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1. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 43

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Eine Donaureise. Durch das Tor von Theben tritt der Strom in die weite oberungarische Tiefebene. Hier ist eine seiner verwil- dertften Strecken, aber nach langem Zögern hat auch hier die menschliche Hand bändigend eingegriffen. Hier ist die Donau uicht mehr blau, sondern schmutzig graugelb. Der Ungar nennt daher seinen heimatlichen Strom die „blonde Donau". Blau aber ist der Himmel, eine unge- henre Wölbung, die auf keine 'Bergeshäupter sich stützt. In der unübersehbaren Weite flirrt ein Glanz, wie man ihn sonst nur iu den südlichen Himmelsstrichen antrifft. Tie Einsamkeit wird zeitweilig unterbrochen von flat- terndem Wasserwild oder in der Höhe kreisenden Weihen. Vom öden Ufer steigt eine graue Rauchsäule kerzengerade zum Himmel, einzelne Gestalten zeigen sich in der Blen- dung wie auf Goldgrund hingekleckst, in bläulichem Duft verschwinden die Fernen. Die weißen Fischer am Ufer statuenhaft unbeweglich, das graue Gebüsch neben den gewundenen Kanälen, — da und dort lange Reihen von Schiffmühlen, Remorqnenrs, Kähne und neuester Zeit die Tausende von Arbeitern mit ihren Werkzeugen und Maschinen, mittels welcher dem Strom ein tieferes Bett vorgezeichnet werden soll, — dazu das unruhige Lebeu im Schilf, wo die Sandläufer und Regenpfeifer sich tummeln und großblätterige Wasserpflanzen sich schaukeln: das alles ist außerordentlich malerisch. Alsdann sind wir in Budapest, der goldenen Gürtel-- schließe, welche die Donau des Westens mit der Donau des Ostens verbindet. Zwei Welten, grundverschieden in der Gestaltung der Landschaft, des Volkslebens und der Geschichte, finden am Ufersaume der magyarischeu Schwesterstädte ihre Verknüpfung. Er'gübe sich diese Tatsache nicht aus sich selbst, aus geographischen und ethnographischen Verhältnissen: die Ausschau voiu St. Gerhardsberg (Blocksberg) in Ofen müßte diesen Sach- verhalt mit einem Schlage vermitteln. . . . Unübersehbar weit dehnt sich nach Süden und Südosten die Ebene, ein anderes Meer, welchem wie dem blaueu Ozean der

2. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 177

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Niagara. 1' < Weise unterbricht. An einem Punkte ist die Wassermasse so groß und gleichzeitig wahrscheinlich die Felsbank so geglättet, daß jene sich wie ein grüner Glasfluß ohne ein Bläschen oder ein Sprühen herüberbiegt. Wie spielen dann an diesem hellgrünen, klaren, schön gebogenen Spie- gel die Schaumstreifen hinaus, sobald er senkrecht zu fallen beginnt; welches Lichterspiel und welche Bewegung ist auf seiner Oberfläche, ehe er sich in die erst rieselnden und bald prasselnden und brüllenden Schaumsäulen auflöst; wie ost ist der Kern einer solchen Säule, die sich von der klaren Masse ablöst, bereits Schaum, während die Hülle noch klar und grün wie ein Glasslnß! Und wie nn- Zähliges Einzelne ist in dem großen Bilde von Augenblick zu Augenblick anders geworden! Selbst das eigentliche Wesen der Bewegungen, der Grundton, wenn ich so sagen kann, sowohl dieses als des amerikanischen Falles läßt ja unzählige Variationen zu. Das Herabbiegen der Wassermassen über die Felsbank, ihr Zerstäuben, sobald sie senkrecht zu fallen beginnen und den Zusammenhang verlieren, das Beisammenbleiben einzelner Wellen (wie- wohl in Staub aufgelöst) und der lockere Zusammenhalt dieser Wellen in den Schaumwellen oder Strehnen, ans denen sie wohl oft sprühend hinausflattern, meist aber ziemlich regelmäßig und mit Konzentration der Staub- massen nach unten neben- und übereinander herab- fallen — das sind alles nur allgemeine Formen, wie man sie eben dem Gedächtnis einzuprägen sucht. Man tritt aber vor die Sache selber hin und sieht diese Formen alsbald in tausend Erscheinungen entfaltet. Gerade das ist es ja, was uns in die Betrachtung eines solchen reichen Bildes so ties versenkt, so an es sesselt, daß wir nicht los- kommen können — der unerschöpfliche Reichtum, in den die im Grunde so einfachen Bewegungen, Farben, Töne usw. auseinandergehen. Die Einfachheit der Erscheinung beschränkt uns wohltuend, während ihr innerer Reichtum spannt und nicht ermüden läßt. Der Grundton schläfert ein, während die Variationen uns in diesen Träumen so Lennarz, Erdkundliche Charakterbilder. 12

3. Geschichte - S. 96

1871 - Freiburg im Breisgau : Herder
96 Im Jahre 800 zog Karl nach Nom, um Leo Iii. gegen einige Verruchte, die an das Oberhaupt der Kirche ihre frevelnben Hänbe gelegt hatten, zu beschützen. Die Ruhe warb balb hergestellt, ungestört konnte mau jetzt das Weihnachtsfest feiern. Die Anwesenheit des mächtigen Fürsteil erhöhte den Glanz des Festes und zog eine anßerorbentliche Menge nach Rom. Römer und Frauken drängten sich am ersten Feiertage in die große Peterskirche, dem Gottesbienste beizuwohnen und des Hl. Vaters Segen zu empfangen. Da trat auch Karl in die Kirche, ging zum Hochaltar und kniete nach seiner gewöhnlichen frommen Weise an der untern Stufe nie-ber, um sein Gebet zu verrichten. Als er hier in tiefer Anbacht versunken ist, stehe, ba nahet sich ihm der Papst in feierlichem Gefolge der hohen Geistlichkeit mit einer golbenett Krone in der Hand, fetzt sie dem Könige auf das Haupt und salbt ihn zum römischen Kaiser. Das Volk aber ruft breimal: „Leben und Sieg Karl dem Großen, dem von Gott gekrönten, frommen, friebbriu-genben Kaiser von Rom!" Sogleich schmettern die Trompeten, Helle Musik ertönt in beit taufenbfachen Jubel des Volkes, ein zahlreicher Chor stimmt den Krönungsgesang an. Von nun an blieb der Kaisertitel als Auszeichnung bei dem Oberhaupte des beittscheix Reiches. So war Karl zu eiuer kaum geahnten Macht emporgestiegen. Sein Kaiserreich erstreckte sich jetzt von beit Pyrenäen bis zur Ober, vou der Norb- und Ostsee bis zur Sübküste Italiens. Diese gewaltige Masse von Ländern wußte feine Hand ebenso gut zu lenken, als sie das Schwert zu führen gewohnt war. Aus allen muß’ teil ihm fortwährenb Berichte eingeschickt werben; nach allen Seiten fanbte er Befehle, nitb biefeit wußte er Nachdruck zu verschaffen. Sein Petfchaft war in feinem Schwertknopf eingegraben. Hatte er nun einen Befehl an einen tuiberfpenstigen Herzog untersiegelt, so pflegte er wohl zu sagen: „Hier ist mein Befehl, und hier — das Schwert fchiilteliib — der, welcher ihm Gehorsam verschaffen soll." — Dabei venvaitbte er auf die Rechtspflege eine ganz besondere Sorgfalt, um überall in feinem Reiche Recht und Gerechtigkeit zu haubhabeu. — Karl liebte auch die Baukunst und ließ zahlreiche und

4. Geschichte - S. 88

1871 - Freiburg im Breisgau : Herder
wie sie die schauerlichsten Wildnisse, die vordem nur der Fuß eines Raubthieres betreten, zu einem friedlichen Aufenthalte der Menschen umschufen und in deren verwilderte Herzen die Segnungen der göttlichen Religion Jesn verpflanzten. Einer der ersten Glaubensboten war der hl. Fridolin, der aus einem berühmten adeligen Geschlechte Irlands stammle. Vom Geiste Gottes wundervoll angeweht, entschloß er sich, ganz dem Dienste des Herrn sich zu widmen, verließ irdischen Reichthum, um andere geistig zu bereichern, ging über's Meer nach Frankreich, das er in verschiedener Richtung als wandernder Apostel durchstreifte, und von da nach Süddeutschland, wo er, namentlich auf dem Schmarzmald, das göttliche Wort mit wunderbarem Erfolge predigte iiud zur Sicherung des Christenthums überall Kirchen und Klöster gründete. Ungefähr ein Jahrhundert später ergriff den hl. Co-ln mb an und dessen Schüler, den hl. Gallus, die fromme Sehnsucht, den Samen des Christeuthums in fernen Gegenden auszustreuen. Nachdem sie mit zehn andern Gefährten Frankreich durchzogen, kamen sie im Jahre 610 in die heutige Schweiz. Hier fanden sie schon einen christlichen Priester mit Namen Willimar zu Arbon, einer alten Stadt am mittägigen Ufer des Bodensee's. Willimar nahm sie sehr liebreich auf und wies sie, nachdem sie sieben Tage bei ihm verweilt und ihm die leibliche Nahrung mit geistiger Speisung vergolten hatten, nach Bregenz. Hier fanden sie ein altes, der Hl. Anrelia geweihtes Kirchlein, das in einen heidnischen Tempel verwandelt und durch Götzenbilder vernnehrt war. Die Einwohner dieser Gegenden feierten zu eben dieser Zeit ein großes Fest, und da sie hörten, daß zwei fremde Männer erschienen seien, versammelte sich eine große Menge Volkes beiderlei Geschlechtes. Da fing Gallus au zu predigen von dem wahren, mächtigen und einzigen Gotte und von seinem Sohne, auf welchem das Heil und unsere Hoffnung des ewigen Lebens beruhe, zerschlug, um den Anwesenden den kräftigsten Beweis von der Nichtigkeit der Götzeu zu geben, voll feurigen Eifers die Götzenbilder und warf sie in den nahen See. Hierauf reinigte der hl. Colnmban die Kapelle mit geweihtem Wasfer und weihte sie unter Gebet wieder zum christlichen Gottesdienste ein. An diesem Orte verweilten

5. Hilfsbuch für den Unterricht in der alten Geschichte - S. 28

1913 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
28 Erster Zeitr. Von der dorischen Wanderung bis zum Beginn der Perserkriege. Die Luft war oft rauh. aber immer rein und klar; ein heiterer, wolkenloser Himmel wölbte sich über den Fluren. Dieselbe Heiterkeit und Klarheit zeigten auch die Bewohner des Landes. Sie waren lebhaft, unternehmungslustig und neuerunas-süchtig (vgl. S. 23). Die Stadt Athen lag größtenteils in einer Ebene, ungefähr 7 km vom Meere, wo sie drei geräumige Häfen besaß, von denen der Piräus der bedeutendste war. In den Hafenorten entwickelte sich ein reges Leben und Treiben. Attische und fremde Schiffe liefen ein und aus, die ausländische Erzeugnisse nach Athen brachten und einheimische Handelsgegenstände nach den entferntesten Gestaden des Mittelländischen Meeres ausführten (vgl. S. 22). Bald beschäftigten und ernährten Gewerbe aller Art, Schiffahrt und Handel das volkreiche Athen mehr als Ackerbau und Viehzucht. a) Die Zeit vor Solon. 1. Die Königsherrschaft bis zum Tode des Kodrus. Attika wurde in den ältesten Zeiten von Königen beherrscht, die wie in Sparta oberste Priester. Richter und Heerführer waren. Während der dorischen Wanderung erhielt Kodrus den Thron. Als die Dorier Attika bedrohten, erklärte das Orakel, das Volk werde siegen, dessen König sich für das Vaterland opfere. Kodrus begab sich verkleidet ins dorische Lager, fing mit den Soldaten Händel an und wurde von ihnen erschlagen (1068?). Die Dorier, die von dem Orakel gehört hatten, zogen daraufhin ab, und Attika war gerettet (S. 21). 2. Die Herrschaft des Adels und die „Blutgesetze" des Drakon. Nach dem Tode des Kodrus wurde die Macht des Königs immer mehr eingeschränkt, bis man schließlich die Königswürde ganz beseitigte. Die Regierung kam in die Hände der Edelgeborenen (Adligen), die über reichen Grundbesitz, Burgen und Waffen verfügten. Sie wählten aus ihrer Mitte neun Archonten (d. h. Regierende, Beamte) und betrauten sie mit der Verwaltung des Staates. Die Archonten wurden (wie die Ephoren in Sparta) immer nur auf ein Jahr gewählt. Trotzdem verstand es der Adel, durch sie eine Willkürherrschaft auszuüben. Die Nichtadligen wurden von jeder Teilnahme an der Regierung ausgeschloffen. Die Bauern, die damals den bei weitem größten Teil der Bevölkerung ausmachten, waren dem Adel verschuldet; sie hafteten den Gläubigern nicht nur mit ihrem Vermögen, sondern auch mit Leib und Leben. Wer nicht zahlen konnte, durfte als Sklave ins Ausland verkauft werden. Am schlimmsten war, daß es keine geschriebenen Gesetze gab. Deshalb verlangte das Volk die Auszeichnung der Satzungen, nach denen Recht gesprochen werden sollte. Die Adelspartei beauftragte damit den Drakon (620). Dieser schrieb das herkömmliche Gewohnheitsrecht nieder;

6. Dichtung der Neuzeit - S. 223

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 38. Schillers Werke. — Die lyrischen und epischen Dichtungen. 223 Wie sie stand im himmlischen Gefild', Ehe noch zum traur'gen Sarkophage Die Unsterbliche herunterstieg. Wenn im Leben noch des Kampfes Wage Schwankt, erscheinet hier der Sieg. Nicht vom Kamps die Glieder zu entstricken. Den Erschöpften zu erquicken, Wehet hier des Sieges duftiger Kranz. Mächtig, selbst wenn eure Sehnen ruhten, Reiht das Leben euch in seine Fluten, Euch die Zeit in ihren Wirbeltanz. Aber sinkt des Mutes kühner Flügel Bei der Schranken peinlichem Gefühl, Dann erblicket von der Schönheit Hügel Freudig das erflogne Ziel. Wenn es gilt, zu herrschen und zu schirmen, Kämpfer gegen Kämpfer stürmen Aus des Glückes, auf des Ruhmes Bahn, Da mag Kühnheit sich an Kraft zerschlagen, Und mit krachendem Getös die Wagen Sich vermengen auf bestäubtem Plan. Mut allein kann hier den Dank erringen. Der am Ziel des Hippodromes winkt. Nur der Starke wird das Schicksal zwingen, Wenn der Schwächling untersinkt. Aber der, von Klippen eingeschlossen, Wild und schäumend sich ergossen, Sanft und eben rinnt des Lebens Fluß Durch der Schönheit stille Schattenlande, Und auf seiner Wellen Silberrande Malt Aurora sich und Hesperus. Aufgelöst in zarter Wechselliebe, In der Anmut freiem Bund vereint, Ruhen hier die ausgesöhnten Triebe, Und verschwunden ist der Feind. Wenn, das Tote bildend zu beseelen. Mit dem Stoff sich zu vermählen, Tatenvoll der Genius entbrennt. Da, da spanne sich des Fleißes Nerve, Und beharrlich ringend unterwerfe Der Gedanke sich das Element.

7. Dichtung der Neuzeit - S. 383

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 50. August Gras von Plateu-Hallermünde. 383 Denn wer durchdrungen ist vom innig Wahren, Dem muß die Form sich unbewußt vereinen, Und was dem Stümper mag gefährlich scheinen, Das muß den Meister göttlich offenbaren. Wem Kraft und Fülle tief im Busen keimen, Das Wort beherrscht er mit gerechtem Stolze, Bewegt sich leicht, wenn auch in schweren Reimen. Er schneidet sich des Liedes flüchtige Bolze Gewandt und sicher, ohne je zu leimen. Und was er fertigt, ist ans ganzem Holze. 4. llcncdig. Wie lieblich isus, wenn sich der Tag verkühlet, Hinauszusehn, wo Schiff und Gondel schweben, Wenn die Lagune, ruhig, spiegeleben. In sich verfließt, Venedig sanft umspület! Ins Innre wieder dann gezogen fühlet Das Auge sich, wo nach den Wolken streben Palast und Kirche, wo ein lautes Leben Aus allen Stufen des Rialto wühlet. Ein frohes Völkchen lieber Müßiggänger, Es schwärmt umher, es läßt durch nichts sich stören Und stört auch niemals einen Grillensänger. Des Abends sammelt sich's zu ganzen Chören, Denn auf dem Markusplatze will's den Sänger Und den Erzähler auf der Riva hören. 5. Lic Fischer auf Capri. Hast du Capri gesehn und des felsenumgürteten Eilands Schroffes Gestalt als Pilger besucht, dann weißt du, wie selten Dorten ein Landungsplatz für nahende Schiffe zu spähn ist; Rur zwei Stellen erscheinen bequem. Manch mächtiges Fahrzeug Mag der geräumige Hafen empfahn, der gegen Neapels Lieblichen Golf hindeutet und gegen Salerns Meerbusen. Aber die andere Stelle (sie nennen den kleineren Strand sie) Kehrt sich gegen das ödere Meer, in die wogende Wildnis, Wo kein Ufer du siehst als das, auf welchem du selbst stehst. Nur ein geringeres Boot mag hier anlanden, es liegen Felsige Trümmer umher, und es braust die beständige Brandung. Auf dem erhöhteren Fels erscheint ein zerfallenes Vorwerk,

8. Mancherlei für Jung und Alt - S. 122

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
122 Die Mädchen von Capri sind weniger schön als lieblich und graziös. Ihre Züge haben oft etwas Fremdartiges. Die Linien der auffallend kurzstirnigen Gesichter sind regelmäßig und manchmal sehr edel geschnitten; das Auge ist von einem glühenden Schwarz oder von einem schwülen Grau; die braune Farbe, das schwarze Haar, das umgeschlagene Kopf- tuch, die Korallen und die goldenen Ohrgehänge geben dem Antlitz etwas Orientalisches. Ein ganz allgemeiner Schmuck der Weiber Capris und köstlicher als Gold sind ihre Zähne. Man muß diese zierlichen Gestalten in Gruppen vereinigt sehen, oder sie betrachten, wenn sie bergauf kommen, die antik geformten Wasser- krüge, oder Körbe voll Erde, oder Steine auf den Köpfen tragend. Weil sie arm sind, erwerben sie sich durch Lastträgerdienste kümmerlichen Lohn. Das Mädchen von Capri ist das eigentliche Lasttier der Insel. Alles trägt hier einen Zug von Kindlichkeit, und selbst in den schönen Greisengesichtern mancher Männer und Frauen kann man diesen Zug kindlicher Einfalt wiederfinden. Unter den Kindern giebt es viele bild- schöne Mädchen und Buben, und obwohl sie wild und kaum unterrichtet aufwachsen, setzt ihre Fassungskraft doch in Erstaunen. So also ist das Volk von Capri, und weil der enge Raum alles zusammenhält, dringt der Fremde schon nach wenig Tagen in die Ver- hältnisse der Bewohner ein und wird mit ihnen bekannt und vertraut. Es schwindet so sehr alles Gefühl der Fremde, daß man sich gewöhnt, sich als Mitglied dieser kleinen Volksgemeinde zu betrachten. Auf dem Platz am Thor drängt sich alles Öffentliche zusammen, der Verkauf von Handelsartikeln, die ganz der Bedürfnislosigkeit dieser Menschen ent- sprechen, wie das Festleben an Kirchentagen und das tägliche Vergnügen der Muße und des Geplauders nach der Arbeit. Dann und wann unter- bricht die beschauliche Einsamkeit die Ankunft von Fremden, welche im Gasthause Don Micheles einkehren, die Merkwürdigkeiten der Insel zu besehen und gleich wieder zu verschwinden. Aber es bildet sich ein Stamm von Gästen, die zusammen an einer Tafel speisen; meistens sind es Maler von verschiedenen Nationen, und diese Künstler werden bald zu einer charakteristischen Staffage der Insel, denn überall sieht man sie sitzen und malen, bald eines jener reizenden Häuschen mit der Weinlaube, bald einen bizarren Felsen, bald eine Baumgruppe oder eine Uferansicht. Doch giebt es nichts Herrlicheres, als auf dieser schönen Scholle umherzuschlendern, an den Klippen entlang zu klettern, oder am duftigen Meer zu spazieren, wo die Wellen wohlig rauschen und das ausatmende Seegras diesen scharfen, fast betäubenden Meeresgeruch verbreitet. Die stillste Einsamkeit und die Weite des Golfs mit seinen fernen Inseln und Küsten ist ganz wunderbar ergreifend, und wohl kann man stunden-

9. Mancherlei für Jung und Alt - S. 129

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
129 Einige musizieren auf Flöten und Tamburinen, andere weisen in kind- lichem Entzücken auf die herrliche Erscheinung hin. Eine köstliche Gruppe rechts singt aus einem breiten Notenstreifen ein himmlisches Quartett; noch andere stützen und halten die Wolkenschichte, auf welcher die Madonna emporgetragen wird. Einen entzückenderen Schwarm von reizenden Kindern kann man nicht sehen. Die auf der Erde zurückgebliebenen Apostel sind in einer Bewegung, wie sie ein urplötzliches mächtiges Ereignis hervorruft. Staunen und Bewunderung verbinden sich in ihrem Nachschauen mit Sehnsucht und Begeisterung. Petrus ist, übermannt von der Erscheinung, auf den Rand des Sarkophages niedergesunken, dem die Jungfrau eben entschwebte; in flehendem Aufblicken hebt er die Hände, als rufe er: O nimm mich mit! Energischer drückt sich dieselbe Empfindung in der mächtigen Gestalt zu seiner Linken aus, vermutlich Paulus. Er schreitet kühn (den rechten Fuß sogar in gar zu gewaltsamer Stellung) vorwärts und breitet so leidenschaftlich seine Arme empor, als ziehe ihn eine geheime Gewalt der Verherrlichten nach. Von edelster Begeisterung glühend, blickt der männ- lich schöne Johannes ebenfalls hinauf und legt wie beteuernd die Hand auf die Brust. Die übrigen stufen sich in entsprechenden Graden des Anteils mit charakteristischer Mannigfaltigkeit ab. Mit wenigen Aus- nahmen sind diese Ausbrüche höchster Begeisterung ungezwungen und groß- artig schön entwickelt. Durch den ganzen mächtigen Zug der Empfindung aber, der alle erfüllt, hat der Künstler weise die untere Gruppe mit der obern verbunden. Von der Ausführung ist zu sagen, daß sie alle Vorzüge Tizianscher Kunst im höchsten Maße vereint. Die Glut und feurige Kraft der Farbe wird durch ein fein abgewogenes Helldunkel und durch zarte Mitteltöne zu harmonischem Schmelz verbunden. Nie vielleicht, selbst bei Tizian, hat die Farbe wieder eine solche Jubelsymphonie himmlischer Herrlichkeit angestimmt. Wilhelm Lübke. Helgoland. Aus der Nordsee grünen Wogen ragt ein Felsen stolz empor, Den ein rvackres Friesenvölkchen sich zum Wohnsitz auserkor. Rings umbraust von wilden Fluteil, ist sein Feld der Meeresplan, Und sein Pflug, der kleine Nachen, bricht mit scharfem Kiel sich Bahn. Auf den Feldern keine Saaten, auf der Insel grünt kein Baum. Nur der Tang zieht um den Felsen einen dunkelgrünen Saum. Keine Blüte labt das Auge, dich erfrischt kein Blumendust; Doch soweit die Blicke schweifen, grün das Meer lind blau die Luft. Ja das Meer, das ist der Acker, den der Friese keck befährt, Der verschwenderisch ihm bietet, was sein freies Herz begehrt. Ap dem Meer ist seine Heimat, stets winkt ihm der weite Plan, Sei's im goldnen Sounenglanze, sei's im donnernden Orkan. Lesebuch. g

10. Mancherlei für Jung und Alt - S. 258

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
258 wohl auch die Volksscharen, wie sie zu Schiffe den großen Wuuderthäter aufsuchen. Der See feiert da sein goldenes Zeitalter: wenige Jahrzehnte später, und wieder, erzählt die Profangeschichte, wimmelt es von Schiffen auf seinem Spiegel. In seiner südlichen Ecke flüchten die belagerten Bewohner von Tarichäa auf ihre „zahlreichen Schiffe", und von den Belagerern verfolgt, finden sie auf dem Wasser in einer förmlichen See- schlacht ihren Untergang. Dem See zur Seite erglänzte aber auch die Landschaft in ihrem schönsten Schmucke. Namentlich der Mittelpunkt des ganzen Seegebietes, die Ebene Genesareth, die dem See selbst ihren Namen geliehen, wie sie uns von Flavins Josephus geschildert wird, erscheint als ein Paradies im kleinen. Man liebt es, hierbei von einer Übertreibung zu reden, aber ich mache aufmerksam: der Geschichtschreiber, der übrigens selbst kein Galiläer ist, schildert wirklich, er ergeht sich nicht etwa in allgemeiner Bewunderung und Phrase, sondern giebt die ganz konkreten Züge, gewisser- maßen die einzelnen Thatsachen, ans denen sich der Leser das Bild selbst zusammenstelle. „Die Landschaft," schreibt er, „ist bewundernswert durch natürliche Beschaffenheit und Schönheit. Mit ihrem fetten Boden versagt sie keiner Pflanze das Gedeihen, und alles Mögliche haben ihre Bewohner angepffanzt: die günstige Mischung des Klima aber vereint auch das Unverträgliche. Die Walnußbäume, die von allen Bäumen am meisten Kälte ertragen, gedeihen ohne Ziel und Ende: es gedeihen die Palmen, welche Gluthitze brauchen, und neben ihnen Feigen- und Ölbäume, für die milderes Klima angezeigt ist. Man möchte von einem Ehrgeize der Natur reden, die sich Gewalt anthut, das Widerstrebende auf einen Punkt zu vereinen, von einem schönen Wettstreite der Jahreszeiten, indem jede das Gefilde für sich in Anspruch nehmen möchte: denn es bringt nicht bloß zur Überraschung die verschiedenartigsten Früchte hervor, sondern bewahrt sie auch lange. Die Königinnen unter den Früchten, die Traube und die Feige, stellt es durch zehn Monate ununterbrochen zur Verfügung, während die übrigen Früchte neben ihnen das ganze Jahr hindurch reifen und altern." Joseph Grimm. Gottesfriede. Auf Blumen ruht ein schöner, lieber Knabe, Ein klarer Stern blinkt sanft in finstrer Nacht, Ein Blümlein blüht am thränenreichen Grabe, Ein Engel steht am Thor der Tugend Wacht, Ein Silberquell macht grün die öde Wüste, Ein Felsen schützt, wenn mächtiger Donner kracht, Ein Leuchtturm steht an felsenstarrer Küste Und wehrt der Wogen finstrer Unglücksmacht:
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