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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 159

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
159 erhielten, spter muhte sogar eine Zwischenzeit von 5 Iahren zwischen dem staatlichen Amte und der Statthalterschaft liegen. Die Machtstellung der Statthalter war vllig unumschrnkt, dauerte aber nur ein Jahr- doch konnte das Amt vom Senate verlngert werden. Besondere Schutzgesetze sollten einer willkrlichen oder ungerechten Ver-waltung vorbeugen, und ein reichliches Staatsgehalt sollte den Statt-Haltern ein standesgemes Auftreten ermglichen; doch wurde es immer-mehr Sitte, durch Bedrckung der Provinzialen sich zu bereichern, und wenn die Erpressungen und Unterschlagungen nicht zu viele Millionen betrugen, so stellten sich die Gerichte in Rom regelmig auf die Seite des angeklagten Statthalters. 49. Die Stellung rmischer Vollbrger unter den Untertanen. Rmische Vollbrger in Italien oder in der Provinz verloren nichts von ihrem Brgerrechte, doch ruhten diejenigen Rechte, deren Ausbung an den Aufenthalt in Rom geknpft war, so besonders das ius suffragii. Einzelne Vollbrger lieen sich in groer Zahl Haupt-schlich zu Handelszwecken in Italien und in der Provinz nieder, wobei ihnen ihr ius commercii groe gewerbliche, ihr ius provocationis groe gerichtliche Vorteile bot. Massenniederlassungen rmischer Vollbrger in unterjochten Lndern hieen coloniae. Diese dienten anfangs nur zur militrischen Sicherung unterworfener Gebiete, seit den Gracchen auch zur Versorgung mittel-loser rmischer Brger, seit Sulla zur Versorgung von Veteranen, letzteres jedoch ohne die Beachtung der Frmlichkeiten, die sonst mit einer Koloniegrndung verbunden waren. Die rmischen Vollbrger verloren in der Kolonie ihre civitas nicht, nur ruhten ihre rein politischen Rechte. Wurde eine bereits bestehende Stadt zu einer Kolonie umgewandelt, so nahmen darin die Kolonisten die Stelle eines Adels gegen-ber der eingesessenen Bevlkerung ein. 50. Die romischen Manzen. Die Ausgaben des rmischen Staates waren in der repub-Manischen Zeit im Vergleich zur Kaiserzeit und noch mehr im Ver-gleich zu unserer Zeit gering und unbedeutend. Die Hauptausgabe-posten waren: 1. Der Beamtensold, aber nur fr die Provinzialstatt-Halter und die niederen Beamten, da die eigentlichen Staatsmter als honores unbesoldet waren. 2. Die Ausgaben fr den Staatskultus, umfassend die Opfer, Feste und Tempel. 3. Die Einrichtung und Er-Haltung ffentlicher Bauten, wie Gebude, Straen, Wasserleitungen u. s. w. 4. Der Truppensold, der aber vom besiegten Feinde wieder ersetzt werden mute. 5. Seit C. Gracchus die Getreidespenden an arme Vollbrger in Rom. Die Einnahmen zerfallen in ordentliche und auerordent-liche. Die ordentlichen Einnahmen waren: 1. Die Pachtgelder von den Domnen (agri publici), die teils in der rmischen Feldmark,

2. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 84

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
= 84 -r Abnderungsvorschlge muten schriftlich eingereicht werden, konnten jedoch von dem Vorsitzenden zurckgewiesen werden, wenn sie gegen ein Gesetz verstieen. Nach Schlu der Debatte lie er abstimmen, bei ffentlicher Abstimmung durch Aufhebung der Hnde, bei geheimer durch Stimmsteine. der den ganzen Vorgang setzte der Ratschreiber eine Urkunde auf fr das Staatsarchiv, der er den Namen des Prsidenten und den seinigen beifgte. Die Befugnisse der Volksversammlung: 1. Der Anteil an der Gesetzgebung war bis 404 sehr groß, weil das Volk bis dahin allein darber zu entscheiden hatte, ob eine von Sachverstndigen vorberatene und vom Nate begutachtete Neuerung Gesetz werden sollte oder nicht. Seit der Wiederherstellung der Demo-kratie, 403, setzte das Volk seinen Anteil an der Gesetzgebung jedoch bedeutend herab. Alljhrlich konnte nmlich in einer der ersten Volks-Versammlungen jeder Brger Gesetzesnderungen beantragen, und das Volk stimmte zunchst nur darber ab, ob ein Antrag einer nheren Wrdigung wert sei. War er das, dann mute der Antragsteller ihn nebst dem entgegenstehenden alten Gesetze ffentlich zur allgemeinen Kenntnisnahme ausstellen. Nach einigen Wochen whlte dann das Volk einen aus Heliasten gebildeten Gerichtshof und eine Kommission zur Verteidigung des alten Gesetzes. Dann erst erfolgte die Entschei-dung der die Annahme des neuen Gesetzes in der Form eines regel-rechten Prozesses zwischen dem Antragsteller und der Verteidigungs-Kommission vor dem gewhlten Gerichtshof. 2. Auch bei der Wahl der Beamten waren die Befugnisse der Volksversamlung stark eingeengt; denn von den etwa 20 staatlichen Beamtenkollegien wurde nur ein Viertel gewhlt, wie die Vertreter der militrischen und finanziellen Obermter, während die anderen Be-amten erlost wurden. 3. Die richterlichen Befugnisse der Volksversammlung wurden seit 403 gleichfalls auf auerordentliche Flle beschrnkt und auch dann wurde die endgltige Entscheidung zumeist von dem zustndigen Ge-richtshof getroffen; vergl. unter 86 der die Probole und Eisangelie. (Der Ostrakismos wurde seit 403 nicht mehr ausgebt.) 4. Aber auch nach der Wiederherstellung der Demokratie 403 stand dem Volke doch noch die oberste Entscheidung zu der Krieg und Frieden, der Aussendung und (Empfang von Gesandten, Erteilung des Brgerrechtes, religise Angelegenheiten, auergewhnliche (Ehrungen u. a. 84- Das athenische Gerichtswesen. Der Proze in einer Privatklage heit fj der ffentliche Proze \ Yqa(jrf- Der Klger heit d Stcoxwv, der Beklagte (fevymv. - Als Klger konnte nur ein vollberechtigter Brger auftreten, Fremde und Metoiken muten sich durch einen nqoazrri? vertreten lassen. -Wer als Klger in einem Kriminalprozesse nicht den fnften Teil der Stimmen erhielt, mute 1000 Drachmen Strafe zahlen und konnte im

3. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 58

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
58 sich die Erde als eine Scheibe, in deren Mitte das eben angegebene Aigaiifche Meer liegt. Dieses stellt er sich als Binnenmeer vor, rings umgeben von mehr oder minder groen Inseln,- jenseits dieses Insel-Kranzes dehnt sich das unabsehbare Auenmeer mit dem alles ab-schlieenden Okeanos-Strom aus. Auen- und Innenmeer sind durch Meerstraen verbunden; als solche gelten auch Flsse, wie Donau und Nil. - Der Okeanos ist eine mchtige Meeresstrmung, welche die Erdscheibe rings umfliet und in sich zurckstrmt,' zumeist umfliet er das Auenmeer, an einzelnen Stellen jedoch berhrt er den Inselkranz. - Das westliche Mittelmeerbecken mit Italien und Sizilien, ja sogar bei Kerkyra ist Homer ein wahres Wundergebiet,- seine abenteuerlichen Vorstellungen drften auf Berichte phoinikischer Seefahrer zurckgehen, die in ihrem Wagemut vom Atlantischen Ozean nicht abgeschreckt wurden und von ihren Fahrten viele Wunderdinge zu erzählen wuten. 49. Die Stndegliederung. Die Brger zerfielen in Adlige und Gemeinfreie,- doch waren jene allein vollberechtigt, während diese unter dem Drucke des Adels zu voller Bedeutungslosigkeit herabgesunken waren, wie das besonders in den Volksversammlungen hervortritt. Aus dem Adel wurde der Rat der Geronten gebildet, den der König bei allen wichtigen Ange-legenheiten erst hren mu; dieser tagt im Megaron des kniglichen Palastes beim Mahle, wobei der Gerontenwein getrunken wird. Der König ist unter den Adligen wenig mehr als der primus inter pares. Die dem patriarchalischen Knigtum berhaupt zukommenden Vorrechte eines Oberpriesters, Oberrichters und Feldherrn stehen auch dem homerischen Könige zu. Seine Einknfte setzen sich zusammen aus freiwilligen und fest bestimmten Beitrgen des Volkes und dem (Ertrage des Krongutes (ro re/nevog). Besondere Abzeichen seiner Wrde hat er nicht: das Szepter trgt er nur dann, wenn er gerade die anordnende oder ratende Person ist. Dasselbe war da-mals nicht das Abzeichen einer kniglichen Machtstellung, sondern kennzeichnete blo den jeweiligen Inhaber einer ffentlichen Handlung, z. B. einen Richter beim Rechtsprechen, einen Redner in einer ffentlichen Versammlung, einen Herold als ffentlichen Abgesandten usw. Auer den Adligen und Gemeinfreien gab es noch wenig geachtete Beisassen (Klienten, ot fierardtai) und freie Arbeiter (ol &rjrs). Dazu kamen noch die Sklaven. In den Zustand der Sklaverei geriet man durch Abstammung von Sklaven, durch Kriegsgefangenschaft und durch den hauptschlich von den Phoinikern betriebenen, sehr eintrglichen Menschenraub. Die Behandlung war meist nicht hart, vielfach sogar recht herzlich und vertraut, wie die Stellung des Sauhirten (Eumaios und ebenso der Eury-kleia, der Amme des Odysseus, beweist. 50. Das Erwerbsleben. 3u Homers Zeiten herrschte die sogenannte Naturalwirtschaft.

4. Neue Zeit - S. 41

1897 - Stuttgart : Neff
41 Gegensatz wurde die altgläubige Richtung insbesondere in den ältesten Orten gekräftigt, und Ende 1522 war in Luzern, Schwiz und Zug die reformatorische Betvegung unterdrückt. Anfang 1522 ging Zwingli mit der verwitweten Anna Reinhard eine Ehe ein, die er aber über zwei Jahre geheim hielt. Im „Fastenstreit“ wies der Rat den Versuch des Konstanzer Bischofs ab, von seiner kirchlichen Gerichtsbarkeit Gebrauch zu machen. Trotzdem lobte Hadrian Vi. in einem Brief an Bürgermeister und Rat die Treue der Stadt Zürich; in einem andern Briefe versicherte er „seinen geliebten Sohn“ Zwingli seines besondern Vertrauens und wies ihn auf die hohen Ehren und Vorteile hin, die er im Dienste Roms zu erwarten habe. Dagegen beschloss die Tag- satzung, dass jeder Ort, namentlich aber Zürich und Basel, die neue Predigt unterdrücken solle. Zürich sagte sich Anfang 1523 von der alten Kirche los: der grosse Rat billigte nach dem von der Obrigkeit an- geordneten Religionsgespräche (aus der Eidgenossenschaft offiziell nur von Schafihausen beschickt; Hauptgegner Zwinglis der Konstanzer Generalvikar Joh. Faber) Zwinglis An- schauungen und Predigtweise und gebot überhaupt, dass nur, was mit derschrift bewährt werden könne, ge- predigt werden dürfe. Es begannen nun Aenderungen der kirchlichen Ordnung (z. B. Gestattung des Austritts von Nonnen, deutsche Taufformel). Als einige Laien und Pfarrer sich dran machten, die Bilder zu zerstören, berief der Rat ein zweites Religionsgespräch, bei dem die Bischöfe sich gar nicht, von den Eidgenossen nur St. Gallen und Schaffhausen beteiligten. Es ergab die grundsätzliche Verwerfung der Bilder und des Opfer- charakters der Messe, jedoch verfügte der Rat, dass zunächst der alte Stand bewahrt bleibe. Dagegen wurde Mitte 1524 beschlossen, dass die „Götzen“ und Bi 1 der, wo die Mehr- heit sich nicht für sie ausspreche, zu entfernen seien (Züricher „Götzenkrieg“); Ende d. J. wurde die Aufhebung der Klöster und Stifter, deren Einkünfte man für Hebung des Schulwesens und der Krankenpflege bestimmte, Frühjahr 1525 die Abschaffung der Messe und die Einsetzung eines aus Laien und Pfarrern gemischten obersten Ehegerichts (1526 sogar der Abbruch der Altäre) verfügt. Dem Inhaber der höchsten Staatsgewalt, dem Rat, sprach Zwingli, solange er sich „nach Gottes Wort“ richte, die höchste Kirchengewalt zu, während er anfangs das kirchliche Gemeindeprinzip vertreten hatte. Die schweizerische Reformation erlangte so früher eine Organisation, als die kursächsische. Der Rat schrieb sich auch Recht und Pflicht zu, das sittlich-religiöse Leben der Unter- thanen zu hegen (strenge Sittenmandate). Zwingli betrachtete seine Aufgabe und Stellung in dem Staatswesen als die eines alttestamentlichen Propheten. Der Zwingli’sehen Reformation schlossen sich 1524 an Appenzell-Ausserroden und Mühlhausen. In

5. Neue Zeit - S. 118

1897 - Stuttgart : Neff
118 ehrung zollte, solange er den Spaniern zu Willen war, bei einem Gegensatz der Interessen aber keine Rücksichten kannte. Philipp wollte noch mehr als Karl der Schutzherr der Kirche sein, mit b estimmendem Einf 1 uss auf deren Politik, ja selbst auf ihre dogmatische Entwickelung. Die Autorität der Kirche und die Bemühungen, diese wieder auf- zurichten, sollten auch der spanischen Politik dienen, die Re- stauration der Alleinherrschaft der Kirche sollte mit der Aufrichtung einer spanischen Weltmonarchie zusammenfallen. In Spanien übten Staat und Regierung der Kirche und dem Klerus gegenüber sehr weitgehende Rechte und Befugnisse aus, z. B. das Recht, vermittelst „Berufungen wegen Missbrauches“ Urteilssprüche der geistlichen Gerichts- höfe abzuändern, selbst Exkommunikation und Amtsentsetzung von Geistlichen aufzuheben. Auch in Neapel und Sicilien besass der Staat der Kirche gegenüber bedeutende Befugnisse. Bei entstehenden Konflikten wahrte Philipp diese Rechte mit rück- sichtsloser Entschiedenheit, und meistens sah der Papst sich ge- zwungen, durchaus nachzugeben. Bei Papstwahlen bezeichnete Philipp offen diejenigen der Kandidaten, die er sich als Papst gefallen lassen werde, oder wenigstens die, die er nicht annehme („Exclusive“, später auch von Oesterreich und Frankreich geübt). Die Vermehrung des gewaltigen Besitzes der Kirche in seinen Gebieten Hess er zu, weil die ihm vom Papst meistens ohne An- stand bewilligte Besteuerung des Kirchenguts und der kirchlichen Einkünfte (Cruzada, Escusado, Subsidio1*) die ergiebigste und sicherste Einnahme für seine Regierung bildete. § 40. Philipp und England. Hinrichtung Maria Stuarts. Armada. Trotz der Seeräuberei der Engländer gegen die spanischen Schiffe und Kolonien (zweiteerdumsegelungdurchfranz Drake, 1577—80) hatte Philipp doch, der spanischen Tradition folgend, mit England Frieden gehalten. Den Aufforderungen zu einem „grossen“ oder „heiligen“ Unternehmen behufs Be- seitigung Elisabeths und des Protestantismus hatte er nicht ent- sprochen, weil er den massgebenden Einfluss in Schottland oder England nicht mit den Guise oder Frankreich teilen, sondern für sich allein haben wollte: Philipp hatte sich begnügt, die päpst- lichen Unternehmungen nach Irland zu unterstützen (1579, 1580; aber 1583 war Irland wieder England ganz unterworfen) und Maria Stuart durch allgemeine Zusagen in ihrem Verhalten Elisabeth 9 Die cruzada waren die Erträgnisse des Ablasses, das escusado ein Anteil am Kirchenzehnten, das subsidio eine jeweils fest bestimmte Summe.

6. Neue Zeit - S. 146

1897 - Stuttgart : Neff
Vierter Abschnitt. Mitteleuropa Hauptschauplatz des Kampfes zwischen Reformation und Gegenreformation; Kampf Frankreichs gegen das Haus Oesterreich. Englische Revolution. Kapitel Xiv. Vorbereitung des dreissigjährigen Kriegs. § 48. Das Deutsche Reich 1600—1612. Bruch der Reichs- verfassung. Lahmlegung der Justizhoheit des Reichs. Das Reichs- kammergericht hatte seit 1593 in vier, an und für sich nicht belangreichen, Prozessen die nach 1552 erfolgte oder begonnene Einziehung von Klöstern bezw. klösterlichen Einkünften für rechts- widrig erklärt. Diese Vierkloster Sache erschien den „Korre- spondenten11, insbesondere Kurpfalz als der planmässige Anfang eines allgemeinen Prozesskriegs, der die finanziellen Grundlagen der meisten protestantischen Territorien sehr bedrohte. Da in dem Deputationstag (s. S. 84), der über die eingelegte Revision zu entscheiden hatte, das Stimmenverhältnis für die Protestanten noch ungünstiger war, als im Reichstag, verlangten die Kor- respondierenden, dass solche Sachen im Reichstag entschieden würden. Als dieser Forderung nicht entsprochen wurde, traten Kurpfalz, Kurbrandenburg, Braunschweig aus dem Deputationstag 1601 aus, und dieser vertagte sich, nachdem die Korrespondieren- den erklärt hatten, dass sie der Ausführung von Urteilen, die der Reichshofrat in solchen Sachen fällen würde, sich wider- setzen würden. Hiemit war die Hoheit des Reichs auf dem Gebiete der Zivilgerichtsbarkeit lahmgelegt. Auf dem Reichstag von 1603 zeigten sich zwar auch die Korre- spondierenden in der Frage der Türkenhilfe nachgiebig; aber Kurpfalz, Kurbrandenburg, Braunschweig, Württemberg und Pommern verlangten als unerlässliche Vorbedingung für ihre weitere Beteiligung an der Revisionsarbeit, dass die Vierkloster- und ähnliche Sachen auf den Weg gütlichen Ausgleiches ver- wiesen werden. Die katholischen Stände waren fest entschlossen,

7. Neue Zeit - S. 251

1897 - Stuttgart : Neff
251 dass ihnen eine selbständige künstlerische Gestaltungskraft bei allem Reichtum wirkungsvoller Ausschmückung den einheitlichen Charakter innerer Notwendigkeit und Geschlossenheit aufgedrückt hat. Die „königliche Sozietät der Wissenschaften“ (oder Akademie, auf Anregung von Friedrichs Gemahlin Sophie Charlotte, der Tochter Ernst Augusts von Hannover, gegründet, s. S. 187) ent- faltete noch keine tiefergehende Wirksamkeit. Friedrich Wilhelm I. (1713—40) war als Persönlichkeit und in seiner Regierung das Gegenstück seines Vaters. Aus- schliesslich auf das praktisch Notwendige und Nützliche gerichtet, räumte er alsbald mit den Missbräuchen, die unter der vorigen Regierung eingerissen waren, gründlich auf und schuf dem Staat durch höchste Steigerung seiner finanziellen und militärischen Leistungsfähigkeit die sichere Grundlage seiner künftigen Grösse, allerdings zum Teil auf Kosten auch der berechtigten Interessen eines höheren geistigen Lebens, für die er keinen Sinn hatte und haben wollte. Bei seinem Regierungsantritt schrieb er Leopold von Dessau: „Ich will mein eigener Finanz minister und mein eigener Feld- marschall sein; das wird den König von Preussen erhalten“; in der That war er ein Selbstherrscher, der mit klarem Ueber- blick und sachverständigem, selbständigem Urteil alles selbst prüfend und entscheidend die gesamte Verwaltung des Staats persönlich leitete, der, gegen sich und andere gleich streng, dem Staatszweck, so wie er ihn auffasste, alles rücksichtslos dienstbar machte und nach seinen Worten handelte: „Die Re- genten sein zur Arbeit erkoren“ und: „Die Seligkeit ist für Gott, alles andere muss mein sein.“ Der preussischen Verwaltung hat er eine neue einheitliche Organi- sation gegeben: nachdem er schon 1712 das „Generalkriegskommissariat“ zu einem Kollegium ausgestaltet, 1713 die Amts- oder Domänenkammern einem „Generalfinanzdirektorium“ unterstellt und 1714 in der „Generalrechenkammer“ eine oberste Kontrollbehörde geschaffen hatte, folgte 1723 die Errichtung des Generaldirektoriums, das aus vier Provinzialministerien und dem für die ganze Monarchie zuständigen Justizministerium bestand und in vier wöchentlichen Sitzungen, gewöhnlich unter dem Vorsitz des Königs selbst, alle anfallenden Geschäfte zu erledigen hatte in der Weise, dass je für Preussen, für Pommern mit Neumark, für Kurmark mit Magdeburg und für die kleineren Besitzungen im Westen ein „dirigierender Minister“ mit seinen Räten die Gegenstände der Beratung vorzubereiten und die Beschlüsse des General- direktoriums auszuführen hatte; jeder Minister war für sämtliche Beschlüsse des General dir ektoriuras verantwortlich. Entsprechend wurden die Amtskammern und die Kriegskommissariate der Kreise zu „Kriegs-und Domänenkammern“ unter Präsidenten vereinigt. Diesen Kammern unterstanden die mit der lokalen Polizei- und Finanzverwaltung betrauten königlichen Beamten: fürs platte Land die oft (seit Friedrich Ii. im ganzen regelmässig) auf Grund stän- dischen Vorschlags ernannten Landräte, deren amtliche Obliegenheiten Polizei, Steuerverteilung, Truppenführung (im Dienst der Verwaltung) und Truppen-

8. Neue Zeit - S. 279

1897 - Stuttgart : Neff
1 — 279 ein und liess durch Svarez (Schwarz) e-in allgemeines Gesetzbuch ausarbeiten (das 1794 als „allgemeines preussisches Landrecht“ in Geltung trat, das erste formell ganz selbständige und in ver- ständlichem Deutsch geschriebene Gesetzbuch, überwiegend privat- rechtlichen Inhalts). Das Heer, allmählich auf 200000 Mann verstärkt, wurde durch Drill und jährliche Herbstmanöver in möglichst gutem Stand erhalten, auch durch Grün- dung der Militärakademie und Ingenieurschule für die kriegs- wissenschaftliche Ausbildung der Offiziere gesorgt; aber dass das Heer, mit Rücksicht auf den Ackerbau, überwiegend aus Söldnern bestand, hatte die Beibehaltung der Lineartaktik und der Magazinverpflegung zur Folge und bewirkte, zusammen mit dem im Offizierskorps herrschenden Geist, eine wachsende Ent- fremdung zwischen Heer und Bürgertum. An den bestehenden Einrichtungen der Staatsregie- rung und Staatsverwaltung änderte Friedrich nichts, ausser dass er dem Generaldirektorium Departements für Krieg, Handel, Forst- und Hüttenwesen hinzufügte, die gleich dem Justizministerium für den Bereich des Gesamtstaats zuständige Behörden waren. Insbesondere hielt er die strenge Schei- dung der Stände aufrecht: aus dem Adel gingen die höchsten Beamten (bis auf einen einzigen bürgerlichen Minister) und nach dem Krieg auch wieder fast ausschliesslich die Offiziere hervor. Die produktiven Stände der Bauern und Bürger blieben von jeder Teilnahme an öffentlichen Angelegenheiten ausgeschlossen; der Staat war Militär- und Beamtenstaat, ein Mechanis- mus, der gut arbeitete, solange ihn die alles überwachende, anregende und entscheidende Thätigkeit des unermüdlichen Königs beseelte. — Für das deutsche Geistesleben zeigte Friedrich Interesse, aber kein Verständnis in seiner K Schrift de la littérature allemande (1780); aber gerade dass er ihm fern stand, hat zusammen mit der Freiheit, die er der öffentlichen Meinungsäusserung liess, der vollen Entfaltung dieses Geisteslebens den grössten Vorschub geleistet. § 85. Die Anfänge Josephs Ii.; die Zustände im Reich. 1765 folgte Joseph Ii. (1765—90) seinem Vater als Kaiser. Er suchte dieser Stellung wieder einen Inhalt zu geben; aber der erste Reformversuch, den er unternahm, misslang und blieb der einzige : das nie vollständig besetzte und meist unregelmässig bezahlte Reichskammerg er icht krankte an Schwerfälligkeit des Geschäftsgangs und Bestechlichkeit; Joseph setzte 1767 eine ordentliche Visitationsdeputation ein, die erste seit 1588; als

9. Neue Zeit - S. 311

1897 - Stuttgart : Neff
311 1 Français“) auch in der Exekutive beschränkte (Ernennung nur eines Teils der Beamten und Offiziere). Frankreich wurde in 83 Departements geteilt, die an Stelle der alten Pro- vinzen traten; die Departements zerfielen in Distrikte, diese in Kantone, diese in Gemeinden. Von allen selbständigen Männern des Departements, die mindestens 25 Jahre alt waren und eine direkte Steuer im Mindestbetrag eines dreitägigen Arbeitslohns zahlten, den „Aktivbürgern“, sollten die „Wahlmänner“ des Departements, deren Zensus 373mal so gross war, von diesen d i e A b g e o r d n e t e n für die Nationalversammlung (im ganzen 745) gewählt werden, die wieder einen höheren Zensus und Grundbesitz haben mussten. Von den Wahlmännern waren auch die Verwaltungsbeamten der Departements und Distrikte, von den Aktivbürgern die Gemeindebeamten zu wählen. Die Verwaltung wurde einheitlich geregelt, insbesondere Gleich- heit der Münze, des Masses und Gewichts angeordnet. Die Stadt Paris wurde in 48 Sektionen eingeteilt, die städtische Verwaltung sollte von einem grossen und einem kleinen Rat mit einem Maire an der Spitze geführt werden, aber unter dem Einfluss der zu einer stehenden Einrichtung gemachten Distrikts- versammlungen, deren Besucher Taggelder erhielten. Der Grund- satz der Abschaffung der indirekten Steuern wurde ausgesprochen, aber nicht durchgeführt; zur direkten Steuer wurden alle Franzosen nach Massgabe ihres Einkommens herangezogen. Die Rechtsprechung wurde von der Verwaltung getrennt und nach den Grundsätzen der Gleichheit vor dem Gesetz und der Oeffentlichkeit des Verfahrens ge- ordnet, Folter, körperliche Züchtigung und Verschärfung der Todesstrafe durch irgend welche Martern abgeschafft; die Richter wurden durch die Aktivbürger, bzw. die Wahlmänner auf sechs Jahre gewählt; die Entscheidung der Thatfrage in Kriminalsachen erhielten Geschworenen-Gerichte; Pressfreiheit wurde eingeführt. Die Kirche wurde durch die „Zivilverfassung des Klerus“ (Juli 1790) zu einer rein nationalen An- stalt gemacht: die bisherigen Diöcesen wurden aufgehoben, jedes Departement erhielt seinen Bischof; die Geistlichen sollten gewählt werden und „der Nation, dem König und den Gesetzen Treue“ schwören, die Bischöfe dem Papst-ihre Wahl einfach an- zeigen und keinen geistlichen Eid schwören ausser dem, dass sie i sich zur katholischen Kirche bekennen ; die Kirchengüter waren „zur Verfügung der Nation gestellt“ und auf sie schon Dezember 1789 400 Mill. Frs. „Assignaten“ ausgegeben worden ; die Besoldung der Geistlichen übernahm der Staat. Den Orden war Februar 1790 die Eigenschaft gesetzlich anerkannter

10. Neue Zeit - S. 287

1897 - Stuttgart : Neff
287 bald einen zersetzenden Einfluss. Wöllner, der mit dem Flügel- adjutanten Oberst Bischoffsiverder den König beherrschte, erliess nach Verdrängung des Justiz- und Kultministers v. Zedlitz sofort das „Religionsedikt“ (9. Juli 1788), das durch Androhung der Amtsentsetzung Kanzel, Schule und Katheder von der Auf- klärung säubern sollte, aber nur Heuchelei erzeugte; und das „erneuertezensuredikt“ (Dezember 1788) verhinderte wohl öffentliche Besprechung bestehender Missstände, aber nicht das Erscheinen von Schmähschriften gegen König und Regierung. Die geplante Steuerreform scheiterte an dem Widerstand des Beamtentums, es kam nur zur Erhöhung der indirekten Steuern auf notwendige Lebensmittel, ohne dass das Anwachsen einer beträchtlichen Staatsschuld verhütet wurde. Ergebnisse von bleibendem Wert waren die dem König abgerungene Anerken- nung des Grundsatzes, dass kein Staatsbeamter ohne richterliches Urteil entlassen werden könne, und die Einführung des preussischen Landrechts (s. S. 279). - Die Politik, die zur Gründung des deutschen Fürstenbunds geführt hatte, wurde nicht weiter geführt, wohl aber der Ver- such der die Anschauungen des „Febronius“ (s. S. 262) ver- folgenden deutschen Erzbischöfe, durch die „Emser Punktation“ vom 25. August 1786 im Einverständnis mit Kaiser Joseph die katholische Kirche Deutschlands dem Papst gegenüber selb- ständiger zu stellen, dadurch vereitelt, dass der Erzbischof von Mainz als Mitglied des Fürstenbunds veranlasst wurde, von der Punktation zurückzutreten. — Die Markgrafschaften Ansbach und Baireuth (6 500 qkm = 115 Qm) wurden auf Grund eines Vertrags mit Karl Alexander, dem Letzten des markgräflichen Hauses, 1792 in preussische Verwaltung genommen. § 88. Oesterreich unter Joseph Ii. und Leopold Ii. Josephs Reformpolitik. Das Ziel, das Joseph Ii. als Alleinherrscher in Oesterreich (1780—90) verfolgte, war die Vereinigung aller Teile der Monarchie zu einem stramm zentralisierten Einheitsstaat deutschen Gepräges: er wollte „ohne Rücksicht auf Vorurteile und Vorrechte der ver- schiedenen Völker seines Reiches nur das Wohl des Ganzen im Auge haben“. Aber die Verfolgung dieses Ziels musste ihn an und für sich in Widerspruch mit einem grossen Teil seiner Unter- thanen bringen, und die Art seines Vorgehens war vielfach überstürzt; so kam es, dass die wenigsten seiner Einrichtungen ihn überlebten, während andererseits von seiner Regierung viele fruchtbare Anregungen für später ausgingen. Die Stände wurden
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