48 §. 41.
Der südliche Theil des Landes ist gebirgig (Erzgebirge, Elbsandstein- und
Lausitzer Gebirge.
Die Hauptflüsse sind die Elbe, die Mulde, die weiße Elster, die Pleiße
und die Görlitzer Neiße, welche letztere zur Oder fließt.
Im allgemeinen ist das Land trotz der fleißigen Bewohner und des
tüchtigen Anbaues nicht so fruchtbar, dass es seine zahlreichen Einwohner durch
sein Getreide u. s. w. zu ernähren im Stande ist. Nur der nördliche Theil,
die „Lommatzscher und Pegauer Pflege" sind von vortrefflicher Fruchtbarkeit.
Die Hauptprodukte sind außer Getreide und Obst, besonders Steinkohlen,
Braunkohlen, Silber, Kupser, Zinn, Blei, Eisen u. s. w. Auch die Rindvieh-
zucht ist nicht unbedeutend. Das Fabrikwesen und die Industrie blühen hier
wie in keinem anderen Lande; jede Stadt und viele Dörfer haben Fabriken.
Die Erzeugnisse dieser Fabriken sind Waren von Baumwolle, Wolle, Leinen,
Papier, Leder, Porzellan, Metall u. s. w. Die Bewohner des Erzgebirges
beschästigen sich vornehmlich mit Anfertigung von Spchen und Holz- und
Metallarbeiten. In der Lausitz ist die Leinwand- und Damastbereitung die
Hauptbeschäftigung.
Bei so reicher Produktion muss natürlich auch der Handel in dem geseg-
neten Sachsenlande bedeutend sein. Unterstützt wird^derselbe durch die Eisen-
bahnen, welche fast alle größeren Städte mit einander verbinden. Die Haupt-
sächlichsten Schienenwege sind folgende: Leipzig-Dresden, Riesa-Wittenberg,
Leipzig-Hof, Werdau-Zwickau-Schwarzenberg, Gößnitz-Riesa, Dresden-Boden-
bach, Dresden-Görlitz, Löbau-Zittau, Dresden-Tharand u. s. w.
Hinsichtlich der Volksbildung gibt Sachsen keinem Lande der Erde
etwas nach.
Das jetzige Königreich Sachsen wurde bis zum 15. Jahrhundert von verschie-
denen Herrscherfamilien verwaltet, bis es nach dem Erlöschen des Hauses Askanien an
Friedrich den Streitbaren vom Hause Wettin kam, welcher auch Thüringen besaß
und der Stammvater der noch jetzt vorhandenen sächsischen Fürstenhäuser ist. Seine
Enkel Ernst (Stifter der erneftinischen Linie) und Albert (Stifter der albertini-
schen Linie) theilten sich in die Länder, so dass Ernst Kursachsen (Wittenberg) und
Albert Meißen und Thüringen bekam. Als Kurfürst Johann Friedrich der Groß-
müthige, ein treuer Anhänger der Reformation, gegen Karl V. Krieg führte und
1547 in der Schlacht bei Mühlberg geschlagen wurde, musste er die Kurlande an Herzog
Moritz aus der albertinischen Linie abtreten und konnte seinen Söhnen nur einige
Länderschaften in Thüringen erhalten. Aus dieser Linie stammen die jetzigen Fürsten
der sächsischen Herzogtümer, während das später (1806) zum Königreich erhobene Kur-
sachsen bei der albertinischen Linie verblieb. Kurfürst Friedrich August I. trat Ende
des 17. Jahrhunderts zur katholischen Kirche über und erlangte damit das Königreich
Polen, welches jedoch bald wieder abgetreten wurde. Da 1813 der König Friedrich
August Ii. sich den Verbündeten nicht anschloss, so musste er 1815 die Hälfte seines
Landes an Preußen abtreten.
Der Staat wird in vier Kreis-Direktionen getheilt.
I. Dresden, (faffc-900) im schönen Elbthale gelegen, ist eine der anmuthigsten
deutschen Residenzstädte. Schöne Paläste und Kirchen, herrliche Straßen und Plätze
zieren die Stadt. Kunstsammlungen, wie sie nur wenige Städte besitzen, ziehen viele
Fremde nach Dresden. Im Königlichen Schlöffe befindet sich das grüne Gewölbe, die
kostbarste Sammlung von Schmuck- und Kunstarbeiten, Im Zwinger, einem nicht
vollendeten Prachtbau, sieht man eine prachtvolle Sammlung von Waffen und Rüstungen.
In schönen Neuen Museum ist die berühmteste Gemälde-Galleric. Auch die Umgebun-
gen von Dresden sind lieblich und reizend. Wegen der vielen Kunstschätze und der
herrlichen Lage nennt man Dresden das deutsche Florenz.
Freilierg an der Mulde, berühmte Bergakademie und Bergbau. Pirna an der Elbe,
Irrenanstalt und Sandsteinhandel. Königsstein, Festung an der Elbe, in der sächsischen
Schweiz. Pillnitz, königliches Lustfchloss. Tharand, Forstakademie. Meißen, Porzellan-
fabrik, die erste in Deutschland; Weinbau. Großenhain, Kattun- und Tuchfabriken.
Il Leipzig, (127) an der Elster und an der Pleiße gelegen, ist die zweite Stadt
Sachsens und die größte Handelsstadt im deutschen Binnenlande. Die Bedeutung der
Stadt im Handelsverkehr verdankt Leipzig seiner geographischen Lage. „Zwar hat sie
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Ernst Albert_( Ernst_Kursachsen Ernst Albert_Meißen Johann_Friedrich_der_Groß- Johann Friedrich Karl_V. Karl_V. Moritz Friedrich August_I. Friedrich Friedrich August
§. 3. 79
rüben u. f. w. werden vorzüglich in den nördlichen Ebenen gebaut. Der Wein-
bau lst namentlich in der Champagne, in Burgund, an den Ufern der Garonne
und in der Dauphins sehr beträchtlich.
Die Viehzucht ist nicht bedeutend, besser der Fischsang in den Flüssen.
Außer Steinkohlen und Salz gewinnt man wenig Mineralien.
Die Industrie steht in Frankreich auf hoher Stufe, besonders sind die
Luxusartikel, die Seidenwaren, Bijouteriesachen, Porzellan- und Broncewaren
vorzüglich geschmackvoll und unübertroffen.
Neben dieser nur von England an Großartigkeit übertroffenen Industrie
ist auch der Handel sehr bedeutend. Derselbe wird nicht nur durch die schiff-
baren Flüsse und durch die das Land umgebenden Meere begünstigt, sondern
im Innern auch durch große Kanäle und eine große Anzahl Schienenwege.
Der großartigste Kanal ist der von Languedoc (v. du midi), welcher das
atlantische Meer mit dem Mittelmeer verbindet und eine Länge von 30 Meilen
hat. Außerdem finden wir noch Kanäle, welche die Loire mit der Saone, die
Loire mit der Seine, die Somme mit der Schelde, die Saone mit dem Rhein
verbinden. Die meisten Schienenwege gehen von Paris aus in alle Theile des
Landes.
Die Bewohner des Landes, die Franzosen, sind hervorgegangen aus
dem Gemisch von keltischen, lateinischen und germanischen Stämmen. Die B re-
tonen in der Bretagne (1 Mill.) sind keltischen Ursprungs und die Basken
in den Pyrenäen sind ein Ueberrest der alten Iberer in Spanien. Die Fran-
zosen sind lebhaften Temperaments, fröhlich und heiter, aber geneigt zur
Heftigkeit und Streitsucht. Ihre Höflichkeit, Gutmüthigkeit, Geselligkeit sind
bekannt. Ihr Nationalstolz artet nur zu leicht in Eitelkeit aus.
Die Hauptbeschäftigungen der Bewohner sind außer den gewerblichen
Beschäftigungen Ackerbau und besonders Weinbau, Seidenbau, Fischerei und
Handel.
Für den Volksunterricht wird in letzterer Zeit viel mehr gethan, als
früher, obgleich auch jetzt noch ein großer Theil des Volkes weder lesen noch
schreiben kann. Die herrschende Religion ist die katholische.
Vor der christlichen Zeitrechnung hieß Frankreich Gallien und war durch Cäsar
eine römische Provinz geworden. Nach der Völkerwanderung setzten sich hier Franken-
stamme fest, die Chlodwig zu einem Reiche, dem fränkischen, vereinigte. Als die
Nachfolger Chlodwigs sich unfähig zur Regierung zeigten, kam das Reich in die Hände
der Karolinger, welche es nach Osten und Süden immer mehr ausdehnten. Karl d. Gr.
erweiterte das Reich sogar bis zur Elbe. Aber unter seinen Nachfolgern verfiel das
große Reich bald,und im Vertrage zu Verdun 843 bekam sein Enkel Karl der Kahle
das eigentliche Frankreich, Lothar das Land zwischen Rhein, Rhone, Saone und
Maas, Lotharingen genannt, und Ludwig das eigentliche Deutschland, östlich vom
Rheine. Als die Karolinger in Frankreich ausgestorben waren, kamen am Ende des
10. Jahrhunderts die Kapetinger und im 14. Jahrhundert die Valois an die Regierung.
Aber erst unter den Bourbonen, seit Heinrich Iv. (f 1642), bekam Frankreich eine
einflussreiche Stellung in Europa, die besonders für Deutschland von nachtheiligen Folgen
war, denn viele deutsche Besitzungen eigneten sich die französischen Könige im 17. und
18. Jahrhundert an. Aber trotzdem brach im Jahre 1789, hauptsächlich durch die Schuld
der Könige, eine Revolution aus, wobei der König Ludwig Xvi. fein Leben verlor
und Frankreich eine Republik wurde, die jedoch schon 1804 Napoleon I. in ein Kaiser-
thum umschuf. Als derselbe auf dem Gipfel seines Glückes stand und fast ganz Europa
stch unterworfen hatte, sollte jedoch in dem Kriege mit Russland, 1812, seinen Plänen
ein Ende gesetzt werden. Seine große Armee ging in einem Winter fast gänzlich unter
und in den folgenden Jahren erhoben sich auch dre geknechteten Deutschen, Preußen an
der Spitze, gegen ihn, und 1815 wurde der große Kaiser gefangen genommen und nach
Helena verbannt. Die Bourbons kamen wieder auf den französischen Thron, mussten
jedoch in der Juni-Revolution 1830 den Orleans weichen, die in der Revolution 1848
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
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Extrahierte Personennamen: Cäsar Chlodwig Chlodwigs Karl_d Karl Karl_der_Kahle Karl Lothar Maas Ludwig Ludwig Heinrich_Iv Heinrich Ludwig_Xvi Ludwig Napoleon_I. Helena
Extrahierte Ortsnamen: Burgund Frankreich England Rhein Paris Bretagne Spanien Frankreich_Gallien Chlodwigs Frankreich Rhein Deutschland Rheine Frankreich Frankreich Europa Deutschland Frankreich Europa Russland
78
Die sämmtlichen Ortschaften, welche zu einer Kirche gehören,
bilden ein Kirchspiel oder eine Parochie. Die Dörfer, welche
keine Kirche haben, sind in die nächste Stadt oder in das
nächste Kirchdorf eingepfarrt. Die kirchliche Gemeinde ist
also verschieden von der bürgerlichen Gemeinde. Kirchliche
Gemeinden giebt es evangelische, katholische und jüdische.
Jede kirchliche Gemeinde hat einen besondern Vorstand. An
seiner Spitze steht der Prediger oder der Pfarrer.
Die Grösse eines Ortes wird nach der Häuserzahl und
nach der Zahl der Einwohner (nach der Seelenzahl) bestimmt.
Lasst euch von eurem Lehrer sagen, wie gross euer Heimaths-
ort ist.
23. Der Blinde und der Lahme.
Von ungefähr muß einen Blinden
ein Lahmer auf der Straße finden,
und jener hofft schon freudenvoll,
daß ihn der Andre leiten soll.
„Dir," spricht der Lahme, „beizustehen?
ich armer Mann kann selbst nicht gehen.
Doch scheint's, daß du zu einer Last
noch sehr gesunde Schultern hast.
Entschließe dich, mich fortzutragen,
so will ich dir die Stege sagen:
so wird dein starker Fuß mein Bein,
mein Helles Auge deines sein."
Der Lahme hängt mit seinen Krücken
sich auf des Blinden breiten Rücken;
vereint wirkt also dieses Paar,
was einzeln keinem möglich war.
Eintracht giebt Nacht, Zwietracht bringt Ohnmacht! —
Einigkeit, ein festes Band, hält zusammen Leut’ und Land. —
24. Der Schmied.
In seiner russigen Werkstatt steht der muskelstarke
Schmied in aufgestreiften Hemdärmeln mit seinem grossen,
ledernen Schurzfell. Der Blasebalg rauscht in die glühenden
Kohlen, in welchen ein Stück Eisen liegt. Dasselbe soll
glühend werden und dadurch weich und schmiedbar. Jetzt
fasst es der Schmied mit der glühenden Zange und trägt es
auf den Ambos. Nun schlagen seine zwei Gehülfen mit den
schweren Hämmern drauf los, pinke pankl Sie schlagen das
Eisen lang oder breit, rund oder eckig, wie sie’s brauchen.
So wird es verarbeitet zu Pflugeisen, Radreifen und einer
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91
wenn der Vater gestorben ist. Oder ihr hättet wie andere Heiden-
kinder eure alten Eltern in die Wüste geschleppt und sie dort
verhungern oder von den Löwen fressen lassen.
Damit nun den armen Heiden geholfen werde, gehen fromme
Männer hinaus in die fremde Welt und predigen den blinden
Heideir das Wort Gottes. Sie heißeil Missionare und erleiden
aus Liebe zu den Heiden gern Hunger, Krankheit und den Tod.
46. Was einmal Kinder für die Mission gethan haben.
Die Kinder einer großeil Schäferei in Eiigland gehen alle
Tage aus und lesen die Wolle zusammen, welche die vielen
Schafe an dem Gesträuch hängen taffen. Sorgfältig fanuileln
sie die gefundene Wolle und verkauferl sie dann. Das Geld
bringeil sie für die arineil Heiderl dar.
Diese Geschichte erzählte ein Geistlicher bei einem Missions-
seste ail einem andern Orte jener Gegend. Was thaten die
Kinder, die das hörten? Sie sagten: „Wir haben keine Schafe
in unserer Gemeinde und sönnen keine Wolle sammeln; aber
eine Menge Gänse jtnb da. Wir wollen die Federn zusammen-
suchen, welche sie verlieren." — So thaten sie denn täglich, und
als wieder Missionsversammlung gehalten wurde, verkauften sie
die Federn und brachten der Missionskasse beinahe 5 Thaler.
Dritter Abschnitt.
1. Unser Vaterland.
Der Ort, wo unsere Eltern leben und wo wir unsere erste
Erziehung genossen haben, ist wlsere Heimath. Das Land, in
denl unsere Heimath liegt, nennen wir imser Vaterland. Diesem
Lande haben schon unsere Väter angehört. — Jeder Mensch hat
sein Vaterland und seine Heimath lieb. Diese Liebe hat Gott
gleich der Liebe zu Vater nnb Mutter in unser Herz gelegt.
Wer nach langer Abwesenheit in der Fremde die Grenzen seines
Vaterlandes wieder betritt und endlich die Flirren seiner Heunath
wieder sieht, dem ist es zu Muthe, als spräche Gottes Stimme
zu ihul: Der Ort, da deine Füße stehen, ist ein heiliges Land.
Unser Vaterland ist das Königreich Preußen. Es ist ein
großes Land, und es gehören viele Gemeindeil — Städte lind
Dörfer — zu diesem Staate. Das Oberhaupt über alle Ein-
wohner ist der König. Er ist der Erste in denl Staate, in
welchenl wir wohnen. Damit das gemeinsame Leben im Lande
und der Verkehr der Menschen unter einander geschützt und ge-
sichert ist, jinb Gesetze nöthig. Sie werden vonl Könige erlassen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
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386
und ist derselbe -bis zur Auflösung des deutschen Reichs im Jahre 1306, also
über ein Jahrtausend, den deutschen Kaisern, wenn sie sich in Rom krönen
ließen, verblieben.
Karls Ruhm war schon bei seinen Lebzeiten durch ganz Europa und bis
in die andern damals bekannten Welttheile gedrungen. Von allen Seiten er-
hielt er Zeichen der Achtung. Nur ein Gewaltiger achtete ihn, den allenthal.
den geehrten Kaiser, nicht — der Tod.
Im Januar des Jahres 814 wurde Karl von einem heftigen Fieber er-
griffen. Seiner Gewohnheit nach wollte er sich durch Fasten Helsen; aber es
war umsonst. Am 28. Januar des genannten Jahres befahl er zu Aachen als
ein zwei und siebenzigjähriger Greis den Geist in Gottes Hände.
Merkwürdig, wie er gelebt hatte, wurde er auch begraben. Im vollen
Kaiserfchmucke, mit Krone, Schwert, ein goldenes Evangelienbuch auf den Knieen,
ein Stück des heiligen Kreuzes auf dem Haupte, die goldene Pilgertasche um
die Hüfte, wurde er, sitzend auf einem goldenen Stuhle, in die Gruft der von
ihm gestifteten Marienkirche zu Aachen hinabgelassen. Noch lange nach seinem
Tode lebte der Name des großen Karl in den Sagen und Liedern des Volkes fort.
Die Nachkommen Karls des Großen.
Karls Nachfolger war Ludwig der Fromme d. h. der Gütige. Er war
der Regierung des mächtigen Reiches, welches ihm sein Vater hinterließ, nicht
gewachsen. Er fühlte das selbst und theilte deshalb sein Reich unter seine drei
Söhne, Lothar, Pipin und Ludwig. Nun aber heirathete der Kaiser zum zwei-
ten Male, und es wurde ihm ein Sohn geboren, den man Karl den Kahlen
nannte. Um diesem auch eine Krone zuzuwenden, nahm er eine neue Theilung
seiner Länder vor. Dadurch erbitterte er indeß seine drei älteren Söhne so
sehr, daß sie gegen den eigenen Vater das Schwert ergriffen. Der unglückliche
Kaiser erlebte den Schmerz, daß ein Theil seines Heeres von ihm abfiel und
zu seinen Söhnen überging. Die Gegend bei Colmar, wo das geschah, heißt
noch heut das Lügenfeld. Der stolze Lothar machte sich selbst zum Kaiser
und mißhandelte den Vater, welcher in seine Gewalt gefallen war, auf die em-
pörendste Weise. Der jüngere Sohn des Kaisers, der später Ludwig der
Deutsche hieß, trat zuerst von dem schmählichen Bunde der gottlosen Söhne
zurück, befreite den Vater aus der Hand des unnatürlichen Kindes und setzte
ihn wieder iw seine Würde ein.
Nach einigen Jahren indeß, nach dem Tode seines Sohnes Pipin, theilte
der Kaiser sein Reich von Neuem, und da Ludwig nur Baiern erhalten sollte,
ergriff dieser die Waffen, und abermals hatte der unglückliche Vater gegen den
eigenen Sohn zu kämpfen. Der Schmerz über seine Kinder riß den Kaiser
840 in's Grab.
Nun brach der Zwiespalt unter seinen Söhnen aus, welche sich in blutigen
Kriegen befehdeten. 843 schloffen sie jedoch den Vertrag von Verdün ab.
Durch diesen Vertrag erhielt Karl der Kahle Frankreich, Ludwig der Deutsche
alle Länder auf dem rechten Ufer des Rheins, und, damit er auch Weinberge
hätte, die Städte Worms, Speier und Mainz. Lothar empfing die Kaiserkrone,
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Extrahierte Personennamen: Karls Karl Karl Karl Karl Karls Karls Ludwig_der Ludwig Lothar Ludwig Ludwig Karl Karl Lothar Ludwig_der
Deutsche Ludwig Ludwig_nur_Baiern Ludwig Karl_der_Kahle_Frankreich Karl Ludwig_der_Deutsche Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Rom Europa Gottes Colmar Rheins Mainz
410
mit Studiren, sondern mit Brot-, Fleisch-, Eier- und Geldbetteln
macht man sich dem Kloster nützlich." Als er sein Gelübde ab-
legte und die Kappe anzog, nahmen ihm die Klosterbrüder die
Bibel. Doch wo ihm Zeit und Raum ward, hat er zu seiner
lieben heiligen Schrift stets und treulich gehalten.
Dieweil er aber Tag und Nacht im Kloster ftudirte und be-
tete und sich dabei mit Wachen und Fasten kasteiete und abmar-
terte, ward er kränklich und fchwermüthig. Da schickte ihm Gott
einen alten Klosterbruder als Beichtvater zu; der tröstet ihn herz-
lich und weist ihn aus die gnädige Vergebung der Sünden durch
Jesum Christum hin. Dies ist dem Doctor Luther ein lebendiger
Trost in seinem Herzen gewesen.
Der fromme Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen hatte
zu Wittenberg 1502 eine Universität gegründet. Doctor Johann
Staupitz, welcher damals über vierzig Augustiner-Klöster gesetzt
war, hatte Befehl, sich nach gelehrten Leuten umzusehen und solche
gen Wittenberg zu fordern. Da er an Luthern eine sonderliche Ge-
schicklichkeit und ernstliche Frömmigkeit spürt, bringt er den Bruder
Martin in's Kloster nach Wittenberg im Jahre 1508. Mit allem
Fleiße studirte dieser allda die heilige Schrift und erklärte sie so
trefflich, daß sich schon zu der Zeit gute Leute darüber verwunderten.
Im Jahr 1510 sandte ihn sein Orden nach Rom. Hier sah
er den Papst und lernte gar viele gottlose Geistliche kennen. Be-
sonders war er darüber sehr unwillig, daß sie den Gottesdienst
so leichtsinnig betrieben. Es hat ihn das nachmals wohl gestärket,
da er so ernstlich wider die römischen Gräuel schrieb. Auch hat
er sich an seinem Tische oft vernehmen lassen, er wollte nicht tau-
send Gulden dafür nehmen, daß er Rom nicht sollte gesehen haben.
Im Jahre 1512 wurde Bruder Martin zum Doctor der
heiligen Schrift in Wittenberg erklärt, nachdem er öffentlich einen
theueren Eid geschworen, er wolle die Bibel sein Lebelang studiren
und predigen.
36. Luthers Kamps gegen den Ablaß.
Im Jahre 1516 kam nach Deutschland ein Mönch, Johann
Tetzel, und verkaufte aus Befehl etlicher Bischöfe im deutschen
Lande römischen Ablaß um Geld. Er machte davon groß Ge-
pränge. Mit vielen Feierlichkeiten zog er in die Städte ein. Auf
einem Kissen von Sammet wurde die päpstliche Bulle (das ist
eine Kapsel, worin das päpstliche Schreiben lag, welches den Ab-
laß verkündigte) vorangetragen. Die Priester, der Magistrat und
die Schuljugend der Städte zogen mit Kerzen und Fahnen ihm
entgegen; alle Glocken läuteten. So ging es in die Kirche. Nun
begann der Handel. Tetzel hatte zwei Kasten bei sich; in dem
einen waren die Zettel, in dem andern befand sich das Geld. Er
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Johann
Staupitz Johann Martin_in's Martin Luthers_Kamps Johann
Tetzel Johann
Extrahierte Ortsnamen: Jesum_Christum Sachsen Wittenberg Wittenberg Wittenberg Rom Rom Wittenberg Deutschland
417
39. Uebergabe des Augsburgischen Glaubensbekenntnisses.
(Der 25. Juni 1530.)
Der Kaiser Karl hatte viel Kriege und Händel außerhalb
der deutschen Lande zu bestehen; darum konnte er die kirchlichen
Streitigkeiten nicht immer vor die Hand nehmen. Indeß schrieb er
1529 einen Reichstag zu Spei er aus. Da aber die Katholischen
hier mehr Stimmen hatten, als die Bekenner des lauteren Evan-
gelii, so setzten sie den Beschluß durch, daß es Keinem ferner ge-
stattet sein solle, zu den Lutherischen überzugehen. Dagegen legten
die Lutherischen eine Protestation ein, d. i. eine Einsprache, worin
sie erklärten, daß sie bei ihres Herrn und Heilandes Wort, wel-
ches sie ohne Zweifel rein, lauter und recht hätten, verbleiben woll-
ten, und daß sie aus redlichen Gründen den Beschluß des Reichs-
tages für nichtig und unbündig erklären müßten. Diese Protesta-
tion unterschrieben sechs Fürsten und vierzehn Reichsstädte. Von
dieser Protestation hießen die Lutherischen seitdem Protestanten.
Nun geschah es, daß der Kaiser nach Italien zog, damit er
dort die Kaiserkrone empfinge. Als Papst Clemens in ihn drang,
der Kaiser solle mit Schwertes Gewalt die neue Lehre ausrotten,
hat dieser antworten lassen: Es wären zwei Wege, Frieden und
Einigkeit in der Christenheit anzurichten; entweder daß man mit
dem Schwerte die Halsstarrigen strafe, oder daß man gütliche
Wege einschlage. Er sei gesonnen, gütliche Wege vorzunehmen.
Deshalb ward der Reichstag zu Augsburg ausgeschrieben, auf
welchem man wegen der Religionsirrung gütliche Unterredung
halten und zugleich wegen des Türkenkrieges rathschlagen wollte.
Denn die Türken hatten 1453 Constantinopel erstürmt und be-
drohten seitdem mit ihren wilden Horden die deutschen Lande.
Kaiser Karl aber gedachte, sie zu bekriegen, und er brauchte dazu
die Hülfe der Protestanten; daher war er gegen sie milder ge-
sinnt. Kurfürst Johann von Sachsen berathschlagte mit seinen
Gelehrten, was zu thun sei. Auf ihren Rath beschloß er, den
Reichstag zu besuchen. Zugleich befahl er, daß von der evange-
lischen Lehre ein Entwurf aufgesetzt würde. Luther schrieb 17 Ar-
tikel der christlichen Lehre nieder und sandte sie dem Kurfürsten nach
Torgau. Darauf brach der Kurfürst von Sachsen am 3. April
1530 von Torgau nach Augsburg auf und hielt mit großem Ge-
folge von fürstlichen und gräflichen Personen, vielen Rittern, Edel-
leuten und Räthen, auch den vornehmsten Gottesgelehrten seines
Landes seinen Einzug in Augsburg.
vr. Luther war anfänglich auch mit in dem Gefolge des Kur- ^
fürsten; jedoch weil dieser befürchtete, er möchte durch die Gegen-
wart dieses Mannes den Kaiser beleidigen, so ließ er vr. Luther
heimlich auf der Festung Koburg, mit dem Versprechen, in der
27
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Clemens Karl Karl Johann_von_Sachsen Johann
424
Die evangelischen Fürsten hatten schon 1531 ein Bündniß zur Vertheiln-
gung ihres Glaubens zu Schmalkalden geschlossen. Als sie die Absicht des
Kaisers merkten, rüsteten sie eilig ihre Heere; aber ihre Aengstlichkeit und Eifer-
sucht machten einen Angriff unmöglich.
Den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen rief die Treulosigkeit sei-
nes Vetters Moritz in seine Länder zurück. Dieser war evangelischen Glaubens
und Schwiegersohn des Landgrafen Philipp von Heffen, eines Bekenners des
evangelischen Glaubens. Dennoch stand er heimlich mit dem Kaiser in Unter-
handlung und besetzte die Länder Johann Friedrichs mit Gewalt. — Zwar
nahm dieser sie wieder; nun aber machte sich 1547 der Kaiser in Verbindung
mit Moritz gegen ihn auf. Der Kurfürst suchte das feste Wittenberg zu errei-
chen. Der Kaiser zog ihm am anderen Ufer der Elbe bis Mühlberg nach.
Er sah Anfangs keine Möglichkeit-, über den Fluß zu kommen; doch zeigte ihm
ein verrätherischer junger Bauer eine Fuhrt.
Es war ein Sonntagsmorgen. Der Kurfürst wohnte gerade dem Gottes-
dienste bei, als er die Nachricht erhielt, daß der Kaiser im Anzuge sei; dennoch
wollte er sich in seiner Andacht nicht stören lassen. — Als er endlich aufbrach,
wurde er von den kaiserlichen Reitern eingeholt und zur Schlacht gezwungen.
Aber die Seinen wurden geworfen; er selbst erhielt einen Hieb in die linke
Wange und mußte sich den Feinden ergeben. Gefangen und mit Blut bedeckt,
wurde er vor den Kaiser geführt. Als er diesen erblickte, hob er die Augen
gen Himmel und sprach: „Herr Gott, erbarme Dich meiner; nun bin ich hier!"
Er wollte dem Kaiser die Hand reichen; aber dieser wandte sich ungnädig ab.
Und als er anhnb: „Allergnädigster Kaiser!" — entgegnete Karl: „„So? bin
ich nun euer gnädigster Kaiser? So habt ihr mich lange nicht geheißen!"" —
Da sagte der Kurfürst: „Ich bitte um ein fürstlich Gefängniß!" — „„Wohl,""
antwortete Karl, „„ihr sollt gehalten werden, wie ihr el verdient."" — Der
Kaiser zog nun vor Wittenberg. Er nöthigte den Kurfürsten, die Stadt zur
Uebergabe aufzufordern; als aber dieser sich weigerte, ließ er ihn zum Tode
verurtheilen. Dieses Urtheil ward indeß nicht ausgeführt. Doch mußte Jo-
hann Friedrich auf die Kurwllrde Verzicht leisten, seine Länder an Moritz ab-
treten, die Festung Wittenberg überliefern und des Kaisers Gefangener bleiben.
44. Der Augsburger Religionsfriede.
Nach dem Unfälle des Kurfürsten von Sachsen war der Landgraf Philipp
nicht im Stande, dem Kaiser zu widerstehen. Er ergab sich auf Gnade und
Ungnade und that zu Halle fußfällig Abbitte. Moritz von Sachsen und
Joachim Ii. von Brandenburg hatten ihn dazu vermocht. Diese hatten freilich
gehofft, der Kaiser werde es mit einer gelinden Strafe bewenden lasten. Statt
besten ward der Landgraf in der Gefangenschaft des Kaisers behalten und wie
ein gemeiner Gefangener behandelt. In der Seele Moritzens bildete sich eine
große Mißstimmung gegen den Kaiser-, und es reifte in ihm der Entschluß, mit
Gewalt vom Kaiser zu erzwingen, was er auf gütlichem Wege nicht erlangen
konnte. Er erhielt 1550 den Auftrag, gegen die widerspenstige Reichsstadt Mag-
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
Extrahierte Personennamen: Johann_Friedrich_von_Sachsen Johann Friedrich Moritz Philipp_von_Heffen Philipp Johann Friedrichs Moritz Karl Karl Karl Karl Friedrich Friedrich Moritz Philipp Philipp Moritz_von_Sachsen Joachim_Ii
426
2. Des ¡Krieges Fortgang.
Den Kanipf setzten auf evangelischer Seite zunächst Ernst von Mansfeld
und Christian von Braunschweig fort. Da es ihnen aber an Geld fehlte, so
vermochten sie ihre Truppen nur durch Raub und Plünderung zu erhalten.
Diese mußten bald überall vor den katholischen Heeren weichen, welche Tilly
befehligte. Tilly war ein tapferer Soldat, von großer Strenge und Pünktlich-
keit. Er war klein und hager. Seine Augen blitzten finster unter grauen
Wimpern und einer stark gewölbten Stirn hervor. Das Gesicht mit scharfen
Zügen trug eine große, gebogene Nase. Gewöhnlich ritt er einen kleinen Grau-
schimmel und trug ein grünseidenes Gewand nach spanischem Schnitte. Auf
dem Hute wogte eine rothe Hahnenfeder.
Tillys Siege brachten den evangelischen Glauben ernstlich in Gefahr. Auch
das Heer des Dänenkönigs Christian Iv., welcher den bedrängten Glaubensge-
nossen zu Hülfe kam, wurde geschlagen. Dazu erschien auf katholischer Seite
noch ein anderes Heer, geführt von dem gefürchteten Wallenstein. Dieser,
von evangelischen Eltern stammend, war nach einer wunderbaren Lebensrettung
auf Zureden der Jesuiten katholisch geworden. Aus den Sternen glaubte er er-
kannt zu haben, daß er zu etwas Großem bestimmt sei. Da er sehr reich war, so
machte er dem Kaiser den Vorschlag, daß er ein Heer werben und selbst unter-
halten wolle. Der Kaiser ging darauf ein. Sobald die Werbetrommel des Wallen-
steiners wirbelte, strömten von allen Orten Männer herzu, die lieber rauben
helfen, als beraubt sein wollten. Bald war ein ansehnliches Heer unter seinem
Befehl beisammen. — Während Tilly in Westphalen stand, überschwemmte
Wallenstein Schleswig und Jütland mit seinen Schaaren. Wohin diese kamen,
verwüsteten sie die Felder, zerstörten Dörfer und Städte, mißhandelten Weiber
und Säuglinge, tödteten die Männer und plünderten auf daö Unbarmherzigste.
Es war ihnen gleich, ob sie in Freundes- oder Feindesland waren. Wallen-
stein, früher schon zum Herzog von Friedland in Böhmen ernannt, erhielt Meck-
lenburg vom Kaiser, und da er zum Admiral der Ostsee erhoben war, so wollte
er, daß Stralsund kaiserliche Besatzung einnähme. Die Stadt weigerte sich. Nun
schwur der Friedländer, und wenn Stralsund mit Ketten an dem Himmel hinge,
so müßte es herunter. Aber er begrub 12,000 Mann vor den Wällen der Stadt
und mußte sich zurückziehen. — Dänemark schloß 1629 mit dem Kaiser Frieden.
Es versprach, sich künftig aller Theilnahme an den protestantischen Angelegen-
heiten in Deutschland zu enthalten. — Bald waren die katholischen Heere über-
all Sieger. Da erließ der Kaiser auf Antrieb der Jesuiten das Restitutions-
edikt. Hiernach sollten die Protestanten alle eingezogenen Kirchengüter wieder
herausgeben, und den katholischen Fürsten sollte es frei stehen, ihre evangelischen
Unterthanen zur katholischen Kirche mit Zwang zurückzuführen. Ein Schrei der
Entrüstung tönte durch das protestantische Deutschland; aber wer sollte es wa-
gen, gegen solche Ungerechtigkeit sich aufzulehnen? Die Macht der Evangelischen
war gebrochen, mehr noch durch ihre eigene Uneinigkeit, als durch des Kaisers
Siege. — Nur in einem Punkte gab der Kaiser nach. Wallensteins Absetzung
wurde von allen Seiten verlangt, weil die Schandthaten seines Heeres zum
Himmel schrieen; sie wurde vom Kaiser bewilligt.
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Ernst_von_Mansfeld Ernst Christian_von_Braunschweig Tilly Tilly Christian_Iv.
Extrahierte Ortsnamen: Tillys Friedland Stralsund Deutschland Deutschland
428
4. Leipzig und Lützen.
Nach dem Falle Magdeburgs wurden die protestantischen Für-
sten von Schrecken ergriffen; sie wandten sich jetzt an Gustav
Adolph und baten um Hülfe. Dieser verzieh ihnen in seiner
Großmuth ihr früheres Mißtrauen und vereinigte sich zunächst
mit den Sachsen. Tilly hatte Leipzig beschossen und eingenommen.
Bei Breitenfeld, einem Dorfe unweit Leipzig, trafen die Kaiser-
lichen und die Schweden zusammen. In einer äußerst blutigen
Schlacht siegte die schwedische Tapferkeit über den wilden Unge-
stüm der Pappenheimschen Reiter. Tillh ward geschlagen. Er
entkam, selber verwundet, mit nur 600 Reitern nach Halle. Jetzt
stand Deutschland dem Schwedenkönige überall offen. Die Sach-
sen drangen nach Böhmen ein; Gustav Adolph aber wandte sich
gegen den Rhein und von da nach Baiern. Hier wollte ihm Tillh
den Uebergang über den Lech streitig machen; aber durch eine
heftige Kanonade gelang es den Schweden, über den Fluß zu
setzen. Tilly erhielt einen Kanonenschuß in das rechte Knie, und
unter unsäglichen Schmerzen starb 14 Tage nachher der Sieger
in 36 Schlachten, 73 Jahre alt. München, Augsburg, Landshut
mußten den Schweden ihre Thore öffnen; der Weg nach Wien
war frei, und der Kaiser zitterte in seiner Burg.
In dieser Noth wandte sich Ferdinand an den schwer beleidig-
ten Wallenstein, damit dieser ein neues Heer schaffe und gegen
die Schweden führe. Erst nach langem Bitten und unter Be-
dingungen, die ihm fast unumschränkte Gewalt gaben, verstand
sich der stolze Mann dazu. In kurzer Zeit sammelte sein Name
Schaar auf Schaar um seine Fahnen, und nun zog er auf
Nürnberg los, aber nur langsam, um den Kurfürsten von
Baiern, der früher am meisten auf seine Absetzung gedrungen
hatte, noch länger in der Noth zu lassen. Von seinem verschanzten
Lager bei Nürnberg blickte er sicher und stolz auf die Schweden,
die vergeblich stürmten. Nachdem diese abgezogen waren, brach
auch er auf und zwar nach Sachsen, damit er das Land für den
Abfall vom Kaiser strafe. Gustav Adolph, von dem Kurfürsten
zu Hülfe gerufen, zog eilends herbei. Als er durch Naumburg
kam und das Volk ihm die Füße küßte und ihn wie einen schüt-
zenden Engel empfing, sprach er mit trüber Ahnung: „Unsere Sa-
chen stehen gut; aber wie leicht könnte Gott sie und mich empfin-
den lassen, daß ich nichts als ein schwacher und sterblicher Mensch
bin." Bei Lützen, in der Nähe bei Leipzig, traf der König die
Kaiserlichen unter Wallenstein. Der Morgen des 16. Novem-
der 1632 brach an; ein dicker Nebel bedeckte die Gefilde; erwar-
tungsvoll standen die Heere; die Schweden sangen zu dem Schalle
der Pauken und Trompeten Luthers Lied: „Ein feste Burg ist
unser Gott" und das vom Könige selbst gedichtete Lied: „Verzage
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei]]
Extrahierte Personennamen: Gustav
Adolph Gustav Tilly Gustav_Adolph Gustav Tilly Ferdinand Nürnberg Gustav_Adolph Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Magdeburgs Sachsen Breitenfeld Leipzig Schweden Deutschland Rhein Baiern Schweden Augsburg Wien Schweden Baiern Schweden Sachsen Naumburg Leipzig Luthers