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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 332

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
au Volksversammlungen verwendet wurden, um dem regen Marktver-kehr keinen Eintrag zu tun. Da an den Markttagen viele Landleute in Rom zusammenstrmten, so wurden an ihnen die Gesetzesantrge bekannt gemacht (promulgiert), die Abstimmung der dieselben aber erst auf den drittnchsten Markttag oder einen Tag der folgenden Woche anberaumt (comitia in trinum nundinum - sc. tempus - indicta sunt). v , Der Tag wurde nach dem Zeiger der Sonnen- oder Wasseruhren ((boouyoov uhaxv, solarium = Sonnenuhr; xxe^Sga = Sand- oder Wasseruhr), die aber in Rom nicht sehr frh bekannt waren, in 12 Stunden von je nach der Jahreszeit bald lngerer bald krzerer Dauer, die Nacht - zunchst fr den Militrdienst - in 4 Wachen drei Stunden (vigiliae), in Griechenland in 3 4 Stunden (yvxaxai) geteilt. Im alltglichen Leben behalf man sich mit ungefhren Zeitbestimmungen: qqos (Morgen), gallicinurn (Zeit des Hahnenschreies), mane (frh), ortus solis, tiqco (in der Frhe, bis 10 Uhr), dyoqg nxvsofavs (10-12 Uhr vormittags), ad und ante meridiem, fieaw* qia = meridies (Mittag, 12-2 Uhr), fetty (Nachmittag von 2 bis Abenb), post meridiem, suprema (sc. lempestas diei, Sptnachmittag), eoneea vespera (Abenb), occasus solis, crepusculum (Abenbbmmerung), luminibus accensis, concubia nocte (zur Zeit des ersten tiefen Schlafes), intempesta ober multa nox (tiefe, spate Nacht), fiiai vxreg media nox (Mitternacht), de media nocte (die Zeit unmittelbar nach Mitternacht). Der von den Pontifices aufgestellte und seit 304 v. Chr. regelmig verffentlichte alenber (fasti, Kalendarium) enthielt die Tage des Jahres, georbnet: 1. nach politischen, nur fr die Magistrate mafegebenben Gesichtspunkten: a) in dies F.(asti), der Rechtspflege gewibmete Tage, b) in dies N.(efasti), an benen das ffentliche Leben gnzlich ruhte; 2. nach religisen Gesichtspunkten: a) in dies festi ober feriae, Festtage (mit den dies nefasti zusammenfallenb), bei benen man unterschbet: a) feriae stativae, b. h. festliegenbe Feiertage (wie die der Juno hl. Kalenb und die dem 3uppiter geweihten bus, die stehenben Spieltage usw.), ) feriae conceptivae, b. h. bewegliche Feste (wie befonbers die feriae Latinae, beren Monatstag angesagt wrbe), y) feriae imperativae, aufrerorbentliche, vom Magistrat, Pontifex ober Senat anberaumte Butage und Dankfeste (supplicationes, gratulationes); b) in dies profesti, Werktage. Das aberglubische Volk schieb ngstlich zwischen dies religiosi (atri, z. B. dies Alliensis = 18. Juli), die ihm als Ungluc&stage zur Vornahme gewisser Hanbiungen im Privatleben bedenklich erschienen,

2. Vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Gegenwart - S. 184

1898 -
— 184 — Die Aufrichtung des deutschen Reichs. Verhandlungen von Versailles (Reservatrechte) im Oktober und November 1870; Ludwigs Ii. von Bayern Brief; Adresse des norddeutschen Reichstags; 18. Januar 1871 Verkündigung des deutschen Kaiserreichs in Versailles. 2. Durch den Krieg ohne Gleichen vollzog sich die Einigung Deutschlands. 3. Seit 1870/71 erst ist Deutschland (Preußen) eine Großmacht, d. H. es bestimmt sich selbst. 4. 1870/71 war die Zeit zur Verwirklichung des Kaisertraums der Deutschen erfüllt. 5. Die Hohenzollern eroberten sich in Deutschland die Stellung, die früher die Habsburger inne hatten. 6. Das jetzige deutsche Reich ist eine Neuschöpfung. 7. Böse Pläne verwirklichen oft das Gute. 8. In der Politik ist Klarheit und Vorausberechnung der Folgen nötig. V. Anwendung und Erweiterung. Ob nur die Deutschen in diesem Kriege gesiegt haben? — In kleineren Gefechten werden auch die Franzosen gesiegt haben, aber in keiner entscheidenden Schlacht. — „Die Fahne der Einund-sechziger" wird gelesen und besprochen. Warum feiern wir den 2. September und nicht den 18. Januar als Nationalfesttag? — Die Kunde vom 2. September brachte die gewaltigste Wirkung in Deutschland hervor; die Trümmer des französischen Kaisertums bildeten die Grundlage für die Entstehung des deutschen Kaisertums; ohne 2. September kein 18. Januar. Durchlaufen der Ereignisse von 1861—1871. „Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit, Und neues Leben blüht aus den Ruinen." Kaiser Wilhelm hatte im Jahre 1849, als er noch Prinz von Preußen war, geschrieben: „Wer Deutschland regieren will, muß es sich erobern." Wieso war ihm selbst dies gelungen? — Warum konnte kein Habsburger der erwachte Barbarossa werden? —

3. Stufe 4 = Schulj. 5 u. 6 - S. 150

1908 - Altenburg : Bonde
150 gefangen und nur gegen hohes Lösegeld freigegeben wurden. Der Handel der Städte lag ganz danieder, und das Volk war verarmt, zumal mehrere Mißernten verbunden mit Hungersnot, das Land heim- gesucht hatten. Am 14. Dezember 1289 hielt Kaiser Rudolf seinen feierlichen Einzug in Erfurt, von Rittern, Geistlichen und Bürgern freudig be- grüßt. Schon in den nächsten Tagen ließ er 29 Räuber, welche sich in der Umgegend von Ilmenau festgesetzt hatten, gefangen nehmen und vor den Toren von Erfurt enthaupten. Im März 1290 sandte er seine Ritter mit den Bürgern von Erfurt und thüringischem Volke aus, um die Burgen der Räuber und Landfriedensbrecher zu erobern. Nicht weniger als 66 derartige Raubnester wurden in kurzer Zeit zerstört, und noch heute zeugt manche Ruine auf Bergeshöhen von dem tat- kräftigen Handeln Kaiser Rudolfs. Dann richtete er den Landfrieden auf und verhängte die Acht über jeden, der diesen Frieden brechen würde. Fast ein Jahr hielt Rudolf in Erfurt Hof und versammelte hier die meisten geistlichen und weltlichen Fürsten um sich. So glanzvolle Tage hat die Stadt Jahrhunderte hindurch nicht wieder gesehen. Das Volk aber verehrte den Kaiser wegen seiner Gerechtigkeit und erzählte viele Geschichten von seinem leutseligen Wesen. Erst im November 1290 verließ er Erfurt. Nach O. Dobenecker. 113. Kaiser Rudolfs Ritt zum Grabe. 1. Auf der Burg zu Germersheim, stark am Geist, am Leibe schwach, sitzt der greise Kaiser Rudolf, spielend das gewohnte Schach. 2. Und er spricht: „Ihr guten Meister, Ärzte, sagt mir ohne Zagen: Wann aus dem zerbrochnen Leib wird der Geist zu Gott getragen?" 3. Und die Meister sprechen: „Herr, wohl noch heut erscheint die Stunde!" Freundlich lächelnd spricht der Greis: „Meister, Dank für diese Kunde!" — 4. „Auf nach Speyer! auf nach Speyer!" ruft er, als das Spiel geendet, „wo so mancher deutsche Held liegt begraben, sei's vollendet! 5. Blast die Hörner! Bringt das Roß, das mich oft zur Schlacht getragen!" Zaudernd stehn die Diener alst doch er ruft: „Folgt ohne Zagen!" 6. Und das Schlachtroß wird gebracht. „Nicht zum Kampf, zum ewgen Frieden," spricht er, „trage, treuer Freund, jetzt den Herrn, den lebensmüden!" 7. Weinend steht der Diener Schar, als der Greis auf hohem Rosse, rechts und links ein Kapellan, zieht, halb Leich, ans seinem Schlosse.

4. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 116

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Il Aus fremden Landen. 1. Auf dem Brenner. I. W. t). Goethe: Sämtl. Werke. Xxv. Bd. Italienische Reise I. Leipzig, Reclmn. S. 6—10. (Gekürzt.) Auf dem Brenner, den 8. September 1786. Abend?. Hier gekommen, gleichsam gezwungen, endlich an einen Ruhepunkt, an einen stillen Ort, wie ich ihn mir nur hätte wünschen können. Es war ein Tag, den man jahrelang in der Erinnerung genießen kann. Um sechs Uhr verließ ich Mittenwald; den klaren Himmel reinigte ein scharfer Wind vollkommen. Es war eine Kälte, wie sie nur im Februar erlaubt ist. Nun aber, bei dem Glänze der aufgehenden Sonne, die dunkeln, mit Fichten bewachsenen Vordergründe, die grauen Kalkfelsen da zwischen und dahinter die beschneiten höchsten Gipfel auf einem tiefern Himmelsblau, das waren köstliche, ewig abwechselnde Bilder. Bei Scharnitz kommt man ins Tirol. Die Grenze ist mit einem Walle geschlossen, der das Tal verriegelt und sich an die Berge anschließt. Es sieht gut aus: an der einen Seite ist der Felsen befestigt, an der andern steigt er senkrecht in die Höhe. Von Seefeld wird der Weg immer interessanter, und wenn er bisher, seit Benedikt- benern herauf, von Höhe zu Höhe stieg, und alle Wasser die Region der Isar suchten, so blickt man nun über einen Rücken in das Jnntal, und Jnzingen liegt vor uns. Die Sonne war hoch und heiß; ich mußte meine Kleidung er- leichtern, die ich bei der veränderlichen Atmosphäre des Tages oft wechsele.

5. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 200

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
200 Gaußberg und Inlandeis. gen, und es überkam uns ein Gefühl freudiger Spannung bei dem Gedanken, dem ersehnten Marschziel so nahe zu sein. Seit 116 Tagen lebten wir auf offener Landstraße, stetig wechselten die Bilder und Eindrücke. Natur und Menschen hatten viel des Interessanten geboten, und wir hatten manche Erfahrung sammeln können, aber anch Strapazen und Entbehrungen waren nicht ausgeblieben. Die verzehrenden Strahlen der Sonne, die beschwerlichen Märsche und Flußübergänge, die lästigen Insekten und auch Hunger und Durst traten oft niederdrückend und ermattend den Genüssen und Freuden der so vielseitigen und anregenden Reise entgegen, doch half das Interesse zur Sache und die Freude an der Arbeit hierüber hinweg. Jetzt, in der Nähe der Residenz des großen Balubafürsten Kalamba, winkten uns die Tage der Ruhe und der Vor- bereitung für die Fahrt auf dem Kassai. - Unter dem Jubel der Eingeborenen, die am Eingang und in den Straßen Spalier bildeten, hielten wir am 8. November den Einzug in Mukenge und begrüßten Kalamba, der sich mit den vornehmsten seiner Leute auf der Kiota eingefunden hatte. 12. Gaußberg und Inlandeis. Erich von Drygalski: Zum Kontinent des eisigen Südens. Deutsche Südpolarexpedition. Fahrten und Forschungen des „Gauß" 1901—1903. Berlin 1904, Druck und Verlag von Dietr. Reimer. S. 295—304. (Unbedeutend gekürzt.) Schönes, fonniges Wetter strahlte über dem Eis, als wir das Schiff verließen. Unter endlosem Gehenl wurden die Hunde zusammengekoppelt und dann zunächst lose mitgeführt, da die Schlitten schon vorher an das ebene Eisfeld südlich vom „Gauß" gebracht waren. Wir hatten zur Reise Windkleidung angelegt, aus leichtem, aber festen! Baumwollenzeug bestehend, das man über die wollenen Unterkleider zog, weil Pelze zum Gehen und

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 25

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. 25 und Lasten auf sich nehmen; die Regierungen sträubten sich, die Bundesgewall an den höchsten Schmuck der Kronen, die Militärhoheit, rühren zu lassen; bei vielen Liberalen aber galt die Linientruppe als das gefährlichste Werkzeug des Despotismus. Auch herrschte die Überzeugung, daß nach Napoleons Sturz auf lange Zeit der Friede gesichert sei, und im Notfall hätte man ja die großen Armeen Österreichs und Preußens, die schon aus eignem Interesse für die Verteidigung der übrigen Staaten sorgen müßten. Bei dieser Gesinnung der Mittelund Kleinstaaten zogen sich die Verhandlungen durch fünf Jahre hin, bis endlich eine provisorische Kriegsverfassung zustande kam, als ein leuchtendes Denkmal des Satzes, daß die stärkste Stellung die des Verneinenden ist. Es sollte hienach das Bundesheer aus den Kontingenten der Einzelstaaten bestehen, gruppiert in zehn Armeecorps von je rund 30 000 Mann, je drei von Österreich und Preußen, das siebente von Bayern zu stellen, während in die drei letzten die Kontingente der übrigen Mittel- und Kleinstaaten zusammengeschoben würden. Die Quantität dieser Rüstung (ein Prozent der Bevölkerung) war nicht stark, um so mehr wäre es auf Steigerung der Qualität, also auf Gleichmäßigkeit der Ausbildung, Bewaffnung und Disciplin, auf feste Organisation der Verpflegung und vor allem auf bleibende und durchgreifende Einheit des Oberbefehls angekommen. Aber von dem allem wurde das gerade Gegenteil verfügt. Die Einrichtung der Kontingente blieb auch im Kriege den Einzelstaaten überlassen; es war verboten, ein kleines Kontingent in den Verband eines großen aufzunehmen; denn auch der Schein der Suprematie eines Bundesstaats über den andern sei zu vermeiden. Im Frieden gab es keinen gemeinsamen Oberbefehl. Für den Krieg sollte der Bundestag einen Bundesfeldherrn wählen, der nur von dem Bundestag und dessen Militär-Ausschuß Befehle empfangen dürfe, und in dessen Hauptquartier die Kontingentsherren ihre souveränen Sonderrechte durch unabhängige höhere Osficiere verfassungsmäßig ausüben würden. So war endlich 1821 beschlossen. Aber als es an die Ausführung ging, erhoben sich zahllose Verwahrungen und Widersprüche der dreißig Kleinstaaten über die unerhörte, erdrückende Belastung. Erst nach zehn Jahren gelang es, einen Ausgleich zustande zu bringen, und dann dauerte es noch weitere vier Jahre, bis die Organisation des neunten und zehnten Armeecorps (Sachsen, Hannover und die norddeutschen Kleinstaaten) wenigstens auf dem Papier festgestellt war. Wie es dann in der Wirklichkeit aussah, werden wir später wahrzu-

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 282

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
282 Xix. Oncken, Die Kaiserproklamation zu Versailles. gebildet und den deutschen Parlamentarismus in akademischem Geiste erzogen hat; der es wunderbar verstand, die Geschäftsordnung zu handhaben mit attischem Salz und römischer Urbanität, sodaß in jedem guten Kammerpräsidenten noch jetzt sein mittelbares oder unmittelbares Vorbild zu erkennen ist, und der von seinem unvergleichlichen Talent zu würdevoller Repräsentation auch jetzt bei dem denkbar feierlichsten Anlaß glänzend Gebrauch machen sollte. König Wilhelm hätte in Versailles das prachtvolle Schloß König Ludwigs Xiv. beziehen können, in dessen Giebelfeld die Worte stehen: A toutes les gloires de la France. Er zog es vor, dies Schloß als Lazarett für deutsche und französische Verwundete einzurichten, selbst aber in der kaiserlichen Präfektur abzusteigen, in der er seit dem 5. Oktober seinen Wohnsitz hatte, und in dem großen Saale dieses Gebäudes fand am Sonntag den 18. Dezember der feierliche Empfang der Kaiserabordnung des Reichstags statt. Die Verlesung der Adresse leitete der Präsident durch eine kurze Ansprache ein, in der er hinwies auf zwei Verfassungsänderungen, mittels deren dem künftigen deutschen Staat und seinem höchsten Oberhaupt Benennungen J) gesichert würden, „auf denen die Ehrfurcht langer Jahrhunderte geruht, auf deren Herstellung das Verlangen des deutschen Volkes sich zu richten nicht aufgehört habe". Er erinnerte daran, daß der Empfang der Abgeordneten des Reichstags stattfinde in einer Stadt, in welcher mehr als ein verderblicher Heereszug gegen unser Vaterland ersonnen und ins Werk gesetzt worden sei, und an die Nachbarschaft der Hauptstadt, in der unter dem Druck fremder Gewalt die Verträge geschloffen worden waren, in deren unmittelbarer Folge das Reich zusammenbrach 2). Und dann verlas er die Adresse selbst mit solcher Wärme, solchem Nachdruck, daß allen Hörern die Thränen ins Auge traten. Am tiefsten bewegt war der König selbst. In beständigem Kampf mit der Rührung, die ihn mehr als einmal übermannte, las er die Antwortrede, in der er seinem Dank gegen die göttliche Vorsehung Ausdruck gab für die Wunder ihrer Führung, seine Freude ausdrückte darüber, daß die für das gemeinsame staatliche Leben der Deutschen neu gewonnenen Grundlagen „von den füd- 1) Seit den Beschlüssen vom 10. Dezember las man im Eingang der Ver-sassnng die Worte: „Dieser Bund wird den Namen Deutsches Reich führen" und im Artikel 11: „Das Präsidium des Bundes steht dem König von Preußen zu, welcher den Namen Deutscher Kaiser führt." 2) Die Pariser Rheinbundverträge vom 12. Juli 1806.

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 284

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
284 Xix. Oncken, Die Kaiserproklamation zu Versailles. Seelenkampf dem historischen Berufe seines Hauses brachte, für Graf Bismarck war er ein Hebel politischen Erfolges, nur für den Kronprinzen war er Herzenssache, ein Jugendtraum, an dessen Erfüllung seine Seele hing. Als er am 21. September den prachtvollen Spiegelsaal, die Galerie des glaces, zum erstenmal besichtigte, gelobte er sich selbst: „Hier wird der Kaiser ausgerufen und das neue Reich verkündigt werden." Als am 3. Dezember der Kaiserbrief des Königs von Bayern eingelaufen und Bismarcks Vortrag darüber beim König beendet war, hatte er in sein Tagebuch geschrieben: „Als wir das Zimmer verließen, reichten Bismarck und ich uns die Hand: mit dem heutigen Tage wird Kaiser und Reich unwiderruflich hergestellt, jetzt ist das fünfnndsechzigjährige Interregnum, die kaiserlose, die schreckliche Zeit vorbei, schon dieser stolze Titel ist eine Bürgschaft, wir verdanken dies wesentlich dem Großherzog von Baden, der unausgesetzt thätig gewesen." Empört war er über die prosaische Schwuuglosigkeit, mit der die Kaiserfrage im Reichstag behandelt worden war, er selbst aber war Feuer und Flamme, als der 18. Januar, der Krönungstag der Könige von Preußen, zum Festtag der Einweihung des neuen Kaisertums bestimmt ward. Von ihm war der Plan selbst ausgegangen, sein Werk war der Entwurf des Festverlaufs, die Festansage, die am 16. Januar an die um Paris lagernden Regimenter erging, um die Vertretung derselben durch Abordnungen und Fahnen zu sichern. An demselben 16. Januar erschien der Hofprediger Rogge, Divisionspfarrer der 1. Gardedivision, bei König Wilhelm, der ihn in seinem einfachen Arbeitszimmer empfing und, hinter seinem Schreibtisch stehend, zu ihm sagte: „Ich habe Sie rufen lassen, ba am 18. Januar, unserem Krönungstage, die Proklamation der Kaisermürbe vorgenommen werben soll und ich den Akt biirch eine kurze, kirchliche Feier eingeleitet sehen möchte. Da ich den Kaisertitel einmal annehmen soll, so habe ich biefen Gebenktag der preußischen Geschichte bafür gewählt. Ich hoffe, daß Sie Ihre Aufgabe auch biesmal so gut lösen werben, wie Sie es neulich beim Empfang der Deputation gethan haben. — Aber von mir bürfen Sie nicht rebert." Der Geistliche erwiberte, benselbert Befehl habe er am 18. Dezember erhalten und bamals ihm auch folgen können, aber biesmal werbe es unmöglich sein, die Person des Monarchen außer Betracht zu lassen. „Nun benn, aber so wenig als möglich. Nicht ich habe es so gemacht, sonbern Gott hat es so gefügt. Es wirb mir recht schwer,

9. Für Oberklassen - S. 571

1893 - Altenburg : Bonde
571 Monaten das Land verlassen, die aber nach dieser Zeit Zurückbleiben- den ergriffen und hart bestraft werden sollten. Am 24. November wurden zuerst die Nichtangesessenen wie ein gejagtes Wild aufgescheucht. Zwei Schwadronen Dragoner trieben die Unglücklichen mit roher Ge- walt vor sich her. Ehe man sie entließ, warf man sie noch einmal in den Kerker und versuchte durch die Priester sie zum Abfall von ihrem Glauben zu bewegen. Im Frühlinge folgten die Güterbesitzer. Die Hirten feierten noch einmal am 1. Mai auf hoher Alp das Erwachen des Frühlings, beteten zum letzten Male auf den heimatlichen Hohen und gaben dann den nach alter Sitte festlich geschmückten Tieren die Frei- heit; denn es blieb niemand ihrer zu hüten. Die Zahl der Aus- gewanderten wuchs nach und nach auf 30 000 an. Sie alle erfuhren die treue Fürsorge ihres Gottes. Ihr Zug durch Deutschland glich einem Triumphzuge. Auch durch Gera wanderten in der Zeit vom 16. April bis zum 4. Juli 1732 sieben Züge der Vertriebenen. Am 16. April, dem Tage nach dem Osterfeste, verbreitete sich plötzlich die Nachricht in der Stadt, daß gegen Abend über 500 Salzburger ankommen würden. Schon dieses Gerücht setzte alle in freudige Bewegung, und als die Zeit herankam, in der man die Auswanderer erwartete, machte sich der größte Teil der Einwohner auf und ging ihnen durch die Stadtwaldnng hinaus entgegen. Es begann bereits zu dämmern, als man die sehn- lichst Erwarteten ankommen sah. Der den Zug begleitende preußische Kommissar war bereits ein paar Stunden früher in der Stadt angelangt. Kaum wurden die Wanderer die Menschenmenge gewahr, als sie sich im geordneten Zuge paarweise aufstellten und so, die Männer voran, dann die Frauen, zuletzt die Wagen mit den Kranken und Gebrechlichen einherzogen. In ergreifender Weise sangen sie dabei das Lied: Ein' feste Burg ist unser Gott. Der Empfang der Bürger war so herzlich, als wären diejenigen, welche sie begrüßten, von langer Zeit her gute liebe Bekannte. Die Männer schlossen sich den Männern, die Frauen den Frauen an. Viele Frauen nahmen den Salzburgerinnen die Kinder vom Arme und trugen sie nach der Stadt. Die Bürger bethätigten ihre Gesinnung auf andere Weise, indem die meisten schon jetzt den vertriebenen Glaubensbrüdern gaben. So gelangte man singend bis an die große Elsterbrücke. Hier kam der preußische Kommissar, um- geben von den Mitgliedern des Stadtrates, den Salzburgern entgegen. Der Bürgermeister begrüßte die Wanderer auf das Liebreichste und hieß sie im Namen der Stadt willkommen. Hierauf ordnete sich der Zug wieder und bewegte sich, den Stadtrat an der Spitze und unter dem Gesänge des Liedes: Wer nur den lieben Gott läßt walten, bis auf den Markt. Auf Befehl Heinrichs Xviii. wurde die ans 550 Köpfen be- stehende Schar in die Gasthöfe verteilt. Die Wagen, auf denen die kleinen Bündel, die ganze Habe der Leute, sich befanden, blieben auf dem Markte stehen, wo sie von einer freiwillig gebildeten Bürgerwache die Nacht hindurch bewacht wurden. Die Gasthöfe waren zum Er- drücken voll, und die ermüdeten Salzburger würden es nicht besonders 37*

10. Für Oberklassen - S. 582

1893 - Altenburg : Bonde
582 18. Julius Sturm. Bei der Wanderung durch das Unterland hast du erfahren, daß in Köstritz gut wohnen ist; das Bier, welches dort gebraut wird, mundet vortrefflich, und Blumenpracht umgiebt dich auf Schritt und Tritt. Aber weit höher, als Gaumen und Magen, als Nase und Auge stehen Geist und Gemüt. Auch für diese ist in Köstritz bestens von dem Manne gesorgt, dessen Bild du vor dir hast, von dem Dichter Julius Sturm. Julius Sturm. Gottes Gnade hat es gefügt, daß in seinem Leben Anfang und Ende einander die Hand reichen. Geboren in Köstritz am 21. Juli 1816 und fast ein Menschenalter hindurch Pfarrer daselbst, lebt er- hellte noch an seinem Geburtorte als jugendfrischer Greis, bekannt, so- weit die deutsche Zunge klingt, und hochgeehrt von seinem dankbaren Fürsten, dessen Erzieher er gewesen ist. Die Gedichte, welche Sturm im Laufe der letzten vierzig Jahre herausgegeben hat, bilden Band an Band gestellt eine stattliche Reihe; wolltest du die Bücher den Raume nach messen, den sie einnehmen, so würde sicherlich die alte Elle nicht, vielleicht kaum das neue Metermaß ausreichen. Bald führt uns der Dichter in seinen Erzählungen Ereig-
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