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591. Dichtung der Neuzeit - S. 295

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
43. Die Vertreter der romantischen Schule. Fr. v. Schlegel. Tieck. 295 Natur, hier fühl' ich deine Hand Und atme deinen Hauch, Beklemmend dringt und doch bekannt Dein Herz in meines auch. Dann denk' ich, wie vor alter Zeit, Du dunkle Waldesnacht, Der Freiheit Sohn sich dein gefreut, Und was er hier gedacht. Du warst der Alten Haus und Burg; Zu diesem grünen Zelt Drang keines Feindes Ruf hindurch, Frei war noch da die Welt. 3. Gelübde. (1809.) Es sei mein Herz und Blut geweiht, Dich, Vaterland, zu retten. Wohlan! es gilt, du seist befreit: Wir sprengen deine Ketten! Nicht fürder soll die arge Tat, Des Fremdlings Übermut, Verrat In deinem Schoß sich betten. Wer hält, wem frei das Herz noch schlägt. Nicht fest an deinem Bilde? Wie kraftvoll die Natur sich regt Durch deine Waldgefilde, So blüht der Fleiß dem Neid zur Qual In deinen Städten sonder Zahl Und jeder Kunst Gebilde. Der deutsche Stamm ist alt und stark, Voll Hochgefühl und Glauben. Die Treue ist der Ehre Mark, Wankt nicht, wenn Stürme schnauben. Es schasst ein ernster, tiefer Sinn Dem Herzen solchen Hochgewinn, Den uns kein Feind nrag rauben. So spotte jeder der Gefahr! Die Freiheit ruft uns allen. So will's das Recht, und es bleibt wahr. Wie auch die Lose fallen. Ja, sinken wir der Übermacht, So woll'n wir doch zur ew'gen Nacht Glorreich hinüberwallen! 4. Ludwig Hicck (1773—1853). Ludwig Tieck erscheint als das Haupt der romantischen Schule. Geb. zu Berlin 1773, wurde er nach vielfachen Studien und einem be- wegten und wechselvollen Leben Hofrat und Theaterintendant zu Dresden, bis ihn Friedrich Wilhelm Iv. im Jahre 1841 nach Berlin berief, wo er 1853 starb. Er besaß eine reiche Phantasie und war ein Meister der Darstellung. Aber wie sein äußeres Leben, so war auch seine poetische Tätigkeit eine Wanderung. Anfangs bei den „freien Geistern" stehend, „die der Religion nicht bedürfen", schrieb er Romane, die an die Sturm- und Drangperiode erinnern; nach seiner Bekanntschaft mit Fr. von Schlegel wurde er begeisterter Romantiker, so daß sein Drama „Genoveva" „das katholische Programm der Romantik" genannt worden ist. Gegen Ende seines Lebens wandte er sich von der romantischen Phan- tastik der modernen Wirklichkeit zu. Da ihm bei seinem Hange nach Phantastischem Natürlichkeit der Empfindungen abgeht, liebt er „geheime Ahnungen", nebelhafte Phantasien und Traumgebilde, so daß wir überall wohl das dichterische Talent, weniger den durchgebildeten Dichter erkennen.

592. Dichtung der Neuzeit - S. 297

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 43. Die Vertreter der romantischen Schule. Brentano. 297 „Ihr kleinen, goldnen Sterne, Ihr bleibt mir ewig ferne. Ferne, ferne, — Und, ach! ich vertraut euch so gerne!" Da klingt es plötzlich um ihn her, Und Heller wird die Nacht; Schon fühlt er nicht sein Herz so schwer, Er dünkt sich neu erwacht: „O Mensch, du bist uns fern und nah, Doch einsam bist du nicht! Vertrau uns nur, dein Auge sah Oft unser stilles Licht: „Wir kleinen, goldnen Sterne Sind dir nicht ewig ferne; Gerne, gerne — Gedenken ja deiner die Sterne!" 3. Oer Äichtcr. Wie sehnsuchtsvoll fühlt sich mein Herz gezogen, Dem frischen, grünen Walde zugelenket! Von Bächen wird das neue Gras getränket, Die Blumen schauen sich in klaren Wogen. Ein blau Kristall erscheint der Himmelsbogen, Zur blühenden Erde liebend hergesenket; Die Sonne zeigt, daß sie der Welt gedenket, Sie hat die Blumen küssend aufgesogen. Die Pflanzen glänzen, Wasserwogen lachen, Die muntern Tiere regen sich in Sprüngen, Der Vogel singt, wie Laub sich grün entzündet. Wenn Tiere, Wasser, Blumen, Flur erwachen. Läßt höher noch der Mensch die Stimnll erklingen: Der Dichter Himmelslufl der Welt verkündet. Zu den Anhängern der romantischen Schule gehören Brentano und von Kleist. 1. Klemens Brentano (1778—1842). Klemens Brentano, geb. 1778 zu Ehrenbreitstein, nach wechsel- vollem, unstätem Leben gest. zu Aschaffenburg 1842, verband mit einer unerschöpflichen, leider oft zügellosen Phantasie und großen Schärfe des Witzes eine seltene Meisterschaft der Sprache. Trotz „ver- fehlter Erziehung und Zersplitterung seiner Kräfte in Berufslosigkeit", trotz Mangels an Maß und Harmonie hat er dennoch Großes und Un- vergängliches in der Poesie geleistet. Außer seinem Lustspiel „Ponce de Leon" (1801) ist zu nennen die treffliche Dichtung „Chronika des fahrenden Schülers". Durch rührende Einfalt und schlichte Wahrheit ausgezeichnet ist die Perle seiner Dichtungen „Die Geschichte vom braven Kasperl und schönen Annerl" mit dem Grundgedanken: „Tu deine Pflicht und gib Gott allein die Ehre". Bekannt und gerühmt ist nicht minder

593. Dichtung der Neuzeit - S. 365

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 47. Uhlands Werke. — Seine Lieder. 365 eine Poesie, die nur die individuellen Empfindungen ausspricht, habe ich nie Sinn gehabt. Im Volke mußte es wurzeln, in seinen Sitten, seiner Religion, was mich anziehen sollte. Dem deutschen Volke galt mein Studium von meiner frühen Jugend an. Meine Gedichte sind in der Liebe zu ihm gewurzelt." So ist der hervorragendste Charakter seiner Lieder Volks- tümlichkeit in schlichter Einfachheit und klarer Anschaulichkeit und Wahr- heit in Gedanken und im Ausdruck. Zart und rein, frei von aller Künstelei, getragen von frommem Gottvertrauen, durchdrungen von frischem, fröhlichem Lebensmut, sind sie in das Herz des Volkes gedrungen, sind zum Teil, wie „Der gute Kamerad", „Der Wirtin Töchterlein", geradezu Volkslieder im besten Sinne des Wortes und vielfach Gegenstand der musikalischen Komposition unserer bedeutendsten Musiker geworden, wie eines Silcher, Kreutzer, Schumann, Mendelssohn. Den Inhalt derselben gibt Uhland selbst an mit den Worten: „Ich sang in vorigen Tagen Der Lieder mancherlei, Von alten, frommen Sagen, Von Minne, Wein und Mai." Namentlich ist es der Mai und mit ihm der ganze Frühling, der den Dichter in gemütvoller, inniger Naturanschauung zu den seelenvollsten Liedern begeistert. Dabei vergißt er zur Zeit der Not des bedrängten Vater- landes nicht; denn gleich den patriotischen Freiheitssängern weiß er seiner tiefen Liebe für das gute alte Recht und die nationale Freiheit des Vaterlandes in kräftiger Sprache Ausdruck zu geben. I. I. Frühtingstieder. a) Ikrühlingsahnurrg. O sanfter, süßer Hauch! Schon weckest du wieder Mir Frühlingslieder. Bald blühen die Veilchen auch. I») Krühlingsglaubc. Die linden Lüfte find erwacht. Sie säuseln und weben Tag und Nacht, Sie schaffen an allen Enden. O frischer Duft, o neuer Klang! Nun, armes Herze, sei nicht bang! Nun muß sich alles, alles wenden. Die Welt wird schöner mit jedem Tag, Man weiß nicht, was noch werden mag, Das Blühen will nicht enden. Es blüht das fernste, tiefste Tal: Nun, armes Herz, vergiß der Qual! Nun muß sich alles, alles wenden. e) Krühlingsruhe. O legt mich nicht ins dunkle Grab, Nicht unter die grüne Erd' hinab! Soll ich begraben sein, Legt mich ins tiefe Gras hinein. In Gras und Blumen lieg' ich gern, Wenn eine Flöte tönt von fern, Und wenn hoch obenhin Die Hellen Frühlingswolken ziehn.

594. Dichtung der Neuzeit - S. 370

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
370 Achte Periode. den lebhaftesten, wärmsten Anteil widmet, in voller Objektivität nur die Ereignisse selbst reden und bleibt mit seinen persönlichen Empfindungen, mit Ideen und Betrachtungen seinen Gestalten völlig fern. Dadurch bewirkt er zugleich die größte Klarheit und Anschaulich- keit, so daß wir die Begebenheit förmlich vor uns zu sehen glauben. So ist die Begebenheit, die Handlung dem Dichter an sich wichtig, noch wichtiger aber sind ihm die Träger derselben, seine Helden. Diese sind nach Ort und Lage streng individuell, sind mit bestimmten Namen, dem ganzen Gepräge ihrer Zeit und ihrer Nationalität aus- gestattet und zeigen „das Menschlich-Edle nur in individuellem Bilde des spezifisch Nationalen". Versuchen wir eine Scheidung der lesenswerten, von der Schule aber wohl kaum sämtlich zu lesenden Gedichte, so dürften als Romanzen zu bezeichnen sein, nach der Zeitfolge ihrer Entstehung geordnet: „Der blinde König" (1804, umgearbeitet 1814), „Klein Roland" (1808), „Des Gold- schmieds Töchterlein" (1809), „Gras Eberhards Weißdorn" (1810), „Märchen" (1811), „Roland Schildträger" (1811), „König Karls Meer- fahrt" (1812), „Der Kastellan von Couch" (Süngerliebe, 3) (1812), „Taillefer" (1812), „Dante" (Sängerliebe, 5) (1814), „Des Sängers Fluch" (1814), „Schwäbische Kunde" (1814), „Die Bildsäule des Bacchus" (1814), „Die Mähderin" (1815), „Graf Eberhard der Rauschebart" (1815), „Der Schenk von Limburg" (1816), „Vertrau de Born" (1829), „Ver sacrum“ (1829), „Der Waller" (1829), „Das Singental" (1834). Unter die Balladen möchten dagegen folgende Gedichte zu rechnen sein: „Die sterbenden Helden" (1804), „Die Vätergruft" (1805), „Das Schloß am Meere" (1805), „Der schwarze Ritter" (1806), „Die drei Lieder" (1807), „Die Rache" (1810), „Junker Rechberger" (1811), „Harald" (1811), „Die Bidassoabrücke" (1834) und „Das Glück von Edenhall" (1834). Die genannten Romanzen zeigen einen ernsten, oft jedoch von heiterem Humor und scherzhafter Laune durchzogenen Stoff, der in vielfach breiter, meist ep i sch er Darstellung vorwiegend das deutsche Heldentum inseinen ehrenhaften Grundzügen und nachahmungswürdigen Tugenden zur Anschauung bringt und in dieser Weise, wenn auch nicht ein ausgesprochen ideales, doch durchweg sittliches Gepräge an sich trägt, so daß dasselbe bei aufmerksamem Lesen auf den deutschen Knaben und Jüngling nicht ohne tieferen und haftenden Eindruck bleiben wird. In den mehr lyrisch gehaltenen Balladen erblicken wir dagegen einen düstern, oft grausigen Stoff, der, in meist nur schlichter Sprache behandelt, den Leser in eine ernst-wehmütige Stimmung versetzt.

595. Dichtung der Neuzeit - S. 358

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
358 Achte Periode. 12. Was in der Schule du gelernt, ist's wohl vergebens. Weil du gebrauchen es nicht kannst im Lauf des Lebens? O nein, den Acker hat zum Anbau es entwildet, Zum Wesentlichen hat's dich förmlich vorgebildet. So, was im Leben selbst, der großen Schule, du Gelernt hast, bringst du nicht umsonst dem Himmel zu, Du mußt die irdischen Aufgaben recht nur treiben, Und ewig wird davon die Segenswirkung bleiben. 9. Aus den „Makamen des Hariri"\ Die beiden Gulden. Hareth Ben Hemmam erzählt: „Mich hielt mit frohen Genossen — ein trauter Kreis umschlossen, — von welchem eingeschlossen — war Geselligkeit — und Gefälligkeit — und ausgeschlossen Mißhelligkeit. — Und während wir nun die Fäden der Reden hin und wieder spielten, — und im Schwanken der Gedanken uns unterhielten — mit Geschichten — und Berichten — und Gedichten, — trat herein ein Mann mit gebrechlichem Mantel — und schwächlichem Wandel, — der den einen Fuß schleifte — und auf einen Stab sich steifte; — der sprach: ,O ihr köstlichen Steine der Schreine! — o ihr tröstlichen Scheine der Reine! — Froh gehen euch auf die Tage — und unter ohne Klage! — Freundlich weck' euch der Frühschein, — und lieblich schmeck' euch der Frühwein! — Seht einen Mann, der einst besessen — Haus und Hof, Esser und Essen, — Weiden und Weidende, — Kleider und zu Kleidende; ■— Gabe, zu schenken, — Labe, zu tränken, — Äcker und Äste, — Feste und Gäste. — Doch es schnob der Sturm des Leides, — und es grub der Wurm des Neides, — und der Einfall der Unfälle — brach über des Glückes Schwelle; — bis mein Hof leer ward — und dünne mein Heer ward, — mein Brunnen erschöpft, — mein Wipfel geköpft, — mein Lager staubig, — mein Barthaar straubig, — mein Gesinde murrend, — meine Hunde knurrend; — im Stalle kein Rossegestampf, — in der Halle kein Feuerdampf; — daß mir der Neider — ward zum Mitleider, — und der Schadenfroh — vor meinem Schaden floh. — In des Unglücks Klammer, — in der Armut Jammer — ward unser Schuh die Schwiel' am Fuß, — und unsre Speise der Verdruß. — Wir schnürten knapp den Leib zusammen, — um zu ersticken des Hungers Flammen. — Ausging uns des Stolzes Befiederung — und wir wohnten in der Niederung. — Statt Rosse blutig zu spornen, — r Die Makame (s. S. 343) ist eine Dichtung ohne strophische Gliederung, welche aus unregelmäßigen Reihen metrisch ungleichmäßiger, aber gereimter Sätze besteht und zuweilen aus Versen und Prosa gemischt ist. Die Makamen haben stets die gleiche Einkleidung, indem der Erzähler Hareth Ben Hemmam von Geschäften oder Vorgängen berichtet, bei denen der schlaue Landfahrer Abu Seid von Serug in wechselnder Maske die Hauptrolle spielt.

596. Dichtung der Neuzeit - S. 380

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
380 Achte Periode. Ein Morgen, rot und golden. Hat uns den Mai gebracht; Da trat mit seiner Holden Der Prinz aus Waldesnacht. Es schreiten die alten Meister, In hehrem, stolzem Gang, Wie riesenhafte Geister, Mit fremdem Wundersang. Die Täler, schlummertrunken, Weckt der Gesänge Lust; Wer einen Jugendfunken Noch hegt in seiner Brust, Der jubelt, tiefgerühret: „Dank dieser goldnen Früh', Die uns zurückgeführet Dich, deutsche Poesie!" Die Alte sitzt noch immer In ihrem Kämmerlein; Das Dach zerfiel in Trümmer, Der Regen drang herein. Sie zieht noch kaum den Faden, Gelähmt hat sie der Schlag; Gott schenk' ihr Ruh' in Gnaden Bis über den jüngsten Tag! 8 49. 3. Uhlands dramatische und prosaische Werke. Von einer großen Anzahl dramatischer Entwürfe Uhlands sind nur zwei vollendet worden: „Ernst, Herzog von Schwaben" und „Ludwig der Bayer". Der Plan zu dem ersten Drama wurde gefaßt im Früh- jahr 1816, die Ausführung begann im September desselben Jahres, die Vollendung erfolgte im Juli des folgenden. Der Stoff ist Wipos Vita Chuonradi (Ii., deutscher Kaiser von 1024 bis 1039) entnommen und hat zur Grundidee die in Not und Tod gegen den Freund bewährte deutsche Treue (Herzog Ernst von Schwaben und Werner von Kyburg, ein edles Freundespaar). Einen ähnlichen Grundgedanken, das treue Festhalten am verpfändeten Wort, entwickelt in der Person des Kaisers Friedrich von Österreich das Schauspiel „Ludwig der Bayer" (Kaiser von 1314 bis 1347), begonnen am 10. Februar 1818 und bereits am 15. Mai desselben Jahres vollendet. Beide Dramen haben edeln Gehalt, erhebende Würde und ragen hervor durch meisterhafte Sprache voll poetischen Schwunges; sie enthalten jedoch zu viel ruhigen Ernst und bei vorwaltendem epischen Gepräge ein zu geringes dramatisches Leben, als daß sie auf der Bühne besonders wirksam sein könnten. Auch als Gelehrter verdient Uhland alle Anerkennung; er begründete durch seine Studien über das altfranzösische Epos das romanistische Sprach- studium und erwarb sich auf dem Gebiete der vaterländischen Literatur durch seine Werke „Walther von der Vogelweide, ein altdeutscher

597. Dichtung der Neuzeit - S. 429

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 54. Die moderne Literatur. Theodor Storm. 429 Lebte jeglicher so vom König herunter zum Bauern: Ach, kein bitterer Zwist spaltete schmählich das Land, Sondern wir stünden vereint wie ein Forst hochragender Eichen Auf uns selber, dem Feind schrecklich und glücklich am Herd. 4. Das ist des Lyrikers Kunst, aussprechen, was allen gemein ist. Wie er's im tiefsten Gemüt neu und besonders erschuf; Oder dem Eigensten auch solch allverständlich Gepräge Leihn, daß jeglicher drin staunend sich selber erkennt. 5. Wechselnd färbt, wie der Strahl des Gefühls, sich des Lyrikers Ausdruck, Aber des Epikers Stil fließe wie reiner Kristall; Klar sei jede Gestalt, und unsichtbar wie das Licht nur Über dem Ganzen dahin schwebe des Dichters Gemüt. 6. Als ein Vergangnes erzählt dir der Vorzeit Sage das Epos, Aber ein werdendes Los zeigt der Dramatiker dir; Weit fort streckt sich der Raum, bunt wechseln die Helden, und sichtbar Tritt aus dem hohen Gewölk waltend die ewige Macht, Während du hier aus der menschlichen Brust ureigensten Tiefen Jegliche Tat aufblühn siehst in ein einig Geschick. 7. Architektur und Musik, euch beide begrüß' ich als Schwestern, Die ihr die zwingende Kraft ewiger Maße bewährt. Was dort sichtbar ini Raum als Verhältnis das Auge bezaubert, Bannt hier wogenden Klangs in der Bewegung das Ohr. Hhcodor Storm (1817—1888). Theodor Storm wurde geboren am 14. September 1817 zu Husum in Schleswig. Nach Vollendung seiner juristischen Studien wirkte er als Rechtsanwalt in seiner Vaterstadt, bis die dänische Regierung dem deutsch gesinnten Manne im Jahre 1853 den ferneren Aufenthalt unmöglich machte. Er trat deshalb in den preußischen Staatsdienst und war als Assessor in Potsdam, dann als Amtsrichter in Heiligenstadt tätig. Nach dem schleswig- holsteinischen Kriege kehrte er als Amtsrichter in die ihm ans Herz ge- wachsene, traute Heimat zurück. Cr starb am 4. Juli 1888 zu Hade- marschen in Holstein, nachdem er 1880 in den Ruhestand getreten war. Seine Lyrik, schlicht, aber zart, innig und kräftig, sichert ihm

598. Dichtung der Neuzeit - S. 390

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
390 Achte Periode. Kranz Grillparzer (1791—1872). Franz Grillparzer, geb. am 15. Januar 1791 zu Wien, wurde in seiner Jugend von schweren Schicksalsschlägen heimgesucht; aus niedriger Stellung langsam aufrückend zum Archivdirektor, trat er 1856 als Hofrat in den Ruhestand. Schüchtern, in der Wertung seiner Dramen verkannt und selbstquälerisch von der Außenwelt sich abschließend, fand er die ver- diente Auszeichnung als Dramaturg erst in seinem hohen Greisenalter. Er starb zu Wien am 21. Januar 1872, allgemein betrauert und gepriesen als „Klassiker Österreichs", mit Recht als ein „gottbegnadigter Tragöde unter dem flachen Nachwuchs" bezeichnet. Schon durch sein erstes Drama „Die Ahnfrau", eine Schicksalstragödie, reich an drama- tischem Leben, an erschütternder Tragik und ausgezeichnet durch klangvolle Sprache (1817), erregte er großes Aussehen. Von höherer Bedeutung sind zwei dem Altertum entnommene Stücke: „Sa pp ho" (1819) und „Das goldene Vließ" (1820), ausgezeichnet durch einheitliche Handlung, folge- richtig fortschreitenden Aufbau, klare Zeichnung der sittlichen Konflikte und durch edle, kräftige und poetische Sprache. „Sappho", die nicht undeutlich auf Goethes „Iphigenie" hinweist, dürfte als sein Meisterwerk zu bezeichnen sein. Lorbeergekrönt aus Olympia in die Heimat zurückkehrend, aber von ihrem hohen dichterischen Ruhme nicht voll befriedigt, strebt Sappho nach dem Glücke der Liebe. Sie schenkt ihr Herz dem Phaon, einem für ihre Kunst begeisterten Jüngling. Aber bald schon gewinnt sie die Überzeugung, daß er zu ihr als einem höheren, mit göttlichen Gaben ausgestatteten Wesen wohl bewunderungsvoll emporschaut, aber nicht wahre Liebe für sie empfindet, ja sein Herz ihrer reizenden Dienerin Melitta geweiht hat. Von Eifersucht und Verzweiflung gequält, läßt sie das entflohene Liebes- paar rachsüchtig verfolgen und zurückbringen, ringt sich aber dann in schwerem Seelen kämpfe durch zu edler Entsagung und weiht sich „ zurückkehrend zu den Ihren" durch einen Sturz von einem über das Meer hinausragenden Felsen den Göttern. „Das goldene Vließ", in welchem die Charakterschilderung der Medea großartig gelungen ist, bildet in drei Abteilungen (Trilogie) eine Art von Gegenstück zur „Sappho". Erste Abteilung. „Der Gastfreund" in einem Auszug. Phrixus kommt nach dem Verluste seiner Schwester nach Kolchis und weiht das „goldene Vließ" dem Gotte des Landes. Von Habsucht getrieben, tötet ihn der König Aietes, seine Tochter Medea spricht aber den Fluch über den Mord aus. Zweite Abteilung. „Die Argonauten", Trauerspiel in vier Auf- zügen. Jason, der nach Kolchis gekommen, um die Ermordung des Phrixus zu rächen, gewinnt die Liebe der von wilder Leidenschaft entflammten Medea, kommt durch sie in den Besitz des „goldenen Vließes" und entflieht mit ihr, verfolgt von dem Fluche des Vaters.

599. Dichtung der Neuzeit - S. 452

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
452 Neunte Periode. „Tränen trocknen; Glücklich, wer gesät im Harme, Denn in Freuden wird er ernten: Elmar, komm in meine Arme! „Dir und euch, ihr frommen Brüder, Hab' ich, wie mir aufgetragen. Dieses Toten letzte Wünsche Mit dem letzten Gmß zu sagen. . . . „Eins nur macht' ihm hart das Scheiden, Der Gedanke, schwer zu fassen, Dies sein Kind, sein teures Kleinod, Auf der Welt allein zu lassen. „Nicht allein! Sein teures Kleinod Bat er mich mit seinem Segen, Elmar, so dein Herz ihm offen. An dein treues Herz zu legen/' — Und der Falk, die Arme breitend: „Dn mein Bangen und Verlangen, Hilda, kommst du?" — Der Erlöste Hielt die Weinende umfangen. — Sprach der Bischof: „Amen, Amen!' Auf die Kniee sanken alle; Friedensgeister, Gottes Engel, Schwebten durch die stille Halle. Der Name „Dreizehnlinden" macht auf geschichtliche Unterlage keinen Anspruch; jedoch darf man sich die altehrwürdige Benediktinerabtei Korbey bei Höxter darunter vorstellen. Der Schauplatz der Dichtung ist der Nethegau, das Flußgebiet der Nethe, der nördliche Teil des Kreises Mar- burg und ein Teil des Kreises Höxter. Wir schauen in dem Werke ein farbenreiches, klares Bild der germanischenvorzeit, eine S u m m e eigenartig gestalteter, scharf und kraftvoll gezeichneter Charaktere, unter denen Elmar, Hildegunde und Swanahild besonders hervorragen; wir sehen vor uns die Verherrlichung des Christentums in seinem Siege über das germanische Heidentum, des Christentums, welches allein dem Menschen Ruhe und inneren Frieden zu geben vermag; wir erblicken als ethischen Kern des Ganzen den Kampf des Idealen mit dem modern-liberalen Heidentum. Mag auch das didaktische Element, der Uhu als Personifikation des modernen Materialismus und des Priors Lehrsprüche, etwas stark vertreten sein: der Gesamteindruck der Dichtung wird dadurch nicht beeinträchtigt, welche die herrlichsten Blüten der Lyrik neben kraftvoller epischer Darstellung enthält. Auch die Form macht die Dichtung zu einem Meisterwerk: die Sprache ist kräftig, voll poetischen Zaubers und in oft neuen Wendungen reich entwickelt, der Versbau (vierfüßige Trochäen mit weiblichem Schluß, je vier zu einer Strophe vereinigt, in welcher der zweite und vierte Vers reimen) kraftvoll und ungemein wohllautend, wenn auch einzelne Reime unrein sind. Die Gedichte Webers, enthaltend Lieder, Romanzen, Balladen und Sinngedichte, von denen einzelne den Xenien Goethes und Schillers zu vergleichen sind, zeigen wie „Dreizehnlinden" die Originalität seiner Gedanken, seinen kräftigen, männlichen Geist, seine charaktervolle, glaubensstarke Haltung, durch die er vor den meisten Dichtern glänzend hervorragt.

600. Dichtung der Neuzeit - S. 413

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 54. Die moderne Literatur. Emanuel Geibel. 413 in die Heimat zurück. Seine in demselben Jahre erschienenen „Gedichte", die noch ganz im Banne der Romantik stehen und als Nachahmungen zu bezeichnen sind, und die 1841 herausgegebenen „Zeitstimmen", in denen er als Christ und als Patriot dem „jungen Deutschland" entgegenwirkte in Hoffnung auf Deutschlands Einigung, erregten die Aufmerksamkeit des kunstsinnigen Königs Friedrich Wilhelm Iv., von dem er 1843 mit einem Jahrgehalte bedacht wurde, damit er sorgenfreie Muße zur Fortsetzung seiner poetischen Arbeiten erhalte. Im Jahre 1846 veröffentlichte er „Zwölf Sonette für Schleswig-Holstein" und 1848 die vielseitigen „Juniuslieder". Nach wechselndem Aufenthalte wurde er 1852 von dem Könige Max Ii. von Bayern als Profeffor der Literatur und Ästhetik nach München be- rufen. Hier erreichte er die Höhe seines Schaffens in edlem Inhalte und künstlerischer Form durch seine „Neuen Gedichte" (1857) und seine „Gedichte und Gedenkblätter" (1864). Im Jahre 1868 kehrte er in seine Vaterstadt Lübeck zurück, gab in patriotischer Begeisterung 1871 die „Heroldsrufe" heraus, die unsere politische Entwicklung von 1848 bis Mai 1871 be- gleiten, und im Jahre 1877 die „Spätherbstblätter". Er starb zu Lübeck am 6. April 1884. Geibels Haupt tätig kett richtete sich auf die Lyrik, zum Teil auch auf die Dramatik. Unbeirrt von dem lauten Lärm der politisch erregten Jahre (bis 1848) und durchdrungen von hochherzigem Patriotismus, suchte er in seinen politischen Dichtungen das Heil der Völker in der Be- festigung der Eintracht zwischen Fürst und Volk, getragen von fester Hoffnung, daß des Reiches Einheit und Herrlichkeit in nicht zu ferner Zeit wieder erstehen werde. Die endliche Erfüllung dieser Hoffnung ließ ihn aufjubeln in den hellsten Tönen. Seine Poesie ist durchdrungen von festem Gott- vertrauen, von frommer Religiosität, wie nach seinem eigenen Wort „ihm fern von dem Schwarm, der unbesonnen Altar und Herz in Trümmer schlägt, der Dichtung heil'ger Bronnen an dem Felsen quillt, der die Kirche trägt". Dabei sind seine Dichtungen, wenn sie auch selb- ständiger Eigenart entbehren, durchzogen von tiefer Innigkeit, zeigen eine heitere Frische des Gemütes und bekunden offenen Charakter, männliche Kraft und volle Wahrheit der Empfindung. Außer- dem bezeugen sie die Meisterschaft des Dichters in der Behandlung der Form. Durch die Wahrheit ihrer Gedanken und Gefühle und durch den zauberischen Wohllaut ihrer Sprache haben sie die musikalische Komposition unserer besten Tonsetzer geradezu herausgefordert. Seine Dramen („König Roderich", „Brunhild" [1857]], eine Tra- gödie der Nibelungensage, und die preisgekrönte Tragödie „Sophonisbe" (1868; Hauptpersonen: die numidische Königin Sophonisbe, der den
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