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11. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 138

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
138 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Theater trat die Geschichte der alten Zeit vor die Augen des Volkes nicht in Erzählung, sondern in lebendiger Erscheinung; die Bühne war die Kanzel, von welcher Religion und Sitte gepredigt wurde, wo die Lehren derselben sich in Thaten und Leiden, in Segen und Fluch umgestalteten und als lebendige Beispiele auf den Zuschauer einwirkten. Zu diesem Zwecke bot das Theater den höchsten Schwung der Poesie in der edel- sten Sprache auf, und mit der Kunst des Dichters vereinigten sich har- monisch zusammenwirkend Plastik, Gesang und Musik, so daß das athe- nische Theater zu der vollkommensten Bildungsstätte wurde, die das Hellenenthum, und nur dieses, errichten konnte. Perikles öffnete sie dem gesammten Bürgervolke Athens; der Staat gab beträchtliche Zuschüsse zu der vollkommensten Aufführung dramatischer Meisterwerke und der arme Bürger erhielt das Eintrittsgeld aus der Staatskasse auf Vor- zeigung eines Täfelchens. Wer dem Perikles dies zum Vorwurfe macht, mißkennt die Bedeutung des athenischen Theaters und verwechselt das- selbe mit den Schaubühnen unserer Zeit, oder der Tadler muß den Stab auch darüber brechen, daß unsere Staaten so große Summen für Schulen aufwenden und es jedem Staatsbürger möglich machen, sich die heutige Bildung (die freilich eine andere ist als die hellenische) anzueignen. Allerdings wurde das spätere Athen durch seine Theater- wuth berüchtigt, die so weit ging, daß man die Gelder, die zu einem Feldzuge oder zur Ausrüstung einer Flotte bestimmt und nothwendig waren, auf Schauspiele verwandte; aber wer will den Perikles dafür verantwortlich machen, daß sein Volk ausartete und Männern folgte, welche es zur Genußsucht verleiteten und gegen seine höchsten In- teressen verblendeten? Geschah doch Aehnliches mit den feierlichen Prozessionen, welche Perikles durch Staatsgelder und das Aufgebot aller Künste verherrlichte; auch diese verloren später ihre religiöse Weihe und arteten zu einem Schauspiele aus, das die Staatsgelder verschlang und reiche Bürger zu übermäßigem Aufwande nöthigte, welche dem Miß- fallen des herrschenden Volkes und den Gefahren der Volksungunst ausweichen wollten. Perikles rühmte den Athenern ihre Stadt als die Bildnerin des gesammten Griechenvolkes, und stellte neben ihren Kriegsruhm ihre allseitige Bildung als ebenbürtige Genossin. Athen gab den Perser- kriegen die nationale Richtung, welche durch Kimon zum vollständi- gen Siege, zur Befreiung der asiatischen Griechen und zu dem großen Aufschwünge der ganzen Nation führte. Was wären die olympischen Feste gewesen ohne den Triumph über Asien? Da wurden die Helle- nen sich bewußt, daß sie das erste Volk der Erde seien; denn sie hatten das Größte vollbracht, was je durch eine Nation geschehen. Da- rum rauscht ein Strom hellenischen Volkslebens in den Festgesängen

12. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 361

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Nachblüte der römisch-griechischen Literatur. 361. der zwölf ersten Cäsaren beschrieben, und da er durch Hadrians Gunst die kaiserlichen Archive benutzen konnte, so theilt er manche Notiz mit, geeignet, über den Charakter der Cäsaren und die Beweggründe ihrer Handlungsweise Aufschluß zu geben. Wichtiger ist er uns jedoch durch die Schilderung des Privatlebens der Cäsaren; wir sehen da, wie diese Herren das Gefühl ihrer Allgewalt peinigt, die ihnen alles gegen die Menschen erlaubt, aber die Schranken der eigenen menschlichen Natur doch nicht wegzuräumen vermag. Der Sinnengenuß erschöpft sich in Eckel, der Ehrgeiz erlischt in der Fluth der Schmeichelei, die alle Ehren häuft, ohne eine That abzuwarten, die Achtung vor den Menschen in der Nie- derträchtigkeit, mit der ihnen alles zu willen ist, und selbst der Stolz bricht zusammen, wenn es ihnen plötzlich klar wird, daß sie die betro- genen Werkzeuge ihrer Diener waren. Hat man den Suetonius bis zur Thronbesteigung des Vespasian (der die Strenge des Feldlagers auf Beamte und Volk anwandte), begleitet, so haftet ein Eindruck auf unserm Gemüthe, welcher nur mit dem zu vergleichen ist, den der An- blick und der Geruch einer Stadt in uns erregt, in welcher eine Seuche an dem Leben der Bevölkerung zehrt. Dieses Gefühl wird durch Juve- nal noch erhöht, welcher uns in seinen Satiren den sittlichen Zustand des vornehmen und geringen Römervolks enthüllt. Seine Satire gei- ßelt nicht wie die des Horatius die menschlichen Thorheiten und Schwächen mit geistreichem Spotte, sondern sie zerreißt im Zorne die Hüllen, mit welchen sich das Laster deckt und zeigt es in seiner nackten Häßlichkeit. Trost weiß auch Juvenal keinen; wie Tacituö blickt er in die republika- nische Vergangenheit zurück, wenn er seinen Schmerz ob seiner trau- rigen Zeit kühlen will. Kaiser Hadrian verbannte ihn nach Aegypten; er konnte an einem Dichter kein Wohlgefallen haben, der das Haus der Cäsaren als eine überfließende Quelle der Laster bezeichnet und die dem Kaiser so lieben Griechen als Betrüger, Gauner, Glücksritter und Wind- beutel darstellt, die an Rom wie ein Schmarotzergewächs an einem edeln Baume zehren. Zu diesen Dreien, denen die bessere Zeit des Cäsarenreiches erlaubte, das ungeheure Verderben, welches die schlechteren Herrscher angerichtet hatten, mit dem Griffel der Wahrheit zu zeichnen, gehört in mancher Hinsicht auch der ältere Plinius, der Naturforscher, der bei dem Ausbruche des Vesuvs umkam, als ihn seine Wißbegier zu nahe führte. In seiner Naturgeschichte gab er den Römern seine Aus- beute aus 2000 Schriften, einen Inbegriff von allem, was griechischer Fleiß und Scharfsinn über Erde und Welt erforscht oder erdacht hatte. Sein Werk ist keineswegs ausschließlich eine Naturgeschichte; die freie Form, die er ihm gab, erlaubte ihm vieles andere in seinen Bereich zu ziehen; so überliefert er die werthvollsten Notizen über Kunstwerke und Kunstgeschichte, über Ackerbau und Baumzucht, Geräthe, Lebensweise

13. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 375

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Julian der Abtrünnige. Jodian. 375 unter der Gelehrtenwelt einen bedeutenden Anhang und berühmte Schulen in Athen, Alexandrien, Pergamus, Nckomedia, wo sich auch Christen- jünglinge in der Rhetorik und den Wissenschaften unterweisen ließen, welche ein damaliger Rechtsgelehrter und Beamter erlernen mußte. Die heidnischen Gelehrten freuten sich der Neigung, welche den Julian zu dem verbotenen Genüsse der heidnischen Früchte trieb, in ihm schien ein Stern der Hoffnung aufzugehen. Den Prinzen bezauberte die alte klassische Welt, und jene Heiden, die Großes gethan hatten, wurden seine Ideale; den ungeheuren Schatten der alten Größen aber sah er nicht, weil sie nur von einem Standpunkte betrachtet und zu betrachten gelehrt wurden und auch deßwegen, weil der politische Zustand seiner Zeit jedenfalls unerfreulicher war als je ein vergangener. Die alte Zeit, glaubte er mit Recht, sei durch den alten Glauben geschaffen worden, und weil dieser verdorben und vernachläßigt wurde, sei auch die alte Thatkraft versiegt und das Glück von den Römern gewichen. Nun bewiesen ihm ferner die Philosophen, daß der klassische Glaube durch ihre Vorgänger und sie selbst gründlich reformirt worden sei! Philosophie und Religion seien nun in schönster Harmonie (die Neuplatoniker leisteten in dieser Hinsicht sehr viel), die alten Mythen, deren Mißver- ständniß im Munde der Dichter und im Volksglauben so viele Verständige geärgert und zum Unglauben verleitet habe, hätten ihre Deutung ge- funden, der Zwiespalt der verschiedenen Religionen, welcher die Welt verwirrt und dem Juden- und Christenthum so vielen Vorschub gethan habe, sei versöhnt, denn alle Religionen seien nur Bäche, die, aus einem Quelle entsprungen, einen verschiedenen Lauf genommen hätten und von den Un- kundigen als einander fremde Fluchen betrachtet worden wären. Julian, der das Wesen des Christenthums niemals erfaßt hatte, verstand es ebensowenig, das Neuheidenthum, die philosophische Vielgötterei, in ihrer Blöße zu erkennen und sie von den Hüllen zu entkleiden, welche ihr die Gelehrten mit Kunst und wissenschaftlichem Aufwand angelegt hatten. Sein Ehrgeiz erblickte ein fast göttliches Werk in dem Unternehmen, den alten Glauben in seiner geläuterten Gestalt wieder herzuftellen, die Tempel wieder zu öffnen, die Opferflammen der Altäre wieder anzu- fachen und das ganze Reich zu verjüngen. Er fiel frühzeitig insgeheim von dem Christenthume ab, ließ sich in die Mysterien einweihen und opferte den Göttern, während er öffentlich als Christ sich gebärdete. So hielt er es auch als Cäsar in Gallien, und als Augustus betete er noch an dem Tage Epiphania in der Kirche zu Vienne. Als er endlich die Maske abwarf, gebot er allgemeine Religionsfreiheit, womit er aber unter anderem die Absicht hatte, und so weit er konnte auch ausführte, die Häresieen gegen die Kirche zu unterstützen; ebenso verbot er den christ- lichen Lehrern der Rhetorik und Grammatik den Katheder, damit die

14. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 93

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Orakel und Mysterien. 93 Ruhm; der Name des Siegers wurde durch den Herold ausgerufen, und auch die Stadt genannt, deren Sohn sich unter allen Hellenen als der gewandteste oder stärkste hervorgethan hatte. Die Dichter priesen die Sieger und deren Vaterstadt, ihre Namen wurden in die Jahrbücher eingetragen und in der ganzen Griechenwelt genannt. Orakel und Mysterien. Dem Griechen waren seine Götter keine dunklen in den Elementen verkörperte Mächte, sondern persönliche Wesen, welche die Elemente be- wegen und beherrschen, ähnlich wie der Mensch mit seiner geringeren Kraft über ein kleineres Gebiet herrscht. Die hellenischen Götter waren nichts anderes als vollkommenere Hellenen, nur viel gewaltiger an Macht und Wissen, den Leiden des menschlichen Lebens nicht unterworfen, welche als Hunger, Krankheit und Tod beständig drohen; immer Freude ge- nießend, wenn sie ihre Glückseligkeit nicht selber trüben, was wohl geschehen kann, wenn sie sich den gleichen Leidenschaften hingeben, durch welche sich der Mensch so viel Uebel bereitet. Weil die Hellenen ihre Götter nicht anders dachten, denn als Herrscher über die verschiedenen Elemente, so konnten sie dieselben auch nicht anders abbilden, denn in menschlicher Ge- stalt. Zeus erschien ihnen nicht als Donner, Blitz und Regen, sondern Zeus als unsichtbare Person blitzte, donnerte und regnete nach seinem Wohlgefallen; Apollo und Artemis lenkten die Sonne und den Mond mit goldenen Gespannen am Himmel dahin; Poseidon bewegte oder sänfligte die Wellen des Meeres und erschütterte die Erde; der Flußgott schleu- derte seine Fluthen über das Ufer, oder sandte sie ruhig in ihrem Ge- leise, Boreas trieb aus dem Norden die erstarrende Luftmasse herbei u. s. w. Die Götter beherrschten aber nicht bloß die Elemente, sondern auch die Thierwelt; Zeus liebte den Adler, der in der Gewitterwolke schwebt, Apollo den schnellen Habicht, Pallas Athene die das Dunkel durchblickende Nachteule, und durch sie machten sie dem Menschen ihren Willen viel- mal kund, gerade wie durch Blitz, Donner, Erdbeben, Ueberschwem- muug, Sturm u. s. w. Denn nach dem Glauben der Hellenen sahen die Götter auf den Menschen, liebten oder haßten ihn je nach seinem Thun und Treiben, und ob ein Unternehmen gelingen oder mißlingen sollte, das stand in dem Willen der Götter. Diesen Willen zu erkennen mußte also der Wunsch eines jeden sein; die Götter aber offenbarten denselben durch Zeichen, welche sie in der Natur gaben, durch Sonnen- finsternisse, Erdbeben, Ueberschwemmungen, Blitz und Donner, Unfrucht- barkeit, Krankheit u. s. w., indem sie ihre Thiere als Boten sandten: den Adler, Habicht, die Nachteule, die Schlange, den Wolf, oder durch Zeichen an den Opferthieren u. s. w. Der Mensch brauchte also nur

15. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 163

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die griechischen Philosophen und Sophisten. 163 hatte, obwohl Griechenland von streitbaren Männern noch wimmelte. Das Volk ist nicht mehr da, welches so Großes dachte und ausführte, mit Griechenlands nationaler Größe geht es offenbar zur Neige. Seine Helden werden immer seltener, auch seine hohe Poesie verstummt, desto mächtiger aber schafft und zerstört die griechische Philosophie, welche ein Theil des großen Erbes ist, das Griechenland der Nachwelt hinterließ. Vierzehntes Kapitel. Die griechischen Philosophen und Sophisten. Die Griechen Asiens standen in lebhaftem Verkehr mit den alten Völkern dieses Erdtheiles, und mußten zugeben, daß die religiösen Ein- richtungen dieser Völker in eine viel frühere Zeit zurückgehen als selbst die hellenischen Mythen reichen, daß die ägyptischen und babylonischen Könige früher auf der Welt gewesen als die olympischen Götter, wenn die Genealogieen derselben als Maßstab angelegt wurden. Alle Griechen, die in solche Berührung kamen, schloßen sich darum an die Religion der Asiaten an und bequemten sich willig zu der Annahme, die Kenntniß der Götter so wie ihr Dienst sei von diesen alten Völkern zu den Griechen gekommen und habe bei ihnen einige Abänderungen und Mißverständnisse erlitten. Scharfsichtige Männer erkannten aber wohl, daß die mit einander verschmolzenen Religionen eigentlich doch verschiedene seien, daß der griechische Zeus ein ganz anderer Gott sei als der ägyptische Ammon und der dorische Apollo ein anderer als der Baal in Babylon und Tyrus u. s. w.; es entging ihnen nicht, daß jedes Volk sein Land zum Schauplatz der Thaten der Götter machte und deren Walten auf dasselbe beschränkte; diese Widersprüche führten sie zu der Ueberzeugung, daß von den widersprechenden Mythen der Griechen und der alten Völker die eine so wenig eine wirklich ge- schehene Sache berichte als die andere, sondern daß alle Poesieen seien, zu welchen sich die Gedanken der Völker über den Ursprung der Dinge gestaltet hatten. Zu dieser Ueberzeugung kamen sie um so leichter, wenn sie den Unterschied der Volksreligion und der Priesterreligion betrachteten; kein ägyptischer Priester hielt den Apisstier für einen wirk- lichen Gott, wohl aber das ägyptische Volk; der Priester stellte in dem Apis ein Symbol der Sonne auf, welche die Erde befruchtet, das Volk dagegen sah in ihm eine neue Erscheinung seines Gottes, ihm wurde das Symbol zu einem Ereignisse, und eine Reihe solcher Sym- 11*

16. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 139

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Periklcs. 139 des Pindar aus Theben, obgleich diese Stadt in dem großen Kampfe für Hellas nichts gethan hatte; der Thebaner war Hellene geworden; er feiert die Siege des Syrakusiers Hieron über die Etrusker, welche die Hellenen in Italien angegriffen hatten, erhebt den Ruhm der Spartaner von der Schlacht am Kithäron (Platää), vor allen aber preist er das herrliche Athen, die Retterin aller Hellenen. Die Thebaner straften ihn dafür, aber Athen lohnte ihn. In noch engerer Verbindung mit Athen steht der Halikarnasfier Herodot, der Vater der Geschichte; ihn erweck- ten die Perserkriege, wie den Homer die erste nationale That des Hellenen- volkes, der Kampf gegen das asiatische Troja. Unter Agamemnon und Achilleus waren die Väter einst nach Asien gezogen, um die Schmach des Menelaus zu rächen; sie hatten gesiegt und in Homer den Sänger ihrer Thaten gefunden. Noch größeres aber thaten die Enkel; sie gewannen große Schlachten, eroberten unzählige Städte, besiegten den größten König der Erde. Herodot sah den großen Kampf von Hellas gegen die Völker des Morgenlandes — Perser, Meder, Babylonier, Phönicier, Lydier, Aegypter, Saken; das war ein allgemeiner Krieg, ein Krieg des da- maligen Menschengeschlechtes, ein weltgeschichtlicher; diese Anschauung führte Herodot auf den Gedanken, die Schicksale der verschiedenen Natio- nen zu erzählen und uns mit ihrem Wesen und ihren Einrichtungen be- kannt zu machen. Als die Waffen ruhten, durchwanderte er Asien und Aegypten, den Schauplatz der alten Geschichte, lernte und forschte und gibt uns in wunderbar klarer, natürlicher und doch so volltönender Rede die erworbene Kunde; er schämt sich nie, seine Unwissenheit oder seine Zweifel einzugeftehen, die neueste Zeit aber mit ihren Entdeckungen der Europäer in der Länder- und Völkerkunde Asiens gewährt dem Forschungsgeiste Hero- dots ein glänzendes Zeugniß und seiner Wahrheitsliebe die früher viel- fach versagte Anerkennung. Auch er feierte in Olympia seinen Triumph, als er aus seinen neun Musen (so betitelt er die neun Bücher seines Geschichtswerks) den versammelten Griechen vorlas und sie die Freude über ihren nationalen Ruhm durch den Beifall laut werden ließen, mit dem sie den Erzähler überhäuften. Herodot wandte sich nach Athen, Grie- chenlands erster Stadt, und von Athen zog er mit athenischen Kolonisten nach Thurii in Unteritalien, wo er sein Geschichtswerk vollendete. Als er in Olympia die Griechen entzückte, entstürzten den Augen des athenischen Jünglings Thukydides heiße Thränen, erzählen spätere Schriftsteller. Gerade so geschah es nun wohl nicht, aber das Beispiel Herodotö eiferte den in den Geschäften des Kriegs und des Friedens wohl erfahrenen Thukydides an, den Griffel der Geschichte ebenfalls in die Hand zu nehmen. Ihm war es aber nicht vergönnt, wie Herodot den Auf- schwung von Hellas zu beschreiben, er bekam vielmehr die Aufgabe, den Fall seines Volkes darzustellen. Er erfüllte dieselbe, ohne daß er in Haß

17. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 170

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
170 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. den. So konnten seine treuen Schüler noch einige Tage länger um ihn sein; einer derselben, der reiche Kriton, hatte den Kerkermeister bestochen, Sokra- tes konnte entfliehen, wollte aber nicht, und verwies es seinem Freunde, daß er ihn zum Ungehorsam gegen die Gesetze der Stadt verleiten wollte; er habe die Wohlthaten der Gesetze lange genossen, und wenn ihm nun Unrecht geschehe, so entspringe daraus kein Recht für ihn, die Gesetze zu brechen. Sokrates wünschte zu sterben; er wollte durch das Thor des Todes in den Tempel der Wahrheit eingehen; denn all sein Denken und Forschen hatte ihn nur zu dem Geständnisse gebracht: „Ich weiß, daß ich nichts weiß." An seinem Todestage sprach er mit seinen Schülern über die Unsterblichkeit der Seele und von seiner Hoffnung, im Jenseits ein schöneres und helleres Leben zu beginnen, von dem das jetzige nur ein Widerschein sei; er tröstete die Weinenden, und als mit dem Unter- gang der Sonne der Augenblick da war, wo ihm der Giftbecher gereicht wurde, trank er ihn mit unerschüttertem Gemüthe. Dann ging er einige Augenblicke auf und ab, wie ihm der Gefangenwärter gerathen hatte, bis er Müdigkeit in den Beinen fühlte, legte sich nieder, verhüllte sein An- gesicht und starb (399). — Bald bereuten die Athener ihre Ungerech- tigkeit und ihren Mißgriff, setzten dem Sokrates Ehrensäulen und be- straften seine Ankläger. Von den Schülern des Sokrates hat der edle Xenophon, jener An- führer beim Rückzüge der Zehntausend, die Worte und Lehren seines Meisters am treuesten wiedergegeben, in ihm lernen wir den eigentlichen Sokrates am besten kennen. Andere Schüler des Sokrates gingen eigene Wege; z. B. Aristipp aus Kprene, welcher einen verständigen Lebensgenuß für Weisheit erklärte, der Stifter der kprenäischen Schule, die später in Epikur ihre volle Ausbildung fand; Antisthenes, der Verachtung aller Vergnügen lehrte und denjenigen Menschen als den glücklichsten hinstellte, welcher am wenigsten bedürfe und dem die Tugend allein genüge. Seine Schüler hießen die Kyniker (von dem Platze Kynosarges, wo Antisthenes lehrte, so genannt), von denen Diogenes am berühmtesten wurde. Der ausgezeichnetste Schüler des Sokrates aber bleibt Platon, dessen Schule von der Akademie, wo er lehrte, die akademische hieß. Er lehrte die Abkunft des menschlichen Geistes von der Gottheit, daher sehnt sich derselbe nach der Gottheit zurück in die Welt der Zdeen. Diese sind unveränderlich und ewig, und alles Irdische hat nur insofern Wahrheit, als es Antheil an einer Idee hat. Die höchste Zdee ist die Gottheit selbst, die Ursache von allem, was da ist und wird. Diese kann der Mensch nicht erfassen, nur die Ideen der Wahrheit, Schönheit und Tugend, die Ausflüsse der höchsten Idee, gestatten dem Menschen Zu- gang, und nach ihnen soll er während seines ganzen Lebens streben, damit er nach dem Tode in die höhere Welt der Zdeen gelange, wo er

18. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 233

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Plebejer werden römische Vollbürger. Ausbau der Verfassung. 233 Senator war in der Regel auch der Sohn eines Senators oder eines angesehenen Bürgers; seine Erziehung war eine römisch-ernste und reli- giöse; was er als Knabe und Jüngling von seinem Vater über die An- gelegenheiten der Stadt und die bürgerlichen Verhältnisse hörte, waren Worte eines gewissenhaften, erfahrenen und klugen Mannes, und diesen Worten entsprach seine Handlungsweise. Die römischen Söhne bildeten sich nach ihren Vätern, darum treffen wir auch die merkwürdige Er- scheinung, daß in den guten Zeiten des römischen Staates die politischen Grundsätze in den Familien forterbten, z. B. bei den Klaudiern, Va- leriern, Horatiern, Korneliern, und der Vater gegen den abtrünnigen Sohn der strengste Richter war, z. B. I. Brutus, Sp. Cassius, Ful- vius u. s. w. Der römische Jüngling, der Senatorssohn so gut als der des Plebejers, trat in das Heer ein und lernte mit der Waffenführung zugleich Disciplin und Subordination, welche mit unerbittlicher Strenge gehandhabt wurden, und erst, wenn er bereits zwölf Jahre seiner Bür- gerpflicht als Militär genügt hatte, durfte er daran denken, sich um das erste höhere Staatsamt, die Quästur, zu bewerben; von den Staats- ämtern aber ging der regelmäßige Weg in den Senat. Jeder Senator war demnach in gewisser Weise von den Bürgern ernannt, insofern er seine Anwartschaft auf eine Senatorenstelle durch die Begleitung eines öffentlichen Amtes erhielt, welches ihm das Vertrauen seiner Mitbürger verliehen hatte. Ein Senator war seinem Alter nach über die Zeiten jugendlicher Leidenschaft hinweggeschritten, zudem ein Mann von Er- fahrung, der die Staatsgeschäfte nicht etwa aus Büchern oder von der Schule her kannte, sondern durch seine Amtsführungen mit ihnen ver- traut war. Daher fand in dem Senate, dieser Versammlung von Kriegs- und Staatsmännern, die glänzendste Theorie kein Gehör, so wenig als durch ihn je ein Feldzug beschlossen worden wäre, welcher dem athenischen gegen Sicilien glich. Diese Männer konnten zu einer Aenderung der Staatsgesetze nur vermocht werden, wenn die Rothwendigkeit unab- weisbar schien; sie schufen nichts Neues, das nicht zum Alten paßte und unternahmen nichts, dessen Ausführung nicht durch die Kräfte des Staates gesichert oder durch die Noth geboten war. Durch den Senat hatten die Patricier, welche jedenfalls den Hauptbestandtheil desselben auch nach 377 v. Ehr. bildeten, ihren redlichen Antheil an dem Ver- dienste, daß Rom die erste Stadt der Welt wurde, und jedenfalls über- traf der Plebejer den Patricier niemals an Aufopferung von Gut und Blut, wenn es die Ehre und die Wohlfahrt der Stadt galt. Der Würde und der Staatsweisheit des Senates verdankte es die römische Republik ebenso sehr als der religiösen Ehrenfestigkeit der Plebejer, daß nach der lex Hortensia, welche den ganzen Staat in die Gewalt der Tribus gab, nicht alsbald das Unwesen ausbrach, welches in der athenischen

19. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 322

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
322 Das Reich der Cäsaren. Sie überbot Ovidius Naso aus Sulmo im Pelignerlande; Augustus strafte den bereits bejahrten Dichter, als sich in der kaiserlichen Familie das von Ovid besungene und gelehrte Nebel zum allgemeinen Aerger- nisse kund gab, mit Verbannung nach Tomi am schwarzen Meere, in sarmatischer Nachbarschaft; von dorther jammerte der Dichter vergebens zum Cäsar um Gnade, er mußte dort sterben. Hingegen ehrte Augnstuö den Q. Horatius Flakkus (wie Virgil war dieser ein Schützling des Mäcenas und wurde selbst der Freund dieses großen Staatsmannes) von Venusta, dessen Vater der Sohn eines Freigelassenen gewesen. Dem Horatius gebührt unter den römischen Dichtern die Palme; in seinen Oden kehrt er freilich vielfach beutebeladen von seinem Ausfluge in die griechischen Blütenfelder zurück (dies hielten die Römer für kein Unrecht; wie sie Länder und Städte mit ihren Kunstschätzen eroberten, so eigneten sich ihre Dichter und Schriftsteller auch auf ihrem Gebiete die fremden Schätze an), daneben schwebt er aber oft auf den Schwingen seines eigenen Genius und ist namentlich, wenn sein Lied das alte Römerthum berührt, ein ächter Römer. Unübertrefflich und originell sind seine Epi- steln und Satiren, die uns tiefe Blicke in die gesellschaftlichen Zustände des damaligen Roms gewähren und jene Philosophie entwickeln, welche für einen gebildeten Römer die einzig mögliche war, wenn er nicht mit sich selbst zerfallen oder gegen die Gewalt des Cäsars ankämpfen und ver- nichtet sein wollte. Zn der Tragödie haben die Römer so viel als nichts geleistet; ihre Vorzeit war ihnen keine mythische, denn selbst Ro- mulus und Numa Pompilius waren ihnen scharf ausgeprägte politische Charaktere, große Staatsmänner, und der Römer erlaubte es dem Dichter noch weniger als der Grieche in das eigentliche Gebiet der Geschichte einzugreifen, den geschichtlichen Charakter der handelnden Personen, die Beweggründe ihrer Handlungen und diese selbst in einem andern Lichte erscheinen zu lassen, als geschichtlich beglaubigt war. Daher entzog sich das Drama der Geschichte und waltete nur auf dem Gebiete der Mythe, welches dem Römer zu beschränkt und unfruchtbar erschien. Dagegen war ihnen die Komödie eine Lieblingssache; ächt italienisch waren die atellanischen Schwänke, die Stadt- und Landvolk ergötzten; eben so ist der treffliche Plautus eine gesunde römische Natur, seine Komödien ent- halten eine Fülle von Witz und seine Charaktere bezeugen durch „das urkräftige Behagen", welches sie erregen, daß sie aus dem römischen Leben gegriffen sind. Attisch fein und größtentheils nach griechischem Muster schaffend ist Terentius Afer, der als panischer Sklave nach Rom kam und daselbst als Freigelassener und Freund des jüngern Scipio lebte; er arbeitete für den feineren Geschmack der griechisch gebildeten vornehmen Welt und gesiel dem großen Publikum nicht ganz. Ausgezeichnete Redner besaßen die Römer in Menge; wie konnte

20. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 199

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der Minnesang. 199 Turniere kosteten gar manchem Leben und Gesundheit; sie wurden von Päpsten, Bischöfen und von Koncilien verboten, dauerten aber dessen- ungeachtet fort, bis König Heinrich Ii. von Frankreich durch einen Gra- fen Montgommery 1559 aus Ungeschicklichkeit tödtlich verwundet wurde. Durch den Adel kamen auch die Wappen auf; zuerst waren sie Unter- scheidungszeichen der Krieger, an welchen sie einander erkannten, dann wurden sie erblich und auch von den Städten angenommen; so entstand - eine eigene Wissenschaft, die Heraldik, welche sich mit der Deutung der Wappen beschäftigte. Der Minnesang. Des Ritters Hand führte aber nicht bloß das gewichtige Schwert, sie ließ auch die Harfe klingen zum selbsterfundenen oder erlernten Liede. Das ganze Wesen des Ritterthums in seiner Blüte, wie in seiner Ent- artung spiegelte sich in einer eigenthümlichen poetischen Literatur ab, deren Träger und Pfleger Ritter und Höfe, deren Stoffe ritterliche Tha- ten und Tugenden, Gottes- und Frauenliebe waren; von dieser ritter- lichen oder höfischen Dichtung, die als Kunstpoesie im Gegensätze zur Volksdichtung auftrat, ist uns gar vieles erhalten und höchst wichtig für die Kenntniß der geselligen und sittlichen Zustände wie der politischen Parteien des Mittelalters. Am frühesten erwachte der ritterliche Sang im Gebiete der provenyalischen Sprache, in Südfrankreich und im nord- östlichen Spanien; hier wanderten die Troubadours (Erfinder, von trou- ver; sie waren Dichter und Sänger in einer Person) von Burg zu Burg, von einem Feste zum andern, und fanden allenthalben gastliche Aufnahme, denn ihre Lieder waren die Würze der geselligen Unterhal- tung für Herren und Frauen, und die Vornehmsten suchten ihren Ruhm darin, auch als Dichter zu glänzen oder doch die Dichtkunst auf jegliche Weise zu hegen und zu pflegen. Während Frauenliebe der Grundton der provenyalischen Dichtung war und blieb, wurde in Nordfrankreich und England vorzugsweise die ritterliche Heldendichtung gepflegt, welche theils die Thaten und Sagen von Karl dem Großen, vom König Artus, dem walisischen Helden und dessen Genossen und vom heiligen Gral zu ihrem Mittelpunkte machte, theils Helden der heidnischen Vorzeit, Ale- xander den Großen und Aeneas, zu christlichen Rittern umschuf und besang. Die Kreuzzüge verliehen dem ganzen Leben der Zeit und nament- lich auch der Dichtkunst höhern Schwung und religiöse Weihe, das ferne wunderbare Morgenland in seinen Beziehungen und Kämpfen mit dem Abendland bot der dichterischen Einbildungskraft unerschöpfliche Stoffe; sie brachte aber auch die Völker Europas in gegenseitigen und innigen Verkehr, sie lernten ihre Sprachen, Geschichten und Sagen gegenseitig
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