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1. Das Deutsche Reich - S. 105

1905 - Berlin : Mittler
105 der eine fortgesetzte Entwaldung des deutschen Bodens zur Folge hatte, ist eine rationelle Waldkultur getreten, die sogar in einzelnen Gegenden Deutschlands eme Vermehrung des Waldbestandes zuwege gebracht hat. Gegenwärtig ist etwa ein Viertel der deutschen Bodenfläche mit Wald bedeckt, und die Segnungen, die von einem reichlichen Waldbestande aus- gehen, genießt das deutsche Volk in unbeschränktem Maße. Welche nachteiligen Wirkungen für Klima, Bewässerung und Kultur eine fort- gesetzte Verminderung des Waldes nach sich zieht, zeigen die waldarmen Länder Griechenland, Ägypten, Syrien, Portugal und die entwaldeten Gegenden Spaniens. Verwüstende Sturzregen und anhaltende Dürre sind hier die häufig wiederkehrenden Folgen sinnloser Waldverwüstung. 2. Geographische Verbreitung: des Waldes. Der Waldbestand ist nicht gleichmäßig über das deutsche Reich verteilt. Während in den industriereichen Gegenden eine starke Verminderung der Waldfläche eingetreten ist, wie beispielsweise im Königreich Sachsen, findet sich in andern Gebieten ein überreicher Waldbestand. Die höchsten Prozent- sätze weisen Schwarzburg - Rudolstadt (43,9°/0), Sachsen- Meiningen (42,l°/0), Waldeck (38,2°/0), Reuß j. L. (37,7°/0), Baden (37,7°/0), Reuß ä. L. (35,6°/0) und Bayern (32,5°/0) auf. Im allgemeinen kann man die Beobachtung machen, daß der Prozentsatz für Waldbestand um so niedriger ist, je fruchtbarer der Boden und je entwickelter Landwirtschaft, In- dustrie und Verkehr sind. Die gebirgigen Teile Mittel- und Süddeutschlands, die sich für den Ackerbau weniger eignen, sind waldreicher als die Gebiete des norddeutschen Flachlandes. Hier findet man vorzugsweise in den wenig ergiebigen Sand- ebenen ausgedehnte Kiefern waldun gen. Die Kiefer, die nur geringe Ansprüche an die Bodenfruchtbarkeit stellt, ist der eigentliche Waldbaum Norddeutschlands, während die Fichte die höheren Gebirge liebt. Der Laubwald macht nur etwa ein Drittel des deutschen Waldbestandes aus. Ausgedehnte Buchenwaldungen gibt es auf Rügen, an der Ostseeküste, im hessischen und im Weser-Berglande. 3. Wirtschaftliche Bedeutung* des Waldes und der Forstwirtschaft. Der Wald ist von vielseitigem Einflüsse auf die wirt- schaftlichen Verhältnisse eines Landes; natürlich ist seine Be- deutung um so höher, je sorgfältiger und zielbewußter die Pflege ist, die man seiner Entwicklung angedeihen läßt.

2. Das Deutsche Reich - S. 118

1905 - Berlin : Mittler
118 Iii. Die Industrie. Geschichtliche Entwicklung- der deutschen Industrie. Mittelalter. Die deutsehe Großindustrie, die mit ihren bewunderns- werten Leistungen und außergewöhnlichen Fortschritten unser Erstaunen wachruft, hat sich aus dem schlichten Handwerk entwickelt. Dieses aber stand schon im Mittelalter in hoher Blüte; genossen doch die Leistungen der Augsburger Tuchmacher und Nürnberger Metallarbeiter selbst im Aus- lande hohes Ansehen. 16. bis 18. Jahrhundert. Als jedoch mit dem Rückgang der deutschen Hansa der Handelsverkehr nachließ, geriet auch das Handwerk mehr und mehr in Verfall. Der dreißigjährige Krieg richtete es vollständig zu- grunde. Im 18. Jahrhundert jedoch zeigte sich im wirtschaftlichen Leben Deutschlands eine Wendung zum Besseren. Anhaltende Kriege aber, die auch in diesem Zeitraum ihre nachteiligen Wirkungen auf Handel und Gewerbe ausübten, verhinderten einen schnelleren Fortschritt. Zudem nahm die Gewerbtätigkeit eine falsche Richtung an und wandte sich nur solchen industriellen Zweigen zu, die vorzugsweise Luxusartikel, wie Glas, Handschuhe, Seidenwaren, Hüte und Porzellan, herstellten und nur bei der wohlhabenden Bevölkerung auf Abnehmer rechnen konnten. Besser stand es um die verschiedenen Zweige der Gewebeindustrie; Leinen-, Baum- woll- und Wollwaren waren begehrte Artikel im In- und Auslande. Auch Nürnberger Metallwaren fanden wieder im Auslande Beachtung, und die Schwarzwälder Uhren fingen an, im Ausfuhrhandel Deutschlands eine Rolle zu spielen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigte sich dank der Fürsorge Friedrichs des Großen ein schnellerer Fort- schritt im wirtschaftlichen Leben. Der Bau von Straßen und Kanälen, die Einrichtung von Kreditanstalten, die Einwanderung von Land- wirten und Gewerbetreibenden förderten Landwirtschaft, Handel und Industrie. Ii). Jahrhundert. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts erlitt der neu einsetzende wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands wieder eine, jedoch nur vorübergehende, Störung durch die von Napoleon I. heraufbeschworenen Kriegsstürme. Die im Jahre 1810 eingeführte Gewerbefreiheit machte die Bahn für die ungehinderte Entwicklung der deutschen Industrie frei. Diese vollzog sich anfangs nur schüchtern und langsam; aber die langjährige Friedenszeit, die wirtschaftliche Einigung Deutschlands durch Grün- dung des deutschen Zollvereins im Jahre 1834 und die Einführung des Maschinenbetriebes brachten sie in ganz gewaltigem Maße zur Ent- faltung. Als dann im Jahre 1871 die nationale Einigung erfolgte, erwachte auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens ein ungeheurer Unternehmungsgeist. Die kapitalkräftige deutsche Industrie machte riesige Fortschritte und wagte es, auf dem Weltmarkt den Wettkampf mit den hochentwickelten Industrien der englischen, französischen und nordameri- kanischen Nation aufzunehmen. Dieser jahrelange Kampf hat alle Welt davon überzeugt, daß die deutsche Nation auf industriellem Gebiete allen andern ebenbürtig zur Seite steht, und daß England die größten An- strengungen zu machen hat, wenn es nicht von Deutschland überflügelt •werden will.

3. Das Deutsche Reich - S. 147

1905 - Berlin : Mittler
— 147 leistungsfähig, so daß sie weit über den Inlandbedarf produzierte und sich nach Absatzgebieten im Auslande unisehen mußte. Eine wesentliche Förderung erfuhr Deutschlands Handelsverkehr mit dem Auslande durch die allgemeine Einführung der Dampfschiffahrt und durch die Gründung des deutschen Zollvereins. Durch letzteren wurde die wirtschaftliche Einheit Deutschlands geschaffen, und es kam durch ihn zum Abschluß von vorteilhaften Handelsverträgen mit den Nachbarstaaten. Der Außenhandel Deutschlands nahm in der Folgezeit einen gewaltigen Aufschwung; es entstanden mehrere große Schiffahrtsgesellschaften (Nord- deutscher Lloyd und Hamburg-Amerika-Linie), die den überseeischen Handel ungemein förderten. Die Industrie wurde mit Einführung des Maschinenbetriebes immer leistungsfähiger und bildete sich allenthalben zum Großbetrieb aus. Die Begründung des Deutschen Kaiserreiches führte eine weitere Förderung des deutschen Außenhandels herbei. Die Reichsregierung ver- schaffte dem Handel mit dem Auslande eine wirksame Vertretung durch die Konsidate und den nötigen Schutz durch eine fortgesetzte Vermehrung der Kriegsflotte. Das Auswanderungswesen wurde geregelt, und durch Erwerbung von Kolonien wurden dem deutschen Handel im Auslande feste Stützpunkte gegeben. b. Umfang und Bedeutung-. Gegenwärtig nimmt das Deutsche Reich den zweiten Platz im Weltwirtschaftsverkehr ein und wird nur von Großbritannien bedeutend überragt. Aber dieses Land hat ebensowenig wie die rasch aufblühenden Vereinigten Staaten ein so schnelles Tempo der Entwicklung aufzuweisen wie unser Vaterland. Der Abstand zwischen Großbritannien und Deutschland, der vor einem halben Jahrhundert außerordentlich groß war, nimmt fortgesetzt ab, und es wird England große Mühe kosten, wenn dieser Unterschied nicht eine weitere Verminderung erfahren soll. An dem Welthandel, den man 75 bis 80 Milliarden Mark schätzt, ist Großbritannien mit etwa einem Fünftel, Deutschland mit mehr als einem Achtel beteiligt, während auf Frankreich, das früher den zweiten Platz unter den Welthandelsmächten ein- nahm, nur etwa ein Elftel entfällt. Mit Stolz darf Deutschland auf die Entwicklung seiner Handelsbeziehungen in den letzten Jahrzehnten zurückblicken. Immer reger gestaltet sich sein Güteraustausch mit den ver- schiedenen Nationen, immer größer werden seine Ansprüche und seine Leistungen für den Weltmarkt. Der deutsche Kauf- mann ist in allen Teilen der Erde eifrig bemüht, den deutschen Industrieerzeugnissen neue Absatzgebiete zu erobern. Die deutsche Handelsflagge steht überall in hohem Ansehen, und unsere Kriegsflotte, die zwar erst an fünfter Stelle steht, sorgt für den Schutz der Handelsschiffe gegen feindliche Bedrängungen. 10*

4. Das Deutsche Reich - S. 159

1905 - Berlin : Mittler
159 Dadurch, daß der Weltpostverein unter seine Beförderungs- objekte auch kleinere Frachtgüter (Pakete) aufgenommen hat, besorgt er sogar einen Teil des internationalen Güteraustausches. Er bringt Produzent und Konsument in direkten Verkehr, schaltet den Zwischenhändler aus und wirkt so verbilligend auf den Warenaustausch ein. Da sich aber mit der zunehmenden Billigkeit einer Ware ihr Absatzgebiet erweitert, so ist klar ersichtlich, daß sich aus der Wirksamkeit des Weltpostvereins eine Steigerung des Warenumsatzes ergibt. In welch enger Berührung deutscher Welthandel und deutscher Weltpostverkehr stehen, mag die Tatsache beweisen, daß sie beide auf der Bahn des Fortschritts ein ungemein schnelles Tempo eingeschlagen haben. Seit etwa 30 Jahren weist der deutsche ausländische Postverkehr eine Steigerung von etwa 350°/0, der deutsche] Außenhandel eine solche von 220°/0 auf. Der Weltpostverein hat zugleich mit dem Einfluß auf die Entwicklung des internationalen Güteraustausches befruchtend auf die Weltschiffahrt eingewirkt. Die Post legt bei der Be- förderung ihrer Güter ganz besonderen Wert auf Schnelligkeit und Pünktlichkeit. Da erscheint es nun begreiflich, daß sie ihren Postgüterversand nur solchen Schiffen anvertraut, die den hohen Anforderungen der Postverwaltung entsprechen. Den zuverlässigsten und schnellsten Dampfern fällt die Postbeförde- rung zu. Es ist nahehegend, daß diese Verhältnisse einen eifrigen Wettstreit unter den internationalen Schiffahrtsgesell- schaften um Erlangung der überseeischen Postbeförderung ent- facht haben. Wer wiu aber da in Abrede stellen, daß damit ein bedeutungsvolles Moment für Hebung der Seeschiffahrt gegeben ist? Unter dem Einfluß der erwähnten Tatsachen hat denn auch eine ungemein schnelle Vermehrung der ozeanischen Seepostlinien stattgefunden, deren Zahl seit dem Jahre 1873 von 47 auf 245 angewachsen ist. Deutschland hat bei diesem Wettkampf der verschiedenen Nationen um diese überseeischen Postlinien gut abgeschnitten, denn in seinem Besitz befinden sich gegenwärtig 45 Weltpostlinien. Nur England hat mit 52 Linien einen kleinen Vorsprung. Doch kann es ohne Über- hebung gesagt werden, daß die deutschen Schiffahrtsgesell- schaften den englischen weit überlegen sind. Von den oben genannten 45 Postdampf Schiffahrtslinien des Deutschen Reiches stellen 11 die Verbindung mit Nordamerika,

5. Das Deutsche Reich - S. 145

1905 - Berlin : Mittler
— 145 2,2 Pfennig gesunken, und bei Ausnahmetarifen beträgt er nur 1,25 Pfennig. Diese enorme Yerbilligung mußte sich naturgemäß für die Entwicklung aller jener Erwerbszweige, die auf den Bezug oder den Versand von massigen Rohstoffen angewiesen sind, von geradezu unberechenbarer Wirkung sein. 2. Bequemlichkeit, Schnelligkeit und Sicherheit. In bezug auf Bequemlichkeit, Schnelligkeit und Sicherheit des reisenden Publikums suchen die Eisenbahnverwaltungen den höchsten Anforderungen gerecht zu werden. Wie bescheiden mußte in früherer Zeit der Reisende in seinen Ansprüchen sein, wenn er sich der Postkutsche anvertraute. Eine Wärm- flasche mußte den Ofen oder die Dampfheizung, eine trübe Öllampe die Gasbeleuchtung ersetzen. Heute lassen eingestellte Schlaf- und Restaurationswagen in den Eisenbahnzügen Fahrten auf langen Strecken, wie Berlin—rom, Paris—konstantinopel oder Paris — Petersburg, ganz erträglich erscheinen. Zudem bringt es die große Schnelligkeit der Blitzzüge und der kurze Aufenthalt auf den Stationen mit sich, daß große Strecken in verhältnismäßig kurzer Zeit zurückgelegt werden. So durch- fährt man beispielsweise die 2498 km lange Linie von Berlin nach Konstantinopel in 62 bis 63 Stunden. Und diese große Geschwindigkeit wird nicht etwa, wie vielfach angenommen wird, auf Kosten der Sicherheit für das Leben und die Gesund- heit der Reisenden erzielt. Im Gegenteil! Während bei den Postfahrten früherer Zeit auf weniger als 400 000 Reisende ein Unfall mit tödlichem Ausgange kam, entfällt bei dem Eisen- bahnverkehr auf etwa 5 Mill. Reisende ein bei einem Eisenbahn- unfall Getöteter. B. Der deutsche Welthandel, seine Wege und Mittel. 1. Deutschlands Welthandel. a. Geschichtliche Entwicklung. Die ersten Anfänge des deutschen Außenhandels reichen zurück bis zur Römerzeit. Zu hoher Entwicklung war er bereits zur Zeit Karls des Großen gediehen. Es bestand damals ein reger Güteraustausch zwischen Deutschland und dem Orient, der von Konstantinopel vermittelt wurde und sich auf der Donaustraße vollzog. Gegen orientalische Waren, wie Ol, Gewürze, Seide und seidene Gewänder, wurden deutsche Industrie- erzeugnisse ausgetauscht. Dieser Handelsverkehr bestand bis zum Jahre 1200. Wolff— Pflug, Wirtschaftsgeographie. I. 10

6. Das Deutsche Reich - S. 146

1905 - Berlin : Mittler
146 — Von da ab wußten sich Venedig und Genua die Vorherrschaft im Handel mit dem Orient zu verschaffen und Konstantinopel die Vermittlerrolle zu entreißen. An Stelle der Donaulinie kamen die Alpenstraßen über den Brenner, Julier und Septimer zu großer Bedeutung. Die Hansa. Ahnlich wie auf dem Mittelmeer entwickelte sich ein reges Handels- und Verkehrsleben auf der Ostsee. Im Ib. und 14. Jahr- hundert lag der Ostseehandel vollständig in den Händen der Hansa, eines Städtebundes, der zur Sicherung gemeinsamer Handels- und Seefahrts- interessen geschlossen wurde. Die Führerin dieses mächtigen Bundes, der seine Handelsbeziehungen nach Kußland, Polen, Dänemark, Schweden und Norwegen, England, den Niederlanden und später auch nach dem Süden ausdehnte, war Lübeck. Die Hansa wurde mit der Zeit so mächtig, daß sie Kriege führen konnte, und Könige sich um ihre Gunst bewarben. Zur Blütezeit der Hansa war Deutschland nicht nur politisch der mächtigste Staat Europas, sondern zugleich auch der erste Handelsstaat. 16. bis 18. Jahrhundert. Während die westeuropäischen Staaten infolge der Entdeckung Amerikas und des Seeweges nach Ostindien zu hoher Blüte gelangten, begann der allmähliche Verfall des deutschen Außenhandels. Die Macht der Hansa wurde durch die aufstrebenden Seestaaten und durch innere Zwistigkeiten gebrochen. Ein Handels- gebiet nach dem andern ging ihr verloren. Auch der süddeutsche Handel wurde lahmgelegt, verloren doch Venedig und Genua mit der Entdeckung des Seeweges nach Ostindien ihre Bedeutung für den Handel mit dem fernen Orient. Mit dem Bückgange auf kommerziellem Gebiete war der Zerfall Deutschlands auf politischem Gebiete verbunden. Die Auflösung in machtlose Kleinstaaten und religiöse Streitigkeiten be- siegelten seine Bedeutungslosigkeit für Weltpolitik und Welthandel. Deutsch- land bildete nur noch einen Schatten seiner einstigen Größe. Der dreißig- jährige Krieg richtete vollständig zugrunde, was noch übrig geblieben war. Landwirtschaft, Gewerbe, Bergbau und Bürgertum waren vernichtet. Im 18. Jahrhundert macht sich endlich wieder eine allmähliche Besserung in den wirtschaftlichen Verhältnissen Deutschlands bemerkbar. Die industrielle Produktion fängt an sich zu heben, und mit ihr wird eine mehr und mehr zunehmende Ausfuhr an Lernen, Tuchen, Metallwaren, Schwarzwälder Uhren und Nürnberger Kurzwaren möglich. An Stelle der Ostsee erlangt die Nordsee und mit ihr Hamburg und Bremen mehr und mehr Bedeutung für den deutschen Seehandel und für die Einfuhr an Kaffee, Tee, Reis, Zucker, Tabak und anderen ausländischen Waren. Während die genannten Seestädte die Einfuhr nach Norddeutschland vermittelten, versorgte Holland Süddeutschland mit Kolonialprodukten. Die zweite Blütezeit des deutschen Welthandels. Nach der Los- reißimg der englischen Kolonien vom Mutterlande im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts entstand durch Vermittlung Hamburgs und Bremens bald ein reger Handelsverkehr zwischen Deutschland und der nordameri- kanischen Union. Derselbe erfuhr- aber durch die von Napoleon I. ver- hängte Kontinentalsperre eine jähe Unterbrechung, und für längere Zeit war der deutsche Außenhandel lahmgelegt. Allerdings hielt sie auch die englische Konkurrenz fern, was für die Entwicklung der deutschen Industrie von großem Vorteil war. Als dami die früheren Beziehungen zum Aus- lande durch die Vermittlung der Hansastädte wieder in Fluß kamen, er- wies sich die deutsche Industrie auf den verschiedensten Gebieten sehr

7. Charaktere aus der neuen deutschen Geschichte vornehmlich in zeitgenössischer Schilderung - S. 222

1891 - Berlin : Mittler
— 222 — Macht seiner Natur in kurzem Nachdenken das Erforderliche sofort zu treffen. Durch die Frühreife des Talents und die indirekte Beherrschung des Vorgesetzten erinnert Bismarck lebhaft an das Auftreten des Generals Bonaparte im Jahre 1796. In allem übrigen aber erscheint neben der Ähnlichkeit der tiefste Gegensatz der Charaktere zwischen beiden Männern. Statt der kolossalen, jedes andere Gefühl erdrückenden Selbstsucht des korsischen Imperators zeigt sich bei dem preußischen Beamten die patriotische Hingabe an den Staat, die unbedingte Pflichttreue gegen König und Vaterland. Seine Seele war erfüllt von dem Berufe, Preußen zu Macht und Blüte zu erheben; jeder Schritt feines Wirkens war abhängig von dieser einzigen und beherrschenden Aufgabe. War er früher Parteimann gewesen, so wurde er jetzt, im prägnantesten Sinne des Wortes, Diener des Staates. Gegen dessen Anforderung trat jede andere Rücksicht in den Hintergrund. Fragen höchster Bedeutung, Freihandel oder Schutzzoll, feudale oder demokratische Einrichtungen, Religionsfreiheit oder Hierarchie, Fragen also, die für viele tausend Menschen als bestimmende Prinzipien des ganzen Daseins gelten, waren für ihn nichts als je nach den Umständen gebrauchte Mittel für Preußens ferneres Emporwachsen, so daß ihn nicht selten seine Gegner den grundsatzlosesten Opportunisten aller Zeiten schalten. Wenn ferner Friedrich der Große, der ein langes Leben dem harten Dienste des Staats-intereffes widmete, im innersten Herzen der Überzeugung war, daß der Staat nur ein Mittel zur Erhaltung und Pflege der idealen Güter, der Schönheit und Wahrheit, der Kunst und der Wissenschaft, sei: so war umgekehrt Bismarck auch hier Utilitarier, und so sehr er jene Güter zu schätzen verstand, so war doch stets seine erste und letzte Frage, inwieweit diese Kunst oder jene Wissenschaft dem preußischen Staatszweck nutze. Obgleich nicht ganz in diesen Zusammenhang gehörig, mag hier auch die Thatsache erwähnt werden, daß er, der weiter als irgend ein Mensch von religiösem Indifferentesmus entfernt war, wiederholt feine ehemaligen Parteigenossen vor der damals üblichen Verquickung von Politik und Kirchentum warnte: ihr predigt damit, war sein Wort, die Menschen nicht in die Kirche hinein, sondern aus der Kirche hinaus und schadet dem Staate, indem ihr dem Volke seine Religion verleidet. Ii. Herzog Ernst Ii. von Sachsen-Coburg-Gotha, Aus meinem Leben und aus meiner Zeit. Bd. Il Berlin 1888. S. 56 ff. Herr v. Bismarck hatte im Mat 1851 seine diplomatische Laufbahn als erster Sekretär der Bundesgesandtschaft in Frankfurt begonnen. Er war jedermann aus feiner parlamentarischen Thätigkeit auf das genaueste bekannt und vom ersten Moment seines Wirkens von keinem ernsthaft denkenden Politiker unterschätzt worden. Es wird auch nicht

8. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 22

1877 - Oldenburg : Stalling
22 - dessen Tbtigkeit darauf ausging, in den Verfassungen der sddeutschen Staaten alle Elemente einer wirklichen Volksver-tretung zu verbannen und sie zu bloen Landstnden herab-zudrcken, indem Metternich die Ansicht aufstellte, da, da die deutschen Staaten, m't Ausnahme der Reichsstdte, Monarchien seien, die allgemeine und volle Regierungsgewalt in der Person des Souverns vereinigt sein mte. In diesem Geiste wurde eine Reihe von Bestimmungen entworfen, die unter dem Namen der Wiener Schluacte am 16. Mai 1820 von den Bevollmchtigten der einzelnen Staaten unterzeichnet und am 8. Juni von der Bundesversammlung in gleicher Weise, wie die Bundesacte, als deutsches Grundgesetz be-sttigt wurde. In Preußen beschrnkte man sich nur aus Einfhrung beratender Provinzialstnde, die durch Knigliches Patent vom 5. Juni 1823 ins Leben traten. Dennoch wurde Preußen weniger als andere Staaten von der politischen Aufregung der Zeit berhrt, da Friedrich Wilhelm Iii. durch seine edle Persnlichkeit die Liebe und Verehrung seines Volkes in vollem Mae besa und eine treffliche Verwaltung von seiner landesvterlichen Frsorge glnzendes Zeugni ablegte. Auch schuf die allgemeine Wehrpflicht, die alle Untertanen vom Hchsten bis zum Niedrigsten zu der wrdigsten aller Pflichten vereinigt, dem Staate mit Blut und Leben zu dienen, all-mhlich eine echt demokratische Grundlage, indem sie ein Soldatenheer aufstellte, das zugleich ein Brgerheer war, und die Bestrebungen fr Handelsfreiheit, in Folge derer zuerst die Wasser- und Binnenzlle innerhalb der preuischen Staaten beseitigt wurden (Juli 1816), dann durch Vertrag vom 21. Juni 1821 zu Dresden die Elbuserstaaten sich fr Aufhebung aller Zlle auf der Elbe verbanden, legten den Grund zu einem deutschen Zollverein und damit zu einer commerciellen, wirtschaftlichen Einheit Deutschlands, die das sicherste Unterpfand dereinstiger politischer Einheit in sich trug. Im brigen Deutschland dagegen aber wurde durch die reactionren Beschlsse der Grostaaten das politische Parteiwesen , zumal da gleichzeitig auch religise Gegenstze sich regten, nur um so schrfer entwickelt. Durch das ganze Leben der Nation zog sich fortan eine gewisse Spaltung, unter

9. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 158

1877 - Oldenburg : Stalling
158 Gttingen, dem es gelang, die Bewegung schnell zu unter-drcken. Die Urheber derselben hatten sich meist durch die Flucht gerettet. In Folge der zahlreichen Petitionen, die an König Wilhelm Iv. nach London einliefen, fand sich dieser bewogen, den Grafen Mnster zu entlassen und den Entwurf zu einer neuen Verfassung berathen zu lassen, die allem Widerstreben der Adelspartei zum Trotze im Jahre 1833 eingefhrt wurde. In den sddeutschen constitutionellen Staaten trat in Folge der franzsischen Julirevolution keine gewaltsame Unter-brechung der bestehenden Verhltnisse ein. In Hessen-Darmstadt ri der Nothstand das Landvolk zu Unordnungen hin, die an den Bauernkrieg des 16. Jahrhunderts erinnern konnten, aber keinen politischen Charakter trugen. Nur in Rheinbaiern erhob sich eine demokratische Bewegung, deren Ziel mit deutschen Zustnden unvereinbar war. Der Rheinkreis hatte sich nie an das altbaierische Wesen gewhnen knnen. Am 24. Mai 1832, dem Jahrestage der baierischen Verfassung, wurde auf dem Bergschlosse Hambach, bei Neustadt an der Hardt, eine groe Volksversammlung ab-gehalten, zu der aus allen Gegenden Deutschlands bei 30,000 Menschen mit schwarz-roth-goldenen Farben herbeistrmten. Die Redner, wie Dr. Wirth, Redacteur der deutschen Tribne, und Dr. Siebenpfeiffer, Redacteur des Westboten, stellten in kraftvollen und begeisterten Reden nichts Geringeres als Re-publikanifirung und Einheit Deutschlands mit Volkssouvernett in den Vordergrund, ohne zu erwgen, da es ihnen an allen Mitteln, solche Absichten zur Ausfhrung zu bringen, fehlen werde. Sie bewiesen in ihrer Verblendung nur die politische Unfhigkeit ihrer Partei. Es gelang daher dem baierischen Feldmarschall, Fürsten Wrede, mit wenigen Truppen ganz Rheinbaiern ohne Widerstand zu unterwerfen. Die Reaction benutzte diese Verirrungen und Uebertrei-bungen der demokratischen Partei, um neue Ausnahmezustnde fr Deutschland zu schaffen, und Metternichs Diplomaten waren eifrig bemht, den Reprsentativstaat als gleichbedeutend mit Revolution den deutschen Fürsten vor Augen zu stellen. Der Bundestag aber erlie unter dem 28. Juni und 5. Juli 1832 eine Reihe von Beschlssen, von denen einige nur

10. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 171

1877 - Oldenburg : Stalling
171 Begeisterung der Menge vor sich, wozu die Ansprache des Knigs viel mitwirkte, der in herrlichen Worten eine gerechte, milde und gottesfrchtige Regierung gelobte. Am 15. October erfolgte die Huldigung in Berlin, bei welcher Gelegenheit die Verschiedenheit zwischen den Ansichten des Knigs und den Anhngern des constitutionellen Systems ebenfalls hervortrat. Von da an begann sich eine Mistimmung zu erzeugen, die im Volke selbst immer weiter um sich griff, aber erst spter zu einem bedenklichen Ausbruch kam. Whrend in zwei Broschren, von denen die eine: Woher und Wohin?", die andere: Vier Fragen" betitelt war, die Notwendigkeit allgemeiner Vertretung und das Recht darauf, das sich das Volk durch die Befreiungskriege erworben habe, nachgewiesen wurde, zogen demnchst die Provinzialstnde die Aufmerksamkeit des Volkes auf sich. In Petitionen und Adressen wurden dieselben angegangen, auf Erlangung weiterer Freiheiten hinzuwirken. Die Censur fr Bcher der 20 Bogen wurde abgeschafft, und ein Ober-censurcollegium gegrndet. Der König hegte so viel Vorliebe fr die Provinzialstnde, da er sie fortan alle zwei Jahre einberufen wollte und die Bildung von Ausschssen anordnete, um die stndischen Institutionen durch ein Element der Ein-heit zu ergnzen" (1842). Diese sollten zu einer Versamm-lung vereinigt, auch der allgemeine Staatsangelegenheiten berathen. Die Thronbesteigung Friedrich Wilhelms Iv. war von ganz Deutschland mit Hoffnung begrt worden. Der König, obwohl mit fremder Bildung vertraut, war durchaus von volkstmlicher Gesinnung durchdrungen und fhlte sich ganz als Deutscher. Eine festere Begrndung deutscher Ein--heit lag dem König sehr am Herzen; es war sein aus-gesprochenes Ziel, deutsches Wesen und deutschen Sinn zu strken, und er erklrte gleich Anfangs, er habe den festen Willen, dem deutschen Bunde neues Leben einzuhauchen. Bei der Grundsteinlegung des Klner Dombaues (4. Sept. 1842), als er in ahnendem Geiste schon die Thore einer neuen groen Zeit vollendet" sah, sprach er diesen Gedanken mit einer Begeisterung aus, die in ganz Deutschland ihren Wider-hall fand. Bekannt mit den Mngeln der deutschen Bundes-
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