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1. Grundriss der römischen Altertümer - S. 220

1882 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
220 § 116. Die Fetialen. eigenes Recht (ins augurum) aus und ihre Wissenschaft (Augur al-disciplin) legten sie in den libri augurales nieder. Der eigentliche Gott der Augurien war Jovis. Daher Cic. legg. 2, 20 die Augurn kurz als die interpretes Jovis bezeichnet. 2. Haruspices (icpoaxrkoi *). Dieses allmälig 60 Mitglieder zählende Kollegium ist mit dem der Augurn sehr nahe verwandt; jedoch war die Haruspicin keine römische, sondern etruskische Institution und wurde in Rom auch immer von Etruskern aus-geübt. Im engeren Sinne ist diese Art der Divination nur Eingeweideschau, extispicium (exta — spicere) und der haruspex nur ein extispex {Cic. divin. 1, 16. 2, 11), im weiteren Sinne indes verstand man unter der (ars) haruspicina die gesamte etruskische Divination (disciplina etrusca), nämlich auch die procuratio pro-digiorum, d. h. die Sühnung der Götter, wenn sie durch auffallende Zeichen (prodigia, monstra) eine Beschwerde über etwas kund gegeben; Sodann die ars fulguratoria, wozu das condere und pro-curare des Blitzes gehörte. Früher liefs man vorkommenden Falles die Seher immer aus Etrurien kommen, später bestand ein eigenes Kollegium zu Rom. Bei dem extispicium untersuchten die Eingeweideschauer Leber, Lunge und Herz der Tiere. Ihre Kunst war in den libri haruspicini und fulgurales niedergelegt. Anmerkung. Orakel, deren man 300 im Orient zählte, besafsen die Römer nicht; doch drang die griechische Orakelkunst auch in Rom ein: griechische bklaven machten die Vermittler und nicht selten beschäftigten sich die sibyllinischen Priester damit. § 116. o) Die Fetialen. Die Fetiales, Sprecher (der Name wohl von fari, fateri, vgl. das griechische rpo^-ai, weswegen sie auch geradezu oratores heifsen), sind ein uraltes Kollegium von priesterlichen Spruchmännern, welche über die Beobachtung des Yölkerrechtes (ius fetiale) wachen, d. i. alle die Fragen entscheiden, welche im freundlichen oder feindlichen Verkehr mit Nachbarvölkern auf-treten können. Dieses Spruchkollegium zählte 20 Mitglieder; ihr Gott, unter dessen Schutz sie standen und dessen Stelle sie gleichsam vertraten, war der Juppiter der Treue (Fides) und des Rechtes unter dem speziellen Namen Diespiter. Ihrem Amte entsprechend nennen sie sich auch nuntii publici (Liv. 1, 1) oder Staatsherolde 1 Hctruspex, von haru, griechisch yo\cz;, hilla (aus liirula), Gedärme, Eingeweide (exta). Vgl. hariolus.

2. Frauengestalten - S. 99

1898 - Wiesbaden : Behrend
— 99 — Haus"; es sind dies drei geräumige Krankenhäuser, in welchen Leidende der verschiedensten Art, ohne Ansehen des Standes, des Geschlechts, des Alters oder der Religion Aufnahme und liebevolle Pflege finden; auch erfolgt hier die Ausbildung der Albertinerinnen (Krankenpflegerinnen). Anerkennung erfuhr die edle Fürstin auch aus den höchsten Kreisen; sie erhielt den preußischen Luisenorden (s. S. 73) und den sächsischen Sidonienorden. Der verewigte erste deutsche Kaiser Wilhelm I. aber, welcher bekanntlich ein gar feines Verständnis für wahres Verdienst und echte Tugend besaß, hat außerdem dafür gesorgt, daß der Name der hochherzigen Fürstin in noch weitere Ferne getragen wird, denn auf seinen Befehl wurde eine neuerbaute Korvette der kaiserlichen Marine auf den Namen „Carola" getauft. Der damalige Marineminister sprach bei dieser Gelegenheit die folgenden bemerkenswerten Worte: „Für den Krieg ist dieses Schiff nur berufen, unseren Schlachtschiffen zur Seite zu stehen; sein größerer und schönerer Beruf soll darin bestehen, zu allen Zeiten die weiten Meere zu durchkreuzen und helfend und stützend da einzugreifen, wo unsere in der Fremde weilenden Brüder dessen bedürfen. Diesen Aufgaben entsprechend soll das Schiff den Namen einer hohen Frau tragen, welche einem im Kampfe hochbewährten Führer zur Seite steht, dem Könige von Sachsen; und welche selbst in ihrem Lande die Milde vertritt und deren Hilfe überall da gewiß ist, wo des Lebens mannigfacher Kampf dazu Veranlassung giebt. — Und so taufe ich dich auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers auf den Namen Ihrer Majestät der Königin von Sachsen — „Carola"!" Das herrlichste Denkmal aber hat sich die menschenfreundliche Fürstin in den Herzen ihrer Zeitgenossen errichtet, bereit Wunden sie heilte und beren Thränen sie trocknete, getreu dem Wahlspruche, den sie dem Albertverein auf die Fahne schrieb: „In omnibus caritas“ („In allem die Liebe!"). Der Königin Carola Erbe. In der ärmsten Hütten eine Trat einst Sachsens Königin. Kalt und öde ist's im Stübchen Not und Kummer wohnen drin. Auf die harte Streu gebettet Liegt ein Knabe fiebernd heiß. — Zu ihm wendet sich Carola, Geht zum Lager sanft und leis, Glättet ihm die wirren Locken, Reicht ihm einen kühlen Trank Und spricht tröstend noch beim Scheiden: „Still, nur still, es währt nicht lang." — 7*

3. Geschichte - S. 97

1871 - Freiburg im Breisgau : Herder
97 prächtige Bauten aufführen, wie zu Aachen, wo er, gleichsam zum Beweise, daß er vor allem Deutschland augehöre, am liebsteu verweilte. Ueber alles aber giug dem großen Kaiser christliche Bildung, und er erwarb sich unsterbliche Verdienste um Religion und Gesittung der Völker. Ueberall wurdeu neue Bisthümer, Kirchen und Klöster gegründet und reichlich ausgestattet. Zur Verherrlichung des Gottesdienstes ließ er Sänger und Orgelspieler aus Italien kommen und führte einen neuen bessern Kirchengesang unter seinen Franken ein. Er vergnügte sich gerne an frommen, geistreichen Büchern und hegte eine besondere Vorliebe für die Hl. Kirchenväter. Latein sprach er fertig, Griechisch verstand er wenigstens. Er entwarf selbst eine deutsche Sprachlehre nitb sammelte die uralten Lieder von den Thaten der Helden. Sehr wichtig roareu ihm auch die Schulen. Er gründete solche auf allen seinen Hofgütern. Bei einer Prüfung, die er einstens selbst anstellte, lobte er die fleißigen Kinder ungemein; doch fürchterlich ließ er die faulen an, obwohl diese meistens vornehmen Geschlechtes waren, und drohte ihnen mit seinem ganzen Zorne. Karl war von starkem Körperban und erhabener Gestalt. Er hatte eine hohe, klare Stirne und große, lebhafte Augen, die dem Freunde fröhlich, dem Feinde aber furchtbar leuchteten. Im Reiten, Fechten und Schwimmen war er sehr geschickt; jagend trieb er sich in den Wäldern umher und kämpfte mit Wölfen, Bären und Auerochsen. Im Essen und Trinken war er höchst mäßig. Die Pracht tu Kleidern liebte er nicht; er ging im einfachen deutschen Anzuge. Nur ait Reichstagen und hohen Festen erschien er in voller Majestät mit einer goldenen, von Diamanten strahlenden Krone auf dem Haupte, angethan mit entern laugen, herabwallenden Mautel. Er sprach viel und gerne und drückte sich über alles gut aus. Er war mild, bescheiden und gegen alle herablassend und gnädig. Die Religion ehrte er tief im Herzen. Die Kirche besuchte er früh und nachmittags, oft auch am Abend. Sein Almosen ging nach allen Welttheilen, namentlich zum Besten notleidender und bedrängter Christen. In seinem 72. Jahre befiel Karl ein heftiges Fieber. Da er fein Ende herankommen sah, empfing er die hl. Sterbesakramente mit rührender Andacht, hob noch kurz Lesebuch. Vi. f.

4. Die deutsche Geschichte - S. 18

1829 - Elberfeld : Büschler
d8 - Einleitung. ivw\iwvu\tiwvin\vvwv\v\v\\uv\»vvv\vmvvvvvv\vuvvviv'ivvivvi\i gen Italien verwöhnten Römer es schilderten. Nach ihnen standen die Bäume acht Monate im Jahre blätterlos, und die großen Ströme regelmäßig so fest vom Eise, daß sie Heereslasten tragen konnten. „Nur drei Jahreszeiten," sagt Plinius, „kennen die Deutschen: Winter, Frühling und Sommer; vom Herbst kennen sie weder Namen noch Gaben." — Ueberhanpt fanden die Römer das Land so unfreundlich, daß sie es für unmöglich hielten, je- mand könne Italien verlassen, um in Deutschland zu wohnen. Unsere Vorfahren aber liebten dieses Land über Alles, weil sie als freie Männer darin geboren waren, und weil des Landes Be- schaffenheit ihre Frkiheit schützen half. Die Wälder und Sümpfe schreckten den Feind; die rauhe Luft, so wie die Jagd der wilden Thiere, stärkten die Körper der Männer, und bei einfacher na- türlicher Kost wuchsen sie zu so hohen Gestalten empor, daß die andern Völker sie staunend bewunderten. 3. Die Menschen. Die Römer hielten das deutsche Volk, mit Recht, für ein ur- altes, reines, ungemischtes Stammvolk. Es war nur sich selbst gleich; und wie die gleichartigen Gewächse des Feldes, die aus reinem Samen, nicht in der üppigen Pflege des Gartens, son- dern in dem gesunden, freien Boden draußen emporwachsen, durch Ausartung nicht von einander abweichen, so war auch unter den Tausenden des einfachen deutschen Stammes nur Eine, feste, gleiche Gestalt. Ihre Brust war breit und stark; ihr Haar gelb, bei den Kindern im frühesten Alter blendend weiß. Auch ihre Haut war weiß, ihr Auge blau, ihr Blick durchdringend und kühn. Der starke, riesenartige Körper, welchen die Römer und Gallier nicht ohne Schrecken ansehen konnten, zeugte, welche Kraft die Natur in dieses Volk gelegt hatte; nach den Angaben einiger Alten war ihre gewöhnliche Höhe sieben Fuß. Von Jugend auf härteten sie ihren Körper auf alle Weise ab. Die neugebornen Kinder wurden in kaltes Wasser getaucht, und das kalte Bad blieb für Knaben und Jünglinge, für Männer und Frauen, das Stärkungsmittel das ganze Leben hindurch. Ihr Kleid war ein weiter, kurzer Rock, mit einem Gurt befestigt, oder Felle wilder Thiere, die Siegeszeichen ihrer Jagden; bei beiden

5. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 719

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Schluß. 719 davon, wie das Streben schnell und mühelos reich zu werden die Köpfe verrückt, zu waghalsigen Spekulationen verleitet, den Unerfahrenen um sein Erworbenes bringt, so daß aus dem Uebermaß des geschenkten Kredits ein allgemeiner Mißkredit hervorzugehen droht, der namenloses Unheil bringt. Auch die gewaltige Entwicklung der Industrie hat ihre großen Gefahren, indem dadurch die Anzahl der Arbeiter wächst, welche es selten zu einem sichern Besitze bringen, gewöhnlich von der Hand in den Mund leben, bei industriellen Krisen brotlos dastehen, daher einen Hauptbestandtheil des Proletariats bilden, auf welches jetzt wie in den alten Zeiten die zerstörungslustigen Elemente zählen. Was sie vermögen und wollen, hat das Jahr 1848 bewiesen, und je bewegter unser Leben wird, je reger sich eine allseitige Thätigkeit entwickelt, das alte bürger- liche und bäuerliche Stillleben mehr und mehr verschwindet, der Besitz immer beweglicher wird: um so mehr steigert sich auch die Begierde nach Geld, Genuß, Ehre und Macht, verbittern sich die Gemüther, denen jene Güter vor Augen schweben, aber unerreichbar sind wie Speise und Trank dem Tantalus der alten Mythe. Die Aufgabe der Staatenlen- ker wird daher eine schwierigere als sie jemals gewesen, das stete Zusammenwirken der erhaltenden Elemente zur unbedingten Pflicht; aber alle Staatsklugheit könnte die finstern Mächte nicht bannen, wenn einmal der christliche Geist aus unserer Civilisation entschwände.

6. Der südteutsche Schulfreund - S. 251

1842 - Karlsruhe [u.a.] : Herder
251 die Aussicht in die lichte, farbenreiche Schöpfung, durch Bemerkung von Ordnung und Ebenmaaß, durch das Anschauen der Gemälde und Kunstwerke noch tausend verschiedene Vergnügen. Das Gehör. Wie Vieles läßt sich mit eigenen Augen nicht sehen, sondern nur von Andern hören? Dazu ist uns mittelst der Ohren ein eigener Sinn mitgetheilt worden. Der ganze Bau des Ohres ist wunderbar. Die Ohren- läppchen sind nicht so steif, wie ein Knochen, damit sie das Liegen nicht beschwerlich und schmerzhaft ma- chen, aber auch nicht so weich, wie Fleisch, damit sie nicht unförmlich herunterhängen, und den Schall verschlingen. Sie bestehen aus Knorpeln mit Häuten bedekt, haben krumme Höhlungen und Hügel, von wel- chen, wie von herumliegenden Felsen und Bergen, die anschlagende Luft zurükprallt, ihre Wellen sammelt, und mit starkem Triebe in das Innere des Ohres dringt, wo sie abermal in krummen Gängen und schallenden Galle- rien fortwirbelt, ein kleines Häutchen von unbeschreib- licher Zartheit, das wie ein Trommelfell ausgespannt ist, erschüttert, und den Schall, oder das, was wir Hören nennen, hervorbringt. Dieser Schall besteht aus einer solchen zitternden Bewegung der Luft, die noch unbe- schreiblich sanfter, als das leiseste Säuseln des Windes ist. Und doch werden dadurch alle Töne von Stimmen und Instrumenten bei einer völligen Musik ohne Ver- wirrung bemerkt. Wie fein müssen die lebendigen Sai- ten des Gehörs von dem Schöpfer gespannt sein? Wie angemessen, daß sie beim kleinsten Laute die erregte Wallung der Luft wahrnehmen, da hingegen beim nä- hern Blasen der Winde mehr Eindrur im Gefühle, als im Gehöre empfunden wird? Diese Feinheit der Gehör- nerven macht sie leicht verlezbar, und einer Schutz- wehre nöthig. Deßwegen ist der Zugang so klein, und zugleich mit einer bittern, klebrigten Materie versehen, daß er die schallende Luft zwar durchläßt, aber die klein- sten Fligcn und Würmchen durch den unangenehmen

7. Der südteutsche Schulfreund - S. 271

1842 - Karlsruhe [u.a.] : Herder
271 And todt zu sein scheint, muß ebenfalls wie ein Erstikter behandelt werden; denn der Bliz tödtet nicht immer wirklich, sondern betäubt oft nur. Auch hat man in diesem Falle von einem sogenannten Erdbad gute Wir- kungen gesehen. Man gräbt nämlich ein Loch in die frische Erde, legt den Scheintodten bis an den Hals hinein, und beschüttet ihn mit etwas frischer Erde, daß aber der Kopf frei bleibt. Alsdann besprengt man ihm das Gesicht fleißig mit kaltem Wasser und Essig. Sch ein todte sind eigentlich überhaupt alle diejeni- gen, bei welchen man kein Zeichen des Lebens mehr bemerkt, obgleich der erloschene Funke wieder gewekt werden kann, folglich gehören auch die vorerwähnten Lerunglükten in diese Klasse. Man versteht aber unter jener Benennung noch insbesondere solche Personen, die in einer Art von Ohnmacht liegen, woraus sie erst nach etlichen Tagen von selbst erwachen. Der Zustand dieser Unglüklichen, wenn man sie als wirklich Todte begräbt, und sie dann im Grabe wieder lebendig werden, ist schreklich. Man hat daher in unsern Zeiten hin und wieder Leichenhänser errichtet, wo Gestorbene unter ge- höriger Bewachung so lange über der Erde stehen blei- den, bis man das einzige sichere Kennzeichen des wirk- lichen Todes, die angehende Verwesung, bemerkt, und es wäre zu wünschen, daß solche Anstalten in jedem Orte getroffen würden. Es können indeß der Sicher- heit wegen auch allerlei Versuche an einem Gestorbenen gemacht werden, um zu sehen, ob er wieder ins Leben zurükzubringen sei, und dies ist um so nöthiger, wenn die Art der Krankheit, woran er starb, einen Schein- tod vermuthen läßt, z. B. Schlagflüsse, verschiedene hizige Krankheiten re. Die Behandlung der Scheintodten hat den Zwek, das Athmen wieder in Gang zu bringen. Das Reiben des Körpers mit Tüchern und Bürsten, das Einblasen der Luft, der Gebrauch des Essigs, der Niesemittel, Klistiere re., Eintauchen in warmes Wasser sind die besten Mittel hierzu. Doch darf man nicht gleich er- müden.

8. Bilder aus dem Deutschen Reiche - S. 175

1890 - Gotha : Behrend
München- 175 Der Thüringer ist auch ein Biertrinker und doch viel heiterer, lebens- froher als der Bayer. Dieser trinkt aber so gern Bier, weil es seinem Charakter zusagt, der nach etwas Solidem verlangt, das, wenn es auf- regt, doch zugleich nährt. Und besonders der Münchener muß nach einem solchen Getränk verlangen, weil er auf einer dürren, rauhen Hochebene wohnt, wo Wind nud Wetter auch uicht fein sind und derb au der Lebenskraft des Menschen zehren, so daß dieser, wenn sein Lebensflämmchen wacker brennen soll, viel Kohlenstoff zum Nachschütten braucht. Der Bayer ist ein kräftiger, tüchtiger Mensch, er fühlt sich in seiner Kraft, ist aber dabei etwas selbstgefällig und eitel und genießt sich gern selbst, unbeirrt von fremden Gedanken und ungestört von Widerspruch. Da kommt ihm das Bier erwünscht, das viel weniger gesellig vertrau- liche Mitteilung, jovial-heitere Offenherzigkeit und gemeinsamen Genuß verlangt, als der Wein. Eine gewisse Redefertigkeit und Sprachlust ist dem Bayer, insbesondere dem Münchener, ohnedies eigen, und er braucht sie nicht erst durch den Wein hervorzurufen. Man kann dem Münchener eine eigentümliche Beredsamkeit nicht absprechen; er trägt nicht die Schüchternheit des Deutschen an der Stirn, aber er spricht nicht aus idealem Drange, um sich über die gemeinen Lebensverhältnisse emporzuschwingen, sondern aus einer gutmütigen Geradheit, die nicht erst lange reflektiert, die aber auch leicht derb und grob wird, wenn der andere verschiedener Meinung ist. Wenn schou bei dem Berliner der Widerspruch gar nicht zu ver- kennen ist, der zwischen der hochkultivierten Hauptstadt und einer der Kultur feindlichen Saudebene obwaltet: so ist dies noch mehr bei dem Münchener der Fall, und dieser sucht, was ihm die Natur uach außeu hin versagt hat, durch Genuß des Bieres innerlich zu ersetzen. Der abstrakteste Geist kann doch nicht ganz von seiner Umgebung ab- strahieren. Wer da rings um sich lachende Auen, kühnragende Berge, sprudelnde Quelleu, üppige Strüucher und glänzende Blumenmassen schaut, der ist sicher wärmer und freundlicher augeregt, als wer iu die Münchener Zugluft, auf das ftecheude Straßenpflaster und die uner- meßlichen Kiesfelder vor den Thoren Münchens hinauskommt, wo nur der anstrengendste Fleiß des Menschen Baum und Strauch zum Lebeu bringt. Wo keine Bäume wachsen, da wachsen auch keine Reben, und dieselbe Natur, welche dem Münchener heitere Thalgründe und lachende Weinberge versagte, bestimmt ihn allerdings vorzugsweise zum Geuuß des Trankes, der den Wein ersetzen muß, aber nie die Natur des Weines gewinnen kann. So liebt der Münchener sein Bier zugleich um seiner eigensten Charakteranlage und des Charakters seiner Gegend willen, und so ist überhaupt die Natur ini Menschen und außer dem Menschen stets korrespondierend. Es ist schwer zu bestimmen, wie viel tausend Seidel täglich in der Metropolis hinabgeschwemmt werden. Da mancher ehrjame Bürger schon zum Frühstück fünf bis sechs der bekannten Deckelgläser austrinkt, wie viel mag dieselbe Kapazität nicht erst abends zu trinken imstande

9. Viertehalb Jahrhunderte - S. 874

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
874 Die Zeit der falschen Aufklärung und der gewaltthätigen Staatskunst. Bekämpfung durch Unrecht zu überbieten, indem das Unrecht auf der einen Seite immer ein neues auf der andern hervorrief. 25. Wie im Norden, so zeigte sich auch im Süden Europas Miß- achtung des Rechtes mit einer von selbstsüchtigen Bestrebungen getra- genen Verbesserungssucht wirksam. Die Umwälzungen, welche hier von den der Aufklärung ergebenen und für die Grundsätze ihrer Ver- waltung die Richtschnur aus dem Handelswesen nehmenden Staats- männern bewirkt wurden, fanden ein sehr großes Feld für zerstörende Thätigkeit, weil die Kirche, die noch mit allen ihren Einrichtungen da- stand, durch Wahrung bedrohter Rechte die Angreifenden reizte und den zum Sturme eilenden Aufklärern immer neue Ziele zeigte. Daher stieg in den südlichen Ländern Angesichts eines-mächtigen, wegen seiner un- sichtbar wirkenden Macht doppelt gefürchteten Gegners der Kampf zu großer Heftigkeit, und bewirkte bei der Folgerichtigkeit, womit die ro- manischen Nationen gern bis zu den äußersten Ergebnissen angenomme- ner Grundsätze Vordringen, eine sehr durchgreifende Zersetzung des Lebens. Je weniger im Süden Glaubenstrenuung die Gemüther entzweit und verwirrt, die Stellung, die jede Nation durch ihre von der Kirche ge- leitete Erziehung erhalten, verändert hatte, desto größer mußten Gäh- rung und Verwirrung werden, als an das, was in langem, ungestörtem Bestände sich befestigt, die Zerstörung ihre Hand legte. Während im Norden, wo die Glaubenstrennung schon mit den kirchlichen Einrichtun- gen aufgeräumt und kirchlichem Ansehn nur eine geringe Geltung und Macht gelassen hatte, die Zeit der Umwälzungen nur Kämpfe in Be- treff der Staatsverfassungen hervorbrachte und Willkühr und Recht nicht von geschiedenen Gebieten aus gegen einander kämpften, entzündete sich im Süden der heftigere und gefährlichere Kampf zwischen der Will- kühr einer neuen, sich in die bestbegründeten Verhältnisse auflösend ein- drängenden Weisheit, und einem höheren, nicht auf menschlicher Satzung beruhenden und nicht auf die Sorge für irdisches Wohl beschränkten Ansehn. Wenn nun gleichzeitig mit dem durch das Schriftwesen ge- führten Kampfe gegen den Glauben und die ihn hütende Kirche die zerstörenden Gewalten auch gegen das sichtbare Gebäude der Kirche einen Kampf führten, so bot sich der Orden der Jesuiten, der einst am wirksamsten die Kirche vertheidigt hatte, der durch die Verzweigung seines Einsiusses auch jetzt den Feinden derselben überall entgegeutrat, als das Ziel des Hasses dar, auf welches, wie in einem unbewußten, aber mächtigen Triebe von allen Seiten die Bestreiter göttlicher Ord- nungen eindrangen. In dem Orden der Jesuiten hoffte man das be- deutendste Bollwerk der Kirche niederzuwerfen, um sich, wie die fran- zösischen Aufklärer es unverhohlen aussprachen, den Weg zur Vernich- tung der Kirche zu bahnen. War man sich auch nicht überall dieses

10. Fünfzehn Jahrhunderte - S. 90

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
90 Das römische Reich unter den Imperatoren- Entscheidung, welcher durch ein von der Staatsgewalt erlassenes Verbot des öffentlichen Streitens über die Kirchenlehre Nachdruck gegeben wurde. Die Anhänger des Eutyches, Monophyfiten genannt, dauerten aber fort und gewannen namentlich in Mesopotamien und Syrien durch die Thä- tigkeit ihres Lehrers Jakob Baradai, nach dem sie den Namen der Jako- biten führten, einen festeren Bestand, dauerten auch in Aegypten un- ter den Nachkommen der alten Aegypter, den Kopten, fort. Im Ver- laufe dieser kirchlichen Kämpfe kam der Primat des Papstes vermöge der vermehrten Anlässe, die er zu Entfaltung seiner Wirksamkeit erhielt, zu um so deutlicherer Erscheinung, als die Trennung des römischen Reiches in zwei Hälften der Anerkennung desselben im Osten keinen Eintrag that und das unbefugte Eingreifen der Staatsgewalt jene Wirksamkeit nur thatsächlich für eine Zeitlang schmälerte. Für die Be- rufung der ökumenischen Synoden galt, wenn es auch nicht immer be- obachtet wurde, die päpstliche Bewilligung als Erforderniß, wie sie für die vierte auch von Pulcheria und Marcianus begehrt wurde. Den Vorsitz auf denselben führten die päpstlichen Abgeordneten oder Legaten und die an die Synoden gerichteten Schreiben bildeten Anhalt und Richtschnur für Berathnng und Entscheidung, wie die Beschlüsse durch die päpstliche Bestätigung allgemeine Gültigkeit erhielten. Ebenso wur- den besondere Synoden, wie sie die Metropoliten beriefen, auch auf Verordnung des Papstes gehalten und faßten sie Beschlüsse über Fragen des Glaubens, wie dies in Afrika in der pelagianischen Angelegenheit geschah, so gab die päpstliche Bestätigung auch ihnen die Gültigkeit. 51. In dem Zeitraum der großen kirchlichen Streitigkeiten tritt auch die Abstufung der unter dem Papste stehenden kirchlichen Würden deutlicher hervor. Wie die Kirche sich verbreitete und die Gegenstände für die Thätigkeit ihrer Hirten sich mehrten, gelangte nicht allein das Metropolitansystem zu vollständigerer Ausbildung, sondern es stellte sich auch das Verhältniß des Patriarchates fest. Bei der Ausbildung des Metropolitanverhältnisses begründete das höhere Alter eines Bischof- sitzes ein Verhältniß der Oberaufsicht um so eher, als der Metropolitan- verband sich auch zum großen Theile vermöge der Abstammung einer Anzahl benachbarter Kirchen von einer älteren bildete. Naturgemäß mußten demnach im Westen des römischen Reiches die Kirchen ursprüng- lich der unmittelbaren Aufsicht des apostolischen Stuhles zu Nom unter- worfen sein. Die Ausbreitung der Kirche forderte aber die Gründung einer zwischen der bischöflichen und päpstlichen stehenden Würde, durch welche der Papst die früher unmittelbare Aufsicht mittelbar übte. Die einem Metropoliten untergebenen Bischöfe hießen dessen Suffraganen. Indem so der römische Stuhl sich allmälig eines Theiles seiner Rechte entäußerte, trat er zu verschiedenen Theilen des kirchlichen Gebietes in
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