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1. Dichtung der Neuzeit - S. 292

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
292 Achte Periode. Er spritzt in ungezählten Strahlen Sein inneres Leben in die Welt, Die Freude nippt aus seinen Schalen Und bleibt ihm ewig zugesellt. Er nahm, als Geist der goldnen Zeiten, Von jeher sich des Dichters an, Der immer seine Lieblichkeiten In trunknen Liedern aufgetan. 2. August Wilhelm von Schlegel (1767—1845). August Wilhelm von Schlegel, geb. zu Hannover 1767, kenntnis- reich und formgewandt, ist weniger bedeutend durch seine Lieder, Sonette, Romanzen („Arion") und seine Tragödie „Jon", die nach Goethes „Iphigenie", aber ohne Goethes Geist angelegt ist, als durch die meister- hafte, genau „die feine Mittellinie zwischen der Treue gegen das Original und der Treue gegen das einheimische Sprach- und Formgesetz" inne- haltende Übersetzung Caldera ns und Shakespeares, welche letztere Ti eck s Tochter und Graf Baudissin vollendeten, durch seine „Blumen- sträuße der italienischen, spanischen und portugiesischen Poesie" und namentlich durch seine „Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur". Durch diese wurde er in seiner kritischen Schärfe und seinem feinen Geschmack der eigentliche Ästhetiker der romantischen Schule. Gemeinschaftlich mit seinem Bruder Friedrich gab er in Jena (1798—1801) als das Organ der romantischen Schule das „Athenäum" heraus. Von 1804 an war er Freund und Reisebegleiter der von Napoleon verbannten französischen Schriftstellerin Frau von Staäl; 1818 wurde er als Professor der Kunst- geschichte und Literatur nach Bonn berufen, wo er nach eifrigem Studium der indischen Literatur 1845 starb. 1 1. 3tt der Fremde. Oft hab' ich dich rauh gescholten, Muttersprache, so vertraut! Höher hatte mir gegolten Südlicher Sirenenlaut. Und nun irr' ich in der Ferne Freudenlos von Ort zu Ort, Und vernahm', ach! wie so gerne. Nur ein einzig deutsches Wort! Manches regt sich mir im Innern, Doch wie schaff' ich hier ihm Luft? All mein kindliches Erinnern Findet in mir seine Gruft. Einsam schweif' ich in die Felder, Such' ein Echo der Natur, Aber Bäche, Winde, Wälder Rauschen fremd auf dieser Flur. Unverstanden, unbeachtet, Wie mein deutsches Lied verhallt. Bleibt es, wenn mein Busen schmachtet Und in bangem Sehnen wallt.

2. Mancherlei für Jung und Alt - S. 295

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
295 Nicht mit dem Strom zu treiben Ist gut zu jeder Frist, Treu sollst du selbst dir bleiben, Und scheinen, was du bist. Wer rings nach Gunst nur schielet, Nach Huld gefügig strebt, Nach Lob nur lüstern zielet, Nur für den Beifall lebt, Wer stets gesenkten Hauptes, Was andre meinen, meint: Der Allerweltsfreund, glaubt es, Ist keines Menschen Freund. Nicht oft erscheint im Leben, Was unser Wunsch begehrt; Doch, wem es ward gegeben, Der halt' es hoch und wert; Der Wenigen hienieden, Doch Gleichen sich gesellt, Sei glücklich und zufrieden In seiner engern Welt. Dort, wo in trautem Kreise Der Hauch der Liebe weht, Wo jeder Sinn und Weise Des andern ganz versteht, Wo, wie bei Tagesschimmer, Ein Herz ins andre schaut, Wo eins am andern immer Sich freut, erhebt, erbaut: Dort ist's, wo dir auf Erden Ein Eden blühen mag, Und dort auch besser werden Wirst du mit jedem Tag. Willst du dich so versenken, Die Welt vergißt dich dann; Doch darf dich das nicht kränken, Bist du ein rechter Mann. Karl Egon v. Eb ert. Die Prinzessin non Gramen und der Papagei. Der Papagei der Prinzessin von Oranien (einer Mutter Wil- helms Iii., Königs von England) spielte am Hofe dieser ehrenwerten Fürstin eine Nolle von großer Bedeutung; man würde alle Ursache gehabt haben, sich seiner Protektion zu empfehlen, wäre ihm neben seinem Witze nur etwas weniges von Menschenverstand eigen gewesen. Schon die ungemeine Zierlichkeit seiner kleinen Gestalt, die Nettigkeit seines schnee- weißen Gefieders und die Pracht seiner feuerfarbenen leuchtenden Schopf- und Schweiffedern würden jeden Naturfreund entzückt haben, wenn nicht sein ganz stupendes Papageien-Genie, die Lebhaftigkeit seiner possenhaften

3. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 8

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
8 I- Beschreibende Prosa: Geschichtliche und geographische Charakteristik. harrte, bis sein Antlitz sich zeigte, wie eine Sonne, an deren Strahlen man sich erfreuen wollte. Als aber die Räume verhängt waren, wo er in so harmloser Nähe seines Volkes lebte, blieben die Bürger wie durch einen Zauber gebannt und schauten lautlos nach dem Kaiserhause, bis sie endlich, zu Tausenden gedrängt, bei Tage wie bei Nacht an den offenen Sarg pilgerten, um noch einmal das ehrwürdige Angesicht zu sehen. Wahrlich, ein solcher Wechsel von Glück und Unbill, von geduldigem Ausharren und raschen Triumphen, von bitterer Verkennung und einer be- geisterten Liebe, wie sie uns nur aus Märchenklängen bekannt war, ist selten durch ein Menschenleben gegangen, und doch ist alles ein Ganzes, wie in dem Bilde eines Meisters, in welchem die Gestalten sich verworren durcheinander zu drängen scheinen, bis uns der Zusammenhang des Ganzen klar wird. Ja, dieses Bild von Kaiser Wilhelms Leben in seiner Mannigfaltigkeit und innern Einheit wird, solange es eine Geschichte giebt, immer einer der inhaltreichsten und erhebendsten Gegenstände menschlicher Betrachtung sein. Unverloren waren schon die Erlebnisse der frühesten Jugend. Der Eindruck einer bescheidenen und haushälterischen Einrichtung, die Erinne- rung an das sorgenvolle Antlitz des, Vaters, an die heimlichen Thränen einer unvergeßlichen Mutter haben den Kaiser durch sein langes Leben begleitet und ihn von früh an vor jeder Anwandlung von Überhebnng bewahrt. Die Unbeständigkeit menschlicher Dinge stand ihm immer vor Augen. Wer hat je ein Wort des Selbstrühmens von ihm gehört oder einen Blick des stolze,: Selbstvertrauens an ihm wahrgenommen? Von allen Erfolgen in Krieg und Frieden gab er Gott die Ehre und den Männern, die er ihm gegeben. Demut war das Ehrenkleid des Herrschers, der Purpur dieses Helden, dessen Thaten den Erdkreis erfüllten. Wichtig für den Lebensgang des Kaisers war es, daß er in voller Mannesreife stand, als ihm der Gedanke nahe trat, daß er auf den Thron seiner Väter berufen sein würde. Darum hat er sich so lange voll und ganz einem Berufe, dem Heerdienste, gewidmet und denselben von Stufe zu Stufe gewissenhaft durchgemacht. Hier ist ihm die rücksichtsloseste Pflichttreue im großen und kleinen zur andern Natur geworden. Hier hat er die Bedürfnisse des Soldaten, hier alle starken und schwachen Seiten unseres Heerwesens auf das genaueste kennen gelernt, so daß er in einem der wichtigsten Teile des Staatswesens ein vollkommen Sachverständiger war, als er die Verpflichtung fühlte, seinen Gesichtskreis nach allen Seiten zu erweitern. Deutlich erkannte er, was in Preußen, was in Deutschland anders werden müsse, und nimmer kann ich — denn warum sollte ich Bedenken tragen, heute vor Ihnen eigene Erinnerungen einzuflechten, die zu den teuersten meines Lebens gehören? — des 22. März 1848, heute vor

4. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 2

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
2 I. Beschreibende Prosa: Geschichtliche und geographische Charakteristik. Zug, die Ahnung und später das Bewußtsein, daß dem aufstrebenden Staate, dem schon damals beziehungsreich die Grenzen seines größten Um- fanges non jenseits des Rheines bis zur Memel abgesteckt waren, das Heiligtum der nationalen Staatsbildung anvertraut sei, der Beruf, aus Stammeseifersucht und dynastischer Zersplitterung heraus dem Streben der Nation nach einer politischen Gemeinschaft Genüge zu thun. So steht der große Kurfürst vor uns nicht als ein tapferer Schlachtensieger bloß, sondern auch als ein Staatsmann voll Wohlwollens, voll Einsicht und scharfen Blickes, voll genialer, bisweilen zu weit ausgreifender Gedanken, von hartem, durchfahrendem, herrischem Wesen; nirgends aber Despoten- laune und Tyrannenart; nein, diese Hohenzollernhärte überwand auch harte Stoffe zum Wohle des Ganzen und zwang spröde Elemente in den Dienst des Staates. Und dabei war diese rauhe Natur unter der schweren kriegerischen und politischen Arbeit keineswegs für die zarteren Regungen des Geistes, die künstlerischen und wissenschaftlichen Bestrebungen, unempfindlich; wie hätte er auch sonst dem idealen deutschen Volke jemals als ein wür- diger Führer erscheinen können! Und vor allem traf er in seiner reli- giösen Haltung mit den Gefühlen der Besten der Nation zusammen. Von tiefinnerlicher Frömmigkeit, hat er doch eine edle Geistesfreiheit und Duldsamkeit sein Lebenlang kundgegeben. Stark und wehrhaft nach außen, geachtet und gefürchtet in einer Zeit, da das heilige römische Reich zum Spielballe fremder Eroberungslust und zum Spotte der Völker ge- worden, im Innern von einer bis dahin in Deutschland unbekannten Hin- gebung an die Interessen des Staates und der Gesamtheit erfüllt, ein Gemeinwesen von bürgerlicher Rechtsgleichheit, konfessioneller Duldsamkeit und geistiger Freiheit, soweit es die Begriffe der Zeit gestatteten, so ging der Staat des Kurfürsten auf seine Nachfolger über, befruchtet mit den schönsten Keimen für eine große, ruhmreiche Zukunft. G. Webers 2. Friedrich der Große. Als Friedrich Ii. den Thron bestiegen, ließen schon seine ersten Schritte in jedem Zuge den König erkennen. Die etwa hofften, er werde nun Rheinsberg nach Potsdam tragen, wurden freilich enttäuscht; Freunden, Genossen und Verwandten gegenüber zeigte er den Herrscher in seinem Ernste und seinem Pflichtgefühle. Die geistreichen Gesellschafter und Freunde blieben zwar dem Könige, was sie dem Kronprinzen gewesen, aber sie 1 Georg Weber, geboren 1808 zu Bergzabern in der Pfalz, Professor und Schuldirektor zu Heidelberg, wo er 1888 starb. Sein Hauptwerk: „Allgemeine Welt- geschichte mit besonderer Berücksichtigung des Geistes- und Kulturlebens der Völker".

5. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 11

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
3. Gedächtnisrede auf weiland Se. Majestät Kaiser Wilhelm I. 11 da sprach er es noch an demselben Abend mit der ihm eigentümlichen Verschmelzung von liebenswürdiger Milde und männlichem Ernste offen aus, wie voll er zu würdigen wisse, was das Vaterland von seinem Hause erwarte. Als Heersürst hat er Preußen groß gemacht und das Reich ge- gründet; aber niemals ist ein siegreicher König weniger kriegerisch und kampflustig gewesen. Er hatte ein weiches Gemüt. Er schämte sich der Thrmien so wenig wie die Helden Homers und bewährte der Hellenen Sprichwort: „Dem wackern Mann wird leicht das Auge feucht". Er mochte kein Torpedoschiff sehen, weil er sofort der engen Räume gedachte, in denen die Mannschaften untergebracht werden müssen, und im Felde trotzte er dem Kugelregen, um den Verwundeten noch dankend die Hand zu reichen. Kaiser Wilhelm war ein geborener Herrscher, der nüt gesundem Blick die Menschenwelt betrachtete, immer des Ganzen und Großen ein- gedenk. Darum hatte auch das Geringfügige für ihn Bedeutung. Von keiner Spazierfahrt kehrte er heim, ohne die Neubauten und den Ent- wicklungsgang der Stadt aufmerksam zu beobachten. Über jeden schönen Baum in und um Berlin wachte sein königliches Auge. Unserer Uni- versität war er ein huldvoller Nachbar, ein entschiedener Gegner aller Pläne, nach denen die Hauptstätten von Kunst und Wissenschaft aus dem Herzen seiner Residenz entrückt werden sollten. Er folgte dem Umbau unserer Hörsäle, und als er in einem kleinern Fenster das Licht ver- mißte, das er dort allabendlich zu sehen gewohnt war, erkundigte er sich, ob etwa einer der Hausdiener bei dem Umbau seine Wohnung eingebüßt habe. Den Vorständen der öffentlichen Kunstinstitute sagte er bei feinem Regierungsantritte, von ihm dürfe man nicht erwarten, was sein kunst- sinniger Bruder gethan habe. Er nahm für sich keine Kennerschaft, kein maßgebendes Urteil in Anspruch. Aber alles würdig Gedachte empfand er tief, und was immer dem Vaterlande zur Ehre gereichte, war seiner- lebendigen Teilnahme gewiß. Seinem königlichen Herzen that es wohl, daß nach blutigem Völkerkriege die Aufdeckung von Olympia das erste Friedenswerk des jungen Reiches war. Schritt für Schritt folgte er den Arbeiten und trat persönlich für ihre Vollendung ein, denn es sei nicht seine Art, etwas halbfertig liegen zu lassen. Mit freudiger Genugthuung begrüßte er die Bildwerke von Pergamon im Königlichen Museum und ließ sich gern vom Königsdenkmal aus Nimrud-dagh erzählen, dessen Großartigkeit er bewunderte. Nichts Heil- sames, so geringfügig es war, durfte unnütz verschoben werden, wenn es sich um öffentliches Gut handelte. Als er eines Abends davon hörte, daß nach dem Gutachten unseres Chemikers die farbigen Tonfiguren aus

6. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 15

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
15 4. Gedächtnisrede auf weiland Se. Majestät Kaiser Friedrich I. das Sterbegedächtnis des gefeiertsten Mannes, soweit die deutsche Zunge klingt, und soweit die Nationen der Erde eingreifend oder aufmerkend teilnehmen an dem Wandel und Wechsel der Zeiten. Der Schöpfer des Deutschen Reiches, eines Werkes, das tief in der Vergangenheit wurzelt, die Gegenwart mächtig beherrscht und bedingend und bestimmend in die Zukunft der Völker und Staaten eingreift: der Heldengreis, welcher drei Menschenalter in rüstiger Kraft und rastloser Thätigkeit durch- lebte, Wilhelm I., hatte seine wachsamen Augen für immer geschlossen und ruhte von seinem segensvollen Tagewerke zu den Füßen seiner hoch- erlauchten Mutter, der unvergessenen und unvergeßlichen Königin Luise oder, wie Goethe sie nennt, Preußens angebeteter Fürstin. Ganz Deutsch- land trauerte; Europa, ja, die Welt bezeigte Beileid! Aber unsere Trauer mäßigte und milderte ein Trost. Der Enkel Luisens, der Sohn Wilhelms, der Liebling des Volkes: Friedrich Wilhelm, Kronprinz des Deutschen Reiches und Kronprinz von Preußen, übernahm das Erbe der Hohenzollern als deutscher Kaiser Friedrich I., als König von Preußen Friedrich Iii. — Reich begabt an Geist und Gemüt, geschult durch Gedankenarbeit, hochgebildet durch umfassende Studien, eine Ritter- gestalt ohnegleichen, Fürstlichkeit auf der Stirne, Menschenfreundlichkeit um Auge und Mund, und Leutseligkeit im Herzen, ruhmvoll als Kriegs- held, aber friedereich wie sein Name, ein Kenner und Förderer von Kunst und Wissenschaft, weitgereist unter fremdsprachigen Völkern über Land und See, durch Ereignisse und Erfahrungen gereist, ein Muster und Vorbild als Sohn, Gatte und Vater, kurz: ein Mann und ein Fürst in der beiden Worte vollster und edelster Bedeutung — so weilte der Verewigte vor vier Jahren im Weichbilde unserer Stadt, so erschien er in diesem Fest- saale unserer Hochschule zur Seite des regierenden Vaters, dessen Erbe und Nachfolger. Prinz Friedrich Wilhelm Nikolaus Karl, wie seine Taufnamen lauten, wurde während der Regierung seines Großvaters, Friedrich Wilhelms Iii., 18 Jahre nach der Völkerschlacht bei Leipzig an deren Gedenktage geboren. Nächstberechtigter Neffe seines kinderlosen Oheims, des nachmaligen Königs Friedrich Wilhelm Iv., galt er von Geburt an als dereinstiger Erbe der preußischen Krone. Diese Voraussicht wurde maßgebend für seine Er- ziehung. Das Ziel der Hohenzollern war von jeher: Wohlfahrt des Landes durch Wehrkraft des Volkes. Das eine kann ohne das andere nicht be- stehen; jedwedes ist Grundlage und Bedingung des andern; beides aber erheischt: Schulung des Geistes und Schulung des Körpers. Erst Lese- buch und Schreibheft, dann Gewehrkolben und Schwertgriff — das macht freu Preußen; das sind für unser Gesamtvolk die bewährten Mittel zur allseitigen Entwicklung der innewohnenden Fähigkeiten und Kräfte. Aus

7. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 18

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
18 I. Beschreibende Prosa: Geschichtliche und geographische Charakteristik. mit dem Norden. So wand sich ein neues Lorbeerreis um die Schläfen des Siegers von Weißenburg und Wörth. Schon in frühen Jahren legte der Prinz Friedrich, wie sein könig- licher Oheim Friedrich Wilhelm Iv. es gethan hatte, eine warme, tiefe, nachhaltige Neigung an den Tag für Kunst und Wissenschaft. Durch her- vorragende Lehrer vorgebildet, bewandert in der politischen und kulturellen Geschichte der Völker und insbesondere für das griechische Altertum be- geistert, bezog der 18jährige Jüngling die Friedrich-Wilhelms-Universität, jene Hochschule, welche sein königlicher Großvater als bestes Bollwerk deutschen Geistes gegen französische Gelüste am Gestade des befreiten Rheines gegründet hatte, — er bezog sie als der erste Student aus dem Hohen- zollernhause. Staats- und Rechtswissenschaft waren das Feld der Arbeit, Geschichts- und Kunststudien der Blumenrain der Erholung. Der Prinz- student empfand, was der Dichter sagt: In wessen Herz die Kunst sich niederließ, Der ist vom Sturm der rauhen Welt geschieden; Ihm öffnet sich, durchwallt von süßem Frieden, In ew'gem Lenz ein stilles Paradies. Und späterhin gewann sich der Kronprinz Friedrich Wilhelm als Kenner und Gönner von Kunst und Wissenschaft weit über die nächst- beteiligten Kreise hinaus einen Namen vom besten Klange. Die Aus- grabung der altgriechischen Weihe- und Wettspielstätte zu Olympia, die Erwerbung der pergamenischen Kunstdenkmäler, die Gründung oder Her- stellung christlicher Gotteshäuser, deren nicht bloß in Deutschland erstanden durch seine Fürsorge, sondern sogar in Asien und Afrika, zu Jerusalem » und Kairo — sie bleiben dafür ein dauerndes, lautredendes Zeugnis, und dem dankbaren Herzen zahlreicher Künstler und Gelehrten steht das hohe Bild ihres Förderers, ja ihres Freundes unaustilgbar eingeprägt. Mit dem Gefühle der Wehmut lesen sie jetzt die Worte des Verewigten in dem kaiserlichen Regierungsprogramm, wo es heißt: „Gelingt es, die Grund- lagen des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens kräftig zu erhalten, so wird es Mir zu besonderer Genugthuung gereichen, die Blüten, welche deutsche Kunst und Wissenschaft in so reichem Maße zeigt, zu voller Ent- faltung zu bringen." Schon der altgriechische Sänger rühmt an seinem Helden als be- sondern Vorzug, er habe die Städte vieler Menschen gesehen und deren Sitten erkundet. Was einst die Portugiesen von ihrem Jnsant-Regenten D. Pedro dem Weitgereisten mit Bewunderung sagten, er habe „as sete partidas do mundo“, d. i. die sieben Enden und Wenden der Welt ge- schaut, das konnte man mit größerem Rechte sagen von Kronprinz Friedrich

8. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 22

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
22 I. Beschreibende Prosa: Geschichtliche und geographische Charakteristik. und, wofern es nötig oder nütze war, der unbeugsamste Deutsche seiner Zeit zu sein, sagte von sich, er sei „ein Republikaner; denn er lebe nur für die ,r68 publieal, für das Gemeinwesen"; — Friedrich der Große, welcher die Regiernngszügel allesamt in höchsteigener Hand hielt, war in ganz vorzüglichem Sinne, was er sein wollte, „der erste Diener seines Staates"; — und Wilhelm I. glorreichen Andenkens hatte selbst als neunzigjähriger Greis „keine Zeit, müde zu sein". Nicht umsonst ließ einst der große Kurfürst seine jungen Söhne als Wahr- und Wahlspruch, unter dem Versprechen, sechs Dukaten solle der erhalten, welcher zuerst ihn auswendig wisse, den unschätzbaren Satz auf- schreiben: „So werde ich das Regiment führen, daß ich eingedenk bleibe, es sei des Volkes und nicht meine eigene Sache"; — und nicht umsonst hatte der alte Fritz, welcher die Franzosen bei Roßbach in preußische Zucht nahm, — nicht umsonst hatte der Philosoph auf dem Throne zu seinem jungen Großneffen, dem nachmaligen Könige Friedrich Wilhelm Iii., die vorahnenden Worte gesprochen: „Ich fürchte, du wirst einmal einen bösen, schweren Stand haben. Habilitiere dich, rüste dich, sei fix, denke an mich. Wache über unsere Ehre und unsern Ruhm. Begehe keine Ungerechtigkeit, dulde aber auch keine!" und zum Ausgange des Parkes in Sanssouci gekommen, zeigte er dort auf den Obelisken und sagte zum Prinzen: „Sieh ihn an! Schlank, aufstrebend und hoch ist er, und doch fest im Ungewitter. Er spricht: ,Stark bin ich, weil ich gerad bin Der Gipfel- punkt , die höchste Spitze, überschaut und krönt das Ganze, aber trägt nicht, sondern wird getragen von allem, was darunter liegt, vornehmlich vom unsichtbaren, tief untergebanten Fundamente. Das tragende Funda- ment ist das Volk in seiner Einheit. Halte es stets mit ihm, daß es» dich liebe und dir vertraue; nur darin kannst du stark sein und glücklich." Das sind Grundsätze und Aussprüche der Hohenzollern, Familien- vermächtnisse, Denkmünzen edelsten Metalles und eigenartigsten Gepräges, deren Bild und Umschrift die Hand der Zeit nimmer abgreift, nimmer verwischt. Und unser Kronprinz hatte gelernt, was unser Dichter lehrt: Was du ererbt von deinen Vätern hast, Erwirb es, um es zu besitzen! Der Hohenzollern-Sproß erbte — erwarb — besaß die großen Herrscher- und Bürgertugenden seines Stammes; er war die Hoffnung Deutschlands. Aber schattendes Gewölk zog herauf an dem sonnigen Himmel. Ein bedenkliches Leiden hatte vor mehr als einem Jahre unsern Kronprinzen, den kraftvollen Mann, befallen. Die heilsamen Spenden der gütigen Natur blieben ohne Erfolg; ärztliche Kunst stand gegenüber einem hart- näckigen, unabwehrbaren, unerbittlichen Feinde. Den Kranken hielten
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