auf.
Ignatius von Loyola, aus spanischem Landadel, um das Jahr 1491
geboren, zeichnete sich im Kriegsdienst gegen die empörten spanischen Städte
aus. Bei der Vertheidigung von Pampelona (1521) gegen die Fran-
zosen wurde er so schwer verwundet, daß er zu fernerem Kriegsdienst
untauglich wurde. Angeregt durch Heiligenlegenden, welche er auf dem
Krankenlager mit großer Begeisterung gelesen hatte, beschloß er, sich
der geistlichen Ritterschaft zu widmen. Er hing sein Schwert in einer
Kirche auf, legte einen Sack und Strick um und zog bettelnd von
Dorf zu Dorf. Er glaubte die seltsamsten Erscheinungen zu sehen
und rühmte sich ihrer als göttlicher Offenbarungen. Durch übertriebene
Strenge gegen sich selbst steigerte er diese Schwärmerei; dreimal des
Tages geißelte er sich, sieben Stunden brachte er im Gebet zu, seine
Nahrung war Wasser und Brod, sein Lager die bloße Erde. Er
pilgerte 1523 nach Italien und Jerusalem. Nach Barcelona zurück-
gekehrt, begann Ignatius 1524 die lateinische Sprache zu erlernen,
besuchte sodann die Universitäten zu Salamanca und Paris und erlangte
1534 die philosophische Magisterwürde. In Paris verband er sich
mit sechs Gesinnungsgenossen zu einem Orden, welcher gelobte, allen
Gütern zu entsagen und sich der Belehrung der Ungläubigen zu
widmen. Den drei Mönchsgelübden, der Armuth, der Keuschheit und
des Gehorsams, wurde noch ein viertes, das des nnbedingten Gehor-
sams gegen den Papst, beigefügt. Da der Papst die Vortheile wohl
erkannte, welche eine solche Brüderschaft dem römischen Stuhle bringen
werde, so bestätigte er sie 1540 als Gesellschaft Jesu. Ihr erstes
Haupt (Ordensgeneral) war Loyola (4 1550); Rom wurde Sitz des
Ordensgenerals.
Seine innere Gliederung eryielt der Orden der Jesuiten durch
den zweiten General Lainez und den fünften, Aquaviva. Der höchste
Zweck des Ordens war die Herrschaft des Ordens. Gut und recht
sollte sein, was dem Orden nützte. Alles geschah zur größeren Ehre
Gottes. Die Ketzer sollten in den Schoß der „allein selig machenden
Kirche" zurückgeführt, die Ungläubigen bekehrt werden. Der blindeste
Gehorsam herrscht im Orden; das Wort des Generals gilt gleich dem
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Von der Reformation bis zum westfälischen Frieden.
37
Gebot einer übermenschlichen Macht. Die Persönlichkeit des Einzelnen
muß dem Ganzen sich fügen; der Orden verlangt ein gemeinsames
Streben, einerlei Rede, und kennt keinen Widerspruch, keine Weigerung,
kein Markten. Alle Glieder des Ordens sind in vier Klaffen ein-
getheilt. Dem General zur Seite stehen vier Assistenten, unmittelbar
unter ihm die Superioren der Provinzen und die Rektoren der Bezirke.
Die Beförderung von einer Stufe zur andern ist der Willkür des
Generals überlassen; ein Recht der Beförderung kennt er nicht. Jeder
Einzelne hat seinen Aufpasser; einer wird durch deu andern beobachtet,
überwacht und angegeben. Alle acht Tage muffen die Jüngeren beichten;
sie werden angehalten, auch ihre geheimsten Gedanken zu offenbaren.
Alle Glieder des Ordens hängen wie ein unauflöslich ineinander ge-
schlungenes Gewebe zusammen, dessen äußerste Fäden der General in
der Hand hält. An ihn ergehen aus allen Gegenden der Welt zu
bestimmten Zeiten Berichte über die Ordensglieder aller Grade ein.
Die Gesellschaft Jesu hat es sich zur Aufgabe gemacht, in alle
Verhältnisse des Lebens einzugreifen und der wichtigsten Posten sich zu
bemächtigen. Ihre Mitglieder treten auf als Lehrer der Jugend, als
Bußprediger, als Anführer grausamer Bauden, als Handelsleute,
Heidenbekehrer, als Beichtväter der Fürsten, als Staatsmänner. Die
Hauptrichtungen ihrer Thätigkeit sind der Jugendunterrichr, die Seel-
sorge und die Bekehrung der Ketzer und Ungläubigen. In ihren Schulen
täuschen sie durch äußeren Schein. Sie bieten ihnen Gelegenheit, nicht
nur die Grundsätze des Ordens zu verbreiten, sondern auch Zöglinge
für den Orden zu bilden und zu gewinnen. Sie sehen dabei nicht
bloß auf körperliche und geistige Tüchtigkeit, sondern auch auf vornehme
Herkunft und Reichthum; denn rer Novize muß seine Güter und Erb-
ansprüche dem Orden überlassen. Eine bedeutende Macht erlangten
die Jesuiten als Seelsorger und Beichtväter bei den Fürsten, den vor-
nehnien Ständen und dem Volke; ihre feinen Sitten, ihre Gewandtheit
und Klugheit, ihre gefällige Moral, welche niemals ein geängstigtes
Gewissen im Stiche ließ, machten sie allenthalben beliebt und erhoben
sie zu Rathgebern der Fürsten, zu Lehrern an Universitäten, zu Er-
ziehern fürstlicher Söhne. Auch in die bürgerlichen Verhältnisse drängten
sic sich allmählich ein, und es gab nicht leicht eine Schwierigkeit, welche
ihnen zu überwinden mißlungen wäre, da sie sich unablässig bemühten,
Allen Alles zu sein. In rer Bekehrung der Ketzer und Ungläubigen
bewiesen sie eine staunenswerthe Thätigkeit. Loyola zählte 1540 nur
10 Glieder, im 18. Jahrhundert umfaßte der Orden 22,600 Mit-
glieder. In vier Welttheileu waren die Jesuiten thätig, die römische
Die Haupt-
thätigkeit der
Jesuiten zeigt
sich im
Jugendunter-
richt, im
Beichtstuhl
und in der
Bekehrung
der Ketzer und
Ungläubigen.
Ihre Stärke,
ihr Reich-
thum u. ihre
Grundsätze
werden ge-
fährlich.
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