Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 199

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der Minnesang. 199 Turniere kosteten gar manchem Leben und Gesundheit; sie wurden von Päpsten, Bischöfen und von Koncilien verboten, dauerten aber dessen- ungeachtet fort, bis König Heinrich Ii. von Frankreich durch einen Gra- fen Montgommery 1559 aus Ungeschicklichkeit tödtlich verwundet wurde. Durch den Adel kamen auch die Wappen auf; zuerst waren sie Unter- scheidungszeichen der Krieger, an welchen sie einander erkannten, dann wurden sie erblich und auch von den Städten angenommen; so entstand - eine eigene Wissenschaft, die Heraldik, welche sich mit der Deutung der Wappen beschäftigte. Der Minnesang. Des Ritters Hand führte aber nicht bloß das gewichtige Schwert, sie ließ auch die Harfe klingen zum selbsterfundenen oder erlernten Liede. Das ganze Wesen des Ritterthums in seiner Blüte, wie in seiner Ent- artung spiegelte sich in einer eigenthümlichen poetischen Literatur ab, deren Träger und Pfleger Ritter und Höfe, deren Stoffe ritterliche Tha- ten und Tugenden, Gottes- und Frauenliebe waren; von dieser ritter- lichen oder höfischen Dichtung, die als Kunstpoesie im Gegensätze zur Volksdichtung auftrat, ist uns gar vieles erhalten und höchst wichtig für die Kenntniß der geselligen und sittlichen Zustände wie der politischen Parteien des Mittelalters. Am frühesten erwachte der ritterliche Sang im Gebiete der provenyalischen Sprache, in Südfrankreich und im nord- östlichen Spanien; hier wanderten die Troubadours (Erfinder, von trou- ver; sie waren Dichter und Sänger in einer Person) von Burg zu Burg, von einem Feste zum andern, und fanden allenthalben gastliche Aufnahme, denn ihre Lieder waren die Würze der geselligen Unterhal- tung für Herren und Frauen, und die Vornehmsten suchten ihren Ruhm darin, auch als Dichter zu glänzen oder doch die Dichtkunst auf jegliche Weise zu hegen und zu pflegen. Während Frauenliebe der Grundton der provenyalischen Dichtung war und blieb, wurde in Nordfrankreich und England vorzugsweise die ritterliche Heldendichtung gepflegt, welche theils die Thaten und Sagen von Karl dem Großen, vom König Artus, dem walisischen Helden und dessen Genossen und vom heiligen Gral zu ihrem Mittelpunkte machte, theils Helden der heidnischen Vorzeit, Ale- xander den Großen und Aeneas, zu christlichen Rittern umschuf und besang. Die Kreuzzüge verliehen dem ganzen Leben der Zeit und nament- lich auch der Dichtkunst höhern Schwung und religiöse Weihe, das ferne wunderbare Morgenland in seinen Beziehungen und Kämpfen mit dem Abendland bot der dichterischen Einbildungskraft unerschöpfliche Stoffe; sie brachte aber auch die Völker Europas in gegenseitigen und innigen Verkehr, sie lernten ihre Sprachen, Geschichten und Sagen gegenseitig

2. Geschichte - S. 96

1871 - Freiburg im Breisgau : Herder
96 Im Jahre 800 zog Karl nach Nom, um Leo Iii. gegen einige Verruchte, die an das Oberhaupt der Kirche ihre frevelnben Hänbe gelegt hatten, zu beschützen. Die Ruhe warb balb hergestellt, ungestört konnte mau jetzt das Weihnachtsfest feiern. Die Anwesenheit des mächtigen Fürsteil erhöhte den Glanz des Festes und zog eine anßerorbentliche Menge nach Rom. Römer und Frauken drängten sich am ersten Feiertage in die große Peterskirche, dem Gottesbienste beizuwohnen und des Hl. Vaters Segen zu empfangen. Da trat auch Karl in die Kirche, ging zum Hochaltar und kniete nach seiner gewöhnlichen frommen Weise an der untern Stufe nie-ber, um sein Gebet zu verrichten. Als er hier in tiefer Anbacht versunken ist, stehe, ba nahet sich ihm der Papst in feierlichem Gefolge der hohen Geistlichkeit mit einer golbenett Krone in der Hand, fetzt sie dem Könige auf das Haupt und salbt ihn zum römischen Kaiser. Das Volk aber ruft breimal: „Leben und Sieg Karl dem Großen, dem von Gott gekrönten, frommen, friebbriu-genben Kaiser von Rom!" Sogleich schmettern die Trompeten, Helle Musik ertönt in beit taufenbfachen Jubel des Volkes, ein zahlreicher Chor stimmt den Krönungsgesang an. Von nun an blieb der Kaisertitel als Auszeichnung bei dem Oberhaupte des beittscheix Reiches. So war Karl zu eiuer kaum geahnten Macht emporgestiegen. Sein Kaiserreich erstreckte sich jetzt von beit Pyrenäen bis zur Ober, vou der Norb- und Ostsee bis zur Sübküste Italiens. Diese gewaltige Masse von Ländern wußte feine Hand ebenso gut zu lenken, als sie das Schwert zu führen gewohnt war. Aus allen muß’ teil ihm fortwährenb Berichte eingeschickt werben; nach allen Seiten fanbte er Befehle, nitb biefeit wußte er Nachdruck zu verschaffen. Sein Petfchaft war in feinem Schwertknopf eingegraben. Hatte er nun einen Befehl an einen tuiberfpenstigen Herzog untersiegelt, so pflegte er wohl zu sagen: „Hier ist mein Befehl, und hier — das Schwert fchiilteliib — der, welcher ihm Gehorsam verschaffen soll." — Dabei venvaitbte er auf die Rechtspflege eine ganz besondere Sorgfalt, um überall in feinem Reiche Recht und Gerechtigkeit zu haubhabeu. — Karl liebte auch die Baukunst und ließ zahlreiche und

3. Geschichte - S. 44

1871 - Freiburg im Breisgau : Herder
44 Alexander. Das griechische Volk hatte nachgerade die Ehre seines Namens so sehr vergessen, daß Griechen gegen Griechen von ihren Erbfeinden, den Persern, Unterstützung annahmen. Darum wurden sie auch tu Bälde die Beute eines schlauen Eroberers, des Königs Philipp von Macedonien, dessen Sohn Alexander ihn noch an Größe und Ruhm überstrahlte. Mit ausgezeichneten Anlagen ausgerüstet erhielt Alexander den größten Weisen damaliger Zeit, Aristoteles, zum Erzieher, den er auch anfangs so sehr liebte, daß er oft sagte: „Meinem Vater verdanke ich nur, daß ich lebe, meinem Lehrer, daß ich gut lebe." Leider machten ihn aber die unerhörten Schmeicheleien seiner Umgebung bald gleichgiltig gegen den ernsten Lehrer nüchterner Weisbeit und bescheidener Tugend, und seine Augen waren frühe auf die glänzenden Thaten gerichtet, die sein Vater in Griechenland vollführte. „Ach, mein Vater wird mir nichts mehr zu thun übrig lassen," hörte man ihn oft schmerzlich ausrufen. Jemand, der seine ungeheure Schnelligkeit im Laufen bewunderte, fragte Um, ob er sich nicht in Olympia sehen lassen wolle. „Ja wenn ich mit Königen um die Wette laufen könnte!" entgegnete er. Die Gesänge des alten griechischen Dichters Homer trug er immer bei sich und hatte sie selbst des Nachts unter seinem Kopfkissen liegen; denn Homer hat ja besonders Krieg und große Helden besungen. Einmal wurde seinem Vater ein wildes Pferd um den ungeheuern Preis von 13 Talenten (au 16,000 Thaler) angeboten. Die besten Reiter versuchten ihre Kunst an ihm; allein es ließ keinen aufsitzen, und Philipp befahl endlich es wegzuführen, da es kein Mensch brauchen könne. Da bat Alexander seinen Vater, ihm das Pferd zu erlauben. Er ergriff dasselbe beim Zügel, führte es gegen die Sonne, da er bemerkte, daß es sich vor seinem eigenen Schatten fürchtete, streichelte es eine Zeit lang, ließ dann unvermerkt seinen Mantel fallen und schwang sich plötzlich hinauf. Alsbald flog das Thier mit ihm blitzschnell davon und alle Zuschauer zitterten für ihn. Als sie aber sahen, daß er wieder umlenkte, und das Roß nach Willkür bald links bald rechts tummelte, da erstaunten sie alle, und Philipp rief mit Frendenthränen,

4. Geschichte - S. 41

1871 - Freiburg im Breisgau : Herder
41 gleich wieder mit einem Auftrage weithin in die Stadt geschickt." — „Sieh," sagte Sokrates, „du hast vor deinem Sklaven Vorzüge des Geistes; er hat vor dir Vorzüge der Natur. Du bist reich und frei, aber schwach und weichlich; er ist arm und leibeigen, aber gesund und stark. Sage selbst, wer der Glücklichere ist?" Ein anderer that einst mit seinen Gütern und Landhäusern sehr groß. Sokrates führte ihn hierauf zu einet: Landkarte hin, auf welcher Griechenland abgebildet war. „Zeige mir hier doch das Land der Athener," sagte er. Der andere that es. „Und wo sind deine Landgüter?" — „Ich sehe sie hier nicht." — „Und du bist stolz auf einen Daumen breit Erde, den man nicht werth gehalten hat mit einem Striche anzudeuten?" Solcher Weisheitssprüche hat uns die Geschichte noch sehr viele von ihm aufbewahrt. „Die Götter," sagte er z. B. einst, „bedürfen unserer Reichthümer nicht. Die einfachsten Opfer sind ihnen die angenehmsten, wenn sie nur von reinen Händen dargebracht werden. Gefielen ihnen die Gaben der Ueppigkeit, so würden sie nur von den Bösen verehrt." „Das Einzige," pflegte er zu sagen, „was ich mit Gewißheit weiß, ist das, daß ich nichts weiß, und dies allein unterscheidet mich von andern, die sich Weise nennen lassen. Sie wissen auch nichts, aber sie glanben doch etwas zu wissen." Man fragte ihn, wie man einen dauerhaften Ruf erlangen könne? „Wenn man das ist, was man scheinen will," antwortete er. Kein Wunder, wenn Sokrates durch solche Reden viele Jünglinge unwiderstehlich an sich zog und sie für immer an seine Person fesselte. Ein hoffnungsvoller Jüngling wünschte sehnlichst sein Schüler zu werden, fürchtete aber wegen seiner Armuth nicht angenommen zu werden. „Ei," sagte Sokrates, der seine Wünsche entdeckte, „schätzest du dich so gering? Rechnest du das Geschenk für nichts, das du mir mit dir selber machst?" Von diesem Augenblicke an wurde der Jüngling ein eifriger Schüler des Sokrates. Ein anderer seiner Schüler ging sogar täglich eine halbe Meile nach der Stadt, um ihn zu hören. Ja ein dritter kam sehr oft des Abends verkleidet von Megara, einer Stadt vier Meilen von Athen, um nur einen Tag den Umgang des Sokrates zu genießen, obwohl die Athe-

5. Geschichte des Mittelalters - S. 220

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
220 Das heilige römische Reich deutscher Nation. Liede. Das ganze Wesen des Ritterthums in seiner Blüte, wie in seiner Entartung spiegelte sich in einer eigenthümlichen poetischen Li- teratur ab, deren Träger und Pfleger Ritter und Höfe, deren Stoffe ritterliche Thaten und Tugenden, Gottes- und Frauenliebe waren. Von dieser ritterlichen oder höfischen Dichtung, die als Kunstpoesie im Gegensätze zur Volksdichtung auftrat, ist uns gar vieles erhalten und höchst wichtig für die Kenntniß der geselligen und sittlichen Zustände in den politischen Parteien des Mittelalters. Diese Gedichte sind zu- gleich die wichtigsteu Denkmäler der mittelhochdeutschen Sprache, denn die damaligen Schriftsteller bedienten sich ausschließlich der lateinischen Sprache; auch die Urkunden wurden noch im 13. Jahrhundert in der Regel lateinisch abgefaßt; die ältesten deutschen Rechtsbücher, der Sachsenspiegel (den wir nicht in seiner ursprünglichen Gestalt besitzen) und der Schwabenspiegel, gehören jedoch schon der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts an. Am frühesten erwachte der ritterliche Sang im Gebiete der proven- hñlischen Sprache, in Südfrankreich und im nordöstlichen Spanien; hier wanderten die Troubadours (Erfinder, von trouver; sie waren Dichter und Sänger in einer Person) von Burg zu Burg, von einem Feste zum andern, und fanden allenthalben gastliche Aufnahme, denn ihre Lieder waren die Würze der geselligen Unterhaltung für Herren und Frauen, und die Vornehmsten suchten ihren Ruhm darin, auch als Dichter zu glänzen oder doch die Dichtkunst auf jegliche Weise zu hegen und zu pflegen. Während Frauenliebe der Grundton der provenyalischen Dich- tung war und blieb, wurde in Nordfrankreich und England vorzugs- weise die ritterliche Heldendichtung gepflegt, welche theils die Thaten und Sagen von Karl dem Großen, von König Artus, dem walisischen Helden und dessen Genossen, und vom heiligen Gral (die Schüflel des heiligen Abendmahls) zu ihrem Mittelpunkte machte, theils Helden der heidnischen Vorzeit, Alerander den Großen und Aeneas, zu christlichen Rittern um- schuf und besang. Die Kreuzzüge verliehen dem ganzen Leben der Zeit und nament- lich auch der Dichtkunst höheren Schwung und religiöse Weihe, das ferne wunderbare Morgenland in seinen Beziehungen und Kämpfen mit dem Abendland bot der dichterischen Einbildungskraft unerschöpfliche Stoffe; sie brachten aber auch die Völker Europas in gegenseitigen und innigen Verkehr, sie lernten ihre Sprachen, Geschichten und Sagen gegenseitig kennen, und in dieser Zeit war es, wo auch im deutschen Reich die Ritterdichtung aufkam und schönere Blüten trieb als irgendwo (1150 bis 1240). Unter den Hohenstaufen, welche die Dichtkunst liebten und fast sämmtlich selbst Dichter waren, erreichte die Dichtkunst ihre höchste Voll-

6. Dichtung des Mittelalters - S. 38

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
38 Dritte Periode, von 1150—1300. Da sprach wieder Brunhild: „Wie weidlich sei dein Mann, Wie schön und wie bieder, so steht ihm doch voran Günther, der Recke, der edle Bruder dein: Der muß vor allen Königen, das wisse du wahrlich, sein." Da sprach Kriemhild wieder: „So wert ist mein Mann, Daß er ohne Grund nicht solch Lob von mir gewann. An gar manchen Dingen ist seine Ehre groß. Glaubst du das, Brunhild? er ist wohl Günthers Genoß!" „Das sollst du mir, Kriemhild, im Argen nicht versteh'n; Es ist auch meine Rede nicht ohne Grund gescheh'n. Ich hört' es beide sagen, als ich zuerst sie sah. Und als des Königs Willen in meinen Spielen geschah, „Und da er meine Minne so ritterlich gewann, Da sagt' es Siegfried selber, er sei des Königs Mann: D'rum halt' ich ihn für eigen: ich hört' es ihn gesteh'n." Da sprach die schöne Kriemhild: „So wär' mir übel gescheh'n. „Wie hätten so geworben die edlen Brüder mein, Das ich des Eigenmannes Gemahl sollte sein? Darum will ich, Brunhild, gar freundlich dich bitten, Laß mir zulieb die Rede hinfort mit gütlichen Sitten." Die Königin versetzte: „Sie lassen mag ich nicht: Wie thät' ich auf so manchen Ritter wohl Verzicht, Der uns mit dem Degen zu Dienst ist Unterthan?" Kriemhild die schöne hub da sehr zu zürnen an. „Dem mußt du wohl entsagen, daß er in der Welt Dir irgend Dienste leiste. Werter ist der Held Als mein Bruder Günther, der Degen unverzagt. Erlaß mich der Dinge, die du mir jetzo gesagt. „Auch muß mich immer wundern, wenn er dein Dienstmann ist, Und du ob uns beiden so gewaltig bist, Warum er dir so lange den Zins versessen hat; Deines Übermutes wär' ich billig nun satt." „Du willst dich überheben," sprach da die Königin. „Wohlan, ich will doch schauen, ob man dich fürderhin So hoch in Ehren halte, als man mich selber thut." Die Frauen waren beide in sehr zornigem Mut. Da sprach wieder Kriemhild: „Das wird dir wohl bekannt: Da du meinen Siegfried dein eigen hast genannt, So sollen heut' die Degen der beiden Kön'ge seh'n, Ob ich vor der Königin wohl zur Kirche dürfe geh'n."

7. Dichtung des Mittelalters - S. 14

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
14 Dritte Periode, von 1150—1300. Dritte Periode, von 1150—1300. S «. Erste Blütcperiode. Die Ursachen des großartigen Aufschwunges der Poesie in dieser Periode, die wir mit Recht die erste Blüteperiode nennen, sind vor- wiegend folgende: 1. Die Krenzzüge. Das Christentum hatte mit der Zeit Herz und Gemüt der Deutschen ganz durchdrungen, hatte sie gelehrt, ihr Leben und Wirken auf eine höhere Welt zu beziehen. So war das Volk erfüllt von Glauben, Liebe und Hingabe an die Lehren des Christentums, ohne aber von seinem Nationalcharakter, seinem Hang nach Krieg und Abenteuern, feiner Wanderlust etwas abzugeben. Daher mußten die Kreuzzüge, die einerseits, ausgehend von dem kirchlich-frommen Sinne der Christen, die Befreiung des heiligen Landes bezweckten, andrerseits den Deutschen die beste Gelegenheit zu Kampf und Abenteuern boten, das deutsche Volk gewaltig anziehen und eine mächtige Begeisterung hervorrufen. Zugleich ' wurde durch die Verbindung mit anderen abendländischen Völkern und mit dem Orient der Jdeenkreis erweitert, die Phantasie belebt und mit ritterlich romantischen Gedanken gefällt, und der Dichtung mannigfaltiger und herrlicher Stoff geboten. 2. Der Glanz des hohen st aufi scheu Kaiserhauses. Galt überhaupt schon der deutsche Kaiser als das weltliche Haupt der Christen- heit und das deutsche Volk unter ihm als die weltgebietende Nation, so mußte diese Anschauung um so ausgedehntere Geltung erlangen, als in den Hohenstaufen lebensfrische, heldenhafte, von den höchsten Ideen er- füllte Herrscher den Kaiserthron inne halten und durch glorreiche Thaten in Deutschland, Italien und dem Oriente den Glanz ihres Namens weit- hin verbreiteten. Kein Wunder daher, daß damals alle Stände, alle Geschlechter Deutschlands ein allgemeines, stolzes Nationalgefühl beseelte, daß alle der Größe und der Bedeutung ihres Volkes sich lebhaft bewußt wurden. So bot dieser glanzvolle Zeitraum fruchtbare poetische Clemente, die das ganze Volk bewegten und begeisterten. 3. Die Blüte des deutschen Rittersta ndes, welcher durch die Kreuzzüge eine idealere Richtung erhielt, feinere gesellige Bildung an- nahm und äußern Glanz entwickelte. Wie die Kaiser und Fürsten, namentlich die Herzöge von Ästerreich und die Landgrafen von Thüringen, die Dichtkunst förderten und ihre Vertreter begünstigten, so bemühten sich die Ritter, auf ihren Burgen ein Gleiches zu thun, fa sie wurden sogar

8. Dichtung des Mittelalters - S. 135

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 16. Wolfram von Eschcnbach. 135 Rittertum umfaßt, die eben damals in ihre höchste Blüte traten, stellt er das gesamte, nur im Ritterstande atmende Leben seiner Zeit, das äußere wie das innere, mit solcher Treue und Gewissenhaftigkeit dar, als wenn er es darauf angelegt hätte, die Trachten, Sitten und Gebräuche nicht minder als den Glauben, die Gesinnung und die höchsten Ideen einer- schnell vorüberrauschenden Glanzperiode der Nachwelt in einem dauernden Spiegelbilde zu fesseln. Doch all dieser Reichtum der Begebenheit und Schilderung, alle Herrlichkeit des Grals, alle Pracht der Tafelrunde wären verschwendet, wenn sie der Gedanke des Dichters nicht beherrschte und durchdränge. Was den Parzival zum unvergänglichen Kunstwerke stempelt, wodurch Wolfram seine welschen Vorgänger, die ihm den Stofs überliefert haben, weit hinter sich läßt, ist eben das dichterische Bewußt- sein , womit er alle diese Äußerlichkeiten auf das innere Leben seines Helden bezieht, dessen geistige Entwicklung er in allen ihren Phasen offen vor uns darlegt, den er aus der kindischen Einfalt (tuinxlleit) in die Entzweiung (zwivel), ja zur Verzweiflung führt, um ihn aus dieser durch harte Prüfungen geläutert zur Versöhnung und Heiligung, zum höchsten Glück (chaeläs) gelangen zu lassen." Kein Wunder daher, daß schon die Zeitgenossen, außer Gottfried von Straßburg, welcher in der ihm eigenen Richtung für den strengen, sittlichen Ernst Wolframs kein Verständnis hatte, das Lob des großen Parzival- dichters trotz seiner häufig verwirrenden Stofffülle und trotz' seiner nicht selten dunkeln, in oft seltsamen Bildern sich bewegenden Sprache mit Begeisterung singerg, daß seine weisheitsvolle Kunst im 13. Jahrhundert sprichwörtlich war, und sein Werk unter den ersten deutschen bereits 1477 dem Druck übergeben wurde. Seine letzte Ruhestätte fand er im Frauenmünster zu Eschenbach, wo ihm ans dem Markte der knnstliebende König Max von Bayern im Jahre 1861 ein sinniges Denkmal setzte. parzival. parstvals Erstehung und Jugend. Parzival ist der Sohn Gamurets ans dem königlichen Hause von Anjou und der aus dem Geschlechte der Gralskönige stammenden Herzeleide. Da der Hang nach Wafsenthaten den Vater in die ferne Welt und in einen frühen Tod getrieben, beschließt die Mutter, um den einzigen Sohn vor solchen Gefahren des Ritterlebens zu bewahren, ihn in tiefer Abgeschiedenheit zu erziehen. 1 1 ,,— —, Her Wolfram, ein wise man von Eschenbach, sin herze ist ganzes Sinnes dach, leien munt nie baz gesprach.“ (Wirnt von Gravenberg.)

9. Dichtung des Mittelalters - S. 152

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
152 Dritte Periode, von 1150—1300. Auf der Aventüre Sinn! Wie hell und klar von Anbeginn Sind seine Wörtlein von Krystall Und bleiben es auch immer all! Mit Sitten treten sie heran Und schmiegen nahe sich uns an Und werden lieb dem reinen Mut. Die gute Rede für gut Nehmen und verstehen können, Die müssen dem von Aue gönnen Den Kranz und seinen Lorbeerzweig. Wer* aber einem Hasen gleich Auf der Wortheide Hohe Sprüng' und ferne Weide Mit Würfelworten 2 sucht und jagt Und, ohne daß er andre fragt, Das Lorbeerkränzlein sich verspricht, Der versäume unsre Stimmen nicht; Wir sind immer bei der Wahl ge- wesen. Wir, die die Blumen helfen lesen, Womit durchflochten und geschmückt Das Lorbeerreis wird aufgedrückt, Wir fragen nach des Manns Begehr; Will er das Reis, so tret' er her Und bring' uns seiner Blumen Zier; An den Blumen dann erkennen wir, Ob sie den Kranz so lieblich schmücken, Daß sich der Auer vor ihm bücken Und ihm das Reis soll zugesteh'n. Doch weil noch keiner ward geseh'n, Dem es so wohl steht zu Gesicht, Helf' Gott, so nehmen wir's ihm nicht; Und soll das Kränzlein keiner haschen, Seine Worte sei'n denn wohl ge- waschen Und eben seine Red' und schlicht, Daß man den Hals nicht d'rüber bricht, Wenn man aufrecht kommt gegangen, Richt will mit Hahnenschritten prangen. Doch die in Mären wildern, Uns wilde Märe schildern, 1 1 Wolfram von Eschenbach, s Erklärung. Die mit den Ketten klirren Und stumpfen Sinn verwirren, Die Gold aus schlechten Sachen Den Kindern wollen machen, Die ihre Büchse rütteln, Statt Perlen Staub entschütteln, Die möchten schatten mit der Stange, Richt mit dem grünen Laubbehange, Mit Zweigen noch mit Asten. Ihr Schatten thut den Gästen ;. Gar selren an den Augen wohl, Wenn ich die Wahrheit sagen soll; Er füllt uns nicht mit Mut die Brust, Er gießt ins Herz uns keine Lust; Ihre Rede hat die Farbe nicht, Die froh zu edeln Herzen spricht. So wilder Märe Jäger Müssen Ausleger e- Mit ihren Mären lassen geh'n; Wir können so sie nicht versteh'n, Wie man sie lesen hört und lieft; Den Klugen auch die Zeit verdrießt, Daß er im schwarzen Buche :; Rach der Glosse 2 suche. Roch sind der Farbcnkünstler mehr: :; Von Steinach Herr Blickher * r, Freut mit Worten, wonnesamen, i, Als stickten Frauen sie, die an Rahmen In Gold und Seide wirken; Man sollte sie durchzirken , Mit griechischen Borten.------------ Wen soll ich ferner auserlesen? t; Roch viele sind und sind gewesen, i, An Sinn und Rede wonniglich, e- Von Veldeke Herr Heinrich, Der sprach aus vollem Sinne! Wie wohl er sang von Minne! t, Wie schön ist seines Sinnes Hülle, i, Als hätt' er seiner Weisheit Fülle n. Aus dem Quell des Pegasus genom- men, Von dem die Weisheit all ist kommen. 2 Mit ungewählten, unklaren Ausdrücken. 4 Ein wenig bekannter pfälzischer Dichter.

10. Dichtung des Mittelalters - S. 155

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 18. Nachblute und Verfall des Kunstepos, 1230—1300. 155 kröne von England ausgeschlagen hat, Aufopferung, Demut und Selbstverleugnung. „Barlaam und Josaphat", eine Legende, in der der indische Königssohn Josaphat von dem Einsiedler Barlaam zum Christentum bekehrt wird, die Krone niederlegt und sein Leben unter Fasten und Beten in beschaulicher Einsamkeit beschließt, lehrt Entsagung und freiwillige Armut. Seine „Weltchronik", welche die Geschichte des Alten Testaments bis auf Saloman enthält, galt bis auf Luthers Zeit als eine wichtige Fundgrube für die Kenntnis des Alten Testamentes. Konrad von Würzburg, bürgerlichen Standes, gestorben 1287 zu Basel, welcher neben mehreren Legenden und Erzählungen „den trojanischen Krieg" nach einer französischen Dichtung in nicht weniger als 50 000 Versen bearbeitete. Gelehrt und formgewandt, gebietet er zugleich über einen großen Reichtum von Bildern und Gleichnissen, wie er namentlich in seiner „Goldenen Schmiede", einem glänzenden Lobliede auf die heilige Jungfrau Maria bekundet, aber seine Muse entbehrt doch des eigentlichen geistigen Gehaltes. Der Stricker (striellaere — verknüpfend) , ein vielseitiger, nach seinen Lebensverhältnissen unbekannter Dichter aus Österreich, welcher die komische Seite des höfischen Epos in seinem „Pfaffen Amis", einem mittelalterlichen „Eulenspiegel", vertritt. B. Lyrik. § 19. Stoff und Form der Lyrik. Neben der Epik blühte gleichzeitig die Lyrik. Dieselbe äußert sich vorzugsweise in dem sogenannten Minnegesange, dessen Hauptthema die Minne ist (meinan, althochdeutsch ^lateinisch meminisse], — gedenken), d. h. die seelenvolle, keusche Liebe, das stille sehnende Denken an die Geliebte. Die den Deutschen schon von ihren Vorfahren her innewohnende Hochachtung1 des weiblichen Geschlechtes hatte durch den Einfluß des Christentums, namentlich durch die Verehrung der Gottesmutter Maria, noch eine bedeutende Stärkung erhalten. Dazu erachtete das Ritter- tum es als eine seiner ersten Pflichten, die Frauen zu ehren und ihrem Dienste sich zu widmen. So konnte in der idealen Richtung des damaligen Rittertums der Frauenkult einen solchen Grad erreichen, wie wir ihn in den Minneliedern kennen lernen. Zwar haben dieselben vielfach etwas Einförmiges, da der Kreis der Gedanken und Empfindungen in denselben auf stilles Hoffen und süße Sehnsucht, auf jubelnde Wonne bei freundlicher Zuneigung der nicht einmal mit Namen genannten Ge- liebten, auf schmerzliche Klage bei etwaiger Härte oder Untreue derselben sich beschränkt; sie bekunden aber dafür auch die tiefe und keusche Zart- heit des deutschen Gemütslebens in lieblicher und fesselnder Anmut. 1 Tacitus sagt in seiner Germania c. 8: „Inesse (feminis) quin etiam sanctum aliquid et providum putant.“
   bis 10 von 107 weiter»  »»
107 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 107 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 10
1 68
2 2
3 5
4 10
5 52
6 1
7 75
8 0
9 13
10 95
11 13
12 3
13 0
14 6
15 0
16 38
17 0
18 1
19 4
20 4
21 2
22 2
23 2
24 9
25 1
26 2
27 3
28 4
29 1
30 5
31 3
32 9
33 26
34 2
35 0
36 6
37 546
38 8
39 1
40 0
41 0
42 12
43 216
44 0
45 107
46 11
47 0
48 1
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 3
1 107
2 7
3 32
4 0
5 0
6 0
7 2
8 6
9 8
10 0
11 2
12 2
13 24
14 9
15 2
16 22
17 185
18 0
19 4
20 1
21 15
22 23
23 3
24 6
25 36
26 8
27 2
28 10
29 0
30 3
31 11
32 5
33 0
34 1
35 190
36 2
37 0
38 8
39 19
40 0
41 16
42 11
43 63
44 0
45 75
46 11
47 5
48 0
49 2
50 1
51 0
52 117
53 5
54 8
55 9
56 9
57 0
58 4
59 5
60 5
61 0
62 1
63 22
64 0
65 2
66 6
67 1
68 23
69 6
70 3
71 46
72 0
73 2
74 2
75 10
76 9
77 124
78 1
79 1
80 0
81 5
82 12
83 3
84 2
85 4
86 6
87 12
88 5
89 4
90 3
91 8
92 322
93 1
94 19
95 9
96 2
97 2
98 42
99 1

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 1
1 0
2 2
3 0
4 0
5 0
6 0
7 0
8 3
9 0
10 2
11 0
12 0
13 2
14 0
15 1
16 1
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 2
23 1
24 0
25 0
26 1
27 0
28 0
29 16
30 3
31 1
32 0
33 42
34 2
35 0
36 0
37 0
38 0
39 1
40 0
41 47
42 1
43 0
44 0
45 4
46 2
47 2
48 0
49 1
50 2
51 11
52 0
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 1
59 31
60 1
61 1
62 0
63 0
64 2
65 0
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 2
72 2
73 1
74 2
75 3
76 0
77 0
78 0
79 0
80 1
81 107
82 4
83 0
84 0
85 1
86 0
87 0
88 0
89 0
90 0
91 3
92 2
93 0
94 0
95 0
96 0
97 2
98 0
99 0
100 16
101 0
102 9
103 0
104 0
105 0
106 1
107 0
108 0
109 0
110 2
111 3
112 8
113 0
114 0
115 0
116 6
117 0
118 1
119 0
120 2
121 0
122 0
123 1
124 1
125 1
126 0
127 10
128 0
129 0
130 0
131 2
132 3
133 1
134 0
135 0
136 109
137 0
138 0
139 0
140 0
141 0
142 1
143 0
144 0
145 0
146 0
147 3
148 2
149 0
150 2
151 4
152 2
153 0
154 1
155 0
156 5
157 0
158 0
159 1
160 0
161 1
162 0
163 0
164 0
165 1
166 10
167 2
168 0
169 2
170 0
171 2
172 67
173 50
174 0
175 22
176 0
177 5
178 0
179 6
180 0
181 0
182 3
183 39
184 0
185 1
186 0
187 1
188 0
189 1
190 2
191 0
192 3
193 1
194 0
195 0
196 3
197 0
198 0
199 2