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1. Leitfaden der allgemeinen Weltgeschichte - S. 294

1881 - Freiburg im Breisgau : Herder
294 Die mittlere Zeit. daß nicht nur an den Dom- und Klosterkirchen Schulen errichtet, sondern daß auch die Pfarrer Unterricht erteilen, und daß die Eltern ihre Kinder in die Schulen der Pfarrer schicken sollten. Besonders lag ihm die Pflege der deutschen Sprache am Herzen, weshalb er auch den Geistlichen einschärfte, in derselben die Gläubigen zu unterrichten. Aus Italien ließ Karl Künstler kommen, Sänger, um durch sie den Gottesdienst zu verherrlichen, und Baumeister, um Brücken über deu Rhein zu erbauen und die herrlichen Pfalzen (palatia) zu Aachen, Ingelheim und an andern Orten aufzuführen. Da er selbst in seiner Jugend wenig gelernt hatte, so suchte er als Kaiser das Versäumte nachzuholeu und lernte noch in spätern Jahren Schreiben und sogar Griechisch. Für seine Kinder und die Kinder seiner Diener und Beamten errichtete er eine eigene Hofschule (schola palatina), wohnte oft selbst dem Unterrichte bei und belobte die Fleißigen, während er die Unfleißigen und Ungeschickten durch herben Tadel beschämte. 303) In Karl erblicken wir aber nicht nur den glücklichen Krieger und ausgezeichneten Staatsmann, sondern auch als Mensch und als Christ erscheint er uns wahrhaft königlich und groß. Einfach in seinen Sitten, mäßig in seiner Lebensweise, arbeitsam und thätig, hatte Karl den aufrichtigen Eifer, feine Völker glücklich zu machen. Damit verband er eine wahre und ungehenchelte Frömmigkeit und tiefe Ehrfurcht vor der Kirche und ihren Dienern. Er war freigebig gegen die Armen, ein Beschützer der Witwen und Waisen und ein Vater seiner Unterthanen. Wenn er auch nicht frei war von manchen Fehlern, die seinen glänzenden Charakter einigermaßen verdunkelten, so muß mau eben bedenken, daß auch die größten Männer die Kinder ihres Jahrhunderts sind und sich wohl über ihre Zeit erheben, aber nicht von allen Man-8i4. geln ihrer Zeit sich freimachen können. Karl starb 814 in Aachen im siebzigsten Jahre seines Alters, im dreiundvierzigsten seiner Alleinherrschaft, nachdem er vierzehn Jahre die Kaiserkrone getragen. Im Dome zu Aachen wurde er in vollem kaiserlichem Schmucke beerdigt. Anmerkungen. 1. Das Reich Karls d. Gr. erstreckte sich bei seinem Tode von Un-teritalien bis an die Eider (Grenze von Dänemark), und vom Flusse Ebro in Spanien bis nach Ungarn. Außer der Ostmark errichtete Karl noch die wendische, die thüringische, die mittel-elbische und die sächsische Mark unter eigenen Markgrafen. 2. Der Sendgrafen waren es in der Regel zwei, ein Graf und ein Bischof oder Abt, welche miteinander abgeordnet wurden, um die Oberaufsicht zu führen. Die auf den Maifeldern gefaßten Beschlüsse und er-

2. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 170

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
170 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. den. So konnten seine treuen Schüler noch einige Tage länger um ihn sein; einer derselben, der reiche Kriton, hatte den Kerkermeister bestochen, Sokra- tes konnte entfliehen, wollte aber nicht, und verwies es seinem Freunde, daß er ihn zum Ungehorsam gegen die Gesetze der Stadt verleiten wollte; er habe die Wohlthaten der Gesetze lange genossen, und wenn ihm nun Unrecht geschehe, so entspringe daraus kein Recht für ihn, die Gesetze zu brechen. Sokrates wünschte zu sterben; er wollte durch das Thor des Todes in den Tempel der Wahrheit eingehen; denn all sein Denken und Forschen hatte ihn nur zu dem Geständnisse gebracht: „Ich weiß, daß ich nichts weiß." An seinem Todestage sprach er mit seinen Schülern über die Unsterblichkeit der Seele und von seiner Hoffnung, im Jenseits ein schöneres und helleres Leben zu beginnen, von dem das jetzige nur ein Widerschein sei; er tröstete die Weinenden, und als mit dem Unter- gang der Sonne der Augenblick da war, wo ihm der Giftbecher gereicht wurde, trank er ihn mit unerschüttertem Gemüthe. Dann ging er einige Augenblicke auf und ab, wie ihm der Gefangenwärter gerathen hatte, bis er Müdigkeit in den Beinen fühlte, legte sich nieder, verhüllte sein An- gesicht und starb (399). — Bald bereuten die Athener ihre Ungerech- tigkeit und ihren Mißgriff, setzten dem Sokrates Ehrensäulen und be- straften seine Ankläger. Von den Schülern des Sokrates hat der edle Xenophon, jener An- führer beim Rückzüge der Zehntausend, die Worte und Lehren seines Meisters am treuesten wiedergegeben, in ihm lernen wir den eigentlichen Sokrates am besten kennen. Andere Schüler des Sokrates gingen eigene Wege; z. B. Aristipp aus Kprene, welcher einen verständigen Lebensgenuß für Weisheit erklärte, der Stifter der kprenäischen Schule, die später in Epikur ihre volle Ausbildung fand; Antisthenes, der Verachtung aller Vergnügen lehrte und denjenigen Menschen als den glücklichsten hinstellte, welcher am wenigsten bedürfe und dem die Tugend allein genüge. Seine Schüler hießen die Kyniker (von dem Platze Kynosarges, wo Antisthenes lehrte, so genannt), von denen Diogenes am berühmtesten wurde. Der ausgezeichnetste Schüler des Sokrates aber bleibt Platon, dessen Schule von der Akademie, wo er lehrte, die akademische hieß. Er lehrte die Abkunft des menschlichen Geistes von der Gottheit, daher sehnt sich derselbe nach der Gottheit zurück in die Welt der Zdeen. Diese sind unveränderlich und ewig, und alles Irdische hat nur insofern Wahrheit, als es Antheil an einer Idee hat. Die höchste Zdee ist die Gottheit selbst, die Ursache von allem, was da ist und wird. Diese kann der Mensch nicht erfassen, nur die Ideen der Wahrheit, Schönheit und Tugend, die Ausflüsse der höchsten Idee, gestatten dem Menschen Zu- gang, und nach ihnen soll er während seines ganzen Lebens streben, damit er nach dem Tode in die höhere Welt der Zdeen gelange, wo er

3. Bd. 2 - S. 285

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
Allgemeiner U eb erb lick. 286 rcdsamkeit waren noch zahlreicher besucht, als jene der Philoso- phie. Die Genügsamkeit der Lehrer verlangte nur eine geringe Bezah- lung, ihre Frugalität diente den Schülern zum Vorbild; man lebte nur für die Weisheit. Die Eroberungen Alexanders und selbst die Herrschaft der Römer vermehrten noch den Glanz dieser Schulen. Aus allen Landern der weitverbreiteten griechischen Zunge, so wie ans dem fernsten Abendlande, strömten wißbegierige Zöglinge dahin, und wie- wohl in der politischen Sphäre die Freiheit zu Grunde gegangen; so dauerte sie doch in den Schulen der Philosophen fort. Auch in anderen Städten, vornemlich in Rho dus und Alexan- drien, waren berühmte griechische Schulen; doch erreichten sie den Glanz der athenischen nicht. Insbesondere waren die von Alexan- drien fast ausschlicßcud den mathematischen und physikali- schen Wissenschaften gewidmet. Den freieren Forschungen der allge- meinen Philosophie, so wie der, erhebend auf die Genrüther wir- kenden, Beredsamkeit, konnten die ägyptischen Despoten nicht hold seyn. Die Naturwissenschaften dagegen und die Mathematik mochten sie ohne Gefahr begünstigen, ja wohl zu politischen und staatswirth- schaftlichen Zwecken uüzen. Dieallmälig aufkommenden Schulen der R ömer erscheinen ge- gen die griechischen in einer ärmlichen Gestalt. Jene der Jurisprudenz ausgenommen (Tib. Coruncanns, Pontifex Marimus, cröffnete dieselben im Jahr 500 der Erbauung Roms), waren sie alle ganz un- bedeutende Privatanstalten, deren Unzulänglichkeit für die höhere Bil- dung die Römer selbst erkannten (*). §.4. Bibliotheken. Von desto größerer Wichtigkeit mußte in jenen Zeiten die Beschaf- fenheit der Schuten seyn, je mehr der Selbstunterricht aus Büchern durch die Theueruug und Seltenheit der Exemplare erschwert ward. Zwar schrieben viele Freunde des Wissens die Werke ihrer Lieblings- schriftsteller ab (Demosthenes verfertigte mit eigener Hand acht Kopieen von Thucydides), und Andere trieben solches Kopiren als ein Ge- werbe (**) ; aber dies konnte dem Bedürfnisse nicht genügen. Auch hatten viele der vortrefflichen Lehrer ihre Grundsäze gar nicht, oder nur unvollständig, der Schrift vertraut. Daher blieb der Wißbegierige aus ihren mündlichen Unterricht beschränkt, aber gerade hiedurch ge- (*) Der jüdischen Schulen zu Jerusalem, Alerandrien, Babv- ton u. a., dann der chaldäilchen zu Babylon und jener der Magier zu Susa wollen wir wenigstens in einer Rote erwähnen. (**) Das gewöhnlichste Schreibmaterial waren Rollen von ägyptischem Papyrus; doch gebrauchte man auch Leder, Leinwand, Tafeln u. st w.

4. Bd. 2 - S. 264

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
264 Erstes Kap. Bürgerlicher Zustand. Der Spartaner brachte seine Zeit mit gymnastischen Uebungen und öffentlichen Angelegenheiten hin. Landwirthschaft und Industrie war ausschließend der Sklaven Sache. Die Athener ehrten beide, und liebten insbesondere das ländliche Leben mit wahrer Leidenschaft. Wie sehr sie den'gcwerbssieiß geachtet, beweist das Gesez, wornach ein Fremder, wenn er eine Fabrik in Attika errichtete, das Bürger- recht unweigerlich erhielt, jenes so sehr geschäzte Bürgerrecht, welches wohl Königen bisweilen versagt ward. Zn dem Reize eines freien, harmlosen, naturgemäßen Lebens, welcher die Athener auf's Land zog, kam noch die Neigung zur Be- quemlichkeit und Pracht. Republikanische Eifersucht war, wenigstens in früheren Zeiten, durch stolze Wohnhäuser in der Hauptstadt belei- digt worden: daselbst sollten alle Privatgcbäude den Schein einer be- scheidenen Gleichheit tragen, und nur die öffentlichen Gebäude Pracht verkünden. Aber ihre Landhäuser mochten die Reichen nach Gefallen vergrößern und schmücken; man fand nichts Arges daran. Die Kleidung beider Geschlechter war meist aus Wolle. Attika und Arkadien erzeugten die beste, und die Athenerinuen wußten sie sehr geschickt zu verarbeiten. Aber die mi lesi sch e oder überhaupt jo- nische Wolle wurde höher gcschäzt. Leinwand holte man aus dem Peloponnes, noch lieber austhracien und Aegypten. Seide und Baum- wolle dienten zur Pracht, lieber das anschließende Unterkleid wurde ein Mantel getragen; von den Frauen ein Rock und ein Schleier. Aber die Spartanerinnen gingen häufig ohne den leztern, welches den Strengen für eine Art der Nacktheit galt. Allenthalben waren öffentliche Anstalten zum Baden. Reinlich- keit war selbst Religionspflicht. Bäder, Salben, Räucherwerk wur- den unter die gemeinsten Bedürfnisse gerechnet. Die Griechen liebten die Vergnügungen der Tafel, würzten sie durch geistreiche Unterhaltung, und paarten damit noch vcrschledene Sinnenlust. Aber die Weiber — die Hetären ausgeuommen — blieben von den Malen der Männer entfernt. Die Reichen besezten ihre Tafel mit unzähligen Leckerbissen von nah' und fern. Die Schlemmer wußten genau, welches für jede Speise die beste Gegend, Jahreszeit und Zubereitung sey, und eine gute Anzahl Schriftsteller hatte die Kochkunst zum Gegenstände gelehrter Abhandlungen gewählt (*). Sy- rakus brachte die besten Köche hervor. Allgemein war der Hang nach berauschenden Getränken ; und frühe schon wurde das attische Bier durch die köstlichen Weine verdrängt, (*) Neben vielen ähnlichen Werken wurde insbesondere die Gastrono- mie des Archestralos gerühmt.

5. Bd. 2 - S. 84

1838 - Freiburg im Breisgau : Herder
84 Drittes Kap. Makedonische Geschichte. den muß. 2) Das große syrische Reich, gestiftet von Selenkns (welcher Nikator von seinen vielen Siegen heißt), und die Haupt- masse des alten Perserreichs enthaltend. Der p arth i sche und der wie- der auflebende jüdische Staat sind losgerissene Stücke davon. 3) Das ägyptische Reich, durch Ptotem aus Lagi gegründet, das langst- dauernde von allen. 4) Mehrere kleinere, vorzüglich kleinasia^ tische Reiche, deren Geschichte füglich die einiger benachbarter Staa- ten, welche durch das gemeinschaftliche Schicksal der Unterwerfung un- ter Rom in einer gewissen Verbindung stehen, angehängt wird. Aber nur die früheren Begebenheiten dieser Reiche werden hier mit einiger Ausführlichkeit erzählt. Ihre späteren Schicksale, welche meist in die Geschichte Roms, ihrer Siegerin, verflochten sind, müssen dort- hin zur zusammenhängenden Darstellung verschoben bleiben, und können hier, um Wiederholung zu vermeiden, nur eine flüchtige Berührung finden. I. Makedonien und Griechenland (*w §. io. Antipater, der Griechen Sieger. Makedonien, wiewohl unter den Hauptreichen das kleinste, war dennoch, als ursprünglicher Siz der Macht, und dessen Thron auf die Oberhoheit in den übrigen Ländern, besonders in dem so natürlich mit ihm verbundenen Griechenland, Anspruch zu geben schien, der vorzüg- lichste Gegenstand der Bewerbung für die herrschsüchtigen Generale und sowohl deswegen, als weil die Schwingungen der in Griechen- land neu erwachten Freiheitsliebe nothweüdig auch auf Makedonien wirkten, so wie Griechenland selbst ein Schauplaz vieler und schnell wechselnder Revolutionen. So sehr Philipp und Aterander die Griechen vor allen besiegten Völkern ausgezeichnet und mit weiser Schonung ihnen Namen und Form der alten Verfassung gelassen hatten; so wurde doch der Verlust der Unabhängigkeit und die Befleckung des Nationatruhms schmerzlich gefühlt; und ungeachtet aller Schmeicheleien und der kriechenden Un- terthänigkeit, die man in die Wette den gefürchteten Gebietern erwies, war dennoch der heftigste Haß gegen die fremde Herrschaft in den Her- zen der meisten Griechen lebendig. Als Al er an der siegreich r'n's Herz von Asien drang, fieng er die griechischen Abgeordneten auf, welche mit Darius ein Bündniß unterhandeln sollten, und bald ward ihm die Nach- (*) Da wir die allgemeine Geschichte der alexandrischen Monarchie bis zur Schlacht bei Ipsus — als wodurch ihre Zertrümmerung bleibend bestimmt wurde — der leichteren Uebersicht willen nur summarisch erzählt haben; so bleibt uns bei den folgenden Specialgeschichten, insbesondere bei der mace- doni sch-griechischen, noch Verschiedenes nachzuholen, was weniger auf's Allgemeine, als auf die einzelnen Reiche sich bezieht.

6. Geschichte - S. 121

1871 - Freiburg im Breisgau : Herder
nahm einen Bürger ans Zürich, der ihm einst Dienste geleistet, sehr frenndlich in seinem Palaste ans. Wenn man ihm sagte, er sei zu gnt, so erwiederte er: „Es hat mich oft gereut, wenn ich zuweilen streng gewesen bin; nimmer wird es mich reuen, mitleidig und gütig gewesen zu sein." Als er hochbetagt sein nahes Ende fühlte, ging er nach Speyer, dem alten Begräbnißorte der Kaiser, und sagte scherzweise, er wolle fetzt seine Vorgänger besuchen. Er kam uur noch bis Germersheim; dort starb er im 74. Lebensjahre am 15. Juli 4291. Sein Leichnam ward in Speyer beigesetzt. Er hatte im Leben stets großes Glück und verdiente solches durch ein kindliches Vertrauen auf Gott und durch seine Tugend. Seine Redlichkeit war noch lange nachher zum Sprichwort im Munde des Volkes. pic wichtigsten Erfindungen des Wittelaklers. Im Mittelalter wurden mehrere für die menschliche Gesellschaft eben so nützliche als der Wissenschaft förderliche Erfindungen gemacht, durch welche allmählig die meisten Verhältnisse umgestaltet und eine neue Zeit vorbereitet wurde. Zu diesen gehören zunächst: 1. Die Erfindung des Eompasses. — Die ganze Schifffahrt der alten Völker war fast nur Küstenschifffahrt; denn es fehlte ihnen noch an einem bestimmten Wegweiser durch die unermeßliche Wasserwüste. Ihre einzigen Wegweiser waren die Sonne und die Sterne; aber durch die Nacht wird die Sonne, und durch den Wechsel der Witterung werden die Sterne dem Auge entzogen. Niemanden fiel es ein, daß ein Stückchen schwarzes Eisen besser Bescheid aut Himmel wissen könne, als der Mensch, und daß man sich mit diesem, als dem untrüglichsten Wegweiser, auf alle auch noch so unbekannte Meere kühn hinauswagen dürfe. Es hat uämlich eine Nadel, die mit einem Magnete bestrichen wird, die wunderbare Eigenschaft, daß sie, sobald sie frei hangt, mit der einen Spitze immer nach Norden zeigt. Hienach lassen sich denn alle übrigen Himmelsgegenden^ bei Tag und bei Nacht, bei heiterm und umwölk-teiit Himmel mit Sicherheit bestimmen. Wem 'wir diese nützliche Erfindung zu verdanken haben, ist unbekannt. Einige schreiben sie dem Flavio Gioja, andere einem Giri ans Antatst int Königreich Neapel, zu Anfange des Lesebuch. Vi. ß

7. Die vorchristliche Zeit - S. 394

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
394 Die Römer während der Ausbildung ihrer Staatsverfassung vilius. Es erzeugte die höchste Gährung, als ein alter Kriegsmann aus der Schuldhaft, Ln welcher er grausam behandelt worden, entsprang und sich halb verhungert, in Lumpen gekleidet und von blutigen Strie- men entstellt, aus dem Markte zeigte. Servilius beschwichtigte die Wider- spenstigen, indem er ihnen auf die Dauer des bevorstehenden volskischen Feldzuges für sich und die Ihrigen Sicherheit zusagte. Als aber nach der Heimkehr Appins Claudius die Rechtspflege übernahm, ließ er ohne Rücksicht aus die gegebene Zusage dem Schuldrechte seinen Lauf. Unter solchen Umständen kam es zu neuem Widerstande im I. 494, als zwei milde gesinnte Prätoren, wie sie aus der Centnrienwahl hervorgehen konnten, Virginius und Veturius, gegen den Starrsinn ihrer Standes- genossen nichts zu Gunsten der Plebs anszurichten vermochten. Wenn es nicht zu eigentlicher Empörung kam, so ist es dem Umstande znzu- schreiben, daß ein großer Theil der Plebejer, die außerhalb der Stadt Wohnenden, durch die Bestellung der Felder vom Erscheinen in der Stadt abgehalten wurde, und die Patricier in der größeren Geschlossen- heit ihres Standes und in der Unterstützung ihrer Clienten noch eine große Widerstandskraft besaßen. Die strengen Rathschläge des Appins Claudius führten zur Ernennung eines Dictators, der das thun sollte, wozu die beiden Prätoren nicht geeignet schienen. Es wurde aber Dic- tator ein Valerius, Bruder des Valerius Poplicola, der das Verfahren des vorigjährigen Prätors Servilius erneuerte und nach der Heimkehr gleiche Vereitelung seiner Absicht erfuhr. Nun standen, da Sabiner, Vols- ker und Aequer zu bekämpfen gewesen, nach seiner Heimkehr noch zwei von den Prätoren befehligte Heere unter den Waffen. Diese wollte der Senat nicht heimkehren lassen, um gegen sie die Gewalt, die der Prätor gegen den unter den Waffen stehenden Krieger hatte, in dem gefährlichen Augenblicke nicht zu entbehren. Da kündigten die Krieger den Gehorsam auf, gingen unter einem selbstgewählten Anführer, Lucius Sicinius Bellntus, auf die rechte Seite des Anio und lagerten sich auf einem Berge in der Gegend von Crustumerium, der später, weil auf ihm wegen dieses Ereignisses sühnende Weihen statt fanden, der heilige Berg genannt wurde. Nach dieser Absonderung, Secession genannt, hielten sie sich ruhig, was nur daraus zu erklären ist, daß die Patricier für den schlimmsten Fall Hülfe gehabt hätten, weil sie mit den Latinern bereits wieder in dem guten Verhältnisse standen, das im folgenden Jahre durch den Vertrag der Zsopolitie bekräftigt wurde. Die Patri- cier sahen sich zum Nachgeben genöthigt und es fanden Friedensunter- handlnngen wie zwischen zwei verschiedenen Völkern statt. Es ließen sich für die Patricier zwei Mittel denken. Sie konnten die Plebs von ihren Führern trennen, indem sie die vornehmsten Plebejer durch Zuge- ständniß höherer Rechte an sich zogen. Dann hätten sie aber ihre eigne

8. Dichtung des Mittelalters - S. 117

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 12. Dichtungen der vorbereitenden Zeit des Kunstepos, von 1150—1180. 117 sorgsame und richtige Behandlung des Reimes und namentlich die Rein- heit der Sprache1 fehlten. Als bedeutendste Dichtungen gehören dieser Borbereitungszeit au: 1. Das Annolied, ein Lobgesang in hohem Schwünge auf den hl. Anno, Erzbischof von Köln (ch 1075), welches biblische Geschichte, Sage und Profangeschichte zwar bunt durcheinander mengt, aber dennoch gute Anordnung bei lebhafter Schilderung und inniger Gefühlstiefe fast nirgends vermissen läßt. 2. Das Alexanderlied vom Pfaffen Lamprecht, eine der schönsten Dichtungen des Mittelalters, in kräftiger und oft volkstümlich lebendiger Darstellung, welche neben manchen lieblichen Schilderungen von poetischer Kraft auch ernste und große Gedanken in sich birgt. In dem ersten, mehr historischen Teile werden in mittelalterlicher, durch die Kreuzzüge beein- flußter Anschauung die Jugendjahre und die Eroberungszüge des großen Weltbeherrschers dargestellt; in dem zweiten, mehr romantischen Teile, in welchem Alexander bis an das Ende der Welt vordringt, beschreibt er in einem Briefe an seine Mutter und seinen Lehrer Aristoteles die Abenteuer und Wunder seiner Fahrt (vgl. folgende Probe). Im Übermut dringt er vor bis zu des Paradieses Pforten, um auch dieses zu erobern, aber hier muß er umkehren; die Nichtigkeit alles Irdischen erkennend, befleißigt er sich nun der Mäßigung und Milde bis zu seinem Tode „und behielt nichts mehr für sich — von alledem, was er errang — als Erde, sieben Fuß lang, — wie's der ärmste Mann erhält, ■— der je kam in diese Welt". Ocr Iaubcrwatd. Als wir hinzogen an dem Meere, Da ritt ich außer meinem Heere Mit dreientausend Mannen. Darauf huben wir uns von bannen Und gedachten Wunder zu sehen; Da sahen wir fern von bannen stehen Einen großen, prächtigen Wald. Das Wunder, das war mannigfalt, Das wir da vernahmen. Als hinzu wir kamen, Da hörten wir wohl in ihm Manche wunderschöne Stimm', Lyren- und Harfenklang Und den süßesten Gesang. — Der herrliche, der alte Wald War wunderbarlich schön gestalt', Wir konnten's all genau gewahren. Stattlich hoch die Bäume waren, Die Zweige waren breit und dicht, Nur Wahrheit gibt euch mein Bericht. Das war eine große Wonne. Da konnte nicht die Sonne Hindurch bis zrir Erde scheinen. Ich und die Meinen, 1 Man nennt die Sprache, in welcher diese Dichtungen geschrieben sind, als Zwischenstufe zwischen dem Althochdeutschen der Vorzeit und dem Mittelhochdeutschen der Blütezeit, die mitteldeutsche, in welcher die thüringisch-hessische Mundart vorwiegende Geltung hat.

9. Dichtung des Mittelalters - S. 152

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
152 Dritte Periode, von 1150—1300. Auf der Aventüre Sinn! Wie hell und klar von Anbeginn Sind seine Wörtlein von Krystall Und bleiben es auch immer all! Mit Sitten treten sie heran Und schmiegen nahe sich uns an Und werden lieb dem reinen Mut. Die gute Rede für gut Nehmen und verstehen können, Die müssen dem von Aue gönnen Den Kranz und seinen Lorbeerzweig. Wer* aber einem Hasen gleich Auf der Wortheide Hohe Sprüng' und ferne Weide Mit Würfelworten 2 sucht und jagt Und, ohne daß er andre fragt, Das Lorbeerkränzlein sich verspricht, Der versäume unsre Stimmen nicht; Wir sind immer bei der Wahl ge- wesen. Wir, die die Blumen helfen lesen, Womit durchflochten und geschmückt Das Lorbeerreis wird aufgedrückt, Wir fragen nach des Manns Begehr; Will er das Reis, so tret' er her Und bring' uns seiner Blumen Zier; An den Blumen dann erkennen wir, Ob sie den Kranz so lieblich schmücken, Daß sich der Auer vor ihm bücken Und ihm das Reis soll zugesteh'n. Doch weil noch keiner ward geseh'n, Dem es so wohl steht zu Gesicht, Helf' Gott, so nehmen wir's ihm nicht; Und soll das Kränzlein keiner haschen, Seine Worte sei'n denn wohl ge- waschen Und eben seine Red' und schlicht, Daß man den Hals nicht d'rüber bricht, Wenn man aufrecht kommt gegangen, Richt will mit Hahnenschritten prangen. Doch die in Mären wildern, Uns wilde Märe schildern, 1 1 Wolfram von Eschenbach, s Erklärung. Die mit den Ketten klirren Und stumpfen Sinn verwirren, Die Gold aus schlechten Sachen Den Kindern wollen machen, Die ihre Büchse rütteln, Statt Perlen Staub entschütteln, Die möchten schatten mit der Stange, Richt mit dem grünen Laubbehange, Mit Zweigen noch mit Asten. Ihr Schatten thut den Gästen ;. Gar selren an den Augen wohl, Wenn ich die Wahrheit sagen soll; Er füllt uns nicht mit Mut die Brust, Er gießt ins Herz uns keine Lust; Ihre Rede hat die Farbe nicht, Die froh zu edeln Herzen spricht. So wilder Märe Jäger Müssen Ausleger e- Mit ihren Mären lassen geh'n; Wir können so sie nicht versteh'n, Wie man sie lesen hört und lieft; Den Klugen auch die Zeit verdrießt, Daß er im schwarzen Buche :; Rach der Glosse 2 suche. Roch sind der Farbcnkünstler mehr: :; Von Steinach Herr Blickher * r, Freut mit Worten, wonnesamen, i, Als stickten Frauen sie, die an Rahmen In Gold und Seide wirken; Man sollte sie durchzirken , Mit griechischen Borten.------------ Wen soll ich ferner auserlesen? t; Roch viele sind und sind gewesen, i, An Sinn und Rede wonniglich, e- Von Veldeke Herr Heinrich, Der sprach aus vollem Sinne! Wie wohl er sang von Minne! t, Wie schön ist seines Sinnes Hülle, i, Als hätt' er seiner Weisheit Fülle n. Aus dem Quell des Pegasus genom- men, Von dem die Weisheit all ist kommen. 2 Mit ungewählten, unklaren Ausdrücken. 4 Ein wenig bekannter pfälzischer Dichter.

10. Dichtung des Mittelalters - S. 155

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 18. Nachblute und Verfall des Kunstepos, 1230—1300. 155 kröne von England ausgeschlagen hat, Aufopferung, Demut und Selbstverleugnung. „Barlaam und Josaphat", eine Legende, in der der indische Königssohn Josaphat von dem Einsiedler Barlaam zum Christentum bekehrt wird, die Krone niederlegt und sein Leben unter Fasten und Beten in beschaulicher Einsamkeit beschließt, lehrt Entsagung und freiwillige Armut. Seine „Weltchronik", welche die Geschichte des Alten Testaments bis auf Saloman enthält, galt bis auf Luthers Zeit als eine wichtige Fundgrube für die Kenntnis des Alten Testamentes. Konrad von Würzburg, bürgerlichen Standes, gestorben 1287 zu Basel, welcher neben mehreren Legenden und Erzählungen „den trojanischen Krieg" nach einer französischen Dichtung in nicht weniger als 50 000 Versen bearbeitete. Gelehrt und formgewandt, gebietet er zugleich über einen großen Reichtum von Bildern und Gleichnissen, wie er namentlich in seiner „Goldenen Schmiede", einem glänzenden Lobliede auf die heilige Jungfrau Maria bekundet, aber seine Muse entbehrt doch des eigentlichen geistigen Gehaltes. Der Stricker (striellaere — verknüpfend) , ein vielseitiger, nach seinen Lebensverhältnissen unbekannter Dichter aus Österreich, welcher die komische Seite des höfischen Epos in seinem „Pfaffen Amis", einem mittelalterlichen „Eulenspiegel", vertritt. B. Lyrik. § 19. Stoff und Form der Lyrik. Neben der Epik blühte gleichzeitig die Lyrik. Dieselbe äußert sich vorzugsweise in dem sogenannten Minnegesange, dessen Hauptthema die Minne ist (meinan, althochdeutsch ^lateinisch meminisse], — gedenken), d. h. die seelenvolle, keusche Liebe, das stille sehnende Denken an die Geliebte. Die den Deutschen schon von ihren Vorfahren her innewohnende Hochachtung1 des weiblichen Geschlechtes hatte durch den Einfluß des Christentums, namentlich durch die Verehrung der Gottesmutter Maria, noch eine bedeutende Stärkung erhalten. Dazu erachtete das Ritter- tum es als eine seiner ersten Pflichten, die Frauen zu ehren und ihrem Dienste sich zu widmen. So konnte in der idealen Richtung des damaligen Rittertums der Frauenkult einen solchen Grad erreichen, wie wir ihn in den Minneliedern kennen lernen. Zwar haben dieselben vielfach etwas Einförmiges, da der Kreis der Gedanken und Empfindungen in denselben auf stilles Hoffen und süße Sehnsucht, auf jubelnde Wonne bei freundlicher Zuneigung der nicht einmal mit Namen genannten Ge- liebten, auf schmerzliche Klage bei etwaiger Härte oder Untreue derselben sich beschränkt; sie bekunden aber dafür auch die tiefe und keusche Zart- heit des deutschen Gemütslebens in lieblicher und fesselnder Anmut. 1 Tacitus sagt in seiner Germania c. 8: „Inesse (feminis) quin etiam sanctum aliquid et providum putant.“
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