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1. Grundriss der römischen Altertümer - S. 82

1882 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
82 § 38. Der Senat während der Republik. die Vortrag gehalten (qui verba fecerunt, retulerunt), der Zeugen, nämlich 2—12 Senatoren (qui scribendo adfuerunt), worauf die einzelnen Gegenstände des Beschlusses (decreta). Formel: quid de ea re fieri placeret, ita censuerunt (senatus existimavit, senatui placuit); oft ward im Protokoll schon die Art der Veröffentlichung (durch Aufstellung von Holz- oder Erztafeln: tabulae, cliartae, in aere incidantur), auch die Form der Abstimmung angegeben, zuletzt die Unterschrift (subscriptio) der Zeugen oder Sekretäre mit einem C. (censuerunt). Die Aufbewahrung der S. C. geschah im Staatsarchiv (tabula-rium), anfänglich im Cerestempel (Adilen die Hüter), dann im Tempel des Saturn (unter Aufsicht der Quästoren). Die Niederschrift selber nahm früher der scriba senatus vor; seit Erfindung der notae Tironianae schrieben notarii (Stenographen) die Reden und Verhandlungen nach und Cäsar liefs seit 59 v. Chr. die Senatsverhandlungen (acta senatus) veröffentlichen. Daraus entstand die römische Staatszeitung (acta populi diurna), indem Redakteure (ab actis senatus) einzelnes aus den Senatsdebatten, Rapporte, die orationes principis, Briefe von und an fremde Staaten zusammenstellten und in Rom und den Provinzen veröffentlichten. 6. Macht und Rechte des Senates, a) Verwaltung. Auf der Höhe seiner Macht war der Senat die Seele des römischen Staatswesens und seine Kompetenz in allen wichtigen Fragen unbestritten ; in ihm war die Staatshoheit vertreten und alle Angelegenheiten der inneren und der auf seren Politik unterstanden seiner Aufsicht. Er hatte die Oberaufsicht für das Religionswesen, überwachte demnach die Reinerhaltung der Staatsreligion gegen Eindringen fremder Kulte (vgl. das bekannte S. C. de Bacanalibus); er ordnete die Befragung der sibyllinischen Bücher und die Sühnung von Prodigien an, auch standen die Sachverständigenkollegien (Augurn, Pontifices, Haruspices) unter ihm. Alle Magistrate, ferner das Finanzwesen wie die Provinzialverwaltung sind vom Senat abhängig: er wacht über den ager publicus, über Einnahmen und Ausgaben, über die Staatsgebäude etc. Und wie die inneren so leitet er auch die auf seren Angelegenheiten: er stellt an die Cen-turiatkomitien den Antrag zum Beginne eines Krieges, bestimmt sodann die Aushebung, die Kriegsschauplätze (provincias nomin are, decernere) und hat die gesamte Oberleitung; der Friedensschlufs, sowie überhaupt alle völkerrechtlichen Beziehungen lagen in seinen Händen; der Senat unterhandelte auch mit auswärtigen Gesandten. b) Gesetzgebung, Wahlen und Gerichtsbarkeit. Obwohl der Schwerpunkt der Gesetzgebung bei den Komitien war, so hatte der Senat doch Einflufs, denn die Gesetzesanträge (rogationes) wurden von ihm vorberaten und die Meinung des Senates als auctoritas (~po-ßouxs'jfxa) geachtet; er konnte ein in Kuriat- und Tributkomitien

2. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 256

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
- 256 - den brigen 3 Groen Kollegien gleich behandeltes Kollegium, war im Kulte des Iuppiter ttig und besorgte das mit dem Prunke der griech. Lektisternien begangene ludorum epulare sacrificium an den ludi Romani und plebei, ein Opfermahl, an dem der ganze Senat teil-nahm, ferner Mahle bei der Dedikation von Tempeln und bei Triumphen. 40. Ii) Die priesterlichen 5obalitten. Die Sodalitten, d. h. die brigen Priesterschaften alter Ordnung, waren durchweg Trger genau bezeichneter, an ein bestimmtes Heiligtum geknpfter, feierlicher Kulthandlungen fr einzelne Gottheiten. Aus ihrer Mitte selber wurde meist ein besonderer Flamen und ein aedituus als Tempelhter" bestimmt. (Eine umfassendere Ttigkeit, die in mancher Hinsicht der der Augurn als Trger einer priesterlichen Spezialwissenschaft vergleichbar ist, bten nur die Fetialen. 1. Die Fetiales waren als die priesterlichen Vertreter der Wissen-schaft vom internationalen Rechte, das unter der Obhut Iuppiters stand, fr die religise Sicherung der vlkerrechtlichen Beziehungen des rm. Staates ttig. Sie hatten das ius fetiale zu wahren und an-zuwenden, d. h. von Staatswegen im vlkerrechtlichen Verkehre die formalen Akte der Shneleistung und Shneforderung, des Bndnisses (Waffenstillstand und Friedensschlu) und der Kriegserklrung zu voll-ziehen und ihnen so die religise Weihe zu geben. Als Botschafter des rmischen Volkes (nuntii populi Romani, Liv. I. 32, 6) traten sie zu zweien auf: der verbenarius pflckte auf der Burg die Hi. Kruter (verbenae) und trug sie als Abzeichen der Sendung auf dem Haupte- der pater patratus, im priesterlichen Gewnde und mit den aus dem Heiligtume des Iuppiter Feretrius auf dem Kapital entnommenen ehrwrdigen Symbolen, dem hl. Feuersteine (silex) und (spter) dem Szepter, ausgerstet, stellte den eigentlichen Bevollmchtigten dar. Dies war der Sprecher, der beim Bndnisabschlu das Ferkel als bliches Opfertier durch einen Schlag mit seinem hl. Kieselsteine ttete (daher foedus ferire, icere) und ihn dann zum Zeichen der Selbstverwnschung von sich warf, der die Ur= Kunde unterzeichnete, der beim Bndnisbruch Schadenersatz forderte (res repetere) und bei Verweigerung der Genugtuung nach einer Frist von 30 Tagen an der Grenze des feindlichen Gebietes in Gegenwart von mindestens 3 Zeugen eine in Blut getauchte Lanze in Feindesland hinberwarf und dabei die Formel der Kriegserklrung aussprach (iustum piumque bellum indicere Liv. I. 32, 13; I. 24, 6-9). Bei den aueritalischen Kriegen spterer Zeit wurde diese formale Kriegserklrung (z. B. durch Augustus im I. 32 v. Chr. gegen Kleo-patra, durch Mark Aurel 178 n. Chr. gegen die Markomannen) als symbolischer Akt beibehalten: in der Nhe des Bellonatempels beim Circus Flaminius auf dem Marsfelde schleuderte der pater patratus von der Kriegssule (columna bellica) aus die Lanze in ein Stck Landes, das einst ein Gefangener aus dem Heere des Pyrrhos kaufen

3. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 245

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Erläuterungen. 245 Alexander von Humboldt zugesteht, „die Zeitgenossen mächtig an- geregt, des Weltalls heilige Rätsel zu lösen und das Bündnis zu erneuen, welches im Jugendalter der Menschheit Philosophie, Physik und Dichtung mit einem Band umschlang". (Vergl. A. Baum- gartner, Goethe Iii.) Granit besteht aus einem Gemenge von Feldspat, Quarz und Glimmer; die Glimmerblättchen sind nicht wie beim Gneis zu parallelen Schichten geordnet; von körnigem Aussehen, daher der Name (granum 5= Korn). Das Verhalten der verschiedenen Arten des Granits hin- sichtlich der Verwitterung ist verschieden; ebenso ungleich sind die aus der Verwitterung dieses Gesteins hervorgehenden Formen. (Spitzen, Hörner, Kuppen, wollsackähnliche Blöcke.) Weit verbreitet und vielfach verwertet. Gusla — einsaitiges, serbisches Streichinstrument nach Art unserer Guitarre. Gymuotus — Zitteraal. .Haas Hippolyt, Professor der Geologie und Paläontologie in Kiel, geb. 5. November 1855 zu Stuttgart. Verfasser verschiedener Werke geologischen Inhaltes, schrieb u. a.: „Quellenkunde"; „Aus der Sturm- und Drangperiode der Erde"; die Monographie: „Die deutsche Nordseeküste". Hagen von Tronje, der düstere Held im Nibelungenliede, der Mörder Siegsrieds, gehörte mit zu den Burgunden, welche die Donau hinab nach Ungarn zur Burg des gewaltigen Etzel zogen. Auf der Suche nach einer Überfahrt über die Donau traf er auf zwei Meer- weiber oder Schwanjungfrauen; die eine derselben verkündigte ihm warnend das Schicksal, das seiner und seiner Gefährten im Hunnen- lande wartete: Kampf und Tod. tzagion Oros — heiliger Berg, die östlichste der drei Halbinseln der Chalkidike, so genannt wegen der zahlreichen Mönche und Ein- siedler, die hier teils• gemeinsam in burgartigen Klöstern, teils einzeln in Dörfern, Zellen und Einsiedeleien in strenger Abgeschie- denheit leben. Sie bilden einen geistlichen Staat für sich, der aber der Türkei tributpflichtig ist. Die Klöster sind im Besitze wert- voller Handschriften und zahlreicher Urkunden aus dem Altertum und Mittelalter. Hahn Friedrich, Professor in Königsberg, geb. 3. März 1852 zu Glauzig (Anhalt). Hauptwerke: „Jnselstudien"; „Länderkundevon West- und Nordeuropa" (in Kirchhosss Länderkunde von Europa);

4. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 262

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
262 Erläuterungen. in Verbindung steht. Die Regulierungsarbeiten in der Zelt von 1889—W haben einen fast 8 km langen und mindestens 3 m tiefen Kanal geschaffen, der zwei bis drei großen Dampfern Raum zum Ausweichen bietet. Dieser schwierigste und wichtigste Teil der Donauregulierung hat die Bedeutung der Donau als Verkehrs- straße erheblich gesteigert. Trajan, römischer Kaiser von 98—117 n. Chr., ließ vor seinem ersten Feldzuge gegen die Daker die unter Tiberius begonnene Militärstraße (in der Donauenge zwischen Baziäs und Orsova) fertig stellen, ein Werk, das noch heute die Bewunderung des Be- schauers erregt. Dem Andenken des großen Kaisers ist die „Trajans- tasel" gewidmet, eine selsgehauene Inschrift im Kazanpasse. T r a m o n t a n a (it., von tra (Irans) — jenseits und monte — Berg, also jenseits der Berge befindlich oder herkommend) — Nordwind. Travertin ist ein von den Italienern so benannter goldgelber Tuffstein oder Kalktuff - wird neben dem 'Marmor zu Prachtbauten verwandt. Travertinbrüche bei Tivoli, dem alten Tibur, ostnordöftl. von Rom. Trinius August, geb. 31. Juli 1851, lebt als Geh. Hofrat zu Waltershausen i. Th.; fruchtbarer Reiseschriftsteller. In seinen zahlreichen Wanderbüchern läßt er den Reichtum der Natur und die Fülle der landschaftlichen Schönheiten unserer deutschen Gauen an uns vorüberziehen; er will — wie er selbst sagt — „ein echter Wanderbursche sein, der die Heckenrose am Wege liebt, weil sie ihm Duft und Schönheit freiwillig beut, der den Tannenhag jauchzend begrüßt, welcher ihm den Hut mit frischem Bruch schmückt und helle, frohe Wanderlieder in die Seele rauscht, der durch das wallende Kornfeld hinab zum ruhewinkenden Dorfe schreitet und leicht mit der Hand durch die im Abendfrieden nickenden Halme streift", der aber auch an dem Volke der deutschen Erde, an den Gestalten seiner Geschichte und Sage nicht achtlos vorübergeht und alles, was er gesehen und erlebt, mit dem Reize unmittelbarer Empfindung in fesselnder Sprache wiederzugeben weiß. Werke: „Thüringer Wanderbuch"; „Der Rennstieg"; „Hamburger Schleuder- tage"; „Unter Tannen und Farren"; „Märkische Streifzüge"; „All- deutschland in Wort und Bild" u. v. a. Troglodyte — Höhlenbewohner. Tuffe, mehr oder weniger lockere, niürbe bis feste Gesteine, die von einem erhärteten vulkanischen Schlamme herrühren; ein Konglomerat von Bimsstein-, Schlacken- und Aschenstücken.

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 106

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
106 Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. würdigen mußte? Daß unsere Gelehrtenrepublik überhaupt auf der Erde, nicht mehr in den Wolken wandelte und die prosaische Arbeit am heimischen Staat nicht mehr unter ihrer Würde fand? Wie lange war es her, daß Fichte „die Genesung für Nation und Vaterland" einem Geschlechte predigen mußte, dessen edelste Geister, angeekelt von dem Jammer des heiligen römischen Reiches, dachten wie Lessing: „Liebe des Vaterlandes ist eine heroische Schwachheit, die ich recht gern entbehre", oder wie der junge Goethe: „Römerpatriotismus! Davor bewahre uns Gott wie vor einer Riesengestalt! Wir würden keinen Stuhl finden, um darauf zu sitzen, kein Bett, um darinnen zu liegen." In der That, durch ihre Entstehung, ihre Zusammensetzung wie den Geist, der ans all ihrem Reben und Thun hervorbrach wie eine Naturgewalt, befunbete diese Versammlung einen ungeheuren Umschwung, der im Lause eines einzigen Menschenalters sich vollzogen hatte. Der klaffende Zwiespalt, der früher den gelehrten von dem nicht gelehrten Teil der Nation getrennt, war enblich überwunben und das beut)che Bürgertum nunmehr zur Einheit einer staatsbürgerlichen Klasse zusammengewachsen. Der nationale und politische Jbealismus bieses Bürgertums, sein Freiheits- und Einheitstraum hat in dieser Versammlung das Fest seiner siegreichen Auferstehung gefeiert und in ihren Verhanblungen feinen ebelsten Ausbruck niebergelegt. Die Nation glaubte an die erlösenbe Schöpferkraft ihrer Wissenschaft, und die Wissenschaft glaubte an die Allmacht des Einheitsbranges ihrer Nation. Auf biesem Doppelglauben beruhte die Größe dieser Versammlung; so wie er ins Wanken kam, ver-ttmnbelte sich der Reichsbau der Paulskirche aus einem Palast in ein Kartenhaus, das der nächste Winbstoß auseinanberwarf, und die Versammlung selbst kam sich vor, wie ein Prometheus, der an den Felsen des Zweifels geschmiedet ist. Am 19. Mai wühlte sie sich mit 305 von 397 Stimmen einen Präsidenten in der Person eines Staatsmannes, der sogleich in der Ansprache, mit der er sein Amt antrat, einen erschöpfenden Ausdruck beffen gab, was ihn zum Lenker dieser Versammlung so geeignet erscheinen ließ, als wäre er einzig dazu geboren und erzogen worben. Es war Heinrich von Ga gern, seit bent 6. März der Minister des Großherzogtums Hessen, nachbem er vorher Jahre lang die Opposition der zweiten Kammer gegen das Ministerium Du Thil geführt hatte. Er sagte nämlich: „Überwältigt wie ich bin von dem Einbruck, den Ihre Abstimmung auf mich hervorbringen mußte, bin ich nur

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 107

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 107 imstande, wenig Worte zu Ihnen zu reden. — Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, solange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt; ich gelobe hier feierlich, als das von Ihnen gewählte Organ Ihrer Versammlung, die höchste Unparteilichkeit. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen. Wir sollen schassen eine Verfassung für Deutschland, für das gesamte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränität der Nation. (Stürmisches-Bravo.) Den Berus und die Vollmacht, dieses Versassuugs-werk zu schassen, hat die Schwierigkeit in unsere Hände gelegt, um nicht zu sagen die Unmöglichkeit, daß ey auf anderem Wege zustande kommen könnte. Die Schwierigkeit, eine Verständigung unter den Regierungen zustande zu bringen, hat das Vorparlament richtig vorgefühlt und uns den Charakter einer konstituierenden Versammlung vindiciert. Deutschland will Eins sein, ein Reich, regiert vom Willen des Volkes, unter der Mitwirkung aller seiner Gliederungen; diese Mitwirkung auch der Staaten-Regierungen zu erwirken, liegt mit im Berufe dieser Versammlung. Wenn über manches Zweifel besteht und Ansichten auseinandergehen, über die Forderung der Einheit ist kein Zweifel, es ist die Forderung der ganzen Nation. Die Einheit will sie, die Einheit wird sie haben, sie befestigen, sie allein wird schützen vor allen Schwierigkeiten, die von außen kommen mögen, die im Innern drohen." Die Versammlung, der diese Worte galten, ging an ihr Werk, fest überzeugt von ihrem Recht und ihrer Macht: in dem uner-schüttlichen Glauben, daß sie dürfe und daß sie könne, was sie sich vorgesetzt, daß ihre Vollmacht unbestreitbar und unanfechtbar sei wie das Licht der Sonne und daß dem nationalen Willen, dem sie Körper und Gestalt zu verleihen habe, nichts unerreichbar sei, daß ihm nichts, schlechterdings gar nichts widerstehen werde. Von diesem Glauben war Heinrich von Gagern erfüllt mit Leib und Seele; ihn bekannte er in dieser seiner ersten Rede mit dem Brustton tiefster Durchdrungenheit und in Worten, die zündend einschlugen, weil sie ganz kunstlos und unmittelbar das trafen, worüber alle einig waren oder einig zu sein glaubten, und nichts von dem berührten, was die Geister trennte. Und in der Seelenkraft, mit der er hier zum erstenmal gewirkt, lag nun das, was ihm an der Spitze dieses Parlaments eine ganz eigenartige Stellung gab. Obgleich weder ein geistreicher Kops, noch ein

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 108

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
108 Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. tiefer Denker, und mit keiner jener überlegenen Gaben ausgerüstet, durch die ein Mensch anderen fein Gepräge aufdrückt, war er zur Leitung gerade dieses Parlaments ganz unvergleichlich angelegt. Eine stattliche Erscheinung mit männlich schönen Zügen, in Wesen und Haltung vornehm und volkstümlich zugleich, eine Natur voll Wärme und Kraft, als Vorsitzender immer bei der Sache, stets Herr der Form, rasch und glücklich in der Fragestellung wie in treffender Stegreifrede, im heftigsten Redekampf nie erschrocken und nie verlegen: so bändigte er Monate lang die Leidenschaften des Parteihaffes durch die Kraft, mit der er die Saiten der Empfindungen zu rühren wußte, die in dieser Versammlung allen Empfindenden gemeinsam waren. In feiner Person, in der Art und in dem Ton feiner Rede, verkörperte er diesem Parlament den lauteren Adel seines Berufs, die sittliche Hoheit feines Strebens, die Majestät feines Glaubens cm die Allmacht der Nation. In diesem Glauben lag seine Größe und auch sein Verhängnis. Der Genosse seines Glaubens und seines Schicksals war Dahlmann, der die Wahl dieses Präsidenten zuerst und mit solcher Ausdauer betrieben hatte, daß er sie als fein persönliches Verdienst betrachten durfte. Beider Werk war der verhängnisvolle Schritt, den die Versammlung that, als sie eigenmächtig die Rechte einer regierenden Reichsgewalt in Anspruch nahm. Niemals hat das Dahlmann beabsichtigt; keinem Patrioten lagen solche Übergriffe ferner als gerade ihm, dem maßvollen Monarchisten, und doch hat es niemand mehr gefördert als er mit einem Antrage, den nicht zu stellen er für Verrat am Vaterland gehalten hätte und dessen Annahme ihm wie ein rettendes Ereignis für die Nation, wie ein herrlicher Siegespreis für sein eignes vaterländisches Streben erschien. Das Bundesdirektorium, das Dahlmann im Namen des Verfafsungsansfchuffes am 19. Juni beantragte, war anders gedacht, als es sich durch Gagerns überraschendes Eingreifen nachher gestaltete: aber wie immer in der Form es zustande kam, in der Sache war es doch eine willkürliche Schöpfung des Parlaments, von dem es sein Recht und seine Macht bezog, wenn es eine solche überhaupt gewann, und die Notwendigkeit einer solchen Schöpfung war erst hervor- getreten, als auf Dahlmanns Antrag die Paulskirche an einer Frage der großen Politik ihre erste Kraftprobe unternahm. Es war von Herzen gut gemeint, als er bei der erschreckenden Nachricht von dem plötzlichen Rückzug, den der bisher siegreiche General Wrangel aus Jütland und Nordfchleswig genommen hatte, den völkerrechtlichen Aus-

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 129

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Ix. Oncken, Die Trennung von Österreich und der preußische Erbkaiser. 129 entsprechen scheine. Hiernach müsse man als die entschiedene Absicht Österreichs ansehen: daß alle österreichischen Lande in staatlicher Einheit verbunden bleiben sollen und daß die Beziehungen Österreichs zu Deutschland dann erst staatlich geordnet werden könnten, wenn beide Staatenverbände zu neuen festen Formen gelangt sein, d. h. ihre innere Neugestaltung vollendet haben würden. Daraus folgerte das Reichsministerium Gageru: Österreich lehnt jede Bedingung ab, welche die staatliche Verbindung der deutschen mit den nichtdeutschen österreichischen Landesteilen lockern würde. Folglich wird es nach den über die Natur des Bundesstaats gefaßten Beschlüssen der Versammlung „als in den zu errichtenden deutschen Bundesstaat nicht eintretend zu betrachten sein". Sein „Unionsverhältnis zu Deutschland" aber wird mittelst einer besonderen Unionsakte geordnet, und die Verhandlung über diese auf gesaudt-schastlichem Wege eingeleitet werden. „Die Verfassung des deutschen Bundesstaates jedoch, deren schleunige Beendigung im beiderseitigen Interesse liegt, kann nicht Gegenstand der Unterhandlung mit Österreich sein." Dieses Programm besagte: Bundesstaat ohne Österreich, aber völkerrechtliche Union mit Österreich, d. H. ein Verhältnis, wie es heute seit dem Bündnis vom 7. Oktober 1879 zum Segen beider Reiche in Kraft ist. Die Aufnahme aber, die dieses Programm sofort bei seinem Bekanntwerden fand, ließ erkennen, daß von der Klarheit, welche der 30. November gebracht zu haben schien, auf der Linken schon keine Spur mehr vorhanden war, denn mit einer Wärme, als ob man sich noch mitten im Taumel der Märzbegeisterung befände und seitdem nichts, gar nichts Neues erlebt hätte, jubelte sie der Rede des Abg. I. Veuedey (Köln) zu, als der sagte: „Ich trage darauf an, daß dieser Antrag direkt von uns, augenblicklich und ohne Verhandlung verworfen werde. (Bravo auf der Liukeu.) Wir sind hierher gekommen, um Deutschlands Einheit zu konstituieren, und man schlägt uns hier vor, einen Teil Deutschlands aus Deutschland hinauszuwerfen. (Stürmisches Bravo und Händeklatschen auf der Linken.) An dem Tage, wo wir diesen Antrag auch nur verhandeln, verhandeln wir eine Teilung Deutschlands. Die deutsche Nation hat schon genug gelitten, jetzt endlich ist sie aufgestanden und hat uns hierher gesandt, Deutschland zu konstituieren, und man will uns einen Teil Deutschlands feil machen. Ich bin hierher gekommen in die Paulskirche, fest entschlossen, mit der Paulskirche zu stehen oder zu fallen. Aber nicht Müller, Geschichtliches Le'ebuch. q

9. Geschichtliches Lesebuch - S. 119

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 119 zeichnender Kraft. Das Bild, das er von der „Schmach" dieses Waffenstillstandes und den Schrecken seiner Folgen entwarf, beruhte auf lauter willkürlichen Auslegungen und unhaltbaren Behauptungen; von den Thatsachen aber, welche für jedes besonnene Urteil entscheidend ins Gewicht fielen, war dabei keine einzige gewürdigt. Ruhmvoll war der Waffenstillstand freilich nicht, aber das konnte er auch nicht sein, denn die Dänen waren unbestritten Herren der See und der Inseln geblieben; folglich himmelweit davon entfernt, „niedergekriegt" (debellati) zu sein. Aber er war auch nicht „schmachvoll" und nicht schädigend für die gute Sache. Denn erstens war dem Recht der Herzogtümer in keiner Weise vergeben, die Ansprüche und Rechte Deutschlands vielmehr ebenso wie die Dänemarks für den der-einstigen Friedensschluß ausdrücklich vorbehalten, und zweitens war ausgemacht, daß während der sieben Monate des Waffenstillstandes in Schleswig und Holstein wohl schleswig-holsteinische, aber keine dänischen Truppen sein dürften, und damit war gesagt, daß auch die neu zu bildende Regierung, die übrigens aus lauter Notabeln des Landes bestehen mußte, von jedem Druck der Dänen frei blieb. Die Rückgabe aber der geraubten Schiffe, deren Gesamtwert auf 6 Millionen Thaler angeschlagen ward, und das Aufhören des Seekrieges und der Küstensperre war für den deutschen Handel überhaupt und die Ostseeländer Preußens und Deutschlands im besondern ein geradezu rettendes Ereignis. Nur eins war unbestritten: die neue Centralgewalt hatte bei dieser Gelegenheit eine völkerrechtliche Anerkennung nicht gefunden, und wenn das erwartet und verlangt worden war, dann hatte das Reich der Paulskirche allerdings eine Niederlage erlitten. Die Bedingungen der Vollmacht, welche der Erzherzog-Reichsverweser dem preußischen Ministerium für den Abschluß ausgestellt, waren zum Teil nicht erfüllt, zum Teil nicht strenge innegehalten worden, und der Abgesandte des Reichsverwesers, Max v. Gagern, war zu gar keiner Teilnahme an dem Geschäfte gekommen; aber hier kam eben in Betracht, worauf der Minister Camphausen in seiner Zuschrift an das Reichsministerium hinwies, daß dem König von Dänemark die Errichtung der neuen Reichsgewalt noch gar nicht angezeigt und Preußen weder beauftragt noch berechtigt war, diese Anzeige zu bewirken; folglich war der Reichsverweser für den Hof zu Kopenhagen völkerrechtlich gar nicht vorhanden, und es war durchaus zutreffend, wenn es in dem Eingang der Übereinkunft hieß: der König von Preußen handle „im eignen wie im Namen des deutschen Bundes", weil der letztere eben für

10. Geschichtliches Lesebuch - S. 308

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
308 Xxi. Rede des deutschen Reichskanzlers Fürsten Bismarck. Druckes, den wir auf Österreich üben sollten in Sachen, wo wir das österreichische Recht nicht ohne weiteres angreifen konnten. Ich konnte dazu meine Hand nicht bieten; denn wenn wir uns Österreich entfremdeten, so gerieten wir, wenn wir nicht ganz isoliert sein wollten in Enropa, notwendig in Abhängigkeit von Rußland. Wäre eine solche Abhängigkeit erträglich gewesen? Ich hatte früher geglaubt, sie könnte es sein, indem ich mir sagte: wir haben gar keine streitigen Interessen; es ist gar kein Grund, warum Rnßland je die Freundschaft uns kündigen sollte. Ich hatte wenigstens meinen russischen Kollegen, die mir dergleichen auseinandersetzten, nicht geradezu widersprochen. Der Vorgang betreffs des Kongresses enttäuschte mich, der sagte mir, daß selbst ein vollständiges Jndienststellen unserer Politik (für gewiffe Zeit) in die russische uns nicht davor schütze, gegen unseren Willen und gegen unser Bestreben mit Rußland in Streit zu geraten. Dieser Streit über Instruktionen, die wir an unsere Bevollmächtigten in den Verhandlungen im Suden gegeben oder nicht gegeben haben, steigerte sich bis zu Drohungen, bis zu vollständigen Kriegsdrohungen von der kompetensten Seite. Das ist der Ursprung unseres österreichischen Vertrages *). Durch diese Drohungen wurden wir gezwungen, zu der von mir seit Jahrzehnten vermiedenen Option zwischen unseren beiden bisherigen Freunden zu schreiten. Ich habe damals den Vertrag, der vorgestern publiziert worden ist, in Gastein und Wien verhandelt, und er gilt noch heute zwischen uns. Die Publikation ist in den Zeitungen zum Teil, wie ich gestern und vorgestern gelesen habe, irrtümlich aufgefaßt worden; man hat in derselben ein Ultimatum, eine Warnung, eine Drohung finden wollen. Das konnte um so weniger darin liegen, als der Text des Vertrags dem russischen Kabinett seit langem bekannt war, nicht erst feit dem November vorigen Jahres. Wir haben es der Aufrichtigkeit einem loyalen Monarchen gegenüber, wie der Kaiser von Rußland es ist, entsprechend gesunden, schon früher keinen Zweifel darüber zu lassen, wie die Sachen liegen. Ich halte es auch nicht für möglich, diesen Vertrag nicht geschlossen zu haben; wenn wir ihn nicht ge- schlossen hätten, so müßten wir ihn heute schließen. Er hat eben die vornehmste Eigenschaft eines internationalen Vertrags, nämlich er ist der Ausdruck beiderseitiger dauernder Interessen, sowohl aus öfter- 1) Vom 7. Oktober 1879.
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