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1. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 60

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Wartburg-Sonntag. Freuden und Überraschungen warten. Und vereinzelte Jodler hallen jetzt schon aus waldigen Tiefen oder von den wunderherrlichen Felsgebilden des Marientals herüber. Nun denn, ihr breiten Wände mit den Fensterbogen des Sängersaals, du Stätte des Minnegesangs und ritterlicher Tüchtigkeit — sind deine Herren und Knap- Pen, deine Sänger und Edelfrauen bereit? . . . Ich lebe eindringlich die Vergangenheit nach. Mir ist, als war' heut' wiederum Sängerfest. Osterdingen bat heute sein Lied zu bringen oder er verfällt dem Henker. Mir ist, als hört' ich da oben ein Türenschlagen in den Morgengemächern, ein Liedchenträllern der Kam- merfranen, wenn sie vorüberlaufen an offenen Fenstern. Und in Hof und Werkstatt ist ein Klopfen, Scheuern, Putzen. Frau Landgräfin Sophie bewegt sich in einem Gefolge von gesitteten Sängern in lebhafter Unterhal- tung ans dem Burgtor; sie wendet sich mit dem färben- blitzenden Geleit nach rechts, um auf der Höhe des Berg- rückens in bewegtem Gedankenaustausch zu lustwandeln. Gräfin Mechthild tritt bald darauf aus dem Franenpallas mit viel leiserm Gewänderrauschen als ihre hohe Freun- diu, begleitet von wenigen Dienerinnen: sie geht zur Morgenandacht am Waldkreuz. Errötend geht die blasse, süße Frau, da eine Kette von Neugierigen am Tor steht und die Minnigliche züchtig grüßt. Und immer hallen ans weiter Ferne Waldhörner, aus der Landgrafen- schluckst, aus dem Annatal, von heranziehenden Fest- gasten. Knappen und Knechte, die müßigen Schelme, reiten im Stall ans den Pferdekrippen und pfeifen Schalks- lieder oder treiben Possen. Einer thront umgedreht auf des Landgrafen bestem Schimmel, läßt die Beine über den Pferderücken hangen und spielt den empörten Land- grafen, wie er eben den Henker ruft; eiu anderer gibt mit komischer Wildheit den Henker, einen Besen im Arm, die Rechte wie eine Tatze mit Grimassen ausgestreckt,

2. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 34

1854 - Münster : Aschendorff
34 zwei letzten Groschen aber, die ich verschenke, ernähre ich aus brüderlicher Liebe meine beiden armen und kränklichen Schwe- stern. Der König war sehr vergnügt über den braven, edlen Landmann, der mit aller Anspruchlosigkeit und heiterer Laune von der Verwendung seines Lohnes gesprochen hatte, und be- zeigte ihm seine herzliche Zufriedenheit. Nach einigen Tagen wurde ihm dann bekannt gemacht, daß der König durch ein kleines Zahrgeld ihm bcistehen wollte, seine sonderbaren Schulden zu vergringern und sein Kapital für Zeit und Ewigkeit zu vermeh- ren. Da erst erfuhr der gute Mann, wer mit ihm geredet hatte. 46 Schäme dich deiner Eltern nicht. In dem Negimente des berühmten, von Friedrich dem Großen hoch geehrten Generals von Ziethen stand auch ein Rittmeister, mit Namen Kurzhagen. Er war klug, tapfer und statte ein kindliches Gemüth. Seine Eltern waren arme Land- leute im Mecklenburgischen. Mit dem Verdienstorden auf der Brust rückte er nach Beendigung des siebenjährigen Krieges in Parchim ein. Die Eltern waren von ihrem Dörfchen nach der Stadt gekommen, um ihren Sohn nach Jahren wieder zu sehen, und erwarteten ihn auf dem Markte. Wie er sie erkannte, sprang er rasch vom Pferde und umarmte sie unter Freudenthränen. Bald darauf mußten sie zu ihm ziehen und aßen allezeit mit an seinem Tische, auch wenn er vornehme Gäste statte. Einst spottete ein Offizier darüber, daß Bauern bei einem Rittmeister zu Tische säßen. „Wie sollte ich nicht die ersten Wohlthäter meines Lebens dankbar achten?" war seine Ant- wort. „Ehe ich des Königs Rittmeister wurde, war ich schon viele Jahre ihr Kind." Der brave General von Ziethen störte von diesem Vorfalle, und bat sich selbst nach einiger Zeit mit mehreren Vornehmen bei dem Rittmeister zu Gaste. Die Eltern des Letztern wünsch- ten diesesmal selbst, nicht am Tische zu erscheinen, weil sie sich verlegen fühlen würden. Als man sich setzen wollte, fragte der General: „Aber Kurzhagen, wo sind Ihre Eltern? Ich denke, sie essen mit Ihnen an einem Tische." Der Rittmeister läcbelte und wußte nicht sogleich zu antworten.

3. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 8

1854 - Münster : Aschendorff
8 Der junge Bauer, der andächtig zugehört hatte, meinte jedoch, das Aufführen einer Mauer sei gar zu viel von dem lieben Gott verlangt. Indeß ging die Nacht vorüber, ohne daß ein feindlicher Soldat in das Haus kam. Alle im Hause wunderten sich darüber. Als sie aber Morgens sich vor die Thüre wagten, siehe, da war gegen jene Seite hin, wo die Feinde standen, der Schnee von dem Winde hoch wie eine Mauer ausgethürmt, so daß man gar nicht hindurchkommen konnte. Alle lobten und priesen Gott. Die Großmutter aber sagte: „Seht, so hat Gott eine Mauer aufgeführt, die Feinde von unserer Wohnung abzuhalten. Ich bleibe dabei: Wer auf den lieben Gott vertraut. Der hat auf festen Grund gebaut." 16 Das Haus des Herrn. Ein Haus lieb' ich vor allen. Da weil' ich gar so gern. Es hat mein ^Wohlgefallen: Das ist das Haus des Herrn. Will Leid mein Herz zernagen. Bleibt alle Hoffnung fern. Wem soll die Noth ich klagen? Ich geh' zum Haus des Herrn. Wenn Dunkel mich umhüllet. Ich kenn' den Himmelsstern, Weiß, wo die Wahrheit quillet, Zch geh' zum Haus des Herrn. Wenn alle mich verlassen. Mein Gott hat mich doch gern. Sein Kind kann er nicht hassen. Ich flücht' ins Haus des Herrn. Ist siech und krank die Seele, Bleibt jeder Arzt mir fern. Ich werde sonder Fehle Gesund im Haus des Herrn. Du heil'ge, traute Stätte! In dir wählt' ich so gern Mein letztes Ruhebette, Entschlaf ich einst im Herrn. Du bist mir lieb vor allen. In dir weil' ich so gern. Du hast mein Wohlgefallen, Du Vaterhaus des Herrn! 1?. Die beiden Bettler. Die Fürstin von Gallitzin erzählt in ihren Tagebüchern Folgendes: „Ich begegnete auf der fliegenden Brücke bei Wesel einem alten, lahmen Invaliden. Er sprach mich um ein Al- mosen an. Ich gab ihm einen halben Gulden. Da sah ich,

4. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 12

1854 - Münster : Aschendorff
12 der Bruder, du hast ja vorhin so gehungert. Ach, Karl, ich kann nicht, erwiederte Anna; mich dauert das arme Kind, ich will es ihm geben. Das wollte ich eben auch, sprach Karl, dann kannst du das deine behalten. Da jedes dem armen Kinde das seinige geben wollte, so reichten sie endlich beide ihr Brödchen dem Kinde. Und dieses nahm freundlich dankend die Gaben an. Da sahen sie die Mutter heimkommen, welche einen schö- nen Christbaum in der Hand trug. Die Geschwister sprangen fröhlich hinaus. Freuet euch nur nicht zu früh, sagte die Mut- ter; da bring ich zwar den Baum, aber weder Aepfel noch Nüsse. Die gute Frau Pathe war ausgegangen, und kommt erst spät zurück. Nur ein Paar Kreuzer Spinnerlohn habe ich geholt, allein das wird uns kaum genug Brod für das Fest geben. Aber was seh' ich dort? fragte sie eintretend. Wem gehört das fremde Kind? — Ach Mutter, sagte Karl, es fror und hungerte so sehr, da hab' ich es in die Stube geführt.— Das war brav von dir, erwiederte die Mutter. Das fremde Kind verlangte nun nach seinem Vater. Sie gaben ihm ein warmes Kleid und ein Mützchen. Das Kind lächelte und dankte. Karl begleitete es noch eine Strecke Weges. Als er zurückgekommen war, reichte ihnen die Mutter einige Schnitte schwarzen Brodes. Die schmeckten ihnen jetzt, als seien sie mit dem schönsten Honig belegt. Unterdessen kümmerte es die Mutter, wo sie wohl etwas an den Christbaum hernehmen könne. Die Kinder wurden zu Bette gebracht. Alsdann suchte sie einige Wachslichtlein vom vorigen Weihnachtsabend hervor, und band diese mit zwei Brezeln und einigen Birnen in die Zweige. Gesegne es Gott! sagte sie leise. Ich habe nichts Besseres. Als nun am Morgen das feierliche Glockengeläute das hei- lige Christfest verkündete, sprangen Karl und Anna hurtig von ihrem Lager auf, denn sie sahen durch die Spalte der Thür ein helles Weihnachtslicht schimmern. Das Christkind ist da, riefen beide, und eilten in die Stube. Da stand der Weih- nachtsbaum mit zahllosen Lichtern bekränzt, und rothe Aepfel und goldene Nüsse hingen in solcher Fülle daran, daß die Aestlein fast brachen. Ganz oben strahlte aber ein funkelnder

5. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 39

1854 - Münster : Aschendorff
39 Und riss der Wind am Haselreis, Dann sprach das Mägdlein still und leis: „Ich bin nicht auf der Welt allein, Im Himmel wohnt der Vater mein.“ Und wenn der Sturm die Eiche brach, Dann hell und laut zum Sturm es sprach: „Ich bin nicht auf der Welt allein, Im Himmel wohnt der Vater mein.“ 51. Das Vögelein. Ist die Noth am größten, so ist Gott am nächsten. An dem frühen Morgen eines nebeligen Herbsttages stand ein armer Mann an der Thüre seines kleinen Hauses. Auf die untere Hälfte derselben hatte er seine Arme gestützt und hielt mit beiden Händen sein bekümmertes Haupt. In den Augen standen ihm Thränen, und sein Herz seufzte zum Himmel. Denn es war der Tag, an welchem er einer kleinen Schuld wegen, die er trotz aller Sorge und Mühe nicht hatte bezahlen können, gepfändet werden sollte. Kein Schlaf hatte ihn während der langen Nacht erquickt, und schon beim ersten Ergrauen des Tages hatte er die Ankunft der Gerichtsboten befürchtet. Mit trüben Blicken sah er in die feuchte Luft und über die leeren Straßen hinaus, und rieb sich bisweilen die hohe, offene Stirn, welche auch jetzt noch den heiteren Wie- derschein seiner edlen Seele trug. Da kam plötzlich aus einer nahen Straße ein Vöglein geflogen. Aengstlich flatterte es eine Zeitlang hin und wieder, gleich als wäre auch ihm die Ruhe und heimathliche Sicherheit genommen; dann aber kam es schnell und schnurstracks auf den armen Mann zu, flog über seinen Kopf in die Hütte hinein und setzte sich auf einen Heerdschrank, der für die Pfändung schon ausgeleert worden war. Der Bekümmerte vergaß für einen Augenblick seine bangen Gedanken. Eilends schloß er die Thür, fing das Vögelchen ein und setzte es in ein altes Bauer, das er noch aus früher Jugendzeit besaß. Ein wenig klares Wasser reichte hin, um dem Thierchen wieder Muth und Heiterkeit einzuflößen. Lieb- lich fing es zu singen an, und es däuchfe dem Manne, als

6. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 42

1854 - Münster : Aschendorff
42 54. Der Graf und -er Nagelschmied. Handwerk hat einen goldenen Boden. In der Nähe eines Schlosses, auf welchem ein reicher Graf wohnte, hatte ein armer Nagelschmied seine Hütte, worin er vom frühen Morgen bis zum dunkeln Abend emsig sein Hand- werk betrieb. Da es aber der Schmiede so viele im Lande gab, und er nichts weiter verstand, als Nägel zu schlagen, so wollte es ihm trotz seines angestrengten Eifers nicht gelingen, sich mehr als den nöthigen Lebensunterhalt zu erwerben. Der Sohn des Grafen, ein munterer, rüstiger Jüngling, kam häufig an die Hütte und sah dem Gehämmer zu; denn er hatte sowohl an den Einfällen und Erzählungen des wackeren Man- nes, wie auch an dem spritzenden Feuer und dem raschen Ent- stehen eines Nagels seine Freude. „Wollen Sie nicht auch einmal versuchen, gnädiger Herr," fragte eines Tages der Schmied, „ob Sie wohl einen Nagel zu Stande bringend Schaden wird es Ihnen gewiß nicht; wozu es aber noch ein- mal nützen kann, das weiß man nicht; denn es ist ein alter Spruch: Handwerk hat einen goldenen Boden." Der junge Graf lächelte und nahm das Eisen und den Hammer. Das ging nun freilich Anfangs etwas ängstlich und unbeholfen her; aber ein gewisser edler Stolz, etwas Angefangenes auch durch- zuführen, und eine natürliche Freude an jeglicher Art von Ue- bung ließ den jungen Herrn nicht eher ruhen, als bis er mit einer ziemlichen Behendigkeit einen Nagel vollenden konnte. Das füllte denn manche seiner müßigen Stunden aus und machte dem Schmiede trotz des Zeitverlustes eine herzliche Freude. Der junge Graf hatte eben nach dem Tode seines Vaters die reiche Erbschaft angetreten, als ihn schwere Kriegesunruhen auch schon wieder von seinen Gütern vertrieben und ihn nö- thigten, schnell und heimlich aus dem Lande zu flüchten. Die wenige Baarschaft, welche er mitnahm, war bald verzehrt, und seine Schicksale drängten sich so, daß er in einem kleinen Dorfe seinen Aufenthalt zu nehmen gezwungen war, und auch dort zuletzt nicht mehr wußte, wie er sein Leben fristen sollte. Es war an einem späten Abende, als er trübselig über die Land- straße hinwanderte und sich seiner düstern Stimmung ganz überließ. Da sah er das helle Feuer einer nahen Schmiede und hörte

7. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 17

1854 - Münster : Aschendorff
17 den Papieren des Gestorbenen hatte sich die Nachricht von dem Ankäufe jener Edelsteine vorgefunden. Weil sie sich nun nicht fanden, so fiel der Verdacht der Entwendung auf den Bedien- ten, der um den Herrn gewesen war. Derselbe wurde einge- zogen, entsprang aber bald; desto größer ward der Verdacht, der jetzt aber glücklich gehoben war. Der Herr bot nun dem ehrlichen Schreiner eine große Be- lohnung an; dieser aber erklärte: „Dafür, daß ich nicht stehle, nehme ich kein Geld! Gerathe ich einst in Noth, und wollen Sie mich dann unterstützen, so will ich Ihnen für Ihre Güte danken." Bis zu Thränen gerührt drückte der Herr dem Schrei- ner die Hand und sprach: „Edler Mann, der Himmel segne Sie!" 27. Die zwei Wanderer. Zwei Wanderer zogen einsam über Land. Als sie unterwegs ausruheien in einer Herberge, erscholl plötz- lich ein Geschrei, dass im Dorfe eine Feuersbrimst sei. Da sprang der eine Wanderer auf, warf Stab und Bündel von sich, um eilends zu helfen; der andere aber hielt ihn zurück und sprach: „Wesshalb sollen wir liier verzögern? Sind nicht Hände genug zum Helfen? Was k&mmern uns die Fremden?“ Aber jener hörte nicht auf diese Reden, sondern lief hinaus zu dem brennenden Hause; nun folgte der andere langsam nach, und stand und sah zu von Ferne. Vor dem brennenden Hause aber stand eine Mutter wie erstarrt und rief: „Meine Kinder! meine Kinder!“ Als der Fremdling solches hörte, sprang er in das bren- nende Haus zwischen die krachenden Balken, und die Flamme schlug um ihn her und über ihm zusammen. Das Volk aber rief: „Der ist verloren!“ Als man aber harrete, siehe, da trat er hervor mit versengtem Haar, trug zwei Kindlein auf den Armen, und brachte sie der Mut- ter. Da umarmte sie die Kinder, und fiel dem Fremdling zu biissen; dieser aber hob sie auf und tröstete sie, und unterdessen stürzte das ganze Haus zusammen. Als nun sein Gefährte sagte: „Wer hiess dich doch, ein so küh- nes Wagstück zu beginnen?“ da gab er zur Antwort: 2

8. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 46

1854 - Münster : Aschendorff
46 Augen. Wenn sie mich manchmal Abends schon im Bette eingeschlafen glaubte, wachte ich noch, und horchte auf das Schnurren ihrer Spindel und ihren rührenden Gesang; denn sie saß spät auf, ihr Brod in Ehren zu verdienen. Der An- blick meiner holdseligen Mutter, wenn sie so bei Lampenschein vor sich hin sang und spann, rührte mich oft bis zu Thränen; warum, das weiß der liebe Gott gewiß, zu dem ich wohl zu- hörend mit kindlichem Herzen für sie gebetet habe. Einmal weiß ich, daß ich gar sehr weinen mußte, als ich sie Nachts bei ihrem Nocken so vor sich hin fingen hörte, da fing eine Nachtigall vor unserm Fenster auch an zu singen; es war schon sehr spät und der volle Mond schien klar und hell. Meine Mutter aber hörte nicht auf zu singen und sang das Vögelein und sie zugleich. Da habe ich zum ersten Male Traurigkeit empfunden und kindische Sorgen um den Ernst des Lebens gehabt, die ich wohl noch fühle, aber nicht auszuspre- chen vermag, da habe ich mich auch leise im Bette aufgerich- tet und meiner Mutter zugehört. Besonders traurig aber kam es mir vor, daß der Vogel und meine Mutter zugleich sangen und doch nicht recht mit einander, und hätte ich damals wohl wissen mögen, ob der Vogel auch in seinem Gesänge meiner Mutter gedächte.. Ich fragte sie darum mit den Worten: Mutter, was singt denn die Nachtigall dazu? Da sagte sie: Die Nachtigall lobet Gott, also thue ich auch. Aber Johannes, warum wachst du? Schlafe, du mußt morgen früh heraus und mit mir nach Kloster Arn- stein gehen; wenn du nicht schläfst, so nehme ich dich nicht mit. Da löschte sie die Lampe aus, und trat vor mein Bettlein und machte mir das Zeichen des Kreuzes auf Stirn, Mund und Herz und küßte mich, und da ich fühlte, daß sie weinte, schlang ich meine Arme um ihren Hals und drückte ihr Antlitz fest an das meinige, und da weinten wir Beide. Ich fragte sie aber: O liebe Herzmutter, was weinest du, und warum machst du mir nochmals das Kreuz! ich habe ja schön gebetet. Lieber Johannes, sprach sie hierauf, ich mache dir immer das Kreuz und küsse dich, wenn ich schlafen gehe, und bete dabei, daß dir Gottes und deiner Mutter Segen in der Nacht zu Gute kom- me; aber du hast bisher immer schon geschlafen, wenn ich es

9. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 23

1854 - Münster : Aschendorff
23 Was willst du damit machen? fragte Franziska den Uhr- macher. Eine Uhr sott das werden, liebes Kind, erwiederte der Mann sehr freundlich. Ei, meinte Franziska, daran kannst du lange arbeiten. Wie willst du nun damit fertig werden, alle diese Schrauben und Räderchen zusammen zu fügen? Ge- duld überwindet alle Schwierigkeiten, sagte der Uhrmacher, und wenn du ein Stündchen bei mir bleiben willst, so sollst du sehen, wie die Uhr fertig wird. Franziska blieb, und sah der Arbeit des fleißigen Mannes zu. Er ergriff mit seinen Werkzeugen ein Rädchen nach dem andern, eine Schraube nach der andern, und fügte Alles mit Geduld und Ruhe zusammen. Paßte dies oder jenes nicht, so feilte und versuchte er geduldig so lange, bis jedes Ding in Ordnung kam. Nichts übereilte er, sondern arbeitete sorgfäl- tig und genau, und siehe da! ehe eine Stunde vorüber war, wurde die Uhr aufgezogen, und ging tik! tak! tik! tak! wie am Schnürchen. Siehst du wohl, liebes Kind, sprach der Uhrmacher, daß man mit Geduld und Fleiß Alles wohl zu Ende bringt. Gut Ding will Weile haben. Franziska schwieg, aber sie vergaß die Lehre nicht, die sie erhalten hatte. Als sie mit der Mutter wieder nach Hause zurückgekehrt war, arbeitete sie fleißig an ihrem Teppiche und bemerkte mit Freude, daß er jeden Tag weiter vorrückte. Ehe des Vaters Namenstag kam, war er vollendet. Wie vergnügt war Franziska, als sie sah, wie sehr der Vater sich über das Geschenk freute. 33. Das Wundevkästcbcit. Eine Hausfrau hatte in ihrer Haushaltung allerlei Un- glücksfälle , und ihr Vermögen nahm jährlich ab. Da ging sie in den Wald zu einem alten Einsiedler, erzählte ihm ihre be- trübten Umstände und sagte: „Es geht in meinem Hause ein- mal nicht mit rechten Dingen her. Wißt ihr kein Mittel, dem Uebel abzuhelfen?" Der Einsiedler, ein fröhlicher Greis, hieß sie ein wenig warten, brachte über ein Weilchen ein kleines, versiegeltes Kästchen und sprach: „Dieses Kästchen müßt ihr ein Jahr lang,

10. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 68

1854 - Münster : Aschendorff
68 Fürstin ließ ihn sogleich vor sich kommen und freute sich sehr, ihn wiederzusehen. Sie unterhielt sich einige Stunden mit ihm, und auch der König, der dazu kam, nahm Antheil an dem Gespräche. Die Königin fragte ihn endlich, ob er denn kein Anliegen habe, indem sie sich nicht vorstellen könne, daß er so ohne allen besonderen Zweck die weite Reise unternommen habe. Allein er versicherte, er brauche nichts, sondern habe sein gu- tes Auskommen, und der einzige Beweggrund seiner Reise sei gewesen, seine ehemalige Schülerin noch einmal wiederzusehen. Der König machte ihm hierauf den Vorschlag, daß er die Merkwürdigkeiten Berlins besehen und um ein Uhr sich wieder einfinden und zu Mittag mit ihm essen sollte. Der alte Mann wollte aber das Anerbieten nicht annehmen und entschuldigte sich. Allein der König wiederholte es ihm in vollem Ernste und sagte ihm noch, sie seien ganz allein, er solle nur kom- men. Der Lehrer fand sich auch wirklich zur bestimmten Zeit ein und aß mit an des Königs Tafel. Als sie aufstanden, übergab ihm die Königin ihr mit Edelsteinen eingefaßtes Bild- niß und sagte zu ihm: „Nehmen Sie, mein lieber, alter Leh- rer, diese Kleinigkeit zum Andenken von Ihrer ehemaligen Schülerin, die sich recht herzlich freut, ihrem Lehrer noch ein- mal danken zu können!" Der alte Mann im höchsten Grade überrascht und gerührt, konnte keine Silbe hervorbringen; einige Thränen, die ihm über die Wangen herabrollten,, zeigten zur Genüge seine dankbaren Gefühle. Der König sagte ihm hierauf noch, es sei dafür gesorgt, daß er, sobald es ihm beliebe, von Berlin nach Darmstadt mit Ertrapoft frei zurückreisen könne. 58. Unser Vaterland. Kennt ihr das Land, so wunderschön In seiner Eichen grünem Kranz, Das Land, wo auf den sanften Höh'n Die Traube reist im Sonnenglanz? Das schöne Land ist uns bekannt; Es ist das deutsche Vaterland. Kennt ihr das Land, vom Truge frei. Wo noch das Wort des Mannes gilt. Das gute Land, wo Lieb' und Treu' Den Schmerz des Erdenlebens stillt?
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