Vi. Ostindien. 1. Hindustan.
117
schwarz, die Haut überaus zart und weich. Auffallend ist die Kleinheit der
Hände und Füße; ihre Säbelgriffe sind daher unseren Soldaten zu klein.
Ihr ganzer Körper ist mehr zierlich, biegsam, als stark; dennoch besitzen sie
eine große Ausdauer, können weite Märsche lange hinter einander aushalten
und lausen schneller als der Europäer. An Geschick übertreffen sie uns
weit; ihre Gaukler und Seiltänzer lassen die unserigen weit hinter sich zurück,
und fast ohne alle Maschinen, mit den bloßen Händen weben sie Zeuge*)
und verrichten Arbeiten, die dem Europäer unerreichbar sind. Auch abge-
sehen davon, daß ihre Religion einem großen Theil von ihnen den Genuß
thierischer Nahrung und geistiger Getränke verbietet, was übrigens keines-
weges so allgemein und so streng beobachtet wird, als man gewöhnlich
glaubt, sind sie äußerst mäßig; der Aermere lebt beinahe nur von Reis,
Früchten und Wasser; kein Hindu berührt beim Trinken das Gefäß mit
den Lippen, sondern weiß die Flüssigkeit geschickt in den Mund zu gießen.
Ihre Wohnung, ihr Hausgeräth, ihr Handwerkszeug, Alles ist unendlich ein-
facher als bei uns. Die Kleidung der größeren Menge besteht beinahe
nur in einem um die Hüften befestigten Tuche, worüber noch ein Gewand
nachlässig geworfen wird; die Beine sind beinahe immer bloß; Vornehmere
und Frauen tragen wohl eine leichte Jacke und leichte, weite, bis zu den Knöcheln
herabgehende Beinkleider; das Haupt wird mit einem Tuche umwunden.
Doch lieben sie den Putz und tragen oft viele Juwelen, Arm-, Fuß- und Hals-
bänder mit Edelsteinen besetzt, auch wohl Ringe durch den Nasenknorpel. In
der Regel erreichen sie ein hohes Alter und wissen wenig von Krankheiten.
Sie sind von sanftem, mildeni Charakter, mitleidig selbst gegen Thiere und
gastfrei. Obgleich das Gesetz die Vielweiberei den höheren Kasten erlaubt,
so ist sie doch äußerst selten, und die Ehe wird treu gehalten; nur Fürsten
und Große haben einen Harem, hier Z e n a n a genannt, welche Sitte aber
durchaus keine ursprünglich indische, sondern erst durch die Muhammedaner
eingeführt worden ist. Von dem drückenden Verhältniß der Frauen in
muhammedauischen Ländern weiß man hier nichts; die Frau ist in jeder
Hinsicht die Gehülfin des Mannes. Der ehelose Stand wird ftir schimpf-
lich gehalten. Nur bei denna'iren, einer edlen Kriegerkaste auf derktiste
Malabar, herrscht die sonst nur selten (z. B. in Tübet und Butan) auf
Erden vorkommende Polyandrie, d. h. daß eine Frau mehrere Männer
hat. Die Leichen werden theils verbrannt, theils beerdigt, je nachdem die
Religionspartei, zu welcher der Verstorbene gehört, das Eine oder das
Andere verlangt. Die Schattenseite ihres Charakters ist Geiz und Feigheit,
wobei man jedoch anerkennen muß, daß alle Laster, deren man sie beschul-
digt, nur da hervortreten, wo sie mit Europäern in Berührung gekommen.
Das unglückliche Volk ist seit so vielen Jahrhunderten von zum Theil rohen
Fremden beherrscht, daß es allen Sinn für politische Freiheit verloren hat;
diese lange Sklaverei hat den Hindu an Geist und Körper entnervt und
herabgewürdigt; er haßt den Krieg und jede anstrengende Arbeit, Ruhe geht
ihm über Alles; kriechend gegen Mächtige, ist er nicht selten höchst an-
maßend und bedrückend gegen Untergebene; Lüge, Falschheit und Hinterlist
*) Seit 1813 ist jedoch die einheimische Weberei durch die Einfuhr britischer
Fabrikate säst gänzlich zu Grunde gerichtet.
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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X. Griechenland.
637
mannes.
streckt man sich auf eine marmorne Erhöhung und läßt alle Glieder von
dem Diener reiben, kneten, reinigen und mit wohlriechendem Seifensckaum
waschen. Nachdem man sich abgetrocknet, kehrt man in das erste Zimmer
zurück, wo man sich eine Zeit lang auf den Polstern einer höchst angenehmen
Ruhe überläßt. In manchen theuren Bädern giebt es noch mehrere Gemächer,
wo die Reinigung stufenweise methodisch verrichtet wird; auch giebt es in
den großen Städten unentgeltliche Bäder für Arme. Das Bad, der Besuch
der Kaffeehäuser, wo Jeder einsam und schweigsam raucht, und etwa den
Erzählungen arabischer Märchen, oder den Späßen von Possenreißern in
unverbrüchlichem Ernste zuhört, und der Umgang mit seinen Weibern füllen
die einförmigen, aber ruhig dahin fließenden Tage des wohlhabenden Musel-
Aermere führen natürlich ein arbeitsameres Leben, bei gleicher
Mäßigkeit und ziemlich gleichen Genüssen. Gewöhnlich erreichen sie bei
dieser Lebensweise ein hohes gesundes Alter, und beinahe nur die Pest und
wahrscheinlich auch die Vielweiberei sind die Ursacken der Entvölkerung
ihres Lautes. Rach ihren Religionsgrundsätzen überzeugt, daß der Mensch
dem ihm bestimmten Schicksale aus keine Weise entrinnen könne, wenden
sie kaum die geringste Vorsicht an, die aus Aegypten häufig durch Schiffe
herüber gebrachte Pest zu vermeiden, und Tausende werden oft das Opfer
derselben, während die unter ihnen lebenden Europäer sich durch die einfache
Vorsicht schützen, jede Berührung von Menschen und Sachen, die nur irgend
verdächtig sind, zu vermeiden und sich in ihren Wohnungen eingeschlossen zu
halten; denn nicht die Luft, nur die unmittelbare Berührung theilt die
furchtbare Krankheit mit. Ebenso sorglos sind sie in Hinsicht auf ärztliche
Behandlung und überlassen sich den elendesten, unwissendsten Quacksalbern.
Mil dem Begraben der Todten wird so geeilt, daß man selten den folgenden
Tag abwartet. Der Todte wird in einem offenen Sarge von seinen
Freunden zu Grabe getragen, weil dies für eine verdienstliche Handlung
gilt. Alle Beerdigungen, ausgenommen die der kaiserlichen Familie, geschehen
außerhalb der Stätte, und da man nie ein Grab wieder öffnet, so nehmen
die Beerdigungsplätze einen großen Raum ein. Der Leichenstein wird an
dem Kopfende des "Grabes aufgerichtet und bei Mannspersonen mst einem
Turban, welcher zugleich das Geschlecht und die Würde des Todten anzeigt,
geziert. Gewöhnlich wird eine Cypresse daneben gepflanzt, so daß die
Gottesäcker einem unmuthigen Haine gleicheit. Es ist sehr gewöhnlich, daß
die Angehörigen die Gräber der Ihrigen besuchen und Gebete daselbst ver-
richten, obgleich sie sich sonst jede laute Aeußerung der Traurigkeit unter-
sagen; von Trauer im europäischen Sinne wissen sie nichts, sie würden eö
als ein Murren gegen die Vorsehung betrachten.
Das Schicksal der Weiber bei den Türken gilt unter uns für außer-
ordentlich traurig, und ist es freilich auch nach unseren Begriffen, insofern
die Frauen durchaus und aufs strengste auf den Umgang mit ihrem
Geschlecht beschränkt sind. Indeß genießen die tiirkischen Ehefrauen bedeu-
tender Rechte, und Gewohnheit und Sitte haben sie mit ihrem Schicksal
ausgesöhnt. Das Gesetz erlaubt dem Muhamedaner 4 rechtmäßige Frauen
und außerdem so viel erkaufte Concubinen oder Sclavinnen, als er zu
unterhalten im Stande ist; der Aufwand aber, welchen die Mehrheit der
Frauen veranlaßt, ist der Gruird, weshalb nur wenige Vornehme und
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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636
A. Europa.
Charakter dieses von Einigen zu hoch erhobenen, von Anderen viel zu
tief herabgewürdigten Volkes ist es schwer, ein allgemeines Urtheil zu fällen.
Im Ganzen muß man wie überall so auch hier vorzüglich den Mittelstand
und die Bewohner des Landes von den Umgebungen des Hvfes wohl unter-
scheiden. Bei den ersteren findet man durchgängig Redlichkeit, Treue und
Großmuth, Mäßigkeit und Reinheit der Sitten als edle Grundzüge des
Charakters, die nur durch Verachtung aller anderen Völker und zuweilen durch
wild aufwallende Leidenschaften verunziert werden. Bei denen aber, die in
Aemtern stehen und um die Hofgnnst buhlen, sind Falschheit, eine über alle
Begriffe toeit getriebene Verstellungskunst, Habsucht, Sclavensinn und Härte
gegen Geringere, und große Sittenverderbniß die vorherrschenden Züge.
Allen aber ist ein gewisser feierlicher Ernst und eine äußere Würde ange-
boren: häufiges Lachen, vieles Sprechen, schnelle Bewegung gelten ihnen
für unanständig. Beinahe ohne Ausnahme sind die Türken mäßig im
Genuß der Speisen; sie genießen weit einfachere Speisen als wir, und da
sie, überall die Einsamkeit liebend, beinahe stets allein essen, so sind ihre
Mahlzeiten in sehr kurzer Zeit eingenommen. Früh mit deni Tage stehen
sie auf, wozu schon ihre Religion durch die vorgeschriebenen Gebete sie ver-
pflichtet ; den größten Theil des Tages bringen sie am liebsten in unthätiger
Ruhe, auf Polstern niedergekanert, mit Tabackrauchen und Kaffeetrinken zu,
welcher stets schwarz und ohne Zucker zu allen Tageszeiten genossen wird.
Abends bald nach Sonnenuntergang legen sie sich auf den nämlichen Polstern
nieder, worauf sie am Tage gesessen; von Bettstellen und besonderen Schlaf-
zimmern wissen sie nichts, auch behalten sie meist die gewöhnlichen Kleider
im Schlafe an. Der Genuß des Weins und aller berauschenden Getränke
ist ihnen zwar durch das Gesetz untersagt, jedoch wird dies jetzt von den
Reicheren eben nicht strenge beobachtet. Weniger häufig als ehemals ist
jetzt der Gebrauch des Opiums, welcher für einige Stunden einen sinnebe-
rauschenden, wahrscheinlich sehr angenehmen Taumel verursacht, aber eine
widrige Abspannung hinterläßt und bei fortgesetztem Genuß in wenigen
Jahren alle Kräfte des Geistes und des Körpers lähmt, so daß diejenigen,
die sich diesem unseligen Hange überlassen, bald das Ansehen abgelebter
Greise erhalten, beinahe keine andere Nahrung mehr zu sich nehmen können
und einen frühen Tod finden. Solche Unglückliche bezeichnet man mit dem
Namen Theriakis. Ebenso wenig als den Luxus der Tafel kennen die
Türken den Luxus in Gebäuden, zierlichen Möbeln u. s. w. Ihre Woh-
nungen sind höchst unansehnlich, schlecht gebaut, nur auf Ruhe und Be
quemlichkeit berechnet; weniges, wenngleich oft kostbares Geräth ist im
Gebrauch, die Zimmer aber meist ohne alle Möbeln, den Divan oder
die an den Wänden entlang laufenden Polster abgerechnet. Nur in
der Kleidung, in den Waffen, in Pferden und Geschirr liebt der Türke den
Aufwand. Zu seinen unentbehrlichsten Bedürfnissen gehört das Bad,
welches aber ganz anders eingerichtet ist als das nnserige. Die Badehänser
sind große Gebäude mit mehreren Gemächern, die ihr Licht von oben
erhalten. In dem ersten Vorzimmer, wo nur mäßige Temperatur hen'sä't,
laufen an den Wänden breite Bänke mit Polstern umher. Hier entkleidet
man sich und bindet einen Schurz um den Leib und hölzerne Sandalen an
die Füße. Das zweite, eigentliche Badezimmer, ist stark erwärmt; hier
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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465
Ix. Griechenland. 1. Curop. Türkei.
überall die Einsamkeit liebend beinahe stets allein essen, so sind ihre
Mahlzeiten in sehr kurzer Zeit eingenommen. Früh mit dem Tage
stehen sie auf, wozu schon ihre Religion durch die vorgeschriebenen
Gebete sie verpflichtet; den größten Theil des Tages bringen sie am
liebsten in unthätiger Ruhe auf Polstern niedergekauert mit Tabak-
rauchen und Kaffeetrinken zu, welcher stets schwarz und ohne Zucker
zu allen Tageszeiten genossen wird. Abends bald nach Sonnen-
untergang legen sie sich auf den nemlichen Polstern nieder, worauf
sie am Tage gesessen; von Bettstellen und besondern Schlafzimmern
wissen sie nichts, auch behalten sie meist die gewöhnlichen Kleider
im Schlafe an. Der Genuß des Weins und aller berauschenden
Getränke ist ihnen zwar durch idas Gesetz untersagt, jedoch wird
dies jetzt von den Reicheren eben nicht strenge beobachtet. Weniger
häufig als ehemals ist jetzt der Gebrauch des Opiums, welcher für
einige Stunden einen sinneberauschenden, wahrscheinlich sehr an-
genehmen Taumel verursacht, aber eine widrige Abspannung nach
sich läßt und bei fortgesetztem Genuß in wenigen Jahren alle Kräfte
des Geistes und des Körpers lähmt, so daß diejenigen, die sich die-
sem unseligen Hange überlassen, bald das Ansehen abgelebter Greise
erhalten, beinahe keine andre Nahrung mehr zu sich nehmen kön-
nen und einen frühen Tod finden. Solche Unglückliche bezeichnet
man mit dem Namen T.heriakis. Eben so wenig als den Luxus
der Tafel kennen die Türken den Luxus in Gebäuden, zierlichen
Meubles u. s. w. Ihre Wohnungen sind höchst unansehnlich,
schlecht gebaut, nur auf Ruhe und Bequemlichkeit berechnet; we-
niges wenn gleich oft kostbares Geräth ist im Gebrauch, die Zim-
mer aber meist ohne alle Meubles, den Diwan oder die an den
Wänden entlang laufenden Polster abgerechnet. Nur in der Klei-
dung, in den Waffen, in Pferden und Geschirr liebt der Türke den
Aufwand. Zu seinen unentbehrlichsten Bedürfnissen gehört das
Bad, welches aber ganz anders eingerichtet ist als das unsrige.
Die Badehäuser sind große Gebäude mit mehreren Gemächern, die
ihr Licht von oben erhalten. In dem ersten Vorzimmer, wo nur
eine mäßige Temperatur herrscht, laufen an den Wänden breite
Bänke mit Polstern umher. Hier entkleidet man sich und bindet
einen Schurz um den Leib und hölzerne Sandalen an die Füße.
Das zweite, eigentliche Badezimmer, ist stark erwärmt; hier streckt
man sich auf eine marmorne Erhöhung und läßt alle Glieder von
dem Diener reiben, kneten, reinigen und mit wohlriechenden Sei-
fenschaum waschen. Nachdem man sich abgetrocknet, kehrt man
in das erste Zimmer zurück, wo man sich eine Zeitlang auf den Pol-
stern einer höchst angenehmen Ruhe überläßt. In manchen theuern
Bädern giebt es noch mehrere Gemächer, wo die Reinigung stufen-
weise methodisch verrichtet wird; auch giebt es in den großen Städ-
ten unentgeldliche Bäder für Arme. Das Bad, der Besuch der
Kaffeehäuser, wo jeder einsam und schweigend raucht und etwa dm
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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I. Die pyrenäische Halbinsel. A) Portugal. 109
alle Begriffe schmutzig; man wirft buchstäblich allen Unrath auf
diestraßen. Diehäuser, nach dem Bedürfniß eines heißen Landes,
sind so luftig als möglich angelegt, und haben meistens Balköne-
auf welchen die Frauen unter leinenen Schirmdächern der Kühlung
genießen. — Das Klima von Lissabon ist vortrefflich, der Winter
selbst im Januar höchst unbedeutend; im Sommer aber ist eine
Temperatur von 300 Reaumür nichts ungewöhnliches. Leichte
Stöße von Erdbeben werden zwar oft bemerkt, flößen aber den Ein-
wohnern einen größer« Schrecken ein, als dies sonst in Oertern,
wo Erdbeben häufig sind, der Fall ist, weil das entsetzliche Unglück
vom Jahre 1755, wo ein Erdbeben einen großen Theil der Stadt
zerstörte und an 24000 Menschen das Leben kostete, noch in leb-
haftem Andenken geblieben ist. Die Stadt wird mit vortrefflichem
Trinkwasser versehen durch eine Wasserleitung, welche mehrere
Quellen 3 Stunden nördlich von Lissabon, theils über theils unter
der Erde, dahin leitet. In der Nähe der Stadt rnußte sie über ein
Thal geführt werden, wo das Wasser über 35 Bogen, wovon der
höchste 230fuß hoch ist, fließt. Dies Werk ist vielleicht das größte
und schönste in seiner Art in Europa. Irr der Stadt wird das
Wasser in mehrere Springbrunnen vertheilt, von wo es Wasser-
träger (Gallegos, weil sie meistens, wie alle Lastträger in Lissa-
von, aus Gallizien kommen) in Gassen und Häusern verkaufen.
Um es zum Trinken abzukühlen, thut man Schnee oder Eis hinein,
welches vom Berge Lousno (spr.: Lusa-ung), einem südlicheren
Zweige der Estrella, nach Lissabon gebracht wird. Aermere bedie-
nen sich noch eines andern Mittels, das Getränk abzukühlen. Man
verfertigt nemlich an verschiedenen Orten irdene Geschirre von ei-
nem rothen kalkhaltigen Thon, welche nur leicht gebrannt und nicht
glasirt werden. Das Wasser durchdringt diese Gefäße und schwitzt
unaufhörlich auf der äußern Seite als ein zarter Thau hervor, wel-
cher von der Hitze verdunstet und nach einem allgemeinen Gesetze
der Natur dem Gefäße Wärme entzieht und so das Getränk kühl
erhält. Solche Gefäße heißen búcaros, auch alcarrazas, von dem
Namen eines Ortes, bei welchem der dazu dienliche Thon gefunden
wird; sie sind in ganz Portugal häufig. — Lissabon hat, wie viele
große Residenzen, eineakademie der Wissenschaften, mehrere jedoch
nicht bedeutende Bibliotheken, die sich meistens in Klöstern befinden
und von ausländischen Werken meist nur spanische, italiänische,
französische und etwa noch englische besitzen; Naturaliensamm-
lungen, botanische Garten und verschiedene Unterrichtsanstalten
unter dem Namen von Akademieen, für Adelige, für die Marine,
den Feftungsbau u. s. w.: von allem dem aber ist, da sie niemals
bedeutend gewesen, jetzt am wenigsten etwas zu sagen. Auffallend
ist der Mangel an guten Gemälden in Lissabon wie in ganz Portu-
gals, dagegen Spanien außerordentlich reich daran ist. — An Ver-
gnügungen ist Lissabon sehr arm; der Portugiese liebt weder
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Extrahierte Personennamen: Estrella
Extrahierte Ortsnamen: Portugal Lissabon Lissabon Europa Gallizien Lissabon Portugal Lissabon Spanien Lissabon
210
A. Europa.
Der bekannte Wein dieser Provinz wächst nur in einem kleinen
Theile derselben, vorzüglich an dem nördlichen Ufer der Marne,
bis in die Gegend von Rheims; der edelste in der Nähe von Eper-
nay, Ay und Sillery, an der Marne. Man unterscheidet weißen
und rothen, letzterer heißt auch Oeil de perdrix; ferner lnous-
seux und non nionsseux. Der erstere, der im Auslande der be-
liebteste ist, wird dadurch erhalten, daß man die Gährung auf
dem Fasse unterbricht und den noch unvollkommnen Wein auf Fla-
schen zieht. Alle diese Sorten sind an Ort und Stelle beinahe eben
so theuer, als man sie bei uns hat: weil der Wein nicht oft geräth;
weil nur sehr kleine Diftricte den guten hervorbringen; weil die
Trauben mit der größten Sorgfalt gewählt werden müssen, und
weil viele Flaschen durch die Gahrung zerspringen. Folglich ist der
größte Theil dessen, was wir in Deutschland trinken, entweder
schlechtes Gewächs, oder gar durch künstliche Mittel erzeugt.
Bis zum 14ten Jahrhundert hatte dies Land eigne Herzoge
und Grafen, Lehnsträger von Frankreich; durch Heirath kam
es an die Könige und ward 1301 unter Johann mit der Krone
vereinigt.
Hauptörter sind:
Chalons snrmarne (Cafalnuni), eine leicht befestigte Stadt,
größtenthcils auf dem rechten Ufer gelegen, mit 12000 Einw. Der
Wein- und Getreidehandel beschäftigt die Einwohner. Das Rath-
haus ist eins der besten in Frankreich. In den großen Ebenen südlich
von der Stadt, campt catalaunici, ward Attila von den vereinig-
ten Weftgothen und Römern, unter Theodorich und Aetius, 46t,
geschlagen.
(lilieinis (Dnrocorfomni) an der Ve.-de, mit.83060 Einw.
Eine alte, ziemlich gut gebaute Stadt, in einer sehr fruchtbaren
Gegend. Unter den vielen ausgezeichnet schönen Kirchen bemerkt
man die herrliche Kathedrale, die schönste in Frankeich, mit zwei
ganz vollendeten Thürmen. In dieser Kirche wurden sonst die Kö-
nige von Frankreich von dem Erzbischöfe von Rheims gesalbt und
gekrönt. In einer andern Kirche der ehemaligen Abtei St. Remy,
bewahrte man die sogenannte Ste Ampouie (sancta ampnlln),
eine kleine gläserne Flasche mit Oel, welche, nach einer fabelhaften
Legende, ein Engel zur Taufe des Clovis 406 dem h. Remigius ge-
bracht haben sollte. Man nahm indeß stets etwas von diesem ver-
trockneten Oele unter das übrige Salbungsöl. Rheims hat vor-
treffliche Tuchfabriken. Man findet hier noch Trümmer von römi-
schen Tempeln und Triumphbogen.
Ferner Neaux (Jatinuin) an der Marne, Troves (Augnsto-
hona) an der Seine, mit 27000 Einw., letztere Stadt hat im
Feldzuge 1814 sehr gelitten; die Gränzfestungen Sedan und Me-
Xi61-68 an der Maas, endlich Epernay, Ay, Sillery, wo der
beste Champagner wächst. Diese Provinz war im Jahr 1814 der
TM Hauptwörter (50): [T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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Extrahierte Personennamen: Johann Attila Remy Remigius
Extrahierte Ortsnamen: Europa Rheims Eper- Deutschland Frankreich Frankreich Frankeich Frankreich Rheims Rheims Sedan Sillery
448
A. Europa.
gel, bessert kostbare Daunen, womit er sein Nest ausfüttert, sorg-
fältig aufgesucht werden. Die Binnenseen ernähren viel Schwa-
ne, und die isländischen Falken, wovon die weißen die seltensten
und geschätztesten sind, werden häufig gefangen. Der Handel Is-
lands könnte der Insel viel wohlthätiger werden, wenn er nicht
auf dänische Schiffe allein beschränkt wäre. Die Isländer haben
also in gewöhnlichen Jahren keinen Mangel zu fürchten; desto
fürchterlicher tritt er ein, wenn vulkanische Ausbrüche die Wiesen
verschütten, oder das bleibende Treibeis zugleich den Fischfang und
die Ankunft europäischer Schiffe verhindert. Da brechen dann oft
Hungersnoth und verheerende Seuchen aus. Der Skorbut und
die'.Gicht gehören zu den gewöhnlichsten Krankheiten, und über-
haupt erreichen die Isländer selten ein hohes Alter. Merkwürdig
ist aber die große Fruchtbarkeit der Frauen: Mütter mit 12 - 15
Kindern sind eben nichts ungewöhnliches. — In ganz Island
giebt es eigentlich keine Stadt, und was man Dörfer und Flecken
nennt, sind nur wenige benachbarte Häuser. Gewöhnlich liegen
die Vauerhöfe ganz einzeln und zerstreut, wo gute Wiesen und
Quellen den Anbau möglich machen. Die Küster, und vor allen
die südwestliche, sind die bevölkertesten; im Innern giebt es nur
äußerst wenige Wohnungen. Die Häuser sind außerordentlich
klein und niedrig; gewöhnlich von Torf oder von Lavastücken auf-
geführt, mit Moos ausgestopft und mit Rasen gedeckt. Als Bal-
ken und Sparren dienen oft Wallfischrippen. Die Isländer sind
weder groß noch kräftig; gewöhnlich ernst; haben eilte große Liebe
zu ihrem Lande; sind sehr genau mit ihrer älteren, in vielen Sa-
gen und Gedichten aufbewahrten Geschichte bekannt, und im Gan-
zen genommen ein treues Volk von reinen Sitten und nicht gemei-
ner Ausbildung: äußerst selten findet man einen, der nicht lesen
oder schreiben könnte. Ihre Sprache ist die alte skandinavische,
welche sich hier ziemlich rein erhalten hat, so daß sie von der heuti-
gen dänischen, welche daraus entstanden, bedeutend abweicht. An
der Küste verstehen indeß die meisten das Dänische.
Ein norwegischer Abenteurer, Nadoddr, soll der erste gewe-
sen seyn, welcher vom Sturme verschlagen (801) hier landete;
nannte das Land Snioland, wegen des vielen Schnees. Ein andrer,
ein Schwede, Flake, versuchte bald nachher die Reise, überwin-
terte auf der Insel und nannte sie Island, wegen des Treibeises.
Im Jahre 874 unternahmen es zwei andre Abenteurer, Jngolfr
und^Leifr, sich hier ordentlich niederzulassen, und in Zeit von
(X) Jahren war die ganze Insel bewohnt. Ob sie früher Bewoh-
ner gehabt und was aus ihnen geworden, davon findet sich keine
Spur. Die neuen Ankömmlinge, meistens Norweger, aber auch
Schweden und Danen, setzten ihre frühere Lebensweise, die in
Krieg und Seeräuberei bestand, fort. Das Christenthum, welches
ums Jahr 1000 auch hier eindrang, vermochte kaum die alte Wild-
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
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179
Vi. Ostindien. 1. Hinduñan.
schon. Ihre Farbe ist bräunlich gelb, lichter ln den höheren,
dunkler in den niederen Ständen. Die Gesichtszüge sind edel, ob-
gleich die Lippen etwas dicker als beim Europäer, das Haar ist fein
und glänzend schwarz, die Haut überaus zart und weich. Auffal-
lend ist die Kleinheit der Hände und Füße; ihre Säbelgriffe sind
daher unseren Soldaten zu klein. Ihr ganzer Körper ist mehr
zierlich, biegsam, als stark, dennoch besitzen sie eine große Ausdauer,
können weite Märsche lange hinter einander aushalten und laufen
schneller als der Europäer. An Geschick übertreffen sie uns weit;
ihre Gaukler und Seiltänzer lassen die unsrigen weit hinter sich
zurück; und fast ohne alle Maschinen, mit den bloßen Händen
weben sie Zeuge und verrichten Arbeiten, die dem Europäer uner-
reichbar sind. Auch abgesehen davon, daß ihre Religion einem
großen Theil von ihnen den Genuß thierischer Nahrung und geisti-
ger Getränke verbietet, sind sie äußerst mäßig; der Äermere lebt
beinahe nur von Reiß, Früchten und Wasser: kein Hindu berührt
beim Trinken das Gefäß mit den Lippen, sondern weiß die Flüssig-
keit geschickt in den Mund zu gießen. Ihre Wohnung, ihrhaus-
geräth, ihr Handwerkzeug, alles ist unendlich einfacher als bei
uns. Die Kleidung der größern Menge besteht beinahe nur in
einem um die Hüften befestigten Tuche, worüber noch ein Gewand
nachlässig geworfen wird; die Beine sind beinahe immer bloß: Vor-
nehmere und Frauen tragen wohl eine leichte Jacke und leichte weite
bis zu den Knöcheln herabgehende Beinkleider; das Haupt wird
mit einem Tuche umwunden. Doch lieben sie den Putz und tragen
oft viel Juwelen, Arm-, Fuß- und Halsbänder mit Edelsteinen
besetzt, auch wohl Ringe durch den Nasenknorpel. In der Regel
erreichen sie ein hohes Alter und wissen wenig von Krankheiten.
Sie sind von sanftem, mildem Charakter, mitleidig selbst ge-
gen Thiere, und gastfrei. Obgleich das Gesetz die Vielweiberei er-
laubt, ist sie doch äußerst selten, und die Ehe wird treu gehalten:
nur Fürsten und Große haben einen Harem, hier Zenana ge-
nannt. Von dem drückenden Verhältniß der Frauen in muham-
medanischen Ländern weiß man hier nichts; die Frau ist in jeder
Hinsicht die Gehülfin des Mannes. Der ehelose Stand wird für
schimpflich gehalten. Nur bei den Narren, einer edeln Krie-
gerkaste auf der Küste Malabar, herrscht die sonst nur selten
(z.b. in Tibet und Butan) auf Erden vorkommende Polyan-
drie, d. h. daß eine Frau mehrere Männer hat. Die Leichen
werden theils verbrannt, theils beerdigt. Die Schattenseite ihres
Charakters ist Geiz und Feigheit. Das unglückliche Volk ist seit so
vielen Jahrhunderten von zum Theil rohen Fremden beherrscht,
daß es allen Sinn für politische Freiheit verloren hat; diese, lange
Sklaverei hat den Hindu an Geist und Körper entnervt und herab-
gewürdigt; er haßt den Krieg und jede anstrengende Arbeit, Ruhe
geht ihm über alles; kriechend gegen Mächtige, ist er nicht ftlten
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