Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 116

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Il Aus fremden Landen. 1. Auf dem Brenner. I. W. t). Goethe: Sämtl. Werke. Xxv. Bd. Italienische Reise I. Leipzig, Reclmn. S. 6—10. (Gekürzt.) Auf dem Brenner, den 8. September 1786. Abend?. Hier gekommen, gleichsam gezwungen, endlich an einen Ruhepunkt, an einen stillen Ort, wie ich ihn mir nur hätte wünschen können. Es war ein Tag, den man jahrelang in der Erinnerung genießen kann. Um sechs Uhr verließ ich Mittenwald; den klaren Himmel reinigte ein scharfer Wind vollkommen. Es war eine Kälte, wie sie nur im Februar erlaubt ist. Nun aber, bei dem Glänze der aufgehenden Sonne, die dunkeln, mit Fichten bewachsenen Vordergründe, die grauen Kalkfelsen da zwischen und dahinter die beschneiten höchsten Gipfel auf einem tiefern Himmelsblau, das waren köstliche, ewig abwechselnde Bilder. Bei Scharnitz kommt man ins Tirol. Die Grenze ist mit einem Walle geschlossen, der das Tal verriegelt und sich an die Berge anschließt. Es sieht gut aus: an der einen Seite ist der Felsen befestigt, an der andern steigt er senkrecht in die Höhe. Von Seefeld wird der Weg immer interessanter, und wenn er bisher, seit Benedikt- benern herauf, von Höhe zu Höhe stieg, und alle Wasser die Region der Isar suchten, so blickt man nun über einen Rücken in das Jnntal, und Jnzingen liegt vor uns. Die Sonne war hoch und heiß; ich mußte meine Kleidung er- leichtern, die ich bei der veränderlichen Atmosphäre des Tages oft wechsele.

2. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 200

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
200 Gaußberg und Inlandeis. gen, und es überkam uns ein Gefühl freudiger Spannung bei dem Gedanken, dem ersehnten Marschziel so nahe zu sein. Seit 116 Tagen lebten wir auf offener Landstraße, stetig wechselten die Bilder und Eindrücke. Natur und Menschen hatten viel des Interessanten geboten, und wir hatten manche Erfahrung sammeln können, aber anch Strapazen und Entbehrungen waren nicht ausgeblieben. Die verzehrenden Strahlen der Sonne, die beschwerlichen Märsche und Flußübergänge, die lästigen Insekten und auch Hunger und Durst traten oft niederdrückend und ermattend den Genüssen und Freuden der so vielseitigen und anregenden Reise entgegen, doch half das Interesse zur Sache und die Freude an der Arbeit hierüber hinweg. Jetzt, in der Nähe der Residenz des großen Balubafürsten Kalamba, winkten uns die Tage der Ruhe und der Vor- bereitung für die Fahrt auf dem Kassai. - Unter dem Jubel der Eingeborenen, die am Eingang und in den Straßen Spalier bildeten, hielten wir am 8. November den Einzug in Mukenge und begrüßten Kalamba, der sich mit den vornehmsten seiner Leute auf der Kiota eingefunden hatte. 12. Gaußberg und Inlandeis. Erich von Drygalski: Zum Kontinent des eisigen Südens. Deutsche Südpolarexpedition. Fahrten und Forschungen des „Gauß" 1901—1903. Berlin 1904, Druck und Verlag von Dietr. Reimer. S. 295—304. (Unbedeutend gekürzt.) Schönes, fonniges Wetter strahlte über dem Eis, als wir das Schiff verließen. Unter endlosem Gehenl wurden die Hunde zusammengekoppelt und dann zunächst lose mitgeführt, da die Schlitten schon vorher an das ebene Eisfeld südlich vom „Gauß" gebracht waren. Wir hatten zur Reise Windkleidung angelegt, aus leichtem, aber festen! Baumwollenzeug bestehend, das man über die wollenen Unterkleider zog, weil Pelze zum Gehen und

3. Geschichtliches Lesebuch - S. 25

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. 25 und Lasten auf sich nehmen; die Regierungen sträubten sich, die Bundesgewall an den höchsten Schmuck der Kronen, die Militärhoheit, rühren zu lassen; bei vielen Liberalen aber galt die Linientruppe als das gefährlichste Werkzeug des Despotismus. Auch herrschte die Überzeugung, daß nach Napoleons Sturz auf lange Zeit der Friede gesichert sei, und im Notfall hätte man ja die großen Armeen Österreichs und Preußens, die schon aus eignem Interesse für die Verteidigung der übrigen Staaten sorgen müßten. Bei dieser Gesinnung der Mittelund Kleinstaaten zogen sich die Verhandlungen durch fünf Jahre hin, bis endlich eine provisorische Kriegsverfassung zustande kam, als ein leuchtendes Denkmal des Satzes, daß die stärkste Stellung die des Verneinenden ist. Es sollte hienach das Bundesheer aus den Kontingenten der Einzelstaaten bestehen, gruppiert in zehn Armeecorps von je rund 30 000 Mann, je drei von Österreich und Preußen, das siebente von Bayern zu stellen, während in die drei letzten die Kontingente der übrigen Mittel- und Kleinstaaten zusammengeschoben würden. Die Quantität dieser Rüstung (ein Prozent der Bevölkerung) war nicht stark, um so mehr wäre es auf Steigerung der Qualität, also auf Gleichmäßigkeit der Ausbildung, Bewaffnung und Disciplin, auf feste Organisation der Verpflegung und vor allem auf bleibende und durchgreifende Einheit des Oberbefehls angekommen. Aber von dem allem wurde das gerade Gegenteil verfügt. Die Einrichtung der Kontingente blieb auch im Kriege den Einzelstaaten überlassen; es war verboten, ein kleines Kontingent in den Verband eines großen aufzunehmen; denn auch der Schein der Suprematie eines Bundesstaats über den andern sei zu vermeiden. Im Frieden gab es keinen gemeinsamen Oberbefehl. Für den Krieg sollte der Bundestag einen Bundesfeldherrn wählen, der nur von dem Bundestag und dessen Militär-Ausschuß Befehle empfangen dürfe, und in dessen Hauptquartier die Kontingentsherren ihre souveränen Sonderrechte durch unabhängige höhere Osficiere verfassungsmäßig ausüben würden. So war endlich 1821 beschlossen. Aber als es an die Ausführung ging, erhoben sich zahllose Verwahrungen und Widersprüche der dreißig Kleinstaaten über die unerhörte, erdrückende Belastung. Erst nach zehn Jahren gelang es, einen Ausgleich zustande zu bringen, und dann dauerte es noch weitere vier Jahre, bis die Organisation des neunten und zehnten Armeecorps (Sachsen, Hannover und die norddeutschen Kleinstaaten) wenigstens auf dem Papier festgestellt war. Wie es dann in der Wirklichkeit aussah, werden wir später wahrzu-

4. Geschichtliches Lesebuch - S. 57

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Iv. v. Sybel. Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. 57 leise, Verkennen der Bedürfnisse des realen Lebens neben Übertreibung des juristischen Formalismus, Nachlassen des geistigen Verkehrs zwischen Regierenden und Regierten, zwischen Beamten und Volk, in Preußen ebenso wie in den kleineren Staaten. Ein nicht immer nötiger Befehlshaberton galt für unerläßlich zur Aufrechthaltung der Autorität, und vollends die Sicherheitspolizei, angestachelt durch die politischen Sorgen der höchsten Stellen, bewegte sich in einem hofmeisternden, argwöhnischen und kleinlichen Treiben, welches die herrschende Mißstimmung nie zur Ruhe kommen ließ. Denn trotz alles Guten, welches wir eben berichtet haben, blieb der Zorn über die Ausnahmegesetze von 1832 im Wachsen und verbreitete sich durch alle Klassen der Bevölkerung. Zwar die äußere Ordnung wurde an keiner Stelle mehr gestört; die Zeitungen lagen in den Fesseln der Censur, und das neue badische Preßgesetz mußte nach Bundesbefehl durch den Großherzog zurückgenommen werden. In den Kammern verlor die liberale Partei wieder die Majorität und hielt sich in behutsamer Defensive, um nicht neue Gewaltschritte des Bundes hervorzurufen. Aber nur um so tiefer fraß sich der Groll in die Herzen ein. Viele Tausende, die 1830 bei den Aufläufen in Kassel und Dresden den Pöbelexceffen gewehrt oder 1832 ans dem Hambacher Feste harmlos gejubelt hatten, gelobten sich jetzt, wenn es wieder losginge, selbst mit kräftigem Handeln dabei zu fein. Neun Zehntel der deutschen Bürger erfüllten sich im Angesichte der Reaktion mit demokratischen Gedanken, die Gemäßigten mit Begeisterung für den parlamentarischen Staat, wo ein Beschluß der Volksvertretung die Minister aus dem Amte entfernt oder in dasselbe einsetzt, die Heißblütigen mit dem Ideale der Republik, wo der Wille des gesamten Volkes über Gesetzgebung und Exekutive in unbeschränkter Freiheit entscheidet. Noch hatte keine Erfahrung darüber belehrt, wie notwendig jedem großen Gemeinwesen ein mächtiges Organ der Stetigkeit in seiner Politik ist, ein Organ, für welches keine andere Staatsform gleiche Aussicht wie die Erbmouarchie darbietet. Auch darüber war man begreiflicher Weise damals noch nicht klar, daß die parlamentarische Regierung in England nur deshalb einen sichern und gedeihlichen Gang hatte behaupten können, weil sowohl die Volksvertretung als die Verwaltung von zwei fest organisierten und politisch geschulten Adelsgruppen geleitet wurde, die sich im Besitz der Ministerien ohne Störung der Geschäfte ablösten. Außer aller Beachtung blieb die für die Beurteilung eines demokratischen Staatswesens entscheidende That-

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 60

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
60 Iv. v. Sybel, Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. horsam unter den Satzungen der klerikalen Hierarchie auferlegt hatte. Der Kampf mit den Staatsgewalten konnte nicht ausbleiben. In Preußen entspann er sich in Sachen des theologischen Universitätsunterrichts und der gemischten Ehen: nach langen Verhanblungen kam es 1837 zum offenen Zwiespalt, und die Regierung ließ den wortbrüchig geworbenen Erzbischof von Köln nach Minben in Haft bringen, den in gleichem Sinne wirkenben Erzbischof von Posen aber durch gerichtliches Urteil absetzen. Das Kölner Domkapitel und der Fürstbischof von Breslau hielten zur Regierung, bei der rheinischen und polnischen Bevölkerung jeboch zeigte sich eine heftige Gärung. Eben bamals war in München der eifrig klerikale Herr von Abel leitenber Minister geworben und ließ der ultramontanen Presse bei den heftigsten Angriffen gegen Preußen freien Lauf, und bieses Mal erhob auch Metternich, welcher soeben den Jesuiten den von Kaiser Franz stets geweigerten Zugang nach Österreich eröffnet hatte, keinen Einspruch gegen die bunbeswibrige Verstattung schrankenloser Preßfreiheit. So war in allen deutschen Lauben eine in den mannigfachsten Farben durch einanber wirbelnbe Bewegung der Geister erwacht. Der ganze bisherige Zustand war ohne eine Spur materieller Auflehnung durch eine kecke Kritik in Frage gestellt. Da trat 1837 ein Ereignis ein, welches die politische Agitation für ein volles Jahrzehnt in ihren Bestrebungen fixierte und ihr einen unverrückbaren gemeinsamen Zielpunkt gab: der Verfafsungssturz in Hannover durch den neuen König Ernst August. Unter lügenhaften Vorwanben, hauptsächlich zu dem Zwecke freierer persönlicher Verfügung über das Staatsvermögen unternommen, staub die Umwälzung sowohl mit dem Lanbrecht als mit der Wiener Schlußakte in fchreienbem Wibersprnch. Der Unwille in ganz Dentschlanb trat offen au das Licht, als mit einem neuen Gewaltstreich der König sieben Göttinger Professoren, die unter Dahlmanns Vorgang ihrem Verfaffungseibe treu zu bleiben erklärten, kurzer Hand absetzte und brei berselben aus dem Laube jagte. Die deutschen Volksvertretungen, Universitäten, Spruchkollegien wetteiferten, in den schärfsten Beschlüssen und Gutachten der öffentlichen Entrüstung Ausbruck zu geben; die Verteidigungsschriften Dahlmanns und Jakob Grimms stmbert die weiteste Verbreitung; ein großer Verein, der sich zur Unterstützung der Vertriebenen gebilbet hatte, gewann Mitglieber in allen deutschen Städten. Dagegen war in Hannover selbst nach der ersten Aufwallung bei der bebächtigen nieberfächsischen Bevölkerung der Kampfeseifer Weber heiß noch thätig, inbefsen kam es zu einer

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 107

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 107 imstande, wenig Worte zu Ihnen zu reden. — Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, solange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt; ich gelobe hier feierlich, als das von Ihnen gewählte Organ Ihrer Versammlung, die höchste Unparteilichkeit. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen. Wir sollen schassen eine Verfassung für Deutschland, für das gesamte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränität der Nation. (Stürmisches-Bravo.) Den Berus und die Vollmacht, dieses Versassuugs-werk zu schassen, hat die Schwierigkeit in unsere Hände gelegt, um nicht zu sagen die Unmöglichkeit, daß ey auf anderem Wege zustande kommen könnte. Die Schwierigkeit, eine Verständigung unter den Regierungen zustande zu bringen, hat das Vorparlament richtig vorgefühlt und uns den Charakter einer konstituierenden Versammlung vindiciert. Deutschland will Eins sein, ein Reich, regiert vom Willen des Volkes, unter der Mitwirkung aller seiner Gliederungen; diese Mitwirkung auch der Staaten-Regierungen zu erwirken, liegt mit im Berufe dieser Versammlung. Wenn über manches Zweifel besteht und Ansichten auseinandergehen, über die Forderung der Einheit ist kein Zweifel, es ist die Forderung der ganzen Nation. Die Einheit will sie, die Einheit wird sie haben, sie befestigen, sie allein wird schützen vor allen Schwierigkeiten, die von außen kommen mögen, die im Innern drohen." Die Versammlung, der diese Worte galten, ging an ihr Werk, fest überzeugt von ihrem Recht und ihrer Macht: in dem uner-schüttlichen Glauben, daß sie dürfe und daß sie könne, was sie sich vorgesetzt, daß ihre Vollmacht unbestreitbar und unanfechtbar sei wie das Licht der Sonne und daß dem nationalen Willen, dem sie Körper und Gestalt zu verleihen habe, nichts unerreichbar sei, daß ihm nichts, schlechterdings gar nichts widerstehen werde. Von diesem Glauben war Heinrich von Gagern erfüllt mit Leib und Seele; ihn bekannte er in dieser seiner ersten Rede mit dem Brustton tiefster Durchdrungenheit und in Worten, die zündend einschlugen, weil sie ganz kunstlos und unmittelbar das trafen, worüber alle einig waren oder einig zu sein glaubten, und nichts von dem berührten, was die Geister trennte. Und in der Seelenkraft, mit der er hier zum erstenmal gewirkt, lag nun das, was ihm an der Spitze dieses Parlaments eine ganz eigenartige Stellung gab. Obgleich weder ein geistreicher Kops, noch ein

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 150

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
150 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. richtig damit, es lasse sich dem nicht widersprechen, es sei gar nicht auszukommen in Haus und Hof ohne das Einmaleins; gerade ebenso ist es im Staatswesen mit dem Erbrechte beschaffen, welches ich hier zu verteidigen übernommen habe. Da läßt sich freilich auseinandersetzen, vor welchen Übeln das Erbrecht uns bewahrt, wie es bewahrt vor den mannigfachen und schwer empfundenen Übeln der Wahlberechtigung, wie es bewahrt vor den Übeln des Zwischenreichs zc. Aber am Ende kehrt es doch immer auf das allereinfachste zurück, und wir müssen zugestehen, daß gerade da das Erbrecht sich am unliebenswürdigsten beweist, wo es am meisten staatsmännisch auftritt, indem es nämlich in seiner vollkommenen Ausbildung auf höchst ungalante Weise alle Frauen ausschließt von dem Throne, solange noch einer vom Mannesstamme vorhanden ist, indem es alle Jüngeren ausschließt, alle jüngeren Prinzen, solange noch ein älterer da ist, indem es endlich keinem Prinzen einen Teil am Genusse der Herrschaft vergönnt, bis die Reihe an ihn gekommen ist, überhaupt aber jedem Erbberechtigten nur das Ganze des Staates übrig läßt, indem es ihn jedes Anrechts an einen Staatsteil beraubt. Und dennoch hat dieses System der Erbherrschaft neben so vielen Herbigkeiten auch seine zarte und in das innere Wefen der Menschheit dringende Seite. Nachdem es vor allen Dingen den Staat sichergestellt hat, denn der Staat muß in alle Wege die Hauptsache bleiben, führt es in das Staatswesen die Wärme der Familie ein, indem es die Herrschaft an ein regierendes Haupt knüpft. Ich weiß gar wohl, meine Herren, daß ich hiermit, wenn ich das Lob der Erbherrschaft rede, eine Saite anschlage, die in den Augen vieler von Ihnen längst zersprungen ist. Das aber hindert mich auf keine Weise. Erlauben Sie, daß ich eine schlichte Thatsache schlicht erzähle, die sich zu Ende des Jahres 1812 in Mitteldeutschland begab. Damals war der erste Strahl der Hoffnung nach Deutschland gedrungen, daß wir wohl des fremden Regiments erledigt werden möchten. Da fanden sich in Mitteldeutschland Volksversammlungen vornehmlich von Landleuten und Bauern zusammen. Man beredete sich, wie es zunächst werden solle. Darin waren alle einig, die Fremden müßten vertrieben werden, aber sollte man den alten Fürsten wieder aufnehmen, das war die Frage. Es begab sich, daß auch in einem Lande, ich will es lieber nicht nennen, wo der alte Fürst keineswegs gelobt und sonderlich geliebt war, — man wußte ihm manches, was nicht zum Frieden diente, nachzureden, — in der Schänke eines Dorses diese Sache verhandelt ward. Viel war hin-

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 154

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
154 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. dürfe das Opfer seines Daseins nicht für eine ungewisse deutsche Zukunft bringen. Diese Männer vergessen dabei freilich etwas Großes, sie vergessen, daß die Grundlage, auf welche der große Kurfürst und Friedrich Ii. bauten, daß diese Grundlage, namentlich die der absoluten Herrschaft, für immer verschwunden ist; sie vergessen, daß damals, als Preußen so tief gesunken war, Deutschland mit ihm sank; sie vergessen, daß damals, als Preußen wieder erstand und herrlich erstand, Deutschland mit ihm erstand, und daß beide Größen nicht ohne einander wieder erstanden wären. Ich will meine Meinung unbekümmert sagen, wie übel sie auch von verschiedenen Seiten aufgenommen werde. Ihr dämpft das Feuer der Anarchie in Deutschland nicht, Ihr dämpft dieses zerstörende Feuer weder in den kleinen Staaten, noch in den mittlern, noch in den großen endlich und in den größten der rein deutschen Staaten, als nur aus einem Wege, nur ans dein Wege, daß Ihr eine kraftvolle Einheit einsetzet und durch diese Einheit die Bahn für die deutsche Volkskraft eröffnet, die zur Macht führt. Die Bahn der Macht ist die einzige, die den gärenden Freiheitstrieb befriedigen und sättigen wird, der sich bisher selbst nicht erkannt hat. Denn es ist nicht bloß die Freiheit, die er meint, es ist zur größeren Hälfte die Macht, die ihm bisher versagte, nach der es ihn gelüstet. Deutschland muß als solches endlich in die Reihe der politischen Großmächte des Weltteils eintreten. Das kann nur durch Preußen geschehen, und weder Preußen kann ohne Deutschland, noch Deutschland ohne Preußen genesen. Und so komme ich doch am Ende wieder auf das, was ich das Einmaleins nannte, zurück. Deun das ist denn doch wohl ein ganz Einfaches, daß eine Macht wie Preußen nicht auf die Probe berufen werden kann. Man kann einen Teil feines Wesens allenfalls hingeben an ein anderes, man kann allenfalls mithelfen zur Herrschaft, man kann das politische Pfuscherwerk einer Trias oder eines Turnus mit aufputzen helfen; allein sein ganzes Wesen, das giebt man nicht für drei, sechs oder zwöls Jahre hin, sein ganzes Wesen giebt man nur hin, uni in ein höheres Wesen für alle Dauer überzugehen. Meine Herren, ich verdamme niemandes Abstimmung, allein, was mich persönlich angeht, ich würde glauben, gebrochen zu haben mit allem, was mir vaterländisch teuer und heilig ist, gebrochen zu haben mit meinem Vaterlande, wertn ich anders meine Stimme abgäbe als für die Einheit Deutschlands, für die erbliche Krone meines Vaterlandes. — So bin ich gesonnen und werde so gesonnen bleiben und bis an mein Ende den Glauben festhalten,

9. Geschichtliches Lesebuch - S. 282

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
282 Xix. Oncken, Die Kaiserproklamation zu Versailles. gebildet und den deutschen Parlamentarismus in akademischem Geiste erzogen hat; der es wunderbar verstand, die Geschäftsordnung zu handhaben mit attischem Salz und römischer Urbanität, sodaß in jedem guten Kammerpräsidenten noch jetzt sein mittelbares oder unmittelbares Vorbild zu erkennen ist, und der von seinem unvergleichlichen Talent zu würdevoller Repräsentation auch jetzt bei dem denkbar feierlichsten Anlaß glänzend Gebrauch machen sollte. König Wilhelm hätte in Versailles das prachtvolle Schloß König Ludwigs Xiv. beziehen können, in dessen Giebelfeld die Worte stehen: A toutes les gloires de la France. Er zog es vor, dies Schloß als Lazarett für deutsche und französische Verwundete einzurichten, selbst aber in der kaiserlichen Präfektur abzusteigen, in der er seit dem 5. Oktober seinen Wohnsitz hatte, und in dem großen Saale dieses Gebäudes fand am Sonntag den 18. Dezember der feierliche Empfang der Kaiserabordnung des Reichstags statt. Die Verlesung der Adresse leitete der Präsident durch eine kurze Ansprache ein, in der er hinwies auf zwei Verfassungsänderungen, mittels deren dem künftigen deutschen Staat und seinem höchsten Oberhaupt Benennungen J) gesichert würden, „auf denen die Ehrfurcht langer Jahrhunderte geruht, auf deren Herstellung das Verlangen des deutschen Volkes sich zu richten nicht aufgehört habe". Er erinnerte daran, daß der Empfang der Abgeordneten des Reichstags stattfinde in einer Stadt, in welcher mehr als ein verderblicher Heereszug gegen unser Vaterland ersonnen und ins Werk gesetzt worden sei, und an die Nachbarschaft der Hauptstadt, in der unter dem Druck fremder Gewalt die Verträge geschloffen worden waren, in deren unmittelbarer Folge das Reich zusammenbrach 2). Und dann verlas er die Adresse selbst mit solcher Wärme, solchem Nachdruck, daß allen Hörern die Thränen ins Auge traten. Am tiefsten bewegt war der König selbst. In beständigem Kampf mit der Rührung, die ihn mehr als einmal übermannte, las er die Antwortrede, in der er seinem Dank gegen die göttliche Vorsehung Ausdruck gab für die Wunder ihrer Führung, seine Freude ausdrückte darüber, daß die für das gemeinsame staatliche Leben der Deutschen neu gewonnenen Grundlagen „von den füd- 1) Seit den Beschlüssen vom 10. Dezember las man im Eingang der Ver-sassnng die Worte: „Dieser Bund wird den Namen Deutsches Reich führen" und im Artikel 11: „Das Präsidium des Bundes steht dem König von Preußen zu, welcher den Namen Deutscher Kaiser führt." 2) Die Pariser Rheinbundverträge vom 12. Juli 1806.

10. Geschichtliches Lesebuch - S. 284

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
284 Xix. Oncken, Die Kaiserproklamation zu Versailles. Seelenkampf dem historischen Berufe seines Hauses brachte, für Graf Bismarck war er ein Hebel politischen Erfolges, nur für den Kronprinzen war er Herzenssache, ein Jugendtraum, an dessen Erfüllung seine Seele hing. Als er am 21. September den prachtvollen Spiegelsaal, die Galerie des glaces, zum erstenmal besichtigte, gelobte er sich selbst: „Hier wird der Kaiser ausgerufen und das neue Reich verkündigt werden." Als am 3. Dezember der Kaiserbrief des Königs von Bayern eingelaufen und Bismarcks Vortrag darüber beim König beendet war, hatte er in sein Tagebuch geschrieben: „Als wir das Zimmer verließen, reichten Bismarck und ich uns die Hand: mit dem heutigen Tage wird Kaiser und Reich unwiderruflich hergestellt, jetzt ist das fünfnndsechzigjährige Interregnum, die kaiserlose, die schreckliche Zeit vorbei, schon dieser stolze Titel ist eine Bürgschaft, wir verdanken dies wesentlich dem Großherzog von Baden, der unausgesetzt thätig gewesen." Empört war er über die prosaische Schwuuglosigkeit, mit der die Kaiserfrage im Reichstag behandelt worden war, er selbst aber war Feuer und Flamme, als der 18. Januar, der Krönungstag der Könige von Preußen, zum Festtag der Einweihung des neuen Kaisertums bestimmt ward. Von ihm war der Plan selbst ausgegangen, sein Werk war der Entwurf des Festverlaufs, die Festansage, die am 16. Januar an die um Paris lagernden Regimenter erging, um die Vertretung derselben durch Abordnungen und Fahnen zu sichern. An demselben 16. Januar erschien der Hofprediger Rogge, Divisionspfarrer der 1. Gardedivision, bei König Wilhelm, der ihn in seinem einfachen Arbeitszimmer empfing und, hinter seinem Schreibtisch stehend, zu ihm sagte: „Ich habe Sie rufen lassen, ba am 18. Januar, unserem Krönungstage, die Proklamation der Kaisermürbe vorgenommen werben soll und ich den Akt biirch eine kurze, kirchliche Feier eingeleitet sehen möchte. Da ich den Kaisertitel einmal annehmen soll, so habe ich biefen Gebenktag der preußischen Geschichte bafür gewählt. Ich hoffe, daß Sie Ihre Aufgabe auch biesmal so gut lösen werben, wie Sie es neulich beim Empfang der Deputation gethan haben. — Aber von mir bürfen Sie nicht rebert." Der Geistliche erwiberte, benselbert Befehl habe er am 18. Dezember erhalten und bamals ihm auch folgen können, aber biesmal werbe es unmöglich sein, die Person des Monarchen außer Betracht zu lassen. „Nun benn, aber so wenig als möglich. Nicht ich habe es so gemacht, sonbern Gott hat es so gefügt. Es wirb mir recht schwer,
   bis 10 von 13 weiter»  »»
13 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 13 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 2
4 5
5 0
6 0
7 2
8 0
9 0
10 4
11 0
12 1
13 0
14 0
15 0
16 0
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 7
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 7
38 0
39 0
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 4
46 0
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 29
2 1
3 7
4 11
5 9
6 1
7 0
8 13
9 11
10 5
11 2
12 5
13 1
14 1
15 2
16 19
17 29
18 2
19 44
20 0
21 47
22 0
23 10
24 6
25 2
26 1
27 4
28 16
29 6
30 0
31 1
32 5
33 3
34 3
35 2
36 0
37 0
38 3
39 4
40 4
41 8
42 0
43 16
44 0
45 19
46 8
47 1
48 16
49 34
50 4
51 53
52 10
53 2
54 6
55 3
56 0
57 3
58 0
59 2
60 25
61 5
62 0
63 7
64 1
65 1
66 5
67 0
68 3
69 0
70 28
71 1
72 1
73 1
74 0
75 4
76 16
77 59
78 1
79 1
80 1
81 12
82 4
83 0
84 5
85 0
86 1
87 7
88 2
89 0
90 2
91 3
92 87
93 6
94 5
95 2
96 0
97 0
98 20
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 1
3 0
4 0
5 4
6 2
7 25
8 0
9 0
10 0
11 1
12 0
13 0
14 0
15 0
16 0
17 0
18 0
19 1
20 0
21 0
22 0
23 0
24 1
25 0
26 0
27 0
28 1
29 2
30 0
31 0
32 0
33 11
34 2
35 1
36 0
37 0
38 0
39 3
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 0
46 0
47 3
48 0
49 0
50 1
51 0
52 6
53 0
54 26
55 0
56 0
57 0
58 1
59 6
60 1
61 1
62 1
63 0
64 0
65 0
66 0
67 38
68 0
69 0
70 0
71 9
72 0
73 0
74 1
75 0
76 0
77 0
78 1
79 0
80 0
81 13
82 1
83 1
84 0
85 0
86 0
87 0
88 0
89 0
90 1
91 1
92 0
93 1
94 0
95 0
96 1
97 0
98 4
99 1
100 2
101 0
102 3
103 0
104 0
105 0
106 0
107 0
108 0
109 1
110 3
111 0
112 0
113 0
114 0
115 0
116 0
117 1
118 0
119 0
120 0
121 2
122 0
123 0
124 0
125 1
126 0
127 2
128 1
129 0
130 0
131 1
132 0
133 0
134 0
135 0
136 35
137 0
138 0
139 2
140 0
141 1
142 0
143 0
144 0
145 0
146 0
147 0
148 5
149 0
150 0
151 4
152 2
153 0
154 0
155 0
156 0
157 1
158 0
159 1
160 0
161 0
162 0
163 0
164 0
165 2
166 2
167 1
168 0
169 0
170 0
171 0
172 0
173 2
174 1
175 3
176 2
177 8
178 0
179 1
180 0
181 1
182 16
183 13
184 0
185 0
186 0
187 0
188 0
189 0
190 0
191 0
192 0
193 0
194 0
195 0
196 0
197 1
198 0
199 1