64
es von einem Ende des Reichs bis zum andern, doch gebürte Berlin
der Vorrang; diese Stadt hat bewiesen, daß sie verdient, der Sitz ihrer
Herrscher zu sein. Freue dich deiner Ehren, wackre Stadt! Die alten
Unbilden sind vergessen. Ruhm und Glück werden wieder ihren Wohnsitz
bei dir aufschlagen. Ich sage nur das Eine: Es war plötzlich, wie durch
ein Wunder Gottes, ein großes und würdiges Volk erstanden.
So hat das preußische Volk sich offenbart; so sind die Wunder, die
uns Deutschen vom Guadalquivir und Ebro, vom Dniepr und von der
Düna verkündigt wurden, auch bei uns erneuet; so ist Gott und Gottes
Kraft und eine Begeisterung, die wir nicht begreifen können, auch unter
uns erschienen. Die Preußen hatten Fehrbellin und Hochstädt, Turin und
Malplaquet, sie hatten die Tage von Roßbach und Leuthen, die Schlachten
von Torgau und Zorndorf — sie haben nie Tage gehabt, wie die von
Groß-Görschen und von der Katzbach, von Dennewitz und von Leipzig;
denn sie haben nie vorher weder mit einem so großen Geiste, noch für
eine so große Sache das Schwert gezogen. Daß wir jetzt frei athmen,
daß wir fröhlich zu den Sternen blicken und Gott anbeten, daß wir
unsere Kinder wieder mit Freuden ansehen können, als die da künftig
freie Männer sein werden: — das danken wir nächst Gott diesen Be-
ginnern der deutschen Herrlichkeit; sie sind uns übrigen Deutschen, wie
verschiedene Namen wir auch führen mögen, die glorreichen Vertreter
und das erste Beispiel der Freiheit und Ehre geworden.
Arndt.
39. Lützow's wilde Zagd.
Was glänzt dort vom Walde im Sonnenschein, hör's näher und näher brausen?
Es zieht sich herunter in düstern Reih'n, und gellende Hörner schallen darein und
erfüllen die Seele mit Grausen. Und wenn ihr die schwarzen Gesellen fragt:
Das ist Lützow's wilde, verwegene Jagd.
Was zieht dort rasch durch den finstern Wald und streift von Bergen zu
Bergen? Es legt sich in nächtlichen Hinterhalt; das Hurrah jauchzt und die Büchse
knallt, es fallen die fränkischen Schergen. Und wenn ihr die schwarzen Jäger
fragt: Das ist Lützow's wilde, verwegene Jagd.
Wo die Reben dort glüh'n, dort braust der Rhein, der Wüthrich geborgen
sich mei da naht es schnell mit Gewitterschein und wirft sich mit rüstigen Armen
hinein uno springt an's Ufer der Feinde. Und wenn ihr die schwarzen Schwimmer
fragt: Das ist Lützow's wilde, verwegene Jagd.
Was braust dort im Thale die laute Schlacht, was schlagen die Schwerter
zusammen? Wildherzige Reiter schlagen die Schlacht, und der Funke der Freiheit
fft glühend erwacht und lodert in blutigen Flammen. Und wenn ihr die schwarzen
Reiter fragt: Das ist Lützow's wilde, verwegene Jagd.
Wer scheidet dort röchelnd vom Sonnenlicht, unter winselnde Feinde gebettet?
Es zuckt der Tod auf dem Angesicht, doch die wackern Herzen erzittern nicht; das
Vaterland ist ja gerettet! Und wenn ihr die schwarzen Gefallnen fragt: Das war
Lützow's wilde, verwegene Jagd.
Die wilde Jagd und die deutsche Jagd auf Henkersbrut und Tyrannen! —
Drum, die ihr uns liebt, nicht geweint und geklagt; das Land ist ja frei, und
der Morgen tagt, wenn wir's auch nur sterbend gewannen! Und von Enkeln zu
Enkeln sei's nachgesagt: Das war Lützow's wilde, verwegene Jagd.
Theodor Körner.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T170: [Schlacht Leipzig Franzose Preußen Napoleon Heer Herzog Ferdinand Jena Braunschweig], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
Autor: Lange, Karl, Weber, Hugo, Jütting, Wübbe Ulrich, Schillmann, Hermann
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
25
rief er dem Wanderer ein „Willkommen!" zu und lud ihn ein, die
Nacht in seiner Hütte zuzubringen und Brot und Wein mit ihm zu
theilen. Ecke nahm die dargebotene Labung dankend an. Als er den
Weg nach Bern erfahren hatte, da mochte er den Tag nicht erwarten,
„denn", sprach er, „es läßt mir keine Ruhe, bis ich den Helden Diet-
rich gefunden habe, und ich könnte daher ohnedies nicht schlafen."
Da eilte er auf dem angewiesenen Wege nach Bern und, ohne einmal
auszuruhen, lief er die ganze Nacht, so schnell, daß er aw frühen
Morgen die Stadt bereits betrat. Die Einwohner der Stadt erschraken
und flohen vor der gewaltigen Erscheinung, denn Helm und Harnisch
des Recken leuchteten, als ob ein Feuer durch die Straßen wandle.
Ecke aber rief laut: „Wo ist denn der Herr Dietrich von Bern? Den
habe ich lange gesucht und manches Land bin ich nach ihm durchwandert.
Drei edle Jungsrauen haben mich hergesandt, die möchten ihn gern
sehen und lassen ihn darum bitten, mit mir nach Köln am Rhein zu
kommen." Der Herr Dietrich aber war gerade am Tage vorher nach
Tirol in's Gebirge geritten, und als Ecke dieses erfuhr, nahm er sein
Schwert zur Hand und stürmte den Tiroler Bergen zu. Die Bürger
traten auf die Mauern und schauten ihm verwundert nach; sie waren
aber froh, als er mit raschen Schritten ihren Blicken entschwand, denn
sie hatten ihm wenig Gutes zugetraut.
Den ganzen Tag war Ecke bereits in dem Gebirge hin- und
hergelaufen, überall hatte er den Berner gesucht, aber bis jetzt noch
nicht gefunden. — Schon begann der Abend zu dunkeln; da kam er
an einen schmalen Steig, der zu einer großen Linde führte. Er ging
auf dieselbe los und fand an einem Äste der Linde ein Roß ange-
bunden; nicht weit davon aber lag ein verwundeter Ritter. Sein
Panzer war ihm ganz und gar zerschlagen, und eine große Lache
Blutes war den Wunden des Ritters entströmt.
Ecke ging zu dem Verwundeten und ihn theilnehmend betrachtend,
fragte er ihn, woher er gekommen sei und wer ihm so tiefe Wunden
geschlagen habe.
Dieser erwiderte nur: „Dietrich von Bern war es, der mich so
schlug. Äch, mit ihm zu kämpfen, sollte niemand wagen, denn niemand
darf ihn zu bestehen hoffen."
Unterdessen hatte Ecke die Wunden näher betrachtet und mit seinen
Händen die Größe derselben gemessen. Da mußte er allerdings staunen,
und verwundert rief er aus: „Wahrlich, so breite und so tiefe Wun-
den habe ich noch nie gesehen, und ich habe doch so manchen Kampf
mitgemacht. An dir, Held, ist ja nichts ganz geblieben, und weder
Schild noch Helm hat dich geschützt. Fast möchte ich glauben, dast
diese Wunden gar nicht von einem Schwerte geschlagen seien, sondern
daß der wilde Donnerschlag vom Himmel das gethan habe."
„Nein", erwiderte der Wunde, „der Donner hat mir nichts gethan;
aber Dietrich's Schwert ist gut, und sein Arm ist stark. Mit drei
andern Helden bin ich vom Rheine weggeritten, und um schöner Frauen
willen wollte ich mir im Kampfe Ruhm erwerben. Nun sind wir
aber Dietrich begegnet, und während er meine Gefährten sofort zu
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Autor: Lange, Karl, Weber, Hugo, Jütting, Wübbe Ulrich, Schillmann, Hermann
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
72
32. Wickher.
Fern von des Rheines Heimatstrand zog in's gelobte heil'ge Land
mit Gottfried Bouillon schlecht und recht, Wickher, ein deutscher Lanzen-
knecht. Durch Palästina's Berg' und Thale ward's manchem heiß im
Sonnenstrahle, die Rüstung, die der Recke trug, drückt' ihn und seinen
Gaul genug. Da dacht' er an den grünen Rhein und seinen kühlen,
goldnen Wein; und wie er dachte, wie erträumte, kam's, daß er hinterm
Zuge säumte. Er sprach: „Die Hitze drückt zu sehr, zur Nachtzeit hol'
ich ein das Heer!" Und legt' sich in die hohle Heide, das Rößleiu
labt sich auf der Weide. Doch will ihn kaum der Schlaf umhüllen,
da störet ihn ein furchtbar Brüllen, und sieh, es stürzt ein mächtig Thier
auf's Rößlein aus dem Waldrevier. Der wackre Deutsche war nicht faul,
er liebte seinen treuen Gaul, war gleich bereit, mit Schild und Schwert
zu kämpfen für das gute Pferd.
Kaum sieht das Thier den fremden Mann, läßt es das Roß und
fällt ihn an. Da sieht er weh'n die langen Mähnen, dazwischen den
weiten Rachen gähnen, die Augen blitzten wie Feuer hell, der Leib ist
stark, die Füße schnell, es springt an den Schild mit der Krallentatze.
„Ei", rief der Knecht, „verfluchte Katze!" Und rüstig spaltet er sogleich
des Thieres Haupt mit einem Streich. Voll Schmerzen brüllt's zum
letzten Mal, und röchelnd stürzt es dann zu Thal. Der Deutsche sieht's
mit kaltem Blut; da scheint der Pelz ihm gar zu gut, er trennt ihn
sauber mit dem Schwert und legt ihn hinten auf das Pferd.
Der Abend kam indes heran, und weiter zog der deutsche Mann.
So kam er in ein Dorf geritten, da liefen die Leute aus den Hütten
und staunten an die zottige Haut, riesen ihm zu und jubelten laut,
sagten, nun wäre die Gegend frei, er habe erlegt den großen Leu. Als
er die Männer höret sagen, daß er der Thiere König erschlagen, von
dessen Muth und wilder Stärke man ihm erzählt viel Wunderwerke, da
wendet sich der Knecht fürbaß, der längst den harten Strauß vergaß,
besieht die Haut sich für und für: „Eine gelbe Katze schien es mir.
Längst hätt' ich gern den Leu geseh'n, nun ist's mir schier im Traum
gescheh'n, daß ich gar einen hab' erschlagen!" Und ritt davon mit gutem
Behagen. Wolfg. Müller.
33. Kinderkreuzzug.
Ein fremder Knabe wandelt singend von Land zu Land,
um alle Kinderherzen schlingend ein Zauberband.
Nach Thüringens so schönen Gauen den Weg er nahm,
doch keiner weiß, so viel ihn schauen, woher er kam.
Wohin er kommt, ruft er die Knaben zu sich heran,
und hebt mit wunderbaren Gaben zu singen an.
Bald ist's, als wallten Engelstimmen sanft erdenwärts,
bald scheint sein Lied emporzuschwimmen an Gottes Herz.
Bald scheint zu jubeln, bald zu klagen sein leiser Sang,
bald himmelan den Flug zu wagen im heißen Drang.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Autor: Lange, Karl, Weber, Hugo, Jütting, Wübbe Ulrich, Schillmann, Hermann
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
54
33. Soll werden seinem König gleich,
ein hohes Heldenbild;
soll führen die Färb' von manchem Reich
rn seinem Banner und Schild.
34. Soll greifen in manches Königs Tisch
mit seiner freien Hand;
soll bringen zu Heil und Ehre frisch
sein seufzend Mutterland!"
Uhland.
19. Roland's Tod.
(Sage.)
Nachdem der herrliche Kaiser Karl ganz Spanien sich unterworfen
und zum Glauben an Gott bekehrt hatte, zog er sich zurück und kam
nach Pampelona und ruhte dort einige Tage aus mit seinem ganzen
Heere. In Saragossa aber waren zwei sarazenische Könige, die Brü-
der Marsilies und Beligand, die der Sultan von Babylon dahin
geschickt hatte. Sie waren dem Kaiser Karl unterthänig geworden
und dienten ihm scheinbar in allen Stücken; aber sie meinten es nicht
ehrlich mit ihrer Treue und Anhänglichkeit an ihn. Da schickte der
Kaiser ihnen Ganelon zu, der zu den zwölf besten Mannen Karl's
gehörte, aber Untreue im Herzen trug, und ließ ihnen sagen, daß sie
sich taufen lassen oder ihm Tribut schicken sollten. Sie schickten ihm
dreißig Rosse mit Gold und Silber und feinen Gewändern beladen,
vierzig Rosse mit dem süßesten und reinsten Weine und ebenso viel
auch für die andern Kämpfer, und tausend schöne Maurinnen. Dem
Ganelon aber boten sie zwanzig Rosse mit Gold und Silber und
feinen Gewändern beladen, wenn er die Krieger Karl's in ihre Hand
liefern wollte. Darein willigte Ganelon und empfing den Lohn.
Nachdem sie dann alles wohl mit einander verabredet hatten, kehrte
Ganelon zu König Karl zurück und gab ihm die Schätze, welche die
maurischen Könige'ihrem Oberherrn darbrachten, und sagte dem Könige,
daß Marsilies Christ werden wolle und sich schon vorbereite, in's
Frankenreich zu Karl zu gehen, um dort bei diesem die Taufe zu em-
pfahen, und daß er dann Spanien vom Könige Karl zu Lehen em-
pfangen wolle. Karl schenkte den Worten Ganelon's Glauben und
schickte sich an, die Pässe der Pyrenäen zu übersteigen. Ganelon
gab ihm ferner den Rath, er sollte seinem Neffen Roland und dem
Grafen Oliver den Nachtrab übergeben, daß diese mit zwanzigtausend
Streitern im Thale Ronceval die Wacht hielten, bis Karl und das
ganze Frankenheer wohlbehalten hinübergekommen seien. So geschah
es. Aber einige aus dem Heere überließen sich zügellosem Leben und
allerlei Ausschweifungen, und dafür mußten sie bald den Tod erleiden.
Während Karl mit Ganelon und Erzbischof Turpin und vielen
Tausenden der christlichen Streiter die Pässe überstieg, hielten Roland
und Oliver mit ihren zwanzigtansend Kriegern treue Wacht. Aber
in der Frühe eines Morgens stiegen Marsilies und Beligand mit
fünszigtausend Kriegern von den Hügeln und aus den Schluchten, wo
sie sich auf Ganelon's Rath zwei Tage und zwei Nächte lang verbor-
gen gehalten hatten. Sie machten zwei Haufen, den einen von zwan-
zigtausend, den andern von dreißigtausend Kriegern, und als der größere
Haufe noch zurück war, griff der kleinere Haufe die Franken sofort
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl Karl Marsilies_Christ Karl Karl Karl Karl Karl Karl Roland Oliver Karl Karl Karl Karl Roland Oliver
Autor: Lange, Karl, Weber, Hugo, Jütting, Wübbe Ulrich, Schillmann, Hermann
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
10
die Kriegsgesellen, die Teutonen, kamen nicht. Plötzlich war Marius
da. Die Cimbern schickten Gesandte an ihn und verlangten Land für
sich und ihre Brüder. „Welche Brüder?" fragte Marius. — „Die Teu-
tonen!" antworteten sie. — „Denen ist schon ein Land angewiesen,
welches sie nimmer verlassen werden!" rief Marius lachend. Die Ge-
sandten drohten ihm wegen seines Hohnes und meinten, die Teutonen
würden früh genug da sein. „Meint ihr?" erwiderte Marius. „Nun ja,
sie sind schon da, und es wäre nicht hübsch von mir, wenn ich euch
ziehen ließe, ohne euch eure Brüder zu zeigen." Auf seinen Wink führte
man Teutoboch und die andern Gefangenen in Ketten herein. Als die
¡ Kunde davon in das Lager der Cimbern kam, war jedes Herz voll Wnth
und Rache, und Bojorix, der Herzog, ritt vor das Lager des Marius
und rief um Ort und Zeit zur Schlacht. „Uebermorgen bei Vercellä!"
bekam er zur Antwort. Also geschah es. Am Morgen des dritten Tages
— es war in: Jahre 101 vor Christi Geburt — standen die Cimbern
und Römer einander gegenüber. Die Borfechter in den ersten Reihen
der Cimbern hatten sich mit Ketten aneinander geschlossen. Im Früh-
nebel begann die Schlacht. Schon wollten die Römer erliegen; da
schwinden plötzlich die Nebel, die Sonne blendet die Cimbern, der Wind
treibt ihnen die Staubwolken ins Gesicht, die ungewohnte Hitze ermattet
sie; es entsteht Verwirrung. Jetzt hebt das Würgen an und währt den
ganzen Tag. Bojorix fällt; zwei Anführer werden gefangen; zwei andere
fassen sich fest an den Händen, legen die Schwerter einer an des andern
Brust und durchbohren sich so, um doch als Freie zu sterben. 90,000
Landsleute waren erschlagen. Als alles verloren war, fochten die Weiber
noch fort und erdrosselten endlich in Verzweiflung ihre Kinder und sich
selber. Die treuen Hunde vertheidigten noch lange die Wagenburg. So
erlagen die deutschen Stämme;' aber lange noch ehrte und scheute das
römische Volk das deutsche Heldenthum. Duller.
3. Drusus' Tod.
1. Drusus ließ in Deutschlands Forsten
goldne Römeradler horsten,
an den heil'gen Göttereichen
klang die Axt mit freveln Streichen.
2. Siegend fuhr er durch die Lande,
stand schon an der Elbe Strande,
wollt' hinüber jetzt verwegen,
als ein Weib ihm trat entgegen.
3. llebermenschlich von Gebärde,
drohte sie dem Sohn der Erde:
„Kühner, den der Ehrgeiz blendet,
schnell zur Flucht den Fuß gewendet!
4. Jene Marken unsrer Gauen
sind dir nicht vergönnt zu schauen,
stehst am Markstein deines Lebens,
deine Siege sind vergebens.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T55: [Rom Krieg Römer Jahr Heer Cäsar Hannibal Pompejus Marius Schlacht], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: Marius
da Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius Drusus
Autor: Lange, Karl, Weber, Hugo, Jütting, Wübbe Ulrich, Schillmann, Hermann
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
20
Da das Schlachtenglück sich wendete, schritt er zurück mit seinem
Gesinde, das ihm folgte auf dem Kriegspfade von Land zu Land;
langsam und zornig wie ein brummender Bär wich er zum Ufer,
wo am Fusse des Felsens die Kähne lagen. Dort trieb er zu-
sammen die Frauen des Heeres, die Schicksalsverkünderinnen, die
Blutbesprecherinnen, und zwang sie zur Abfahrt, dass die heiligen
Mütter dem Schwerte der Römer entrannen. Auch den Sänger
drängte er hinab in den Kahn, und er selbst umschanzte hoch-
herzigen Sinnes die Stelle der Abfahrt mit Waffe und Leib. Ge-
löst war das Leitseil, die Kähne schwebten, umschwirrt von den
Speeren der Römer, auf grüner Flut; die Feinde drängten, und müh-
sam kämpfte die Schar am Fusse des Felsens den letzten Kampf.
Da schaute der Held auf dem Steine über seinem Haupte den
Drachen des Cäsar, den grimmigen Wurm, und im Sprunge durch-
brach er die Wachen des Römers; er sprang auf den Stein, mit
Bärengriffe fasste er den Riesen, der das Banner trug, und warf
ihn vom Felsen. Leblos tauchte in die Fluten der Römer, und
das Banner erhebend, rief der Held gewaltig den Schlachtruf und
sprang mit dem Drachen hinab in den Strom. Ein Wuthgeschrei
gellte aus Römermunde; die bittere Schmach vor den Äugendes*
Cäsars zu rächen, den Kühnen zu schlagen, das heilige Zeichen
der Römer zu retten, warf Mann und Ross sich wie toll in den
Strom. Doch abwärts trieb im wirbelnden Strome der rothe Drache
und der siegreiche Held. Noch einmal sah ich den Arm ihn heben
und schütteln das Banner, dann sah ich ihn nimmer. Der Cäsar
liess suchen an des Stromes Rande auf beiden Ufern mit trübem
Sinn; zwei Tage darauf fand weit abwärts ein Späher am Ala-
mannenufer den Bannerspeer; den Drachen des Feindes brachte
keiner zurück. Da kehrte den Männern an den Ufern des Rheines
der Muth in die Seelen, der Siegeszauber des Cäsars war im
Strome verloren, und vergeltendes Unheil nahte dem Römerheere.
Gesandte der Katten, die aufwärts kamen, um dem Römervolk
Bündnis zu bieten, sie hemmten die Reise, da sie erfuhren das
böse Vorzeichen. Gerochen war der Hohn des Siegers durch
starken Arm und geschwunden von der Männererde König Ingo,
der Held.“
Der Sänger schwieg und beugte das Haupt über das Saiten-
spiel; still war es in der Halle, wie nach einer Todtenklage, die
Augen der Männer glänzten, und in den Gesichtern arbeitete die
Bewegung, aber in keinem mehr als in dem des Fremden. Da
der Sänger eintrat und im Vorübergehen sein Gewand berührte,
hatte er das Haupt niedergebeugt und, wie sein Nachbar Wolf
ohne Freude wahrnahm, an dem Berichte des Säugers weniger
Theil genommen, als einem Krieger schicklich war, und die Bank-
genossen hatten auf ihn gewiesen und spottende Worte getauscht.
Als aber der Sänger von dem Kampfe um das Drachenbild begann,
da hob er das Antlitz, ein rosiges Licht flog über seine Züge und
so strahlend und verklärt war der Blick, den er nach dem Sänger
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: Cäsar Cäsars Cäsar Cäsars Wolf
Autor: Lange, Karl, Weber, Hugo, Jütting, Wübbe Ulrich, Schillmann, Hermann
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
21
warf, dass, wer auf ihn sah, die Augen nicht abwenden konnte;
wie ein Goldschein hob sich das helle Lockenhaar um das be-
geisterte Antlitz. Und als der Sänger schwieg, sass er noch
unbeweglich.
„Sieh dort hin, Volkmar!“ rief eine tiefe Frauenstimme, vor
Bewegung zitternd, und alle Blicke folgten der Richtung, nach
welcher die Hand Irmgards wies, die hoch aufgerichtet in der Halle
dastand.
Der Sänger fuhr empor und starrte nach dem Fremden: „Der
Geist des Stromes gab den Helden zurück!“ rief er entsetzt; doch
gleich darauf sprang er vor: „Selig ist der Tag, an dem ich dich
schaue, Held Ingo, Ingberts Sohn, du mein Retter, der letzte
Kämpfer in der Alamannenschlacht!“
Die Gäste fuhren von ihren Sitzen, die Halle erdröhnte vom
Jubelruf. Der Sänger stürzte auf Ingo zu, beugte sich auf seine
Hand und rief: „Leibhaftig halte ich dich! niemals ward meinem
Liede so schöner Lohn!“ So führte er den Fremden an den Tisch
des Fürsten, der ihm mit nassen Augen entgegeneilte: „Gesegnet
seist du, heldenhafter Mann, heut fällt mir schwere Last vom
Herzen, ich wusste wohl, nicht lässt sich bergen des Helden Ruhm.
Sei gegrüsst in meinem Hause, du Gastfreund aus der Väter Zeit.
Rückt den Sessel, Knaben, dass der Fürst sich den Edlen meines
Volkes geselle! Trage Wein herzu, Schenk; im Festbecher, mit
dem Römertranke aus Römergolde trinken wir Heil dem königlichen
Helden, dem Sohne unserer Götter!“ Gustav Freytag.
(Ingo und Ingraban.)
Die Völkerwanderung.
7. Attila, die Gottesgeitzet.
In der Ebene zwischen der Donau und der Theiß in Ungarn,
in einem sehr großen, von Pfahlwerk umgebenen Dorfe, erhob sich
ein hölzernes, mit vielen Hallen und Gängen geziertes Gebäude, die
Wohnung Attila's oder Etzel's, des Königs der Hunnen. Er hatte
das bis dahin unter vielen Oberhäuptern zertheilte Volk zu einer a7
Herrschaft vereinigt. Nicht nur die Hunnen, sondern auch alle
anderen, von der Wolga bis zur Donau wohnenden Völker gehorchten
seinen Geboten; er war Herr der Gepiden, Langobarden,!^
Avaren, Ostgothen und vieler Völker im südlichen Deutschland. A
Attila war klein von Wuchs, hatte einen großen Kopf, tiefliegende ’
Augen, die er stolz umherwarf, eine breite Brust, sehr viel Leibeskraft
und einen Gang und eine Haltung, die zeigten, daß er in allem den
Gebieter darstellte, wie denn sein liebster Name Godegisel, Geißel
Gottes zur Bestrafung der Welt, war. Schrecklich gegen seine Feinde
und im Zorne vernichtend, war er doch auch voll Güte gegen die,
welche er in seinen Schutz genommen hatte. Im Kriege führte er
«
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T192: [Italien Reich Gallien Volk Land Römer Donau Hunnen Jahr König], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Volkmar! Irmgards Ingo Ingo Schenk Gustav_Freytag Gustav Ingo Attila Attila
Extrahierte Ortsnamen: Donau Ungarn Donau Ostgothen Deutschland Gottes
Autor: Lange, Karl, Weber, Hugo, Jütting, Wübbe Ulrich, Schillmann, Hermann
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
26
Tode geschlagen, hat er mich so zerhauen, daß auch mein Leben nur
noch kurze Zeit währen kann."
Als Ecke nach dem Namen des Verwundeten fragte, nannte sich
dieser Helferich von der Lune. Darauf fragte Ecke weiter nach Diet-
riches Größe und Aussehen, ob er nicht auch schon graue Haare habe,
und erzählte dann, daß er von drei Jungfrauen gesandt sei, um ihn
nach Köln zu holen. Da sprach aber der Wunde: „Ich habe noch nie
einen kühneren Mann gesehen als Dietrich, und ein ganzes Heer
möchte wohl nicht hinreichen, um ihn zu bekämpfen. Sein Antlitz ist
schön und seine Gestalt schrecklich, sein ganzer Leib aber ist mit Stahl
lntb Eisen bedeckt, so daß ich euch über die Farbe seiner Haare nichts
sagen kann. Wenn ich euch jedoch einen guten Rath geben soll, so
sucht den Helden nicht auf. Ob ihr auch größer seid, als er, so
werdet ihr doch nichts gegen ihn ausrichten. Sein Schwert ist so
gnt, daß auch eine Mauer, wenn er auf sie schlüge, davon in Stücken
gehen müßte."
Ecke ließ sich dadurch nicht beirren und meinte: „Du kennst mich
nicht, sonst würdest du anders sprechen. Auch ich trage ein gutes
Schwert, das ist wohl mehr werth als ein ganzes Land, und mit dem
will ich deiner Freunde Tod und dich selbst an dem Berner rächen."
Der Verwundete sah, daß sein Warnen umsonst war, und sprach
daher: „So nehmet, Herr, wenigstens mein Roß, das dort angebun-
den steht. Es ist ein gutes Roß und mit ihm werdet ihr den Berner
bald eingeholt haben." Wie das Roß der Königin Seebnrg, so ver-
schmähte Ecke auch dieses. „Laß nur dein Roß," sprach er, „mich
vermöchte es doch nicht zu tragen, und dir kann es vielleicht noch
nützen, wenn du von deinen Wunden genesen solltest. Zeige mir aber
die Richtung, nach welcher sich der Berner entfernt hat, damit ich ihm
nun nacheile."
Der Wunde zeigte dem kühnen Läufer den Weg, dann bat er
noch, daß Ecke die Rosse seiner drei Freunde, die nicht weit von dem
Orte an einen Baum angebunden waren, losbände, damit sie nach
ihrem Belieben im Walde grasen könnten und vielleicht doch noch
jemand zu Nutzen kämen. Ecke that, wie der Wunde gebeten; des
Wunden Roß ließ er aber angebunden, damit dieser es leicht erlangen
könnte, wenn er seiner doch noch bedürfte. Schließlich verband er,
obgleich er wenig davon verstand und so gut es gehen wollte, die
Wunden des armen Zerschlagenen; dann schied er von dannen, mit
großen Schritten dem Berner nacheilend.
Immer dichter und dunkler ward der Wald, durch den Ecke dem
Berner nachlief. Nur die Panzer und Helme durchleuchteten das
Dunkel, und der Glanz von Dietriches Helme war endlich auch der
.Leitstern, der Ecken auf die rechte Fährte brachte.
Dietrich bemerkte ebenfalls, daß es im Walde plötzlich heller ward
als gewöhnlich. Er ahnte aber nicht, daß dieser neue Glanz von einem
Gegner ausströme, der ihn verfolgte; er meinte vielmehr, all' dieser
Glanz entströme seinem eigenen Helme. Darum sprach er zu diesem:
„Wie herrlich leuchtest du heute! Wahrlich, die Hand, die dich geschmie-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Autor: Lange, Karl, Weber, Hugo, Jütting, Wübbe Ulrich, Schillmann, Hermann
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
43
Alle, die es sahen, mußten ihm das Zeugnis geben, er sei der
stärkste und unerschrockenste Held unter allen Männern der Erde.
Als sich die Jagdgesellen zu Tisch setzten, waren die Speisen gut
und reichlich, aber alle scharf gesalzen und an einem guten Trünke fehlte
es gänzlich. Als Siegfried, der heftigen Durst hatte, darüber klagte,
schob Günther die Schuld auf Hagen, und dieser sagte zu seiner Ent-
schuldigung, er habe geglaubt, die Jagd solle im Spessart stattfinden,
und deshalb sei der Wein dorthin vorausgeschickt.
„Hätten wir nur ein fließendes Wasser in der Nähe!" sagte
Siegfried.
„Ich kenne", sagte Hagen, „in der Nähe einen kühlen Born, der
die Wurzeln einer schönen Linde netzt, dorthin können wir ziehen und
unseren Durst löschen."
Das gefiel dem Helden, und schon waren sie auf dem Wege, da
sagte Hagen: „Alle Welt rühmt des Helden Siegfried Schnelligkeit,
möchte er uns sehen lassen, daß niemand ihm im Laufe folgen kann."
„Laßt uns immerhin einen Wettlauf nach dem Brunnen veran-
stalten", sagte Siegfried, „und wenn es euch recht ist, so will ich mir
die Wette noch schwerer machen und mein ganzes Jagdgeräth, Gewand
und Waffen, bei mir behalten, während ihr die Oberkleider ablegen und
also leichter mit mir laufen mögt."
Den Vorschlag pießen Hagen und Günther sich gern gefallen und
legten die Oberkleider ab und liefen wie zwei wilde Panther durch den
Klee; aber Siegfried kam viel früher als sie an den Born, wo er den
Speer an die Linde stellte und Schild und Schwert, Bogen und Köcher
an dem Brunnen niederlegte; aber den kühlen Trunk gönnte er sich
trotz seines Durstes noch nicht, sondern wartete ehrerbietig, bis Günther
kam, denn ihm als dem Herrn des Landes gebürte die Ehre des
ersten Trunkes.
Aber schmachvollen Lohn erhielt der Held für diese Ehrerbietigkeit.
Denn als er den König Günther hatte trinken lassen und sich nun selbst
zu der kühlen Flut niederbeugte, da trug Hagen schnell Siegfried's
Schwert und Bogen aus die Seite, ergriff rasch den an die Linde ge-
lehnten Speer und schleuderte ihn, während Siegfried noch trank, durch
das Kreuz, das Kriemhilde auf des Gatten Gewand genäht hatte, daß
das Blut des Helden hoch an seinem Mörder emporspritzte.
Wüthend sprang der Todwunde, dem die Speerstange noch zwischen
den Schulterblättern aus dem Leibe hervorragte, vom Brunnen aus und
suchte vergebens Schwert und Bogen, ergriff sodann den Schild, stürzte
mit ihm dem fliehenden Hagen nach und traf, ob er gleich bis in's innerste
Leben verwundet war, den schnöden Meuchelmörder so gewaltig auf's
Haupt, daß er niederstürzte und unrettbar verloren gewesen wäre, wenn
Siegfried sein gutes Schwert zur Hand gehabt hätte. Aber schon be-
gannen dem herrlichen Helden die Kräfte zu schwinden, und mit dem
Zeichen des Todes auf dem bleichen Antlitze sank Kriemhildens Gatte in
die Blumen, über die sein Herzblut sich in breiten Strömen ergoß.
Noch einmal raffte sich der Sterbende auf und rief Wehe über den
feigen Mord, den er zum Lohne für seine treue Freundschaft erleiden
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T41: [König Siegfried Held Hagen Mann Günther Frau Gudrun Kriemhild Tod], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Autor: Lange, Karl, Weber, Hugo, Jütting, Wübbe Ulrich, Schillmann, Hermann
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
80
38. Schwäbische Kunde.
Als Kaiser Rothbart lobesam zum heil'gen Land gezogen kam,
da mußt' er mit dem frommen Heer durch ein Gebirge, wüst und
leer. Daselbst erhub sich große Notß, viel Steine gab's und wenig
Brot, und mancher deutsche Reitersmann hat dort den Trunk sich
abgethan. Den Pferden war's so schwach im Magen, fast mußte der
Reiter die Mähre tragen. Nun war ein Herr aus Schwabenland,
von hohem Wuchs und starker Hand; des Rößlein war so krank und
schwach, er zog es nur am Zaume nach; er hätt' es nimmer auf-
gegeben, und kostet's ihm das eigne Leben. So blieb er bald ein
gutes Stück hinter dem Heereszug zurück.
Da sprengten plötzlich in die Quer fünfzig türkische Reiter daher;
die huben an auf ihn zu schießen, nach ihm zu werfen mit den Spießen.
Der wackre Schwabe forcht sich nit, ging seines Weges Schritt vor
Schritt, ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken und thät nur spöttlich
um sich blicken, bis einer, dem die Zeit zu lang, auf ihn den
krummen Säbel schwang. Da wallt dem Deutschen auch sein Blut,
er trifft des Türken Pferd so gut, er haut ihm ab mit einem Streich
die beiden Vorderfüß' zugleich.
Als er das Tjier zu Fall gebracht, da faßt er erst sein Schwert
mit Macht; er schwingt es auf des Reiters Kopf, haut durch bis
auf den Sattelknopf, haut auch den Sattel noch zu Stücken und tief
noch in des Pferdes Rücken. Zur Rechten sieht man wie zur Linken
einen halben Türken heruntersinken. Da packt die andern kalter Graus;
sie fliehen in alle Welt hinaus, und jedem ist's, als würd' ihm mitten
durch Kopf und Leib hindurch geschnitten.
Drauf kam des Weg's 'ne Christenschar, die auch zurückgeblieben
war; sie sahen nun mit gutem Bedacht, was Arbeit unser Held ge-
macht. Von denen hat's der Kaiser vernommen; der ließ den Schwaben
'vor sich kommen; er sprach: „Sag' an, mein Ritter wert», wer hat
^dich solche Streich' gelehrt?" Der Held bedacht' sich nicht zu lang:
„Die Streiche sind bei uns im Schwang', sie sind bekannt im ganzen
Reiche, man nennt sie halt nur Schwabenstreiche!" uhland.
39. Friedrich Rothbart.
Tief im Schlosse des Kyffhäusers,
bei der Ampel rothem Schein,
sitzt der alte Kaiser Friedrich
an dem Tisch von Marmorstein.
Ihn umwallt der Purpurmantel,
ihn umfängt der Rüstung Pracht;
doch auf seinen Augenwimpern
liegt des Schlafes tiefe Nacht.
Vorgesunken ruht das Antlitz,
driu sich Ernst und Milde paart;
durch den Marmortisch gewachsen
ist sein langer, goldner Bart.
Rings wie eh'rne Bilder stehen
seine Ritter um ihn her,
harnischglänzend, schwertumgürtet,
aber tief im Schlaf wie er.
Heinrich auch, der Ofterdinger,
ist in ihrer stummen Schar,
mit den liederreichen Lippen,
mit dem blondgelockten Haar.
Seine Harfe ruht dem Sänger
in der Linken ohne Klang;
doch auf seiner hohen Stirne
schläft ein künftiger Gesang.
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Rothbart Friedrich Friedrich Friedrich Ernst Heinrich Heinrich