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1. Kreis Büdingen - S. 32

1914 - Gießen : Roth
32 Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 10. wobei 83 Gebäude eingeäschert wurden. Die Bewohner des nahen Vorfes Heuchelheim treiben durchweg Landwirtschaft. Fast zusammengebaut mit Gettenau ist das Pfarrdorf Echzell, das aus einer römischen Siedelung her- vorgegangen ist. Huf den Grundmauern der mittelalterlichen Burg steht jetzt,das Besitztum der Herren von garnier. Zweimal ist der Grt durch ge- waltige Feuersbrünste heimgesucht worden, 1634 und 1706. Das einemal verlor er 115 Häuser, das anderemal 350 Gebäulichkeiten. Aber Fleiß und Sparsamkeit und der gesunde Sinn seiner Bewohner haben es dahin ge- bracht, daß das Dorf immer wieder schöner erstand denn zuvor. Seine Kirche, eine der drei Mutterkirchen der fuldischen Mark, ist ein beachtenswerter Bau, der in seinen hauptteilen wohl im 13. Jahrhundert errichtet, später aber umgeändert wurde. Echzell ist weithin bekannt durch seinen Kartoffel- bau und Handel sowie sein vorzügliches Mineralwasser. Letzteres kommt von Grundschwalheim oder den Tchwalheimer Hosen, welche eine halbe Stunde talaufwärts an der Horloff liegen. Grund-Schwalheim war ursprünglich Deutschordensgut und zur Kommende Schiffenberg gehörig. Nach der Kufhebung des deutschen Ordens durch Napoleon I. (1809) kam es an das Großherzogtum Hessen. Zu den wohlhabendsten Grten des Kreises gehört das weiter nordwestlich gelegene Berstadt, wo ebenfalls eine der drei Mutterkirchen der fuldischen Mark war. Die jetzige Kirche stammt in ihren hauptteilen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Im Mittelalter hatte der Grt ein eigenes (fuldisches) Gericht' etwa seit 1300 kam er durch Verpfändungen in die Hände verschiedener Herren, bis er 1570 durch Kauf an Hessen-Marburg überging, 1604 fiel er an Hessen-Darmstadt. von der mittelalterlichen Grtsbefestigung ist nichts mehr wahrzunehmen. Nahe bei Unter-Widdersheim steht im Felde ein merkwürdiger Stein, mehrere Me- ter hoch, der ,,Kindchesstein" genannt, wohl ein Malstein aus altgermani- scher Zeit' das ,,Massohl" am pfahlgraben ist eine alte Nömerstätte. Das talaufwärts liegende ehemalige Gerichtsdorf Ober-lviddersheim, überragt von seinem malerisch gelegenen, dem 13. Jahrhundert entstammenden Kirch- lein, birgt mehrere alte, beachtenswerte Holzhäuser mit hübschen Schnitzereien. Der Grt hat in neuerer Zeit durch seine blühende Basalt- industrie und seine Bierbrauerei wieder größere Bedeutung gewonnen. Ein wohlhabender Grt ist auch das Filialdorf Borsdors, das sich durch seinen Gbst- und Getreidebau auszeichnet. Nicht weit davon liegt im Walde das Forsthaus Glaubzahl. Iv. Ortenberg und Umgebung. Zu den schönsten Gegenden unseres gesegneten Hessenlandes gehört un- streitig das liebliche Niddertal. Zwischen frischgrünen Wiesen, reich mit Blumen übersät, windet sich der fischreiche Bach hin, anfangs jugendlich feurig über Steine hinspringend, später bedächtig langsam hinfließend und

2. Geschichtliches Lesebuch - S. 282

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
282 Xix. Oncken, Die Kaiserproklamation zu Versailles. gebildet und den deutschen Parlamentarismus in akademischem Geiste erzogen hat; der es wunderbar verstand, die Geschäftsordnung zu handhaben mit attischem Salz und römischer Urbanität, sodaß in jedem guten Kammerpräsidenten noch jetzt sein mittelbares oder unmittelbares Vorbild zu erkennen ist, und der von seinem unvergleichlichen Talent zu würdevoller Repräsentation auch jetzt bei dem denkbar feierlichsten Anlaß glänzend Gebrauch machen sollte. König Wilhelm hätte in Versailles das prachtvolle Schloß König Ludwigs Xiv. beziehen können, in dessen Giebelfeld die Worte stehen: A toutes les gloires de la France. Er zog es vor, dies Schloß als Lazarett für deutsche und französische Verwundete einzurichten, selbst aber in der kaiserlichen Präfektur abzusteigen, in der er seit dem 5. Oktober seinen Wohnsitz hatte, und in dem großen Saale dieses Gebäudes fand am Sonntag den 18. Dezember der feierliche Empfang der Kaiserabordnung des Reichstags statt. Die Verlesung der Adresse leitete der Präsident durch eine kurze Ansprache ein, in der er hinwies auf zwei Verfassungsänderungen, mittels deren dem künftigen deutschen Staat und seinem höchsten Oberhaupt Benennungen J) gesichert würden, „auf denen die Ehrfurcht langer Jahrhunderte geruht, auf deren Herstellung das Verlangen des deutschen Volkes sich zu richten nicht aufgehört habe". Er erinnerte daran, daß der Empfang der Abgeordneten des Reichstags stattfinde in einer Stadt, in welcher mehr als ein verderblicher Heereszug gegen unser Vaterland ersonnen und ins Werk gesetzt worden sei, und an die Nachbarschaft der Hauptstadt, in der unter dem Druck fremder Gewalt die Verträge geschloffen worden waren, in deren unmittelbarer Folge das Reich zusammenbrach 2). Und dann verlas er die Adresse selbst mit solcher Wärme, solchem Nachdruck, daß allen Hörern die Thränen ins Auge traten. Am tiefsten bewegt war der König selbst. In beständigem Kampf mit der Rührung, die ihn mehr als einmal übermannte, las er die Antwortrede, in der er seinem Dank gegen die göttliche Vorsehung Ausdruck gab für die Wunder ihrer Führung, seine Freude ausdrückte darüber, daß die für das gemeinsame staatliche Leben der Deutschen neu gewonnenen Grundlagen „von den füd- 1) Seit den Beschlüssen vom 10. Dezember las man im Eingang der Ver-sassnng die Worte: „Dieser Bund wird den Namen Deutsches Reich führen" und im Artikel 11: „Das Präsidium des Bundes steht dem König von Preußen zu, welcher den Namen Deutscher Kaiser führt." 2) Die Pariser Rheinbundverträge vom 12. Juli 1806.

3. Geschichtliches Lesebuch - S. 92

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
22 Vii. v. Treitschke, Anfänge der Eisenbahnen in Deutschland. stand. Unterdessen leitete Hauptmann Kunz den Bau umsichtig und thatkräftig. Eine Lokomotive, der Komet, wurde in England angekauft und eine Weile für Geld zur Schau gestellt; auch der Wagenbauer und der erste Lokomotivenführer kamen aus England. Im April 1837 konnte endlich die erste Strecke von Leipzig nach einem nahen Dorfe befahren werden; dicht gedrängt standen die Massen zu beiden Seiten der Bahn, kein lautes Wort ließ sich hören, so schreckhaft wirkte der unerhörte Anblick. Dann mußte „der Einschnitt" bei Machern ausgeschaufelt werden, durch eine Bodenwelle, welche der Reisende heute kaum bemerkt; von weither kamen die Fremden, auch der länderkundige Frhr. v. Strombeck, um das Wunderwerk zu betrachten und gründlich zu beschreiben. Der schwierigste Kunstbau der Bahn, der Tunnel bei Oberau, wurde durch Freiberger Bergleute ganz nach Bergmannsbrauch wie ein Stollen von vier niedergesenkten Schachten aus in Angriff genommen; als alles beendet war, bildeten die Knappen in ihrem Paradeanzug, mit Fackeln in der Hand, im Tunnel Spalier, um den ersten durchbrausenden Zug mit dem alten Glückauf-Ruf des Erzgebirges zu begrüßen. . . . Derweil die Deutschen sich noch an ihrer ersten großen Eisenbahn abmühten, versuchte schon eine andere folgenschwere Erfindung, die deutsche Erfindung der elektromagnetischen Telegraphie sich Raum zu schaffen. Das alte optische Telegraphenwesen hatte in Preußen während der jüngsten Jahre eine hohe Ausbildnug erlangt. Auf eine Anfrage aus Berlin traf die Antwort aus Koblenz schon binnen vier Stunden ein, freilich nur bei hellem Wetter. Wenn das hohe Balken-{jerüste auf dem Tnrmhanse in der Dorotheenstraße einmal den ganzen Tag hindurch ununterbrochen seine rätselhaften Bewegungen ausführte, dann meinten die Berliner bedenklich, die Zeiten würden schlimm. Ans Petersburg konnten die Nachrichten durch den Telegraphen und durch Kuriere in fünfzig Stunden befördert werden, und man hoffte noch auf größere Beschleunigung, da der Zar soeben bei Fraunhofer in München 450 Fernröhre für die russischen Telegraphen bestellt hatte. Aber der optische Telegraph diente ausschließlich den Behörden. Ein rascher Nachrichtendienst für den allgemeinen Gebrauch ward erst möglich, als der junge Wilhelm Weber nach Göttin gen kam und Gauß entzückt ausrief: der Stahl schlägt aus den Stein. Der Physiker und der Mathematiker, sie verbanden den elektromagnetischen Apparat ihrer Sternwarte durch einen 3000 Fuß langen Draht, über den Turm der Johanniskirche hinweg, mit dem Physikalischen Kabinett

4. Charakterbilder aus Europa - S. 28

1891 - Leipzig : Hinrichs
28 Kopenhagen. weit aus; ihr Dunkel wird dann und wann durch lichte Wiesen- gründe unterbrochen, auf welchen läutende Herden der benach- karten Gehöfte weiden. Vortreffliche Landstraßen durchkreuzen die Inseln in verschiedenen Richtungen und verknüpfen die Ortschaften. Ein mäßiger Wohlstand unter dem Landvolke ist allgemein. 14. Koptnhagcn. a) Lage, b) Der Neumarkt, c) Die Friedrichstadt, d) Die Bibliothek, e) Die Museen. a) Die geographische Lage Kopenhagens ^), dieses „Riesenhauptes auf dem Zwergkörper"2), wird uns am deut- lichsteu durch einen Vergleich mit Konstantinopel. Die Ver- Hältnisse am dänischen Sunde gleichen in gewissem Grade denen am thrakischen Bosporus. Wie hier im N. die große Skandi- navische Halbinsel, so wendet sich dort im S. Kleinasien dem Hauptkörper des europäischen Kontinents zu, aus welchem hier die Cimbrische Halbinsel (Jütland), dort der thrakische Chersones hervorgreift. Die Ostsee mit ihren weitverzweigten Armen und Flüssen (Oder, Weichsel, Newa u. a.) erinnert an das Becken des Schwarzen Meeres mit seinen großen Armen und Strömen (Donau, Duiepr, Don u. a.). Konstantinopel ist an dem schönsten Hasen des Bosporus, am „goldenen Horn", ans- geblüht wie Kopenhagen an dem besten Naturhafen des Ore- sundes. Wie am Bosporus, so erstand auch am Sunde eine bedeutende, politische Macht, und es bildete sich ein staatlicher Mittelpunkt, ein mächtiger Herrschersitz. — b) In keiner Haupt- stadt kann der Fremde fick so leicht zurecht finden, wie in Kopenhagen. Ihr wahrer Mittelpunkt ist der Königs-Neu- markt, unzweifelhaft einer der schönsten Plätze aller Haupt- städte Europas. Hier liegt das Theater, das königliche Schloß Charlottenburg, wo Thorwaldsen wohnte, sein Atelier und die Akademie der Künste sich befindet. Hier münden nicht weniger als zwölf Straßen, darunter die belebtesten der Stadt. — c) Der 1) — Kjöbenhavn oder Kaufmannshafen. 2) Allerdings erscheint K. für den kleinen Staat zu groß, denn die übrigen Städte des Landes haben zusammen nicht viel mehr Ein- wohner als K. allein.

5. Charakterbilder aus Europa - S. 89

1891 - Leipzig : Hinrichs
Rom. 89> Hütten des Ghetto^), das Säulenrund des sog. Vesta- tempels, die stillen Kirchen und Klostergärten des Aventins und der aus den Scherben von Millionen Thongefäßen aufge- türmte grünbewachsene Monte Testaccio, von dessen ein Holzkreuz tragender Höhe man auf die nahe düstere aurelia- nische Stadtmauer, die Grabpyramide des Cestius und den Cypressenwald des protestantischen Friedhofes schaut. — Sieben Brücken, zum teil noch auf antiken Stein- Pfeilern und Bogen ruhend, verbinden die beiden Ufer. Auf dem westlichen liegt zwischen dem Fluß und dem Höhenzuge des Jauiculus, der mit Villen, Gärten und Klöstern bedeckt ist, der volkstümliche Stadtteil Trastevere. Seine kräftigen, schönen, an altem Herkommen festhaltenden Einwohner rühmen sich, altrömisches Blut in den Adern zu haben. Dort liegt auch am äußersten Nw.-Ende der Stadt die gewaltige Peters- kirche mit ihrer herrlichen Riesenkuppel, dicht daneben der päpstliche Palast, der Vatican. mit seinem 20 Höfen, 11000 Gemächern, zahllosen Schätzen der Kunst und Wissenschaft, vor der Kirche aber der riesige Petersplatz, umgeben von Säulen- hallen, geschmückt mit einem Obelisken und zwei großartigen Springbrunnen. — c) Der größte Teil Roms liegt auf dem linken Tiberufer, wo noch die sieben Hügel zu unter-- scheiden sind. Durch das nördliche Stadtthor, die Porta b e t P opolo, durch das früher jeder von N. kommende Fremde ein- fuhr, gelangt man unmittelbar auf einen umfangreichen länglich runden Platz mit einem Obelisken und wasserspeienden Löwen, auf den links die immergrünen, in Terrassen aufsteigenden Garten- anlagen des Monte Pincio herabschauen. Von hier laufen fächerförmig drei Straßen aus: in der Mitte der gerade auf das Kapitol zulaufende Korso. Er ist, obwohl nur 15 bis 20 Schritte breit, die Hauptstraße des älteren Rom. Hier be- wegen sich nachmittags lange Reihen glänzender Karossen; hier lustwandelt die unbeschäftigte, feine Welt; hier drängt sich zur Karnevalzeit das Maskengewühl und fliegt ein Regen von Gypskügelchen, Consetti und Blumensträußen zwischen den Wandelnden oder Fahrenden und den bis hoch hinauf dicht be- setzten, mit Teppichen und Laubwerk gezierten Ballonen und Fenstern hin und wieder. — Die meisten Straßen der älteren *) Judenviertel.

6. Charakterbilder aus Europa - S. 67

1891 - Leipzig : Hinrichs
Rumänien. 67 man die dichten Staubmassen unverdrossen mit in den Kauf nimmt; sobald aber große Regenmengen gefallen sind, den tiefen Lehmboden erweicht und die vielen Wasserrinnen, Bäche und Flüsse angefüllt und über die flachen Ufer gejagt haben, gebe man jede, auch die kleinste Reise auf. In neuester Zeit wird indes der Eisenbahnbau in mehreren Hauptrichtungen mit großem Eifer betrieben. — e) Die Hauptstadt des Landes ist Bukarest, aus deutsch „Freudenstadt". Zur Zeit als der tapfere Bojar Mircea in den walachifchen Steppen gebot, drohte Sultan Bajazid dem Lande mit Feuer und Schwert, falls es nicht einen Tribut leiste. Mircea aber war ein sparsamer Herr und entschloß sich, den Türken statt mit klingendem Golde mit rasselndem Eisen heimzuzahlen. Er besiegte den Sultan in blutiger Schlacht. Darob großer Jubel in der Burg, welche Mircea deshalb „Freudenstadt" nannte. Aus der Ferne bietet Bukarest eines der glänzendsten Städtebilder von Europa. Wenn die Sonne auf dies ungeheuer ausgedehnte Häusermeer herabbrennt, das den Raum einer Millionenstadt einnimmt, aber nicht ganz eine viertel Million Menschen beherbergt, flimmern die un- zähligen Weißblechbedachungen wie ein riesiger Flitterschmuck. Die weißen, hellen Flecken werden noch wesentlich gehoben durch das viele Garteugrün, welches das silberhelle Gewoge unterbricht, und durch die zahlreichen Türme und türkischen Kuppeln, die von dem unbegrenzten Horizont sich abheben. Aus solcher Ent- sernnng ist das Bild voll Licht und Farbe. Man meint, an der Pforte einer Märchenstadt zu stehen. Der Farbensinn der Bukarester geht so weit, daß sie die einzelnen Teile der Stadt nach Farben geschieden haben. Den eigentlichen Kern der Stadt bildet das „rote Viertel", das Geschäftsviertel, in dem auch die verschwenderisch ausgestatteten Villen sich in die Nähe des be- scheidenen Königspalastes an der „Siegesstraße" drängen. Um diesen Mittelpunkt der „Freudenstadt" ordnen sich die andern Vorstädte: das „gelbe Viertel", das „grüne Viertel", im Osten das „schwarze" und im Süden das „blaue Viertel". Das „schwarze" ist ein wahres Wirrsal von schmutzigen und krummen Gassen, aus dem keine Ariadne Rettung brächte. Zum Glück ist Bukarest noch immer nicht ausgedehnt genug, daß der Fremde nicht endlich doch ans Ende dieser farbigen Welt gelangen niüßte. *) — Die Besseren, Edelleute.

7. Charakterbilder aus Europa - S. 86

1891 - Leipzig : Hinrichs
86 Venedig, Sorgsam sammelt man in Zisternen das Wasser der Regengüsse in den kurzen Wintermonaten, die mit heißen, trockenen Sommern in strenger Regelmäßigkeit abwechseln. Gedichte „Andreas Hofer" von Mosen (Mantna). „Alboin vor Tinnum" von Kopisch (Pavia). „Hartmann von Siebeneichen" von Pocci und G. Görres (Susa). „Lage von Urbino" von Platen (Rafael). 3. Venedig. a) Einst und jetzt, b) Berühmte Gebäude, c) Verkehr. a) Nicht mehr durch Politik und Seeherrschaft, durch Wasseuruhm, kühnen Unternehmungsgeist und üppigen Reichtum, wie vor vier und fünf Jahrhunderten, wohl aber durch die Schönheit der Lage, die glänzenden Bauten, die zahllosen Kunst schätze ist Venedig noch heute die „Königin der Adria". Wie der verarmten, aber hoheitsvollen Witwe eines Fürsten sieht man ihr die edle Herkunst, den einstigen Glanz, die stolze Vergangenheit an. Von Gold, Farben und buntem Gestein strahlende Kirchen bergen kostbare Reliquien, Altertümer und Kunstwerke. Marmorne Paläste, zum Teil unbewohnt und altersgeschwärzt, säumen die Kanäle, auf denen jetzt das All- tagsleben sich bewegt. In engen Gäßchen, kaum breit genug für zwei Personen, sieht man Häuserfassaden, Bogenfenster, Säuleuportale des herrlichsten Stiles. Aller Orten erinnern Überreste und Denkmale an die wunderbare Vergangenheit. Schauer des Despotismus, fürstlicher Pomp, unermüdliche Be- triebsamkeit vereinigten sich hier mit ausgelassenem Genußleben, mit Freude an prächtigen Maskeraden, an Musik und Blumen, an den Herrlichkeiten der Künste. Traumhaft, wehmütig in ihrer Stille und Verlassenheit spiegelt sich jetzt die Stadt in den Lagunen, aus denen sie einst weltbeherrschende Flotten unter dem Banner des Markuslöwen in alle bekannten Meere ent- sendete. — fo) Der geflügelte steinerne Löwe begrüßt uns. wenn wir in den Hafen einfahren, von einer der beiden frei- stehenden Säulen am steinernen Uferrande der Piazzetta, des marmorschimmernden Platzes, den westlich die Bibliothek, der schönste Renaissancepalaft Italiens, östlich aber der hoch- berühmte Dogenpalast begrenzt. Dieser, 1350 erbaut, ist

8. Charakterbilder aus Europa - S. 149

1891 - Leipzig : Hinrichs
Die Normandie. 149 sich ausdehnt. Wenden wir uns aber van der Kirche Notre- Dame wieder auf die N.-Seite zurück und besuchen das Rat- Haus (Stadthaus, Hotel de ville genannt), von wo so manche Revolution, auch die allerneuesten, ausgegangen, dann den Bastille-Platz, wo einst die alte Zwingburg der Könige stand. — c) Alle diese Wanderungen haben uns auch über die Boule- vards geführt: dies sind breite, schöne Alleen, auf beiden Seiten mit stattlichen Häusern besetzt, welche, teils an Stelle alter Wälle, teils vom letzten Napoleon neu angelegt, Paris nach allen Seiten durchschneiden und umziehen. — d) Die ganze Stadt ist von Mauer, Wall und Graben umgeben; quer- durch in allen Richtungen und außerhalb dieser Befestigung liegen in einer Entfernung bis zu 30 km von der Stadt 46 kleine selbständige Festungen (Forts), welche die Eroberung der Stadt dem Feinde sehr beträchtlich erschweren. Gedicht „Pariser Traum" von Blomberg. 5. Die Normandie. a) Industrie, b) Bodenbeschaffenheit, c) Viehzucht. a) Die Normandie ist eines jener Länder, um welches Geschichte und Poesie den Zauber des Interesses und der Schön- heit gesponnen. Die Normandie von heute ist ein Land, an dem sich jeder, dem das Wohlbefinden des Volkes in erster Reihe steht, voll erfreuen kann. Weniger epheuumsponnene Ruinen, als man erwartet, dafür tausend hohe Schlote uuauf- hörlich arbeitender Fabrikstädte. In der ungemein betriebsamen und industriereichen Hauptstadt Rouen vergißt man über der Blüte der Industrie bald den Dom und die Jungfrau von Or- leans; und in Elboeuf, der Fabrikstätte für feine Tuche, wird man ganz und gar nicht an die kriegerischen Ahnen der heutigen Normannen gemahnt, welch' letztere nur darauf ausgehen, ihrer Industrie stets neue Gebiete zu eroberu. — fo) Das von der ruhigen Seine durchströmte Land ist eine wellige Fläche; keine höheren Berge, keine großen dunklen Wälder, alles licht, hell, gepflegt, grün, rasig, ohne viele Dörfer, aber besät mit grünen, viereckigen Wäldern, die uns verlocken, tiefer einzudringen. Man tritt näher, findet einen Erdwall, der oft mit doppelten Reihen von Buchen, Ahorn oder Erlen besetzt ist; und dieser

9. Charakterbilder aus Europa - S. 64

1891 - Leipzig : Hinrichs
-64 Wien. Walde entspringende Flüßchen Wien. — c) Um seine Residenz zu verschönern, und zugleich aus Rücksicht auf die Gesundheit und Bequemlichkeit der Einwohner verordnete Kaiser Franz Joseph I. (1857) zum Zwecke einer besseren Verbindung der inneren Stadt mit den sie umgebenden Vorstädten die Verwen- duug der Glacis zu Bauplätzen. So entstand denn in wenigen Jahren die großartige, fast 60 m breite Ringstraße, welche an Pracht der Privathäuser, Parkanlagen und öffentlichen Bauten die Pariser Boulevards überbietet. Unter den öffentlichen Ge- bäuden ragt die sog. Burg oder der von der kaiserlichen Familie bewohnte Palast ganz besonders durch Größe hervor, darf aber vielleicht am wenigsten auf Schönheit Anspruch machen, denn es ist eine in verschiedenen Zeiten entstandene Vereinigung von Gebäuden sehr verschiedenen Geschmacks und ohne übereinstimmen- den Zusammenhang. — d) Im O. der Stadt liegt eine bedeutende Donauinsel, ursprünglich ein Auland, wie so viele Inseln der Donau, wo sie Flachland durchströmt, aber im Laufe der Zeit zu einem reizenden Gemisch von Wiese und Wald, von Park und Tummelplatz, von menschenwimmelndem Spazierplan und stillster Einsamkeit geworden. Viele Wiener mag es geben, welche die Schönheiten ihres Praters nicht kennen, wenn er auch noch so besucht ist; deuu so betäubend das Gewimmel an einigen Stellen, so einsam ist es an anderen, so daß man wähnen könnte, wenn man die Wiesen und Gehölze entlang schritte, müsse man eher zu einer stillen Meierei gelangen, als zu der riesenhaften Residenz einer großen Monarchie; aber gerade die riesenhafte Residenz braucht einen riesenhaften Garten, in den sich ihre Bevölkerung ausgießt, und der doch noch Teile genug leer läßt für den einsamen Wanderer und Beobachter. Ii). Ofenpelth und Prag verglichen. a) Lage und Bauart beider Städte, d) Beider Verhältnis zur Landschaft. a)Die ganze Lage und Bauart von Buda-Pesth *) hat große Ähnlichkeit mit der von Vrag. Beide Städte liegen an meinem Strome, der sie in zwei sehr von einander verschiedene i) Buda — Burg. Ofen bedeutet dasselbe wie Pesth — Grotte.

10. Charakterbilder aus Europa - S. 148

1891 - Leipzig : Hinrichs
148 Paris. schaut. Wir wollen in Gedanken unseren Einzug von W. her halten, wo die Seine, nachdem sie die Stadt durchflössen hat, einen großen Bogen nach N. macht. Da ist zwischen Strom und Stadt das angenehme Boulogner Wäldchen, bei gutem Wetter der Tummelplatz der vornehmen und reichen Pariser Welt. Wir bewegen uns eine Weile in all' dem Glanz und Getümmel und richten dann unsern Weg gegen O. Da haben wir eine breite, prachtvolle Straße vor uns, deren Ende wir nicht absehen können. Sie führt uns durch einen prächtigen Triumphbogen, von Napoleon I. erbaut. Wir folgen ihr und kommen durch die „Elysäischen Felder", einen schönen, von Menschen wimmelnden Park, zu dessen Rechten die Seine fließt. Weiter, immer derselben Straße folgend, kommen wir dnrch den Tnileriengarten. Hier stand früher das weitausgedehnte Tuile- rieufchloß, in welchem die Könige und Kaiser der neuesten Zeit wohnten. Lang zieht es sich mit seinen noch vorhandenen Flügeln an der Seine hin und verbindet sich hier mit dem Louvre, einem älteren Königsschlosse, dessen Säle die berühmten Sammlungen von Bildern, Bildsäulen und anderen Herrlich- keiten enthalten. Stadteinwärts nicht weit davon ist das Palais Royal, längst schon kein königliches Schloß mehr, wohl aber in seinen unzähligen, prächtigen Sälen, Läden und Restaurants der Ort, wo Tausende Einheimischer und Fremder das Köstlichste einkaufen, das Ausgesuchteste genießen, in allen ersinnlichen Ver- gnügungen ihr Geld verschwenden. Wenn die eitlen Franzosen sagen, Paris sei die Hauptstadt der Welt, so ist das allerdings in dem Sinne wahr, daß es wohl keine zweite Stadt gibt, wo der Mensch so sehr Gelegenheit hat, sich allen nur denkbaren Lebensgenüssen zu ergeben. Weiter, immer ostwärts, gehen wir am Ufer der Seine, zur Linken die prächtigsten Häuser- reihen; dann wenden wir uns rechts über eine der vielen schönen Brücken und sind nun auf der Seineinsel, wo vor bald zwei- tausend Jahren, zur Römerzeit, der Anfang der Stadt erstand, damals Lutetia genannt. Hier sehen wir die Notre Dame-Kirche mit ihren beiden schönen, aber nicht bis zur Spitze vollendeten Türmen. — d) Aus der südlichen Seite der Seine dehnt sich die kleinere Hälfte der schönen Stadt aus, da finden wir die Prachtgebäude, wo sich die Abgeordneten des Landes ver- sammelten, wo die Invaliden so stattlich wohnen, wo an der unteren Seine der ungeheure Paradeplatz, Marsfeld genannt,
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