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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 150

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
150 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. richtig damit, es lasse sich dem nicht widersprechen, es sei gar nicht auszukommen in Haus und Hof ohne das Einmaleins; gerade ebenso ist es im Staatswesen mit dem Erbrechte beschaffen, welches ich hier zu verteidigen übernommen habe. Da läßt sich freilich auseinandersetzen, vor welchen Übeln das Erbrecht uns bewahrt, wie es bewahrt vor den mannigfachen und schwer empfundenen Übeln der Wahlberechtigung, wie es bewahrt vor den Übeln des Zwischenreichs zc. Aber am Ende kehrt es doch immer auf das allereinfachste zurück, und wir müssen zugestehen, daß gerade da das Erbrecht sich am unliebenswürdigsten beweist, wo es am meisten staatsmännisch auftritt, indem es nämlich in seiner vollkommenen Ausbildung auf höchst ungalante Weise alle Frauen ausschließt von dem Throne, solange noch einer vom Mannesstamme vorhanden ist, indem es alle Jüngeren ausschließt, alle jüngeren Prinzen, solange noch ein älterer da ist, indem es endlich keinem Prinzen einen Teil am Genusse der Herrschaft vergönnt, bis die Reihe an ihn gekommen ist, überhaupt aber jedem Erbberechtigten nur das Ganze des Staates übrig läßt, indem es ihn jedes Anrechts an einen Staatsteil beraubt. Und dennoch hat dieses System der Erbherrschaft neben so vielen Herbigkeiten auch seine zarte und in das innere Wefen der Menschheit dringende Seite. Nachdem es vor allen Dingen den Staat sichergestellt hat, denn der Staat muß in alle Wege die Hauptsache bleiben, führt es in das Staatswesen die Wärme der Familie ein, indem es die Herrschaft an ein regierendes Haupt knüpft. Ich weiß gar wohl, meine Herren, daß ich hiermit, wenn ich das Lob der Erbherrschaft rede, eine Saite anschlage, die in den Augen vieler von Ihnen längst zersprungen ist. Das aber hindert mich auf keine Weise. Erlauben Sie, daß ich eine schlichte Thatsache schlicht erzähle, die sich zu Ende des Jahres 1812 in Mitteldeutschland begab. Damals war der erste Strahl der Hoffnung nach Deutschland gedrungen, daß wir wohl des fremden Regiments erledigt werden möchten. Da fanden sich in Mitteldeutschland Volksversammlungen vornehmlich von Landleuten und Bauern zusammen. Man beredete sich, wie es zunächst werden solle. Darin waren alle einig, die Fremden müßten vertrieben werden, aber sollte man den alten Fürsten wieder aufnehmen, das war die Frage. Es begab sich, daß auch in einem Lande, ich will es lieber nicht nennen, wo der alte Fürst keineswegs gelobt und sonderlich geliebt war, — man wußte ihm manches, was nicht zum Frieden diente, nachzureden, — in der Schänke eines Dorses diese Sache verhandelt ward. Viel war hin-

2. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 110

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
110 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Pisistratus (560-527 v. Chr). Doch wurde Solon seines großen Werkes wenig froh. Die Par- teien waren nicht ganz beschwichtigt; die einen murrten, er sei zu weit gegangen, die anderen aber, er habe nicht genug gegeben. So von allen Seiten bestürmt, verließ er die Stadt auf 10 Jahre und durch- wanderte Jonien, wo er in Thales, einem der sieben Weisen, einen Freund besaß, und Aegypten, das Wunderland, dessen Priester ihn freund- lich ausgenommen haben sollen. Die Athener hatten ihm geschworen, seine Verfassung 100 Jahre lang zu halten, aber schon 561, also nur 33 Jahre nach dem Schwur, seit ihn das allgemeine Vertrauen zum Ordner des zerrütteten Gemeinwesens erhoben hatte, bemächtigte sich sein junger und schöner Verwandter Pisistratus der Gewalt. Dieser stellte sich nämlich an die Spitze der Partei, welche die Sache der armen Bürger gegen die reichen vertrat und gewiß die zahlreichste war. Durch eine List (er ver- wundete sich selbst und sagte die Aristokraten hätten es gethan) gewann er die Erlaubniß, aus seinen Anhängern einige Hunderte bewaffnen zu dürfen, damit sie ihn gegen seine Feinde schützten. Mit diesen besetzte er die Burg und wurde so Tyrann von Athen. Zweimal vertrieben fand er immer wieder so viel Unterstützung, daß er die verlorene Gewalt abermals errang und sie endlich bis an sein Lebensende behauptete. Solches vermochte er nur durch Unterstützung des gemeinen Volkes oder der armen Bürger. Diese liebten ihn und selbst diejenigen, welche es ihm nie verziehen, daß er sich zum Herrscher aufgeworfen hatte, mußten ihm bezeugen, daß er die solonischen Gesetze aufrecht erhielt, den Müssiggang verfolgte und besonders den Ackerbau förderte, den Staatshaushalt trefflich ordnete, die Stadt durch Bauten schmückte und die Dichtkunst ehrte und liebte; er soll die homerischen Gesänge in die Ordnung gebracht haben, in welcher sie auf uns gekommen sind. Seine Gewalt erbten seine Söhne Hippias und Hipparch, welche ihren Vater nachahmten; Hipparch namentlich war ein Freund der Dichtkunst und der Dichter; er verordnte, daß die homerischen Gesänge bei dem Feste der Panathenäen vorgetragen würden und rief den Anakreon, den Sänger des heitern Lebensgenusses, an seinen Hof, ebenso den Simonides, dessen Gedichte das ganze Alterthum bewunderte, aber ihm vorwarf, daß er seine Kunst verkauft habe. Sturz der Pisiftratiden (510 v. Chr). Revolution des Klisthenes. Athen demokratisch. Die Pisistratiden hatten die gleichen Feinde, die ihren Vater zweimal vertrieben hatten; auch das gemeine Volk wurde ihnen wenigstens theil- weise ungünstig aus veränderter Laune und weil sie durch ein neues

3. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 170

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
170 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. den. So konnten seine treuen Schüler noch einige Tage länger um ihn sein; einer derselben, der reiche Kriton, hatte den Kerkermeister bestochen, Sokra- tes konnte entfliehen, wollte aber nicht, und verwies es seinem Freunde, daß er ihn zum Ungehorsam gegen die Gesetze der Stadt verleiten wollte; er habe die Wohlthaten der Gesetze lange genossen, und wenn ihm nun Unrecht geschehe, so entspringe daraus kein Recht für ihn, die Gesetze zu brechen. Sokrates wünschte zu sterben; er wollte durch das Thor des Todes in den Tempel der Wahrheit eingehen; denn all sein Denken und Forschen hatte ihn nur zu dem Geständnisse gebracht: „Ich weiß, daß ich nichts weiß." An seinem Todestage sprach er mit seinen Schülern über die Unsterblichkeit der Seele und von seiner Hoffnung, im Jenseits ein schöneres und helleres Leben zu beginnen, von dem das jetzige nur ein Widerschein sei; er tröstete die Weinenden, und als mit dem Unter- gang der Sonne der Augenblick da war, wo ihm der Giftbecher gereicht wurde, trank er ihn mit unerschüttertem Gemüthe. Dann ging er einige Augenblicke auf und ab, wie ihm der Gefangenwärter gerathen hatte, bis er Müdigkeit in den Beinen fühlte, legte sich nieder, verhüllte sein An- gesicht und starb (399). — Bald bereuten die Athener ihre Ungerech- tigkeit und ihren Mißgriff, setzten dem Sokrates Ehrensäulen und be- straften seine Ankläger. Von den Schülern des Sokrates hat der edle Xenophon, jener An- führer beim Rückzüge der Zehntausend, die Worte und Lehren seines Meisters am treuesten wiedergegeben, in ihm lernen wir den eigentlichen Sokrates am besten kennen. Andere Schüler des Sokrates gingen eigene Wege; z. B. Aristipp aus Kprene, welcher einen verständigen Lebensgenuß für Weisheit erklärte, der Stifter der kprenäischen Schule, die später in Epikur ihre volle Ausbildung fand; Antisthenes, der Verachtung aller Vergnügen lehrte und denjenigen Menschen als den glücklichsten hinstellte, welcher am wenigsten bedürfe und dem die Tugend allein genüge. Seine Schüler hießen die Kyniker (von dem Platze Kynosarges, wo Antisthenes lehrte, so genannt), von denen Diogenes am berühmtesten wurde. Der ausgezeichnetste Schüler des Sokrates aber bleibt Platon, dessen Schule von der Akademie, wo er lehrte, die akademische hieß. Er lehrte die Abkunft des menschlichen Geistes von der Gottheit, daher sehnt sich derselbe nach der Gottheit zurück in die Welt der Zdeen. Diese sind unveränderlich und ewig, und alles Irdische hat nur insofern Wahrheit, als es Antheil an einer Idee hat. Die höchste Zdee ist die Gottheit selbst, die Ursache von allem, was da ist und wird. Diese kann der Mensch nicht erfassen, nur die Ideen der Wahrheit, Schönheit und Tugend, die Ausflüsse der höchsten Idee, gestatten dem Menschen Zu- gang, und nach ihnen soll er während seines ganzen Lebens streben, damit er nach dem Tode in die höhere Welt der Zdeen gelange, wo er

4. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 43

1854 - Münster : Aschendorff
43 die eiligen Schläge des fleißigen Arbeiters. Das klang ihm so heiter und traulich entgegen, als käme es aus der Schmiede seiner Heimath. Er konnte sich nicht enthalten, hinzuzutreten und den rüstigen Arbeiter anzureden. „Ihr habt wohl viel zu thun, guter Meister?" fragte er mit zutraulicher Stimme. — „Mehr als zu viel!" war die laute Antwort; „denn ich werde von allen Seiten gedrängt und kann nicht begreifen, was der Krieg mit all den Nägeln thut," — „Habt Ihr denn keine Gesellen?" fragte der Graf weiter. — „Man kann keine fin- den," rief der Emsige zwischen sein Gehämmer. Das war für den bedrängten Grafen genug, um sich sofort zur Hülfe anzu- bieten. „Es ist zwar nicht viel, was ich verstehe," sagte er, „aber ich verlange auch nur den nöthigen Lebensunterhalt zum Lohne, und mein Eifer soll den Mangel an Geschicklichkeit er- setzen." Der Meister ließ ihn einen Versuch machen und war hinreichend damit zufrieden. Es währte nicht lange, so war der junge Graf wieder ganz in seiner früheren Uebung und hatte sich so sehr die Gewogenheit des Meisters erworben, daß er von seinem Lohne etwas zurücklegen konnte. Da er sich in seine Lage gefunden hatte, so verlebte er heitere Tage in der redlichen Familie. Das Glück wollte aber auch, daß ihm nach Ablauf der Kriegesunruhen alle seine Güter zurückerstattet wurden. Da erst offenbarte er dem Meister seinen Stand und Namen und versprach, ihm ein Andenken an die bei ihm verlebte Zeit zu überschicken. Noch mehr aber, gedachte er, den wackeren Schmied seiner Heimath zu belohnen, dem er das köstliche Kleinod eines Handwerkes zu verdanken hatte. Er sehnte sich nach dessen Wiedersehen. Wie staunte er aber, als er statt der früheren Hütte ein großes Haus mit einem bedeutenden Lager von Ei- scnwaaren da stehen sah, und daneben eine Schmiede, worin viele Gesellen, nicht bloß mit Nägeln, sondern auch mit ver- schiedenen anderen Arbeiten beschäftigt waren! Der alte Meister aber stand an der Hausthür und sah eben zu, wie ein Karren mit Eisenwaaren beladen wurde. Der Graf erkannte ihn so- gleich, und der Gruß, womit er ihn bewillkommnete, war: „Handwerk hat einen goldenen Voden!"

5. Abth. 1 - S. 390

1818 - Elberfeld : Büschler
3go Vii. Ztr. vom westph. Fried, bis jetzt. 1643-1817. dem Scheine der eingeschränkten Verfassung folgte der Kaiser einzig seinem Gelüste und Willen, und herrschte als Unumschränktes Despot, die Menschen nur als Zahlen, ihr Leben als eine Münze zum Verbrauche betrachtend. Die verführerische Liebe solcher Regierungsweise verbreitete sich bald auch über die Giänzen Frankreichs hinaus. Das eitle französische Volk bekhörte Napoleon dabei durch Glanz, durch Kriegsruhm, und den Namen der großen Nation; das Heer, seine Stütze, fesselte er an sich, in em er ihm Alles erlaubte, was die Begierde fordert; die großen Talente, die ihm dienen sollten, erhob und bereicherte er übermäßig, damit sie bei seinem Falle so viel zu verlieren hätten, als der Mensch selten den Muth hat, wieder aus seiner Hand zu geben. Das war eine seiner furchtbaren Heerscherregeln, daß, wer un- umschränkt herrschen wolle, nur Re i ch e und Ar m e, nicht aber einen begüterten Mittelstand, dul- den müsse; jene könne die Regierung durch jede Begünstigung, durch Furcht und Hoffnung, an sich fesseln; und die Armen lasse die Sorge der täglichen Nahrung ni*cht über das nächste Bedürf- nis hlnausbiicken; aber »n den Köpfen des Mit- telstandes, welcher Zeit zu geistiger Beschäftigung übrig behalte, da bilde sich eine Gewalt der Ge- danken, welche dem Throne gefährlich werden könne. Uno so scharr drang sein grauenvoller Blich in das Wesen der menschlichen Natur, daß er erkannte, die Gewohnheit des blinden Gehorsams, der sich nur mit geistiger Blindheit vertrage, müsse früh in der Jugend einqepflanzt werden. Darum wurde der kirchliche und der Schulunterricht unter strenge Aufsicht genommen, auf einen engen Kreis be- schrankt, die Schüler von Jugend auf nach dem Klange der Trommel zu irdem Geschäfte gerufen. Ja, selbst die Lehrbücher der Religion mußten den Gehorsam gegen den Kaiser sogleich nach dem gegen daö göttliche Gesetz stellen, — Im übrigen verfiel sowohl der Volksunterr>cht als der höhere wissenschaftliche, der schon in der Revolutionszeit

6. Abth. 2 - S. 251

1817 - Elberfeld : Büschler
Schilderung des Mittelalters. á Das Mittelalter. 63. Das Ritterwesen. Man hat das Mittelalter, auch die Ritterzeit ge- nannt, und in der That ist es das Nitterthum, wel- ches ihm hauptsächlich seine Gestalt gegehcn hat. Durch die Ausbreitung des Lehnswesens über ganz Teutsch- land war, wie schon gezeigt ist, der Adel der Haupt- theil der Nation geworden, bis zu solchem Grade, daß außerhalb der Städte wenig gemeine freie Leute mehr gefunden wurden. Die Kriege wurden allein durch den Adel und seine Diener geführt; er kämpfte nur zu Pferde, war mit schweren, eisernen Waffen bedeckt, und von Jugend auf darin so geübt, daß er sie nicht nur tragen, sondern die Glieder frei und kräftig dar- in bewegen konnte. Ein so geharnischter Mann zu Pferde war den gemeinen Kriegern, die zu Fuße dien- ten und schlechter bewaffnet waren, sehr weit überle- gen; und bald zählte man ein Heer nur nach der Menge seiner Ritter. Um solche Vorzüge zu behaup- ten, mußte die Erziehung des Adels ganz kriegerisch seyn. „Die in Teutschland gcbornen Knaben lernen eher Reiten als Reden, sagt ein alter Schriftsteller; die Pferde mögen laufen, wie sie wollen, so bleiben sie unbeweglich sitzen; sie führen ihren Herren die lan- gen Lanzen nach; durch Kälte und Hitze abgehärtet, sind sie durch keine Arbeit zu ermüden. ' Das Tragen der Waffen kömmt den Teutschen eben so leicht an, als das ihrer eigenen Glieder, und es ist eine erstau- nenswürdige und fast unglaubliche Sache, wie geschickt sie sind, Pferde zu regieren, Pfeile abzuschießen, und Lanze, Schild und Schwerin zu gebrauchen." Bei dieser ausschließlichen Richtung auf die Aus- bildung körperlicher Kraft, da die geistigen Beschäfti- acn, welche in späteren Jahrhunderten als Haupt- der Erziehung zu gelten anfingen, gänzlich unbe- kanut waren, hätte das Zeitalter in tiefe Barbarei

7. Die deutsche Geschichte - S. 275

1829 - Elberfeld : Büschler
Schilderung des Mittelalters. 275 ^ \\-\ Vv'liv'vwyi\Vw1vv\ W Va \Wyy\Y\1 Uw\Uv\Uv\\Vvu Vv\ Vvi schriebenem Gesetze, und zwar nach römischem, lebte nur die Kirche. Wo außerdem einzelne geschriebene Rechte sich fanden, Privilegien, Weisthümer, Rechtöbriefe für Städte, oder ein Landrecht für einzelne Länder, da waren sie, in ihrer Uuvoll-- ftändigkeit, doch nicht Gesetze in unserm Sinne, d. h. Quelle des Rechts, sondern nurzeugnisse über das im Volke lebende Recht. Eine größere Sammlung deutscher Rechte legte erst zwischen 1215 und 18 ein sächsischer Edelmann, Epke odereike von Rep- gov, an, welche unter dem Namen des Sachsenspiegels bekannt ist. Es war eine bloße Privatarbeit; aber weil die Sammlung vollständiger war, als die übrigen sogenannten Ge- setze, und als Zeugniß über das geltende Recht denselben Werth hatte, als jene, so kam sie nach und nach in allgemeinere Gel- tung, besonders im 14. und 15. Jahrhundert. Der Verfasser kannte das römische Recht so gut als gar nicht, und richtete sich weder in Form noch Stoff nach demselben; aber die späteren Ueberarbeiter brachten mehr aus dem römischen und kanonischen Rechte hinein. Zu den späteren Bearbeitungen gehört der soge- nannte Schwabenspiegel und das Kaiserrecht, welches letztere vorzüglich die Lehnsverfassung enthält. Das römische Recht ist offenbar zuerst durch die Kirche in Deutschland eingeführt und in den kirchlichen Gerichten ge- braucht. Im 15ten Jahrhundert fing man auch zuerst an, in städtischen Gerichten sich auf dasselbe zu berufen. Das wiederer- wachte Studium des römischen Alterthums überhaupt brachte auch die römischen^ Gesetzbücher in allgemeine Achtung, besonders auf den Universitäten, und man fing an, in zweifelhaften Rechtsfäl- len, wie von andern Obergerichten, so auch von den Doctoren der Universitäten Rechtsbelehrungen einzuholen. Welchen Einfluß die allmälige Einführung des römischen Rechts auch auf die öffentlichen Angelegenheiten Deutschlands gehabt hat, werden wir im weiteren Laufe der Geschichte sehen. Hier betrachten wir noch, ehe wir die Schilderung des Ge- richtswesens im Mittelalter schließen, eine der allermerkwürdigsten Erscheinungen desselben, nemlich: Dievehm-oderfemgerichte,*) welche sich in Westphalen ausbildeten, und einen tiefen Blick in das Wesen jener Zeit thun lassen. Doch müssen wir gleich im Voraus bemerken, daß wir dabei, des Zusammenhanges wegen, auch in die Ge- schichte des nächsten Zeitraumes vorgreifen müssen. In Westphalen nemlich war die Landeshoheit der Fürsten und Herren durchgehends auf die Gogerichte, (die alte Ceutgrafschast,) gegründet. Aber auch die alte Grafschaft, als oberes königliches *) D. Wigands vortreffliches Werk über das Femacrickt Westphalens. Hamm. 1825. 18 *

8. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 41

1886 - Münster i.W. : Aschendorff
41 Landstraße hinwanderte und sich seiner düstern Stimmung ganz iiberließ. Da sah er das helle Feuer einer nahen Schmiede und hörte die eiligen Schläge des fleißigen Ar- Leiters. Das llang ihm so heiter und traulich entgegen, als käme es aus der Schmiede seiner Heimat. Er konnte sich nicht enthalten, hinzutreten und den rüstigen Arbeiter an- zureden. ..Ihr habt wohl viel zu thun, guter Meister?" fragte er mit zutraulicher Stimme. — „Mehr als zu viel!" war die Antwort; „denn ich werde von allen Seiten ge- drängt und kann nicht begreifen, was der Krieg mit all den Nägeln thut." — „Habt Ihr denn keine Gesellen?" fragte der Graf weiter. — „Man kann keine finden," rief der Emsige zwischen sein Gehämmer. Das war für den be- drängten Grasen genug, um sich sofort zur Hülfe anzubieten. „Es ist zwar nicht viel, was ich verstehe," sagte er, „aber ich verlange auch nur den nötigen Lebensunterhalt zum Lohne, und mein Eifer soll den Mangel an Geschicklichkeit ersetzen." Der Meister ließ ihn einen Versuch machen und war hinrei- chend damit zufrieden. Es währte nicht lange, so war der junge Gras wieder ganz in seiner früheren Übung. Er erwarb sich die Gewogenheit seines Meisters, bekam höheru Lohn und konnte von demselben etwas zurücklegen. Da er sich in seine Lage gefunden hatte, so verlebte er heitere Tage in der redlichen Familie. Das Glück wollte aber auch, daß ihm nach Ablauf der Kriegsunruhen alle seine Güter zurückerstattet wurden. Da erst offenbarte er dem Meister seinen Stand und Namen und versprach, ihm ein Andenken an die bei ihm verlebte Zeit zu überschicken. Noch mehr aber gedachte er, den wackeren Schmied seiner Heimat zu belohnen, dem er das köstliche Kleinod eines Handwerks zu verdanken hatte. Er sehnte sich nach dessen Wiedersehen. Wie staunte er, als er statt der früheren Hütte ein großes Haus mit einem bedeutenden Lager von Eisenwaren da stehen sah und daneben eine Schmiede, worin viele Gesellen, nicht bloß mit Verfertigung von Nä- geln, sondern auch mit verschiedenen andern Arbeiten beschäf- tigt waren!j Der alte Meister aber stand an der Hausthür und sah eben zu, wie ein Karren mit Eisenwaren beladen

9. Dichtung des Mittelalters - S. 205

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 25. Die Zeit des Verfalles der Poesie. 205 Die Meistersängerschulen, innungsmäßig gleich den bürgerlichen Zünften abgeschlossen, blühten namentlich in Mittel- und Süddeutschland, die Erzählung der Bibel und der Heiligengeschichten begingen. Diese Leute hießen Merker, und ihrer gab es drei. — Als der Kaiser erschien, geriet alles in lebhafte Bewegung. Ein greiser Meister betrat den Singstnhl. und von dem Gemerke erscholl das Wort: ,Fanget anst Es war Konrad Nachtigall, ein Schlosser, der so sehnsüchtig und klagend sang, daß er seinen Namen wohl mit Recht führte. Vom himmlischen Jerusalem sagte er viel Schönes in gar künstlichen Reimen und Rede- wendungen. Auf dem Gemerke las einer der Meister in der Bibel nach, der andere zählte an den Fingern die Silben ab, und der dritte schrieb auf, was diese beiden ihm von Zeit zu Zeit znfllisterten. Aber auch die Meister unten waren aufmerksam und in stiller Thätigkeit. Alle trieben mit den Fingern ein närrisches Spiel, um genau die Versmaße wahrzunehmen. An ihrem Kopfschütteln erkannte man, daß der Sprecher hie und da ein Versehen begangen. Nach dem Meister Nachtigall kam die Reihe an einen Jüngling, Fritz Kothner, einen Glockengießer, der die Schöpfungs- geschichte zum Gegenstand seines Gedichtes gewählt hatte. Aber der Arme war verlegen, es wollte nicht gehen, und ein Merker hieß ihn, den Singstnhl zu ver- lassen. ,Der Meister hat versungenst rannte mir mein Nachbar zu, und da ich ihn fragte, warum man ihn nicht hätte sein Stück ¿it Ende bringen lassen, so erklärte er mir, daß derselbe ein ,Laster^ begangen. Mit diesem Namen belegten nämlich die Kenner der Tabulatur einen Verstoß gegen die Reime. Dergleichen wunderliche Benennungen für Fehler gab es viele, als: blinde Meinung (Undeutlichkeit), Klebsilbe (willkürliche Zusammenziehuugs, Milben (des Reimes wegen abgebrochene Wörter) rc. Die Bezeichnungen der verschiedenen Tonweisen waren gar absonderlich, als die Schwarz-Tintenweise, die abgeschiedene Vielfraßweise, die Cnpidinis- Haudbogenweise. In der Hagebütweise ließ sich jetzt vom Singstnhl herab Leonhard Nunnenbeck vernehmen, ein ehrwürdiger Greis im schwarzen Ge- wände. Alles bewunderte ihn, wie er, gemäß der Apokalypse, den Herrn beschrieb, an dessen Stuhl der Löwe, der Stier, der Adler und der Engel ihm Preis und Ehre und Dank gaben, der da thronet und lebet von Ewigkeit zu Ewigkeit, wie die 24 Ältesten ihre Krone vor den Stuhl niederlegten und Preis und Ehre und Dank ihm gaben, durch dessen Willen alle Dinge ihr Wesen haben und geschaffen sind, und wie sie ihre Kleider hell gemacht haben im Blute des Lammes, wie die Engel, die um den Stuhl, um die Ältesten und um die vier Tiere standen, ans ihr Angesicht niederfielen und Gott anbeteten. Als Nunnenbeck endigte, da waren alle voller Entzücken, und namentlich leuchtete aus Hans Sachsens Gesicht hell die Freude hervor, der sein dankbarer Schüler war. — Da trat als der vierte und letzte Sänger wieder ein Jüngling ans. Er gehörte auch zur Weberzunft und hieß Nt i ch e l Beham und hatte mancherlei Länder gesehen. Mit rastloser Anstrengung hatte er sich in der Singkunst geübt und verglich sich mit Recht mit einem Bergmann, der mühsam gräbt und sucht, um edles Gold zu fördern. Nie war er früher in einer Fachschule aufgetreten, da er nicht anders als mit Ruhm den Singstnhl besteigen wollle. — Als Michel Beham sein Gedicht: ,Von zwo Jungfrauen^ vorgetragen hatte, da verließen die Merker ihren Sitz. Der erste trat zu Nunnenbeck und hängte mit einem laugen Glückwunsch ihm den Davidsgewinner (eine silberne Kette mit dem Bilde des Königs David) um, und der zweite Merker zierte Behams Haupt mit einem schönen Kranze aus seidenen Blumen, der ihm gar wohl stand. Diese

10. Dichtung der Neuzeit - S. 42

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
42 Sechste Periode, von 1624—1748. dem ersten Redakteur der Zeitschrift, dem Humoristen Zachariä, dem Satiriker Raben er, verdient besondere Erwähnung Christian Fürchtegott Gellert, geb. zu Hainichen bei Freiberg in Sachsen 1715, seit 1751 außerordentlicher Professor der Poesie und Beredsamkeit zu Leipzig, wo er 1769 starb. Mild und warm empfindend, wurde er der beliebteste und einflußreichste Dichter seiner Zeit, bekannt durch seine die sittliche Veredlung des Volkes bezweckenden Fabeln und Erzählungen und durch geistliche Lieder. Unter seinem Einflüsse standen auch die Fabeldichter Lichtwer, Willamov und Pfeffel (Verfasser der „Türkenpfeife"). 1. Der ju Ein junger Mensch, der viel studierte Und, wie die Eltern ganz wohl sahn, Was Großes schon im Schilde führte, Sprach einen Greis um solche Schriften an. Die stark und sinnreich denken lehrten. Mit einem Wort, die zum Geschmack gehörten. Der Alte ward von Herzen froh Und lobt' ihm den Homer, den Plato, Cicero Und hundert mehr aus alt und neuer Zeit, Die mit den heil'gen Lorbeerkränzen Der Dichtkunst und Wohlredenheit, Umleuchtet von der Ewigkeit, 2. Die Geschilt Das ei Der erste, der mit kluger Hand Der Männer Schmuck, den Hut, er- fand, Trug seinen Hut unaufgeschlagen; Die Krempen hingen flach herab; Und dennoch wußt' er ihn zu tragen, Daß ihm der Hut ein Ansehn gab. Er starb und ließ bei seinem Sterben Den runden Hut dem nächsten Erben. Der Erbe weiß den runden Hut Nicht recht gemächlich anzugreifen; Er sinnt und wagt es, kurz und gut, Er wagt's, zwo Krempen auszusteifen. : Gelehrte. Den Jünglingen entgegenglänzen. „D!" hub der junge Mensch mit stolzem Lächeln an, „Ich habe sie fast alle durchgelesen; Allein" — „Nun gut", sprach der ge- lehrte Mann, „Sind sie nach seinem Sinn gewesen. So muß er sie noch zweimal lesen. Doch sind sie ihm nicht gut genug ge- wesen, So sag' er's ja den Klugen nicht; Denn sonst erraten sie, woran es ihm gebricht. Und heißen ihn die Zeimng lesen." von dem Hute. Buch. Drauf läßt er sich dem Volke sehn; Das Volk bleibt vor Verwundrung stehn Und schreit: „Nun läßt der Hut erst schön!" Er starb und ließ bei seinem Sterben Den ausgesteiften Hut dem Erben. Der Erbe nimmt den Hut und schmält. „Ich", spricht er, „sehe wohl, was fehlt." Er setzt darauf mit weisem Mute Die dritte Krempe zu dem Hute. „O", rief das Volk, „der hat Verstand! Seht, was ein Sterblicher erfand! Er, er erhöht sein Vaterland!"
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