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Britannien, über die Wogen), Räch England laufen alle Radien des
Seeverkehrs zusammen, und das leuchtet nicht nur den Europäern
ein, sondern auch den Amerikanern. Hat man doch triumphierend
auf die verblüffende Thatsache hingewiesen, daß der schnellste Weg,
um von New-^)ork aus Post, Passagiere und Güter nach Brasilien
zu bringen, über den britischen Hafen — Liverpool führt. Und
andererseits hat England von dem Mutterlande aus ein Kolonial-
reich erworben, das den sünsten Teil der nicht vom Wasser bedeckten
Landmasse unserer Erdoberfläche einnimmt. Wenn man weiter be-
denkt, daß der vierte Mensch auf Erden ein englischer Unterthan ist,
wird man das stolze Wort des Staatsmannes Fox begreisen können:
England ist nur unser Absteigequartier, aber die Welt, die Welt —
das ist das eigentliche England! 1
Wir treten in die dritte Periode der englischen Geschichte, in die
Zeit des kolossalen industriellen Ausschwungs, die England „zur
größten Werkstätte der Welt" gemacht hat. Die vorhandenen physi-
kalischen Anlagen des Landes haben, wie Ritter sagt, diese staunens-
werte Metamorphose herbeigeführt. Die unerschöpflichen Mineral-
schätze des Bodens fanden dann erst ihre wahre Verwertung, als die
schwarzen Diamanten, an denen England gleichermaßen reich ist, in
ihrer Verwendbarkeit für den Maschinenbetrieb richtig erkannt waren.
So hat sich Englands neueste Zeit eigentlich aufgebaut auf den drei
Faktoren Eisen, Steinkohle und Dampfmaschine. Die Jndustrie-
bezirke Englands drängen sich sozusagen um die Irische See herum
und haben, abgesehen von den großen Kohlenlagern von Rewcastle
und Südwales hauptsächlich ihre Stätte in dem westlichen Mittel-
england und den Lowlands von Schottland, wozu noch in Irland,
allerdings ohne die gleichzeitige Ausbeutung der unterirdischen Kohlen-
schätze, die berühmte Leinenindustrie der Provinz Ulster kommt.
Die Kohlenflöze haben in England einen fast unerschöpflichen Reich-
tum. Es arbeitet in den Bergwerken eine halbe Million Arbeiter;
bis unter das Meer werden in den Küstenstrichen die Atollen ge-
trieben, so daß man zu Häupten die Brandung der See rauschen
boren kann, und man rechnet aus den Kops der Bevölkerung einen
Verbrauch von 4000 kg Kohlen. Da das Klima äußerst milde ist,
— die englische Sprache kennt kein Wort für Schlitten — alfo zum
Heizen nicht viel Kohlen im Lande verwendet werden, so kann man
sich denken, einen wie enormen Verbrauch die industriellen Zwecke
für sich in Anspruch nehmen. Und hier hat sich der kaufmännische
Geift des Volkes und seine praktische Anstelligkeit in glänzendster
Enthaltung gezeigt. Ter oben erwähnte Ritter sagt staunend, daj;
* Daher hat auch der Seeheld Nelson die meisten Denkmäler in England.
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Extrahierte Personennamen: Ritter Nelson
Extrahierte Ortsnamen: Britannien England Brasilien Liverpool England England England England England Englands Englands Schottland Irland England England
— 24 —
und schon darin wird ein Faktor der Bedeutsamkeit gegeben, daß
Frankreich überhaupt Anteil am Mittelmeer hat, das, Uue es neulich
noch Höckel ausgesprochen hat, als das „interessanteste aller Meere"
bezeichnet werden muß. Die Franzosen hat es daher auch von je
mehr zum Mittelmeer als zum Ocean gezogen, und ihr politischer
Ehrgeiz laust darauf hinaus, das Mittelmeer zu einem französischen
See nmznstempeln.1 Sie haben am afrikanischen Rande wichtige
Kolonieen erworben - und wachen eifersüchtig darüber, daß der Kanal
von Suez ihnen jederzeit offen steht. Die Flotte überhaupt, hat
man gesagt, ist für den Franzosen mehr eine Frage der politischen
Notwendigkeit, und ihn fesselt vor allem sein schönes Heimatland.
Wir wollen uns jetzt diese belle France etwas näher ansehen.
Ein Blick aus die Karte überzeugt uns, daß wir in dem heutigen
Frankreich den Nordwesten von dem Südosten und Süden unter-
scheiden müssen. Dort haben wir Getreide- und Waldboden, hier
von Burgund bis Bordeaux die Rebenzucht, wozu noch im Süden
die Pflege des Maulbeerbaums, der Olive hinzutritt, so daß Seide,
Ol und Südfrüchte als einheimische Erzeugnisse in Betracht kommen.
Dort herrscht die Sprache langue d'oni, hier gilt die langue d'oc,
die provenyalische Mundart: dorthin sind Franken eingewandert, hier
sinden wir Burgunden und Westgoten als älteste germanische Zuzügler
vor; dort ist kirchliche ^Einheit vertreten gewesen unter dem rex
christianissimus oder tres chretien, hier hat sich seit den Zeiten der
Albigenser und Reformierten die Ketzerei geltend gemacht. Die Haupt-
fache aber ist, daß sich von der breit gelagerten Ebene des Nord-
Westens, ebenso hier wie in England und Deutschland, die monarchische
Einheit des Landes vollzogen hat. Dank solchen energischen Königen
wie Ludwig Xi. und Ludwig Xiv. und den allgewaltigen Ministern
Richelieu und Mazarin hat sich Frankreich zu einem geschlossenen
einheitlichen Staatsgebilde entwickelt und seine politisch überlegene
Stellung sehr auf Kosten des zersplitterten Deutschlands ausgenutzt.
Die schroff durchgeführte Centralifierung in Frankreich schließt nicht
aus, daß wir innerhalb des Landes sehr verschiedenartigen territorialen
Typen begegnen.
Wenn wir nun diese einzelnen Landschasten charakterisieren wollen,
so sehen wir ab von den Territorien, die erst seit wenig über 40 Jahren
sranzöfifch geworden sind, von Savoyen und Nizza. Dort haben..wir
Europas Eisriesen, den Mont Blanc mit seiner unwirtlichen Ode,
hier den entzückendsten Küstenstrich der Riviera mit seinen Palmen
und Agaven. Wir wenden uns zu älterem sranzösischen Besitztum
und beginnen zunächst mit dem Südosten Frankreichs. Das sran-
1 Wecken der Freundschaft mit Italien wurde es auch jüngst genannt: das
lateinische Meer par excellence.
2 Deren Gebiet sich jetzt bis zum Kongo erstreckt.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xi Ludwig Ludwig_Xiv Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Suez Frankreich Burgund Bordeaux England Deutschland Frankreich Deutschlands Frankreich Nizza Europas Frankreichs Italien
— 42 —
Ferner ist zu beachten, daß der Boden dort mit Stauden und Zwiebel-
gewachsen bedeckt ist, daß aber bei dem Mangel an sommerlichem
Regen ganz die rasenbildenden Gräser fehlen. Statt des Rindviehes
und der Pferde erscheinen als Haustiere Büffel und Maultiere. Die
Butter entbehrt man ganz und ersetzt sie durch Ol. — Was sonst
die Vegetationsformen betrifft, so sind ja vom Altertum her bekannt
die Pinie, der Lorbeer und die Cypresse. Letztere in ihrer bleistift-
ähnlichen Form hat den Orientalen als Vorbild für ihre Obelisken und
Minarets gedient. Es hat doch aber in diesen Gebieten künstliche
Einführung und Übertragung fremdartiger Gewächse sehr umgestaltend
auf das Pflanzenkleid eingewirkt. Wir können uns Süditalien und
Sicilien heute gar nicht ohne die stachligen Agaven denken, und doch
sind sie erst seit Entdeckung der neuen Welt dorthin übergesiedelt.
Alan muß es daher als einen Anachronismus bezeichnen, wenn Preller
seine Odysseelandschaften überall mit diesen Agaven schmückt. Zum
heutigen Landschaftsbilde gehören ferner die Agrumen und Gold-
orangen, von den Magnolien mit ihren Tulpenblüten ganz zu ge-
schweigen. Die Citrgsarten sind aber aus Indien über Persien ein-
geführt, und der Name Apfelsine deutet schon ohne weiteres in seinem
Namen: chinesischer Apfel auf die fremdländische Herkunft. Peschel
sagt mit Recht, daß die Flora des europäischen Südens, namentlich
Italiens, mit der Zeit völlig umgewandelt ist und als Kunstprodukt
alter Kulturvölker bezeichnet werden muß. Er fügt dann aber weiter
hinzu, daß die Pflanzengebilde Südeuropas ästhetisch unendlich höher
stehen, und daß man sast betroffen ist, wenn man nach Norden zurück-
kehrt, über „die Ordinärheit der Pflanzenwelt, deren Laub- und
Nadelholzmassen schier ungeschlacht und grob erscheinen. Darum" —
und dies ist sein geistvoller Schluß — „ist der Kunstsinn hier im
Süden so früh geweckt worden. Das Akanthusblatt wurde zum
Vorbilde der Arabesken an der korinthischen Säule, das Laub des
Lorbeers schmückte die Stirn des Siegers, und der Zapfen der Pinie
krönte den Thyrsusstab."
Wenn wir die südeuropäischen Halbinseln betrachten, so gebührt
der mittelsten der Vorzug, den unverfälschtesten Ausdruck dieses be-
sonderen europäischen Ländertypus in sich darzustellen, also Italien.
Das alpine Hochgebirge schützt die Halbinsel gegen alle klimatische
Rauhigkeit des Nordens; nur ab und zu spürt man den Wind, die
tramontana, und namentlich im Süden entwickelt das Land allen
Reiz einer ganz eigenartigen Flora und einer weichen, gleichmäßigen
Himmelsluft. Das sind die Eindrücke, die Platen die Verse eingaben:
Zeit nur und Jugend verlor ich in Deutschland, Lebenserquickung
Reichte zu spät Welschland meinem ermüdeten Geist!
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Extrahierte Personennamen: Alan Peschel
Extrahierte Ortsnamen: Indien Italiens Italien Deutschland Welschland
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anfangs sogar die Schubkarren und die Spaten zur Arbeit gefehlt
haben; dafür legte der Zar selbst Hand an, und die Stadt, an der
man 1703 zu bauen angefangen hatte, konnte schon im zweiten Jahre
des Baues bezogen werden. Allerdings waren von den Arbeitern
100000 umgekommen infolge der Strapazen, der schlechten Ernährung
und der bösen Sumpfluft. Heutzutage ist Petersburg eine Stadt der
Paläste, der einst so reißende Newastrom ist eingedämmt und fließt
8 km entlang zwischen Granitquais; aber die Stadt liegt flach und
niedrig, und ein Steigen des Meeres nur um 5 m würde hinreichen,
um alle Straßen unter Wasser zu setzen. Die Bauart der Stadt ist
weitläufig und ausgedehnt; man entbehrt in Petersburg das dicht-
gedrängte Volksgewühl, wie man es in anderen volkreichen Residenzen
findet. Die charakteristische Gruppierung der Stadtteile und Straßen
fehlt, und das Auge hat keinen Anhaltepunkt in dem Meer von
Palästen.
Auf der nahen Insel Retusari ließ Peter der Große die Festung
Kronstadt anlegen, ebenso wie er am Ladogasee oberhalb Petersburgs
Schlüsselburg erbaute. Nach der Festung Kronstadt sührt durch den
innersten Teil des finnischen Meerbusens der Morskoifanal, der den
Schiffen den Zugang bis nach Petersburg ermöglicht. Denn dieser
innerste Winkel des Meerbusens ist nur seicht; auch sollen die Schiffe
in dem Wasser, das nicht salzig genug ist, leichter faulen und kaum
20 Jahre in ihren Holzteilen unversehrt bleiben. Ein großer Übel-
stand ist es immer, daß die Newa 6 Monate zufriert und daß
dann der Verkehr binnenwärts nur durch Schlitten unterhalten
werden kann. Im Frühling strömen dann ungeheure Massen Binnen-
länder nach der Riesenstadt, so daß man ihre Zahl aus über 150000
schätzt. Dadurch wird das Bild des Völkerlebens in der Stadt außer-
ordentlich mannigfaltig, und in dem großen Newsky Prospekt, der sich
wohl 4 km durch die Stadt zieht, kann man alle Nationalitäten Eu-
ropas vertreten sehen. Das charakteristischte Element ist aber doch
das Militär und die Uniform. Jeder neunte Mensch in Petersburg,
rechnet man, ist Soldat, und zwar erscheinen hier alle Regimenter,
von den Tscherkessen bis zu den Finnen in ihrem nationalen Auf-
putz. Da nun aber in Rußland außer den Soldaten alle Beamten-
klassen und selbst die Gymnasiasten und Studenten uniformiert^sind,
so kann man sich denken, wie das überall von mehrfarbigem ^uche
schimmert und von Goldborten, Litzen und Stickereien blitzt. Nach
Abrechnung der Frauen und Kinder soll wohl die halbe männliche
Bevölkerung uniformiert erscheinen, und die Zahl der in Civil Ge-
kleideten tritt ganz zurück. Um Petersburg herum liegen die kaiser-
lichen Lustschlösser Oranienbaum, Peterhos, „das russische Versailles",
und Zarskoje Selo (d. h. kaiserliches Dorf). Auch die Sternwarte
Pulkowa darf nicht vergessen werden.
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— 115 —
dinavien kann nicht besser charakterisiert werden als durch die schöne
einheimische Sage, daß nämlich, als Gott sein Schöpfungswerk
vollendet hatte, der Teufel herbeieilte und einen ungeheuren schwarzen
Felsblock in das Weltmeer warf. Gott sah erbarmend auf diesen
schauerlichen, ganz unfruchtbaren Erdenfleck hernieder und warf schnell,
was er noch in der Hand hielt von nährender Ackererde über den
Block hin; es reichte allerdings nicht mehr aus, und nur kümmerlich
bedeckte sich der kolossale Stein mit sprossendem Grün. Da segnete
Gott auch diese Erdenstelle, pflanzte den Bewohnern eine unauslösch-
liche Heimatsliebe ein und ließ das angrenzende Meer sich mit Fischen
füllen, die den Norwegern den Lebensunterhalt verschaffen sollten.1
Man hat weiter, um die vertikale Erhebung des Landes zu kenn-
zeichnen, ein hübsches Bild angewandt und will diese nördliche Halb-
insel mit einer von Osten heranbrausenden „Sturmwelle" vergleichen,
„die erstarrt ist, als sie im Begriff stand, sich zu brechen". Daraus
geht hervor, daß wir ein schieses, von Osten nach Westen empor-
gerichtetes Plateau haben, auf dem, wie Peschel sagt, die Kuppen
und Bergspitzen wie Felsblöcke in der Ebene aufliegen. Skan-
dinaviens Felsen sind also durchaus nicht, wie man das früher an-
nahm, ein ausgeprägter „Kiel" (Kjölen), sondern das größte un-
zerstückte Massengebirge ohne Ketten und Kamm. Einförmigkeit
ist der Charakter der norwegischen Plateauländer. Das Auge er-
müdet an der monotonen Fläche, kein zackig geformter Gipfel belebt
die öde Hochebene, und „selbst die Gletscher spreiten sich wie kalte
Leichentücher über Quadratmeilen ohne die mindeste sichtliche Ver-
änderung aus". Überall herrscht die Natur jenes seltsamen Ge-
misches vor, das die Skandinavier einen skog nennen. Die Grund-
fläche ist Fels, darüber ein Teppich von allerlei kleinem Pflanzen-
geftrüpp und zuletzt zu oberst Baumwald. Hieraus ergiebt sich auch
der hohe Wert des norwegischen Holzes; denn auf der felsigen Unter-
läge gelangen die Bäume nur zu langsamem Wachstum, die Jahres-
ringe sind eng, aber auch um so fester das ganze „Holzgewirke". —
In diese Felsenmasse krallt sich nun wie mit „Meeresfingern" die
oceanische Fläche ein, und so entstehen die Fjorde, jene engen, meilen-
weit sich hinziehenden Thäler, deren Sohle der Meeresboden ist und
die eingefaßt sind von senkrecht abstürzenden, himmelhohen Fels-
wänden. In diese Fjorde stürzen in oft gigantischen Wasserfällen
die Flüsse und Gebirgsbäche der Fjelder, und aus diesem Wasser-
reichtum und der treibenden Kraft der Fälle beruht der wirtschaftliche
und industrielle Charakter des Landes. Norwegen ist „das Paradies
der Wasserfälle"; durch sie ist es mit einem Element beschenkt, „dessen
nutzbare Kraft unerschöpflich ist und alle Dampfmaschinen überwiegt,
1 Nach Mügge.
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— 126 —
Zeit haben auch die poetischen Künste in Schweden ihre Pflege ge-
fünften, und Esaias Tegner hat mit seiner Frithjossage ein in alle
Sprachen übersetztes Meisterwerk geliefert. — Die heutigen Schweden,
die man wegen der „von der Residenz und dem Adel beliebten sran-
zösischen Tünche auch die Franzosen des Nordens" nennen möchte,
deren Bezeichnung als „maritime Germanen" uns aber doch besser
gefallen will, haben in ihrer äußeren Erscheinung etwas entschieden
Germanisches: blaue Augen, blonde Haare und die Rosenwangen der
Jugend. In ihrem Charakter prägt sich Ernst und Schweigsamkeit
aus; auch soll der Reichtum an schönen Liedern, die wir aus den
Konzertsälen kennen, weniger ein Erzeugnis der allgemeinen Volks-
eigentümlichkeit sein als der Ausfluß der musikalischen Begabung der
Gebildeteren. Die Natur des Landes verurteilt die Schweden zu ab-
geschlossenerem Leben, und in der einsamen „stuga" ^Bauernhaus»
werden mit wunderbarer Zähigkeit die Gestalten der nordischen
Mythologie, der Trollen 1 und Elsen, des Strömkarls, Ägirs und des
Neck festgehalten und ihre Thaten in wunderbaren Erzählungen von
Geschlecht zu Geschlecht berichtet. Das Land ist lutherisch, das Ein-
kommen der Pfarrer aus dem Lande mager genug, und die Schilderung
eines solchen schwedischen Pfarrers, der gezwungen ist, Ackerbau und
Fischfang zu seinem eigenen Erwerb zu treiben, ist in dem Roman:
Tie Leute von Hemsoe ergötzlich zu lesen.
In der Bodenbeschaffenheit des Landes kann man drei Gürtel
oder Zonen unterscheiden. Die ungünstigsten Verhältnisse finden sich
in der nördlichen, dem Norrlande, in das weit hinein von Norden
her die Lappen übergesiedelt sind. Diese nördlichen Teile Schwedens
sind weit rauher als die unter gleichen Breiten liegenden Küsten-
streifen Norwegens. Der nördlichste Leuchtturm Schwedens steht in
Haparanda, das unweit des nördlichen Polarkreises liegt, wo man
am längsten Tage die Mitternachtssonne sehen kann. Übrigens giebt
es auch weit nach Süden hinein in Schweden den Juni und Juli
hindurch keine eigentliche Nacht. Haparanda baut Schiffe, die bis
nach Brasilien segeln. Von hier dehnt sich bis Umea 140 Stuuden
lang ein Wald aus. Der am weitesten nach Norden hinaufgehende
Baum ist die Birke; doch bestehen die Wälder Norrlands größtenteils
aus Nadelholz. „Gleichwie in dem Waldlande Rußlands erscheint
auch ganz Norrland", sagt L. von Buch, „von einem hohen Punkte
übersehen, als ein ungeheurer, grenzenloser Wald, den nichts unter-
bricht als hin und wieder der leere Raum, den kleine Seen ein-
nehmen, und kleine blaue Berge am Rande. Nur die Gegend der
Flüsse ist bewohnt und belebt, das übrige traurig und tot. Auch an
den rauschenden Flüssen, die nicht umsonst den Lachs heraussteigen
1 Trollhätta bedeutet Zauberhut.
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Extrahierte Personennamen: Esaias_Tegner Ernst Haparanda L._von_Buch
mögen zwei Schilderungen dienen. Die erste beschreibt uns die Frucht-
ebene am Fuße des Monte Pellegrino in Nordsicilien.1 „Reihen
riesiger Agaven ziehen sich längs der Landstraße hin oder trennen
als Zäune die Privatbesitzungen und tragen aus ihren 10 m hohen
Stengeln die armleuchterartig geordneten Blütenbüschel stolz zur
Schau. Haushohe Kakteen, die ihr stachliges Gezweig zu undurch-
dringlichem Labyrinth durchfechten, werden in der Ebene sorgsam
gehegt oder überdecken aus der Höhe weiten Raum nackten Gesteins.
Dattelpalmen ragen hoch empor, nicht die schwächlichen Treibhaus-
pflanzen, wie sie an anderen Stellen Italiens gezogen werden, sondern
Palmen, wie sie Thebens Tempel überschatten und sich im Winde
der Wüste wiegen. Orangenwälder, hier in voller Naturwüchsigkeit,
würzen die Lust, der Ölbaum gedeiht zu riesiger Größe, üppige
Oleanderbüsche prangen mit weißen und roten Blütensträußen. Mit
Recht nennt der Sidlianer diese Fruchtebene die eonea d'oro, die
goldene Muschel, und die Perle dieser Muschel ist — Palermo."
Und nun denke man sich am Feste der heiligen Rosalie im Juli den
kolossalen Triumphwagen von über 25 m Höhe, von 56 Maultieren
gezogen, mit Spielleuten, Heiligen und Engeln angefüllt, durch diese
Ebene gezogen und von namenlosem Jubel ungeheurer Volksmassen
empfangen, so wähnt man sich nach Indien versetzt, wo der Wagen
des Jaggernant unter ähnlichem Gepränge seinen Umzug hält. —
Die zweite Stelle findet sich in der Nähe des alten Syrakus. Die
Pracht und Lebendigkeit des alten Syrakus, das zu den volkreichsten
Städten des Altertums zählte und wohl eine Million Einwohner ge-
habt haben soll, ist allerdings unwiederbringlich dahin; das heutige
Siragosa ist ziemlich armselig. Aber noch existieren die alten Latomien
(Steinbrüche), und ihnen gilt unser Besuch. Senkrechte Felswände
von über 30 in umgeben ebene Grundflächen, die wie Saalräume
neben einander liegen. Die steilen Höhen von rotem Kalkstein sind
dicht mit saftigstem, großblättrigem Epheu bedeckt; den entzückendsten
Eindruck macht aber die Tiese da unten. Kein Gewächshaus kann
nämlich eine schönere Vegetation aufweisen. Da sehen wir in üppigem
Durcheinander Orangen, Citronen, Oleander, Myrten, Granaten,
Feigen, die prächtigsten Dattel- und Daturabäume, und am Boden
Hyacinthen, Jonquillen, Tazetten, Veilchen, Lack, rote und weiße
Kletterrosen. Und über einer solchen Vegetation, sagt der bewundernde
Beschauer, wölbt sich der tief dunkelblaue Himmel. ^
1 Nach Daniel.
2 Auch berühmte Bäume giebt es in Sicilien, so die Edelkastanie am Ätna,
der castagno di centi caa~alli, dessen Umfang Berlepsch auf 50 m angiebt („es
sind fünf Astkolosse, die aus einem Stammfundament emporgesprossen sind"). In den
Höhlungen anderer Kastanien zündet sich der caprajo (Ziegenhirt) sein Feuer an, um
das Abendbrot zu bereiten, und dennoch griint der unverwüstliche Baum weiter.
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Wir haben ausführlicher über Italiens Naturschönheit gesprochen,
über jene unvergängliche Himmelsgabe, die dem Lande zu teil geworden
ist und aus die hin der Dichter sich zu dem Geständnis genötigt sieht:
Wer dich gesehen, o dem altert nimmer
Das Herz im Busen, o dem bleibt ein Schimmer-
Bon Jugendglück und reinster Lebenswonne!
wir werden aber Italien auch große politische Vorzüge zugestehen
müssen. Das Königreich Italien ist unter allen Großmächten in der
Beziehung am besten daran, daß es in der Sprache ein einheitlich
geschlossenes Staatsgebiet genannt werden kann. Deutschland, das
ja sonst nicht ungünstig dasteht, hat doch seine 3 Millionen Polen,
in Frankreichs staatlicher Grenze sind einbeschlossen Bretonen und
Italiener, aber Italien von den Alpen bis zum Ätna bietet sprachlich
und konfessionell eine vollständige Einheit dar. Allerdings ist das
gespannte Verhältnis mit dem Papste, der sich als Gefangener im
Vatikan betrachtet, ein recht häßlicher Wermutstropfen in dem sonst
ungemischten Becher erfreulicher staatlicher Zustände. Ein zweiter
Vorzug ist darin ersichtlich, daß das italische Volk eine unleugbare
Begabung für das Seewesen seit alten Zeiten an den Tag gelegt
hat. Die Italiener waren jahrhundertelang die ersten Seefahrer der
Welt und erfanden im Mittelalter die Kunst der Hochseefahrt mit
Hilfe des Kompafses. Amalfi, wo Flavio Gioja die Bussole ersand,
war im alleinigen Besitz des Levantehandels, hatte 50000 Einwohner,
und seine Handelsgesetze, die tabulae Amalfitanae, wurden allgemein
geltendes Seerecht. Diesen Ruhm der Seetüchtigkeit hat sich Italien
bis auf den heutigen Tag erhalten, es besitzt vorzügliche Häfen, wie
Brindisi, Livorno, Neapel und Messina; namentlich aber hat sich in
neuester Zeit Genua zu einem der besuchtesten und wichtigsten See-
Häsen entwickelt. La superba nennen die Italiener die alte Dogen-
stadt, und seitdem durch die Eröffnung des Gotthardtunnels der Stadt
das richtige Hinterland erschlossen ist, hat sich der Seeverkehr ins
Immense gesteigert. Hier haben auch unsere deutschen Dampferlinien
nach den östlichen Weltmeeren ihre Station und nehmen die Passagiere
aus, die auf dem kürzeren Landwege an das Seegestade geeilt sind.
Der Handel Italiens hebt sich mehr und mehr, die Aussuhr der
billigen italienischen Weine hat eine große Zukunft. Leider hat das
Land keine Steinkohlen, ist also für seine industriellen Unternehmungen
auf die Zufuhr der englischen Kohlen angewiesen; man hofft aber,
die Wasserkraft des Landes mit seinen zahlreichen Fällen in Zukunft
für elektrische Anlagen auszunutzen und so den Bedarf der Kohlen
mehr entbehrlich zu machen. In jeder Beziehung hat sich Wohlstand
und Wagemut der Italiener unter der jetzigen einheitlichen Regierung
gehoben; die Viehzucht (Rinder) sängt an, sich erfreulicher zu gestalten,
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fuhr des Landes ist ansehnlich an Korinthen, den kleinen getrockneten
Beeren des Rebstocks, und dann an Wein, worunter jetzt wieder der
Malvasier, das Gewächs Spartas, gleich wie im Mittelalter zu Ehren
kommt. Hinderlich ist auch hier der Mangel an Waldwuchs, und
die vorzugsweise gehegten Ziegen lassen auch nicht recht die Bäume
gedeihen. Eine vornehme Einnahmequelle und ein wertvolles Kapital
an Interesse und Beachtung bleibt Griechenland aber immer durch
den stets wachsenden Zuzug der Fremden, die die klassischen Er-
innerungen veranlassen, dem Lande des Perikles, Plato und Sophokles
einen mehr oder minder intensiven Besuch abzustatten. Athen ist daher
mächtig gewachsen; noch in der Türkenzeit hatte es 20000 Einwohner,
jetzt 108000. So wie Edinburgh in Leith seinen Hasen hat, so heißt
Athens Hafen Piräus. Landet man dort, so winken uns schon der
Pentelikon, der Hymettos und Lykabettos entgegen. Fast unmittelbar
an letzterem liegt der Königspalast der neugegründeten Dynastie und
unweit davon die Akropolis mit ihren ehrwürdigen Bauresten. Was
sonst die Ortschaften in und um Griechenland betrifft, so haben die
500 östlich gelegenen Inseln lange nicht mehr die Bedeutung wie im
Altertum. Es ist so, als wenn die ganze Entwickelung des Landes
die körperliche Drehung eines Menschen gemacht hätte; das Antlitz
des Landes sieht nicht mehr nach Osten, nach Asien, sondern man
kann sagen, nach Westen, wo die Schwerpunkte europäischer modernster
Civilisation liegen. Darum sind die westlich von Griechenland be-
findlichen Inseln sehr emporgekommen; man zählt ihrer ungefähr 100.
Volkswirtschaftlich und in Bezug auf Intelligenz haben sie einen be-
deutenden Vorsprung; sie gravitieren nach Italien, haben eine Volks-
dichtigkeit, die diesem benachbarten Königtum ziemlich gleichkommt,
und Korfu (Universität) und Zakynthos sind in jeder Beziehung be-
achtenswerte Städte.
Von den slavischen Landschaften der Balkanhalbinsel, die wie
Montenegro immer selbständig gewesen sind oder sich neuerdings von
der türkischen Oberhoheit losgerissen haben, scheint Bulgarien nebst
Ostrumelien wirtschaftlich am günstigsten zu stehen. Es hat in Varna
und Burgas Häfen am Schwarzen Meere, verfügt noch über nam-
hafte Waldbestände und kann erhebliche Mengen Getreide ausführen.
Auch nimmt, wie in der Türkei, der Rosenstrauch als Ackergewächs
weite Flächen ein, so daß an Rosenöl über 1 x/2 Millionen Lei
(— 1 Frank) in den Handel kommt. Die beiden andern Staaten,
das Königreich Serbien und das Fürstentum Montenegro, stehen
wirtschaftlich zurück und sind schon um ihrer Lage willen ganz von
Osterreich abhängig, das über Belgrad und Eattaro den Handels-
verkehr besorgt. Serbien ist nicht unfruchtbar, spielt aber zumeist
durch seine Schweinemast eine bedeutsamere Rolle. Die Serben um-
gab seit älterer Zeit eine ganz eigene Romantik, ihre Volkslieder
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„Weintraube" hängt sie in das Meer hinaus, und dies Bild paßt
vorzüglich, mag man dabei an die südliche Vegetation denken oder
an den üppigen Reichtum, der sich an den Besitz des Landes knüpft.
An der Spitze der Halbinsel liegt Pola, das schon zur Römerzeit
wichtig war und das man jetzt als Kriegshafen der österreichischen
Marine das österreichische Portsmouth nennt. Ebenso hat Luffin
Piccolo im Quarnerifchen Busen eine große Anzahl von Fracht-
schiffen. Der eigentliche Wohlthäter Triests ist Karl Vi., und seit
1833 begann der österreichische Lloyd seine Dampser zu bauen, um
den Verkehr mit dem Orient zu unterhalten. Aber es ist thöricht,
wenn jetzt französische Hetzblätter Italien einreden wollen, in betreff
des Mittelmeeres und des Handels auf ihm drohe ihm nicht von
fetten Frankreichs die Gefahr, sondern Osterreich habe es zu sürchten.
Denn Triest und die dalmatinischen Häfen liegen doch nur an einem
Busenmeer des ohnedies schon als Binnenmeer zu betrachtenden
Mittelmeers. Die Handelsrichtung dieser österreichischen Häsen geht
nach dem östlichen Mittelmeer, „nach der Levante. In Bezug aus
den oceanischen Handel kommt Osterreich wenig in Betracht, es be-
sitzt auch keine Kolonieen. Die wachsende Bedeutung Triests könnte
also höchstens Venedig unbequem werden, das früher so verächtlich
von dem Schilfrohrnest (slav. Terst = Schils) zu sprechen pflegte.
Die große Ausdehnung der österreichisch-ungarischen Monarchie
^Cattaro 42^°, Reichenberg beinahe 51° n. Br.; Bregenz beinahe
10°, Ostgrenze 261// ö. L.) bedingt es, daß sich in Natur und
Klima bedeutsame Gegensätze ergeben werden. „In den Umgebungen
von Triest sieht man nichts als Weinberge, Ölbäume und Gärten
voll Feigen, Oleandern, Granaten, Pfirsichen und sogar einige
Cypressen. Dagegen haben wir im österreichischen Schlesien ein rauhes
Gebirgsklima; in Galizien brechen sich die kalten Nordwinde an den
Karpaten und fallen auf das Land zurück, und die Weichsel hat
14—20 Tage den Eisgang fpäter als die Oder, und gar 3—4 Wochen
beträgt der Zeitunterschied gegen die Schmelzperiode der Donau. Natür-
lich sind bei den vertikalen Erhebungen die klimatischen Gegensätze
von ähnlicher Schroffheit. Riva am Gardasee genießt alle Vorzüge
der oberitalischen Seeuser, die Edelkastanie, des südlichen Alpenlandes
schönster Laubbaum, entfaltet ihre mächtige Krone, und bei den
österreichischen Eisriesen der Tauernkette wagt es kaum noch der be-
haarte Gletscherhahnensuß, gegen die unwirtlichen Gipfel vorzudringend
Görz nennt man das österreichische Nizza, Töplitz- ist das böhmische
Paradies, und im Karst haben wir eine völlige Wüste, ohne Baum
und Strauch, ja sast ohne krautartige Pflanzen, wo nur nackte
' Er dringt nvch bis 3600 in nach oben vor.
* Ebenso Reichenberg. S. oben.
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Extrahierte Personennamen: Pola Luffin
Piccolo Karl_Vi Karl