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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 7

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
I. v. Treitschke, Belle Alliance. 7 vollends in Verwirrung; aber auch die Sieger fühlten sich tief erschöpft. Auf den anderen Teilen des Schlachtfeldes gestaltete sich unterdessen der Gang der Ereignisse weit günstiger für Napoleon. Die Division Quiot, die schon an dem großen Angriffe Erlons teilgenommen, ging von neuem auf der Landstraße vor und bestürmte die Meierei von La Haye Samte. Dort stand Major Baring mit einem Bataillon von der leichten Infanterie der deutschen Legion und einigen Nassauern. Die grünen Jäger hatten schon um Mittag die Schlachthaufen Erlons abgeschlagen; die treuen Männer hingen mit ganzem Herzen an ihren Offizieren, alle bis zum letzten Gemeinen zeigten sich entschlossen von diesem Ehrenposten nimmermehr zu weichen. Und welche Aufgabe jetzt! Schon brannten die Dächer des Gehöftes, die einen mußten löschen, die anderen führten aus den Fenstern, hinter den Hecken und Mauern des Gartens das Feuergefecht gegen die furchtbare Übermacht draußen. Pulver und Blei gingen aus; vergeblich sandte Baring wiederholt seine Boten rückwärts nach Mont St. Jean mit der dringenden Bitte um Munition. Erst als säst die letzte Patrone verschossen war, räumte die tapfere kleine Schar den Platz. Wie Rasende drangen die Franzosen hinter den Abziehenden in das Gehöft ein, durchsuchten brüllend alle Stuben und Scheunen: „kein Pardon diesen grünen Brigands!" — denn wie viele ihrer Kameraden waren heute mittag und jetzt wieder den sicheren Kugeln der deutschen Jäger erlegen! Das Vorwerk des englischen Centrums war genommen, und bald ergoß sich der Strom der Angreifer weiter bis nach Mont St. Jean. Die Mitte der Schlachtlinie Wellingtons war durchbrochen. Da führte der Herzog selber die hannoversche Brigade Kielmannsegge herbei, und ihr gelang die Lücke im Centrum vorläufig zur Not wieder auszufüllen. Aber auch nur vorläufig; denn die Reserven waren schon herangezogen bis auf den letzten Mann, und La Haye Sainte, die beherrschende Position dicht vor dem Centrum, blieb in den Händen des Feindes. Mittlerweile konnte auch der tapfere Bernhard von Weimar auf dem linken Flügel die Vorwerke La Haye und Papelotte gegen die Division Durutte nicht mehr behaupten. Er begann zu weichen. Wellingtons Besorgnis stieg. Schon seit mehreren Stunden hatte er wiederholt Adjutanten an Blücher gesendet mit der dringenden Bitte um Hilfe. Kalt und streng stand er unter seinen Offizieren, die Uhr in der Hand, und sagte: „Blücher oder die Nacht!" Wenn Napoleon

2. Geschichtliches Lesebuch - S. 236

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
236 Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. Reserve, von der Benedek übrigens schon jetzt je eine Reiterdivision in der Nähe von Problus wie von Nedielischt halten ließ. Für die Auffassung seiner Maßregeln irrt Centrum, gegenüber dem Angriff des Prinzen Friedrich Karl, scheint ein Armeebefehl lehrreich, den er in diesen Tagen erlassen hatte. Nach den Erfah- rungen der bisherigen Gefechte hatte er darin seine Truppen angewiesen, nicht eher zum Massenangriff auf den Feind zu schreiten, als bis derselbe durch das Feuer der Artillerie mürbe gemacht sei. Die ganze Aufstellung seines Centrums war nichts als eine Anwendung dieses Satzes im Großen. Die Übergänge über die Bistritz und der flachere Abhang neben ihr sollten unbesetzt bleiben, damit hier die Infanterie nicht vorzeitig von der Zündnadel decimiert würde. Sie stand also weiter rückwärts auf den steilen Höhen, deren Rand von Laugeuhof bis Lipa und Chlum durch einen ununterbrochenen Kranz furchtbarer Batterien mit mehr als 200 gezogenen Geschützen geschmückt wurde. Geradezu eingeladen war der Feind, unten im Thale aufzumarschieren und dann beim Ansturm auf die Höhe sich unter dieser beispiellosen Kanonabe zu verbluten. War er baburch zerrüttet, so würde erst der Mafsenangriff mit zermalmenber Übermacht erfolgen. Zu biesem Zwecke würde der größte Teil der Reserve, das erste und sechste Korps nebst zwei schweren Reiterbiüisionen, bicht hinter Sangen* Hof, Front nach Westen, aufgestellt, und zwar, was besonders fprechenb ist, in erster Linie vor den Infanterie-Korps die Reiter, welche doch zur Verteibigung der Höhenstellung sehr wenig, um so mehr aber zur Offensive gegen den erschöpften Feind brauchbar waren. Immer also, scheint es, hielt Benebek an seinem ursprünglichen Gebanken, der Besiegung Frtebrich Karls, fest. Daraus würde sich auch der ihm später stets zum Vorwurf gemachte Befehl an den rechten Flügel erklären, in der Tiefe bei Nedielischt anstatt weiter vorwärts auf den Höhen von Horscheniowes und Maslowied Stellung zu nehmen. Er wünschte ihn in nächster Nähe zu haben, um vielleicht auch ihn zu dem entscheidenden Vorstoße gegen Friedrich Carl zu verwenden, falls nicht ein zu frühes Erscheinen des Kronprinzen dies unmöglich machte. In dem letztem Falle wäre den beiben Korps ihre ursprüngliche Bestimmung geblieben, und wenn ihre Vorposten die Annäherung des Gegners rechtzeitig entbeckten, so wäre immer noch die Möglichkeit gegeben, die vorliegenben Höhen zu fester Abwehr des feiitblichen Angriffs zu besetzen. Man wirb nicht behaupten wollen, daß ein solcher Plan unklar

3. Geschichtliches Lesebuch - S. 250

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
250 Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. das Herz des Gegners ermöglicht hatten. Der österreichische Generalstab berichtet darüber: von den 59 Bataillonen, welche am Schlachttage den rechten Flügel der Armee bildeten, standen 49 um Mas-lowied und Horscheniowes vereint; davon waren nur mehr 13 Bataillons intakt, weitere 8 waren, wenn auch geschwächt, doch wieder gesammelt und verwendbar; der Rest, 38 Bataillons, war teils eben im Kampfe begriffen, teils durch den frühern Kampf so geschwächt, daß auf diese Bataillons vorläufig wenig zu rechnen war; 49 Bataillons hatten die Front nach West, und es blieben zur Bewachung und Verteidigung des sji Meilen breiten Raumes Horfcheniowes-Trotina, durch welchen die Zugänge von Norden her in den Rücken der Armee führten, im ganzen nur neun Bataillons (die Truppen nämlich, welche Graf Thuu am Morgen zur Bewachung der Trotina zurückgelassen hatte). So war denn allerdings für den Anmarsch des Kronprinzen der breiteste Raum eröffnet. Die nächste Frage, welche sich hier aufdrängt, ist die: hatte denn Benedek, welchem das ordnungswidrige Verfahren seiner Korpsführer doch unmöglich verborgen bleiben konnte, ganz und gar nichts zur Abhülfe gethan? Die Antwort darauf ist einfach. Benedek kam gegen halb neun Uhr auf die Höhe von Lipa, ritt dann hinüber nach Langenhof, während bald nachher der Chef der Ingenieure, Oberst Pidoll, in atemloser Eile die Meldung von dem befehlwidrigen Verhalten des zweiten und vierten Korps nach Lipa brachte. So wurde es beinahe zehn Uhr, ehe Benedek die Nachricht empfing; auf der Stelle saudte er den Befehl hinüber nach Maslowied, die begonnene Bewegung einzustellen und auf die Hügel von Nedielischt zurückzugehen. Dies kam in Mollinarys Hände, als Poeckh und Fleischhacker bereits im Walde kämpften, und jener erklärte, ein rasches Abbrechen des durchaus siegreichen Gefechts, von dem er sich die größten Folgen verspreche, sei absolut unmöglich. Benedek dachte einen Augenblick daran, das sechste Korps aus der Reserve vorzuziehen und bei Nedielischt auszustellen, ging aber gleich wieder davon ab, wohl nach der Erwägung , daß seine große Offensive gegen Friedrich Karl bald ausführbar, Molliuary aber und Thun nach erfolgter Besiegung Fran-seckys doppelt selbstbewußte und kräftige Gegner des Kronprinzen sein würden. Nun aber geschah, wie wir sahen, das Unerhörte. Nachdem das vierte Korps total geschlagen und zerrüttet aus dem Walde zurückgekommen war, führte Mollinary die Ordre seines Feldherrn

4. Geschichtliches Lesebuch - S. 238

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
238 Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. zugehen. Der Chef seines Generalstabs, General von Voigts-Rhetz, eilte dann hinüber nach Gitschin, um die Genehmigung des obersten Kriegsherrn für alle diese Anordnungen zu erbitten. Bei dessen Ankunft, halb elf Uhr abends, war der König im Begriffe, sich zur Ruhe zu begeben, empfing aber den General auf der Stelle und nahm, die Landkarte vor sich, dessen Bericht entgegen. Voigts-Rhetz meldete, was der Prinz ihm aufgetragen, äußerte zugleich aber als feine persönliche Ansicht, es würde sich empfehlen, den Kronprinzen nicht bloß „mit der Garde oder mehr", sondern mit seiner ganzen Armee herbeizurufen. Bei der Dürftigkeit der Nachrichten über die Stärke und die Absichten des Feindes hielt es der Monarch noch für sehr zweifelhaft, daß Benedek diesseits der Elbe die Schlacht annehmen oder gar selbst zum Angriff vorgehen sollte. Er schickte indessen den General zu Moltke hinüber: dieser schlief schon, als Voigts-Rhetz bei ihm mit der Nachricht eintrat, daß der Feind nicht hinter, sondern vorwärts der Elbe stände. Bei dem ersten Worte sprang er mit einem „Gott sei Dank" ans dem Bette; „alle Zweifel waren gehoben, sagt er, ein Stein fiel mir vom Herzen", und freudig eilte er über den Marktplatz in das nahe Quartier des Königs. Nach kurzer und rascher Besprechung überwog die Ansicht, daß jedesfalls ein bedeutender Teil der feindlichen Armee, wenn nicht ihre Gesamtheit, zwischen Bistritz und Elbe anzutreffen sei, und dann war wie Moltke auch der König der Meinung, daß eine derartige Möglichkeit, eine große Entscheidung herbeizuführen, nicht unbenutzt bleiben dürfe, daß vielmehr, ein solches Ziel im Auge, alle Kraft anzuspannen und die ganze zweite Armee auf das Schlachtfeld zu entbieten fei. Um Mitternacht waren die Befehle fertig, und Oberstlieutenant Graf Finckenstein ritt unter dem schwarz bevölkten Nachthimmel, nur von einem Reitknecht begleitet, in das unbekannte Land hinein, um das wichtige Blatt nach Königinhof, 4 V« Meile weit, dem Kronprinzen zu überbringen. Unterwegs sollte er noch an die Vorposten des ersten Korps einen entsprechenden Befehl für General Bonin abgeben, sein Korps sofort zu sammeln, es für die Weisungen des Kronprinzen bereit zu stellen, nach Umständen auch selbständig in den voraussichtlichen Kampf bei Sadowa einzugreifen. Dem Kronprinzen schrieb Moltke: „Den bei der ersten Armee eingegangenen Nachrichten zufolge ist der Feind in der Stärke von etwa drei Korps, welche jedoch noch weiter verstärkt werden können, bis über den Abschnitt der Bistritz bei Sadowa vorgegangen, und ist dort ein Rencontre mit der ersten

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 44

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
44 Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest Lmher die Bannbulle des Papstes verbrannt hatte, so jetzt die Schriften der Feinde der guten Sache ins Feuer zu werfen. Da die Mehrheit des Festausschusses, klüger als der Alte, deu Vorschlag ablehnte, gab Jahn gleichwohl seinen Berlinern ein Verzeichnis der zu verbrennenden Bücher mit auf den Weg, und diese Getreuen, Maßmann voran, beschlossen nunmehr den Plan des Meisters ans eigene Faust auszuführen, tvas der Ausschuß um des Friedens millen nicht geradezu verbieten wollte. Kaum war auf dem Wartenberge das letzte ernste Lied der die Flammen umringenden Burschen verklungen und die eigentliche Feier beeudet, so trat Maßmann plötzlich hervor und forderte in einer schwülstigen Rede die Brüder auf, zu schauen, wie nach Lnthers Vorbilde in zehrendem Fegefeuer Gericht gehalten werde über die Schandschriften des Vaterlandes. Jetzt sei die heilige Stunde gekommen, „daß alle deutsche Welt schaue was wir wollen; daß sie wisse, weß sie dereinst sich von uns zu Verseheu habe". Darauf trugen seine Gesellen einige Ballen alten Druckpapieres herbei, die mit den titeln der verfehinten Bücher beschrieben waren. Auf eine Mistgabel aufgespießt flogen dann die Werke der Vaterlandsverräter unter tobendem Gejohle in das höllische Feuer: eine wunderlich gemischte Gesellschaft von etwa zwei Dntzeno guten und schlechten Büchern, alles was gerade in jüngster Zeit den Zorn der Isis und ähnlicher Blätter hervorgerufen hatte. Da brannten Wadzeck, Scherer und, der Vollständigkeit halber, gleich „alle anderen schreibenden, schreienden und schweigenden Feinde der löblichen Turnkunst", desgleichen die Alemannia „und alle andern das Vaterland schändenden und entehrenden Zeitungen"; dann natürlich drei Schriften von dem verhaßten Schmalz („Gänse-, Schweine- und Hundeschmalz" brüllte der Chor) und der Codex der Gendarmerie von seinem Genossen Kamptz. Neben dem Code Napoleon, Kotzebnes Deutscher Geschichte und (Laul Aschers Germanomanie, der ein „Wehe über die Juden" nachgerufen ward, wanderte auch Hallers Restauration in die Flammen: — „der Gesell will keine Verfaffnng des deutschen Vaterlandes", hieß es zur Erläuterung, da doch keiner von den Burschen das ernste Buch gelesen hatte. Aber auch die Liberalen Benzenberg und Waugenheim mußten den Grimm der Jugend erfahren, weil die Jenenser Publizisten ihre Schriften nicht verstanden. Zuletzt wurden noch ein Ulanenschnürleib, ein Zopf und ein Korporalstock verbrannt, als „Flügelmänner des Gamaschendienstes, die Schmach des ernsten heiligen Wehrstandes", und mit einem dreimaligen

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 69

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
V. Pfizer, Stellung von Österreich und Preußen. 69 anderes, wenn auch ihr ähnliches, ebensowenig wiederholt sich die Geschichte jemals ganz auf dieselbe Art wieder. Der Strom der Zeit läßt sich nicht gegen seine Quelle zurückdrängen, es giebt keinen Zauberspruch, das Tote wieder zu erwecken, immer neue Gestalten drängen sich, aber das Erstorbene wird nie in derselben Gestalt wieder lebendig, wenn es auch Gesetz der Welt und Ordnung der Natur ist, daß aus Tod und Verwesung neues Leben hervorgeht. So wenig als diesseits des Grabs die Toten auferstehen, so wenig wird daher Österreich, einst der Erbe deutschen Ruhms und deutscher Herrlichkeit, für Deutschland je wieder das werden, was es einst gewesen. Eine Kluft von drei Jahrhunderten hat sich zwischen seiner Gegenwart und seiner Vergangenheit aufgethau, die nicht mehr rückwärts übersprungen werden kann. Hätte freilich Österreich beint Beginn der Reformation es verstanden, dem Impuls der neuen Zeit zu folgen, ihre Bedeutung aufzufassen und zu nützen, ihren Forderungen zu genügen und sie dadurch zu beherrschen, so wäre Österreich heute noch das erste Reich der Welt, und im Mittelpunkt Europas festgewurzelt an der Spitze jener großen europäischen Bewegung weiterschreitend, würde es auch zum Lichtpunkt Europas und zum Brennpunkt der Civilisation geworden sein. Statt dessen hat Österreich vorgezogen, sich mit aller Kraft dem Strome der Ereignisse entgegenzustemmen und dadurch allerdings dessen Macht zu brechen, eben damit aber auch in entschiedene Opposition gegen das übrige Deutschland zu treten, dem es durch seine Verblendung gegen das herein-dtingende neue Geisteslicht den Segen in einen Fluch verwandelt und tiefe, fast unheilbare Wunden geschlagen hat; und wollte Österreich jetzt wieder in die verlassene Bahn einlenken, so wäre es jetzt zur Umkehr zu spät und der Rückweg unmöglich geworden. Auch scheint Österreich keineswegs seinen Ehrgeiz auf ein solches Ziel zu richten; es ist Deutschland fremd geworden, hat zuerst gezwungen und dann freiwillig seinen Ansprüchen auf die Hegemonie entsagt, und die gewaltigen Ereignisse der jüngsten Vergangenheit haben nur einen Bruch vollendet, der vor dreihundert Jahren schon begann. Österreich hat seinen deutschen Rainen gegen einen europäischen vertauscht und sieht nun allem, was wir von deutschem Eigentums noch gerettet haben, allem, worauf Deutschland noch einen Stolz setzen darf, seinem geistigen Leben, seiner Litteratur, seinen Hochschulen, schroff, man könnte sagen feindselig, gegenüber. Wenn daher Österreich, um nicht in sich selbst zu zerfallen und von den Fluten einer

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 119

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 119 zeichnender Kraft. Das Bild, das er von der „Schmach" dieses Waffenstillstandes und den Schrecken seiner Folgen entwarf, beruhte auf lauter willkürlichen Auslegungen und unhaltbaren Behauptungen; von den Thatsachen aber, welche für jedes besonnene Urteil entscheidend ins Gewicht fielen, war dabei keine einzige gewürdigt. Ruhmvoll war der Waffenstillstand freilich nicht, aber das konnte er auch nicht sein, denn die Dänen waren unbestritten Herren der See und der Inseln geblieben; folglich himmelweit davon entfernt, „niedergekriegt" (debellati) zu sein. Aber er war auch nicht „schmachvoll" und nicht schädigend für die gute Sache. Denn erstens war dem Recht der Herzogtümer in keiner Weise vergeben, die Ansprüche und Rechte Deutschlands vielmehr ebenso wie die Dänemarks für den der-einstigen Friedensschluß ausdrücklich vorbehalten, und zweitens war ausgemacht, daß während der sieben Monate des Waffenstillstandes in Schleswig und Holstein wohl schleswig-holsteinische, aber keine dänischen Truppen sein dürften, und damit war gesagt, daß auch die neu zu bildende Regierung, die übrigens aus lauter Notabeln des Landes bestehen mußte, von jedem Druck der Dänen frei blieb. Die Rückgabe aber der geraubten Schiffe, deren Gesamtwert auf 6 Millionen Thaler angeschlagen ward, und das Aufhören des Seekrieges und der Küstensperre war für den deutschen Handel überhaupt und die Ostseeländer Preußens und Deutschlands im besondern ein geradezu rettendes Ereignis. Nur eins war unbestritten: die neue Centralgewalt hatte bei dieser Gelegenheit eine völkerrechtliche Anerkennung nicht gefunden, und wenn das erwartet und verlangt worden war, dann hatte das Reich der Paulskirche allerdings eine Niederlage erlitten. Die Bedingungen der Vollmacht, welche der Erzherzog-Reichsverweser dem preußischen Ministerium für den Abschluß ausgestellt, waren zum Teil nicht erfüllt, zum Teil nicht strenge innegehalten worden, und der Abgesandte des Reichsverwesers, Max v. Gagern, war zu gar keiner Teilnahme an dem Geschäfte gekommen; aber hier kam eben in Betracht, worauf der Minister Camphausen in seiner Zuschrift an das Reichsministerium hinwies, daß dem König von Dänemark die Errichtung der neuen Reichsgewalt noch gar nicht angezeigt und Preußen weder beauftragt noch berechtigt war, diese Anzeige zu bewirken; folglich war der Reichsverweser für den Hof zu Kopenhagen völkerrechtlich gar nicht vorhanden, und es war durchaus zutreffend, wenn es in dem Eingang der Übereinkunft hieß: der König von Preußen handle „im eignen wie im Namen des deutschen Bundes", weil der letztere eben für

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 140

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
140 Ix. Oncken, Die Trennung von Österreich und der preußische Erbkaiser. alle Brücken hinter sich ab, verbrannte seine Schiffe und erklärte, er habe für seine Pflicht gehalten, alle Mittel zu erschöpfen, ehe 'das verhängnisvolle Wort der Trennung gesprochen werde. ^etzt seien sie erschöpft, die Minister Österreichs selbst hätten die Trennung vollzogen, denn aus ihrer „babylonischen Verfassung" gehe klar hervor, daß von ihnen die Vereinigung Österreichs in den Bundesstaat nicht zu erwarten sei, und nun dränge die Zeit, das übrige Deutschland desto fester, desto stärker, desto inniger zu verbinden. „Wenn ich hier Hinblicke auf meine alten Freuude, so werde ich vielleicht einem kleinen Triumph in ^hren Herzen, wenn nicht in Ihren Mienen begegnen, daß Sie schon vor Wochen und Monaten und ich erst so spät das Nichtige ersannt hätte. Seien Sie stolz darauf, wenn Sie wollen, aber vergeben ^ie mir, auch ich bin — obwohl jetzt mit traurigem Herzen — stolz darauf, daß ich, so viel wie möglich war, mit allen Kräften eine Verzögerung der Trennung bewirkte. Wir haben viel dadurch gewonnen, und Sie selbst, gembe die eifrigsten Anhänger der preußischen Kaiserkrone müssen mir bansen; benn, meine Herren, denken Sie, wenn an dieser Krone ein Flecken geklebt hätte, ein Vorwurf, ein Schein einer Schuld, daß sie Deutschland zerrissen hätte, wenn der Gebanke entstauben wäre, durch voreilige ober eigennützige Beschlüsse wäre Österreich hinausgetrieben worben, oh, baun wäre diese Krone nicht so viel wert, nicht so wohlthätig schützend." Erschloß unter stürmischem Beifall der Rechten und der Mitte: „Ich sage nichts weiter als: das Vaterland ist in Gefahr, retten Sie das Vaterland." Dem Antrag Welcker war eine erdrückende Mehrheit gesichert, wenn jetzt wenigstens die Österreicher ausschieden aus einer Versammlung, in der sie schlechterdings nichts mehr zu suchen hatten. Diesen Österreichern hatte Dahlmann gleich nach dem Erscheinen des Erlasses vom 4. Februar durch die „Deutsche Zeitung" ernsten Vorhalt gemacht. Umsonst, sie waren geblieben, um mit der Linken weiter zu stimmen gegen den Erbkaiser und für alles, was einem König von Preußen die Annahme einer Kaiserwahl unannehmbar machte, und für das Unannehmbarste von der neuen Verfassung galt außer dem bloß aufschiebenden Veto das allgemeine, unmittelbare Wahlrecht, das sie mit Hattert durchsetzen helfen. An die Deutschen aus Österreich richtete auch Welcker die ergreifendsten Sätze der ergreifenden Rede, die er am 17. März hielt'), als der Bericht des 1) Vgl. Nr. x, 3.

9. Geschichtliches Lesebuch - S. 242

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
242 Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. Swiepwalde beauftragt. Beide waren, wie wir sahen, gleich zu Anfang in den Kampf mit preußischen Abteilungen verwickelt worden: beiden kostete es große Mühe und schweren Verlust, jetzt nach Be-nedeks Befehl das Gefecht abzubrechen und auf die Höhen bei Lipa zurückzugehen. Das Ärgste aber geschah auf dem rechten Flügel. Als die Grafen Festetics und Thun die ihnen zugedachte Stellung auf den flachen Hügeln hinter Nedielischt und in der Elbniedernng beschauten, fanden sie, daß dieselbe von den gegenüberliegenden Höhen eingesehen und beherrscht würde, und daß diese Höhen ihnen jeden Ausblick in das fernere Vorland abschnitten: ein Mangel, dem offenbar die Aufstellung einiger Reiterschwadronen bei Horscheniowes auf der Stelle abgeholfen hätte. Dazu kam, daß die Brigade Brandenstein vom vierten Korps in der Nacht die Vorposten bis zum Swiepwalde hin gegeben und jetzt ebenso wie Appiano sich in ein Gefecht mit Franseckys Vortrab eingelassen hatte, bei welchem Graf Festetics sie unterstützen zu müssen glaubte. Genug, die beiden Grafen gelangten zu dem Entschlüsse, trotz der Befehle des Oberfeldherrn, die ihnen elend dünkende Stellung hinter Nedielischt zu verlassen, das vierte Korps auf die Höhe von Maslowied, das zweite an den Abhang von Horscheniowes zu führen, dort Front gegen Westen zu nehmen und sich an dem Kampfe gegen Friedrich Karls Armee zu beteiligen. Damit war denn freilich Benedeks ganzer Schlachtplan auf den Kopf gestellt, die Offensive gegen Friedrich Karl vor der Zeit begonnen, und dem Eingreifen des Kronprinzen Thor und Thür eröffnet. Die unter diesen Verhältnissen sich entwickelnde Riesenschlacht ist unzählige Male in allen Sprachen Europas beschrieben und beurteilt worden: die beteiligten Generalstäbe haben sie bis in die kleinsten Einzelheiten mit einer in solchen Fällen seltenen Übereinstimmung dargestellt, sodaß nur bei sehr wenigen Punkten ein Zweifel über den Thatbestand des Ereignisses bleibt. Wir dürfen uns also begnügen, in kurzen Umrissen den allgemeinen Gang der großen Tragödie uns vor Angen zu führen. Wir beginnen im Süden des Schauplatzes, mit der Thätigkeit der Elbarmee. Ihr Vormarsch über die Bistritz vollzog sich mit auffallender Langsamkeit, wofür überall die Erklärung gegeben wird, daß man nur die eine Brücke bei Nechanitz zur Benutzung gehabt, und jede Division mehrere Stunden zum Passieren dieses Desilees bedurft hätte. Bei den benachbarten Korps der ersten Arinee war der

10. Geschichtliches Lesebuch - S. 235

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. 235 natürlich, daß die bisher geschlagenen Korpsführer nicht sich selbst, sondern der Unfähigkeit des Feldzeugmeisters die Schuld an ihrem Mißgeschick zuschrieben, und mehr als einer unter ihnen war geneigt, wenn er heute wieder verkehrte Befehle erhielte, dieselben nach eigenem Wissen und Gewissen zum Besten des Vaterlandes zu korrigieren. Diese Stimmungen wurden nicht gelindert durch den Umstand, daß Benedek nach seiner kurzen Weise den Korpskommandanten zwar ihre Aufstellung angab, sonst aber keine Silbe über seine Pläne und Absichten an diesem Schlachttag mitteilte und sie dadurch ohne Direktiven für den Fall unvermuteter Ereignisse ließ. So ging das österreichische Heer den bedeutungsschwersten Stunden des Kriegs entgegen, gewaltig durch die Zahl und den Mut der Truppen, aber von streitenden Gefühlen erfüllt und in seiner innern Festigkeit nach den wichtigsten Beziehungen gelockert. Was Benedeks Gedanken über die Leituug und das Ziel des Kampfes betrifft, so ist darüber auch aus späteren Verhandlungen eine positive Nachricht nicht bekannt geworden. Indessen scheint die Heeresaufstellung selbst einige Rückschlüsse ans die ihr zu Grunde liegenden Absichten zu gestatten. Die durch sie geschaffene Schlachtlinie bildet einen fast rechtwinkligen Haken, bessert Spitze in dem Höhenzug von Lipa-Chlum gelegen und durch das starke und völlig unversehrte dritte Armeekorps besetzt war. Von dort erstreckte sich das zehnte Korps und der linke Flügel südwärts, Front nach West oder Südwest, der rechte ostwärts, Front nach Nord. Man sieht, gegen welche Angriffe Benedek sich deckte, der Elbarmee ans den linken, des Kronprinzen aus den rechten Flügel. Dem Stoß der Elbarmee, den er mit Sicherheit erwartete, scheint er keine große Kraft zugetraut zu haben, da er ihm kaum 40 000 Mann, immerhin schon mehr, als die Elbarmee zählte, entgegensetzte. Umgekehrt bäuchte ihm eine frühe Ankunft der preußischen zweiten Armee wegen ihrer weiten Entfernung nicht wahrscheinlich, wenn sie aber bennoch erfolgte, sehr gefährlich: fo brachte er auf den rechten Flügel zwei seiner am wenigsten geschäbigten Korps, mit einer Mannschaftszahl, welche die des linken Flügels um 16 000 Köpfe überstieg: itnb ba bei einer von Norben brohenben Gefahr minbestens die Hälfte des britten Korps auf der Höhe von Chlum ganz von selbst in Mitwirkung trat, so wären auf bieder Seite nicht weniger als 70000 Mann zur Abwehr der schlesischen Armee bereit gewesen, noch ganz abgesehen von den schweren Massen der großen Armee-
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