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27. Nie Neue.
Parabel.
Ein Landmann hatte mit eigenen Händen eine Reihe edler Obst-
bäumchen gezogen. Zu seiner großen Freude trugen sie die ersten
Früchte, und er war begierig zu sehen, von welcher Art sie seyn
möchten.
Da kam der Sohn des Nachbars, ein böser Bube, in den
Garten und lockte den Sohn des Landmanns, also, daß sie hin-
giengcn und die Bäumchen allesammt ihrer Früchte beraubten, ehe
denn sie völlig gereift waren.
Als nun der Herr des Gartens herzutrat und die kahlen Bäum-
chen erblickte, da ward er sehr bekümmert und ries: „Ach, warum
hat man mir das gethan? — Böse Buben haben mir meine Freude
verdorben!"
Diese Worte giengen dem Söhnlein des Landmannes sehr zu
Herzen, und er lief zu dem Sohne des Nachbars und sprach: „Ach,
mein Vater ist bekümmert um die That, welche wir verübt haben.
Nun hab' ich keine Ruhe mehr in meinem Gemüthe. . Mein Vater
wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verachtung strafen, wie
ich verdient habe."
Da antwortete Jener: „Du Thor! dein Vater weiß es ja nicht
und wird es niemals erfahren. Du mußt es ihm sorgfältig ver-
hehlen und auf deiner Hut seyn."
Als aber Gotthold — denn so hieß der Knabe — nach Hause
kam und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er
nicht, wieder freundlich zu ihm hinaus zu sehen. Denn er dachte:
„Wie sollte ich ihn fröhlich ansehen können, den ich betrübt habe?
Kann ich doch mich selber nicht anblicken. Es liegt mir wie ein
dunkler Schatten in meinem Herzen." —
Jetzt trat der Vater hinzu und reichte jeglichem seiner Kinder
von den Früchten des Herbstes und Gotthold desgleichen. Da hüpf-
ten die Kinder herbei und freuten sich sehr, und aßen. Gotthold aber
verbarg sein Angesicht und weinte bitterlich.
Da hub der Vater an und sprach: „Mein Kind, was weinest
du?" und Gotthold antwortete: „Ach, ich bin nicht werth, daß ich
dein Sohn heiße. Ich kann es nicht länger tragen, daß ich vor dir
ein Anderer erscheine, als ich bin und mich selbst erkenne. Lieber
Vater, thue mir ferner nicht mehr Gutes, sondern strafe mich, da-
mit ich wieder zu dir kommen darf und aufhöre, mein eigener
Quäler zu seyn. Laß mich nur hart büßen für mein Vergehen,
denn siehe, ich habe die jungen Bäumchen beraubt."
Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein Herz
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41
Felder und Wiesen schmücken sich mit neuem Grün, das dem Auge
so wohl thut, und die Blumen, die zartesten Kinder des Lenzes,
die holdesten Frühlingsboten, öffnen ihre Kelche und erfüllen die
Luft mit ihrem süßen Dufte. Auch in den Wäldern beginnt es sich
zu regen! Die Knospen der Bäume schwellen aus und in wenigen
Tagen sind sie wieder mit ihren grünen Festkleidern geschmückt. Die
Natur feiert ihr Auferstehungssest, das die nun wieder zurückgekehr-
ten Sänger mit ihren fröhlichen Liedern verherrlichen. Der Land-
mann Pflügt seinen Acker; d.er Hirt treibt seine Heerde aus, und
überall, wohin wir blicken, sehen wir Spuren erneuter Thätigkeit.
Niemand weilt gerne länger im Zimmer, in das uns der Winter
so lange gebannt hielt; Alles eilt hinaus, um die erquickende Früh-
lingsluft einzuathmen, welche die Brust erfüllt mit neuem Lebens-
muth und dem Herzen neue, schöne Hoffnungen zuführt. Man
möchte laut aufjauchzen vor Lust und Wonne und einstimmen mit
den fröhlichen Sängern des Waldes in die Iubellieder, die sie dem
Schöpfer singen. Wie schön und herrlich, o mein Gott, ist die
Erde, das Werk deiner Hände, und wie gut mußt du seyn,, du
liebevoller Vater, der du all dieses uns, deinen Kindern zu lieb, so
schön gemacht hast!
47. Der Sommer.
Eine Vergleichung.
Gleicht der Frühling dem lieblichen Kinde, das hoffnungsvoll
aufblüht und heranwächst, so gleicht dagegen der Sommer dem
Jüngling in der Blüthe seiner Jahre, wie er dasteht in seiner
Kraft und Schönheit und die besten Früchte hoffen läßt. Der Som-
mer zeigt uns die Natur in ihrer vollen Entwicklung. Die Wiesen
sind mit saftigem Futter, die Felder mit üppigem Getreide bedeckt
und die Aeste der Obstbäume neigen sich unter der Last ihrer Früchte.
Welche reichliche Erndte haben wir zu hoffen, wenn unsere gesegneten
Fluren verschont bleiben von Hagel, Nässe und Dürre! So auch
der Jüngling, wenn sein Herz unberührt bleibt vom Gifthauch der
Sünde.
Immer höher steigt die Hitze des Sommers! In dem heißen
Strahle der Sonne reift das Getreide, die saftige Frucht des Bau-
mes und die Traube des Weinstocks; so reift auch unter den Be-
schwerden des Lebens der Charakter und der sittliche Werth des
Menschen.
Endlich hat die Natur den höchsten Punkt ihrer Thätigkeit er-
reicht. Die Getreidefelder reifen der Erndte entgegen und die Aehren
neigen sich unter der Last der schweren Körner, gleichwie der be-
scheidene Jüngling, wenn man von seinen Verdiensten spricht. Der *
*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
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208
sehr große Augen, dir beinahe den ganzen Kopf einnehmen, kurze
Flügel, einen kürzeren und feineren Rüssel und gar keinen Stachel.
Von Ansehen sind sie viel rauher, als die andern, auch dicker, dabei
auch sehr träge. Sie fliegen selten aus; nur bei heißem Wetter
zur Mittagsstunde entfernen sie sich zuweilen eine kurze Zeit. Ihre
vornehmste Bestimmung ist, für die Forterhaltung des Schwarmes
zu sorgen. Endlich sieht man auch noch in einem Stocke eine Menge
kleinerer Bienen, wovon eine halb so schwer ist, als eine Drohne,
aber verhältnißmäßig längere Flügel und einen Stachel hat. Man
nennt sie Werk- oder Arbeitsbienen, weil sie allein alle Arbeit ver-
richten. Sie bauen die Zellen, machen Honig und Wachs, reinigen
die Wohnung und schaffen allen Unrath, todte Bienen, Würmer und
andere faulende Sachen hinaus. Ist ihnen ein Körper zu schwer,
so überziehen sie ihn mit Wachs, damit er durch seine Verwesung
die Luft nicht verunreinige. Ihres eigenen Kothes entledigen sie sich
außerhalb des Stockes. Andere halten an dem Flugloche Wache,
um gemeinschaftliche Feinde abzuhalten; wieder andere füttern die
Jungen u. s. w. Zu einem vollkommenen Schwarme gehören nun
ungefähr zwanzigtansend Arbeitsbienen, anderthalbtausend Drohnen
und eine Königin^ Wenn diese beisammen sind, so fangen sie an,
sich in irgend einer bequemen Höhle — die zahmen in den für sie
bestimmten Stöcken oder Körben '—• eine zweckmäßige Wohnung an-
zulegen, und zwar übernehmen, wie schon gesagt, blos die Arbeits-
bienen dies Geschäft. Die aus Wachs gefertigten Zellen bewohnen
nicht die Bienen, sondern sie ksaben eine doppelte Bestimmung; einige
dienen zur Aufbewahrung des Honigs, "andere zu Nestern für die
junge Brut. Auf einen Stock, welcher 50,000 Zellen enthält, rechnet
man 30,000 für den Honig, die übrigen sind für die Brut bestimmt.
14. Der Seidenspinner.
Ihr habt doch gewiß schon von dem Seidenwurme gehört, von
dem unsre Seide kommt? Nun, das ist eben die Raupe, aus wel-
cher der Seidenspinner, eines der nützlichsten Infekten, entsteht.
Glaubt ja nicht, daß der Seidenspinner schön aussieht. Er ist
ein Nachtvogel, ungefähr einen Zoll lang und mit ausgespannten
Flügeln 2 Zoll breit. Er hat gelblichweiße Flügel mit 3 blaß-
braunen Streifen und kammartige Fühlhörner. Das Weibchen legt
in einigen Tagen 300—500 Eier, die so groß sind wie Hirsekörner.
Durch eine Wärme von 18—20 Graden werden diese Eier in
6—8 Tagen ausgebrütet. Die kleinen Räupchen, die erst weiß sind,
dann braun werden und zuletzt einen schwarzen Kopf bekommen,
wachsen schnell. Sie sind sehr gefräßig, wie alle andere Raupen,
rühren aber Nichts an, als die Blätter des weißen Maulbeerbaums,
212
16. Die Schnecken.
Von den Schnecken, die zu der Klasse der Würmer gehören,
sind euch ohne Zweifel mehrere Gattungen bekannt. Ihr habt in
den Gärten eurer Eltern ganz kleine Schneckchen gesehen, die manch-
mal am Salat und an andern Pflanzen sitzen, dann wieder große
nackte, schwarze und braune, die an Wegen, in Hecken und in Wäl-
dern herumkriechen, und dann kleine und große Schnecken, die in
Schalen oder Gehäusen stecken, welche sie immer mit sich herum
tragm und in die sie sich ganz zurück ziehen können. Die letztere
Art nennt man Weinbergsschnecken. Sie werden besonders in
Süddeutschland gern gegessen, zu welchem Zwecke man sie den Som-
mer hindurch sammelt und in sogenannten Schnecken gärten ver-
wahrt. Es sind dies Behälter, die einem Frühbeete gleichen und
worin man die Schnecken so lange mit Kohl- und andern Blättern
füttert, bis sie sich im Herbste verkriechen und ihre Häuser schließen,
worauf man sie in Fässer packt und versendet.
Es ist bemerkenswert!), auf welche Weise dieses nnbehilfliche
Thier sein Haus vergrößert, wenn es ihm zu klein geworden ist.
Es bestreicht nämlich den Rand oder die Oefsnung desselben mit
einem klebrigen Schleim, den es ausschwitzt und der nach und nach
hart wird. Man kann diese neuangesetzten Ringe schon der Farbe
nach von dem alten Hause deutlich unterscheiden. Aus gleiche Weise
hilft es sich auch, wenn sein Gehäuse etwa durch einen Fall, einen
Druck oder Schlag ein Loch bekommen hat; in wenigen Tagen ist
es wieder zugewachsen. Auch in den Flüssen und Meeren giebt es
Schnecken, die theils in einschaligen, gewundenen Gehäusen stecken,
theils aber auch in zwei- und mehrtheiligen Schalen wohnen und
Muscheln genannt werden. Zu diesen gehören die Perlmutter-
und Perlenmuschel, so wie die Austern, die von vielen reichen
Leuten als seinschmeckende Leckerei verspeist werden. Mehrere andere
Seeschnecken und Muscheln sind ebenfalls eßbar; viele haben aber
auch so schön geformte und buntgefärbte, porzellanartige Schalen,
daß das Stück von manchem Sammler solcher Seltenheiten mit
mehreren Thalern bezahlt wird. #
17. Die Jnfusionsthierchen.
Es giebt, Die ihr schon öfter gehört habt, Instrumente, die
aus geschliffenen Gläsern so künstlich zusammengesetzt sind, daß sie
ganz kleine Gegenstände, die man durch dieses Instrument betrachtet,
ungeheuer vergrößern. Solche Instrumente nennt man Mikroskope,
und unter diesen vergrößert das Sonnenmikroskop am meisten. In
214
langen Zeit nur fünfzig Mal Früchte trage, und jedes Mal in
ihren weitverbreiteten Aesten und Zweigen nur 500 Eicheln, so liefert
sie doch 25,000, wovon jede die Anlage hat, wieder ein solcher
Baum zu werden. Gesetzt, daß dieses geschehe, und es geschehe
dann bei jeder von dieser wieder, so hätte sich die einzige Eiche in
der zweiten Abstammung schon zu einem Walde von 625 Millionen
Bäumen vermehrt. Wie viel aber eine Million oder 1000 mal 1000
sei, glaubt man zu wissen, und doch erkennt es nicht Jeder. Denn
wenn ihr ein ganzes Jahr lang, vom 1. Januar bis 31. Dezember,
alle Tage 1000 Striche an eine große Wand schreibet, so habt ihr
am Ende des Jahres noch keine Million, sondern erst 365,000
Striche, und das zweite Jahr noch keine Million, sondern erst
730,000 Striche, und erst am 26. September des dritten Jahres
würdet ihr zu Ende kommen. Aber unser Eichenwald hätte 625
solcher Millionen, und so wäre es bei jeder andern Art von Pflan-
zen nach Proportion (d. h. nach Verhältniß) in noch viel kürzerer
Zeit, ohne an die zahlreiche Vermehrung durch Augen, Wurzel-
sprossen und Knollen zu gedenken. Wenn man sich also einmal über
diese große Kraft in der Natur gewundert hat, so hat man sich über
den großen Reichthum an Pflanzen aller Art nicht mehr zu wundern.
Obgleich viele tausend Körner und Körnlein alle Jahre von Men-
schen und Thieren verbraucht werden, viele tausend im Boden er-
sticken oder im Aufkeimen durch ungünstige Witterung und andere
Zufälle wieder zu Grunde gehen, so bleibt doch, Jahr aus Jahr-
ein ein erfreulicher und unzerstörbarer Ueberfluß vorhanden. Auf
der ganzen weiten Erde fehlt es nirgends an Gesäme, überall nur
an Platz und Raum.
Wenn jeder reife Kern, der sich von seiner Mutterpflanze ab-
löst, unter ihr zur Erde fiele, liegen bliebe und alle aus einander
lägen, so könnte keiner gedeihen; und wo vorher keine Pflanze war,
käme auch keine hin. Das hat die Natur vor und bedacht und
nicht auf unsern guten Rath gewartet, denn einige Körner, wenn
sie reif sind, fliegen selbst durch eine verborgene Kraft weit aus-
einander, die meisten sind klein und leicht und werden durch jede
Bewegung der Lust davon getragen;- manche sind noch mit kleinen
Federchen besetzt, wie z. B. der Löwenzahn, dessen Samen die Kin- v
der zum Vergnügen auseinander blasen und so der Natur auch einen
kleinen Dienst thun, ohne es zu wissen; andere gehen in zarte, breite
Flügel aus, wie die Samenkörner von Nadelholzbäumen. Wenn
die Sturmwinde wehen, wenn die Wirbelwinde, die im Sommer
vor den Gewittern hergehen, Alles von der Erde aufwühlen und in
die Höhe führen; dann säet die Natur aus und ist mit Wohlthun
beschäftigt, während wir uns fürchten oder über sie klagen und
zürnen; dann fliegen, schwimmen und wogen eine Menge von un-
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218
Glase Wasser und wiederholt dies alle Viertelstunden, bis Erbrechen
erfolgt. Wenn die Pilze abgehen, ist Nichts mehr zu fürchten. Bei
heftigem Grimmen giebt man schleimige Getränke von Leinsamen
und Eibischwurzeln, läßt warme Milch trinken und tzgt Blutegel
an den Unterleib. Ist der Kranke betäubt, so macht man kalte Um-
schläge ans den Kops, giebt Fußbäder von Essig und läßt zur Ader."
21. Der Stechapfel, das Bilsenkraut und der Seidelbast.
Der Vater führte jetzt seine Kinder auf die Höhe des Berges,
wo man auf den Trümmern einer zerfallenen Burg eine prachtvolle
Aussicht auf die Umgegend genoß. Die Kinder freuten sich an dem
freundlich schönen und zugleich erhabenen Bilde, das ihnen die zu
ihren Füßen sich ausbreitende Landschaft darbot. Vor ihnen dehnte
sich ein langes Thal aus, welches ein ansehnlicher Fluß rauschend
durchströmte und das sich nach und nach in eine unabsehbare Ebene
verlor. Ueberall erblickte man freundliche Dörfer von Obstbäumen,
üppigen Fruchtfeldern und grünenden Wiesen umgeben. Zur rechten
Seite zog sich eine hohe Bergreihe hin, deren Scheitel mit dunkel-
grünen Wäldern besetzt war, während der Abhang den darauf gra-
senden Rinder- und Schafheerden die reichlichste Weide darbot. „Die
Welt ist aber doch recht schön!" rief der kleine Joseph aus. — „Ja,
ja," erwiderte Rosa, „wenn es nur keine giftige schlangen und
reißende Thiere auf der Erde gäbe und keine Giftpflanzen darauf
wüchsen!" — „Schlangen und reißende Thiere giebt es bei uns nicht,"
entgegnete Gustav, „und giftige Pflanzen lassen wir künftig unbe-
rührt!" — „Da hast du Recht, Gustav," fiel der Vater ein; „ich
habe euch schon gesagt, daß Alles in der Welt seinen Nutzen habe,
wenn wir kurzsichtige Menschen dies schon nicht immer einsehen.
Nachdem wir nun 'aber einmal angefangen haben, gefährliche Pflan-
zen kennen zu lernen, so wollen wir auch hier die sich darbietende
Gelegenheit benützen, unsere Belehrungen fortzusetzen.
„Seht ihr dort auf jenem Schutthaufen jene zwei bis drei Fuß
hohen Pflanzen mit den krautartigen Stengeln und den ungleich aus-
gezackten Blättern? Sie trägt weiße, trichterförmige Blumen und
bekommt grüne, stachlige Samenkapseln, die später braun werden
und den wilden Kastanien gleichen. Innerhalb sind sie in 4-Fächer
getheilt, welche den braunen, sehr giftigen Samen enthalten. Diese
Pflanze heißt der Stechapfel, und man muß besonders Acht geben,
daß Kinder nicht damit spielen und den Samen genießen, was unter
großen Schmerzen den Tod zur Folge haben witzle.
„Weniger gefährlich ist diese Pflanze hier, denn schon ihr
trauriges, widriges Ansehen und ihr unangenehmer Geruch halten
Jedermann ab, die Pflanze etwa in den Mund zu nehmen. Es
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Extrahierte Personennamen: Joseph Rosa Gustav Gustav Gustav Gustav
219
ist dieses das Bilsenkraut, das als Arzneimittel sehr gute Dienste
leistet. Es wird, wie ihr sehet, eine Elle hoch, hat wollige, aus-
gezackte Blätter und schmutziggelbe, mit dunkleren Aederchen durch-
zogene Blüthen. Die ganze Pflanze sondert eine fettige, unangenehm
riechende Feuchtigkeit ab, weßhalb man sie nicht gern berühren mag.
„Dort sehe ich auch noch ein kleines Sträuchlein, das mir selbst
einmal einen bösen Streich spielte. Es ist der Seidelbast mit sei-.
nen ruthenförmigen Stämmchen und den rothen Beeren daran. Ihr
habt seine schönen, blaßrothen Blüthen wohl noch nie gesehen, denn
sie kommen schon im Februar und Merz zum Vorschein und riechen
so angenehm, wie eine Hyazinthe. Noch als Knabe gieng ich ein-
mal durch den Wald und brach ein schönblühendes Zweiglcin von
dieser Pflanze ab, um es zu betrachten und daran zu riechen. Ich
wollte es mit nach Hause nehmen, und weil ich nicht wußte, daß
die Pflanze giftig sei, nahm ich sie in den Mund. Bald aber war
es mir, als ob ich Pfeffer im Munde hätte; ich mußte beständig
ausspucken und merkte jetzt erst, daß das Brennen in meinem Munde
von dieser Pflanze herrühre. Ich warf sie sogleich weg, bekam
aber den ganzen Mund voll Blasen, die erst nach ein Paar Tagen
wieder heilten.
„Wir wollen nun den Rückweg antreten," fuhr der Vater fort.
„Dort unten aus den Wiesen werden wir wohl Gelegenheit finden,
noch mehrere Giftpflanzen kennen zu lernen."
22. Der Gifthahnenfuß und die Schierlinge.
Im Thale angekommen, schlug der Vater einen Fußweg ein,
der unsere kleine Reisegesellschaft über viele Wiesen führte. Hier riß
der Vater eine Pflanze aus und ließ sie von den Kindern genau
betrachten. Sie war etwa anderthalb Fuß hoch, hatte einen starken,
hohlen Stengel, und die Wurzel bestand aus vielen weißen Fasern.
Die Blätter waren dreilappig und umfaßten unten am Stamme
die Aeste, welche kleine, blaßgelbe Blüthen trugen. „Seht, Kinder,"
sagte der Vater, „das ist der Gifthahnenfuß, von dem es bei uns
mehrere Arten giebt, die theils auf Aeckern, theils auf Wiesen oder
in Sümpfen wachsen. Der Saft dieser Pflanze bringt auf der Haut
Blasen hervor und kann, innerlich genommen, tödtlich wirken.
„Hier treffen wir auch den gefleckten Schierling," sprach der
Vater, indem er auf eine etwa 3 Fuß hohe Pflanze mit einem
fingerdicken, hohlen Stängel zeigte, der mit braunrothen Flecken be-
sprengt war. Betrachtet die Blätter," fuhr er fort, „sie gleichen
der Petersilie und sehen aus, als ob sie aus vielen kleinern Blätt-
chen zusammengesetzt seien. Nun wollen wir auch noch die Wurzel
sehen," sagte er, indem er die Pflanze ausriß und den Kindern die
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221
Nach dem Essen erinnerten sie ihn jedoch an sein Versprechen, und
Alle gicngen mit einander in den Garten. Hier wurde zuerst die
Petersilie durchsucht. Der Vater zog endlich eine Pflanze heraus
und sprach zu den Kindern: „Seht, diese Pflanze gleicht zwar der
Petersilie; wenn wir sie aber genauer betrachten, so finden wir, daß
die Blätter oben dunkler, unten aber hellgrün sind, während die
Blätter der Petersilie sauf beiden Seiten die gleiche Farbe haben.
Und da dieses Pflänzchen, welches man Gartenschierling oder Hans-
petersilie nennt, gerade blüht, so könnt ihr auch bemerken, daß von
den kleinen, weißen Blüthendoldcn drei lange, schmale Blättchen
herab hängen, was bei der Petersilie nicht der Fall ist. Das kannst
du dir besonders merken, mein Töchterchen," sagte der Vater zu der
kleinen Rosa; „wenn dich die Mutter wieder Petersilie holen heißt,
so untersuche genau, ob sich kein Schierling darunter befindet!
„Auch dieses Unkraut hier, mit den stachligen Stengeln und
Blättern, das mit seiner gelben Blume dem blühenden Salat gleicht,
und häufig in den Gärten vorkommt, ist eine Giftpflanze. Man
nennt sie den Gistsalat oder Giftlattich. Er enthält in allen Thei-
len einen scharfen Milchsaft, welcher sehr betäubend, lähmend, ja
sogar tödtlich wirkt.
„Nun kommen wir aber auch an Pflanzen, deren prächtige Blü-
then nicht vermuthen lassen, daß sie so schlimme Eigenschaften be-
sitzen. Sie gleichen den Menschen, welche sich gegen Jedermann
ungemein freundlich und gefällig zeigen, innerlich aber voller Falsch-
heit und Betrug sind.
„Da seht ihr z. B. den schönen rothen Fingerhnt mit seinen
prächtigen, purpurrothen, weißgetüpfelten Glocken. Er wächst in
einigen Gegenden Deutschlands wild, wie es bei uns auch einen
giftigen gelben Fingerhnt giebt. Man bereitet aus seinem giftigen
Safte auch wirksame Arzneimittel, die der Arzt in vielen Fällen gut
anzuwenden weiß.
„Da steht auch noch eine andere Zierpflanze," sagte der Vater,
„die ihr Alle wohl kennt." — „Ja wohl," fiel Joseph ein, „es ist
derblaue Eisenhnt; er wird aber doch wohl nicht giftig seyn?" —
„Allerdings ist er es," entgegnete der Vater, „und besonders ist es
die rübenförmige, braunschwarze Wurzel, die ein starkes Gift ent-
hält. Versuche es einmal, Gustav, die Pflanze näher zu beschreiben!"
Gustav. Der blaue Eiscnhut treibt 3 bis 4 Fuß hohe Stengel,
die stark mit tiefausgeschnittenen Blättern besetzt sind. Sie sind oben
dunkel-bunten aber hellgrün. Die schönen, blauen Blumen mit ihren
gelben Staubfäden haben die Form einetz Helms und stehen in einem
langen Busche beisammen. Die Wurzel ist braunschwarz, gleicht
einer Rübe und ist besonders giftig.
Vater. Das hast du gut gemacht, mein Sohn! — Nun
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Extrahierte Personennamen: Joseph Gustav Gustav Gustav Gustav
222
muß ich euch aber auch noch eine Giftpflanze nennen, die im Herbste
häufig als kleine, blaßrothe Tulpe auf unsern Wiesen blüht.
Rosa. Ich weiß schon, Vater, du meinst die Herbstzeitlose.
Vater. Ja freilich, mein Kind! Diese Pflanze blüht im
Herbste und treibt im folgenden Frühjahre lange, breite Blätter,
wie die Tulpen, und zwischen diesen Blättern bildet sich eine fingers-
lange, unten und oben zugespitzte Samenkapsel, die durch mehrere
Häute in Fächer abgetheilt ist und worin die Samenkörnchen liegen.
Joseph. Sind denn diese giftig?
Vater. Allerdings sind sie es, sowie auch die zwiebelförmige
Wurzel. Ich habe es selbst erlebt, daß Kinder in unserem Geburts-
orte mit den Samenkapseln dieser Pflanze spielten und den Samen
aßen. Sie wurden schwer krank, bekamen Grimmen und Leibschnei-
den, Brennen im Magen, und nachdem man ihnen viel lauwarme
Milch gegeben hatte, mußten sie sich erbrechen; doch starb eines
dieser unglücklichen Kinder schon nach zwölf Stunden.
Außer diesen giebt es noch mehrere Pflanzen, welche giftige
Eigenschaften besitzen, aber nicht so heftig wirken. Sie enthalten
meistens scharfe Milchsäfte, wie z. B. das Schöllkraut und die ver-
schiedenen Gattungen der Wolfsmilch. Mehrere andere sind minder
gefährlich oder schrecken durch ihren widrigen Geruch vom Genusse
ab, wie dies bei der stinkenden Ricßwurz der Fall ist. Den Taumel-
lolch oder Schwindelhaber müßt ihr jedoch noch kennen lernen. Er
gehört zu den Gräsern und wächst oft unter dem Getreide. Er
treibt eine Aehre, welche kleine, eirunde und etwas brcitgedrückte
Samen enthält, die sorgfältig vom Getreide gesondert werden müssen;
denn wenn sie mit demselben gemahlen werden, so erregt das aus
solchem Mehl bereitete Brod Schwindel, Kopfweh, Krämpfe, Zittern
und andere Uebel.
24. Die Mineralien.
Diejenigen Körper, welche weder Leben noch willkührliche Be-
wegung haben, die sich weder fortpflanzen noch ernähren und die
sich nur durch Anziehung und Anhäufung anderer Theile von außen
vergrößern, zählen wir zum Mineralreich und theilen sie ein in
Erden und Steine, Salze, brennbare Mineralien und
M etalle.
Von den verschiedenen Erdarten sind euch mehrere bekannt, wie
z. B. Lehm, Töpferthon, Sand und Kies, sowie die Garten-
erde und der Humus oder die Düngererde, welche aus ver-
westen Thier- und Pflanzenüberresten entsteht. Die Porzellan-
erde wird in China und Japan aus der Erde gegraben, bei uns
aber wird sie durch Mischung künstlich bereitet.
Auch die Steine sind sehr verschieden, wie z. B. Sand- und
/
/
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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342
wir hinlänglich ausgeruht hatten,' setzten wir unsere Reise in einer
andern Richtung fort."
Australien.
160,000 Q.m. und 2 >/2 Mill. Ew.
Australien oder Oceanien besteht aus einer großen und vielen
kleineren Inseln, von welchen immer mehrere zusammen eine Insel-
gruppe oder einen Archipel bilden. Sie haben ein warmes
Klima, das durch die Seeluft sehr gemäßigt wird. Unter seinen
Produkten hat man mehr als tausend vorher unbekannte Pflanzen
gefunden. Die Baumfrüchte sind nicht besonders schmackhaft und
bestehen in holzigen Birnen, die sich zuspitzen, und in Kirschen, deren
Steine auswendig sind. Cedern, Myrten und' Mahagonybäume
giebt es hier so zahlreich, daß man sie zum Bauen und zur Feue-
rung benützt. Eines der merkwürdigsten Thiere ist das Känguruh,
das theils dem Rehe, theils dem Eichhörnchen gleicht und an seinen
Sinterfüßen mit Vogelkrallen versehen ist. Von eben so auffallender
estalt sind der Ameisenigel und dcks Schnabelthier, wel-
ches einen Entenschnabel, am Fuße eine Giftkralle, am Leibe Haare
hat und Eier legt. Außerdem giebt es eine reißende Art von Hun-
den, fliegende Eichhörnchen, den Wombat, der — bei der
Größe des Dachses — dem Bären gleicht. Auch seltsame Vögel
finden sich hier, wie z. B. s ch w a r z e S ch w ä n e mit rothen Schnä-
beln, weiße Falken, schwarze Papageien und die prächtige
Mänura, deren Schweif einer Leyer ähnlich ist.
Außer den europäischen Ansiedlern leben hier zwei verschiedene
Menschcnstämme, die Malaien und die Papuas. Die Malaien
sind durch regelmäßige Formen, bräunliche Haut und langes, weiches
Haar ausgezeichnet. töte haben auf manchen Inseln, wo das Chri-
stenthum bis jetzt keinen Eingang gefunden hat, noch Menschenopfer
und essen Menschenfleisch. Dabei sind sie sehr rachsüchtig, heim-
tückisch und zum Stehlen geneigt. Sie sind geschickte Schiffer, bauen
Kähne und verfertigen allerlei Waffen, Geräthe und bunte Zeuge,
womit sie sich theilweise bekleiden; auch wohnen sie in Dörfern in
schlechtgebauten Hütten. Alle Malaien tätuiren sich, d. h. sie
ritzen genau gezeichnete Figuren am ganzen Körper in die Haut und
reiben sie mit einer gewissen Farbe ein, wodurch die Zeichnung für
immer sichtbar bleibt. Die Papuas haben eine dunkle, fast schwarze
Haut, gehen beinahe ganz unbekleidet, sind häßlich von Gestalt und
fast ganz ohne Geistesfähigkeit, ohne Gesittung und Religion. Sie
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