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1. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 43

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Eine Donaureise. Durch das Tor von Theben tritt der Strom in die weite oberungarische Tiefebene. Hier ist eine seiner verwil- dertften Strecken, aber nach langem Zögern hat auch hier die menschliche Hand bändigend eingegriffen. Hier ist die Donau uicht mehr blau, sondern schmutzig graugelb. Der Ungar nennt daher seinen heimatlichen Strom die „blonde Donau". Blau aber ist der Himmel, eine unge- henre Wölbung, die auf keine 'Bergeshäupter sich stützt. In der unübersehbaren Weite flirrt ein Glanz, wie man ihn sonst nur iu den südlichen Himmelsstrichen antrifft. Tie Einsamkeit wird zeitweilig unterbrochen von flat- terndem Wasserwild oder in der Höhe kreisenden Weihen. Vom öden Ufer steigt eine graue Rauchsäule kerzengerade zum Himmel, einzelne Gestalten zeigen sich in der Blen- dung wie auf Goldgrund hingekleckst, in bläulichem Duft verschwinden die Fernen. Die weißen Fischer am Ufer statuenhaft unbeweglich, das graue Gebüsch neben den gewundenen Kanälen, — da und dort lange Reihen von Schiffmühlen, Remorqnenrs, Kähne und neuester Zeit die Tausende von Arbeitern mit ihren Werkzeugen und Maschinen, mittels welcher dem Strom ein tieferes Bett vorgezeichnet werden soll, — dazu das unruhige Lebeu im Schilf, wo die Sandläufer und Regenpfeifer sich tummeln und großblätterige Wasserpflanzen sich schaukeln: das alles ist außerordentlich malerisch. Alsdann sind wir in Budapest, der goldenen Gürtel-- schließe, welche die Donau des Westens mit der Donau des Ostens verbindet. Zwei Welten, grundverschieden in der Gestaltung der Landschaft, des Volkslebens und der Geschichte, finden am Ufersaume der magyarischeu Schwesterstädte ihre Verknüpfung. Er'gübe sich diese Tatsache nicht aus sich selbst, aus geographischen und ethnographischen Verhältnissen: die Ausschau voiu St. Gerhardsberg (Blocksberg) in Ofen müßte diesen Sach- verhalt mit einem Schlage vermitteln. . . . Unübersehbar weit dehnt sich nach Süden und Südosten die Ebene, ein anderes Meer, welchem wie dem blaueu Ozean der

2. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 177

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Niagara. 1' < Weise unterbricht. An einem Punkte ist die Wassermasse so groß und gleichzeitig wahrscheinlich die Felsbank so geglättet, daß jene sich wie ein grüner Glasfluß ohne ein Bläschen oder ein Sprühen herüberbiegt. Wie spielen dann an diesem hellgrünen, klaren, schön gebogenen Spie- gel die Schaumstreifen hinaus, sobald er senkrecht zu fallen beginnt; welches Lichterspiel und welche Bewegung ist auf seiner Oberfläche, ehe er sich in die erst rieselnden und bald prasselnden und brüllenden Schaumsäulen auflöst; wie ost ist der Kern einer solchen Säule, die sich von der klaren Masse ablöst, bereits Schaum, während die Hülle noch klar und grün wie ein Glasslnß! Und wie nn- Zähliges Einzelne ist in dem großen Bilde von Augenblick zu Augenblick anders geworden! Selbst das eigentliche Wesen der Bewegungen, der Grundton, wenn ich so sagen kann, sowohl dieses als des amerikanischen Falles läßt ja unzählige Variationen zu. Das Herabbiegen der Wassermassen über die Felsbank, ihr Zerstäuben, sobald sie senkrecht zu fallen beginnen und den Zusammenhang verlieren, das Beisammenbleiben einzelner Wellen (wie- wohl in Staub aufgelöst) und der lockere Zusammenhalt dieser Wellen in den Schaumwellen oder Strehnen, ans denen sie wohl oft sprühend hinausflattern, meist aber ziemlich regelmäßig und mit Konzentration der Staub- massen nach unten neben- und übereinander herab- fallen — das sind alles nur allgemeine Formen, wie man sie eben dem Gedächtnis einzuprägen sucht. Man tritt aber vor die Sache selber hin und sieht diese Formen alsbald in tausend Erscheinungen entfaltet. Gerade das ist es ja, was uns in die Betrachtung eines solchen reichen Bildes so ties versenkt, so an es sesselt, daß wir nicht los- kommen können — der unerschöpfliche Reichtum, in den die im Grunde so einfachen Bewegungen, Farben, Töne usw. auseinandergehen. Die Einfachheit der Erscheinung beschränkt uns wohltuend, während ihr innerer Reichtum spannt und nicht ermüden läßt. Der Grundton schläfert ein, während die Variationen uns in diesen Träumen so Lennarz, Erdkundliche Charakterbilder. 12

3. Geschichte - S. 96

1871 - Freiburg im Breisgau : Herder
96 Im Jahre 800 zog Karl nach Nom, um Leo Iii. gegen einige Verruchte, die an das Oberhaupt der Kirche ihre frevelnben Hänbe gelegt hatten, zu beschützen. Die Ruhe warb balb hergestellt, ungestört konnte mau jetzt das Weihnachtsfest feiern. Die Anwesenheit des mächtigen Fürsteil erhöhte den Glanz des Festes und zog eine anßerorbentliche Menge nach Rom. Römer und Frauken drängten sich am ersten Feiertage in die große Peterskirche, dem Gottesbienste beizuwohnen und des Hl. Vaters Segen zu empfangen. Da trat auch Karl in die Kirche, ging zum Hochaltar und kniete nach seiner gewöhnlichen frommen Weise an der untern Stufe nie-ber, um sein Gebet zu verrichten. Als er hier in tiefer Anbacht versunken ist, stehe, ba nahet sich ihm der Papst in feierlichem Gefolge der hohen Geistlichkeit mit einer golbenett Krone in der Hand, fetzt sie dem Könige auf das Haupt und salbt ihn zum römischen Kaiser. Das Volk aber ruft breimal: „Leben und Sieg Karl dem Großen, dem von Gott gekrönten, frommen, friebbriu-genben Kaiser von Rom!" Sogleich schmettern die Trompeten, Helle Musik ertönt in beit taufenbfachen Jubel des Volkes, ein zahlreicher Chor stimmt den Krönungsgesang an. Von nun an blieb der Kaisertitel als Auszeichnung bei dem Oberhaupte des beittscheix Reiches. So war Karl zu eiuer kaum geahnten Macht emporgestiegen. Sein Kaiserreich erstreckte sich jetzt von beit Pyrenäen bis zur Ober, vou der Norb- und Ostsee bis zur Sübküste Italiens. Diese gewaltige Masse von Ländern wußte feine Hand ebenso gut zu lenken, als sie das Schwert zu führen gewohnt war. Aus allen muß’ teil ihm fortwährenb Berichte eingeschickt werben; nach allen Seiten fanbte er Befehle, nitb biefeit wußte er Nachdruck zu verschaffen. Sein Petfchaft war in feinem Schwertknopf eingegraben. Hatte er nun einen Befehl an einen tuiberfpenstigen Herzog untersiegelt, so pflegte er wohl zu sagen: „Hier ist mein Befehl, und hier — das Schwert fchiilteliib — der, welcher ihm Gehorsam verschaffen soll." — Dabei venvaitbte er auf die Rechtspflege eine ganz besondere Sorgfalt, um überall in feinem Reiche Recht und Gerechtigkeit zu haubhabeu. — Karl liebte auch die Baukunst und ließ zahlreiche und

4. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 71

1890 - Gotha : Behrend
Die Pfalz und die Pfälzer. 71 sterben schon in ihrer Jugend hin. Kein Laut unterbricht die ewige Stille, als das Rauschen der nahen Wälder im Winde oder das melan- cholische Murmeln des Waldbaches ties unten im Thale. Unbeweglich ruht bei Windstille der schwarzbeschattete Wasserspiegel, aus dem die gelbe Seerose ihre breiten fetten Blätter entfaltet. Wer in dem Ge- bäude, das 1856 zum Schutze gegen die Witterung am Ufer errichtet ward, sich der Betrachtung des unheimlichen Sees hingiebt, dem er- scheint jenes herrliche Baden-Baden mit all seiner Pracht und all seinem Reichtum, das er vor kurzem noch mit eigenen Augen erblickte, als ein fernes, weitentschwundenes Zauberbild einer anderen Welt. Zach. 9. Die Pfalz und die Pfälzer. 1. Die Pfälzer. — 2. Ein Jahr im Volksleben eines pfälzischen Dorfes. — 3. Das pfälzische Bauernhaus. 1. Wie das Land, so seine Bewohner. In der lustigen, heiteren, reichen Pfalz können auch nur heitere, fröhliche, reichbegabte Menschen wohnen. Schon was den Körperbau betrifft, kann der rheinfränkische Schlag der Pfälzer als einer der bevorzugtesten gelten: schlanke, gerade und doch kräftige Figuren herrschen vor. Schon das flotte Äußere zeugt von Kraft, aber noch mehr von Gewandtheit und natürlichem Anstand und spricht die Rührigkeit und Gewandtheit des Geistes aus, welche diesen Stamm auszeichnen. Die Thätigkeit des Volkes, der ausdauernde Fleiß, das Geschick und die Gewandtheit, gepaart mit natürlicher Intelligenz und Geistesfrische, sind längst anerkannt. Und jener preußische Offizier, der während der Kriegsjahre 1793 und 94 die Briefe über die rheinische Pfalz geschrieben, hat sicherlich recht, wenn er erstaunt über die „Sünd- flut von Bemerkungen" bei einem pfälzischen Bauer, meint, in einem ganzen Jahre bringe ein norddeutscher Bauer nicht so viel Gedanken und Worte zu Tage, als jener Bauer in einer halben Stunde. Bei dem Pfälzer gesellt sich der Liebe zum Besitz Unternehmungsgeist bei, der besonders grotzen Reinlichkeits- und Ordnungsliebe auch der Sinn für heiteres, gesellschaftliches Zusammenleben und für die Freuden der Zeit. Pfälzische Gastfreundlichst ist fast sprichwörtlich geworden, und die rührendsten Beispiele könnten ihre Ausdehnung beweisen. Zu allen diesen guten Eigenschaften gesellen sich freilich auch eine Reihe weniger lobenswerte. Die Liebe zum Besitz wirkt manchmal allzu mächtig; das Selbstgefühl ist oft stärker ausgebildet, als gerade zur Bescheidenheit notwendig ist; die Gescheidheit legt sich oft breit „an den Laden", und daraus folgt dann, daß die an und für sich nicht tadelnswerte Mund- sertigkeit in „Krischerei" übergeht, die mit dem „großen Maul" über alles herfällt, alles bester weiß, alles besfer macht und alles zu Boden „kreischt", was nicht in dem Kopfe dieses kleinen Herrgotts von einem Krischer entstanden ist. Dies sind allgemeine Züge, von denen es natürlich eine Masse

5. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 543

1890 - Gotha : Behrend
Helgoland. 543 gleichsam immer neue Liebe zu ihrer heimatlichen Scholle zu ge- Winnen. Hering. 3. Helgoland. Grün ist das Land, rot ist der Strand, Weiß ist der Sand; das sind die Farben von Helgoland. So lautet der Spruch, welcher die Farben der Helgoländer Flaggen erklärt. Der Fremde, welcher im schaukelnden Nachen vom Dampf- schiffe, das ihn von Hamburg hergebracht, zum schmalen Vorland e am Fuße des Felsens fährt, liest diesen Spruch an dem Spiegel mancher vor Anker liegenden Boote, zwischen denen sein Fahrzeug hindurchgleitet. Wir landen, und die Gruppen der neugierigen Einwohner und Fremden umringen uns. Die frischen und blühenden Gesichter der Weiber und Mädchen verraten den belebenden Einfluß der Seeluft, und auf dem Antlitz der stämmigen, muskelkräftigen Männer hat mancher Sturm feine Spuren eingegraben. Als Typus der norddeutschen See- leute und Küstenbewohner erschien uus ein Mann, weniger durch seine Größe, denn er war nur von mittlerer Statur und noch dazu durch das Alter gebeugt, als vielmehr durch das fast in jugendlichem Feuer strahlende Auge, durch die Kraft seiner Bewegungen, welche mit dem schneeweißen Haupthaare und den tiefgefurchten, wettergebräunten Zügen, die von mehr als einem Seeroman Kunde gaben, in Widerspruch zu geraten schienen. Jens Petersen, von seinen Gefährten bezeichnend genug der alte Grau genannt, war eine Persönlichkeit, welche nnwlder- stehlich den Menschenkenner fesselt, und wir bedachten uns uicht einen Augenblick, ihn zum Führer bei unfern Streifwegen durch die Insel und auf dem Meere zu erwählen. Er kann als Muster gelten für diesen kleinen ostfriesischen Menschenstamm, der, auf so einem Felsen wie auf einem mitten im Meere versteinerten Schiffe lebend, in und auf dem Wasser alles sieht und findet, was zu seiner Existenz erforder- lich ist, bei welchem Piudars vielfach mißbrauchter Spruch: „das Vor- nehmste aber ist das Wasser", in jedem Momente des Daseins zur vollen und unmittelbarsten Wahrheit wird. Die Nächte nicht abge- rechnet, hat unser Grau mehr als zwei Drittel seines Lebens in offenem Boote auf dem Wasser verbracht; das Heulen des Sturmes, das Über- stürzen der gepeitschten Wogen hat keinen Einfluß mehr auf seine ge- stählten Nerven. Während wir dem raschen Alten mühsam folgend die fast 300 Stufen hohe Treppe zum Felsen hinansteigen, erzählt er von mancher Gewitternacht, manchem Schiffbruch; wir sehen ihn kämpfen mit den sich türmenden Wogen, um einem entmasteten, hülflos aus dem Wasser treibenden Fahrzeuge Rettung zu bringen. Mit Begeisterung erzählt er von den Glanzzeiten Helgolands während der Kontinental- sperre (wo die Franzosen allen Handel mit England verboten hatten und von Helgoland aus ein freilich einträglicher, aber sittenverderbender Schmuggelhaudel getrieben wurde), wo die' übermütigen Kaufmanns- diener die Fischerbuben nach Speziesthalern und Goldstücken tauchen ließen.

6. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 348

1890 - Gotha : Behrend
348 Bilder aus Nord-Europa. und meinte, die Engländer hätten dabei auf den Berg von Sägespänen gesehen, die sich allerdings im Abendrot sehr schön ausnehmen müssen. Der Trollhätta ist ein Modeort geworden, und allerdings verdient dies fein poetischer Name. In alten Zeiten, als der hohe Forst noch zu beiden Seiten sich erhob, mag die feierliche Stille wunderbar ge- wirkt haben. Majestätisch an sich ist der vielfach gezackte und geteilte Fall nicht. Fast von keinem Punkte hat man einen imposanten Über- blick des ganzen Sturzes. Dagegen bleibt das Wasser- und Farbenspiel des ersten Kataraktes eine merkwürdige Erscheinung. Es ist mehr ein kochender Strndel als ein Fall. Hier schießt eine mächtige grüne Welle senkrecht wie eine Felswand hinab, und kaum handbreit getrennt erhebt sich parallel mit ihr zischend eine weiße Schaumwelle, und dem Auge dünkt, es müsse die Reibung Feuer geben. So brausen und wechseln und umarmen sich Schneeschaum und Metallgüsse, bis alles ein großer überkochender Kessel wird und das verwirrte Auge Ruhe sucht vor dem tollen Schauspiel einer ewig dauernden Gärung. Auch die komische Phantasie ist geschäftig. Der Lachs, der in übermütiger Laune diese Strudel aufsucht, bildet noch jetzt hier das tägliche Brot der Fremden. Dünkte mich doch in den rot geschieferten Granitfelsen, die aus dem Sturz vorragen, das rötliche Scheibenfleisch des Lachses zu erblicken. Bon dem Trollhättakanal erwarte man aus meiner skizzierenden Feder keine Beschreibung. Geraten doch selbst dem Eingeweihten selten Schilderungen der Maschinen. Ein ungeheures Werk, dessen Idee mehr als die bildliche Anschauung Staunen erregt. Und doch stelle man sich unten an den Götaelf und schaue den Granitberg hinauf, wie eine kleine Flotte in sieben Etagen dnrch acht Schleusen hinabgleitet, von der mit dem Wenersee parallelen Höhe in das Elfthal und vom Elf- thal in das Meer, so verwandelt sich der Gedanke in Poesie. Es ist kein Kanal, gestochen durch einen Granitberg, sondern das Werk einer ungeheuren Berechnung, durch welche der Berg selbst verschwindet und die Höhe mit der Meer-Ebeue gleich wird. Der Gedanke lebte jähr- hundertelang, erst das unsere sah die Vollendung. Die einzelnen Kanäle und Schleusen gewähren ebenso wenig als der Katarakt einen großartigen Anblick; sie scheinen klein und eng im Vergleich mit dem Umfange des ganzen Werkes. Schweden in Bohnslän, nach Norwegens Grenze zu, ist nicht jenes hohe Nordland mit Tannenforsten und jähen Klippen, wie es sich die Phantasie gern vorstellt. Überraschend sind sür den Fremden diese Fels- kuppen an Felskuppen, dieses matte Sonnenlicht, wie es die Wiesen dazwischen mit ewigem Abendschein erleuchtet, die hölzernen Balken- Häuser, alle rot angestrichen, dieser beständige Wechsel zwischen Thal und Hügel. Aber bald tritt der Charakter trauriger Einförmigkeit heraus. „Schweden ist eine häßliche Schweiz," sagte ein geistreicher Kritiker, aber wohl zu scharf. „Eine Schweiz,' sagte ein anderer, „wo man die Gletscher fortgefchnitten und die tiefen Thäler ausgefüllt hat." Daran erinnern die rnnden Felskuppen, welche nie aus dem Auge ver-

7. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 414

1890 - Gotha : Behrend
414 Bilder aus dem mittleren Europa. feierten sächsischen Hofschauspielerin Karoline Bauer, welche an der Seite ihres Gemahls, des polnischen Grafen Plater, hier bis 1877 lebte. Die Stadt Rapperswyl hat bis 1789 den Mittelpunkt einer eigenen kleinen Republik gebildet. — Aus der rechten Seite unter- halten uns bei der Fahrt gleichfalls viele anmutige Orte, darunter das stattliche Horgen, ein Sitz reger Seidenindustrie. Wenn uns dann bei Richterswyl das Schiff hinüber zum andern User trägt, passieren wir die Eilaude Ufeuau und Lutze lau. Auf ersterem grüßt uns eine Kirche aus dem Jahre 950, und wir gedenken im Vorüberfahren zugleich des edlen Ulrich von Hutten, des Vorkämpfers der Resor- mation, welcher sein ruheloses Leben hier als Flüchtling, 35 Jahr alt, beschloß. Die kleinere Insel Lützelan trug eiust ein Nonnenkloster. — Auf der ganzen entzückenden Fahrt bieten sich zahlreiche Prachtblicke auf die Alpenmassen im Süden und Südosten dar. Schon ist auf den Titlis hingewiesen worden, der im Südwesten des Vierwaldstätter- sees emporragt, aber auch der breite Urirothstock winkt aus sast gleicher Richtung herüber, und weiter ostwärts tauchen hin und wieder der gewaltige Tödi, der Gläruisch, Mürtschenstock und Säntis aus; selbst der niedere, aber so aussichtsreiche Rigi tritt einmal zwischen den Borbergen malerisch hervor. Der größere oder Untersee endet bei Rapperswyl; ein seit 1878 fertig gestellter 1005 m langer Damm mit 2 Brücken, welcher die ge- nannte Stadt mit dem andern Seeufer verbindet, bildet die Scheide- grenze zwischen ihm und dem weit kleineren Obersee, welcher gleich- falls hohe Schönheiten besitzt, aber weit einsamer ist als jener. Nur selten wird der Obersee von Reisenden besucht, so sehr er Beachtung verdiente. Der Züricher See ist unzweifelhaft einer der köstlichsten Wasser- spiegel der Erde, und seine Gestade, ebenso begünstigt durch die reichen Gaben der Natur wie belebt durch die Betriebsamkeit vieler tausend emsiger Menschen, haben schon so manches glühende Dichterherz zu be- geisterten Ergüssen angeregt. Berühmter und bekannter ist aber keine an diesen See gerichtete Dichtung geworden als die herrliche Ode Klop- stocks, welche mit den Worten beginnt: „Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht Auf die Fluren gestreut, schöner ein froh Gesicht, Das den großen Gedanken Deiner Schöpfung noch einmal denkt." 2. Ganz anders ist der Charakter des Vierwald stätt er sees, zu welchem wir von Zürich aus in schnellem Fluge auf der Eisenbahn getragen werden. Wir erreichen denselben an seinem nordwestlichen Zipfel bei der prachtvoll gelegenen Stadt Lnzern. Im Süden der- felben ragt die abenteuerliche Gestalt des Pilatus empor, während von Südosten her der Rigi herübergrüßt, und von dem glänzenden Schweizerhofkai, der Luzerns Corso bildet, aus schaut man über die

8. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 211

1890 - Gotha : Behrend
Das mittelländische Meer. 211 Hier, lieber Leser, lege ich die Feder hin; ich kann nicht weiter beschreiben; ich kann nur hinsinken und anbeten, und ich bin überzeugt, auch du würdest, wärest du ein Augenzeuge dieses unbeschreiblich großen und rührenden Auftritts gewesen, bei der bloßen Erinnerung daran dein Antlitz verhüllen und in Thränen der Freude, des Entzückens und der Anbetung zerfließen. Alles schien nns ein Zauber zu sein, und wir konnten uns kaum überzeugeu, daß wir noch auf Erden wären. Unsere an so erhabene Gegenstände nicht gewöhnten Sinne waren betäubt und verwirrt; erst nach einiger Zeit fanden wir uns vermögend, sie von einander zu unterscheiden und sie einzeln zu betrachten. Zwischen uns und der Sonne, die aus dem Meere zu steigen schien, lagen unermeßliche Flüchen von See und Land; die liparischen, panarischen, alikudischeu Inseln und Strombolo und Volcano lagen mit ihren rauchenden Gipfeln unter unfern Füßen; auf ganz Sizilien sahen wir wie auf eine Landkarte hinab, und wir konnten jeden Fluß in allen seinen Krümmungen, von seiner Quelle an bis zur Mündung verfolgen. Die Aussicht war auf allen Seiten schlechterdings unbegrenzt; kein einziger Gegenstand im ganzen Gesichtskreise, der sie unterbrechen konnte; das Auge verlor sich allenthalben im Unermeßlichen, und ich bin versichert, nur die Unvollkommenheit unserer Sehkraft war schuld daran, daß wir die Küsten von Afrika, ja sogar die von Griechen- land, nicht entdeckten. Denn beide mußten jetzt notwendig über unserm Gesichtskreise liegen. Der schönste Teil des Schauplatzes ist unstreitig der Berg selbst und die Insel Sizilien samt der dazu gehörigen Menge kleinerer Inseln. Alle diese Inseln schienen durch eine Art Zaubertäuschung ganz hart vm Fuße des Ätna zu liegen und ihn gleichsam einzufassen, so daß ihre Entfernung nicht zu bemerken war. Goethe und Campe. 14. Das mittelländische Meer. Dieses enge Becken, an dessen Rande ägyptische, phönizische und griechische Völker zu einem hohen Glänze der Kultur erblühten, ist der Ausgangspunkt der wichtigsten Weltbegebenheiten, der Kolonisierung großer Länderstrecken von Afrika und Asien, der nautischen Unter- nehmungen gewesen, durch welche eine ganze westliche Erdhälfte ent- hüllt worden ist. Das Mittelmeer dringt tiefer in das Land als irgend ein anderer Busen des atlantischen Oceans. Seine Wogen branden an drei Erd- teile; sie bespülen den Fuß der Alpeu, des Hümus, der Pyrenäen, des Atlas, des Kaukasus und die Gestade der pontischen Steppen. Es flutet als Grenzscheide zwischen zwei in jeder Beziehung unähnlichen Erdteilen, Europa und Afrika, und im Osten erhebt sich das asiatische Festland als seine Schranke. Ganz richtig wurde es schon von Geo- graphen des Altertums als ein „vielgestaltetes" bezeichnet. Seine 14*

9. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 302

1890 - Gotha : Behrend
302 Bilder aus West-Europa. 2. Der Engländer ist in einem viel höheren Grade noch Naturkind als die Kinder des Festlandes. Allen seinen Liebhabereien geht er unter freiem Himmel nach. Den Boden, den er bebaut, liebt er über alles. Er gönnt den blumigen Wiesen den Schmuck der herrlichen großen Bäume, welche der Landschaft allenthalben die Reize eines Parkes verleihen. Gewiß ist nichts wertvoller in London als der Besitz von Grund und Boden, aber gegen alle Schätze der Erde würde man es hier nicht dulden, daß die Parks und Squares in der Stadt zu Bauplätzen umgewandelt würden. Eine Fahrt im Segelboot zieht der Engländer jedem Operngenuß vor, selbst im Innern des Landes sucht er das Wasser aus, und es verdrießt ihn nicht, stundenlang auf Flüssen oder Teichen hernmzurudern. Den Fischfang betreibt er mit bekannter Vorliebe: das melancholische Geschäft, mit der Angelrute in das stille Wasser zu langen, findet hier den geduldigen Mann, ja hinter dieser Geduld versteckt sich eine Leidenschaft, die zu begreifen uns der Sinn fehlt. Reifen doch jährlich Hunderte von Engländern nach den einsamen norwegischen Buchten oder nach den Forellenbächen Tirols und ertragen alle Entbehrungen der gewohnten Bedürfnisse und des Umgangs um jener Liebhaberei willen. Noch unwiderstehlicher ist das Vergnügen der Jagd. Alles, was dazu gehört, wird mit Gründlichkeit erlernt und studiert. Nicht allein mit der Flinte macht sich der Engländer vertraut, sondern selbst mit der altertümlichen Waffe von Bogen und Pfeilern weiß er umzugehen. Diese Liebhabereien sind nicht ohne Nutzen für das Volk geblieben. Weil der Engländer dabei eine Menge Geschicklichkeiten erlernen muß, versteht er es auch, mit den Werkzeugen umzugehen, auf neue Vollkommen- heiten zu sinnen, überall Brauchbarkeit zu fordern und Brauchbares zu fertigen. Der Engländer aber liebt nicht bloß das Land, sondern die Tiere, wie er, und vielleicht weil er auch seine Kinder liebt, denn diese fehlen nie, wo es ihm so recht von Herzen wohl werden soll. Ohne Liebe zu den Tieren würde er sie niemals zu solchen außerordentlichen Leistungen erziehen können. Sie werden unverhältnismäßig angestrengt, aber niemals gebricht ihnen das Gehörige, niemals die Pflege, selten wird die Peitsche angewendet, da selbst die kolossalen normännischen Gäule, die in der City und in dem Barklayschen Malzviertel unglaubliche Lasten bewegen, immer schon auf den Rnf des Fuhrknechts gehorchen. Ein Pferderennen iu England gehört deshalb natürlich zu den wichtigsten Dingen, und das Hauptrennen wird in Epsom am Derbytag, wie man sich englisch ausdrückt, abgehalten. Wochenlang vorher wird auf diesen Tag gespart und gerüstet. Die Wetten beginnen, und obgleich in Euglaud jedes Spiel verboten ist, findet man doch überall Wettbanken (betting-offices), wo man nach einem bestimmten Angebot auf das eine oder andere Pferd fetzen kann; die Renner selbst haben ihren bestimmten Kurs, faft wie unsere Staatspapiere, und am letzten Tage vorher war diesmal „Hoppie Noble" in der Gunst des Publikums am höchsten in Kurs, nämlich vierzehn gegen eins.

10. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 389

1890 - Gotha : Behrend
Der Holländer. 389 verdoppeln diese braunen Schattenstreifen den Farbenglanz der erhellten Partieen, und die sich bis an die Horizontgrenzen hindehnenden Flächen zählen so zu den farbenprächtigsten Landstrecken Europas. Wer die ganz eigenartige Poesie der niederländischen Landschaft erfassen will, der kann nichts Besseres thnn, als eine Rundreise in der Provinz Nordholland unternehmen, welche von der Nordsee im Westen, im Osten aber von der Znidersee bespült wird. In sie mündet das Jj, an dem Amsterdam erbaut ist und das sich westwärts tief in das Land einbuchtet, so daß die Provinz Nordholland nur durch eine schmale Landenge mit dem übrigen Festlande verknüpft ist. Die Holländer nennen das Jj zwar einen Fluß, es ist iudes oder vielmehr war uichts anderes, als ein Busen der Znidersee. Das Wasser dieses Meeres ist gewöhnlich schmutzig gelb und trübe, der Anblick von allen Seiten, selbst wenn bei heiterem Sonnenscheine das lichte Blau des holländischen Himmels darüber lacht, öde und monoton. Allerwärts besitzt die Znider- see flache, niedrige Ufer, die nur durch gewaltige Steindämme vor dem Einbrechen ihrer Fluten geschützt sind. Auf diesen Dämmen kann man stundenlang fortgehen, und es gewährt einen seltsamen Eindruck, zur Rechten auf deu trüben Spiegel des Meeres zu blicken, während zur Linken merklich tiefer als die See gelegene grüne Triften sich in nnab- sehbarer Weite ausbreiten, ein Schauspiel, welches mau bei eiuem Spaziergange von Nienwendam nach Schellingwonde, zwei kleinen Ort- schasten gegenüber von Amsterdam, im vollsten Maße genießen kann. Eine Fahrt über die Zuidersee, obgleich sie von zahlreichen Dampfern und anderen Schiffen befahren wird, gehört dagegen nicht zu den eigentlichen Vergnügungsfahrten. In kurzer Zeit verliert man die niedrige Küste aus dem Auge, welches dann keinen Ruhepunkt mehr sindet und das Auftauchen der wenigen kleinen Inseln, die in der Zuidersee liegen, freudig begrüßt. Hiermit aber und mit den weißen, schlanken Seemöven, die"'großer Zahl in den Lüften kreisen, sind die Herrlichkeiten der Znidersee erschöpft. v. Herald. 7. Der Holländer. Wer nach Holland kommt aus andern deutschen Landen, wenn er die Menschen und ihre Art und ihr Leben sieht, ihre Flüsse, Kanäle, Gräben, Schleusen, Deiche, ihre mächtigen Häfen, Werften, Landstraßen, Städte, Festen, Schlösser und Türme, die Tüchtigkeit, Kühnheit. Zweck- Mäßigkeit, Nettigkeit, Sauberkeit, Klarheit in allem: steht er still und wundert sich. Wenn er es länger gesehen und ruhiger betrachtet und genauer nach allem sich erkundigt hat, und vollends die Geschichten dieser Menschen näher erforscht: so steht er still, lobt und bewundert. Denn alles dies, dieses reiche Land, diese prächtigen Städte, diese blanken, freundlichen, ftädtegleichen Dörfer hat der denkende und arbeit- same Mensch aus dem Schlamme herausgehoben und zum Teil den Wogen des Meeres abgewonnen. Am meisten aber hat Holland und Seeland diesen Niederlanden das Gepräge aufgedrückt, und darum
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