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1. Theil 2 - S. 27

1867 - Breslau : Max
Karl der Große. 25 56. Karl der Große, 768—814. Von Zeit zu Zeit läßt die göttliche Vorsehung Männer auf- treten, die, weit über ihre Zeitgenossen erhaben, durch ihren ho- hen Verstand verrathen, daß sie zum Werkzeuge ausersehen sind, die Menschheit schneller weiter zu fördern, als es nach deul lang- samen Gange der allmäligen Entwickelung geschehen wäre. Sol- cher Männer haben wir schon mehrere genannt, und ein solcher Mann war auch dieser Karl, den man mit Recht den Großen genannt hat (768—814). Seine Thaten und noch mehr sein stilles, aber kräftiges Wirken fielen wie erleuchtende Blitzstrah- len in das Dunkel der Unwissenheit und des Aberglaubens je- ner Zeit. Sein Vater war Pipin der Kleine, seine Mutter hieß Ber- tha. In Aachen wurde er geboren. Wild, ohne Unterricht wuchs er auf; denn man meinte damals, nur Mönche brauchten lesen und schreiben zu können, für Könige sei dies unnütz; und so hat er denn erst als mächtiger König schreiben gelernt: ein lebendiger Beweis, daß es nicht immer eine Schande ist, etwas nicht zu wissen, aber eine große, nichts lernen zu wollen. Elf Jahre war er alt, als der heilige Vater von Rom an den Hof Pipins kam. Stephan Ii., so hieß er, war von den Lan- gobarden aus Rom vertrieben und machte sich selbst auf, um den mächtigen Pipin um Hülfe zu bitten. Dreißig Meilen mußte der Knabe Karl denk ehrwürdigen Manne entgegenreisen; mit Ehr- furcht empfing er ihn und führte ihn bis zum Schlosse, wo Pi- pin damals Hof hielt (Pont-Pon, in der Nähe von Alen^on, südwestlich von Paris). Er war Zeuge, wie der alte Mann, das weiße Haupt mit Asche bestreut (so geziemte es einem Bittenden), sich vor Pipin auf die Erde niederwarf und flehentlich sein Ge- such anbrachte. Damals mochte er sich im Herzen geloben, künf- tig auch ein Beschützer der Kirchen und der Geistlichkeit zu wer- den, und er ist es auch geworden. Der Papst weihte ihn damals mit seinem Bruder Karl mann durch feierliche Salbung zum König der Franken ein. Auch fremde Gesandte aus Constanti- nopel und dem Morgenlande sah Karl zuweilen am Hofe seines Vaters und lernte von ihnen fremde Länder kennen. Ein solcher Gesandte brachte aus Griechenland eine Orgel mit, die erste, die man im Abendlande sah.

2. Theil 2 - S. 33

1867 - Breslau : Max
Karl der Große. 31 Baiern-Herzog Thassilo vor den Reichstag zu Worms und sandte, als er sich weigerte zu erscheinen, drei starke Heeres- säulen gegen ihn ab. Thassilo überrascht und rathlos, unter- warf sich. Aber schon 788 wurde er vor die Reichsversammlung zu Ingelheim bei Mainz geladen, um sich wegen eines ver- rätherischen Einverständnisses mit den Avaren zu vertheidigen; da es ihm nicht gelang, wurde er abgesetzt und mit den Seini- gen in ein Kloster gesteckt, Baiern aber nach fränkischer Weise eingerichtet. Gegen die oben erwähnten Avaren, die slavischen Nachbarn der Sachsen, wurde in den Jahren 791 — 798 ge- stritten. Karls Sohn, Pipin, erstürmte das befestigte Hoflager des avarischen Chans, den berühmten „Ring der Avaren", wo- selbst sich eine unermeßliche Beute vorfand; eine dauernde Un- terwerfung der mittlern und untern Donaugegenden aber ward doch nicht erreicht. Karl ist mehrmals in Rom gewesen; es gefiel ihm dort ganz vorzüglich; kein Wunder, da die Städte in Deutschland und Frankreich damals noch höchst elend gewesen sein mögen. Keine seiner Reisen dahin war aber von so wichtigen Folgen, wie die im Jahre 800. Die Veranlassung war folgende: Karl war eben in Paderborn, als päpstliche Boten zu ihm kamen und ihm den Papst Leo — Hadrian war vier Jahre vorher gestor- den — anmeldeten. Sie erzählten, bei einer Procession sei er von seinen Widersachern überfallen, fortgeschleppt, geschlagen und aufs äußerste gemißhandelt worden und fast nur durch ein Wunder dem Tode entgangen. Ein treuer Herzog habe ihn nach Spoleto gerettet, und jetzt komme er selbst, um den großen Karl um Hülfe anzuflehen. Karl empfing den heiligen Vater in Paderborn nach seiner frommen Weise mit großer Ehrer- bietung. „Ehre sei Gott in der Höhe!" rief Leo dem Könige und der versammelten Menge zu; viele tausend Stimmen riefen Amen; alle Anwesende fielen andächtig nieder und empfingen den Segen. Nun ward Leo am Hofe herrlich bewirthet und endlich ehrenvoll nach Rom zurückgesandt. Nächstes Jahr, so versprach Karl, wolle er selbst hinkommen und die Frevler be- strafen. Er kam auch und hatte hier eine angenehme Ueberraschung, wenn es ihm wirklich eine solche war. Als er nämlich am Weihnachtstage in der Peterskirche andächtig vor dem Altare gekniet und gebetet hatte und eben wieder aufstehen wollte, setzte

3. Theil 2 - S. 37

1867 - Breslau : Max
Karl der Große. 35 an seinem Hofe hatte er eine solche Schule angelegt, in welcher die Kinder seiner hohen oder niedern Hofbeamten unterrichtet wurden. Einmal ließ er alle diese Knaben zusammenkommen, um sie zu prüfen. Sie mußten ihm ihre Arbeiten vorzeigen — und da fand sich denn, daß gerade die Kinder der Vornehmen die schlechtesten, die der Geringern die besten Arbeiten geliefert hatten. Da stellte Karl diese zu seiner Rechten, jene zu seiner Linken und sprach zu den Fleißigen: „Habt vielen Dank, meine Söhne, daß ihr meinen Befehlen zu euerm eignen Besten nach Möglichkeit nachgekommen seid. Fahrt fort so fleißig zu sein! dann sollt ihr künftig einmal gute Aemter von mir erhalten." Run wandte er sein Gesicht nach der linken Seite und sprach mit furchtbarer Donnerstimme und blitzenden Augen, daß alle Kinder vor Angst hätten zu Boden sinken mögen: „Ihr Junker, ihr Söhne der Vornehmen, ihr Weichlinge mit den glatten Ge- sichtern, ihr habt euch auf eure Herkunft und eure Güter ver- lassen und eure Zeit mit Müßiggang hingebracht! Aber" — hier hob er drohend seine Rechte gen Himmel — „beim Könige des Himmels! ich mache aus eurem Adel und eurer Schönheit gar nichts! Wisset, daß ihr, wenn ihr nicht bald von eurer Faulheit ablaßt, nie wieder ein freundliches Wort von mir hören sollt!" Daß diese Rede gewiß bleibenden Eindruck gemacht haben werde, läßt sich leicht denken. Von Pracht war Karl kein Freund. Rur wenn fremden Gesandten Audienz gegeben wurde, erschien er in glänzender Kleidung. Dann trug er ein golddurchwirktes Kleid, die Schuhe und das Schwert mit Edelsteinen besetzt und auf dem Haupte eine goldene Krone. Dafür kleidete er sich alltags ganz einfach, nicht viel besser als jeder gemeine Mann. Er trug ein Wamms und Beinkleider von Leinwand, die ihm seine Frau und seine Töchter selbst gewebt hatten, einen Rock mit einem seidenen Auf- schläge und über die Strümpfe und Beinkleider kreuzweis bunte Binden gewunden; dazu noch zuweilen einen weißen oder grünen Mantel, und im Winter ein Wamms aus Ottersellen über Schulter und Brust. Sein Schwert mit goldenem Wehrgehenk und Griff — es ist noch übrig — war so schwer, daß ein Mann in unsern Tagen es kaum aufheben, geschweige schwingen kann. Aller kost- baren, besonders ausländischen Tracht war er ein großer Feind, und es ärgerte ihn immer, wenn seine Hofleute mit der deutschen Kleidung nicht zufrieden waren; diese Narrheit hatten also die 3*

4. Theil 2 - S. 43

1867 - Breslau : Max
Karl der Große. 41 scheu, auch selbst aus dem Gipfel irdischen Glanzes. Alles, was er am innigsten liebte, war jetzt todt; auch seine fünf Frauen, seine liebsten Freunde, viele seiner Kinder waren ihm vorangegangen in das Land, aus welchem Keiner wiederkehrt. Einsam war er, der gute Kaiser, zurückgeblieben; von seinen vielen Kindern lebten nur noch ein Sohn, gerade der unfähigste von allen, und vielleicht fünf Töchter. Sein Leben neigte sich nun zu Ende. Seine Gesundheit, sonst so fest, nahm zusehends ab, und den Rath der Aerzte verschmähte er, weil sie ihm sein Leibessen, gebratenes Fleisch, verboten. Da fühlte er seinen Tod herannahen. Er schickte nack) seinem noch einzigen Sohne Ludwig, der in Aqui- tanien (jetzt Guienne und Gascogne- König war, und ließ ihn nach Aachen kommen. In feierlicher Versammlung aller seiner Großen fragte er diese, ob sie ihn zum Herrn haben und ihm treulich gehorchen wollten, und Alle riefen: „Ja! das ist Gottes Wille!" — Am folgenden Tage ließ sich Karl, so schwach er auch war, noch einmal als Kaiser schmücken. In vollem kaiserlichen Ornate, die Krone auf dem Haupte, ging er in den selbsterbauten Münster, kniete in langem, stillem Gebete mit seinem Sohne vor denl Altare nieder und ermahnte ihn dann mit laut erhobener Stimme vor der zahlreichen Versammlung: vor allen Dingen den allmächtigen Gott zu fürchten und zu lieben, seinen Geboten in allen Wegen zu gehorchen und die Kirche Gottes gegen Ruchlose zu schirmen. Niemals möge er seine Gnade von seinen Schwestern und andern Verwandten abwenden, immer die Priester ehren, sein Volk wie ein Vater lieben, ein Tröster der Armen sein und zu allen Zeiten vor Gott unsträflich wandeln. „Willst du das Alles thun, mein lieber Sohn?" fragte er ihn zuletzt mit gerühr- ter Stimme. — „Mit Freuden will ich gehorchen," ries Ludwig mit Thränen aus, „und mit Gottes Hülfe Alles vollbringen, was du mir geboten hast!" — „Nun, so nimm", sagte der Kaiser, „die Krone mit eigenen Händen vom Altare und setze sie dir aufs Haupt." — Das geschah, und nun wankte der gute alte Herr, auf die Schulter seines Sohnes gestützt, wieder nach der Kaiser- burg zurück und pries sich glücklich, daß sein Auge noch seinen Sohn mit der Kaiserkrone gesehen habe. Im Januar des Jahres 814 befiel ihn das Fieber heftiger als zuvor. Da ließ er geschwind den Bischof Hildbald, seinen Vertrauten, holen und verlangte das Abendmahl zu genießen, um sich auf die letzte große Reise vorzubereiten. Vis zum folgenden

5. Theil 2 - S. 45

1867 - Breslau : Max
Ludwig der Fromme und seine Söhne. 43 einen so großen Mann, wie sein Vater gewesen war, solgte. In- dessen müssen wir von ihm rühmen, daß er ein gutmüthiger Mann war, dem es nie an gutem Willen, sondern nur an richtiger Be- urtheilungskraft fehlte. Gleich seine ersten Schritte zeigten sein gutes Gemüth. Er hielt einen Reichstag in Aachen, wo er er- klärte: er wünsche zu wissen, wem unter der Regierung seines Vaters Unrecht geschehen sei, dem wolle er es vergüten. Zu dem Ende schickte er ehrliche und zuverlässige Männer im ganzen Lande umher, die überall forschen mußten, wer über etwas zu klagen hätte. Da fanden sich denn nicht Wenige, denen, ohne Karls Vorwissen, von eigenmächtigen Grasen zu nahe getreten war. Allen wurde erstattet, was sie verloren hatten, und sie priesen mit Recht Ludwigs Güte und Gerechtigkeit. Ludwig war ein höchst unglücklicher Mann; denn was kann einem Menschen Traurigeres begegnen, als wenn seine Kinder ungerathen sind! Und dieses Unglück hatte er. Er hatte drei Söhne: Lothar, Pipin und Ludwig den Deutschen; un- ter diese theilte er schon drei Jahre nach seinem Regierungsan- tritte alle seine Länder, und das war die Quelle alles seines Elends. Er mochte fühlen, der schwache Mann, daß er ein so großes Reich nicht allein übersehen könnte. Aber die jüngern Brüder meinten, der ältere wäre dabei zu sehr begünstigt worden, und sahen diesen und den Vater mit scheelen Augen an. Doch es sollte bald noch ärger kommen. Es lebte noch ein Sohn sei- nes verstorbenen Bruders Pipin, Bernhard. Diesem gehörte das Königreich Italien. Als er von der Theilung hörte, sprach er unwillig: „Wie? warum bin ich übergangen, da mein Vater doch älter als Ludwig war?" Er ließ sich bereden, mit dem Kaiser Krieg anzusaugen; da dieser aber schnell auf ihn losging, bereute er die Unternehmung, eilte nach Chalons an der Marne zu Lud- wig und bat ihn fußfällig um Verzeihung. Schon wollte ihm dieser die Empörung verzeihen; da meinten aber die Geistlichen, das wäre zu voreilig, er sollte dem Gerichte die Sache überlassen, und dies verurtheilte den Reuigen zum Tode. Gern hätte ihn Ludwig begnadigt, aber er fürchtete sich wieder vor den Geist- lichen; er schenkte ihm zwar die Todesstrafe, ließ ihm aber die Augen ausstechen, und dies geschah mit solcher Rohheit, daß der Arme schon nach drei Tagen an den Schmerzen starb. Jetzt fühlte Ludwig Gewissensbisse und gelobte, lieber nie wieder ein Stras- urtheil zu fällen; aber dadurch wurde das Unrecht nicht wieder

6. Theil 2 - S. 51

1867 - Breslau : Max
Heinrich der Städtegründer. 49 fülle in Sachsen, verheerten das ganze Land, verbrannten die offenen Städte, ermordeten die Menschen und trieben andern greulichen Unfug; und wenn Heinrich seine Mannen gegen sie führte, so halten diese eine solche Furcht vor den wilden Barbaren, daß sie sich nicht an sie herantrauten. Da hielt er es für des- ser, erst seine Sachsen nach und nach an den Krieg zu gewöhnen, und ging mit den Ungern einen neunjährigen Waffenstillstand ein, wofür er ihnen jährlich einen Tribut bezahlte. Diese neun Jahre benutzte er nun herrlich, theils seine Leute im Kriege ge- gen die in der jetzigen Mark und in Sachsen wohnenden slavi- schen Völker, an deren Grenzen er Brandenburg befestigte und das Schloß Meißen erbaute, zu üben, sie in Reihe und Glied streiten zu lassen, theils die Städte seines Landes mit Mauern zu umgeben. Er wird daher der Stüdteerbauer genannt. Auch legte er viele neue Schlösser und Städte an. Damit nun diese bevölkert würden, befahl er, daß von den Landbewohnern immer der neunte Mann nach der Stadt zöge und da für hin- längliche Wohnungen sorgte, damit, wenn die Ungern einmal wiederkämen, die andern acht mit ihren Sachen hineinfliehen könnten. Dafür mußten sie aber auch dem Stadtbewohner den dritten Theil ihres Kornes geben, welches er theils für sich ge- brauchte, theils für den Nothsall für Alle aufbewahrte. Eine treffliche Einrichtung! Dadurch ist Heinrich recht eigentlich der Stifter des Bürgerstandes geworden. Nun waren die neun Jahre um. Heinrich berief seine Sach- sen zu einer großen Volksversammlung. „Jetzt ist", sprach er, „das Reich beruhigt; nur die Ungern sind noch unbezwungen. Bisher habe ich euch besteuern müssen, um diesen Feind zu be- reichern, nun muß ich gar Kirchen und Geistlichkeit berauben, um ihrer Raubsucht zu genügen, bis uns zuletzt nichts als das nackte Leben übrig bleibt. Wollt ihr nun. daß ich den Gott geweihten Schatz angreife und den Feinden der Christenheit gebe, oder ihn vielmehr zur Ehre Gottes anwende?" Da rief das Volk laut, es begehre, daß das Geld dem heiligen Gotte geweiht werde. Es hob die Hände gen Himmel und gelobte dem Könige treuen Bei- stand. Nun kamen die Gesandten der Ungern und verlangten den Tribut. Aber Heinrich gab ihnen einen räudigen Hund, dem Ohren und Schwanz verstümmelt waren, mit dem Beifügen: wenn die Ungern einen andern Zins begehrten, so möchten sie ihn Weltgeschichte fiir Töchter. Ii. 14. Äufl. 4

7. Theil 2 - S. 52

1867 - Breslau : Max
50 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. mit den Schwertern holen.*) Drohend gingen die Boten fort. Im Frühjahr 933 erschien ein ungeheueres Heer Ungern. Der Schrecken ging vor ihnen her; sie verwüsteten und verbrannten alle Felder und Oerter, die sie erreichten. Viele Männer wur- den ermordet, Weiber und Kinder als Sklaven mitgeführt. So kamen sie in die Gegend von Merseburg; hier, glaubten sie, sei ein Schatz verwahrt. Heinrich eilte schnell herbei mit allen Mannen, die er beisammen hatte, und lagerte sich auf einem Hügel, von welchem er mehrere Tage in das Blachfeld, wo die Ungern im Lager standen, hinabstieg, um seine Leute an den An- blick der wilden Krieger zu gewöhnen. Ehe er die Schlacht wagte, schickte er eine Reiterschaar in einen hohlen Weg in die Seite der Ungern, um von da zur rechten Zeit hervorzubrechen. Nun sammelte er alle Mannen um sich, ermahnte sie, auf die göttliche Hülse zu vertrauen; dort, sagte er, stehe der gemeinsame Feind; das Vaterland fordere Rache; männlicher Muth werde sicherlich über die Wildheit des Feindes siegen. Mit Vertrauen blickte das Heer auf zu dem Bilde des Engels aus der hochflatternden Reichsfahne und hin auf den König, der, vor Allen hervorragend, sie in das Feld hinabführte. Als er nun dicht vor dem Feinde stand, betete er — und das ganze Heer mit ihm — noch einmal zu Gott um Sieg, gab das Feldgeschrei: „Herr, erbarme dich!" und nun ließ er einbrechen. Zugleich stürzten die im Hohlwege verborgenen Reiter hervor in den Rücken der Ungern, die zu- letzt, an Allem verzweifelnd, sich zur schleunigen Flucht wandten. Die wenigsten sahen ihr Vaterland wieder; viele wurden in der Schlacht, Viele auf der Flucht von den aufgebrachten Bauern erschlagen. In ihrem verlassenen Lager fand man die ganze Schaar der zusammengebundenen Weiber und Kinder, die nun *) Recht naiv drückt sich darüber eine Chronik aus dem 15. Jahrhundert in dem damals gebräuchlichen Dialekt aus: „Do zcogin dy Ungirn in Doringen unde vordirtin jerlichen zcinß von den Doringin, unde von den andern Dutz- schin. Do sante Konnig Henrich en zcu zcinse eynen schebcchtin Hunt, deine wa- rin dy orin unde der zcagil abegesnetin, unde enpod en, wer eynen andirn zcinß von den Doringin habin Wolde, das her queme, unde holete en, wanne her wolde." D. i.: „Da zogen die Ungern nach Thüringen, und forderten den jährlichen Zins von den Thüringern und von den andern Deutschen. Da sandte König Heinrich ihnen zum Zins'einen schäbichten Hund, dem waren die Ohren und der Schwanz abgeschnitten, und entbot ihnen, wer einen andern Zins von den Thüringern haben wollte, daß er käme und holte ihn, wann er wollte."

8. Theil 2 - S. 53

1867 - Breslau : Max
Heinrich der Städtegründer. 51 Gott inbrünstig dankten, der schmählichen Knechtschaft so glücklich entgangen zu sein. Viele Tausende der erschlagenen Ungern wurden auf dem Wahlplatze beerdigt; man sieht die Todtenhügel noch heutigen Tages und nennt sie Hunnengräber. Heinrich ging zurück nach Merseburg; mit gerührtem Herzen sang er hier das: Herr Gott, dich loben wir! und ließ zum Andenken die Schlacht im Speisesaale seines dortigen Schlosses abmalen. Seitdem hat das nördliche Deutschland die Ungern nur noch ein Mal und nur auf kurze Zeit gesehen; Heinrich hatte ihnen das Land verleidet. Bald daraus (936) starb der treffliche Mann.*) Als er sei- nen Tod nahe fühlte, ries er seine Frau Mathilde an sein La- ger. „O du mir immer treue, mit Recht inniggeliebte Gattin," sprach er, „wie danke ich Gott, daß ich dich lebend zurücklasse! Ach! nie hat wohl ein Mann eine durch Treue bewährtere, in allein Guten erprobtere Gattin gehabt! Daher Dank dir, du Fromme, daß du meine aufbrausende Heftigkeit so oft besänftigt und in allen Fällen durch einen weisen Rath mich geleitet, daß du mich so oft von der Unbilligkeit zur Gerechtigkeit zurückgeru- fen und mich so treulich ermahnt hast, dem Unterdrückten Hülfe zu bringen. -Jetzt übergebe ich dich und unsere Söhne dem Schutze des allmächtigen Gottes und dem inbrünstigen Gebete der Aus- erwählten des Herrn, und zugleich auch meine Seele, die sich schon den Fesseln des Körpers entwindet." Während nun Ma- thilde voll schmerzlicher Rührung in die Kirche ging, um sich hier recht auszuweinen und ihr und ihres Gatten Loos ganz Gott anheim zu stellen, entschlief Heinrich. Ein lautes Klagegeschrei, das zu ihren Ohren drang, meldete ihr das Geschehene.- Da warf sie sich in ihrem unendlichen Schmerze auf die Kniee nieder und empfahl die Seele ihres entschlafenen Mannes in die Hände Gottes. Noch ist von ihm zu merken, daß er als der Stifter des Ritterwesens betrachtet werden kann. In den neun Jah- ren, in welchen er den Ungern den Tribut bezahlte, führte er zur Uebung der Edelleute Waffenspiele ein, damit sie Geschick- lichkeit mit Stärke verbinden lernten. Bisher hatten die Leute nichts gethan, als jagen und zechen. Run fanden sie aber sol- *) Er und seine Frau Mathilde liegen in Quedlinburg in der Schloßkirche begraben. Aber die Grabsteine sind so tief in die Erde gesunken, daß sie jetzt nicht mehr zu sehen sind; doch weiß man noch die Stellen, wo beide liegen.

9. Theil 2 - S. 57

1867 - Breslau : Max
Die Ungern in Franken und Belgien. 55 indessen heftig angegriffen und keine Art des Geschosses geschont. Dagegen wehrten sie sich nach ihren besten Kräften, und Knechte, Cleriker und Mönche,' obgleich diesem Orden das Handhaben der Waffen verboten ist, widerstanden, da es aus Erhaltung des Le- bens ankam, in einem Haufen zusammengedrängt, mit Nachdruck. Da sie aber doch endlich an der Rettung verzweifelten, hörte man sie nach gewohnter Weise rufen: Herr! o Herr! erbarme dich! — und: Heiliger Ursmar, hilf, o hilf uns! — Schon umarmten stch die Unglücklichen zum letzten Male und nahmen für immer Ab- schied, jeden Augenblick die Uebergabe erwartend — siehe! da flogen, zum Zeichen, daß sich Gott ihrer erbarmt habe, zwei Tau- den hinter dem Altare hervor. Sogleich erfolgte ein heftiger Re- gen, welcher die Sehnen der feindlichen Bogen erschlaffte und die Geschicklichkeit der Ungern zu Schanden machte. Da kam eine solche Furcht und ein solches Grauen über diese, daß sie ihre Flucht beschleunigten und die Anführer selbst nüt Knuten aus Die einhieben, welche noch verweilten." So und noch ärger ging es zu überall, wohin die Ungern kamen, und wir haben noch mehrere grausenhafte Beschreibungen ihrer Unthaten von Augenzeugen übrig. Zu Anfang des Jah- res 955 erhielt Otto, da er gerade in Sachsen war, Eilboten aus Baiern: er möchte doch schnell zu Hülfe eilen; die Ungern wären in furchtbarer Menge wieder eingefallen. So war es auch wirklich. Durch Oestreich waren sie gekommen und drangen, wie gewöhnlich, alle festen Städte vermeidend und alle offenen ab- brennend, bis an den Lechfluß vor, wo sie Augsburg an- griffen , weil sie es für die Niederlage aller großen Reich- thümer der umliegenden Länder hielten. Die Bürger der Stadt überließen sich der Angst und Verzweiflung; da war ihnen der ehrwürdige Bischof der Stadt, Udalrich, eine rechte Stütze. Er sammelte sie zum Gebet vor dem Altare des Herrn, sprach den Muthlosen Muth ein und verwies sie auf Den, von dem allein alle Hülse in der Noth kommt. Da er aber wohl, erwog, daß jeder unthätige Glaube ein verkehrter ist, so munterte er auch die Bürger zur genauen Bewachung der Mauern auf und schickte dem Otto Boten entgegen, seine Schritte zu beflügeln, damit er für die geängstigte Stadt nicht zu spät komme.*) Otto kam eilends *) Der fromme Udalrich (Ulrich) liegt in Augsburg in einer ihm geweih- ten großen und schönen Kirche begraben und wird hier von den Katholiken als Heiliger verehrt.

10. Theil 2 - S. 59

1867 - Breslau : Max
Adel. Ritterwesen. 57 ich habe die Kränkung gewiß durch meine Sünden verdient." Und fortan blieben sie die besten Freunde. Ein ander Mal belagerte er die Burg eines Grafen Eber- hard, mit dem er sich überwarfen hatte, und da er lange ver- geblich davor lag, beschloß er endlich, sie durch List zu überrum- peln; er ließ nämlich den Grasen zu einem Gastmahle in sein Zelt einladen, und während des Festes sollten sich Otto's Krieger aus die Burg werfen. Der Graf kam; nach der Mahlzeit wurde getanzt; er tanzte mit Otto's Schwester, der schönen Hedwig, die inniges Mitleid mit dem Manne empfand, der in der Zeit, wo er sich so sorglos dem Vergnügen hingab, verrathen werden sollte. „Es komme daraus, was da wolle," dachte sie, „ich will ihn warnen; ehrlich währt ja am längsten." Sie flüsterte ihm also zu, er solle sich vorsehen; das und das solle jetzt geschehen. Der Gras dankte, schlich sich eilends fort, und als die Soldaten Otto's anrückten, wurden sie wohlvorbereitet empfangen und zurück- getrieben. Otto erfuhr bald die Ursache des Mißlingens; aber er war gegen seine Schwester nicht ungehalten, und als der Gras um die Hand seiner Wohlthäterin anhielt, gab er sogleich seine Einwilligung. Otto I. starb plötzlich 973 aus dem Schlosse Memleben in Thüringen, und liegt zwischen seinen Frauen Edith und Adelheid im Dome in Magdeburg vor dem Altare begraben. 59. Ritterwesen — Faustrecht — Turniere. Schon bei den alten Germanen gab es einen Unterschied der Stände; es gab Freie und Unfreie oder Rechtlose; und unter Jenen, wie unter Diesen fand wieder ein Unterschied statt. Die Freien schieden sich in gemeine Freie und edle Freie (Ede- linge oder Adelinge), von welchen die letzteren allein die ursprüng- lich Freien (die Semperfreien) waren, welche ein angebornes Eigenthum, Allod, nach dem Erstgeburts-Recht vererbbar, be- saßen. Außer ihnen gab es noch zins- oder dienst-pflichtige Hö- rige (Leute, Liten) und Sklaven (Schalke), die als Kriegsgefan- gene, im Spiel oder aus andere Art ihre Freiheit verloren hatten und völlig rechtlos waren. Aus diesen Liten und Schalken, welche frei gelassen werden konnten, bildeten sich die gemeinen Freien, die aber erst in der dritten Generation in den Genuß aller Rechte der Freien traten.
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