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1. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 92

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
- 92 - mehrere auf ffentliche Kosten gebaute gab. Die Paidotnben waren gleich den Grammatisten und Kitharisten Privatlehrer, die den Un-terricht gegen Zahlung kunstmig und methodisch regelten. Die in der Palaistra vorbereitete Jugend setzte ihre bungen fort in den Gymnasien (t yvfxvacov von yv/uvg nackt), deren es in Athen 3 gab, die Akademie, das Lykeion und das Kynosarges (f. 5. 102). Aus einfachen Anfngen hatten sich diese staatlichen Anstalten allmhlich durch plastische Ausschmckung zu groer Pracht und auch zu bedeutender Ausdehnung entwickelt, so da sie nicht selten ein axdiov, eine Rennbahn von 600 Fu, enthielten. Sie umfaten auer der Ringschule fr Knaben und den bungspltzen fr Jnglinge Badezimmer, Unterhaltungsrume fr ltere Männer, Sulenhallen mit halbrunden Nischen und steinernen Sitzen an den Wnden, in denen Philosophen und Rhetoren Unterricht erteilten. Die bungen fhrte man nackt aus, nachdem man den Krper, um ihn geschmeidig und glatt zu machen, mit Ol eingerieben hatte, das nach der bung mit einem Schabeisen abgestrichen wurde; Athletik in eigentlichem Sinne wurde nicht beliebt, da sie ein Hand-werksmiges Streben an die Stelle edler Kraftbung setzte. Die Hauptbungen waren Springen, Laufen, Werfen mit der Diskosscheibe (6 Slxoq eine runde, in der Mitte strkere, nach der Peripherie hin schwcher auslaufende Wurfscheibe), Werfen mit dem Speer und Ringen. Simonides fate diesen Fnfkampf (nivtadlov) zusammen mit dem Pentameter: X/ua, nododxslrjv, diaxov, xovia, nxrjv". Der Lauf wurde bald als Schnell-, bald als Dauerlauf gebt und diente als Vorbung zum Kriege, wenn er in voller Hoplitenrstung ausgefhrt wurde. Auch das Erlernen des Schwimmens war von den bungen nicht ausgeschlossen. Der..Faustkampf {nv', nvyixi'i) wurde fast nur von Athleten gebt, da er durch die mit metallenen Buckeln besetzten, um Hand und Unterarm geschlungenen Leder-riemen (l/udwec, caestus) schwere Verwundungen hervorrief und leicht zu Roheit fhrte. Die Verbindung von Ring- und Faustkampf (ohne Kampfriemen) war das nayxq&nov. In Sparta wurde die Gymnastik bei geringer Wertschtzung der musischen Bildung in noch hherem Mae betrieben als in Athen und in den brigen griechischen Stdten, von denen keine einer Ring-schule und eines mit dieser verbundenen Gymnasiums entbehrte; besonders wurde auch der Waffentanz (mgebt. Schon mit dem siebten Jahre wurde der Knabe der Familie entzogen und in die militrisch eingerichteten Abteilungen der mnnlichen Jugend aufgenommen. Die Erziehung und Bildung der Mdchen unterlag keinen gesetzlichen Bestimmungen, unterstand vielmehr lediglich der Mutter. Hauptgewicht wurde gelegt auf Spinnen, Weben, Nhen und auf (Erlernung der Haushaltungsgeschfte; in den vornehmeren Husern lernten die Tchter auch Lesen und Schreiben. Da ihr Leben und Wirken fast ausschlielich auf das elterliche Haus beschrnkt war, konnte von ihrer weiteren Ausbildung durch gesellschaftlichen Verkehr >

2. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 165

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Die Llanos des Orinoko. 1^) Wipfel der Schiffe und die bunten Kleider der über die großen Brücken und durch die Straßen flutenden Men- schenmenge, das smaragdene Grün der Wassermassen, die kräftigen Erdfarben der Uferhöhen, die hellen Färbungen der unmittelbaren Umgebung, die verblauenden und der- wehenden Töne der Ferne, und mühte all das über- strömen können mit den Lichtfarben der Sonne des Orients. Ihr gelingt es, so heterogene Bestandteile, Paläste und Baracken, Moscheen und Schmutzhütteu, Ruinen und Kloakenstraßen, Reichtum und Pracht und hungerndes Elend zu einem bezaubernden Gesamtbilde zu vereinigen. Freilich ungemischt orientalisch ist dieses Bild nicht mehr. Die Trägheit und träumerische Beschaulichkeit des Orients ist durch europäischen Geschäftseifer, durch europäische Hast und Unruhe aufgestört; die Barbarei des Islam ist von europäischer Kultur beleckt. Europa ringt hier Brust an Brust, Tag für Tag mit dem Islam nm den Alleinbesitz dieser Stadt. Auf sie sind die be- gehrlichen Blicke europäischer Mächte gerichtet; denn sie ist das wertvollste Erbstück, das der „kranke Mann" einst hinterlassen wird. 8. Die Llanos des Orinoko. A. von Humboldt: Ansichten der Natur. 3. verb. und vermehrte Ausgabe. I. Bd. Stuttgart und Tübingen 1849, Cottasche Ver- lagshandlung. S. 3—38. (Gekürzt.) Am Fuße des hohen Granitrückens, welcher im Jugendalter unseres Planeten,- bei Bildung des An- tillischen Meerbusens, dem Einbruch der Wasser getrotzt hat, beginnt eine weite, unabsehbare Ebene. Wenn man die Bergtäler von Caracas und den inselreichen See Tacarigua, in dem die nahen Pisangstämme sich spiegeln: wenn man die Fluren, welche mit dem zarten und lichten Grün des tahitischen Zuckerschilfes prangen, oder den ernsten Schatten der Kakaogebüsche zurückläßt: so ruht

3. Geschichtliches Lesebuch - S. 60

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
60 Iv. v. Sybel, Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. horsam unter den Satzungen der klerikalen Hierarchie auferlegt hatte. Der Kampf mit den Staatsgewalten konnte nicht ausbleiben. In Preußen entspann er sich in Sachen des theologischen Universitätsunterrichts und der gemischten Ehen: nach langen Verhanblungen kam es 1837 zum offenen Zwiespalt, und die Regierung ließ den wortbrüchig geworbenen Erzbischof von Köln nach Minben in Haft bringen, den in gleichem Sinne wirkenben Erzbischof von Posen aber durch gerichtliches Urteil absetzen. Das Kölner Domkapitel und der Fürstbischof von Breslau hielten zur Regierung, bei der rheinischen und polnischen Bevölkerung jeboch zeigte sich eine heftige Gärung. Eben bamals war in München der eifrig klerikale Herr von Abel leitenber Minister geworben und ließ der ultramontanen Presse bei den heftigsten Angriffen gegen Preußen freien Lauf, und bieses Mal erhob auch Metternich, welcher soeben den Jesuiten den von Kaiser Franz stets geweigerten Zugang nach Österreich eröffnet hatte, keinen Einspruch gegen die bunbeswibrige Verstattung schrankenloser Preßfreiheit. So war in allen deutschen Lauben eine in den mannigfachsten Farben durch einanber wirbelnbe Bewegung der Geister erwacht. Der ganze bisherige Zustand war ohne eine Spur materieller Auflehnung durch eine kecke Kritik in Frage gestellt. Da trat 1837 ein Ereignis ein, welches die politische Agitation für ein volles Jahrzehnt in ihren Bestrebungen fixierte und ihr einen unverrückbaren gemeinsamen Zielpunkt gab: der Verfafsungssturz in Hannover durch den neuen König Ernst August. Unter lügenhaften Vorwanben, hauptsächlich zu dem Zwecke freierer persönlicher Verfügung über das Staatsvermögen unternommen, staub die Umwälzung sowohl mit dem Lanbrecht als mit der Wiener Schlußakte in fchreienbem Wibersprnch. Der Unwille in ganz Dentschlanb trat offen au das Licht, als mit einem neuen Gewaltstreich der König sieben Göttinger Professoren, die unter Dahlmanns Vorgang ihrem Verfaffungseibe treu zu bleiben erklärten, kurzer Hand absetzte und brei berselben aus dem Laube jagte. Die deutschen Volksvertretungen, Universitäten, Spruchkollegien wetteiferten, in den schärfsten Beschlüssen und Gutachten der öffentlichen Entrüstung Ausbruck zu geben; die Verteidigungsschriften Dahlmanns und Jakob Grimms stmbert die weiteste Verbreitung; ein großer Verein, der sich zur Unterstützung der Vertriebenen gebilbet hatte, gewann Mitglieber in allen deutschen Städten. Dagegen war in Hannover selbst nach der ersten Aufwallung bei der bebächtigen nieberfächsischen Bevölkerung der Kampfeseifer Weber heiß noch thätig, inbefsen kam es zu einer

4. Geschichtliches Lesebuch - S. 39

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. 39 Burschen jetzt als Bundesgesang das mächtige Lied von Arndt anstimmten : Wem soll der erste Dank erschallen? Dem Gott, der groß und wunderbar Aus langer Schande Nacht uns allen In Flammen aufgegangen war. Der unsrer Feinde Trotz zerblitzet. Der unsre Kraft uns schön erneut Und auf bett Sternen waltend sitzet Von Ewigkeit zu Ewigkeit! Zum Feldzeichen ihres Bundes und der deutschen Einheit, die er symbolisch darstellen sollte, nahmen die Burschen auf Jahns Vorschlag ein schwarz-rot-goldenes Banner an. Es waren wahrscheinlich die Uniformfarben der Lützower Freischar, die auch eine goldgestickte schwarzrote Fahne geführt hatte. Einzelne Burschenschafter stellten freilich die führte Behauptung auf: daß sich in diesem Banner die schwarzgelben Farben des alten Reichs, verschönt durch das Rot der Freiheit oder auch des Krieges, erneuerten, denn Rot war einst die Kriegsfarbe der Kaiserlichen gewesen; die Eifrigsten aber wollten von solchen historischen Erinnerungen nichts hören und meinten knrzab: aus der Knechtschaft Nacht durch blutigen Kampf zum goldenen Tage der Freiheit. So ist aus den Träumen der Studenten jene Trikolore entstanden, die durch ein halbes Jahrhundert die Fahne der nationalen Sehnsucht blieb, die so viel Hoffnungen und so viel Thränen, so viel edle Gedanken und so viel Sünden über Deutschland bringen sollte, bis sie endlich, gleich dem schwarz-blau-roten Banner der italienischen Earbonari, im Toben der Parteikämpfe entwürdigt und gleich jenem durch die Farben des nationalen Staates verdrängt wurde. Die Absicht der Burschenschaft, alle Studenten in einer Verbindung zu vereinigen, entsprang einem überspannten Idealismus, da der schönste Reiz solcher Jugendvereine doch in der Innigkeit der persönlichen Freundschaft liegt. Der unzähmbare persönliche Stolz der Deutschen wollte sich so leicht nicht über einen Kamm scheren lassen. Aristokratischen Naturen war schon das allgemeine Duzen, das die Burschenschaft anbefahl, widerwärtig; nicht blos die rohen Wüstlinge der alten Schule, sondern auch viele harmlos lebenslustige junge Männer langweilten sich bei dem altklugen, ernsthaften Tone des Burschenhauses, wo man nur durch pathetische Beredsamkeit, und allenfalls noch durch eine gute Klinge, sich Ansehen erwerben konnte; freie, eigenartige Köpfe, wie der junge Karl Jmmermann in Halle,

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 41

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. 41 bei, so daß sich die Studentenzahl in kurzer Zeit verdoppelte. Auch an'anderen Hochschulen thaten sich Burschenschaften auf, so in Gießen und in Tübingen, wo die Stiftler schon 1813 einen Tugendbund zur Bekämpfung der akademischen Roheit gebildet hatten; und ganz von selbst erwachte der Wunsch, die neue Gemeinschaft auf eiuer feierlichen Zusammenkunft aller deutschen Burschen zu befestigen. In solchen freien, über die Grenzen des Einzelstaats hinausreichenden socialen Verbindungen sindet der Einheitsdrang zerteilter Böller seinen natürlichen Ausdruck; in Deutschland wie in Italien sind die Kongresse der Gelehrten, der Künstler, der Gewerbtreibenden wie Sturmvögel den blutigen Einheitskämpfen vorausgezogen. Unter den Deutschen schritten die Studenten allen voran, und nichts bezeichnet so deutlich das harmlose politische Stillleben jener Tage. Lange bevor die Männer auf den Gedanken kamen, sich über ihre ernsten gemeinsamen Interessen zu verständigen, regte sich in der Jugend der Drang, die gemeinsamen Träume und Hoffnungen auszutauschen, in phantastischem Spiele der idealen Einheit des Vaterlandes froh zu werden. — Das Jubelfest der Reformation erweckte überall unter den Protestanten ein srohes Gefühl dankbaren Stolzes; auch Goethe sang in diesen Tagen: „ich will in Kunst und Wissenschaft wie immer protestieren". Die Studentenschaft ward von dieser Stimmung der Zeit um so stärker ergriffen, da ihr der christlich-protestantische Enthusiasmus des Befreiungskrieges noch in der Seele nachzitterte. Als der Gedanke eines großen Verbrüderungsfestes der deutschen Burschen zuerst in Jahns Kreise aufgetaucht war, beschloß die Jenenser Burschenschaft den Versammluugstag auf den 18. „des Siegesmonds" 1817 zu verlegen, um damit zugleich das Jubelfest der Reformation und die übliche Jahresfeier der Leipziger Schlacht zu verbinden. Armin, Luther, Scharnhorst, alle die hohen Gestalten der Führer des Deutschtums gegen das wälsche Wesen flössen in den Vorstellungen der jungen Brauseköpfe zu einem einzigen Bilde zusammen. Den Radikaleren galt Luther als ein republikanischer Held, als ein Vorkämpfer der freien „Überzeugung"; in einer Festschrift von Karl Sand, die unter den Burschen verteilt ward, erschien die evangelische Lehre von der Freiheit des Christenmenschen mit modern-demokratischen Ideen phantastisch verbunden. „Hauptidee unseres Festes", hieß es da, „ist, daß wir allzumal durch die Taufe zu Priesteru geweiht, alle frei

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 44

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
44 Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest Lmher die Bannbulle des Papstes verbrannt hatte, so jetzt die Schriften der Feinde der guten Sache ins Feuer zu werfen. Da die Mehrheit des Festausschusses, klüger als der Alte, deu Vorschlag ablehnte, gab Jahn gleichwohl seinen Berlinern ein Verzeichnis der zu verbrennenden Bücher mit auf den Weg, und diese Getreuen, Maßmann voran, beschlossen nunmehr den Plan des Meisters ans eigene Faust auszuführen, tvas der Ausschuß um des Friedens millen nicht geradezu verbieten wollte. Kaum war auf dem Wartenberge das letzte ernste Lied der die Flammen umringenden Burschen verklungen und die eigentliche Feier beeudet, so trat Maßmann plötzlich hervor und forderte in einer schwülstigen Rede die Brüder auf, zu schauen, wie nach Lnthers Vorbilde in zehrendem Fegefeuer Gericht gehalten werde über die Schandschriften des Vaterlandes. Jetzt sei die heilige Stunde gekommen, „daß alle deutsche Welt schaue was wir wollen; daß sie wisse, weß sie dereinst sich von uns zu Verseheu habe". Darauf trugen seine Gesellen einige Ballen alten Druckpapieres herbei, die mit den titeln der verfehinten Bücher beschrieben waren. Auf eine Mistgabel aufgespießt flogen dann die Werke der Vaterlandsverräter unter tobendem Gejohle in das höllische Feuer: eine wunderlich gemischte Gesellschaft von etwa zwei Dntzeno guten und schlechten Büchern, alles was gerade in jüngster Zeit den Zorn der Isis und ähnlicher Blätter hervorgerufen hatte. Da brannten Wadzeck, Scherer und, der Vollständigkeit halber, gleich „alle anderen schreibenden, schreienden und schweigenden Feinde der löblichen Turnkunst", desgleichen die Alemannia „und alle andern das Vaterland schändenden und entehrenden Zeitungen"; dann natürlich drei Schriften von dem verhaßten Schmalz („Gänse-, Schweine- und Hundeschmalz" brüllte der Chor) und der Codex der Gendarmerie von seinem Genossen Kamptz. Neben dem Code Napoleon, Kotzebnes Deutscher Geschichte und (Laul Aschers Germanomanie, der ein „Wehe über die Juden" nachgerufen ward, wanderte auch Hallers Restauration in die Flammen: — „der Gesell will keine Verfaffnng des deutschen Vaterlandes", hieß es zur Erläuterung, da doch keiner von den Burschen das ernste Buch gelesen hatte. Aber auch die Liberalen Benzenberg und Waugenheim mußten den Grimm der Jugend erfahren, weil die Jenenser Publizisten ihre Schriften nicht verstanden. Zuletzt wurden noch ein Ulanenschnürleib, ein Zopf und ein Korporalstock verbrannt, als „Flügelmänner des Gamaschendienstes, die Schmach des ernsten heiligen Wehrstandes", und mit einem dreimaligen

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 152

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
152 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. von ein paar Quadratmeilen der Krone Schweden übergeben. Seitdem sank die frühere Blüte der Stadt. Die Krone Schweden benutzte Wismar, um ihre Hochverräter, Staatsverschwörer und vornehmen Verbrecher, woran sie nie Mangel hatte, dahin zu entsenden. Aus Mecklenburg liefen die armen leibeigenen Bauern hin, um dort ihre Zuflucht zu finden vor der Tyrannei ihrer Gutsherren. Dennoch mußten sie einem Kartell mit der Krone Schweden gemäß wieder ausgeliefert werden. Wie manche Aufstände habe ich als Kuabe erlebt, wenn mitleidige Bürger vergeblich jene armen Bauern zu schützen trachteten, wie oft habe ich von meinem Vater gehört: „Kein Heil für uns, als in der Wiedervereinigung mit Mecklenburg." Als ich ein Kuabe war, fing jene bonapartische Siegesperiode an. Davon ward bei uns vernommen wie von Vorgängen in einem anderen Weltteile. Höchstens, daß zu der Zeit, wo das deutsche Blut in Strömen floß, sich einmal der Sorgeruf fund gab: „Wenn nur nicht der Krieg bis hierher vorwärts dringt!" Nachgeheuds, als ich zum Jünglinge erwachsen, schlangen sich die Bande der napoleonischen Herrschaft schon fester und fester um das arme Vaterland. Meine Herren! Das war keine leichte Zeit für einen jungen, vaterlandslosen und doch deutschen Mann, der doch einige Kraft in sich fühlte, seinen ersten Anker in der menschlichen Gesellschaft auszuwerfen in dieser Periode des allgemeinen Mißmutes, des allgemeinen Verstummeus, der allgemeinen dumpfen Bekümmernis. Hierauf endlich jener Rettungsstrahl, jener Anfang der Erhebung in den Jahren 1812 und 1813. Wie sehr wünschte jeder Jüngling, wie sehr wünschte auch ich, mein Blut daran wagen zu dürfen, daß Deutschland befreit würde! Ich war zu der Zeit an der Universität Kiel Professor, Dänemark aber stand mit Napoleon im Bunde; durch diese unglückselige Zertrennung Deutschlands war ich, wie mancher andere mit mir, von dem Kampfe für das deutsche Vaterland ausgeschlossen. Jeder Schleswig-Holsteiner, der das gethan hätte, würde von seiner Regierung als Hochverräter bezeichnet worden sein. Nun die Zeit, die daraus folgte, die Zeit der schrecklichen Enttäuschung aller wahren Vaterlandsfreunde! Ich will sie nicht erneuen, die Schmerzen, will nicht kommen auf die schleswig-holsteinische Sache, der ich solange mein Dasein gewidmet; ich will nicht der hannoverschen Sache erwähnen, die mir so tief in das Herz gedrungen ist x). Aber 1) Gemeint ist der Verfassungssturz in Hannover durch den König Ernst August 1837, gegen den sieben Göttinger Professoren, darunter Dahlmann, protestierten. Vgl. Seite 60.

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 43

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. 43 Burschen Paar an Paar, viele schöne germanische Reckengestalten darunter, mancher im Bollbart, was bei ängstlichen Gemütern schon als ein Zeichen hochverräterischer Gesinnung galt. Allen lachte die Freude ans den Augen, jene glückliche Selbstvergessenheit der Jugend, die noch ganz im Geunsse des Augenblicks aufzugehen vermag; ihnen war, als ob ihnen heute zum ersten Male die Herrlichkeit ihres Vaterlandes leibhaftig entgegenträte. Droben im Rittersaale der Wartburg, den der Großherzog gastfreundlich geöffnet hatte, wurde zuerst unter Pauken- und Trommelschall „Eine feste Burg ist unser Gott" gesungen. Darauf hielt der Lützower Riemann aus der Fülle seines ehrlichen Herzens heraus eine Festrede, die in hochpathetischen überschwänglichen Sätzen von den Thaten Lnthers und Blüchers sprach und dann bei den Geistern der erschlagenen Helden die Burschen mahnte zum „Streben nach jeglicher menschlichen und vaterländischen Tugend". Einige der landläufigen Schlagwörter von den vereitelten Hoffnungen des deutschen Volks und dem einen Fürsten, der sein Wort gelöst, liefen zwar mit unter; das Ganze war ein jugendlich unklarer, durchaus harmloser Gefühlserguß, ebenso vieldeutig und unbestimmt, wie die neue Losung Volunto! welche die Burschen gern im Munde führten. Auch was nachher noch von Professoren'und Studenten geredet ward, ging nicht über dies Maß hinaus, selbst Oken sprach mit ungewohnter Selbstbeherrschung und warnte die jungen Leute vor einer verfrühten politischen Thätigkeit. Nach dem Mütagsmahle gingen die Burschen zur Stadt hinab in die Kirche, wo auch der Eisenacher Landsturm dem Gottesdienste beiwohnte; dann gaben noch die Kämpen des Berliner und des Jenenser Turnplatzes den staunenden Landstürmern ihre Künste zum besten. Als die Dämmerung hereinbrach, zog man mit Fackeln wieder hinauf nach dem Wartenberge, der Wartburg gegenüber, wo mehrere große Siegesfeuer brannten, die mit patriotischen Reden und Liedern begrüßt wurden. Bis dahin war das Fest in glücklicher Eintracht verlaufen; hier aber ward zum ersten Male offenkundig, daß sich bereits eine kleine extreme Partei innerhalb der Burschenschaft gebildet hatte: jene fanatischen Urtentonen ans Jahns Schule, die man die Altdeutschen nannte. Diese köstliche Gelegenheit für eine fratzenhafte Eulenspiegelei konnte sich der Tnrnmeister doch nicht entgehen lassen. Er regte zuerst den Gedanken an, dies Lutherfest durch eine Nachäffung der kühnsten That des Reformators zu krönen uni), wie einst

9. Geschichtliches Lesebuch - S. 92

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
22 Vii. v. Treitschke, Anfänge der Eisenbahnen in Deutschland. stand. Unterdessen leitete Hauptmann Kunz den Bau umsichtig und thatkräftig. Eine Lokomotive, der Komet, wurde in England angekauft und eine Weile für Geld zur Schau gestellt; auch der Wagenbauer und der erste Lokomotivenführer kamen aus England. Im April 1837 konnte endlich die erste Strecke von Leipzig nach einem nahen Dorfe befahren werden; dicht gedrängt standen die Massen zu beiden Seiten der Bahn, kein lautes Wort ließ sich hören, so schreckhaft wirkte der unerhörte Anblick. Dann mußte „der Einschnitt" bei Machern ausgeschaufelt werden, durch eine Bodenwelle, welche der Reisende heute kaum bemerkt; von weither kamen die Fremden, auch der länderkundige Frhr. v. Strombeck, um das Wunderwerk zu betrachten und gründlich zu beschreiben. Der schwierigste Kunstbau der Bahn, der Tunnel bei Oberau, wurde durch Freiberger Bergleute ganz nach Bergmannsbrauch wie ein Stollen von vier niedergesenkten Schachten aus in Angriff genommen; als alles beendet war, bildeten die Knappen in ihrem Paradeanzug, mit Fackeln in der Hand, im Tunnel Spalier, um den ersten durchbrausenden Zug mit dem alten Glückauf-Ruf des Erzgebirges zu begrüßen. . . . Derweil die Deutschen sich noch an ihrer ersten großen Eisenbahn abmühten, versuchte schon eine andere folgenschwere Erfindung, die deutsche Erfindung der elektromagnetischen Telegraphie sich Raum zu schaffen. Das alte optische Telegraphenwesen hatte in Preußen während der jüngsten Jahre eine hohe Ausbildnug erlangt. Auf eine Anfrage aus Berlin traf die Antwort aus Koblenz schon binnen vier Stunden ein, freilich nur bei hellem Wetter. Wenn das hohe Balken-{jerüste auf dem Tnrmhanse in der Dorotheenstraße einmal den ganzen Tag hindurch ununterbrochen seine rätselhaften Bewegungen ausführte, dann meinten die Berliner bedenklich, die Zeiten würden schlimm. Ans Petersburg konnten die Nachrichten durch den Telegraphen und durch Kuriere in fünfzig Stunden befördert werden, und man hoffte noch auf größere Beschleunigung, da der Zar soeben bei Fraunhofer in München 450 Fernröhre für die russischen Telegraphen bestellt hatte. Aber der optische Telegraph diente ausschließlich den Behörden. Ein rascher Nachrichtendienst für den allgemeinen Gebrauch ward erst möglich, als der junge Wilhelm Weber nach Göttin gen kam und Gauß entzückt ausrief: der Stahl schlägt aus den Stein. Der Physiker und der Mathematiker, sie verbanden den elektromagnetischen Apparat ihrer Sternwarte durch einen 3000 Fuß langen Draht, über den Turm der Johanniskirche hinweg, mit dem Physikalischen Kabinett

10. Für Oberklassen - S. 46

1893 - Altenburg : Bonde
46 sionar wirft die Decke ab, mit welcher er sich gegen die Nachtkühle geschützt hat, sie ist naß vom Tau, als hätte sie mit der einen Seite auf dem Wasser gelegen. Und da ist es schon geschehen, daß ans einer Falte eine Kobra herausgefallen ist, die giftigste unter den vielen giftigen Schlangen Ostindiens. Wäre sie nicht erstarrt vor Kälte, im Augen- blick hätte sie ihn mit ihrem Zahne verwundet, und der Begleiter Hütte für seinen Herrn keine weitere Sorge zu tragen, als für ihn in qual- vollem Todeskampfe zu beten und unter einsamer Palme sein Grab zu graben. Dann kommt es aber auch aus solch' einem Missionarherzen noch einmal so tief heraus: Ich danke dir, mein lieber himmlischer Vater, durch Jesum Christum, deinen lieben Sohn, daß du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast. Dafür geht es aber auch noch einmal so hoch hinauf, hinauf und hinein bis in das Herz unseres lieben himmlischen Vaters. Kommt nun der Missionar nach zwei oder drei Wochen zu Hause wieder an, so kann er sich glück- lich preisen, wenn er nichts von seiner Reise hat, als die Erinnerung an die überstandenen Leiden und Gefahren; aber in den meisten Fällen kann er viele Wochen hindurch Flimmern vor den Augen, Ohrenzwang, einseitigen Kopfschmerz und Beulen nicht los werden; zuweilen setzt ihn das böse Sumpffieber ans Monate außer Thätigkeit, oder er erholt sich nur langsam wieder von einem heftigen Cholera-Anfalle. Aber nicht bloß die Heiden, sondern auch die Juden sollen inne werden, daß in keinem andern Heil ist, als allein in Christo Jesu. Seit- dem Sankt Paulus zu den Juden gesagt hatte: „Nun ihr das Wort Gottes von euch stoßet und achtet euch selbst nicht wert des ewigen Lebens, siehe, so wenden wir uns zu den Heiden," seitdem hat sich die christliche Kirche viele Jahrhunderte hindurch nur wenig um das Heil des Volkes Israel gekümmert. Unter den Evangelischen war Aug. Herm. Francke, der Stifter des Halleschen Waisenhauses, der erste, welcher die Bekehrung der Juden als Reichssache der Christen ansah. Den Anstoß zu dieser Erkenntnis erhielt er während eines Besuches, welchen er seinem alten Freunde, dem Prälaten Hochstetter, im Kloster Baden- hausen bei Tübingen abstattete. „Einen dreifachen Wunsch," sagte dieser zu Francke, als sie einmal im traulichen Gespräche bei einander saßen, „habe ich immer meinem Gotte vorgetragen: erstens, daß doch der Herr eine neue Ausgießung des Geistes über unsere deutsche Christen- heit geben wolle; zum andern, daß er Arbeiter in das weite Feld der Heiden senden wolle; zum dritten, daß auch erbarmende Herzen an den Weinberg Israels denken möchten. Die beiden ersten Gebete hat mein Gott in Gnaden erhört; ach, daß doch auch mein letzter Wunsch noch möchte in Erfüllung gehen!" Es sollte geschehen und gar bald ge- schehen. Francke regte die Sache der Judenmission unter den Studenten in Halle an, und einer unter ihnen, Kallenberg, errichtete eine Anstalt, aus welcher im Jahre 1728 die ersten Missionare ausgingen, den Juden das'evangelium zu verkündigen. In gegenwärtiger Zeit bestehen 6 Ge- sellschaften für Judenmission; sie unterhalten gegen 130 Missionare, von denen fast die Hälfte ehedem selbst Juden waren. Bis jetzt können sie freilich nur wenige Früchte ihrer Predigt aufweisen; denn es ist sehr
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