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hatten auch die Schweden wegen der zurücke gehenden Kayserlichen macht nicht lange zeit, als wurde beiderseits vom accord1) gehandelt und nach dreitägiger handelunge die stadt aufgegeben. Denen herren Schweden wurde gegeben zur rancion2) der stadt 16000 thlr. baargeld und 16000 thlr. an tuch und schuen, und wurde ein regiment Schwedische völcker in die stadt und auf die burgk geleget. Ehe die Schwed. armada von der stadt wegging, wurden vorher die ar-tollerey welches 100 stück geschüz waren hineingeführet, stunden so lange auf dem Anger bis sie mit guter manier konten nachgeführet werden.
Das regiment volck solte zwart dem accord nach auf dem lande liegend bleiben und nicht in die stadt kommen, nachdem aber die Keyserliche armada sich zu nahe ins gehege begeben wolle, zog dasselbe anno 1637 den tag Mariae Lichtmes (2. Febr.) gegen abend als schone temmerunge war hinein und blieb so lange drinne bis der friede gemacht wurde.
Falckenstein’sche Chronik.
53. Das Erfurter Friedensfeit.
(1650.)
Heuer zeigten die grünen Maien, mit Welchen man zu Pfingsten die Kirchen schmückte, zum ersten Male keine roten Blutströpschen mehr. Bisher Hatte man dieses traurige Himmelszeichen, das die Fortsetzung des unheilvollen Krieges verkünden sollte, in jedem Frühling neu an dem jungen Blätterschmuck der Birken erspäht.
Der Frieden War Wirklich da! Er War nach dreißig langen Kriegsjahren endlich Wieder in Deutschland eingezogen. Die meisten der Lebenden freilich kannten ihn nicht, und die Wenigen Alten, welche noch lebten und die Schrecknisse des Krieges überdauert hatten, erinnerten sich seiner nur aus ihrer Jugend.
Wie überall im deutschen Lande, so rüstete man sich Mitte September 1650 auch in Ersnrt, die Wiederkehr des Friedens festlich zu begehen. Nachdem die letzten Truppen der schwedischen Besatzung — 690 Mann mit 655 Frauen und 916 Kindern — aus mehr als 80 Wagen und mit 300 Pferden die Stadt verlassen hatten, begann auf Anordnung eines Hohen und Ehrbaren Rates ein Mehrtägiges Dankfest. In der Frühe des ersten Festtages donnerten die Wallgeschütze über die Stadt und weckten die Bürger aus ihrem ruhigen Schlafe. Doch nicht angstvoll horchten sie diesmal aus! In das Brüllen der Geschütze mischte sich kräftiger Posannenfchall. Wie Engelsgesang aus Himmelshöhen ertönte vom naben Kirchturm der uralte Lobgesang:
„Allein Gott in der Höh' sei Ehr Und Dank für feine Gnade,"
l) accord Vergleich; 2) rancion — Lösegeld.
i
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Extrahierte Ortsnamen: Mariae_Lichtmes Deutschland
I. Erfurts Entstehung und keine Geschichte bis zum 3ahre 1000.
Erfurts Entstehung: Erfurt, die Stadl „einst heidnischer
Bauern", wie Bouifacius sie nannte, war bereits im 6. Jahrhundert bewohnt?) Aber schon lange vorher war die Gegend besiedelt. 4000 Jahre vor der heutigen Zeit erkannten Hirten, deren Rassezugehörigkeit uns unbekannt ist, die Vorzüge der Landschaft: einen trockenen Berg zu guter Wohnslatt, ein klares Gebirgswasser zu frischem Trunk, einen dichten Wald mit schmackhaften Früchten und einen zu Viehzucht und Ackerbau geeigneten Boden. Sie bauten sich deshalb hier an und zwar südwestlich vom Petersberge, in der Gegend der heutigen Rudolf- und Heinrichstratze und am Nordfuße des Steigers bei Villa Stürcke (f. Erfurt in der Steinzeit, Nr. 1).
Aus unbekannten Gründen verließen die ersten Bewohner aber die Gegend. Doch zur Bronzezeit (nach 1500 v. Chr.) wurde sie von neuem durch Kelten besiedelt (s. In der Bronzezeit, Nr. 2). Sie errichteten ihre Wohnstätten wohl an den alten Dorfftätten. Ein Jahrtaufend später traten an ihre Stelle Germanen, die damals von Thüringen Besitz nähmen. Auch sie hatten ihre Herd-stätten zunächst an der Stelle der alten Siedlungen, doch ließen sie sich später mehr nordwärts vom Petersberge und in der Gegend des neuen städtischen Krankenhauses nieder. Letztere heißt heute noch im Flurbuche die „hohe Stadt". Die neuen Ansiedler hatten ihre Wallburgen, die Zufluchtsstätten in Zeilen der Not und Gefahr, auf dem Petersberge und im Steiger oberhalb des Bachstelzenweges, nahe dem Jdablick. Letztere ist heute noch vorhanden. Den germanischen Thüringern war das Eisen bekannt, auch benutzten sie die Töpferscheibe.
Die Erfurter Gegend blieb von da für immer bewohnt. Um den Anfang der christlichen Zeitrechnung wurden die hiesigen Ansiedler mit den Römern bekannt und befreundet und standen mit ihnen in regem Handelsverkehr. Bald kam auch von außen Zuwachs. Neue germanische Stämme siedelten sich an, und slawische Familien ließen sich nieder (s. Was die Geschichte von den alten Thüringern weiß, Nr. 5). Die Siedlung griff allmählich auf die
!) Bewiesen durch Gräberfunde aus der Merowingerzeit, z. B- auf dem Anger (nahe Nr. 64).
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Cftjeitß des Petersberges über. Zuletzt waren die neuen Anbauer sogar gezwungen, die bisher wegen der Überschwemmungsgefahr gemiedene Geraebeue auszusuchen. Nun vollzog sich an der Gera-surt zwischen einheimischen und fremden, zumal slawischen und auch jüdischen Händlern, ein reger Marktverkehr. Auf dem jetzigen Wenigen Markt, der bequemen Anfuhr zur Furt, tauschten und handelten die fremden Kaufleute schon vor mehr als 1400 Jahren mit den alten Erfurtern. Es ist darum auch nicht ausgeschlossen, daß der Name des Platzes eine Zusammenziehung des Namens „Wendischer Markt" ist und an die alten Beziehungen zwischen Erfurt und den wendischen oder slawischen Kaufleuten erinnert.
Deutung des Namens: Die alten Chronisten berichten uns von mehreren Dörfern, aus denen sie die Stadt entstehen lassen. Eins derselben soll Schilderode geheißen haben, und die Gegend, in der es lag, zeigt heute wohl noch die Schildchensmühle an. Das andere ist die weit ältere Siedlung am Petersberge. Infolge ihres steten Wachstums, zu dem besonders die vorübergehenden Märkte und vielleicht auch die Flüchtlinge aus Burg Scheidungen (s. Der Sturz des thüringischen Königreiches, Nr. 9) beitrugen, vereinigten sich bald beide Orte. Dabei nahm Schilderode den Namen der älteren Siedlung, welche „ze dem Erphesberge" hieß, an. Dadurch wurde aus der Siedlung am Berge in der Nähe eines Erphes, d. H. eines fließenden Wassers, eine Furtstadt. Sie hat den Namen Erphesfurt, d. i. Furt im fließenden Wasser, für immer behalten und nennt sich heute Erfurt. Doch wird der Name auch anders gedeutet: Erpesfurt = Furt des Erpes, des ersten Thüringer Königs oder eines Müllers, den die Sage im Brühl oder in der Furtmühle wohnen läßt; Erfurt = Gerfurt, d. i. Furt in der Gera; Eorphesfnrt — Viehfurt.
Erfurts weitere Entwicklung: Die Gründung Erfurts durch den ersten Thüringer Kriegskönig Erpes (f. S. 12) ist ebenso sagenhaft wie die Person des Gründers; ebenso gehört die Vergrößerung der Stadt durch König Merwig, einen seiner Nachfolger, und der Bau des Palastes auf dem Petersberge, sowie die Errichtung der Merwigsburg bei Möbisburg*) durch ihn ins Gebiet der Sage. Doch lassen diese, wenn auch sagenhaften Berichte erkennen, daß in jener Zeit das Schicksal Erfurts mit den Geschicken Thüringens eng verbunden war und daß die Geschichte Erfurts in jenen Tagen mit der Thüringens zusammenfällt (s. 1. Was die Sage usw. u. 2. Was die Geschichte von den alten Thüringern weiß, Nr. 3 n. Nr. 5; s. a. Sage von der Merwigsburg bei Möbisburg, Nr. 4).
An der Stelle, an der Erfurt liegt, an dem günstigen Kreuzpunkt „zweier großer Straßen, von denen die eine vom Harz nach dem Thüringer Wald, die andere aus den Slawenländern im
9 Hat mit König Merwig nichts zu tun, wie ihr alter Name Meinwartis-burc beweist.
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Gegen 8 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. Zwölf der geachletsten Ratsherren trugen den silbernen Sarg der beiden Heiligen auf ihren Schultern. Voran wehte die prächtige, goldene Ratsfahne mit den darauf gemalten Bildnissen der Märtyrer. Der schimmernde Sarg war von Weihrauchwolken umhüllt. Ihm folgten die sämtlichen Geistlichen in ihren prächtigen Gewändern, die übrigen Mitglieder des Rates, alle in Erfurt zur Zeit sich aufhaltenden fürstlichen Personen, Grafen und Ritter in ihren glänzenden Rüstungen und endlich die zahllose Menge der Bürger und frommen Wallfahrer. Alle Glocken läuteten, und die waffentra-genden Bürger begleiteten in ihren blanken Harnischen den Zug oder hatten in den durchzogenen Straßen Ausstellung genommen.
Im Jahre 1521 wurde die Prozession zum letzten Male abgehalten; das für Erfurt so merkwürdige und einträgliche Fest erreichte durch den Banernansruhr sein Ende. Der silberne Sarg wurde zur größeren Sicherheit auf das Rathaus geschafft, wo er eine Zeit verblieb. Später aber beschlossen die Väter der Stadt, der Ratskasse, die durch große Ausgaben völlig erschöpft war, neue Mittel dadurch zuzuführen, daß sie den Sarg zu Geld umprägen ließen. Die Geldstücke führten den Namen Sargpfennige. Die beiden Heiligen wurden einstweilen in einen hölzernen Sarg gelegt, den man nach dem Muster des silbernen gefertigt hatte. Noch heute kann man diesen Sarkophag mit seinen reichen Verzierungen sehen. (Nach Konstantin Beyer.)
37. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Zustände Erfurts in der zweiten Baisse des fünfzehnten Jahrhunderts.
Krasser Aberglaube: Bei der Betrachtung der gesellschaft-
lichen wie wirtschaftlichen Verhältnisse am Ausgange des Mittelalters fällt uns der krasse Aberglaube auf, welcher allgemein bei hoch und niedrig, bei Ungebildeten und Gebildeten, ja selbst bei Gelehrten und Schriftstellern, in Laien- wie in geistlichen Kreisen herrschte. Dazu war eine schier unglaubliche Unwissenheit, besonders in geschichtlichen und geographischen Dingen verbreitet. Unser Chronist sagt: Mainz, Mognneia, liegt an zwei Flüssen, am Moygin und an der Ezya. Es war ihm unbekannt, daß seine Bischofsstadt also außer am Main am Rhein lag, und er erdachte sich in Anlehnung an den lateinischen Namen Mognneia den Fluß Ezya. — Selbst nicht einmal vor der biblischen und kirchlichen Ueberlieferung machten Aberglaube und Unwissenheit Halt. So wirb, um bafür ein Beispiel zu erzählen, die Geschichte des Verräters Jubas in der unglaublichsten Weise umgestaltet. Die Mutter des Jubas träumt, daß sie einem bösen und verworfenen Sohne, der „dem Teufel gleich wäre", das Leben geben Würbe. Das Kind wirb nach der Geburt von bett erschrockenen Eltern, die in Jerusalem wohnen,
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Pfennige waren ein „alter Groschen", 60 alte Groschen ein „gutes Schock".
4 Lauenpfennige waren dasselbe wie 3 Schneeberger Pfennige. 9 Schnee-
berger Pfennige waren ein Schneeberger Groschen. Er wurde kurz „Schnee-
berger" genannt. 20 Schneeberger waren ein Schock. Größere Summen
wurden nach Schock berechnet. Die Entrichtung der Zinsen geschah noch
nach Schilling und Pfund, also in alter Weise. Ein Schilling hatte 12
Lauenpfennige oder 9 Schneeberger Pfennige. 20 Schillinge waren ein
Pfund. Die größte Münzeinheit war der Gulden. Es gab Meißner
und Rheinische Gulden. Der Meißner Gulden war uur eine Rechnungs-
münze und galt 21 Schneeberger oder 84 Lauengroschen. Der in Gold
ausgeprägte Gulden hatte den höheren Wert von 22^ bis 23 Schnee-
bergern. — Die Freizinsen wurden in Erfurter Silbergeld bezahlt. Ein
Silberner oder ein Freipfennig war gleich 4 Lauenpfennigen oder 3 Schnee-
berger Pfennigen. Ein halber Freipfennig hieß Scherf. Lnther, dem
das Erfurter Münzwesen bekannt war, nennt in seiner Bibelübersetzung
die Gabe der Witwe ein „Scherflein".
12. Aus dem Leben der alten Erfurter.
Gegen Ende des Mittelalters gehörte Erfurt zu den größten und
mächtigsten Städten Deutschlands, Es zählte damals (1493) 18 680 Ein-
wohner und war viermal so groß als Leipzig und zweimal größer als
Frankfurt a. M. Es wurde nur von Straßburg, Nürnberg, Köln, Lübeck
und Ulm in der Einwohnerzahl übertroffen. Leider sind nur wenige alte
Gebäude aus jener Zeit erhalten geblieben. Häufige und große Brände,
besonders die gewaltige Feuersbrunst von 1472, haben viel Herrliches
zerstört. Zu Ende des Mittelalters war die vornehmste Gegend der
Kern der Stadt, die Umgebung des Rathauses, Auch im Südteil der
Johannesstraße scheinen viele reiche Waidjunker gewohnt zu haben. Dort
zeigen noch einige Häuser die alte gotische Bauart. Sie sind äußerlich
kenntlich an dem spitzbogigen Eingang. An der Straße erhob sich ein
mächtiges Vordergebäude. Von ihm liefen beiderseits lange Seitenflügel
aus, die durch ein ansehnliches Hintergebäude verbunden waren. Die
ganze Anlage schloß einen länglichen Hof ein. Die Außenmauern waren
oft in Stein ausgeführte Dann glich der Bau einer Burg. Mindestens
aber hatte das Erdgeschoß des Vorderhauses ein feuersicheres Steingewölbe,
eine Schatzkammer. Die Dächer waren hoch und spitz. Regen und Schnee
hatten so guten Ablauf. Die Böden waren mehrstöckig, groß und ge-
räumig. Sie dienten oft zur Bereitung des Waids. In jedem Stock-
werk war ein großer Flur oder eine Diele. Breite, große Treppen führten
zu ihnen empor. Das älteste Haus dieser Art (Gotik) ist das Hinter-
gebünde von Johannesstraße 164, dem Lilienfaß. Das Vorderhaus ist
durch einen Neubau ersetzt worden. Als erstes Haus eiuer neuen Bau-
zeit folgt die „hohe Lilie". Sie ist 1538 im Geschmack der Renaissance
erbaut worden. Diese Bauart können wir außerdem noch gut am „breiten
Herd", „roten Ochsen" und am „Stockfisch" bewundern (s. S. 20).
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— 58 —
Bau aus der Zeit des Neuklassizismus*) (um 1820). Früher lag hier
das Neuwerksche oder Wassertor und nahe dabei die Gerinnigsbrücke.
Sie verband die Hopfengasse mit dem Hirschlachufer. Wenige Schritte
trennen uns an dieser Stelle vom Kartäuser Kloster, auf das wir einen
kurzen Blick werfen. Die ursprüngliche gotische Anlage stammte aus dem
Jahre 1372. Sie wurde 1713 in der Bauart des Barock erneuert. Die
reichverzierte Schauseite des Baues können wir heute noch als ein präch-
tiges Denkmal dieser Bauweise in Erfurt bewundern. — Das Wassertor
wurde gedeckt von der „Hamsterburg", die in der oberen Gartenstraße
lag. Heute führt dort ein Neubau ihren Namen. — Wir wandern nun
zur gegenüberliegenden Neuwerkskirche, der Kirche des gleichnamigen Klosters.
Wo seine Baulichkeiten standen, liegt jetzt das Kgl. Lehrerseminar. Die
Kirche ist im 18. Jhrhdt. im Barock erneuert worden. Auf der andern
Seite des Klosterganges steht das neugebaute Kreishaus des Landkreises
Erfurt. — Wir gehen durch den Klostergang zur Regierungstraße zurück.
Von ihr wenden wir uns am katholischen Waisenhaus, dem alten Reinhards-
brunner Hofe, vorüber zum Herrmannsplatz. Er ist mit dem Herrmanns-
bruuuen, dem Denkmal für den Stadtrat Karl Herrmann, geziert. Ein
kleiner Abmarsch vom Wege macht sich reich belohnt. Gleich hinter der
Aktienbadeanstalt liegt der alte Brühler Friedhof, ein Stück des früheren
Stadtzwingers. Auf ihm steht das Grabdenkmal des 1851 in Erfurt
verstorbenen Generalfeldmarschalls v. Müffling. Die Hinterwand des ein-
fachen griechischen Tempelchens zeigt die Büste des Toten. Auf der In-
schrifteutafel aber rühmen Aussprüche Gneisenaus und Wellingtons seinen
Sinn und seine Taten. Treten wir aus dem Friedhof heraus, so stehen
wir vor der neuen Königin Luiseschule, der städtischen höheren Mädchen-
schule und Studienanstalt. Ihr wenig älterer Teil ist in seinen Formen
das Abbild eines gotischen Ziegelbaues. Einige Schritte trennen uns
von der Stelle, an der einst die alte Stadtmauer begann, die um 1160
von dem Erzbischof Konrad errichtet wurde. Sie führte als Doppelmauer
vom Roßwehr im großen Bogen um die damalige Stadt. Sie schloß
den Petersberg und den Mainzer Hof mit ein, ließ aber das Brühl und
die übrigen Vorstädte frei. Das Roßwehr liegt hinter der Aktienbade-
anstatt. Ein alter Mauerrest mit Wehrgang ist noch vorhanden. Am
Roßwehr trat früher die Gera in die Stadt ein. — Wir kehren zum
Herrmannsplatz zurück, auf dem wir noch die alte Propstei und den Neu-
bau der katholischen Vorbereitungsschule in Augenschein nehmen, und
gehen dann über den Fischersand zur Langen Brücke. Unterwegs stoßen
wir auf die Brunnenkirche. Sie ist der Sage nach an der Quelle gebaut,
*) Neuklassizismus: Wie man zur Zeit der Renaissance sich schon einmal von
dem Geiste des klassischen Altertums hatte beeinflussen lassen, so geschah es abermals
am Schlüsse des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Diesmal wurde das Griechische
zum maßgebenden Geschmack. An der Hand der alten griechischen Bauformen schuf
man gerade bei uns in Deutschland herrliche Bauwerke in Berlin, München und Dresden.
Der berühmteste Baumeister dieser Zeit war K. Fr. Schinkel in Berlin. Nach ihm ist
unsere Schinkelstraße benannt.
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Extrahierte Personennamen: Karl_Herrmann Karl Konrad Konrad Schinkel
Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Erfurt Erfurt Mainzer_Hof Gera Langen_Brücke Deutschland Berlin Dresden Berlin
— 160 —
Dittelstedt: ältere Schreibarten: Tntilstede, Thntelestede; vielleicht ein
Eigenname:
Egstedt; ältere Schreibarten: Eggestat, Egenstete, Eginstethe; vielleicht zu
,.Egge" oder zu „eigen":
Ermstedt; ältere Schreibarten: Ermenstat, Herminstede; Eigenname: Jrmin:
Frienstedt; ältere Schreibarten: Frinstete, Freyenstete, Frimstet; vielleicht
zu „frei" oder „Befreiung":
Gottstedt; ältere Schreibarten: Gothenstete, Gothinstete; vielleicht zu „gut".
Die Endungen „dors", „Hausen" und „heim" sind je paarweise
vertreten und bedürfen keiner Deutung. Auch die dazugehörigen Be-
stimmungswörter sind nicht schwer zu denten.
Friedrichsdorf: neugegründet 1780 unter dem Erzbischof Friedrich Karl -
Joseph von Erthal;
Melchendorf: ältere Schreibart: Michendorf: wahrscheinlich eine slawische
Siedlung;
Kühnhausen; ältere Schreibart: Kindehausen; Eigenname: Chnndi;
Windischholzhausen; ältere Schreibart: Windischholzhusen; slawische Siedlung;
Hochheim; der Name wurde von den rheinischen Winzern nach hier ver-
pflanzt und bedeutet „hochgelegener Wohnort":
Kirchheim: ältere Schreibarten: Kericheim, Kircheim.
Eine ähnliche Bedeutung wie „heim" hat auch „Hofen".
Ilversgehofen; ältere Schreibarten: Egilbrechofen, Elvishofen; vielleicht
Eigenname oder „Elf Höfe" = einzelne, umhegte Siedlungen mit
allerlei Wirtschaftsgebäuden.
Die Endungen „berg" oder „bürg" sind hier gleichbedeutend; sie
kommen nnr zweimal vor.
Möbisburg: ältere Schreibarten: Meginwardesburc, Meversburg; Eigen-
name: Meinwart:
Mühlberg; ältere Schreibarten: Mnleburc, Molburg; alter Grenzschutz
gegen die von Osten vordringenden Slawen.
Die Endung „a" gibt den Sinn des Stammworts in allgemeiner
Bedeutung wieder.
Schmira; ältere Schreibarten: Smyre, Smire; bedeutet „fetter Bodeu";
Witterda: ältere Schreibarten: Witterthe, Witerde; bedeutet wohl „weiße
Erde";
Der Sinn von „bauen", „Gebäude" und „fester Wohnsitz" kommt
in deu Endungen der nachgenannten zwei Dörfer zum Ausdruck:
Niedernissa; ältere Schreibarten: Nieder-Nüsesse, Niddern-Nnses; die En-
dnng „ses" hängt zusammen mit ahd. saz (tat. sedes) = fester
Wohnsitz oder mit sazun, sazzun=pflanzen, Anpflanzung:
Zimmern; ältere Schreibarten: Zimbra, Zimbrin, Cimbro; bedeutet ahd.
ziinkar-Gebäude.
Die Endung „thal" bedarf keiner besonderen Erklärung.
Tiefthal; ältere Schreibarten: Diffentale, Tifental.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Karl_-
Joseph_von_Erthal Friedrich Karl Kirchheim Möbisburg Mühlberg Schmira
— 20 —
12. Zeichne den Plan des Fischmarktes in dein Heft!
13. Erzähle die Gleichensage, die Tannhäusersage, einige Faustsagen!
14. Erzähle Luthers Leben nach den Bildern im Rathaus!
15. Erzähle die bezügl. Abschnitte aus der vaterländischen Geschichte zu den Bildern
im Festsaal!
16. Sprich über Entstehung und Bedeutung der sogen. Rolandssäule!
17. Erzähle die Sage vom Erfurter Wappen!
18. a) Erzähle, wie es heute auf dem Wochenmarkt zugeht!
b) Erzähle, wo und wie die alten Erfurter einkauften!
c) Erzähle vom Leben und Treiben der alten Erfurter!
d) Erzähle, wie es früher in der Stadt aussah!
b) Unterrichtsergebnisse:
1. Ein Platz ist eine kurze, aber breite Straße.
2. Ein Marktplatz ist ein Platz, ans dem zu bestimmten Zeiten Markt
abgehalten wird.
c) Zum Lesen.
1. Wie der Fischmarkt entstanden ist.
Vor mehr als 600 Jahren gab es keinen Fischmarkt. Damals aber
baute der Rat das erste Rathaus (13. Jahrhundert). Da es noch keine
Zeitungen gab, so wurde vor dem Rathaus ein großer Platz gebraucht.
Hier mußten sich die Bürger versammeln, wenn der Rat ihnen etwas
mitzuteilen hatte. Darum kaufte er die Häuser, die den Raum bedeckten,
und ließ sie abreißen. Der entstandene Platz diente später als Marktplatz,
und da ans ihm Fische verkauft wurden, erhielt er den Namen Fischmarkt.
2. „Zum breiten Herd" und „zum roten Ochsen".
In früherer Zeit hatten die Hänser keine Nummern, sondern Namen.
Der Besitzer ließ meist über der Haustür ein Bild anbringen. Es zeigte
eine Unterschrift oder einen Sinnspruch. Häufig las man die Worte:
„Dies Haus steht in Gottes Hand,
zum goldnen Stern (zur goldnen Sichel usw.) ist es genannt".
Die Häusernamen waren dem Handwerk, dem Handel, der Tier-
welt nsw. entlehnt. Auch achtete man bei der Namengebuug auf die
Lage oder auf besondere Eigenschaften des Hauses. Das können wir
aus folgenden alten Hausnamen erkennen, z. B. zur Töpferscheibe, zum
Schlächter, zum Backhaus, zum grünen Lachs, zur goldenen Henne, zum
Steinhaufen, zur Tongrube, zur weiten Tür usw. Leider ist die schöne
Sitte lange Jahre hindurch verachtet gewesen. Erst jetzt fängt man wieder
an, den Häusern Namen zu geben.
Von den alten Häusern am Fischmarkt gefallen nns besonders die
Häuser „zum breiten Herd" und „zum roteu Ochsen". Sie sind ^schon
über 300 Jahre alt, denn sie sind in der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
huuderts erbaut worden (1584 und 1562). Der Name „zum breiten
Herd" bedeutet breite Erde, also breiter Bauplatz. Das Haus ist ganz
aus Sandstein gebaut und besteht aus einem älteren westlichen und
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— 21 —
einem neueren östlichen Teile. Er wurde erst im Jahre 1883 vollendet.
Über dem Erdgeschoß des alten Teils sieht man fünf sitzende Frauen-
gestalten. Sie bedeuten die fünf Sinne des Menschen. Auf jedem der
Steinbilder sieht man außerdem ein Tier, das den dargestellten Sinn in
besonderer Schärfe besitzt. Über dem Erdgeschoß des neuen Teils sieht
man vier Steinbilder. Aus ihnen stellen Frauen die vier Haupttugenden
des Menschen — Gerechtigkeit, Klugheit, Mut und Mäßigkeit — dar.
Ferner sieht man an ihm noch die Sinnbilder für Kunsthandwerk und
Handel. Über ihnen steht in einer Nische die Mutter Gottes mit dem
Jesuskind.
Das Haus „zum roten Ochsen" zeigt das Bild seines Namens
und zu beiden Seiten einen Fries von Bildern, die zum Teil die Musen,
die Göttinnen der Künste, darstellen.
Beide Häuser erscheinen als Giebelhäuser. Doch ist der Giebel dem
Dache nur vorgesetzt, es ist ein Blendgiebel. Aus der Spitze der Giebel
steht je ein sogenannter Roland.
Die Bauart der Häuser führt den Namen Renaissance. Man sieht
es ihnen an, daß sie dem Beschauer gefallen sollen; denn die Schauseite
des Hauses ist besonders reich geschmückt und schön gestaltet.
3. Das Erfurter Rathaus.
Einen großen Teil des Fischmarktes nimmt das neue Rathaus
ein. Es wurde in der Zeit von 1870—1875 erbaut. Das alte Rathaus
war auch ein sehr stattlicher Bau. Leider ist von ihm nichts weiter vor-
Händen, als das alte Wappen im Rathaushof über der Tür der West-
wand. Es zeigt neben dem Erfurter Rad noch die Wappen der vier
Erfurter Besitzungen Kapellendorf, Vieselbach, Vargula und Vippach.*)
Das neue Rathaus ist ein prächtiger Steinbau in Spitzbogenart
und wurde zu Anfang des Jahrhunderts bedeutend vergrößert. Es besteht
aus einem nach Norden gerichteten Mittelbau, einem Ostflügel und
einem Westflügel. Er ist der Hauptteil des ganzen Baues. Vor seinem
Eingang stehen vier mächtige Pfeiler. Zwischen ihnen öffnen sich drei
hohe Spitzbogen. Die Pfeiler tragen einen Vorbau. Über dem mittelsten
Spitzbogentor ruht ein steinerner Austritt. Er ist vom großen Festsaal
aus zu betreten. Zwischen den Fenstern des Festsaales erblicken wir die
Bildsäulen Kaiser Friedrich Barbarossas und Kaiser Wilhelms I. Sie
sind mit Absicht gewählt. Friedrich Barbarossa hielt einst in Erfurts
Mauern einen Reichstag, und unter Wilhelm I. begann Erfurts neues
Aufblühen. Über dem Mittelfenster schauen wir im Giebelfeld das Erfurter-
Rad und die große Uhr. Der Giebel ist gekrönt mit dem Roland, der
die Stadtfahne in der Hand hält. In der Mitte des Satteldaches erhebt sich
) Kapellendorf — drei schwarze senkrechte Balken auf silbernem Felde;
Vieselbach — silberner Adler, belegt mit roten Balken, aus blauem Felde;
Vargula — schwarzes Rad auf silbernem Felde;
Vippach — sechs schachbrettartig geordnete Felder, abwechselnd rot und silbern.
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Extrahierte Personennamen: Roland Friedrich_Barbarossas Friedrich Barbarossas Wilhelms_I. Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa Wilhelm_I. Roland
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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fühlen; der Haß gegen die Fremden wuchs, und schon war der Tag bestimmt, an welchem man die Fremden, wie einst die Dänen, niedermachen wollte. Da kehrte Wilhelm nach England zurück und hielt nun ein strenges Gericht über die Übeltäter. Jeder neue Aufstand führte neue Härten herbei. Er nahm den Engländern ihre Güter, machte diese zu Kronbesitzungen und übertrug sie seinem normän-nischen Adel. Mit eiserner Hand drückte er die Engländer nieder und wandte Ehre, Reichtümer und Vertrauen nur den Normannen zu. Nur die Furcht hielt die unglücklichen Engländer von neuen Empörungen zurück. Als er nach 21 jähriger Regierung starb (1087), war die Freude der Engländer groß, und die bittere Reue, die er im Sterben über seine Härte empfand, konnte die Gemüter nicht mit seinem Andenken versöhnen.
Dritte Periode.
Dom Beginn der Areuzzüge bis zum Ln de des Interregnums,
1096 — 1273.
14. Der erste Kreuyug, 1096—1099.
Seitdem die heilige Helena, Konstantins des Großen Mutter, die herrliche Kirche über dem heiligen Grabe erbaut und sie und ihr mächtiger Sohn bei der Einweihung derselben auf den Knien demütig im Staube liegend dort ihr andächtiges Gebet verrichtet hatten, wurde es in Jerusalem nicht leer von Pilgern, die vor Begierde brannten, da zu wandeln, wo der Heiland mit seinen heiligen Füßen den Boden berührt hatte, im Wasser des Jordans ihre Taufe zu erneuern und mit früher nie so heiß gefühlter Andacht an feinem Grabe zu beten. Unterwegs fanden die frommen Pilger überall die freundlichste Aufnahme; denn wer nicht selbst zum heiligen Grabe Wallfahrten konnte, suchte doch dadurch wenigstens an den Pilgerfahrten teilzunehmen, daß er die Pilger freundlich beherbergte und
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