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1. Die vorchristliche Zeit - S. 95

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Israeliten. 95 einbar war, obgleich sich unter der Voraussetzung, daß der König nicht aus des Volkes, sondern aus Gottes Wahl hervorgehe, schon im Pen- tateuch Grundzüge einer monarchischen Verfassung niedergelegt finden, widersetzte sich Samuel dem Verlangen des Volkes nach einem Könige. Er schilderte dem Volke den Druck despotischer Willkühr, welcher die Gewalt eines kriegerischen Fürsten verfällt, wenn ihr keine Vertretung göttlichen Rechtes das Gegengewicht hält. Als er aber durch Schilde- rung des Drucks, den das Königthum mit sich bringen könne, das Volk von seinein Begehren nicht abbrachte, flehte er zu Gott um Erleuchtung und als er den göttlichen Willen, welcher ihn nachgeben hieß, erkannt hatte, wählte und salbte er den durch äußere Vorzüge ausgezeichneten Saul aus Gibeah. Um jedoch in der entscheidenden Zeit des Ueber- ganges zu einer anderen Verfassung das Volk der geistigen Leitung nicht zu berauben, um einen religiösen Einfluß auf das ueu gegründete Kö- nigthum zu sichern, gab er auch, als Saul zum Könige gesalbt war, die Richterwürde nicht auf und fand zu Bewahrung seines Einflusses fortwährenden Anlaß in der ganz äußerlichen Richtung Sauls, in dessen Hand das Königthum nur ein Heerführerthum war. Der Mangel an Folgsamkeit, welchen Saul gegen die Befehle Samuels zeigte, führte seine Verwerfung und die Uebertragung seiner Würde auf einen Ande- ren herbei. Die Darstellung des religiösen Ideales im Königthume konnte mn des Königs willen, der dazu unfähig war, nicht aufgegeben werden. Hatte Samuel nach Sauls Siegen über die Ammoniter den- selben in feierlicher Versammlung zu Gilgal, wo er sich hinsichtlich seiner Verwaltung vor dem Volke rechtfertigte, aufs Neue bestätigt und so die im alten Freiheitsgefühl noch der Einheit widerstrebenden Stämme zum Gehorsam gegen ihn aufgefordert, so sagte nach dem Siege über die Amalekiter der Prophet sich von ihm los, weil er nicht nach erhaltenem Befehle Alles, was ihm in die Hände gefallen war, getödtet und weil er sich Beute zugeeignet hatte. Saul fühlte, daß die Kraft, die er durch Samuels Salbung erhalten, von ihm wich. Denn als nach dem Opfer, das er unfern der Philistergrenze zu Gilgal gebracht, der Pro- phet von ihm schied, suchte er ihn am Gewände festzuhalten, aber dieses riß und die Trennung war so entschieden, wie der Riß des Gewandes. Das Königthum ging in den Stamm Inda über, ans welchem David zu Sauls Nachfolger erkoren wurde. Er, als Hirt auf den Triften Bethlehems lebend, wurde, da er kaum den Knabenjahren entwachsen war, zum Könige gesalbt und der Segen dieser Wahl brachte reiche Früchte in der Seele des Jünglings. Noch hütete eine Zeit lang Saul mit Eifersucht die ihm abgesprochene Macht und die Verhältnisse, in welche David zu ihm gerieth, dienten dazu, die Anlagen, durch welche dieser zu Erneuerung des religiösen Lebens in seinem Volke befähigt

2. Dichtung des Mittelalters - S. 115

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 11. Stoff des Kunstepos, Darstellung und Form. 115 dem Großen, ferner aus der französischen Sage von Karl dem Großen, aus der brittischen Sage von König Artus und der Tafelrunde^ und aus der spanischen Sage vom heiligen Gral?. 1 Um den Namen des Königs Artus (getötet 542), der als Vertreter der brittischen (keltischen) Nationalität in siegreichem Kampfe gegen die Angelsachsen, gegen Schott- land, Irland, Norwegen und Dänemark gedacht wird, bildete sich mit der Zeit, indem „das erlöschende Nationalbewußtsein des von Römern ltnb Germanen aus der Reihe der herrschenden Völker Europas verdrängten Keltcnvolkes sich um ihn sammelte", ein Sagenkreis, welcher sich von Wales über Britannien und von dort über Frankreich ausbreitete und „nahe an ein Jahrtausend die ganze romanische und germanische Welt erfüllte und poetisch beherrschte". Als Muster und Vorbild aller ritterlichen Tugenden und der feinen Sitte hält Artus mit seiner schönen und tugendhaften Gattin Ginevra glänzenden Hof in Wales. Auf den Rat des ihm befreundeten Zauberers Merlin gründet er den Orden der Ritter der Tafelrunde. Nur zwölf Helden, die durch ritterliche Tüchtigkeit jeglicher Art hervorragen, können in diesen Orden aufgenommen werden und sitzen zum Zeichen ihrer gleichen Würdig- keit vereint mit dem König und der Königin um eine runde Tafel. Ihr Streben geht dahin, alle Ausgaben des weltlichen Rittertums zu lösen: die Frauen zu schützen, die Übermütigen zu demütigen, Riesen zu bändigen, Ungeheuer zu erlegen, Bezauberte zu befreien. Zu diesem Zwecke ziehen sie vom Hofe des Königs ans Abenteuer (entlehnt aus dem franz. aventure, mittellat. die aventura (ursprünglich ackventurasj) aus, welche eine regellose, stets Neues erfindende Phantasie auf das phantastischeste, wunderbarste und bunteste gestaltet und endlos aneinander reiht. Nach Vollendung großer Thaten kehren die Ritter zu neuer Freude zur Tafelrunde zurück. Die vorzüglichsten derselben sind Jwein, Tristan, Erek, Parzival. 2 Die Sage vom heiligen Gral, ursprünglich aus dem Orient stammend, findet ihre Ausbildung zunächst in Spanien und Südsrankreich, dann in Deutschland. Dieselbe enthüll ein doppeltes Moment: das allgemein menschliche von der Annahme eines paradiesischen Zustandes auf Erden und das christliche von dem Glauben an die beseligende Kraft, die ausgeht vom Abendmahle Christi. Der Gral (altfranz. graal oder gréai — Schüssel) ist eine aus einem kostbaren Edelstein gearbeitete Schüssel, aus welcher Christus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl genoß, und in welche Joseph von Arimathäa das aus der Seitenwunde Christi rinnende Blnt aufsing. Daher knüpft sich au den Gral äußerlich die Darbringung des christlichen Opfers und die Welterlösung; er ist deshalb auch mit Kräften ewigen Lebens ausgestattet. Eine weiße Taube stiegt alljährlich am Karfreitage vom Himmel hernieder, legt in die Schüssel eine Oblate (Hostie) und erneuert durch dieselbe die überirdische Kraft, denn der Anblick des Grals rettet vom Tode und befriedigt alle Wünsche. Niemand aber kann ohne den Ruf des Herrn zum Gral gelangen, niemand der Wunder desselben teilhaftig werden, der stumpfsinnig und gleichgültig nicht nach demselben fragt. So ist der Gral gleichsam die Geschichte der Erlösung durch den Mensch gewordeneir Gottessohn, das Symbol der christlichen Religion, die mehr als alle Herrlichkeit der Welt beseligt, die dem Menschen aber nur durch die Gnade Gottes zu teil wird. — Von Titurel, einem sagenhaften Köuigssohn von Anjou, dem ersten Gralkönige, wird dem Gral, der nach dem Tode Josephs von Arimathäa von Engeln schwebend in der Luft gehalten war,.eine herrliche Burg erbaut auf dem Berge Monsalväsch (irions salvailonis — Berg der Erlösung) oder ivlunsalvaesollo 8*

3. Die vorchristliche Zeit - S. 65

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Phönicier. 65 Vi. Die Phönicier. 1. Das Land, das an der Küste des mittelländischen Meeres von der ägyptischen Grenzstadt Rhinokorura bis zu dem Meerbusen von Jssus nordwärts reicht, im Nordosten vom Euphrat bei Thapsakus be- rührt wird und zu seiner östlichen Nachbarschaft die aus dem Norden Arabiens nordwärts bis nach Mesopotamien hinein sich erstreckenden Wüsten und Steppen hat, besitzt zwar vermöge der Stammverwandt- schaft seiner Bewohner einen Gesammtnamen, den Namen Syrien, zeigt aber bei der ersten Kunde, die die Geschichte von ihm hat, eine in einer Menge von Städten wohnende Bevölkerung, die, wie sie sich hierdurch von den Nomaden im Osten unterscheidet, ihnen dadurch gleicht, daß keine größere Vereinigung der kleinen staatlichen Körper stattfindet. Diesem Lande gehören auch die Phönicier an, das Ziel assyrisch-babylonischer, wie ägyptischer Angriffe wegen der Macht, die der Besitz ihrer Hafen- städte dem Ueberwinder verleihen zu müssen schien. Das Volk ist nach der Sprache, die es redete, gleich allen Bewohnern des südwestlichen Asiens ein Zweig der semitischen Familie. In der heiligen Schrift wird cs jedoch zu dem kanaanitischen Stamme gezählt, welchem in der Ueber- sicht der Völkerverwandtschaft ein hämitischer Ursprung beigelegt ist. Wenn man aber bedenkt, daß der Name Kanaan in der heiligen Schrift eine archaistische Bedeutung hat und sich stets auf einen der israelitischen Einwanderung vorausgehenden Zustand des Landes bezieht, somit immer auf die Kluft durch welche die früheren Bewohner von den Israeliten in Glauben, Sitte und Leben geschieden waren, hindeutet: so wird man es nicht für nöthig halten, daß in der Verknüpfung Kanaans mit Ham eine vorherrschende Rücksicht auf die natürlichen Verwandtschaftsver- hältnisse, wie wir sie durch den Zusammenhang der Sprachen beurkundet sehen, gefunden werde. Bei der Beziehung, in welcher alle Theile der heiligen Schrift alten Testamentes zu der Mosaischen Gesetzgebung stehen, konnte ein der leiblichen Abstammung nach semitisches Volk durch seine geistige und sittliche Richtung ein hamitisches Gepräge erhalten haben, wie es im Gegensätze zu den der ursprünglichen Ueberlieferung näher gebliebenen Semiten den Aegyptiern, deren Land in einheimischer Sprache Chemi hieß, sowie den einer finsteren Magie und fetischartigen Reli- gion ergebenen afrikanischen Stämmen eigen war. Es kann aber auch das phönieische Volk iu unvordenklicher Zeit entweder als ein ursprüng- lich semitisches durch Vermischung das hamitische Gepräge oder als ein ursprünglich hamitisches durch Vermischung die semitische Sprache ange- Kiesel, Weltgeschichte, l. 5

4. Die vorchristliche Zeit - S. 83

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Israeliten. 83 zu sein. Hierzu mußten sie aus Nomaden zu einem gesitteten Volke umgebildet werden, was durch Versetzung in ein Land geregelter Staats- verhältnisse möglich wurde. Dieser Uebergang wurde vorbereitet durch den jüngsten der elf dem Jakob noch im Euphratlande geborenen Söhne, der am wenigsten kriegerisch, aber, wie durch Sittenreinheit hervor- ragend, für übernatürliche Eingebungen empfänglich war. Wenn da- mals, wie wahrscheinlich ist, die Hyksos in Aegypten herrschten, so er- klärt sich dadurch nicht allein die Leichtigkeit, mit welcher Joseph im Lande zu Ansehn und Macht gelangte und die ganze Familie Aufnahme im Lande fand, sondern es erweist sich als ein der Erziehung des Volkes förder- licher Umstand, daß der Pharao, der bei ihrer Aufnahme auch auf die Eigenthümlichkeit der wirklichen Aegyptier Rücksicht nimmt, den Fremd- lingen ihre Beschränkung auf das der syrischen und arabischen Grenze benachbarte Land Gosen zur Bedingung des verheißenen Schutzes macht. So wurden sie im Genuß der Vortheile, welche die Berührung mit der ägyptischen Cultur bot, zugleich bewahrt vor der Gefahr der Zerstreu- ung, in welcher sich ihr eigenthümliches Gepräge verwischt und somit auch die Fähigkeit zur Erfüllung ihrer Bestimmung verloren haben würde. In Aegypten schließt sich die Familiengeschichte mit dem Tode Jakobs. Er überträgt den Vorzug des Erbrechtes auf den einen von Josephs Söhnen, Ephraim, das priesterliche Recht auf Levi und die Herrschergewalt auf Juda. Der prophetische Blick, mit welchem er in die Zukunft seines Volkes schaut, zeigt ihm in der Zeit, wo Juda's Herr- schergewalt erlöschen werde, die Ankunft des göttlichen Friedenbringers, der nicht bloß die Stämme Israels, sondern die Völker der Erde um sich schaaren wird. Dieses Schauen weckt in seiner Seele den Geist des Friedens, der jenes künftige Reich erfüllen soll, und feierlich sagt er sich los von dem Geiste der Rache, welche zwei seiner Söhne, Levi und Simeon, in Kanaan an dein heidnischen Verführer ihrer Schwester Dina geübt haben. Dem besseren Geiste reift indeß das Volk langsam entgegen; manche That, die jener That der Rache gleicht, wird noch ausgeführt und weit entfernt ist die Zeit, da die Wahrheit ohne einen durch augenfällige Wunder geleisteten Schutz ihren Zug durch die Welt beginnen kann. 5. Rasch geht die Erzählung der heiligen Schrift über die vier- hundert Jahre des Aufenthalts in Aegypten hin und verweilt nur bei dem Könige, der von Joseph nichts wußte und die Israeliten drückte. Die Dynastie, unter welcher diese bis dahin in Aegypten gelebt, unter- lag der Erhebung einer einheimischen Dynastie und die Israeliten mußten von den Wirkungen des Hasses, der auf die gestürzten fremden Beherrscher gerichtet war, mit betroffen werden. Die Hyksos hatten Vieles an Bauwerken zerstört und als die nachfolgende Dynastie deren 6*

5. Die vorchristliche Zeit - S. 98

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
98 Die Israeliten. bildeten und ordnete die Verrichtungen und den Dienstwechsel der Priester und Leviten. Zur Seele des Gottesdienstes aber machte er den heiligen Gesang, durch welchen die von Moses verkündeten Wahrheiten mittelst Anwendung auf die verschiedensten Lagen zur Lösung der Widersprüche des Lebens benutzt wurden und so den ganzen Neichthum ihres Inhaltes entfalteten. Die ihm eigene Gabe des dichterischen Wortes, verbunden mit der Fülle der Gedanken, welche bei der Mannigfaltigkeit seiner Be- strebungen und seiner Erlebnisse in seiner Seele aufstiegen, machte ihn selbst zum Meister des heiligen Gesanges und eine höhere Weihe, durch welche er sich als Prophet an Samuel und Moses anreiht, vollendete seine Fähigkeit für den Beruf, der Mosaischen Offenbarung zu den Her- zen der Menschen die Bahn zu brechen. Zhm gehört der Psalter theils unmittelbar au durch die von ihm verfaßten Psalmen, theils mittelbar durch die Psalmen derjenigen Leviten, die er wegen ihrer dichterischen und musikalischen Begabung zu Genoffen seines Bemühens für Belebung des Gesanges gewählt hatte. Das Unglück, welches er in sündhafter Hingebung an die Sinnlichkeit in seinem Verbrechen gegen Bathseba und deren Gatten Uriaö erlitt, und das Unglück, welches ihn durch die Empörung seines Sohnes Absalon traf und ihn, den König, nach Abfall des größten Theiles des Volkes zum Flüchtling machte, ließ ihn die Neue und die Demüthigung in einer Weise singen, daß dadurch Em- pfindungen und Gedanken, welche der ganzen Menschheit angehören, für alle Zeiten ihren vollendetsten Ausdruck erhielten und an seinen Liedern noch jetzt den Einzelnen das innerste Weben des eignen Herzens klar wird. Schwingt er sich da, wo er den verheißenen Heiland der Welt aus der Ferne schaut, zu einer Höhe, in welche ihm Wenige fol- gen können, empor, so steht er in der heldenmüthigen Neue, durch die er die Beleidigung Gottes sühnt und das gegebene Aergerniß aufhebt, sowie in der unbedingten Hingebung an Gottes Willen und der tiefen Trauer um den erst durch den Aufruhr, dann durch den Tod verlorenen Sohn, mit allen Menschen in einer Uebereinstimmung, in welcher sie sich in ihm wieder finden und sich an ihm erheben können. 16. Ihm folgte für einen abermals vierzigjährigen Zeitraum sein und der Bathseba Sohn Salomo, dessen Herrschaft erst durch Unter- drückung der von dem älteren Sohne Adoniah im Verlangen nach der Herrschaft erregten und von Joab beförderten Empörung gesichert wer- den mußte. Seine Regierung war nach diesem Kampfe ruhig und den Werken des Friedens gewidmet. Sein Hauptwerk ist die Ausführung des von David vorbereiteten Tempelbaues auf Moriah, der Höhe, wo Abraham den Isaak hatte zum Opfer darbriugen wollen. In gleicher Weise wurde, was sonst noch David begonnen hatte, weiter fortgesetzt und ausgebildet. Die Hauptstadt wurde mit Palästen, Festungs werken

6. Fünfzehn Jahrhunderte - S. 56

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
56 Das römische Reich unter den Imperatoren. Herrschern die Verfolgungen, obgleich nicht durch neue Befehle angeregt, nicht ganz aufgehört hatten, suchte Valerianus die Bischöfe von ihren Gemeinden zu trennen und verordnete, da dies nicht gelang, die Hin- richtung aller Bischöfe, Priester und Diakonen. Sein Sohn Gallienus stellte die Verfolgung ein und Aurelianus starb zu bald, um seine gegen die Christen gegebenen Befehle zur Ausführung bringen zu können. Bald begann aber unter Diocletianus, den Galerius dazu bewog, die letzte, aber alle früheren an Stärke übertreffende Verfolgung, die nur in dem westlichsten Reichstheile durch Constantius gehemmt wurde, in den übrigen aber einen solchen Fortgang hatte, daß öffentliche Inschriften der Herrscher die erfolgte Vertilgung des Christenthums verkündeten. Wie ernst es mit der Maßregel, die zur Erneuerung des römischen Reiches beitragen sollte, gemeint war, zeigt außer der erfinderischen Grausamkeit auch der Umstand, daß man die Christen zum Ausliefern der heiligen Schriften zu zwingen suchte. Die Verfolgungen des dritten Jahrhunderts haben das Einsiedlerleben hervorgebracht. Dasjenige Leben, das sich um der eignen Vervollkommnung willen der Berührung mit der Welt entzieht und die Frömmigkeit durch fortgesetzte Uebung stärkt, das ascetische Leben, ist naturgemäß auf die Einsamkeit hingewiesen. Als nun die Verfolgungen Viele zur Flucht in Einöden und Wüsten veranlaßt hatten, gewannen sie das dortige Leben so lieb, daß sie auch bei gegebener Möglichkeit der Rückkehr da verblieben, wo sie die Ent- behrung Alles dessen, was zum Leben nicht nothwendig ist, dem Heile ihrer Seele zuträglich gefunden hatten. So entstanden gleich nach der Mitte des dritten Jahrhunderts die ersten Einsiedler, auch Anachoreten, Eremiten, Mönche genannt, in Aegypten, theils in der Landschaft The- bais, theils in den felsigen Gegenden am rothen Meere, dort dem Paulus, hier dem Antonius als Vorbildern folgend. Aus dem Leben der Einsiedler entwickelte sich dann in der Folge das Klosterleben, seit unter Coustantinus der heilige Pachomius in der Thebais eine Genossen- schaft von Einsiedlern, ein Kloster oder Cönobium, gestiftet und demselben eine bestimmte Lebensregel vorgeschrieben hatte. Zu den aus Pacho- mius' Anordnungen auf alle späteren Genossenschaften dieser Art über- gegangenen Grundsätzen gehört insbesondere die Unterordnung der Genossen unter ein Haupt, das man den Abt oder Archimandriten nannte. War das Einsiedlerleben eine aus dem Christenthume noth- wendig erwachsene Erscheinung, so war es die Verbindung von Ein- siedlern nicht minder, da sie das Einsiedlerleben auch in bewohnten Gegenden möglich machte, seinen Grundsätzen Halt und Bestand gab und den in ihm liegenden Gefahren wehrte. Die Verfolgungen ließen nach, als Galerius in den Qualen seiner Krankheit die blutigen Gesetze zurücknahm, und nur von Mariminus Daza wurden sie noch fortgesetzt. Um

7. Mancherlei für Jung und Alt - S. 188

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
188 erstatten; schau um dich." Nathanael sah um sich her, da trat die Ar- mut vor ihn hin, und die Zweige des Feigenbaums und des Weinstockes deuteten auf sie. Und Nathanael teilte die Früchte mit ihr, ja selbst seinen Mantel, und war selig und zufrieden, und sein Dach trug doppelte Früchte; denn so zwei sich sättigen an einem Brot in Liebe, macht der Herr es doppelt so groß. Clemens Brentano. Der Rosenkranz als katholisches Kennzeichen. Es ist sogar ein Glaubenssatz unserer heiligen Religion, daß unsere Kirche eine sichtbare, und das ganze kirchliche Leben nicht bloß in geheimnis- vollen Zuständen im Innern der Seele, sondern auch in äußerlichen wahrnehmbaren Verhältnissen sich bewege und kundthue. Was den Men- schen ohne Unterschied, den Gebildeten wie den Ungebildeten, -den Reichen wie den Armen, den Glücklichen wie den Unglücklichen angeht, was ihn beleben, erfreuen, trösten, ermuntern, begeistern soll, das kann und darf nicht bloß seine Seele angehen, sondern es muß den ganzen Menschen erfassen, Seele und Leib, Geistiges und Sinnliches, und so mußte denn die Religion, wenn sie die wahre, für den Menschen passende sein sollte, nebst dem für die Seele bestimmten Schatz geistiger Wahrheiten und Gna- den, auch in äußerlichen, sichtbaren Formen erscheinen, es mußten Kirchen sich erheben, aus Stein gebaut, als sichtbare Orte, wo der Mensch zum Göttlichen sich erheben konnte, es mußte ein in schönen edeln Ceremonien ablaufender Gottesdienst eintreten, mit der Kerzen freudigem Schimmer und des Weihrauchs aufsteigenden Wolken. Alle Religionen der weiten Erde, sollten sie den Menschen für sich gewinnen, mußten dies in sich beschließen und haben es zum Teil gethan, und der Unterschied der wahren und falschen Religion lag nur darin, daß das äußere Gepränge der letztern eben nur einen Leichnam kleidete, dem das Gewand kein Leben geben konnte, mit dem es aber endlich verfaulen und vermodern mußte; in der wahren Religion erhielten die äußerlichen, sinnlichen Formen Leben und Bedeutung aus dem innern geistigen Bereiche, und teilten mit der ewigen Wahrheit, in deren Dienst sie standen, ihre Eigenschaften steter Jugend und Unvergänglichkeit. Die katholische Religion versteht ihr inneres und äußeres Leben so wunderbar zu verbinden, und eben deswegen den Men- schen, sei er, wer er wolle, ganz zu gewinnen, weil sie kein religiöses Bedürfnis in ihm unbefriedigt läßt. So ist auch der heilige Rosenkranz ein katholisches Kennzeichen, denn dazu hat ihn die kirchliche Weihe und der Volksgebrauch gemacht. Als Dominikus das Gebet des Rosenkranzes einführte und daran Hoffnung knüpfte, die Irrlehren der Albigenser damit zu bekämpfen und,

8. Mancherlei für Jung und Alt - S. 145

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
145 überrascht aufgestanden, die Hände auf die Brust gedrückt, die Augen züchtig gesenkt, im langhinwallendeu Kleide dem Engel gegenüber, der an der äußersten Zimmerecke aus den himmlischen Höhen niederschwebt und den Gruß mehr deutet als spricht. Das ärmliche, aber blanke Hausgerät, Bett, Küche, Kochgeschirr, Bücherstelle, bis ins einzelnste, bilden ein so natürliches als zusammenstimmendes Ensemble, daß jeder Beobachter im Herzen denkt: „Ja, so muß es im Hause der heiligen Jungfrau ausgesehen haben!" Uns sprach besonders der nüchterne, tief- verständige Sinn des Ganzen an, ohne Übertreibung, ohne Spur von Gemeinheit, das Göttliche in der würdigsten menschlichen Form vermittelt. Hierauf folgen in den nächsten Kapellen die Heimsuchung Mariä, die Geburt Christi, die Darstellung Jesu im Tempel und dessen Wieder- findung unter den Schriftgelehrten, wundersame Bildungen von zartester Auffassung, oft mit wahrer Meisterhaftigkeit zum harmonischen Gesamt- eindrucke gruppiert. Den freudenreichen Geheimnissen schließen sich die schmerzhaften an, abermals durch eine riesige Thorhalle über dem Wege eröffnet, nach der nämlichen Anlage und Ausführung, der heilige Ölberg, die Geißelung, die Dornenkrönung, die Kreuzfahrt und die Kreuzigung voll ergreifender Wahrheit und Eindringlichkeit. Die kleinsten Umstände der Evangelien sind meisterhaft ausgedrückt und reißen in ihrer kunstlosen Benützung den Gelehrten zur Bewunderung, den Ungelehrten zur besseren Einsicht, alle zur Andacht und Beherzigung hin. Das tiefe Herzweh eines jeden guten Christen bei den Leiden des Gottmenschen Jesus Christus hat sich in den bedeutsamsten Bildern wunderbar anschaulich dargestellt und manchmal bis zum Abscheu des Künstlers gegen die unmenschlichen Peiniger in grotesken Formen gesteigert. Vor der Kapelle der Kreuzigung Christi sind die Marmorstufen von knieenden Betern abgenutzt, und die Thrünen- spur heiliger Andacht, aus dem Spiegel derselben deutlich zu sehen, aus deu Augen, die längst im Tode erloschen sind, zeugt von Reue und Buße über die Sünden eines unglücklichen Lebens. Aus diesem Gebiete der Todesschmerzen treten wir aufwärts steigend durch ein drittes Thor in die lichte Region der glorreichen Geheimnisse der Menschenerlösung, wo in vier aufeinanderfolgenden Kapellen die Auferstehung und Himmelfahrt Christi, die Sendung des Heiligen Geistes und die Aufnahme Mariens in den Himmel dargestellt sind. Die Hügel- pyramide ist immer schlanker und luftiger geworden; mit den Lichtmassen, die sich von allen Seiten auf uns uiedergießen, haben sich die Düfte und Kühlungen der überragenden Alpen gemischt, um unsere Seelen durch die glorreichen Thaten Jesu Christi, welche den Tod gebrochen und die Hölle besiegt haben, fröhlich aufatmen zu lassen. Weite dnnkellaubige Lesebuch. 10
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