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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 42

1908 - Altenburg : Bonde
42 hoch gestiegen, denn die Finten hatten grossen Schaden getan. Am 7. Mai kam ein armer Leinweber, ein ehrlicher Meister aus dem Orte. Sein Gesicht sah vor Hunger und Grämen selber aus wie graue Leinwand. Er zählte ihm, damit der reiche Mann Geld sähe, für einen halben Scheffel 3 Taler 22 Groschen auf den Tisch. Die 22 Groschen bestanden aus Dreiern, Sechsern und Groschen, denn der Mann hatte alles zusammengesucht. Aber der Bauer sprach: „Euer Auszählen hilft Euch nichts; der Scheffel kostet 8 Taler, das ist mein Satz. Eher tue ich meinen Boden nicht auf.“ Des Bauern Söhnchen, ein Bürschchen von 10 Jahren, zupfte den Alten am Rock: „Vater, gebts ihm doch!“ Aber der Vater prägte ihm mit einem Rippenstofse andere Grundsätze ins Herz. Der Weher musste sein Geld zu- sammenstreichen und heimwandern. Den 8. Mai in der Abenddämmerung kam die Zeitung an. Einen Blick hinein, und der Bauer fand, was er finden wollte: Roggen 8 Taler. Da zitterten ihm die Glieder vor Freude. Er nahm ein Licht, ging auf den Boden und wollte über- sehen , wie viel er wohl verkaufen könne, und überschlagen, wie gross seine Einnahme wäre. Indem er so durch die Haufen und gefüllten Säcke hinschreitet, strauchelt er an einem umgefallenen, fällt selber, das Licht fliegt ihm aus der Hand und in einen Haufen Stroh, der daneben liegt. Ehe er sich aber aufraffen kann, steht das Stroh in hellen Flammen; ehe an Hilfe zu denken ist, hat das Feuer Dach- stuhl und Dielen ergriffen. Um Mitternacht an demselben Tage, wo der Scheffel Roggen 8 Taler galt, wo der Bauer auf seinen Satz gekommen war und seinen Boden geöffnet hatte, stand er am Schutthaufen seines ganzen Gutes als ein armer Mann. Ahlfeld. 46. Der Lotse. „Siehst du die Brigg dort auf den Wellen? Sie steuert falsch, sie treibt herein und muß am Vorgebirg zerschellen, lenkt sie nicht augenblicklich ein. Ich muß hinaus, daß ich sie leite!" - „Gehst du ins offne Wasser vor, so legt dein Boot sich auf die Seite und richtet nimmer sich empor." —

2. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 22

1908 - Altenburg : Bonde
22 4. Lehrjahre sind keine Herrenjahre. 5. Erst besinns, dann beginns! 6. Arbeit, Mäßigkeit und Ruh schließt dem Arzt die Türe zu. 26. Der beste Schatz. Im Jahre 1816 scheiterte an der klippenvollen Küste von Schott- land in einem heftigen Sturme ein schwedisches Schiff. Das Volk stand in großen Scharen am Strande, hatte ein Herz zu helfen und war auch sonst der Kämpfe mit dem ungetreuen Elemente gewohnt; aber durch diese wilden Wogen wagte sich kein Lotse hindurch. So ward denn ein Stück des Schiffes nach dem anderen weggerissen, und ein Mann der Besatzung nach dem andern sank in die kalte Tiefe; die Wellen wurden ihre Grabhügel. Nur ein Jüngling hatte sich mit Stricken vom Tauwerk an ein Stück vom zerbrochenen Maste gebunden. Die Flut trieb eine Weile mit ihm ihr Spiel; endlich warf sie ihn zwar noch lebend, aber ohne Bewußtsein an das Land. Das Volk kam gleich herbei, ihm hilfreiche Hand zu leisten, ihn von seinem Wrack loszubinden und den glimmenden Funken des Lebens wieder zur hellen Flamme anzufachen. Da bemerkte man, daß er sich mit eineni Tuche ein Bündlein fest um den Leib gebunden hatte. Es tauchte die Frage auf: „Was mag er darin haben?" Einer meinte: „Es ist sein Geld," ein anderer: „Es ist seine Uhr," ein dritter: „Es sind die Schiffs- papiere." Und alle hatten unrecht und doch auch recht. Es war das Geld, welches dann noch gilt, wenn alles andere seinen Gehalt ver- loren hat. Es war die Uhr, welche allein richtig zeigt, was es in uns und in der Welt an der Zeit ist. Es waren die Schiffspapiere, welche angeben, was unser Herzensschiff laden soll, wer der Steuermann sein und welchen Weg es nehmen soll, wenn es glücklich an der Küste des einigen ewigen Festlandes anlangen will. Als man das Bündlein öffnete, war eine viel gebrauchte Bibel darin. Der Vater des Jünglings hatte auf das erste weiße Blatt das Gebet geschrieben, der Herr wolle diese Mitgift dazu dienen lassen, daß sein Sohn vom ewigen Verderben errettet werde. Auf dem letzten weißen Blatte stand von derselben Hand die Erinnerung, daß der Sohn dies teure Buch zu einem steten Ratgeber machen solle, und zugleich das Bekenntnis, daß der Vater sein Kind nicht habe aus dem Hause lassen können, ohne ihm dies beste Unterpfand seiner Liebe mitzugeben. Ahlfeld.

3. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 258

1908 - Altenburg : Bonde
258 175. Die Hörnerschlittenfahrten im Riesengebirge. Ein Vergnügen eigner Art gewähren im Riesengebirge die Hörnerschlittenfahrten, die besonders an zwei Stellen, im Westen des Gebirges von den Bibersteinen und am Ostende von den Grenzbanden herab, ziemlich häufig unter- nommen werden. Schliessen wir uns einmal in Gedanken einem Schlittenzuge nach den Grenzbauden an, der seinen Ausgang von Hirschberg nach Schmiedeberg hin nimmt. Hier müssen wir unsere Schlitten verlassen und uns eines von den hier bereit gehaltenen Fahrzeugen mieten. Dies sind gewöhnliche Schlitten, wie man sie zum Anfahren des Holzes gebraucht; die Kufen biegen sich aber am Vorderteile wie Hörner aufwärts, daher der Name Hörnerschlitten. Notdürftig zur Beförderung von reiselustigen Personen hergerichtet, ent- behren sie natürlich aller Bequemlichkeit der Schlitten , deren man sich sonst zu Lustfährten bedient. Vor jedem dieser Hörner- schlitten ist ein Pferd gespannt, auf dem Fahrzeuge selbst aber nehmen zwei Personen Platz. Das gibt dann einen sehr langen Zug, wenn eine zahlreiche Gesellschaft diese Vergnügungsfahrt unternimmt. Langsam, Schritt vor Schritt, geht es nun hinter Schmiedeberg den steilen Gebirgshang hinan; die Reisenden sitzen mit dem Rücken dem Kutscher und dem Pferde, mit dem Antlitze aber dem Hirschberger Tale zugewandt. Der Genuss steigert sich mit jedem Schritte vorwärts. Je höher wir hinauf- gezogen werden, um so mehr erweitert sich der Blick in das Tal, bis wir es endlich in seiner ganzen Ausdehnung mit seinen zahlreichen Höhen und Ortschaften, eingehüllt in das reine Ge- wand des Schnees, vor uns ausgebreitet sehen. Nach einiger Zeit nimmt uns ein Gebirgswald auf. Wer ihn nur im Sommer gesehen hat, kennt ihn nicht wieder. In schmaler, tiefer Furche schleicht unser Fahrzeug den sich schlängelnden Weg hinauf, zu beiden Seiten an den seltsamsten Schneegestalten vorüber. Da steht ein steifer Herr mit einer Riesenperücke, dort ein riesiger Eisbär und daneben ein gewaltiger weifser Adler, lauter verzauberte Baumgestalten. Die feinen Eisnadeln, die sich bei feuchten Winden an die kalten Zweige anhängen, schmücken als Fransen aus Tausenden von kleinen Brillanten die Baum- kronen, von denen ein unbeschreiblicher Glanz ausstrahlt. Unter solchen Reizen wird uns die Bergfahrt bis hinauf zu den Grenz-

4. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 216

1908 - Altenburg : Bonde
216 15v. Die Lorelei. 1. Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, daß ich so traurig bin; ein Märchen aus alten Zeiten, das kommt mir nicht aus dem Sinn. 2. Die Luft ist kühl, und es dunkelt, und ruhig fließt der Rhein; der Gipfel des Berges funkelt im Abendsonnenschein. 3. Die schönste Jungfrau sitzet dort oben wunderbar, ihr goldnes Geschmeide blitzet, sie kämmt ihr goldenes Haar. 4. Sie kämmt es mit goldenem Kamme und singt ein Lied dabei, das hat eine wundersame, gewaltige Melodei. 5. Den Schiffer im kleinen Schiffe ergreift es mit wildem Weh; er schaut nicht die Felsenriffe, er schaut nur hinauf in die Höh. 6. Ich glaube, die Wellen verschlingen am Ende noch Schiffer und Kahn, und das hat mit ihrem Singen die Lorelei getan. Heine. 151. vor Binger Mäuseturm. Bei Bingen ragt mitten aus dem Rhein ein hoher Turm, von dem nachstehende Sage umgeht. Im Jahre 974 ward grosse Teurung in Deutschland, dass die Menschen aus Not Katzen und Hunde afsen und doch viel Leute Hungers starben. Da war ein Bischof zu Mainz, der hiess Hatto der Andere. Er war ein Geizhals, dachte nur daran, seinen Schatz zu mehren, und sah zu, wie die armen Leute auf der Gasse niederfielen und bei Haufen zu den Brotbänken liefen und das Brot nahmen mit Gewalt. Aber kein Erbarmen kam in den Bischof, sondern er sprach: „Lasset alle Arme und Dürftige sammeln in einer

5. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 219

1908 - Altenburg : Bonde
219 153. Rh ein fahrt. 1. Wimpel grüßen, Böller krachen, lustig schwimmen wir im Rhein; tiefe Boote, leichte Nachen wollen uns Geleite sein. 2. Wohl, nun geht es rauschend weiter, lachend Bild, wohin wir sehn, die Gestade grün und heiter und dahinter Rebenhöhn. 3. Städte mit den alten Zinnen laden gastlich uns herzn; Burgen, die verlassen sinnen, ragen einsam tief in Ruh. 4. Überall in trauter Nähe winkt ein ander Bild herbei; eh ich alles übersehe, ist es wie ein Traum vorbei. 151. Sonntags am Rhein. 1. Des Sonntags in der Morgenstund wie wanderts sich so schön am Rhein, wenn rings in weiter Rund die Morgenglocken gehn! 2. Ein Schifflein zieht auf blauer Flut, da singts und jubelts drein; du Schifflein, gelt, das fährt sich gut in all die Lust hinein? 3. Vom Dorfe hallet Orgelton, es tönt ein frommes Lied, andächtig dort die Prozession aus der Kapelle zieht. 4. Und ernst in all die Herrlichkeit die Burg herniederschaut und spricht von alter, starker Zeit, die auf den Fels gebaut. Greif.

6. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 276

1908 - Altenburg : Bonde
oder j Makler einsam durch die engen Straßen wandeln. Er weiß, was er sucht und wo er es zu finden hat. Er hebt den Deckel der einen oder der anderen Kiste ab, nimmt eine Handvoll aus ihrer stillen Be- hausung, riecht daran, prüft die Farbe, läßt die Teeblätter durch die Finger gleiten, schreibt sich eine Bemerkung in sein Taschenbuch und geht weiter, um dieselben Versuche bei einer anderen Pwktie zu wiederholew In das Innere der übrigen Warenhäuser werfen wir nur hin und wieder einen schüchternen Blick; es gelüstet uns für heute nicht mehr, Wanderungen zwischen endlosen Reihen von Kisten und Ballen zu unternehmen; aber im Vorübergehen können wir uns doch nicht erwehren, unser Auge über die fabelhaften Vorräte von australischer Wolle, von Seide aller Länder, von Farbehölzern, Tierhörnern, Banm- wolle, Baumstämmen, Gewürzen aller Art, Häuten, Leder, Zucker, Kaffee u. s. w. streifen zu lassen. Es ist, als ob die Ernte aller Erd- striche unverkürzt nach diesen Lagerplätzen gebracht worden wäre. So groß sind die aufgehäuften Massen, und so viel geht von Zucker, und Kaffee, S-pezereiew und dergleichen beim Öffnen und Umpacken der Kisten und Fässer verloren, daß das Kehricht der London-Docks für eine nam- hafte Summe verpachtet wird und daß der Pächter desselben in wenigen Jahren ein reicher Mann geworden sein soll. So reiht sich ein Warenhaus ans andere, und vor denselben ächzen Hunderte von Kranen unter ihrer Last, und Tausende von Arbeitern: Zimmerleute, Faßbinder, Lastträger, Makler und Dockbeamte rennen auf und ab, aus und ein; und im großen Bassin dicht bis an die Um- randung aneinander gedrängt liegen die Schiffe, auf denen Matrosen und Lastträger mit Ameisentütigkeit beschäftigt sind, Waren ans Land oder an Bord zu bringen. In keinem andern Hafen der Welt treiben sich so viele verschiedenartige Nationalitäten umher. Neben dem Holländer ankert der Kauffahrer aus Brasilien, mit Kaffee und Farbehölzern voll- geladen ; der Däne bringt sein Hornvieh ans Land; belgische und französische Schiffe laden Glas, Leder, Eier, Obst und Gemüse aus; der Amerikaner wälzt seine Tabakfässer und Banmwollenballen ans Land; russische und deutsche Ostseefahrer haben ihre Getreideladungen bereits in die Magazine untergebracht und warten auf Rückfracht; englische Fahrzeuge aus Indien, Australienkanada mwd—vom Kap ziehen durch die geöffneten Schleusentore; und wer eben keine Arbeit hat, vergnügt sich in seiner Weise, kocht, ißt, trinkt, sitzt oder träumt auf Verdecken und in Mastkörben, fiickt am Segel- oder Tauwerk und denkt der fernen Heimat und summt sich das Lied vor, das er am liebsten hat. Nach Falk.

7. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 277

1908 - Altenburg : Bonde
277 187. Der Heringsfang an der Küste von Norwegen. Der Hering erscheint und verschwindet jährlich dreimal mit bewunderungswürdiger Regelmässigkeit an der Küste von Norwegen. Der Hauptfang geschieht im Februar, wenn der Hering an die Küste kommt, um zu laichen. Es ist dies die Frühlings- fischerei; sie liefert die grösste Menge und die fetteste, grösste Art des Fisches. Die Fischer begeben sich Ende Januar auf die Inseln hinaus, mieten Hütten und Plätze, tun sich in Ge- sellschaften zusammen, lassen sich die Fischplätze an weisen, wo sie ihre Netze auswerfen sollen, und treffen Verabredungen mit dem Empfänger ihrer Ware. Nun erwarten sie die Herings- schwärme , denen sie voller Ungeduld täglich bis ins Meer ent- gegenfahren , um den langersehnten silberhellen Schein zu ent- decken, welcher das Nahen der Beute anzeigt. Noch ehe jedoch die Stunde schlägt, verkünden riesige und fürchterliche Wächter den Heranzug des Tieres. Einzelne Wal- fische streichen an der Küste hin und werden mit lautem Jubel begriffst; denn der Walfisch ist der sichere Verkündiger des Herings. Es ist, als habe er den Auftrag erhalten, den Menschen die Botschaft zu bringen, sich zum Angriffe bereitzuhalten. Sein Schnauben in der ungeheuren Wasserwüste, seine Wasser- strahlen, die aus den Wogen steigen, sind seine Sprache: „Gebt acht! wir liefern sie euch, seid bereit und fertig!“ Hat der Walfisch seine Sendung vollbracht, so jagt er zurück zu seinen Gefährten und hilft ihnen, den geängstigten Hering rascher gegen die Küste zu treiben, wo sich dieser zwischen die Inseln und Klippen drängt und, um grimmigen Feinden draussen zu entkommen, anderen noch schrecklicheren in die Hände fällt. Denn hier erwarten ihn die Fischer mit den Netzen. Ist der Fang gut, so steckt in jeder Masche des Netzes auch ein Fisch. Seine Menge ist so ungeheuer, dass sie zuweilen eine Wand bildet, welche bis auf den Grund des Meeres hinabreicht und von deren Druck nach oben die Boote dann bedeutend im Wasser gehoben werden. Sobald die Fahrzeuge gefüllt sind, ziehen die Fischer nach Bergen, dem Hauptorte des Heringhandels. Dort nun eröffnet sich ein neues Schauspiel. Arbeiter karren die Heringe aus den Schiffen unter die weiten Durchgänge der Häuser. Hier sitzen, von Tonnen umringt, Scharen von Menschen, die mit dem

8. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 13

1908 - Altenburg : Bonde
13 16. Zum Tagewerk. 1. Gehe hin in Gottes Namen, greif dein Werk mit Freuden an; frühe säe deinen Samen! Was getan ist, ist getan. L. Sieh nicht aus nach dem Entfernten; was dir nah liegt, musst du tun; säen musst du, willst du ernten; nur die fleifsge Hand wird ruhn. 8. Müfsigstehen ist gefährlich, heilsam unverdrofsner Fleiss, und es steht dir abends ehrlich an der Stirn des Tages Schweifs. 4. Weifst du auch nicht, was geraten oder was misslingen mag, folgt doch allen guten Taten Gottes Segen für dich nach. 6. Geh denn hin in Gottes Namen, greif dein Werk mit Freuden an; frühe säe deinen Samen! Was getan ist, ist getan. Spitta. 17. Der rechte Steuermann. Ein Geistlicher in einem Seestädtchen fuhr auf einem kleinen Schiffe vom Ufer nach der gegenüberliegenden Insel. Am Hinterteile des Schiffes stand der Steuermann; vorn faßen zwei Matrosen, Vater und Sohn, und handhabten die Ruder. „Ihr seid heute wieder traurig, Jack," sagte der Geistliche zu dem Vater. „Freilich," antwortete der Matrose, „der Winter ist vor der Tür, und wie wirds werden mit meinen fünf Kindern! Ich bin den ganzen Tag voller Sorge." — „Das sollt Ihr aber nicht sein; denn der Heiland sagt: Sorget nicht!" — „Den Spruch versteh ich nimmer und nimmer; also soll ich mich jetzt auf die faule Haut legen, von meinen paar ersparten Groschen mir einige gute Tage machen und es darauf ankommen lassen, ob der liebe Gott etwas beschert für Weib und Kind oder ob sie hungern und frieren müssen?"

9. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 226

1908 - Altenburg : Bonde
226 Tränke und den Menschen zur Bereitung ihres Tees, obwohl cs von dem salzigen Boden den widerlichsten Geschmack angenommen hat. Nicht einmal die Freude eines täglich reichen Fischfanges genießt der Bewohner der Hallig. Ein widriges, trübes Gelbgrau ist die gewöhn- liche Farbe der Gewässer um ihn her; und vor dem Aufenthalte in einer Meeresstrecke, die bei der Ebbe stundenweit ihren Schlammboden aufdeckt, hüten sich die Fische und überlassen gern dem Seehund und der häßlichen Roche das wenig einladende Gebiet. Doch glücklich die Hallig, wenn hiermit ihr Bild vollständig ge- zeichnet wäre. Aber es bleibt noch eine furchtbare Seite übrig. Zur Gewohnheit sind die Überschwemmungen geworden, die, alles flache Land überflutend, bis an die Werften hinaufsteigen und an die Mauern und Fenster der Hütten mit ihrem weißen Schaume anschlagen. Da blicken denn die Wohnungen aus der weiten Wasserfülle nur noch als Strohdächer hervor; man glaubt es kaum, daß sie menschliche Wesen bergen, daß Greise, Männer, Frauen und Kinder vielleicht ruhig um ihren Teetisch her sitzen und nicht einmal einen flüchtigen Blick auf den umdrängenden Ozean werfen. Manches fremde, aus seiner Bahn verschlagene Schiff segelte schon in solchen Zeiten bei nächtlicher Weile über eine Hallig weg, und die erstaunten Seeleute glaubten sich von Zauberei umgeben, wenn sie ans einmal neben sich ein freundliches Kerzenlicht durch die hellen Fenster einer Stube schimmern sahen, die, halb von den Wellen bedeckt, keinen andern Grund als die Wellen zu haben schien. Aber oft bricht auch zugleich mit der Flut ein Sturm auf das bange Eiland ein. Die Wasser steigen gegen 5 m über ihren gewöhnlichen Stand hinauf. Das Meer sendet immer von neuem seine volle, breite Gewalt gegen die einzelnen Werften, um sie aus seiner Bahn wegzuschieben. Der Erdhügel, der eine Zeitlang zitternd wider- stand, gibt nach; bei den unausgesetzten Angriffen bricht ein Stück nach dem andern ab und schießt hinunter. Die Pfosten des Hanfes, welche mit Vorsicht ebenso tief in die Werften eingesenkt wurden, wie sie darüber hervorstehen, werden entblößt; das Meer faßt sie, rüttelt sie. Der erschreckte Bewohner des Hauses rettet erst seine besten Schafe hinauf auf den Boden, dann flieht er selbst nach. Und es war hohe Zeit. Denn schon stürzen die Mauern, und nur noch einzelne Ständer halten den schwankenden Dachboden, die letzte Zuflucht. Mit furcht- barem Siegerübermut schalten nun die Wogen im untern Teile des Hauses; sie werfen Schränke, Kisten, Betten, Wiegen mit wildem Spiel durcheinander, schlagen sich immer freieren Durchgang und reißen endlich alles hinaus ans den weiten Tummelplatz ihrer Kraft. Immer wankender

10. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 227

1908 - Altenburg : Bonde
227 werden die Stützpunkte des Daches. Ängstlich horcht das Ohr, ob nicht das Brausen des Sturmes abnehme, ängstlich pocht das Herz bei jeder Erschütterung; immer ängstlicher drängen sich die Unglücklichen zusammen. In der Finsternis sieht keiner das entsetzte Antlitz des anderen; in: Donnergeroll der tobenden Wogen verhallt das bange Gestöhne; aber jeder kann an seiner eigenen Qual die marternde Angst seiner Lieben ermessen. Der Mann preßt das Weib, die Mutter ihre Kinder mit verzweiflungsvoller Todesgewißheit an sich; die Bretter unter ihren Füßen werden von der drängenden Flut gehoben, aus allen Fugen quellen die Wasser auf. Noch eine martervolle Minute! Noch eine! Da kracht ein Balken. Ein furchtbarer Schreckruf ertönt! Der Dach- boden senkt sich nach einer Seite, ein neuer Flutenberg schäumt herauf, und im Sturmgeheul verhallt der letzte Todesschrei. Die triumphierenden Wogen schlendern einander Trümmer und Leichen zu. — Dennoch liebt der Halligbewohner seine Heimat über alles, und der aus der Sturmflut Gerettete baut sich nirgend, sonst wieder an als auf dem Flecke, wo er alles verlor und wo er in kurzem wieder alles und sein Leben mit verlieren kann. Biernatzki. 160. Das Marschland. Das Marschland hebt sich von der Geest so scharf ab, daß man die Grenze meistens mit einem Stocke angeben kann. Ich sagte meinen: Kutscher, er solle da anhalten, wo wir in die Marsch kämen; er tat es, und es fand sich, daß die Pferde mit den Füßen schon in dem klebrigen Marschboden steckten, während die Hinterräder des Wagens noch auf dem sandigen, trockenen Geestwege standen. Nach anhaltendem Regenwetter wird der Marschboden zu einen: so tiefen, klebrigen Schlamme, daß im Herbste zuweilen aller Verkehr in den Marschen aufhört. Obwohl ich die Marschen schon oft gesehen hatte, überraschte mich doch auch hier wieder der Anblick dieser eigentiimlichen Bodengestaltung. Vor mir, zur Rechten und zur Linken, lagen unübersehbare Wiesen- fluren, die in der Nähe und Ferne mit Herden weidender Rinder be- deckt waren; selbst von den entlegensten Weiden schimmerten noch wie Wiesenblümchen die bunten Rücken der Ochsen und Kühe. Wie die Rinder, so sind auch die Wohnungen der Leute weit und breit ver- streut. Sie liegen auf künstlich errichteten Hügeln von 3 bis 5 m Höhe, die „Wnrten" genannt werden und die den Bewohnern und allen ihren Habseligkeiten als Zufluchtsort bei großen Überschwemmungen dienen. Auf solchen Wnrten wohnen nicht nur die Friesen, sondern 15*
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