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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 101

1906 - München : Oldenbourg
24. Die Residenzen der bayerischen Herzoge. 101 burgs Mauern leistete Herzog Arnulf den Königen Konrad I. und Heinrich I. Widerstand. Mit der Erstarkung der Macht des deutschen Königtums verschwindet wie in den übrigen deutschen Herzogtümern auch in Bayern das Volksherzogtum. Fürsten ans sächsischem und fränkischem Geschlecht, meist nahe Verwandte des jeweiligen Königs, zum Teil dessen Söhne, werden mit Bayern belehnt. Sie stehen dem Volke, über das sie gesetzt sind, mehr oder weniger als Fremde gegenüber; über ihre Tätigkeit in und für Bayern haben sich denn auch sehr wenige Nachrichten erhalten. Mit den Welfen erhält 1070 wieder ein süddeutsches, wenn auch nicht einheimisches Geschlecht die Herrschaft über Bayern, die sie mit einer kurzen Unterbrechung über ein Jahrhundert innehaben. Heinrich der Stolze erbaut zu Regensburg die berühmte steinerne Brücke. Eben dieser Herzog wird aber von Kaiser Lothar auch mit dem Herzogtum Sachsen belehnt und sein Sohn Heinrich der Löwe widmet seine Sorgfalt vorzugsweise diesem Herzogtum, während er in Bayern nur vorübergehend sich aufhält. Im Jahre 1180 kam endlich wieder ein einheimisches Herrschergeschlecht zur Regierung, die Wittelsbacher, die Nachkommen der alten Volksherzoge. Regensburg war damals durch seinen Handel und seine Gewerbtätigkeit nicht bloß die erste Stadt Bayerns sondern eine der bedeutendsten Städte ganz Deutschlands. Im Bewußtsein ihres Ansehens und Reichtums strebten die Bürger der Stadt mehr und mehr nach Selbständigkeit; es beginnt die allmähliche Entwicklung Regensbnrgs zur reichsunmittelbaren Stadt. Die ersten Freiheiten scheint die Stadt von Kaiser Friedrich Barbarossa erhalten zu haben. Die Urkunde hierüber ist nicht mehr erhalten, doch nimmt das Privileg König Philipps vom Jahre 1207 darauf Bezug. Die Bürger erhalten das Recht der Selbstverwaltung und Selbstbesteuerung. Allerdings besaßen auch die bayerischen Herzoge noch verschiedene Rechte in der Stadt: die oberste Gerichtsbarkeit, Münze, Zölle gehörten ihnen; sie hatten dort auch ihren eigenen Hof. Daneben machte aber auch der Bischof von Regensburg manche Liechte geltend. Zwischen ihm und dem zweiten wittelsbachischen Herzog, Ludwig I. (dem Kelheimer), kam es sogar zum Krieg; in den Friedensverträgen von 1205 und 1213 wurde unter andern bestimmt, daß Bischof und Herzog verschiedene Rechte in Regensbnrg gemeinsam ausüben sollten. In der Folgezeit aber wußten die Bürger Regensbnrgs mit kluger Benützung der Geldverlegenheiten der Herzoge und Bischöfe immer mehr Rechte, meist auf dem Wege der Verpfändung, an sich zu bringen. Außerdem begünstigten die deutschen Kaiser, besonders Friedrich Ii. und später Ludwig der Bayer, die aufstrebende Stadt und erteilten ihr wichtige Privilegs. So erscheint denn im 14. Jahrhundert die Entwicklung Regensbnrgs zur freien Reichsstadt bereits vollendet. Nur vorübergehend (von 1486 bis 1492) stellte sich die Stadt freiwillig nochmals unter die Regierung Herzog Albrechts Iv. von Bayern, in der Erwartung hierdurch einen neuen Aufschwung ihres damals darniederliegeubeu

2. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 187

1906 - München : Oldenbourg
34. Herzog Wilhelm V. von Bayern als Kunstfreund. 187 Jahre 1597, und weiter bis zum Abschlüsse seines Lebens in Schleißheim draußen am 7. Februar 1626, ist die unbeengte Verwertung des Errungenen. In Friedrich Sustris hatte er den hochbegabten, verlässigen und treuen Mitarbeiter zur Durchführung seiner künstlerischen Absichten gewonnen und in den trüben Erfahrungen mit den Beamten Herzog Albrechts, die allen Plänen des Meisters hemmend und voll Hochmut entgegengetreten waren, die felsenfeste Überzeugung, daß er diese Absichten nach seinem Sinne nur verwirklichen könne durch einen entschiedenen Bruch mit der bisherigen Baubureaukratie des Herzogtums. Nun, da er alleiniger Herr geworden im Bayernlande, sollte auch sein Sustris als wirklicher Künstler schaffen dürfen, frei und unbeeinflußt. Es erfolgt die Einrichtung eines eigenen Bauamtes, das seine Weisungen unmittelbar und ausschließlich vom Fürsten erhält und an dessen Spitze Sustris tritt. Zu feinem Geschäftskreise gehören lediglich die Bauten, die der persönlichen Initiative Wilhelms ihre Entstehung verdanken und sozusagen seine Privatunternehmungen sind. Zunächst der „Neue Garttenpaw im Jäger-gößl", dessen Überreste den Grottenhof der Residenz u ms affen und wo die Arbeiten bereits im Juli 1581 ihren Anfang nehmen und die Michaelskirche, deren Grundstein der Herzog in feierlicher Weise am 18. April 1583 legt. Das bisherige sogenannte Hofbauamt, dem seit dem Jahre 1587 der aus Augsburg berufene Wendel Dietrich vorsteht, ist hiermit aus dem Kunstbetriebe Herzog Wilhelms ausgeschaltet. Es bleibt wie bisher der Hoskammer als oberster Baubehörde unterstellt und erledigt die Obliegenheiten des heutigen Land- und Flußbauamtes. Wenn Weudel Dietrich also am Ban der Münchener Michaelskirche teilnimmt, so tut er es, modern gesprochen, lediglich als der den technischen und administrativen Teil der Bauführung leitende und überwachende Ministerial-kommissür. In künstlerischen Fragen lag die Entscheidung bei Sustris. Um aber auch nach außen hin Über die Stellung der beiden Meister zueinander jeden Zweifel unmöglich zu machen erließ Wilhelm V. unterm 26. Juli 1587, also genau beim Eintritt Dietrichs in bayerische Dienste, ein Dekret, in welchem er ausdrücklich erklärte, daß Sustris „wie bisher, Rechter vnnd Obrister Pauinaifter hatßert, auch sein vnnd bleiben solle", daß er alle „Intentionen, disegna vnnd außthailung machen vnnd alle ding beuelchen vnnd angeben" und „Jme alle Maler, Scolptori vnnd Handwerchslent gehorsamb sein und Ir Jeder sein Arbeit, nach seinem beuelch, angeben und haiffeu" zu verrichten und zu machen habe. Wendel Dietrich ist also zu ganz unverdientem Ansehen gelangt, als man in ihm den langgesuchten Meister der Michaelskirche gefunden zu haben glaubte. Diese Ehre gebührt Friedrich Sustris. Jetzt heben sonnige Tage an für die Münchener Kunst, eine blütenfchwere Zeit beginnt, durch deren freudiges Planen und Schaffen es hindurchzieht wie

3. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 294

1906 - München : Oldenbourg
294 56. Würzburg, die alte Bischofsstadt am Main. lieferung hat Walther von der Vogelweide hier den Abend seines vielbewegten Sängerlebens verbracht und sein Grab im Kreuzgang von Neumünster gefunden. Mit all diesem Glanz nach außen ging eine bedeutsame innere Entwicklung Haud iu Hand. Unter den schützenden und fördernden Einwirkungen kaiserlicher Privilegien wie auch des bischöflichen Stadtregiments reifte allmählich ein kraftvoll selbstbewußtes städtisches Bürgertum heran. Aber wie es mehr oder weniger überall in diesen Bischofsstädten zu gehen pflegte, kam auch hier bald die Zeit, da die Interessen und Ansprüche des bischöflichen Stadtherrn und der emporstrebenden Bürgerschaft auseinandergingen und in feindlichen Gegensatz zueinander gerieten, zum erstenmal unter dem gewaltigen Bischof Hermann I. von Lobdeburg im Jahre 1254. Seitdem zogen sich die Bischöfe auf ihr Bergschloß, die Marienburg, zurück um von dort aus den Trotz bürgerlicher Selbstherrlichkeit leichter bündigen zu können und nur allzuoft waren die beiden gegenüberliegenden Stadtseiten wie feindliche Heerlager geschieden, wobei die Bürgerschaft dann gerne bei den Kaisern Anlehnung und Rückhalt suchte. Mit wechselvollem Erfolg hin und her wogend zogen sich diese Kämpfe bis zum Jahre 1400 hin, wo es der fürstbischöflichen Streitmacht schließlich gelang in der Schlacht bei Bergtheim einen entscheidenden Sieg über die Bürgerschaft zu erringen. Zertrümmert lagen damit nun die lange genährten Hoffnungen auf reichsfreie Stellung und Selbstherrlichkeit zu Boden und mehrfach entschlossen sich bürgerliche Geschlechter zur Auswanderung, wovon besonders Nürnberg Vorteil gezogen haben soll. Die Herrschaft des Bischofs war damit für die weitere Folge besiegelt und Würzburg zu einer landsässigen Stadt geworden. Trotz dieser vielfach so sturmbewegten Zeitläufte nahm das Wachstum und die Verschönerung der Stadt doch ungestörten Fortgang. Auch das Zeitalter der Gotik hat hier hochbedeutende Denkmäler geschaffen; so die Kirche der Mtnoritm in den herben, strengen Formen der Frühgotik; dann die wundervolle, leider jetzt so ruinenhcist gewordene Kirche der Deutschherren, vor allem aber die dem Würzburger tief ins Herz gewachsene Marienkapelle am Markt, eine Dichtung in Steinen im schönsten Sinne des Wortes; bald nach einer grausamen Judenverfolgung hatte man sie auf dem früheren Judenplatz gewissermaßen zur Sühne dafür erstehen lassen. Dazu dann die stattlichen Kurien der Domherren mit ihren weiten Hofräumen und zierlichen Kapellen, deren noch erhaltene Reste vielfach von so malerischer Wirkung sind. Allerdings ist vieles davon späteren Umgestaltungen, besonders im vorigen Jahrhundert, zum Opfer gefallen. In Bamberg blieb weit mehr von solchen alten Höfen erhalten. Auch in der Plastik hatte mau sich in Würzburg allmählich zu achtungswerter Höhe emporgearbeitet. Sprechende Belege dafür sind die zahlreichen Grabdenkmäler der Bischöfe im Dom seit Ende des 12. Jahrhunderts; wie

4. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 313

1906 - München : Oldenbourg
58. Gründung der Akademie der Wissenschaften zu München 1759. 313 berufen, welche schon im Jahre 1763 ihre eigene Buchdrnckerei erhielt. Anch das astronomische Observatorium auf dem Gasteig entstand und wurde von dem geistlichen Ratsdirektor Osterwald geleitet, dem ein Fräulein von Schneeweiß als gelehrter Gehilfe zur Seite stand. Unter den Mitgliedern prangen in überraschender Zahl die Namen der ersten Adelsgeschlechter des Landes; das Wirken der neuen Gesellschaft war über die Mauern der Klöster, besonders der Benediktiner, der anderthalbtausendjährigen Pfleger der Wissenschaften, gedrungen und ihre Edelsten zierten die Reihen der Akademiker. Geistliche und Weltliche, Adelige und Bürgerliche beeiserten sich in diesen Blütetagen des Instituts mit edlem Freimut der Wahrheit zu dienen. Ein frisches, wissenschaftlich aufklärendes Streben ging bamals durch alle Gauen Südbeutschlauds, es entfachte in allen Stänben Liebe nnb Begeisterung für das Eble nnb Schöne. Hube-kümmert nm Genossenschaft ober Personen warb alles Verrottete nnb Schlechte schonungslos ausgebest und verfolgt. Ohne alle Selbstsucht eiferten aufgeklärte Geistliche gegen jahrhunbertelang gehegten Aberglauben. Der eble Gras Savioli, selbst Besitzer großer Güter, spricht golbene Worte für den bisher tief verachteten Lanbmann ltrtb forbert energisch zu bessert Entlastung von brückenben grunbherrlicheii Fronben und bureaukrotischer Willkür auf. Graf Haslaug fchilbert in feierlicher Sitzung schonungslos die sozialen und politischen Gebrechen Bayerns und gießt über das verrottete Zunftwesen den bittersten Spott. „Der Zunftzwang", sagte er, „versagt beut geschicktesten Arbeiter, wenn er arm ist, den ihm von der Natnr verliehenen freien Gebrauch seines Kopses und seiner Hänbe und verdammt ihn zu lebenslänglicher Dienstbarkeit. Meister werden nur Meistersöhne oder solche, die sich entschließen können mit irgend einer zahnlosen Meisterswitwe oder einer buckligen Meisterstochter vor den Altar zu treten. Das hält uns im alten Schlendrian fest, macht uns zum Spotte der Nachbarn und entvölkert das Land, bessert tüchtigste Söhne ihr Glück auswärts suchen." Er eifert für volle Freiheit des Hanbels und erklärt, beiß jenes Land das reichste sei, welches die größte Bevölkerung zähle und die ausgebreitetste Jubustrie besitze, kurz der hellfehenbe Patriot sprach bereits 1772 Worte, die heute jebein Fortschrittsmanne Ehre machen würden. Und so blieb unter der segensvollen Regierung Maximilians Iii. trotz manchem inneren balb wieber beigelegten Zerwürfnis die Akademie im schönsten Aufblühen. Ihre ferneren Schicksale unter den uachsolgenbeu Herrschern zu verfolgen ist hier nicht am Platze, das eine aber möge noch erwähnt werben, daß sie mit würbiger Feier und Pracht, unter Teilnahme des für Förbernng alles Eblen nnb Nützlichen begeisterten Königs Maximilian Ii. und einer Menge ans weiter Ferne herbeigeeilter Feftgäste irrt Herbst des Jahres 1859 ihr erstes Jubiläum beging.

5. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 432

1906 - München : Oldenbourg
432 84. Ludwig I. und Goethe. Mit den Fastenpredigten hat Jean Paul als politischer Schriftsteller seinen Höhepunkt erreicht. Wenn er von da ab noch zuweilen über die deutschen Verhältnisse spricht, so geschieht es nicht mehr so ausführlich und mit solcher Begeisterung; man hört aus manchen Zeilen schon wieder den Satiriker heraus. In den „Saturnalien" 1818 saßt er nochmals einige Wünsche zusammen im Gegensatz zu denen, „welche durch Polizeidiener gern ein korrektes Universum hätten:" „Fürst und Adel sollen nicht ... auf das göttliche Ebenbild des Menschen mit Füßen treten, . . . gegen das Feuerwerk des Witzes sollen Zensur und Polizei feine Feuertrommeln rühren und feine Lärmkanonen richten gegen Raketen;" es solle „keine halbe und feilte beschränkte Preßfreiheit geben, sondern eine ganze;" es solle „überall Landstände geben;" „Weimar, das aus einem Parnasse der deutschen Musen zu einem Sinai der Verfassungen geworden, soll bte beutsche Keblah sein." So leuchtet aus den Werken Jean Pauls, mag er in strafendem Spott, in warnender Sorge oder in freudiger Begeisterung schreiben, ein echt deutscher Sinn. Die Grundbedingungen für das Blühen und Gedeihen des Vaterlandes sind ihm treffliche Fürsten, eine freie Verfassung und allgemeine Bildung, „Einsichten des Volkes;" denn „in der Geschichte hat wie in der Göttergeschichte Minerva am meisten die Götter gegen die Giganten beschirmt." 84. Ludwig I. und Goethe. Don Thomas Stettner.* Was ein jeder unserer beiden Dichterfürsten ihm sei, hat König Ludwig I. in den knappen Worten eines Epigramms ausgesprochen: „Wenn ich erwache, bevor ich betrete den Kreis der Geschäfte, Les' ich in Schiller sogleich, daß mich’s erhebe am Tag; Aber nach geendigtem Lärmen, in nächtlicher Stille, Flücht' ich zu Goethe und träum’ fort dann den lieblichen Traum." Man sann kaum treffender die Verschiedenheit dessen, was ein jeder von ihnen uns geben sann, bezeichnen: der feurige, vorwärts drängende Schiller soll uns begeistern zur Arbeit des Tages; überschauen wir aber in des Abends Stille prüfend die abgelaufenen Stunden und unser Wirken in ihnen, dann wird Goethe in seiner abgeklärten Ruhe unsere beste Gesellschaft sein. In seiner dichterischen Eigenart stand Schiller dem Könige näher, mit Goethe aber verband ihn neben der höchsten Bewunderung mannigfache Übereinstimmung in Neigungen und in der Auffassung des tätigen Lebens: beide liebten Italien als das Land der Sehnsucht, beide erblickten in der antiken Kunst die Höhe und deshalb die bleibende Norm künstlerischen Schaffens und auch in den Fragen des politischen Lebens standen sich ihre Ansichten nahe. Goethe aber verehrte in König Ludwig den mächtigen Beschützer und Förderer der Wissenschaften und Künste, der im großen zur Tat machte, was er selbst

6. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 133

1900 - München : Oldenbourg
Germanische Rechtspflege. 133 Berufs- und Standesverhältnisse hineindenken als der gelehrte Berufsrichter, der diesen Verhältnissen ferne steht und auf Sachverständige angewiesen ist, die sich aber gar häufig widersprechen. Alles das begreift der Schüler, wenn es ihm an fasslichen Beispielen erörtert wird. Aber auch auf die Schattenseiten wird der ehrliche, objektive Lehrer hinweisen. So können z. B. bei Standesgenossen leicht persönliche Voreingenommenheit, Brotneid, Konkurrenzrücksichten, bei Laien herrschende Tagesmeinungen, mangelndes Verständnis u. dgl. den »Spruch« nach dieser oder jener Seite ungünstig beeinflussen, was bei Berufsrichtern weniger zu fürchten ist. Ein fernerer Nachteil der germanischen Rechtspflege war die Auffassung, dass der Beklagte seine Unschuld beweisen müsse, während nach römischer Auffassung der Kläger die Schuld des Beklagten zu beweisen hatte. Letztere Auffassung ist humaner und für den Beklagten günstiger. Denn ein Alibi war oft schwer nachzuweisen, besonders wenn Zeugen fehlten oder nicht aussagen wollten. Umgekehrt konnten einflussreiche Leute oft leicht Eideshelfer zusammenbringen. Auch die uralten Gottesurteile (ordal, Urtel, Urteil) nahmen nicht immer den Verlauf, der gerade dem Recht und der Wahrheit entsprach. Doch werden die Vorteile die Nachteile wohl überwiegen. Dies behandelt man im Anschluss an das »Sendgrafengericht aus der Zeit Karls D. Gr.«. Man kann dann darauf zurückverweisen, dass die Unzufriedenheit mit der römischen Rechtspflege gar sehr viel zu dem Aufstande der Germanen unter Arminius beitrug. Manchem scriba wurde nachher die Zunge herausgeschnitten u. s. w. Bei der Geschichte des 16. Jahrhunderts weist man darauf hin, wie allmählich das römische Recht im Dienste der Territorialherren das altgermanische überwucherte; bei der Geschichte der neueren Zeit zeigt man den Schülern der Oberstufe, wie man bei allen Reformen der Rechtspflege sofort auf die altgermanische Rechtsprechung zurückgrifif. Man erklärt den Unterschied zwischen Schwurgericht (reines Laiengericht) und Schöffengericht (Laien und Berufsrichter gemischt) und zeigt, dass letzteres wohl das Idealgericht der Zukunft sein wird, weil es naturgemäfs die Vorzüge beider Arten der Rechtsprechung verbindet. Doch genug! Dass der moderne Mensch, der ins Leben hinaustritt, einige solche Kenntnisse recht wohl brauchen kann, ist selbstverständlich; denn: vitae discimus.

7. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 79

1900 - München : Oldenbourg
Warum sind die mittelalt. deutschen Städte kaiserfreundl., die ital. kaiserfeindlich ? yg dann auf das Städtetum in Unteritalien und Sizilien, und schon erklangen in Süd- und Westeuropa die Kreuzpredigten, welche die zwei obengenannten ausschlaggebenden Mächte der Zeit, Kirche und Adel, zur grossartigsten Expansivbewegung des Mittelalters zusammenführten. Sollte und wollte das deutsche Städtetum nicht ganz überflügelt und lahmgelegt werden, so musste es sich nach einem Bundesgenossen umsehen, der von beiden obengenannten Mächten ebenso viel zu fürchten hatte wie sie selbst. Es war das Kaisertum. So schloss sich denn ein scheinbar ganz heterogener Bund zusammen, die höchste Spitze des Laienadels und die hörige Bevölkerung der Städte. Eine Vernunftehe war es, eine Liebesehe wurde es. Gut und Blut opferten die Städte für den Kaiser, Recht um Recht, Privileg um Privileg verliehen die Kaiser ihren lieben Städten. So blieb das Verhältnis, abgesehen von kleinen Schwankungen, unter den Stau fern und unter den Luxemburgern und Habsburgern, bis die Reformation das alte Band zerschnitt. Die meist protestantischen Städte konnten mit dem katholisch gebliebenen Kaiser nicht mehr zusammengehen. Mit dem Schmalkaldischen Kriege hatten sie ihre Rolle ausgespielt. Auf einer wesentlich anderen Entwicklungsstufe stehen um diese Zeit die italienischen Städte. Einen alles überwältigenden grundbesitzenden Landadel mit Naturalwirtschaft und ein die staatlichen Verhältnisse unbestritten beherrschendes Stammesfürstentum gab es in Italien schon längst nicht mehr. Aber gegeben hat es diese Verhältnisse bei den Graeco-Italikern sicher auch einmal, nur haben wir keine historische Kunde davon; in den sagenumsponnenen homerischen Helden, in dem kampfesfrohen Rutulerkönig Turnus, der nach Vergil mit Aeneas um die schöne Lavinia kämpft, und in den mythenhaften Königen, von denen uns Llvlus erzählt, haben wir vielleicht die letzten Ausläufer des graeco-italischen Stammesfürstentums vor uns. Jedenfalls war es beim Beginn der nationalhistorischen Aufzeichnungen schon längst erloschen. Beim Eintritt in das Licht der Geschichte haben Griechen und Römer schon längst das dominierende Städtewesen mit ausgebildeter Geldwirtschaft, wie wir es in Deutschland kaum in unserer Zeit haben. (Im bayerischen Landtag überwiegt zur Zeit noch das agrarische Element.) So blieben die Verhältnisse im allgemeinen bis zur Völkerwanderung. Die eingewanderten Germanen suchten allerdings die

8. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 154

1900 - München : Oldenbourg
154 Soziale Fragen. die Überhebung, die Frivolität, die Genuss- und Gewinnsucht der oberen Stände, sowie ganz besonders die Rücksichtslosigkeit, mit der jeder vom anderen oder von der Gesamtheit nur Vorteil und Nutzen zu ziehen sucht, ohne Opfer bringen zu wollen. Hier öffnet sich dem Lehrer, und zwar nicht bloss dem Geschichtslehrer, ein weites Feld segensreicher Thätigkeit. Man zeige den Söhnen der Reichen, dass Überhebung der oberen Stände die niederen beleidigt und reizt, dass die Privolität und Genusssucht gewisser Kreise die Achtung und Ehrfurcht vor denselben und damit die Autorität untergräbt, dass der recht ostentativ zur Schau getragene Reichtum und Luxus der reicheren Klassen die ärmeren verbittert und unzufrieden macht, dass der Egoismus der oberen Stände den der unteren zur naturnotwendigen Folge haben muss, und dass man von den Unteren nie verlangen kann, was die Oberen selbst nicht leisten. Man zeigt, dass Genuss ohne Arbeit schändet, dass nur die Arbeit adelt. Nicht der Genuss ist das Endziel des Lebens — das gilt dann für alle Schüler —, sondern die Freude, und die kann ebenso gut, ja noch besser, durch schwere, ehrliche Arbeit erworben werden, als durch mühelosen Genuss. »Hast Du treu Deine Pflicht gethan, Blickt Dich die Freude segnend an«. Diesen Genuss kann sich auch der Ärmste verschaffen. Also Bereitwilligkeit zur Abstellung von Missständen, Gemeinsinn, Opferwilligkeit, thatkräftige Nächstenliebe, geschichtliche Denkweise und wirtschaftliche Kenntnisse, das muss der Jugend, und besonders der Jugend der oberen Stände, in Fleisch und Blut übergeführt werden; dann erst sind die Vorbedingungen gegeben zu einer befriedigenden Lösung der sozialen Frage. Daran mitzuarbeiten ist eine der schönsten Aufgaben des Lehrers, insbesondere des Geschichtslehrers. Ii. Religiöse Fragen. Sind die sozialen Fragen so alt wie das Menschengeschlecht, so sind die religiösen ebenso alt. Denn sobald ein Gesetzgeber Vorschriften gab für das gemeinschaftliche Zusammenleben (Sozialgesetze sind der Anfang aller Gesetzgebung), so fühlte er auch das Bedürfnis, sie auf eine Instanz ausserhalb des Menschen zurückzu-

9. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 161

1900 - München : Oldenbourg
Unterrichtliche Behandlung religiöser Fragen. l6l nicht einmal da, denn die Liebe greift auch übers Grab hinaus vertrauensvoll an die Sterne und pflanzt noch am Grabe die Hoffnung auf Wiedervereinigung auf. Was folgt nun für den Geschichtsunterricht? Zunächst die heiligste Scheu und Ehrfurcht bei Besprechung religiöser Fragen. Hier muss der Lehrer sich stets das Wort vor Augen halten, das aus dem brennenden Dornbusch zu Moses erscholl: »Ziehe Deine Schuhe aus! Der Boden, auf dem Du stehst, ist heiliges La?id«. »Wer einem der Geringsten Ärgernis erregt, dem wäre es besser, man bände ihm einen Mühlstein an den Hals und würfe ihn ins Wasser, wo es am tiefsten ist«, sagt Christus selbst. Kommt man im Unterrichte auf religiöse Missstände zu sprechen, so betone man nachdrücklichst, dass einzelne unwürdige Träger noch lange nichts beweisen für die Unwürdigkeit der Sache. Im Gegenteil! Wenn selbst das unreine Gefäfs den Inhalt nicht besudeln kann, so muss er doppelt rein sein. Kommt man auf konfessionelle Gegensätze zu sprechen, so betone man immer aufs nachdrücklichste das Verbindende, nie das Trennende, und weise mit warmen Worten darauf hin, dass der wahre, den Menschen veredelnde Wert der Konfessionen in dem allen gemeinschaftlichen sittlichen Kerne liegt, dass zwar die Wahrheit naturgemäfs nur eine sein kann, dass aber die Wege, die zur Wahrheit führen, ebenso naturgemäfs verschieden sein können, wenn nicht müssen. Dabei kann man wohl darauf hinweisen, dass eine dogmatische Versöhnung und Vereinigung der verschiedenen Konfessionen unmöglich ist. Autoritätsglaube und freie Forschung, Heilsvermittlung durch gottgesetzte Organe und volle religiöse Unabhängigkeit, die es unerträglich findet, dass sich ein Mensch zwischen das Menschenherz und seinen Gott stellt, und ähnliche Unterscheidungslehren sind nicht bloss konträrer, sondern kontra- diktorischer Natur, heben sich gegenseitig auf und lassen sich deshalb niemals vereinigen. Alle Religionsgespräche und Unionsversuche haben deswegen mehr geschadet als genützt, weil sie in der Regel die Vertreter der streitenden Parteien auf ihren Standpunkten nur befestigten und so den Gegensatz nur vertieften. Hat man dies aber freimütig anerkannt, dann muss man mit um so stärkerem Nachdruck betonen, dass sich eine bürgerliche Gleichberechtigung und Toleranz recht gut durchführen lässt, d. h. Gleichberechtigung der Konfessionen in der Erlangung der Lorenz, Moderner Geschichtsunterricht. Ii

10. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 10

1900 - München : Oldenbourg
Io Anforderungen der modernen Zeit an den Geschichtsunterricht. die auch an die anderen Unterrichtszweige gestellt werden. Also zunächst Vermittlung eines gewissen, zum Verständnis unerlässlich notwendigen positiven Wissensstoffes. Darüber hinaus Anleitung zum selbständigen Denken und Beurteilen und als höchstes und letztes Ziel Erziehung zu einem vernunftgemäßen, von Herz und ' Gemüt beeinflussten sittlichen Handeln. Diese Ziele hat der Geschichtsunterricht mit anderen Disziplinen gemeinsam, besonders mit dem deutschen Unterrichte, und inwiefern er diesen Zielen und Aufgaben gerecht werden kann, soll weiter unten gezeigt werden. Aber die Gegenwart stellt an den Bürger auch Anforderungen, deren er seit 200 Jahren fast entwöhnt war; vor allem die einer regeren Anteilnahme am öffentlichen und staatlichen Leben. In den Schöffen- und Geschwornengerichten soll der Bürger, auch wenn er Laie ist, als Hüter des Rechtsbewufstseins des Volkes mit zu Gerichte sitzen; an der Wahlurne soll die grosse Masse, in den Gemeindevertretungen, Parlamenten, Kommissionen sollen die gewählten Vertreter mitentscheiden über tausenderlei zum Teil sehr schwierige und wichtige tragen politischer, kirchlicher, militärischer, sozialer, wirtschaftlicher, künstlerischer und wissenschaftlicher Natur. Dies setzt aber doch ein gewisses Verständnis für diese Fragen voraus, freilich nur in einem sehr geringen Grade und Umfange; denn die grosse Masse wird immer einzelnen sachverständigen Führern als Stimmmaterial folgen müssen. Aber eine gewisse, sozusagen blasse Idee von den die Zeit bewegenden grossen Fragen und Aufgaben sollte doch wenigstens die grosse Zahl der Gebildeten haben, die ja hier in erster Linie in Betracht kommt. Nun wäre freilich vor allem die 1 resse zur entsprechenden Aufklärung berufen, und es muss auch das Verdienst der Presse in dieser Richtung anerkannt werden. Aber auch in der Presse kreuzen sich mancherlei Interessen; ferner setzt ein richtiges Verständnis der Presserzeugnisse eben schon eine gewisse Bekanntschaft mit den Elementen der betreffenden Fragen voraus. Hier kann und muss die Schule einsetzen. Die Volksschule natürlich nur in sehr geringem Masse; auch die Hochschule ist verhältnismässig wenigen zugänglich*); aber durch die Mittelschule geht doch die Mehrzahl der Gebildeten, und hier eröffnet sich besonders dem Geschichtslehrer ein weites Feld segensreicher Thätigkeit. Nicht als ob er alles oder nur viel thun könnte; es ) Was die Volkshochschulen leisten werden, muss erst abgewartet werden; jetzt schon ein Urteil fällen zu wollen, wäre verfrüht.
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