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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 294

1906 - München : Oldenbourg
294 56. Würzburg, die alte Bischofsstadt am Main. lieferung hat Walther von der Vogelweide hier den Abend seines vielbewegten Sängerlebens verbracht und sein Grab im Kreuzgang von Neumünster gefunden. Mit all diesem Glanz nach außen ging eine bedeutsame innere Entwicklung Haud iu Hand. Unter den schützenden und fördernden Einwirkungen kaiserlicher Privilegien wie auch des bischöflichen Stadtregiments reifte allmählich ein kraftvoll selbstbewußtes städtisches Bürgertum heran. Aber wie es mehr oder weniger überall in diesen Bischofsstädten zu gehen pflegte, kam auch hier bald die Zeit, da die Interessen und Ansprüche des bischöflichen Stadtherrn und der emporstrebenden Bürgerschaft auseinandergingen und in feindlichen Gegensatz zueinander gerieten, zum erstenmal unter dem gewaltigen Bischof Hermann I. von Lobdeburg im Jahre 1254. Seitdem zogen sich die Bischöfe auf ihr Bergschloß, die Marienburg, zurück um von dort aus den Trotz bürgerlicher Selbstherrlichkeit leichter bündigen zu können und nur allzuoft waren die beiden gegenüberliegenden Stadtseiten wie feindliche Heerlager geschieden, wobei die Bürgerschaft dann gerne bei den Kaisern Anlehnung und Rückhalt suchte. Mit wechselvollem Erfolg hin und her wogend zogen sich diese Kämpfe bis zum Jahre 1400 hin, wo es der fürstbischöflichen Streitmacht schließlich gelang in der Schlacht bei Bergtheim einen entscheidenden Sieg über die Bürgerschaft zu erringen. Zertrümmert lagen damit nun die lange genährten Hoffnungen auf reichsfreie Stellung und Selbstherrlichkeit zu Boden und mehrfach entschlossen sich bürgerliche Geschlechter zur Auswanderung, wovon besonders Nürnberg Vorteil gezogen haben soll. Die Herrschaft des Bischofs war damit für die weitere Folge besiegelt und Würzburg zu einer landsässigen Stadt geworden. Trotz dieser vielfach so sturmbewegten Zeitläufte nahm das Wachstum und die Verschönerung der Stadt doch ungestörten Fortgang. Auch das Zeitalter der Gotik hat hier hochbedeutende Denkmäler geschaffen; so die Kirche der Mtnoritm in den herben, strengen Formen der Frühgotik; dann die wundervolle, leider jetzt so ruinenhcist gewordene Kirche der Deutschherren, vor allem aber die dem Würzburger tief ins Herz gewachsene Marienkapelle am Markt, eine Dichtung in Steinen im schönsten Sinne des Wortes; bald nach einer grausamen Judenverfolgung hatte man sie auf dem früheren Judenplatz gewissermaßen zur Sühne dafür erstehen lassen. Dazu dann die stattlichen Kurien der Domherren mit ihren weiten Hofräumen und zierlichen Kapellen, deren noch erhaltene Reste vielfach von so malerischer Wirkung sind. Allerdings ist vieles davon späteren Umgestaltungen, besonders im vorigen Jahrhundert, zum Opfer gefallen. In Bamberg blieb weit mehr von solchen alten Höfen erhalten. Auch in der Plastik hatte mau sich in Würzburg allmählich zu achtungswerter Höhe emporgearbeitet. Sprechende Belege dafür sind die zahlreichen Grabdenkmäler der Bischöfe im Dom seit Ende des 12. Jahrhunderts; wie

2. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 313

1906 - München : Oldenbourg
58. Gründung der Akademie der Wissenschaften zu München 1759. 313 berufen, welche schon im Jahre 1763 ihre eigene Buchdrnckerei erhielt. Anch das astronomische Observatorium auf dem Gasteig entstand und wurde von dem geistlichen Ratsdirektor Osterwald geleitet, dem ein Fräulein von Schneeweiß als gelehrter Gehilfe zur Seite stand. Unter den Mitgliedern prangen in überraschender Zahl die Namen der ersten Adelsgeschlechter des Landes; das Wirken der neuen Gesellschaft war über die Mauern der Klöster, besonders der Benediktiner, der anderthalbtausendjährigen Pfleger der Wissenschaften, gedrungen und ihre Edelsten zierten die Reihen der Akademiker. Geistliche und Weltliche, Adelige und Bürgerliche beeiserten sich in diesen Blütetagen des Instituts mit edlem Freimut der Wahrheit zu dienen. Ein frisches, wissenschaftlich aufklärendes Streben ging bamals durch alle Gauen Südbeutschlauds, es entfachte in allen Stänben Liebe nnb Begeisterung für das Eble nnb Schöne. Hube-kümmert nm Genossenschaft ober Personen warb alles Verrottete nnb Schlechte schonungslos ausgebest und verfolgt. Ohne alle Selbstsucht eiferten aufgeklärte Geistliche gegen jahrhunbertelang gehegten Aberglauben. Der eble Gras Savioli, selbst Besitzer großer Güter, spricht golbene Worte für den bisher tief verachteten Lanbmann ltrtb forbert energisch zu bessert Entlastung von brückenben grunbherrlicheii Fronben und bureaukrotischer Willkür auf. Graf Haslaug fchilbert in feierlicher Sitzung schonungslos die sozialen und politischen Gebrechen Bayerns und gießt über das verrottete Zunftwesen den bittersten Spott. „Der Zunftzwang", sagte er, „versagt beut geschicktesten Arbeiter, wenn er arm ist, den ihm von der Natnr verliehenen freien Gebrauch seines Kopses und seiner Hänbe und verdammt ihn zu lebenslänglicher Dienstbarkeit. Meister werden nur Meistersöhne oder solche, die sich entschließen können mit irgend einer zahnlosen Meisterswitwe oder einer buckligen Meisterstochter vor den Altar zu treten. Das hält uns im alten Schlendrian fest, macht uns zum Spotte der Nachbarn und entvölkert das Land, bessert tüchtigste Söhne ihr Glück auswärts suchen." Er eifert für volle Freiheit des Hanbels und erklärt, beiß jenes Land das reichste sei, welches die größte Bevölkerung zähle und die ausgebreitetste Jubustrie besitze, kurz der hellfehenbe Patriot sprach bereits 1772 Worte, die heute jebein Fortschrittsmanne Ehre machen würden. Und so blieb unter der segensvollen Regierung Maximilians Iii. trotz manchem inneren balb wieber beigelegten Zerwürfnis die Akademie im schönsten Aufblühen. Ihre ferneren Schicksale unter den uachsolgenbeu Herrschern zu verfolgen ist hier nicht am Platze, das eine aber möge noch erwähnt werben, daß sie mit würbiger Feier und Pracht, unter Teilnahme des für Förbernng alles Eblen nnb Nützlichen begeisterten Königs Maximilian Ii. und einer Menge ans weiter Ferne herbeigeeilter Feftgäste irrt Herbst des Jahres 1859 ihr erstes Jubiläum beging.

3. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 432

1906 - München : Oldenbourg
432 84. Ludwig I. und Goethe. Mit den Fastenpredigten hat Jean Paul als politischer Schriftsteller seinen Höhepunkt erreicht. Wenn er von da ab noch zuweilen über die deutschen Verhältnisse spricht, so geschieht es nicht mehr so ausführlich und mit solcher Begeisterung; man hört aus manchen Zeilen schon wieder den Satiriker heraus. In den „Saturnalien" 1818 saßt er nochmals einige Wünsche zusammen im Gegensatz zu denen, „welche durch Polizeidiener gern ein korrektes Universum hätten:" „Fürst und Adel sollen nicht ... auf das göttliche Ebenbild des Menschen mit Füßen treten, . . . gegen das Feuerwerk des Witzes sollen Zensur und Polizei feine Feuertrommeln rühren und feine Lärmkanonen richten gegen Raketen;" es solle „keine halbe und feilte beschränkte Preßfreiheit geben, sondern eine ganze;" es solle „überall Landstände geben;" „Weimar, das aus einem Parnasse der deutschen Musen zu einem Sinai der Verfassungen geworden, soll bte beutsche Keblah sein." So leuchtet aus den Werken Jean Pauls, mag er in strafendem Spott, in warnender Sorge oder in freudiger Begeisterung schreiben, ein echt deutscher Sinn. Die Grundbedingungen für das Blühen und Gedeihen des Vaterlandes sind ihm treffliche Fürsten, eine freie Verfassung und allgemeine Bildung, „Einsichten des Volkes;" denn „in der Geschichte hat wie in der Göttergeschichte Minerva am meisten die Götter gegen die Giganten beschirmt." 84. Ludwig I. und Goethe. Don Thomas Stettner.* Was ein jeder unserer beiden Dichterfürsten ihm sei, hat König Ludwig I. in den knappen Worten eines Epigramms ausgesprochen: „Wenn ich erwache, bevor ich betrete den Kreis der Geschäfte, Les' ich in Schiller sogleich, daß mich’s erhebe am Tag; Aber nach geendigtem Lärmen, in nächtlicher Stille, Flücht' ich zu Goethe und träum’ fort dann den lieblichen Traum." Man sann kaum treffender die Verschiedenheit dessen, was ein jeder von ihnen uns geben sann, bezeichnen: der feurige, vorwärts drängende Schiller soll uns begeistern zur Arbeit des Tages; überschauen wir aber in des Abends Stille prüfend die abgelaufenen Stunden und unser Wirken in ihnen, dann wird Goethe in seiner abgeklärten Ruhe unsere beste Gesellschaft sein. In seiner dichterischen Eigenart stand Schiller dem Könige näher, mit Goethe aber verband ihn neben der höchsten Bewunderung mannigfache Übereinstimmung in Neigungen und in der Auffassung des tätigen Lebens: beide liebten Italien als das Land der Sehnsucht, beide erblickten in der antiken Kunst die Höhe und deshalb die bleibende Norm künstlerischen Schaffens und auch in den Fragen des politischen Lebens standen sich ihre Ansichten nahe. Goethe aber verehrte in König Ludwig den mächtigen Beschützer und Förderer der Wissenschaften und Künste, der im großen zur Tat machte, was er selbst

4. Geschichte des Altertums - S. 47

1889 - Wiesbaden : Kunze
§. 7, 2. Das Perserreich. 47 welchen die beiden ersten Züge (§. 19, 1) noch unter Darms stattfanden und ebenso ungünstig verliefen. Im Innern seines Landes richtete Darms eine neue Verwaltung ein. Das große Reich wurde in 20 Statthalterschaften (Satrapien) eingeteilt und von Männern verwaltet, denen des Königs Wille alleiniges Gesetz war. Zum Schutze vor feindlichen Überfällen wurden feste Plätze angelegt; Heerstraßen durchzogen die Länder und waren stationsweise mit Reitern zur Beförderung der königlichen Botschaften besetzt; ein Heer von 10 000 Mann, „die Unsterblichen", stand nebst 2000 Reitern und ebensoviel Lanzenträgern kampfbereit unter Waffen. Durch Förderung des Ackerbaues und Handels wurden die Einkünfte des Reiches gemehrt; die Lehre Zoroasters wurde streng aufrecht erhalten. Zur Hauptstadt des Reiches wurde Susa erhoben; Persepolis wurde die Begräbnisstätte der Könige und durch Prachtbauten geschmückt, deren Trümmer zeigen, daß die Perser in der Baukunst und Bildnerei den andern orientalischen Völkern nicht nachstanden, wenn sie auch in den Wissenschaften wenig geleistet haben. Je nach der Jahreszeit wechselte der König mit seinem Hof den Aufenthalt: der Frühling wurde in dem von reichen Naturschönheiten umgebenen Susa verbracht, der Sommer in dem schattenreichen, kühlen Ekbatana, der Winter in dem warmen Babylon. An seinem Hof umgab sich der König mit einer auserlesenen Pracht; 15000 Menschen gehörten zu seinem Hoflager. Ein strenges Ceremoniell entzog ihn den Blicken seines Volkes. Wer unangemeldet vor ihn trat, hatte sein Leben verwirkt; wer vor ihn kommen durfte, hatte sich zur Erde zu werfen und in dieser Lage zu verharren. Sein Wille allein war maßgebend; sonst gab es für das Volk kein Recht, kein Gesetz. Die Söhne der Großen des Reiches wurden an dem Königshofe erzogen und übten - sich hier im Reiten und Jagen, im Bogenschießen und Wahrheitreden. Aus ihnen gingen die Reichsbeamten hervor, die den Königswillen durchzuführen hatten. Xerxes I. 485—465 war der Sohn des Darms und hatte zunächst einen schon unter seinem Vater in Ägypten ausgebrochenen Aufstand zu unterdrücken. Sodann machte er nach ungeheuren Rüstungen den dritten Zug gegen Griechenland 480 (§ 19,3), der ihm aber ebensowenig Ruhm einbrachte, wie seinem Vorgänger die beiden ersten. Die Härte und Grausamkeit, womit er regierte, benutzte der Befehlshaber seiner Leibwache, Artabanos, zu einer Verschwörung, welcher das ganze königliche Haus zum Opfer fallen

5. Geschichte des Altertums - S. 328

1889 - Wiesbaden : Kunze
328 Dritter Abschnitt. Dritter Zeitraum. nur die alte Einfachheit, sondern auch die häuslichen Tugenden rasch verdrängt wurden. Die Erziehung der Kinder wurde griechischen Sklaven, die Führung des Hauswesens besonderen Verwaltern, die Küche fremden, teuer erkauften Köchen, die Bestellung des Feldes und Besorgung der mannigfaltigen Hausgeschäfte unzuverlässigen Sklaven überlassen. Um wegen der allzuhohen Ausgaben, welche die Gefall-und Putzsucht der Frauen erheischten, weniger Widerspruch von ihren Männern zu erfahren, suchten sie ihre Väter zu einer reichen Aussteuer zu bewegen, an welcher der Ehemann keinerlei Anteil erhielt, durch Erbschleicherei große Erbschaften an sich zu bringen, Schulden zu machen und das geliehene Kapital abzuschwören, an Verschwörungen teil zu nehmen, damit der Umsturz der bestehenden Verhältnisse sie aus aller Verlegenheit bringe, oder Betrügereien aller Art zu unternehmen. Unter diesen Umständen kann man sich nicht wundern, daß die Ehelosigkeit in Rom ebenso überhand nahm wie die leichtsinnige Ehescheidung. In den ersten 500 Jahren nach Erbauung der Stadt soll nicht eine einzige Scheidung vorgekommen sein. Nach den punischen Kriegen erfolgten dieselben nicht nur sehr häufig, sondern auch auf die leichtsinnigste und willkürlichste Art. Die angesehensten Männer im Staate, Sulla, Cäsar, Pompejus, Antonius. Octavian, verstießen ihre Frauen ohne jeden triftigen Grund. Manche heirateten aus Eigennutz, um Gewinn, Macht und Ansehen zu erzielen. Mit vollem Rechte sagte der jüngere Cato, um solche Handlungsweise zu charakterisieren: „Durch Weiber und Heiraten werden Heere und Ämter vergeben." Aber auch die Frauen lösten leichtsinnig die ein- gegangene Ehe, sodaß ein alter Schriftsteller meint, die Frauen zählen ihre Jahre nicht nach der Zahl der Konsuln, sondern ihrer Männer: sie gingen aus, um zu heiraten, und heirateten, um sich scheiden zu lassen, während in früherer Zeit eine Frau, welche selbst nach dem Tode ihres Mannes eine zweite Ehe einging, in nicht besonderer Achtung stand. Die Ansprüche, welche die putzsüchtigen, verschwenderischen und leichtsinnigen Frauen Roms damals machten, gaben Veranlassung, daß allmählich die Ehe ganz gemieden wurde. Schon Julius Cäsar sah sich genötigt, durch gesetzlich festgestellte Belohnungen die Ehe zu empfehlen, und Octavianus fand es für nötig, strenge Gesetze gegen die Ehelosigkeit zu geben, den übertriebenen Aufwand und die allgemeine Schwelgerei zu beschränken und die in Verfall geratene Staatsreligion zu stützen.

6. Geschichte des Altertums - S. 135

1889 - Wiesbaden : Kunze
§. 20, 4. Athens Vorherrschaft in den Perserkriegen. 135 Perser blieben von Griechenland fern, und Asien wurde der Kriegsschauplatz. Themistokles hatte nach der Schlacht bei Salamis als Anerkennung für seine kluge Handlungsweise einen Kranz von Ölzweigen erhalten. Die größte Ehre empfing er bei den olympischen Spielen, wo aller Augen auf ihn gerichtet waren, einer ihn dem andern zeigte, und lauter Jubelruf ihm entgegen schallte. Doch auch er entging dem Neide seiner Mitbürger nicht und erntete Undank wie Miltiades. 4. Athens Vorherrschaft in den Perserkriegen. Athens Wiederaufbau. Die Siege über die Perser waren ein glänzendes Zeugnis für die in dem griechischen Volke wohnende Nationalkraft. Besonders hatte sich Athen durch seinen Opfermut und seine geistige Überlegenheit ausgezeichnet. Daher ging das Bestreben des Themistokles jetzt dahin, Athen zur ersten Macht in Griechenland zu erheben. Zunächst wurde Athen (478) wieder aufgebaut und mit einer festen Mauer umgeben, welche die Stadt von der Landseite her vor Überfällen sicherte. Zwar erhoben die auf Athens Aufschwung eifersüchtigen Spartaner Einspruch dagegen; allein Themistokles ging selbst nach Sparta und hielt die Spartaner hin, bis die Mauer vollendet war. Nun wurde die Bucht Piräus in einen befestigten Hafen verwandelt und die Flotte so vermehrt, daß Athens Seemacht die der andern Staaten bald weit überragte. Im Innern wirkte Aristides, den sein Volk aus der Verbannung zurückgerufen hatte, für die Hebung des Bürgertums. Auf seinen Antrag wurden die Schranken, welche die solonische Verfassung der vierten Bürgerklasse gesetzt hatte, entfernt und auch dieser Klasse volles Bürgerrecht mit der Berechtigung zu allen Staatsämtern bewilligt, sodaß der athenische Staat nunmehr eine vollständige Demokratie bildete. Pausänias Verrat. Währendessen war die vereinigte Macht der Griechen, zunächst noch unter Spartas Führung, zum Angriffskrieg gegen die Perser übergegangen. Pausanias hatte auf den Rat des Aristides mit der griechischen Flotte Cypern erobert; dann hatte er Byzanz besetzt und so den Persern den Landweg nach Europa abgeschnitten. Seine Erfolge aber machten ihn stolz und übermütig, und sein herrisches Benehmen gegen die von der Perserherrschaft befreiten Inseln und Kolonien erregte große Unzufriedenheit unter den Bewohnern derselben. In Byzanz trat er wie ein persischer König

7. Geschichte des Mittelalters - S. 218

1888 - Wiesbaden : Kunze
218 Vierte Periode des Mittelalters. von Böhmen, der allein eine ausreichende Macht zu dieser Würde zu haben glaubte und daher selbst auf die Krone gehofft hatte, war der Wahl fern geblieben und spottete jetzt über den armen Grafen, der Herr und Haupt der deutschen Fürsten sein solle. Rudolf war, als er in seinem 55. Jahre auf den Thron erhoben wurde, eine stattliche Erscheinung. Der kleine, dünnbehaarte Kopf wurde durch eine hohe Stirn und lebhafte Augen geziert, aus dem blassen Gesichte trat eine große Adlernase hervor, die starke Unterlippe kennzeichnet noch heute die Habsburger. Er war gerade in einer Fehde mit dem Bischof von Basel begriffen, dessen Bürger einige von seinen Leuten erschlagen hatten, und lag mit seinem Kriegsvolke vor der Stadt; da weckte ihn einst in der Nacht sein Schwager Friedrich von Zollern und teilte ihm das Ergebnis der Wahl mit. Als der Bischof von Basel die un- erwartete Kunde vernahm, rief er bestürzt aus: „Lieber Herr Gott, setze dich fest auf deinen Thron, sonst holt dich der auch herunter!" Die Belagerung von Basel wurde aufgehoben, die Stadt öffnete dem Kaiser die Thore und schenkte ihm 9000 Mark Silber als Beitrag zu den Krönungskosten. Rudolf begab sich hierauf mit einem großen Gefolge nach Aachen, wo ihn der Erzbischof von Köln krönte. Bei dieser feierlichen Handlung bekundete er aufs neue seinen frommen Sinn. Als Rudolf nach der Krönung den Fürsten die Belehnung mit dem Zepter erteilen sollte und dasselbe fehlte, nahm er das Kruzifix vom Altar, küßte es und sprach: „Dies Zeichen, in welchem die ganze Welt erlöst wurde, kann wohl ein kaiserliches Zepter vertreten!" Die Fürsten küßten das Kreuz und empfingen mit demselben die Belehnung. Festlichkeiten aller Art verherrlichten die Krönung, und Kurfürsten verrichteten die Ehrendienste. Zum erstenmale wurde ein mit Wildpret gefüllter Ochse für das Volk gebraten; 2000 Mark Silber empfing die Volksmenge, und 5 Tage währte das Turnier. Nach der Krönung schrieb Rudolf an den Papst. Er sagte der Kirche seinen Schutz zu und versprach, sich der Eingriffe in die Angelegenheiten Unteritaliens zu enthalten, worauf ihn der Papst als rechtmäßigen König anerkannte und Alfons von Kastilien zur Verzichtleistung auf den deutschen Thron bewog. Von einem Römerzug sah deshalb Rudolf ab, er begnügte sich mit der Huldigung der Lombarden und richtete seine ganze Kraft auf die Ordnung und Besserung der Verhältnisse in Deutschland. Als er auf feinem Königsritt durch das Land von Bürgern und Bauern allerorten Klagen über Willkür und Wegelagerei, welche Adlige trieben, vernehmen mußte, gab er strenge

8. Geschichte der Neuzeit - S. 406

1887 - Wiesbaden : Kunze
406 Dritte Periode der Neuzeit. nis, dieselben zu besuchen. Das bildschöne, jugendliche Mädchen erschrak bei dem Anblicke der 300 Missethäterinnen, welche verwildert und verwahrlost mit ihren in Lumpen gehüllten Kindern schmutzig und dürftig, ohne Trost und Hoffnung zusammenlebten. Die Erscheinung Elisabeths überraschte die Gefangenen, und als sie ihnen Unterstützungen an Kleidern und Nahrungsmitteln und geistlichen Zuspruch und Trost spendete, da erlebte sie die Freude, daß ihr die verwahrlosten Mütter mit Thränen gelobten, sich zu bessern, um solcher Wohlthaten sich würdig zu zeigen und ihren Kindern sorgende Mütter werden zu können. Elisabeth errichtete 1819 eine Schule für die Kinder der Gefangenen und den Newgater Frauenverein nebst einer von einer Vorsteherin und 12 Frauen geleiteten Lehr- und Arbeitsschule für verurteilte Gefangene. Durch sie geschah es, daß viele, welche, ohne Unterricht und religiöse Unterweisung erhalten zu haben, in die Gefängnisse von Newgate gekommen waren, dieselben, in nützlichen Beschäftigungen, in Religion und Kenntnissen wohl unterwiesen, wieder verließen. Hiermit nicht zufrieden, unternahm Elisabeth, welche seit 1800 die Frau des Kaufmanns John Fry in London war. Reisen nach Amerika, Deutschland und Frankreich, untersuchte überall das Gefängniswesen und suchte zur Verbesserung desselben beizutragen, was in ihren Kräften stand. Allenthalben erhielt sie zahlreiche Beweise der öffentlichen Anerkennung für ihre menschenfreundliche, uneigennützige Thätgkeit, welche erst mit ihrem in Newgate erfolgten Tode 1845 endete. 12. Die Emancipation der Frauen. Es hat in neuerer Zeit nicht an Frauen gefehlt, welche wider die herkömmlichen Ansichten von Sitte und Gewohnheit eine neue Anschauung über die Stellung der Frauen in dem häuslichen und öffentlichen Leben zur Geltung und Ausführung zu bringen versucht und alles Ernstes verlangt haben, man solle in allen Verhältnissen des Lebens das weibliche Geschlecht dem männlichen gleichstellen. Die Engländerin Maria Wollstoncraft und ihr späterer Gemahl William Godwin schrieben zur „Rettung der Rechte der Frauen". Die Unnatur, welche in der Teilnahme der Frauen an den öffentlichen Angelegenheiten liegt, hat alle darauf bezüglichen Forderungen wirkungslos gelassen. Darum versuchten es zuletzt geistreiche Frauen nach dem Vorgänge der Madame Dudevant in Paris, welche als Romanschriftstellerin unter dem Namen George Sand Aufsehen erregte, das Unglück der Frauen in der Ehe zu finden und, um die Unterdrückung des weiblichen Geschlechts zu verhindern, die Aufhebung der

9. Geschichte der Neuzeit - S. 141

1887 - Wiesbaden : Kunze
§. 10, 2. Ludwigs Xiv. Regierungsantritt. 141 2. Ludwigs Xiv. Regierungsantritt. Ludwig Xiv. (1643 — 1715) war 6 Jahre alt, als sein Vater starb, und trug 72 Jahre lang die Krone. Während seiner Minderjährigkeit führte die Königin-Mutter, Anna von Östreich, die Vormundschaft und schenkte als Regentin dem Kardinal Mazarin ihr ganzes Vertrauen. Der Adel haßte den neuen Günstling, und ein Italiener Gondi, der nachmalige Kardinal Retz, welcher gern selbst Richelieus Nachfolger geworden wäre, regte die Pariser zu Aufständen (1643—1648) an, welche unter dem Namen Krieg der Fronde*) bekannt find und Mazarins Sturz herbeiführen sollten. Allein Mazarin siegte über ferne Gegner teils durch Waffengewalt, teils durch feine Klugheit. Um die Fronde zu entwaffnen, war er zweimal freiwillig in die Verbannung gegangen und zweimal auf ehrenvolle Weise zurückberufen worden. Schon 1652 erklärte sich Ludwig Xiv. für volljährig und zeigte bald, daß er Richelieus und Mazarins Grundsätze bezüglich der unumschränkten Königsgewalt teile. Als 17jähriger Jüngling trat er einst, da Mazarin feine Vorschläge im Parlamente nicht durchsetzen konnte, im Jagdkleide, mit Stiefeln und Sporen, die Reitgerte in der Hand, in den Sitzungssaal und jagte die Versammlung auseinander (1655). So lange Mazarin lebte, blieb er an der Spitze der Staatsverwaltung; allein von dem Tage feines Todes (1661) an übernahm Ludwig Xiv. die Leitung der Regierung und gab feinen Ministern auf die Frage, an wen sie sich künftighin in Staatsfachen wenden sollten, die berühmte Antwort: „An mich; der Staat bin ich!" (l’etat c’est moi). Sein Wille war das Gesetz für alle; denn er pflegte zu sagen: „Ganz Frankreich, Land und Leute, ihr Vermögen, ihre Gedanken sind mein!" Während in Frankreich der mächtige Wille eines unumschränkten Herrschers allen Gebot und Gesetz war, gehorchte in dem vielgegliederten heiligen römischen Reiche deutscher Nation, wo jeder kleine Fürst, Graf und Baron die Rolle Ludwigs Xiv. spielte, dem deutschen Kaiser niemand. Der lockere Reichsverband, der trotzige Ungehorsam der Fürsten und ihr unheilvolles Liebäugeln mit dem Auslande hat Deutschland um manch' schöne Provinz gebracht. 1657 war durch *) Fronde heißt die Schleuder und scheint zur Bezeichnung dieses Aus-ruhrs gewählt worden zu sein, weil märt gegen den Hof lärmte, wie die Straßenjungen mit Schleudern gegen einander tumultuieren.

10. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 133

1900 - München : Oldenbourg
Germanische Rechtspflege. 133 Berufs- und Standesverhältnisse hineindenken als der gelehrte Berufsrichter, der diesen Verhältnissen ferne steht und auf Sachverständige angewiesen ist, die sich aber gar häufig widersprechen. Alles das begreift der Schüler, wenn es ihm an fasslichen Beispielen erörtert wird. Aber auch auf die Schattenseiten wird der ehrliche, objektive Lehrer hinweisen. So können z. B. bei Standesgenossen leicht persönliche Voreingenommenheit, Brotneid, Konkurrenzrücksichten, bei Laien herrschende Tagesmeinungen, mangelndes Verständnis u. dgl. den »Spruch« nach dieser oder jener Seite ungünstig beeinflussen, was bei Berufsrichtern weniger zu fürchten ist. Ein fernerer Nachteil der germanischen Rechtspflege war die Auffassung, dass der Beklagte seine Unschuld beweisen müsse, während nach römischer Auffassung der Kläger die Schuld des Beklagten zu beweisen hatte. Letztere Auffassung ist humaner und für den Beklagten günstiger. Denn ein Alibi war oft schwer nachzuweisen, besonders wenn Zeugen fehlten oder nicht aussagen wollten. Umgekehrt konnten einflussreiche Leute oft leicht Eideshelfer zusammenbringen. Auch die uralten Gottesurteile (ordal, Urtel, Urteil) nahmen nicht immer den Verlauf, der gerade dem Recht und der Wahrheit entsprach. Doch werden die Vorteile die Nachteile wohl überwiegen. Dies behandelt man im Anschluss an das »Sendgrafengericht aus der Zeit Karls D. Gr.«. Man kann dann darauf zurückverweisen, dass die Unzufriedenheit mit der römischen Rechtspflege gar sehr viel zu dem Aufstande der Germanen unter Arminius beitrug. Manchem scriba wurde nachher die Zunge herausgeschnitten u. s. w. Bei der Geschichte des 16. Jahrhunderts weist man darauf hin, wie allmählich das römische Recht im Dienste der Territorialherren das altgermanische überwucherte; bei der Geschichte der neueren Zeit zeigt man den Schülern der Oberstufe, wie man bei allen Reformen der Rechtspflege sofort auf die altgermanische Rechtsprechung zurückgrifif. Man erklärt den Unterschied zwischen Schwurgericht (reines Laiengericht) und Schöffengericht (Laien und Berufsrichter gemischt) und zeigt, dass letzteres wohl das Idealgericht der Zukunft sein wird, weil es naturgemäfs die Vorzüge beider Arten der Rechtsprechung verbindet. Doch genug! Dass der moderne Mensch, der ins Leben hinaustritt, einige solche Kenntnisse recht wohl brauchen kann, ist selbstverständlich; denn: vitae discimus.
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