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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 7

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
I. v. Treitschke, Belle Alliance. 7 vollends in Verwirrung; aber auch die Sieger fühlten sich tief erschöpft. Auf den anderen Teilen des Schlachtfeldes gestaltete sich unterdessen der Gang der Ereignisse weit günstiger für Napoleon. Die Division Quiot, die schon an dem großen Angriffe Erlons teilgenommen, ging von neuem auf der Landstraße vor und bestürmte die Meierei von La Haye Samte. Dort stand Major Baring mit einem Bataillon von der leichten Infanterie der deutschen Legion und einigen Nassauern. Die grünen Jäger hatten schon um Mittag die Schlachthaufen Erlons abgeschlagen; die treuen Männer hingen mit ganzem Herzen an ihren Offizieren, alle bis zum letzten Gemeinen zeigten sich entschlossen von diesem Ehrenposten nimmermehr zu weichen. Und welche Aufgabe jetzt! Schon brannten die Dächer des Gehöftes, die einen mußten löschen, die anderen führten aus den Fenstern, hinter den Hecken und Mauern des Gartens das Feuergefecht gegen die furchtbare Übermacht draußen. Pulver und Blei gingen aus; vergeblich sandte Baring wiederholt seine Boten rückwärts nach Mont St. Jean mit der dringenden Bitte um Munition. Erst als säst die letzte Patrone verschossen war, räumte die tapfere kleine Schar den Platz. Wie Rasende drangen die Franzosen hinter den Abziehenden in das Gehöft ein, durchsuchten brüllend alle Stuben und Scheunen: „kein Pardon diesen grünen Brigands!" — denn wie viele ihrer Kameraden waren heute mittag und jetzt wieder den sicheren Kugeln der deutschen Jäger erlegen! Das Vorwerk des englischen Centrums war genommen, und bald ergoß sich der Strom der Angreifer weiter bis nach Mont St. Jean. Die Mitte der Schlachtlinie Wellingtons war durchbrochen. Da führte der Herzog selber die hannoversche Brigade Kielmannsegge herbei, und ihr gelang die Lücke im Centrum vorläufig zur Not wieder auszufüllen. Aber auch nur vorläufig; denn die Reserven waren schon herangezogen bis auf den letzten Mann, und La Haye Sainte, die beherrschende Position dicht vor dem Centrum, blieb in den Händen des Feindes. Mittlerweile konnte auch der tapfere Bernhard von Weimar auf dem linken Flügel die Vorwerke La Haye und Papelotte gegen die Division Durutte nicht mehr behaupten. Er begann zu weichen. Wellingtons Besorgnis stieg. Schon seit mehreren Stunden hatte er wiederholt Adjutanten an Blücher gesendet mit der dringenden Bitte um Hilfe. Kalt und streng stand er unter seinen Offizieren, die Uhr in der Hand, und sagte: „Blücher oder die Nacht!" Wenn Napoleon

2. Geschichtliches Lesebuch - S. 57

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Iv. v. Sybel. Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. 57 leise, Verkennen der Bedürfnisse des realen Lebens neben Übertreibung des juristischen Formalismus, Nachlassen des geistigen Verkehrs zwischen Regierenden und Regierten, zwischen Beamten und Volk, in Preußen ebenso wie in den kleineren Staaten. Ein nicht immer nötiger Befehlshaberton galt für unerläßlich zur Aufrechthaltung der Autorität, und vollends die Sicherheitspolizei, angestachelt durch die politischen Sorgen der höchsten Stellen, bewegte sich in einem hofmeisternden, argwöhnischen und kleinlichen Treiben, welches die herrschende Mißstimmung nie zur Ruhe kommen ließ. Denn trotz alles Guten, welches wir eben berichtet haben, blieb der Zorn über die Ausnahmegesetze von 1832 im Wachsen und verbreitete sich durch alle Klassen der Bevölkerung. Zwar die äußere Ordnung wurde an keiner Stelle mehr gestört; die Zeitungen lagen in den Fesseln der Censur, und das neue badische Preßgesetz mußte nach Bundesbefehl durch den Großherzog zurückgenommen werden. In den Kammern verlor die liberale Partei wieder die Majorität und hielt sich in behutsamer Defensive, um nicht neue Gewaltschritte des Bundes hervorzurufen. Aber nur um so tiefer fraß sich der Groll in die Herzen ein. Viele Tausende, die 1830 bei den Aufläufen in Kassel und Dresden den Pöbelexceffen gewehrt oder 1832 ans dem Hambacher Feste harmlos gejubelt hatten, gelobten sich jetzt, wenn es wieder losginge, selbst mit kräftigem Handeln dabei zu fein. Neun Zehntel der deutschen Bürger erfüllten sich im Angesichte der Reaktion mit demokratischen Gedanken, die Gemäßigten mit Begeisterung für den parlamentarischen Staat, wo ein Beschluß der Volksvertretung die Minister aus dem Amte entfernt oder in dasselbe einsetzt, die Heißblütigen mit dem Ideale der Republik, wo der Wille des gesamten Volkes über Gesetzgebung und Exekutive in unbeschränkter Freiheit entscheidet. Noch hatte keine Erfahrung darüber belehrt, wie notwendig jedem großen Gemeinwesen ein mächtiges Organ der Stetigkeit in seiner Politik ist, ein Organ, für welches keine andere Staatsform gleiche Aussicht wie die Erbmouarchie darbietet. Auch darüber war man begreiflicher Weise damals noch nicht klar, daß die parlamentarische Regierung in England nur deshalb einen sichern und gedeihlichen Gang hatte behaupten können, weil sowohl die Volksvertretung als die Verwaltung von zwei fest organisierten und politisch geschulten Adelsgruppen geleitet wurde, die sich im Besitz der Ministerien ohne Störung der Geschäfte ablösten. Außer aller Beachtung blieb die für die Beurteilung eines demokratischen Staatswesens entscheidende That-

3. Geschichtliches Lesebuch - S. 60

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
60 Iv. v. Sybel, Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. horsam unter den Satzungen der klerikalen Hierarchie auferlegt hatte. Der Kampf mit den Staatsgewalten konnte nicht ausbleiben. In Preußen entspann er sich in Sachen des theologischen Universitätsunterrichts und der gemischten Ehen: nach langen Verhanblungen kam es 1837 zum offenen Zwiespalt, und die Regierung ließ den wortbrüchig geworbenen Erzbischof von Köln nach Minben in Haft bringen, den in gleichem Sinne wirkenben Erzbischof von Posen aber durch gerichtliches Urteil absetzen. Das Kölner Domkapitel und der Fürstbischof von Breslau hielten zur Regierung, bei der rheinischen und polnischen Bevölkerung jeboch zeigte sich eine heftige Gärung. Eben bamals war in München der eifrig klerikale Herr von Abel leitenber Minister geworben und ließ der ultramontanen Presse bei den heftigsten Angriffen gegen Preußen freien Lauf, und bieses Mal erhob auch Metternich, welcher soeben den Jesuiten den von Kaiser Franz stets geweigerten Zugang nach Österreich eröffnet hatte, keinen Einspruch gegen die bunbeswibrige Verstattung schrankenloser Preßfreiheit. So war in allen deutschen Lauben eine in den mannigfachsten Farben durch einanber wirbelnbe Bewegung der Geister erwacht. Der ganze bisherige Zustand war ohne eine Spur materieller Auflehnung durch eine kecke Kritik in Frage gestellt. Da trat 1837 ein Ereignis ein, welches die politische Agitation für ein volles Jahrzehnt in ihren Bestrebungen fixierte und ihr einen unverrückbaren gemeinsamen Zielpunkt gab: der Verfafsungssturz in Hannover durch den neuen König Ernst August. Unter lügenhaften Vorwanben, hauptsächlich zu dem Zwecke freierer persönlicher Verfügung über das Staatsvermögen unternommen, staub die Umwälzung sowohl mit dem Lanbrecht als mit der Wiener Schlußakte in fchreienbem Wibersprnch. Der Unwille in ganz Dentschlanb trat offen au das Licht, als mit einem neuen Gewaltstreich der König sieben Göttinger Professoren, die unter Dahlmanns Vorgang ihrem Verfaffungseibe treu zu bleiben erklärten, kurzer Hand absetzte und brei berselben aus dem Laube jagte. Die deutschen Volksvertretungen, Universitäten, Spruchkollegien wetteiferten, in den schärfsten Beschlüssen und Gutachten der öffentlichen Entrüstung Ausbruck zu geben; die Verteidigungsschriften Dahlmanns und Jakob Grimms stmbert die weiteste Verbreitung; ein großer Verein, der sich zur Unterstützung der Vertriebenen gebilbet hatte, gewann Mitglieber in allen deutschen Städten. Dagegen war in Hannover selbst nach der ersten Aufwallung bei der bebächtigen nieberfächsischen Bevölkerung der Kampfeseifer Weber heiß noch thätig, inbefsen kam es zu einer

4. Geschichtliches Lesebuch - S. 107

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 107 imstande, wenig Worte zu Ihnen zu reden. — Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, solange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt; ich gelobe hier feierlich, als das von Ihnen gewählte Organ Ihrer Versammlung, die höchste Unparteilichkeit. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen. Wir sollen schassen eine Verfassung für Deutschland, für das gesamte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränität der Nation. (Stürmisches-Bravo.) Den Berus und die Vollmacht, dieses Versassuugs-werk zu schassen, hat die Schwierigkeit in unsere Hände gelegt, um nicht zu sagen die Unmöglichkeit, daß ey auf anderem Wege zustande kommen könnte. Die Schwierigkeit, eine Verständigung unter den Regierungen zustande zu bringen, hat das Vorparlament richtig vorgefühlt und uns den Charakter einer konstituierenden Versammlung vindiciert. Deutschland will Eins sein, ein Reich, regiert vom Willen des Volkes, unter der Mitwirkung aller seiner Gliederungen; diese Mitwirkung auch der Staaten-Regierungen zu erwirken, liegt mit im Berufe dieser Versammlung. Wenn über manches Zweifel besteht und Ansichten auseinandergehen, über die Forderung der Einheit ist kein Zweifel, es ist die Forderung der ganzen Nation. Die Einheit will sie, die Einheit wird sie haben, sie befestigen, sie allein wird schützen vor allen Schwierigkeiten, die von außen kommen mögen, die im Innern drohen." Die Versammlung, der diese Worte galten, ging an ihr Werk, fest überzeugt von ihrem Recht und ihrer Macht: in dem uner-schüttlichen Glauben, daß sie dürfe und daß sie könne, was sie sich vorgesetzt, daß ihre Vollmacht unbestreitbar und unanfechtbar sei wie das Licht der Sonne und daß dem nationalen Willen, dem sie Körper und Gestalt zu verleihen habe, nichts unerreichbar sei, daß ihm nichts, schlechterdings gar nichts widerstehen werde. Von diesem Glauben war Heinrich von Gagern erfüllt mit Leib und Seele; ihn bekannte er in dieser seiner ersten Rede mit dem Brustton tiefster Durchdrungenheit und in Worten, die zündend einschlugen, weil sie ganz kunstlos und unmittelbar das trafen, worüber alle einig waren oder einig zu sein glaubten, und nichts von dem berührten, was die Geister trennte. Und in der Seelenkraft, mit der er hier zum erstenmal gewirkt, lag nun das, was ihm an der Spitze dieses Parlaments eine ganz eigenartige Stellung gab. Obgleich weder ein geistreicher Kops, noch ein

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 150

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
150 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. richtig damit, es lasse sich dem nicht widersprechen, es sei gar nicht auszukommen in Haus und Hof ohne das Einmaleins; gerade ebenso ist es im Staatswesen mit dem Erbrechte beschaffen, welches ich hier zu verteidigen übernommen habe. Da läßt sich freilich auseinandersetzen, vor welchen Übeln das Erbrecht uns bewahrt, wie es bewahrt vor den mannigfachen und schwer empfundenen Übeln der Wahlberechtigung, wie es bewahrt vor den Übeln des Zwischenreichs zc. Aber am Ende kehrt es doch immer auf das allereinfachste zurück, und wir müssen zugestehen, daß gerade da das Erbrecht sich am unliebenswürdigsten beweist, wo es am meisten staatsmännisch auftritt, indem es nämlich in seiner vollkommenen Ausbildung auf höchst ungalante Weise alle Frauen ausschließt von dem Throne, solange noch einer vom Mannesstamme vorhanden ist, indem es alle Jüngeren ausschließt, alle jüngeren Prinzen, solange noch ein älterer da ist, indem es endlich keinem Prinzen einen Teil am Genusse der Herrschaft vergönnt, bis die Reihe an ihn gekommen ist, überhaupt aber jedem Erbberechtigten nur das Ganze des Staates übrig läßt, indem es ihn jedes Anrechts an einen Staatsteil beraubt. Und dennoch hat dieses System der Erbherrschaft neben so vielen Herbigkeiten auch seine zarte und in das innere Wefen der Menschheit dringende Seite. Nachdem es vor allen Dingen den Staat sichergestellt hat, denn der Staat muß in alle Wege die Hauptsache bleiben, führt es in das Staatswesen die Wärme der Familie ein, indem es die Herrschaft an ein regierendes Haupt knüpft. Ich weiß gar wohl, meine Herren, daß ich hiermit, wenn ich das Lob der Erbherrschaft rede, eine Saite anschlage, die in den Augen vieler von Ihnen längst zersprungen ist. Das aber hindert mich auf keine Weise. Erlauben Sie, daß ich eine schlichte Thatsache schlicht erzähle, die sich zu Ende des Jahres 1812 in Mitteldeutschland begab. Damals war der erste Strahl der Hoffnung nach Deutschland gedrungen, daß wir wohl des fremden Regiments erledigt werden möchten. Da fanden sich in Mitteldeutschland Volksversammlungen vornehmlich von Landleuten und Bauern zusammen. Man beredete sich, wie es zunächst werden solle. Darin waren alle einig, die Fremden müßten vertrieben werden, aber sollte man den alten Fürsten wieder aufnehmen, das war die Frage. Es begab sich, daß auch in einem Lande, ich will es lieber nicht nennen, wo der alte Fürst keineswegs gelobt und sonderlich geliebt war, — man wußte ihm manches, was nicht zum Frieden diente, nachzureden, — in der Schänke eines Dorses diese Sache verhandelt ward. Viel war hin-

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 236

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
236 Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. Reserve, von der Benedek übrigens schon jetzt je eine Reiterdivision in der Nähe von Problus wie von Nedielischt halten ließ. Für die Auffassung seiner Maßregeln irrt Centrum, gegenüber dem Angriff des Prinzen Friedrich Karl, scheint ein Armeebefehl lehrreich, den er in diesen Tagen erlassen hatte. Nach den Erfah- rungen der bisherigen Gefechte hatte er darin seine Truppen angewiesen, nicht eher zum Massenangriff auf den Feind zu schreiten, als bis derselbe durch das Feuer der Artillerie mürbe gemacht sei. Die ganze Aufstellung seines Centrums war nichts als eine Anwendung dieses Satzes im Großen. Die Übergänge über die Bistritz und der flachere Abhang neben ihr sollten unbesetzt bleiben, damit hier die Infanterie nicht vorzeitig von der Zündnadel decimiert würde. Sie stand also weiter rückwärts auf den steilen Höhen, deren Rand von Laugeuhof bis Lipa und Chlum durch einen ununterbrochenen Kranz furchtbarer Batterien mit mehr als 200 gezogenen Geschützen geschmückt wurde. Geradezu eingeladen war der Feind, unten im Thale aufzumarschieren und dann beim Ansturm auf die Höhe sich unter dieser beispiellosen Kanonabe zu verbluten. War er baburch zerrüttet, so würde erst der Mafsenangriff mit zermalmenber Übermacht erfolgen. Zu biesem Zwecke würde der größte Teil der Reserve, das erste und sechste Korps nebst zwei schweren Reiterbiüisionen, bicht hinter Sangen* Hof, Front nach Westen, aufgestellt, und zwar, was besonders fprechenb ist, in erster Linie vor den Infanterie-Korps die Reiter, welche doch zur Verteibigung der Höhenstellung sehr wenig, um so mehr aber zur Offensive gegen den erschöpften Feind brauchbar waren. Immer also, scheint es, hielt Benebek an seinem ursprünglichen Gebanken, der Besiegung Frtebrich Karls, fest. Daraus würde sich auch der ihm später stets zum Vorwurf gemachte Befehl an den rechten Flügel erklären, in der Tiefe bei Nedielischt anstatt weiter vorwärts auf den Höhen von Horscheniowes und Maslowied Stellung zu nehmen. Er wünschte ihn in nächster Nähe zu haben, um vielleicht auch ihn zu dem entscheidenden Vorstoße gegen Friedrich Carl zu verwenden, falls nicht ein zu frühes Erscheinen des Kronprinzen dies unmöglich machte. In dem letztem Falle wäre den beiben Korps ihre ursprüngliche Bestimmung geblieben, und wenn ihre Vorposten die Annäherung des Gegners rechtzeitig entbeckten, so wäre immer noch die Möglichkeit gegeben, die vorliegenben Höhen zu fester Abwehr des feiitblichen Angriffs zu besetzen. Man wirb nicht behaupten wollen, daß ein solcher Plan unklar

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 250

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
250 Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. das Herz des Gegners ermöglicht hatten. Der österreichische Generalstab berichtet darüber: von den 59 Bataillonen, welche am Schlachttage den rechten Flügel der Armee bildeten, standen 49 um Mas-lowied und Horscheniowes vereint; davon waren nur mehr 13 Bataillons intakt, weitere 8 waren, wenn auch geschwächt, doch wieder gesammelt und verwendbar; der Rest, 38 Bataillons, war teils eben im Kampfe begriffen, teils durch den frühern Kampf so geschwächt, daß auf diese Bataillons vorläufig wenig zu rechnen war; 49 Bataillons hatten die Front nach West, und es blieben zur Bewachung und Verteidigung des sji Meilen breiten Raumes Horfcheniowes-Trotina, durch welchen die Zugänge von Norden her in den Rücken der Armee führten, im ganzen nur neun Bataillons (die Truppen nämlich, welche Graf Thuu am Morgen zur Bewachung der Trotina zurückgelassen hatte). So war denn allerdings für den Anmarsch des Kronprinzen der breiteste Raum eröffnet. Die nächste Frage, welche sich hier aufdrängt, ist die: hatte denn Benedek, welchem das ordnungswidrige Verfahren seiner Korpsführer doch unmöglich verborgen bleiben konnte, ganz und gar nichts zur Abhülfe gethan? Die Antwort darauf ist einfach. Benedek kam gegen halb neun Uhr auf die Höhe von Lipa, ritt dann hinüber nach Langenhof, während bald nachher der Chef der Ingenieure, Oberst Pidoll, in atemloser Eile die Meldung von dem befehlwidrigen Verhalten des zweiten und vierten Korps nach Lipa brachte. So wurde es beinahe zehn Uhr, ehe Benedek die Nachricht empfing; auf der Stelle saudte er den Befehl hinüber nach Maslowied, die begonnene Bewegung einzustellen und auf die Hügel von Nedielischt zurückzugehen. Dies kam in Mollinarys Hände, als Poeckh und Fleischhacker bereits im Walde kämpften, und jener erklärte, ein rasches Abbrechen des durchaus siegreichen Gefechts, von dem er sich die größten Folgen verspreche, sei absolut unmöglich. Benedek dachte einen Augenblick daran, das sechste Korps aus der Reserve vorzuziehen und bei Nedielischt auszustellen, ging aber gleich wieder davon ab, wohl nach der Erwägung , daß seine große Offensive gegen Friedrich Karl bald ausführbar, Molliuary aber und Thun nach erfolgter Besiegung Fran-seckys doppelt selbstbewußte und kräftige Gegner des Kronprinzen sein würden. Nun aber geschah, wie wir sahen, das Unerhörte. Nachdem das vierte Korps total geschlagen und zerrüttet aus dem Walde zurückgekommen war, führte Mollinary die Ordre seines Feldherrn

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 238

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
238 Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. zugehen. Der Chef seines Generalstabs, General von Voigts-Rhetz, eilte dann hinüber nach Gitschin, um die Genehmigung des obersten Kriegsherrn für alle diese Anordnungen zu erbitten. Bei dessen Ankunft, halb elf Uhr abends, war der König im Begriffe, sich zur Ruhe zu begeben, empfing aber den General auf der Stelle und nahm, die Landkarte vor sich, dessen Bericht entgegen. Voigts-Rhetz meldete, was der Prinz ihm aufgetragen, äußerte zugleich aber als feine persönliche Ansicht, es würde sich empfehlen, den Kronprinzen nicht bloß „mit der Garde oder mehr", sondern mit seiner ganzen Armee herbeizurufen. Bei der Dürftigkeit der Nachrichten über die Stärke und die Absichten des Feindes hielt es der Monarch noch für sehr zweifelhaft, daß Benedek diesseits der Elbe die Schlacht annehmen oder gar selbst zum Angriff vorgehen sollte. Er schickte indessen den General zu Moltke hinüber: dieser schlief schon, als Voigts-Rhetz bei ihm mit der Nachricht eintrat, daß der Feind nicht hinter, sondern vorwärts der Elbe stände. Bei dem ersten Worte sprang er mit einem „Gott sei Dank" ans dem Bette; „alle Zweifel waren gehoben, sagt er, ein Stein fiel mir vom Herzen", und freudig eilte er über den Marktplatz in das nahe Quartier des Königs. Nach kurzer und rascher Besprechung überwog die Ansicht, daß jedesfalls ein bedeutender Teil der feindlichen Armee, wenn nicht ihre Gesamtheit, zwischen Bistritz und Elbe anzutreffen sei, und dann war wie Moltke auch der König der Meinung, daß eine derartige Möglichkeit, eine große Entscheidung herbeizuführen, nicht unbenutzt bleiben dürfe, daß vielmehr, ein solches Ziel im Auge, alle Kraft anzuspannen und die ganze zweite Armee auf das Schlachtfeld zu entbieten fei. Um Mitternacht waren die Befehle fertig, und Oberstlieutenant Graf Finckenstein ritt unter dem schwarz bevölkten Nachthimmel, nur von einem Reitknecht begleitet, in das unbekannte Land hinein, um das wichtige Blatt nach Königinhof, 4 V« Meile weit, dem Kronprinzen zu überbringen. Unterwegs sollte er noch an die Vorposten des ersten Korps einen entsprechenden Befehl für General Bonin abgeben, sein Korps sofort zu sammeln, es für die Weisungen des Kronprinzen bereit zu stellen, nach Umständen auch selbständig in den voraussichtlichen Kampf bei Sadowa einzugreifen. Dem Kronprinzen schrieb Moltke: „Den bei der ersten Armee eingegangenen Nachrichten zufolge ist der Feind in der Stärke von etwa drei Korps, welche jedoch noch weiter verstärkt werden können, bis über den Abschnitt der Bistritz bei Sadowa vorgegangen, und ist dort ein Rencontre mit der ersten

9. Geschichtliches Lesebuch - S. 301

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Xxl Rede des deutschen Reichskanzlers Fürsten Bismarck. 301 Verabredungen, die sie miteinander getroffen hatten, bemächtigte sich unserer öffentlichen Meinung dieselbe nervöse und, wie ich glaube, übertriebene Aufregung, mit der wir heute und die letzten Jahre zu kämpfen haben — namentlich halte ich sie heute für besonders unmotiviert. Ich bin nun weit entfernt, aus der Thatsache, daß ich sie heute für unmotiviert halte, den Schluß zu ziehen, daß wir einer Verstärkung der Wehrkraft nicht bedürften, sondern umgekehrt. Daher dieses vierzigjährige Tableau, das ich eben, vielleicht nicht zu Ihrer Erheiterung, aufgerollt habe, — und ich bitte um Verzeihung; aber wenn ich ein Jahr hätte fehlen lassen von denen, welche Sie doch alle schaudernd selbst miterfahren haben, so würde man nicht den Eindruck haben, daß der Zustand der Besorgnis vor großen Kriegen, vor weiteren Verwickelungen, deren Koalitionsergebnisse niemand vorher beurteilen kann, daß dieser Zustand ein permanenter ist bei uns, und daß wir uns darauf ein für allemal einrichten müssen; wir müssen, unabhängig von der augenblicklichen Lage, so stark sein, daß wir mit dem Selbstgefühl einer großen Nation, die unter Umständen stark genug ist, ihre Geschicke in ihre eigene Hand zu nehmen, auch gegen jede Koalition — (Bravo!) mit dem Selbstvertrauen und mit dem Gottvertrauen, welches die eigene Macht verleiht und die Gerechtigkeit der Sache, die immer auf deutscher Seite bleiben wird nach der Sorge der Regierung —, daß wir damit jeder Eventualität entgegensehen können und mit Ruhe entgegensehen können. (Bravo!) Wir müssen, kurz und gut, in diesen Zeiten so stark sein, wie wir irgend können, und wir haben die Möglichkeit stärker zu sein als irgend eine Nation von gleicher Kopfstärke in der Welt; (Bravo!) — ich komme darauf noch zurück —, es wäre ein Vergehen, wenn wir sie nicht benutzten. Sollten wir unsere Wehrkraft nicht brauchen, so brauchen wir sie ja nicht zu rufen. Es handelt sich nur um die eine nicht sehr starke Geldfrage, — nicht sehr starke, wenn ich beiläufig erwähne — ich habe keine Neigung, auf die finanziellen und militärischen Ziffern einzugehen —, daß Frankreich in den letzten Jahren 3 Milliarden auf die Verbesserung seiner Streitkräfte verwandt hat, wir kaum V/2 mit Einschluß dessen, was wir Ihnen jetzt zumuten. (Hört, hört! rechts.) Indessen ich überlasse es dem Herrn Kriegsminister und den Vertretern der Finanzabteilung, das auszuführen. Wenn ich sage, wir müssen dauernd bestrebt sein, allen Eventuali-

10. Geschichtliches Lesebuch - S. 21

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. 21 in Karlsbad x), um nach Metternichs Anträgen den verruchten Gedanken der deutschen Einheit für alle Zukunft aus den deutschen Köpfen auszurotten. Es wurde verabredet, das gesamte Unterrichtswesen in Deutschland unter polizeiliche Aufsicht zu stellen, jede Druckschrift unter 20 Bogen der polizeilichen Censur zu unterwerfen, jede in der Erfüllung dieser Gebote lässige Regierung durch militärische Exekution zu ihrer Pflicht anzuhalten und zur Verfolgung der Demagogen in allen deutschen Staaten eine Bundes-Untersuchuugs-kommission in Mainz niederzusetzen. Preußen, welches hiebei überall die härtesten Anträge stellte, wollte dieser Behörde sogar richterliche Funktion beilegen, Kaiser Franz aber schrieb mit fast cynischer Naivetät, man wisse ja noch gar nicht, ob sie etwas herausbringen werde. Er hatte ganz recht, es kam auch nichts Erhebliches heraus. Aber die Beschlüsse blieben dennoch bestehen. Endlich hätte Metternich gerne ähnliche Zügel wie den Universitäten auch den Kammern angelegt. Das aber fand Schwierigkeiten; es wurde beschlossen, nach einigen Monaten auf neuen Konferenzen in Wien die landständische Frage, sowie eine allgemeine Revision der Bundesakte in Behandlung zu nehmen. Die Karlsbader Abreden wurden darauf dem Bundestage zur Annahme vorgelegt. Die 30 kleinen Regierungen erfuhren hier erst den Inhalt derselben, aber die Großmächte verboten energisch längere Erwägung und Aufschub der Entscheidung. Die Kleinen fügten sich furchtsam; zu Protokoll sagten sie einstimmig Ja; dafür durften die Dissidenten ihr Nein in einer geheimen Registratur der Nachwelt überliefern. So hatte Metternich, im Widerspruch mit seinen frühern Ansichten, eine mit diktatorischen Vollmachten ausgestattete Bundesgewalt, ein drohendes Zerrbild deutscher Einheit, in das Leben gerufen. Sein Rechtstitel war die Vorschrift der Bundesakte, daß der Bund für die innere Sicherheit Deutschlands zu sorgen habe. Offenbar aber griffen die Beschlüsse dem ersten und höchsten Grundsätze der Bundesakte, der Unabhängigkeit der Einzelstaaten, an das Leben. Denn wenn man den Begriff der Sicherheit so weit ausdehnen durste, wie hier geschehen, so konnte man von Bundeswegen, wo es nötig schien, ebensowohl wie Schule und Presse, auch Straf- und Prozeßrecht aller Einzelstaaten regulieren, und zuletzt sämtliche Polizisten und Soldaten 1) August 1819.
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