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1. Kreis Büdingen - S. 2

1914 - Gießen : Roth
2 Heimatkunde des Erzherzogtums Hessen. Nr. 10. Seine Lage und Begrenzung. Der Xreis Büdingen breitet sich im Südosten der Provinz Gberhessen zwischen den Tälern der Bracht und Gründau einerseits und dem Horloff- tale anderseits aus. Nur wenige Ortschaften auf dem rechten Horloffufer gehören hierher. Im Osten bildet die Bracht für kurze strecken die Scheide Zwischen hessischem und preußischem Gebiet, sonst fehlt jede natürliche Ve- grenzung.*) Die Landschaft. von Gelnhausen zieht sich ein Waldstreifen in nordwestlicher Dichtung über Berg und Tal, der mitunter eine Breite von 1 2 Stunden einnimmt. Tief eingeschnitten sind hier die Täler, rasch der Lauf der Bäche, in der !^e- gel von schmalen Wiesenstreifen umsäumt. Die Buche bildet den Haupt- bestandteil der weit ausgedehnten Waldungen. Diese Waldzone teilt den ganzen Kreis in zwei ungleiche Teile, von denen der größere, südwestlich gelegene, allmählich verflachend sich dem Maintal und der Wetterau zu- senkt, während der kleinere, nordöstlich gelegene, mehr gebirgiger Natur ist. Ersterer wird vom Volke als „Wetterau", letzterer als „Vogelsberg" bezeichnet. Hlle Ortschaften dieser Wetterau liegen in einer höhe von wem- ger als 200 m, diejenigen des Vogelsberges liegen höher als 200 m über dem Meeresspiegel, so daß man die Waldzone auch als 200 Metergrenze bezeichnen kann.. Zwar finden sich in dem tiefer gelegenen Teile zu feiten der Flüßchen auch noch einige ganz ansehnliche Höhenrücken, und hie und da erheben sich noch steile Vasaltkuppen, wie der^ Ronneburger Wald, der Graue stein, die Harbeck, der Vüöelsheimer Wald, die Glauburg und das Enzheimer Aopfchen, von denen man bei klarem Wetter herrliche 5lus- sichten genießt. .Kber doch ist der ganze Tharakter der Landschaft, die Boden- art, wie auch die ganze bäuerliche Betriebsweise hier in dem klimatisch mehr bevorzugten Teile wesentlich anders als im Nordosten des Kreises. Dort an den hängen der mächtigen Gebirgsrücken, wo die ^eldbereinigung bis jetzt noch keinen Eingang gefunden, hat sich der alte Tharakter der Gebirgslandschaft unverfälscht erhalten. Langgestreckt ziehen sich zwischen den einzelnen Grundstücken die Dorn- und haselnußhecken hin, den gefie- derten Sängern der Natur reichlich Nistgelegenheit und Schutz vor den Nach- stellungen ihrer Heinde gewährend. Und hoch erheben sich dort noch einige waldbekrönte Berge, wie der lieckenstein bei Bindsachsen (396 m), der Orlesberg bei Hitzkirchen (362 m), der Galgenberg bei Wenings (390 m) und der Hemberg zwischen Wenings und Oberseemen (454 m). Nur der westliche Teil des Kreises, die Gegend von Berstadt und Tchzell, ist ganz *) Gib die Grenze nach der Karte an!

2. Kreis Büdingen - S. 29

1914 - Gießen : Roth
Kreis Büdingen, bearbeitet von R. Heusohn. 29 [eile Heegheim und das durch seine ausgedehnten Kirschenanlagen berühmte Pfarrdorf Rodenbach, hunderte von roohlgepslegten Kirschbäumen schmücken hier die Bergeshänge und bilden für die Bewohner eine ergie- bige Einnahmequelle. Man schätzt den durchschnittlichen Erlös für Kirschen jährlich auf 18—20000 Mark. Nicht weit von da liegt der Hof Oppek- Hausen mit bemerkenswertem Obstbau. Auf der linken Leite der Nidda breiten sich die beiden Dörfer Ober- und Nieder-Mockstadt aus, welche weit und breit durch ihren Zwiebelbau bekannt sind. !?ieder-l!?ockstadt war unter ysenburgischer Herrschaft Gerichtsort' das ehemalige Kmthaus ist vor eini- gen Jahrzehnten in Privatbesitz übergegangen, von der „Lauenburg", einem Berge bei dem Pfarrdorf Ober-Mockstadt, berichtet die 5age, daß hier in alten Zeiten eine Burg gestanden, deren Besitzer den Kaufmanns- zügen ,,aufgelauert" und sie dann beraubt hätten. In dem nahen lvald- distrikt Holsachse lag das ausgegangene Dorf Holzsassen. Iii. Nidda und Umgebung. Es ist nicht Zufall, daß der westliche Teil des Kreises von jeher ein begehrter Strich Landes war. Venn soweit das Auge reicht, lachen dem Wanderer hier in fruchtbarer Ebene üppige Getreidefelder und reichtragende Obstgärten entgegen, grüßen ihn wohlhabende, schmucke Dörfchen und freundliche Städtchen. Zwei wasserreiche Flüßchen durchziehen die Gegend in müdem Laufe: Nidda und Horloff, zwischen deren weitgespannten Tälern sich ein breiter Höhenrücken ausbreitet, reich mit ll)ald bestanden. 5ln seinen hängen hat man hier und da Basaltbrüche angelegt, und mächtige Felsen findet man im weiten lvalde. Einer dieser Steinbocke irrt ,,Königswalde" heißt „6er wilden Frauen Gestühl". Er ist viele Fuß lang und zeigt Spuren von Bearbeitung; viele meinen, er sei ein Gpferstein aus vorgeschichtlicher Zeit. Nach der Sage sollen hier einst drei wilde Menschen, in Tierfelle ge- kleidet, gelebt haben und der Schrecken der Gegend'gewesen sein, bis nach dem Tode des Mannes und des Kindes die Frau in Dauernheim eingefangen worden sei. Die Seelen dieser Drei sollen aber bis auf den heutigen Tag hier umgehen. Ein anderer Teil des Höhenzugs, nahe bei Dauernheim, heißt die Kltenburg. Große Steinhaufen bedecken die Bergkuppe, und be- deutende Schätze sollen, so berichtet uns der Volksmund, im Innern ver- graben liegen. Und besondere Schätze birgt auch tatsächlich der ganze höhen- zug. Einst standen hier große Waldungen, die von gewaltigen Erdmassen überdeckt wurden und verkohlten. Es bildeten sich Braunkohlenlager, deren Produkte in der Nähe von Geih-Nidda bis zum Jahre 1865 ausgebeutet und verwertet worden sind. Und dann, welcher Segen entströmt dem höhen- zug da, wo der Badeort Salzhausen sich ausbreitet. Natur und Kunst Haben

3. Kreis Büdingen - S. 34

1914 - Gießen : Roth
Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 10. Siedelung am Vach, wo die Hpfel wachsen) - denn der Ort gehört zu den obstreichsten Gemeinden des Kreises. Vis zu Anfang des vorigen Iahrhun- derts war er ,,dreiherrisch": ^6 ysenburgisch, 2/6 hessisch, 3/e stolbergisch, und noch jetzt redet man hier von „ysenburgwen", „hessischen" und ,,stol- bergischen Häusern", welche in dem Lfsolderbacher Markwalde gewisse Be- rechtigungen haben. 5luch Uonradsdors, im Volke ,,Konradskloster" genannt, hat weit aus- gedehnte Obstanlagen aufzuweisen. Der Gutshof gehört zu den hessischen Hausdomänen und ist verpachtet, von dem alten Kloster, das um 1580 aufgehoben wurde, als die letzten Nonnen ausgeschieden waren und sich ver- ehelichten, stehen nur noch zwei Gebäude, das Gotteshaus mit alten Grab- steinen und das sogenannte Nonnenhaus, welches jetzt als Scheune benutzt wird. Konradsdorf ist Sitz einer (vbersörsterei. Über Zelters hin, dessen Name*) uns erzählt, daß die hier zutage tretenden Salzquellen schon seit alten Zeiten bekannt waren, erblickt man das stolz dreinschauende Orten- berg, den ,,Grt am Berg", überragt von dem Schloß des Grasen von Stol- berg-Noßla-Grtenberg. von den mittelalterlichen Befestigungsanlagen des Städtchens sind noch ansehnliche Neste zu sehen.' Teile der Stadtmauer, mehrere Türme und vor allem das hohe gotische Gbertor. Sehenswert ist auch die in der Nähe stehende gotische Stadtkirche und das stattliche, kurz vor dem 30jährigen Kriege (1605—1608) erbaute Rathaus. Seit vielen Jahrhunderten ist Ortenberg bekannt durch seinen ,,kalten Markt", der im herbste jeden Jahres abgehalten wird, früher gab sich da Jung und Hit aus der ganzen Gegend ein Stelldichein,' doch in der Neuzeit hat er außerordentlich viel an Volkstümlichkeit verloren. Ortenberg ist jetzt noch Sitz eines Amtsgerichts und einer stolbergischen Nentkammer. In der Nähe der Stadt sind Sandgruben, Sandstein- und bedeutende Basaltsteinbrüche. Großartige, vor Jahren angelegte staatliche und herrschaftliche Obstbaum- Pflanzungen in der Umgebung werden Ortenberg in absehbarer Zeit zur ,,Obstkammer des Kreises Büdingen" machen. Einen hübschen Blick genießt man von der Stadt aus auf das gegenüberliegende Wippenbach und das am jenseitigen Bergeshang zerstreut liegende Eckartsborn, von dem der Volksmund sagt: „(Eckartsborn hat der Teufel aus dem Sack verlor'n", als er aus dem Vogelsberge weichen und über die Berge flüchten mußte. Droben, wo Hillersbach und Nidder sich vereinen, liegt auf einem Berg- rücken zwischen beiden Bächen das kleine Städtchen Lihberg, bekannt durch die Zerstörung durch die Franzosen 1796. Sein Schloß, einst der Sitz eines edlen Geschlechtes, der Herren von Liebesberg oder Lißberg und nach ihnen derer von Nodenstein, ist längst in Trümmer gesunken,' nur die beträcht- lichen Neste der Umfassungsmauer und der 27 m hohe Bergfried, das „£iß- berger Krautfaß" genannt, zeugen von verschwundener Pracht. Überm Berg *) 1311: Seltirse, d. i. Ort, wo salziges Wasser ist.

4. Kreis Büdingen - S. 37

1914 - Gießen : Roth
Kreis Büdingen, bearbeitet von K. Heusohn. 37 gießerei, deren Anfänge schon 1568 vorhanden waren. Die Veranlassung zur Anlegung der „Schmelze" hier am Zusammenfluß des Gederner Baches mit der Nidder mar wohl durch das Vorhandensein bedeutender Wasser- Massen, durch das Auffinden reicher (Eisensteinlager in der Umgegend sowie durch die Nähe unermeßlicher Wälder, welche das zum verkohlen nötige holz lieferten, gegeben, heute hat das Werk durch die Herstellung von Dauerbrandöfen und seinen Emaillewaren einen Weltruf erlangt, viele seiner Arbeiter wohnen im Dorfe selbst, aber auch von den Nachbarorten Lißberg und Usenborn, Gelnhaar, Merkenfritz u. a. kommen viele hierher. Besonders der letztere Ort, der nach dem 30jährigen Kriege nur aus einigen Mühlen bestand, verdankt sein Wachstum dem hirzenhainer Hüttenwerk. Dieser Ort hatte früher mit Wenings und Wernings eine gemeinsame Mark, erst seit 1849 hat er eigenes Gemarkungsrecht. Wernings, heute bekannt durch seine Provinzial-Iungviehweide, war ehemals ein Dörfchen, das zur Zeit des 50jährigen Krieges einging. Doch bald danach ließ es Graf Wil- Helm Moritz von Hsenburg-Birstein wieder aufbauen und gewährte den Kn- siedlern besondere Vergünstigungen. 5lber trotz alledem konnten ihre Nach- kommen nicht zu Wohlstand gelangen. Die drückenden Schulden aus den unseligen Kriegszeiten, Mißwachs und Teuerung in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts brachten die Bewohner im Jahre 1842 dahin, daß sie Hab und Gut an den Grafen von Solms-Laubach verkauften und im folgenden Jahre, 156 Köpfe stark, nach Nordamerika auswanderten, wo sie im Staate Illinois eine neue Heimat fanden, Hn der Stelle, wo vordem der Pflug seine Furchen zog, breitet jetzt der schweigsame Wald seine weiten Aste aus, nur ein kleiner Teil der Gemarkung ist als Vieh- weide in Benutzung. Aber die guten Werningser haben im fernen Westen ihre alte Heimat nicht vergessen. Noch leben einige, und aus all ihren Briefen klingt noch jetzt die Sehnsucht durch nach der heimatlichen Flur mit ihren Hecken und Nainen, mit ihren Gbst- und Waldbäumen, nach dem wonnigen Lande ihrer Jugend. Sie haben erst in der Fremde schätzen ge- lernt, was ihnen ihre deutsche Heimat war.

5. Kreis Büdingen - S. 32

1914 - Gießen : Roth
32 Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 10. wobei 83 Gebäude eingeäschert wurden. Die Bewohner des nahen Vorfes Heuchelheim treiben durchweg Landwirtschaft. Fast zusammengebaut mit Gettenau ist das Pfarrdorf Echzell, das aus einer römischen Siedelung her- vorgegangen ist. Huf den Grundmauern der mittelalterlichen Burg steht jetzt,das Besitztum der Herren von garnier. Zweimal ist der Grt durch ge- waltige Feuersbrünste heimgesucht worden, 1634 und 1706. Das einemal verlor er 115 Häuser, das anderemal 350 Gebäulichkeiten. Aber Fleiß und Sparsamkeit und der gesunde Sinn seiner Bewohner haben es dahin ge- bracht, daß das Dorf immer wieder schöner erstand denn zuvor. Seine Kirche, eine der drei Mutterkirchen der fuldischen Mark, ist ein beachtenswerter Bau, der in seinen hauptteilen wohl im 13. Jahrhundert errichtet, später aber umgeändert wurde. Echzell ist weithin bekannt durch seinen Kartoffel- bau und Handel sowie sein vorzügliches Mineralwasser. Letzteres kommt von Grundschwalheim oder den Tchwalheimer Hosen, welche eine halbe Stunde talaufwärts an der Horloff liegen. Grund-Schwalheim war ursprünglich Deutschordensgut und zur Kommende Schiffenberg gehörig. Nach der Kufhebung des deutschen Ordens durch Napoleon I. (1809) kam es an das Großherzogtum Hessen. Zu den wohlhabendsten Grten des Kreises gehört das weiter nordwestlich gelegene Berstadt, wo ebenfalls eine der drei Mutterkirchen der fuldischen Mark war. Die jetzige Kirche stammt in ihren hauptteilen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Im Mittelalter hatte der Grt ein eigenes (fuldisches) Gericht' etwa seit 1300 kam er durch Verpfändungen in die Hände verschiedener Herren, bis er 1570 durch Kauf an Hessen-Marburg überging, 1604 fiel er an Hessen-Darmstadt. von der mittelalterlichen Grtsbefestigung ist nichts mehr wahrzunehmen. Nahe bei Unter-Widdersheim steht im Felde ein merkwürdiger Stein, mehrere Me- ter hoch, der ,,Kindchesstein" genannt, wohl ein Malstein aus altgermani- scher Zeit' das ,,Massohl" am pfahlgraben ist eine alte Nömerstätte. Das talaufwärts liegende ehemalige Gerichtsdorf Ober-lviddersheim, überragt von seinem malerisch gelegenen, dem 13. Jahrhundert entstammenden Kirch- lein, birgt mehrere alte, beachtenswerte Holzhäuser mit hübschen Schnitzereien. Der Grt hat in neuerer Zeit durch seine blühende Basalt- industrie und seine Bierbrauerei wieder größere Bedeutung gewonnen. Ein wohlhabender Grt ist auch das Filialdorf Borsdors, das sich durch seinen Gbst- und Getreidebau auszeichnet. Nicht weit davon liegt im Walde das Forsthaus Glaubzahl. Iv. Ortenberg und Umgebung. Zu den schönsten Gegenden unseres gesegneten Hessenlandes gehört un- streitig das liebliche Niddertal. Zwischen frischgrünen Wiesen, reich mit Blumen übersät, windet sich der fischreiche Bach hin, anfangs jugendlich feurig über Steine hinspringend, später bedächtig langsam hinfließend und

6. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 42

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
42 Eine Donaureise. Über all dem ist ein Hauch von Romantik wie dort an den Stromwinduugen zwischen Rüdesheim und St. Goar. Dann ändert sich das Bild. Wir rasten auf der Höhe des Leopoldsberges bei Wien und gewähren der Einbildungskraft ihr abwechslungsreiches Spiel. Was hat diese Höhe nicht alles gesehen: vom ockerbemalten Troglodyten, der in den Sandsteinklüftnngen der Um- gebung hauste, als das weite Marchfeld uoch von den Fluten eines Binnenmeeres bedeckt war, bis zur aus- gelassenen Sommerlust der iu den benachbarten Buchen- beständen sich tummelnden Wiener Ausflügler. Dieselbe Höhe hat auch auf die im Strome schwimmenden Wacht- schiffe der Römer herabgefchaut, alsdann auf die aus den unermeßlichen Wäldern des Nordens hervorschwärmen- den Horden, später ans die Hunnen und Magyaren, Kreuzfahrerheere und schwedische Schwadronen, zuletzt auf die brennenden Dörfer, in welche die Banden des Großsultans die Brandfackel geschleudert hatten. . . . Wo uoch in halbvergangener Zeit ein Archipel von Busch- iuseln im Nebel der Ferne sich verlor und schlangen- förmig gewundene Stromarme träge dahinfchlichen, fällt der Blick anf das schnurgerade, breite, mächtige Bett des gebändigten Stromes, eines der großartigsten Hydro technischen Werke des Jahrhunderts. Draußen reihen sich die friedlichen Dörfer aneinander, dazwischen zieht der Ranch der Lokomotiven, in dein sonnbeglänzten Bo- den aber liegt der Staub der Mammuthjäger und rosten keltische Schwerter. Ganz allmählich gleiten wir auf den lautlosen Wellen aus der abendländischen Kulturwelt in den mor- genländischen Zauberkreis. Der Douauwalzer schwimmt unmerklich in den Hnnyadi-Marsch hinüber, und das Feuer des letztern verflüchtet in die monotonen Rhyth- men der Gnsla, die dem einförmigen serbischen Helden- lied so trefflich auf den Leib geschnitten ist wie das graue Schilfmeer der Strommündung der euxinischeu Wasserwildnis. . . . Aber soweit sind wir noch nicht.

7. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 44

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
44 Eine Donaureise. schwermütige Ernst der scheinbaren Unendlichkeit zu- kommt. Hier liegt die farbige Welt des Orients offen ausgebreitet. Eine Fülle des Lichtes ergießt sich ans dem Osten über das unermeßliche Tiefland, das einst Meeresboden war, und dessen Erscheinungen so vielfach an die sturmbewegte Wasserfläche erinnern: zuvörderst die Flnt des goldgelben Halmenmeeres, alsdann das wellige Land, znletzt der im Sandsturm sich verfinsternde Gesichtskreis. In der Glnt des Hochsommers färbt sich der Horizont silbergrau; zwischen dem dürren Boden und dem verschleierten Himmel spannt sich ein seidenes Gewebe, ans welchem Seenspiegel und Haine, Dörfer und Kirchtürme, Windmühlen und einsame Schenken in flüchtiger Verschwommenheit hervorwachsen, — seltsam und gespenstig, unstet in der bleiernen Luft schwankend wie ein Zauberspuk der Feen. Die Fatamorgana des Tieflandes gaukelt uns ihre Schemen vor. Das ist der Orient: wir seheu ihn, wir suhlen ihn, er flimmert uns vor den Augen. Die Donau von Budapest ab ist der Faden, der in die wundersame Welt des Ostens führt. Gleich einem der Ströme des fernen tnranischen Tieslandes gleitet die Donau zwischen deu vereinsamten Ufern dahin, ein Bild der Schwermut, welche von den Dingen ausgeht, an denen das Große und Mächtige die Stelle der zarten Idylle, der gestalten reichen Romantik einnimmt. . . . Alles um uns hat etwas Trauniverschlasenes: die kaum merkbar sich vor wärts schiebende Flnt, der niedrige Ufersaum, an den unvermittelt die Unendlichkeit anzuschließen scheint; die Wildnis der Strominseln mit den schleichenden Seiten- armen, um welche das Wasserwild flattert; das slitterige Licht an dem breiten Strome, an dessen Ufern durch Jahrhunderte die Reiterscharen sich tummelten, welche das ferne Asien ausgespieen hatte. Die alten Hellenen nannten Böotien „den Tanzplatz des Ares". Weit zu treffender gilt dies von dem Tieflande zwischen den Kar- pathen und dem Balkan, dem großen Schlachtselde der Völkerstürme des Mittelalters.

8. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 69

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Der Harz. b-> 12. Der Harz. Aug. Trinius: Alldeutschland in Wort und Bild. Eine malerische Schilderung der deutschen Heimat. 2. Aufl. Berlin, Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung. S. 1—8. (Gekürzt.) Wer vom Norden Deutschlands sich dem Harz nähert, dem mutz dieses herrliche Waldgebirge wie eine stolze, grüne Ehrenpforte wohl erscheinen, durch welche er schreitet, um dann jenseits derselben immer neue, wechselnde Herrlichkeiten des deutschen Vaterlandes be- wundernd zu schauen. Der Harz ist das nördlichste aller deutschen Gebirge. Von hier ab streicht in immer mehr besänftigten Wellenlinien das norddeutsche Tiefland zum Meeresstrande hin. Vielleicht eben deshalb auch, weil es gleichsam hier zum Abschied geht, hat sich im Harz noch einmal all die Schönheit und der romantische Zauber deutscher Wald- und Bergespracht verdichtet und zusammengedrängt. Was andere deutsche Gebirge im einzelnen charakterisiert: wogende Laubmassen, ernste Tannennacht, wildzerrissene Felsenwelt und öde, un- fruchtbare Hochfläche, liebliche Talgründe und maje- ftätifche Bergwände, durch welche der Wildbach sich donnernd seinen Weg über Geröll und Granitblöcke zu Tale sucht — dies alles finden wir auf verhältnismäßig engem Räume. Und dazu gesellt sich ein Reichtum von Sagen und geschichtlichen Erinnerungen, wie solche nur wenige andere Gebirge aufzuweisen haben. Hirten und Bergleute, Köhler und Jäger sind ja die treueften Bewohner der Volkspoesie mit ihrem Sagenschatze. Aus zahlreichen Schlössern und Ruinen, Kapellen und sonstigen Stätten umtönt es uns von Erinnerungen an ferne deutsche Kaiserzeit, an die Jugendjahre unseres Vaterlandes. War doch der Harz der liebste Jagdgrund der alten, mächtigen Sachsenkaiser! Hier gründeten sie Städte und bauten Pfalzen, hier saßen sie am Vogelherd oder jagten das reißende Getier der unwirtlichen, weiten Wälder. Immer wieder kehrten sie hierher zurück, sich

9. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 70

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
70 Der Harz. auszuruhen von Krieg und Weltgetümmel, im grünen Harz den Glanz der Majestät so gern mit still sich freuen- der Menschlichkeit zu tauschen. Maler und Poeten haben immer wieder, angezogen durch die Reize dieses Gebirges, den Harz verherrlicht, dem Geschichtsforscher und Archi- tekten, dem Kunstgelehrten wie Geologen blieb er bis heute ein Arbeitsfeld reichster Ausbeute. Der Wanderer aber begrüßt ihn mit Jauchzen; er trinkt in vollen Zügen die frische Waldluft ein und klimmt den rauschenden Wildwässern entgegen hinan zu den Gipfeln, die Brust voll Sehnen, Begeisterung und Liederlust. Und kommt die letzte Wanderstunde, dann streift sein Blick noch ein- mal über die Kette mächtig ragender, grüner Waldberge hin, und er murmelt dankbar den alten Segensspruch des Harzes: „Es grüne die Tanne, Es wachse das Erz, Gott schenke uns allen Ein fröhliches Herz!" Reich hat die Natur den Harz gesegnet, nicht nur mit blinkenden Schätzen in seinem Berginnern, auch mit Schönheit und erhabener Bildnerkunst. Neben lyrischer Anmut lieh sie ihm ebenso Landschaftsbilder von bezwin- gender Größe, wie sie diesseits der Alpen kaum wieder angetroffen werden, und die uns mit Staunen und stillem Erschauern vor der unendlichen Schaffensgewalt der Natur erfüllen. Das hat sich unsere Neuzeit denn auch zu nutze gemacht und, die Bewunderung der herbei- strömenden Menschheit gründlich auszubeuten, mit roher Hand und brutaler Rücksichtslosigkeit den Schimmer ur- sprünglicher Schönheit vernichtet. Die Natur ward in Pacht genommen, „vermenscht", ihres hinreißenden Zau- bers für immer entkleidet. Nirgends hat sich im deutschen Baterlande die gemeine Gewinnsucht so breit gemacht als stellenweise iin Harz. Nur mit Mühe und unter Mitwirkung der Regierung ist es einem Häuflein deut- scher Männer gelungen, der letzten Verwüstung des Bode-

10. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 71

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Der Harz. 1 1 tales durch Zahnradbahn, überbrückung und elektrische Beleuchtung Einhalt zu gebieten. Im übrigen aber schreitet die Verhunzung dieses herrlichen Waldgebirges, das Piratentnm der Wirte in lind über dem Bodetale unaufhaltsam weiter. Mit stillem Ingrimm wendet sich der Naturfreund aus diesem Teile des Harzes, um nie- mals wieder dorthin zurückzukehren. Noch stehen ihm andere Striche des Harzes offen, wo er ungetrübter Freude sich hingeben dars, wo noch nicht jeder Zollbreit Landes der „Fremdenindustrie" versallen ist. Dort rauschen ihm noch einmal so wonniglich die Wälder Träume iu das Herz- in wilder Jugendlust hüpfen die Bäche an ihm vorüber, übermütig, ausge- lassen, lose Schelme, welche den alten Tannen Gischt und Demanttropfen in die graugrünen Zottelbärte schleudern, mit den Blumen am Ufer kosen, in der Sonne sich spiegeln, um endlich mit den Forellen um die Wette durch die Felsengasse abwärts zu Tale zu jagen. Und dann nimmt uns der düstere Fichtenwald aus. Regellos, phantastisch durcheinander gekollert, übereinander ge- türmt, ist aller Waldboden dicht mit Blöcken iu den abenteuerlichsten Formen besät. Da gibt es kein Aus- weichen, Abschneiden, seitwärts den Hang Hinauf- oder Hinabstürmen. Mehr als haushoch bauen sich oft die wunderlichen Geschiebe vor uns auf. Moos deckt sie, Farnkraut und junge Bäume schießen aus den Fugen hervor, und grünlich glitzernde Eidechsen sonnen sich be- haglich in der Mittagsglut. Aus der Tiefe kliugt Picken und Schürfen eines Steinbruchs. Dann folgt eine Waldhalle, wieder von unheimlichen Felsgestalten und jähen Klippen bewacht. Am Rande der Tannen, welche den freien Wiesensleck einsäumen, liegt ein rund zuge- spitztes Häuslein. Fichtenstangen find zeltartig zusam- mengelegt und mit Erde, Moos und Reisig dicht belegt worden. Die spitze des Baues krönt eine Art Storchnest, der schmale Eingang zur Hütte ist mit einer kleinen Vor- halle überdacht. Und treten wir näher und blicken hinein,
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