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1. Geschichte Deutschlands von der älteren Zeit bis zur Gegenwart - S. 109

1901 - Berlin : Rentel
— 109 — brachte Maximilian Burgund, die Niederlande, Spanien und die Königreiche Ungarn und Böhmen an sein Haus. Als er 1519 starb, ging in ihm der „letzte Ritter" zu Grabe. Rulturbilder aus den letzten Jahrhunderten des Mittelalters. 92. Dild einer deutschen Stadt um 1300. Entwickelung der Städte. Wenngleich es in Deutschland bei Beginn des Mittelalters viele Ortschaften gab, haben sich doch die allmählich gegründeten Städte später nur sehr langsam entwickelt. Wollten die Bewohner ihre Ortschaft in eine Stadt umwandeln, so mußten sie sich das Recht der Befestigung, das Marktrecht und das Recht der eigenere Gerichtsbarkeit zu verschaffen suchen. Die Zeit des Ursprungs solcher Städte fällt größtenteils in das zwölfte und dreizehnte Jahrhundert. Handel und Gewerbe führten bald zu Wohlstand, und auf Kosten der Bewohner entstanden Rathäuser, Kirchen und andere öffentliche Bauten. Durch ihren Reichtum erkauften sich manche Städte von ihren Fürsten, die oft in Geldverlegenheit waren, Freiheit und Unabhängigkeit und hießen dann freie Reichsstädte, die nur den Kaiser als Oberherrn anerkannten. Befestigung. Die Städte waren in alter Zeit befestigt und unterschieden sich dadurch von den Dörfern. Um die Stadt herum führte eine Ringmauer. Auf derselben erhoben sich Türme, aus denen die Wächter Tag und Nacht ausschauten. Erblickten sie die Annäherung des Feindes, so stießen sie ins Horn, damit die Bewohner sich zur Verteidigung bereit machten. Nach Sonnenuntergang schloß man die Thore zur Sicherung der Städter. Um dem Feinde den Überfall zu erschweren, war außerhalb der Stadtmauer ein Graben gezogen. Inwendig an der Mauer der Stadt durste sich niemand anbauen. Dergleichen Anbauten drohten Gefahr des Verrats oder hinderten das Besteigen der Mauer. Überhaupt war die ganze städtische Ordnung auch auf den Krieg berechnet. Die Bewohner der Städte nannten sich Bürger und trieben Handel und Gewerbe, übten sich aber auch im Gebrauch der Waffen, um im Falle eines Krieges ihren Herd verteidigen zu können. Auf die Verwaltung der Stadt übten die vornehmen Familien oder Patricier den größten Einfluß aus. Nach ihren Gewerben traten die Bürger in engere Verbindungen, die man Zünfte, Gilden oder Innungen nannte. Niemand durfte Meister werden, der in seinem Gewerbe nicht die erforderliche Fähigkeit besaß. Jede Znnst hatte ihre eigenen Banner und Zeughäuser. Die Zunftmeister waren die Führer gegen den Feind. Häuser und häusliche Einrichtungen. Die Häuser waren meistens sehr einfach ans Fachwerk erbaut und standen mit den Giebeln nach der Straße. Da die obern Stockwerke über die untern hervortraten, so verengten und verdunkelten sie die schmalen Gassen; auch wurden dadurch die Feuersbrünste begünstigt, welche häufig in den Städten wüteten. Es gab damals noch keine Glasscheiben, sondern nur Hornscheiben in den Fenstern, die natürlich wenig Sicht durchließen. — Die häusliche Einrichtung war sehr einfach. Der Hausrat hatte wenig oder keinen Platz und war roh gearbeitet. Mann und Frau aßen aus derselben Schüssel, und ein oder zwei Becher dienten der ganzen Familie. Die Zimmer wurden mit Laternen oder Fackeln beleuchtet. Kerzen gab es nicht. Die Glasur irdener Gesäße

2. Geschichte Deutschlands von der älteren Zeit bis zur Gegenwart - S. 199

1901 - Berlin : Rentel
— 199 — Auch die Gewerbthätigkeit suchte er zu unterstützen. In Berlin ließ Friedrich eine Porzellanfabrik anlegen, die sehr bald durch ihre Waren der Staatskasse größere Einnahmen brachte. Eine Kattunfabrik, eine Baumwollenspinnerei und eine Fabrik für Sammetwaren ließ der König in Berlin anlegen und führte hier auch die erste Spinnmaschine ein. Tie in Schlesien eingerichteten Spinnschulen gaben der dort schon blühenden Leinwanderzeugung einen größeren Aufschwung, so daß der Absatz der schlesischen Gewebe bis nach Amerika ein bedeutender wurde. — Auch J)ie schönen Künste förderte Friedrich. Bei dem Bau des Schlosses von Sanssouci sah man besonders auf Schönheit der Formen. Bekannt ist, wie sehr er die Musik liebte und die bessern Komponisten in ihrem Streben ermunterte. Tao Steuerwesen. Aus ausländische Waren legte man eine Steuer, um neben der Geldeinnahme, die der Staat dadurch erzielte, auch das inländische Gewerbe zu heben. Es wurde eine strenge Zollordnung, Regie, eingerichtet, nach welcher besonders Kaffee und Tabak einer hohen Steuer- unterlagen. Letztere erschien vielen drückend und lästig, umsomehr, als der König dieselbe fast nur von Franzosen verwalten ließ, die er überhaupt sehr begünstigte. — Fleisch und andere notwendige Bedürfnisse des Volkes blieben nnbesteuert. Tie Rechtspflege. Friedrich besaß eine große Gerechtigkeitsliebe, und er wollte, daß die Richter gauz unparteiisch das Recht sprechen wllten, damit die Seufzer der Witwen und Waisen, auch anderer Bedrängten nicht ans ihr und ihrer Kinder Haupt kommen möchten. Auch dem Geringsten des Volkes war es verstattet, sich mit seiner Beschwerde unmittelbar an den König zu wenden, der die Klage streng und genau untersuchte. Tie neue Gerichtsordnung (Codex Fridericianus), welche er dem Lande mit Hilfe seines Großkanzlers Coceeji gab, wirkte sehr segensreich. Durch dieselbe erteilte er dem Kammergericht zu Berlin die Macht, in des Königs Namen alle dahin gehörigen Gerichtssachen zu entscheiden. Zn dem preußischen Landrecht, einem der wichtigsten Gesetzbücher der neuen Zeit, welches erst unter seinem Neffen und Nachfolger Friedrich Wilhelm Ii. vollendet wurde, legte er den Grund. . Der Müller in Sanssouci. Wie groß im Volke das Vertrauen auf die Gerechtigkeit des Königs war, beweist die Geschichte von dem Müller in Sanssouei. Die Windmühle, welche in der Nähe des Schlosses ^an-wuci stand, war nämlich dein Könige im Wege ] deshalb wollte er stc dentjnüller für einen hohen Preis abkaufen und ihm außerdem noch eine bessere Mühle geben. Toch der Müller wollte sein väterliches Erbe mcht veräußern und lehnte hartnäckig die Wünsche des Königs ab. Als ^^rikßlich wurde und dem Manne bemerklich machte, daß er Macht habe, ihm auch gegen seinen Willen die Mühle zu nehmen, erwiderte der Müller: „Ja, wenn nur das Kammergericht zu Berlin nicht wäre. ia der König nun hörte, wie sest man auf seinen Gerichtshof Inv-rr' ustl1'u C1‘ *)cm Kauf der Mühle Abstand und beunruhigte den Müller nicht weiter. Reisen. Im Monat Mai reiste der König jährlich in die Provinzen, iah überall nach dem Rechten und suchte besonders zu verhindern, Dst.j Mächtige deu schwachen unterdrücke. Friedrich liebte es nicht, mit ^ob- und Lchmeichelreden empfangen zu werden; doch sprach er gern auch mit dem geringsten Manne. „Tie armen Leute," sagte er, „wissen, datz ich der Landesvater bin, und oft haben sie gewiß Ursache, 'sich zu

3. Geschichtliches Lesebuch - S. 57

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Iv. v. Sybel. Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. 57 leise, Verkennen der Bedürfnisse des realen Lebens neben Übertreibung des juristischen Formalismus, Nachlassen des geistigen Verkehrs zwischen Regierenden und Regierten, zwischen Beamten und Volk, in Preußen ebenso wie in den kleineren Staaten. Ein nicht immer nötiger Befehlshaberton galt für unerläßlich zur Aufrechthaltung der Autorität, und vollends die Sicherheitspolizei, angestachelt durch die politischen Sorgen der höchsten Stellen, bewegte sich in einem hofmeisternden, argwöhnischen und kleinlichen Treiben, welches die herrschende Mißstimmung nie zur Ruhe kommen ließ. Denn trotz alles Guten, welches wir eben berichtet haben, blieb der Zorn über die Ausnahmegesetze von 1832 im Wachsen und verbreitete sich durch alle Klassen der Bevölkerung. Zwar die äußere Ordnung wurde an keiner Stelle mehr gestört; die Zeitungen lagen in den Fesseln der Censur, und das neue badische Preßgesetz mußte nach Bundesbefehl durch den Großherzog zurückgenommen werden. In den Kammern verlor die liberale Partei wieder die Majorität und hielt sich in behutsamer Defensive, um nicht neue Gewaltschritte des Bundes hervorzurufen. Aber nur um so tiefer fraß sich der Groll in die Herzen ein. Viele Tausende, die 1830 bei den Aufläufen in Kassel und Dresden den Pöbelexceffen gewehrt oder 1832 ans dem Hambacher Feste harmlos gejubelt hatten, gelobten sich jetzt, wenn es wieder losginge, selbst mit kräftigem Handeln dabei zu fein. Neun Zehntel der deutschen Bürger erfüllten sich im Angesichte der Reaktion mit demokratischen Gedanken, die Gemäßigten mit Begeisterung für den parlamentarischen Staat, wo ein Beschluß der Volksvertretung die Minister aus dem Amte entfernt oder in dasselbe einsetzt, die Heißblütigen mit dem Ideale der Republik, wo der Wille des gesamten Volkes über Gesetzgebung und Exekutive in unbeschränkter Freiheit entscheidet. Noch hatte keine Erfahrung darüber belehrt, wie notwendig jedem großen Gemeinwesen ein mächtiges Organ der Stetigkeit in seiner Politik ist, ein Organ, für welches keine andere Staatsform gleiche Aussicht wie die Erbmouarchie darbietet. Auch darüber war man begreiflicher Weise damals noch nicht klar, daß die parlamentarische Regierung in England nur deshalb einen sichern und gedeihlichen Gang hatte behaupten können, weil sowohl die Volksvertretung als die Verwaltung von zwei fest organisierten und politisch geschulten Adelsgruppen geleitet wurde, die sich im Besitz der Ministerien ohne Störung der Geschäfte ablösten. Außer aller Beachtung blieb die für die Beurteilung eines demokratischen Staatswesens entscheidende That-

4. Geschichtliches Lesebuch - S. 60

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
60 Iv. v. Sybel, Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. horsam unter den Satzungen der klerikalen Hierarchie auferlegt hatte. Der Kampf mit den Staatsgewalten konnte nicht ausbleiben. In Preußen entspann er sich in Sachen des theologischen Universitätsunterrichts und der gemischten Ehen: nach langen Verhanblungen kam es 1837 zum offenen Zwiespalt, und die Regierung ließ den wortbrüchig geworbenen Erzbischof von Köln nach Minben in Haft bringen, den in gleichem Sinne wirkenben Erzbischof von Posen aber durch gerichtliches Urteil absetzen. Das Kölner Domkapitel und der Fürstbischof von Breslau hielten zur Regierung, bei der rheinischen und polnischen Bevölkerung jeboch zeigte sich eine heftige Gärung. Eben bamals war in München der eifrig klerikale Herr von Abel leitenber Minister geworben und ließ der ultramontanen Presse bei den heftigsten Angriffen gegen Preußen freien Lauf, und bieses Mal erhob auch Metternich, welcher soeben den Jesuiten den von Kaiser Franz stets geweigerten Zugang nach Österreich eröffnet hatte, keinen Einspruch gegen die bunbeswibrige Verstattung schrankenloser Preßfreiheit. So war in allen deutschen Lauben eine in den mannigfachsten Farben durch einanber wirbelnbe Bewegung der Geister erwacht. Der ganze bisherige Zustand war ohne eine Spur materieller Auflehnung durch eine kecke Kritik in Frage gestellt. Da trat 1837 ein Ereignis ein, welches die politische Agitation für ein volles Jahrzehnt in ihren Bestrebungen fixierte und ihr einen unverrückbaren gemeinsamen Zielpunkt gab: der Verfafsungssturz in Hannover durch den neuen König Ernst August. Unter lügenhaften Vorwanben, hauptsächlich zu dem Zwecke freierer persönlicher Verfügung über das Staatsvermögen unternommen, staub die Umwälzung sowohl mit dem Lanbrecht als mit der Wiener Schlußakte in fchreienbem Wibersprnch. Der Unwille in ganz Dentschlanb trat offen au das Licht, als mit einem neuen Gewaltstreich der König sieben Göttinger Professoren, die unter Dahlmanns Vorgang ihrem Verfaffungseibe treu zu bleiben erklärten, kurzer Hand absetzte und brei berselben aus dem Laube jagte. Die deutschen Volksvertretungen, Universitäten, Spruchkollegien wetteiferten, in den schärfsten Beschlüssen und Gutachten der öffentlichen Entrüstung Ausbruck zu geben; die Verteidigungsschriften Dahlmanns und Jakob Grimms stmbert die weiteste Verbreitung; ein großer Verein, der sich zur Unterstützung der Vertriebenen gebilbet hatte, gewann Mitglieber in allen deutschen Städten. Dagegen war in Hannover selbst nach der ersten Aufwallung bei der bebächtigen nieberfächsischen Bevölkerung der Kampfeseifer Weber heiß noch thätig, inbefsen kam es zu einer

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 107

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 107 imstande, wenig Worte zu Ihnen zu reden. — Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, solange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt; ich gelobe hier feierlich, als das von Ihnen gewählte Organ Ihrer Versammlung, die höchste Unparteilichkeit. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen. Wir sollen schassen eine Verfassung für Deutschland, für das gesamte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränität der Nation. (Stürmisches-Bravo.) Den Berus und die Vollmacht, dieses Versassuugs-werk zu schassen, hat die Schwierigkeit in unsere Hände gelegt, um nicht zu sagen die Unmöglichkeit, daß ey auf anderem Wege zustande kommen könnte. Die Schwierigkeit, eine Verständigung unter den Regierungen zustande zu bringen, hat das Vorparlament richtig vorgefühlt und uns den Charakter einer konstituierenden Versammlung vindiciert. Deutschland will Eins sein, ein Reich, regiert vom Willen des Volkes, unter der Mitwirkung aller seiner Gliederungen; diese Mitwirkung auch der Staaten-Regierungen zu erwirken, liegt mit im Berufe dieser Versammlung. Wenn über manches Zweifel besteht und Ansichten auseinandergehen, über die Forderung der Einheit ist kein Zweifel, es ist die Forderung der ganzen Nation. Die Einheit will sie, die Einheit wird sie haben, sie befestigen, sie allein wird schützen vor allen Schwierigkeiten, die von außen kommen mögen, die im Innern drohen." Die Versammlung, der diese Worte galten, ging an ihr Werk, fest überzeugt von ihrem Recht und ihrer Macht: in dem uner-schüttlichen Glauben, daß sie dürfe und daß sie könne, was sie sich vorgesetzt, daß ihre Vollmacht unbestreitbar und unanfechtbar sei wie das Licht der Sonne und daß dem nationalen Willen, dem sie Körper und Gestalt zu verleihen habe, nichts unerreichbar sei, daß ihm nichts, schlechterdings gar nichts widerstehen werde. Von diesem Glauben war Heinrich von Gagern erfüllt mit Leib und Seele; ihn bekannte er in dieser seiner ersten Rede mit dem Brustton tiefster Durchdrungenheit und in Worten, die zündend einschlugen, weil sie ganz kunstlos und unmittelbar das trafen, worüber alle einig waren oder einig zu sein glaubten, und nichts von dem berührten, was die Geister trennte. Und in der Seelenkraft, mit der er hier zum erstenmal gewirkt, lag nun das, was ihm an der Spitze dieses Parlaments eine ganz eigenartige Stellung gab. Obgleich weder ein geistreicher Kops, noch ein

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 150

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
150 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. richtig damit, es lasse sich dem nicht widersprechen, es sei gar nicht auszukommen in Haus und Hof ohne das Einmaleins; gerade ebenso ist es im Staatswesen mit dem Erbrechte beschaffen, welches ich hier zu verteidigen übernommen habe. Da läßt sich freilich auseinandersetzen, vor welchen Übeln das Erbrecht uns bewahrt, wie es bewahrt vor den mannigfachen und schwer empfundenen Übeln der Wahlberechtigung, wie es bewahrt vor den Übeln des Zwischenreichs zc. Aber am Ende kehrt es doch immer auf das allereinfachste zurück, und wir müssen zugestehen, daß gerade da das Erbrecht sich am unliebenswürdigsten beweist, wo es am meisten staatsmännisch auftritt, indem es nämlich in seiner vollkommenen Ausbildung auf höchst ungalante Weise alle Frauen ausschließt von dem Throne, solange noch einer vom Mannesstamme vorhanden ist, indem es alle Jüngeren ausschließt, alle jüngeren Prinzen, solange noch ein älterer da ist, indem es endlich keinem Prinzen einen Teil am Genusse der Herrschaft vergönnt, bis die Reihe an ihn gekommen ist, überhaupt aber jedem Erbberechtigten nur das Ganze des Staates übrig läßt, indem es ihn jedes Anrechts an einen Staatsteil beraubt. Und dennoch hat dieses System der Erbherrschaft neben so vielen Herbigkeiten auch seine zarte und in das innere Wefen der Menschheit dringende Seite. Nachdem es vor allen Dingen den Staat sichergestellt hat, denn der Staat muß in alle Wege die Hauptsache bleiben, führt es in das Staatswesen die Wärme der Familie ein, indem es die Herrschaft an ein regierendes Haupt knüpft. Ich weiß gar wohl, meine Herren, daß ich hiermit, wenn ich das Lob der Erbherrschaft rede, eine Saite anschlage, die in den Augen vieler von Ihnen längst zersprungen ist. Das aber hindert mich auf keine Weise. Erlauben Sie, daß ich eine schlichte Thatsache schlicht erzähle, die sich zu Ende des Jahres 1812 in Mitteldeutschland begab. Damals war der erste Strahl der Hoffnung nach Deutschland gedrungen, daß wir wohl des fremden Regiments erledigt werden möchten. Da fanden sich in Mitteldeutschland Volksversammlungen vornehmlich von Landleuten und Bauern zusammen. Man beredete sich, wie es zunächst werden solle. Darin waren alle einig, die Fremden müßten vertrieben werden, aber sollte man den alten Fürsten wieder aufnehmen, das war die Frage. Es begab sich, daß auch in einem Lande, ich will es lieber nicht nennen, wo der alte Fürst keineswegs gelobt und sonderlich geliebt war, — man wußte ihm manches, was nicht zum Frieden diente, nachzureden, — in der Schänke eines Dorses diese Sache verhandelt ward. Viel war hin-

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 154

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
154 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. dürfe das Opfer seines Daseins nicht für eine ungewisse deutsche Zukunft bringen. Diese Männer vergessen dabei freilich etwas Großes, sie vergessen, daß die Grundlage, auf welche der große Kurfürst und Friedrich Ii. bauten, daß diese Grundlage, namentlich die der absoluten Herrschaft, für immer verschwunden ist; sie vergessen, daß damals, als Preußen so tief gesunken war, Deutschland mit ihm sank; sie vergessen, daß damals, als Preußen wieder erstand und herrlich erstand, Deutschland mit ihm erstand, und daß beide Größen nicht ohne einander wieder erstanden wären. Ich will meine Meinung unbekümmert sagen, wie übel sie auch von verschiedenen Seiten aufgenommen werde. Ihr dämpft das Feuer der Anarchie in Deutschland nicht, Ihr dämpft dieses zerstörende Feuer weder in den kleinen Staaten, noch in den mittlern, noch in den großen endlich und in den größten der rein deutschen Staaten, als nur aus einem Wege, nur ans dein Wege, daß Ihr eine kraftvolle Einheit einsetzet und durch diese Einheit die Bahn für die deutsche Volkskraft eröffnet, die zur Macht führt. Die Bahn der Macht ist die einzige, die den gärenden Freiheitstrieb befriedigen und sättigen wird, der sich bisher selbst nicht erkannt hat. Denn es ist nicht bloß die Freiheit, die er meint, es ist zur größeren Hälfte die Macht, die ihm bisher versagte, nach der es ihn gelüstet. Deutschland muß als solches endlich in die Reihe der politischen Großmächte des Weltteils eintreten. Das kann nur durch Preußen geschehen, und weder Preußen kann ohne Deutschland, noch Deutschland ohne Preußen genesen. Und so komme ich doch am Ende wieder auf das, was ich das Einmaleins nannte, zurück. Deun das ist denn doch wohl ein ganz Einfaches, daß eine Macht wie Preußen nicht auf die Probe berufen werden kann. Man kann einen Teil feines Wesens allenfalls hingeben an ein anderes, man kann allenfalls mithelfen zur Herrschaft, man kann das politische Pfuscherwerk einer Trias oder eines Turnus mit aufputzen helfen; allein sein ganzes Wesen, das giebt man nicht für drei, sechs oder zwöls Jahre hin, sein ganzes Wesen giebt man nur hin, uni in ein höheres Wesen für alle Dauer überzugehen. Meine Herren, ich verdamme niemandes Abstimmung, allein, was mich persönlich angeht, ich würde glauben, gebrochen zu haben mit allem, was mir vaterländisch teuer und heilig ist, gebrochen zu haben mit meinem Vaterlande, wertn ich anders meine Stimme abgäbe als für die Einheit Deutschlands, für die erbliche Krone meines Vaterlandes. — So bin ich gesonnen und werde so gesonnen bleiben und bis an mein Ende den Glauben festhalten,

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 28

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
28 Ii. v. Sybel, Erste Jahre des Bundestags. gelegenheiten ihrer Sphäre in schöner Freiheit, die niedern nnbelästigt durch die Bureaukratie, der König ungehindert durch ein herrschgieriges Parlament. Ein freier König regiere ein freies Volk. Also nirgends Revolution und Freiheit überall. Nur für eine Kleinigkeit blieb kein Raum, für die Freiheit der Bürger und der Bauern. Und ebenso fraglich war es, wie bei dem freien Walten all jener Mediat-Obrigkeiten die Macht der Krone und die Einheit des Staats bestehen könnte. Dem Fürsten Metternich, dessen ganzes System auf der Un- mündigkeit des Volkes und der Zersplitterung des deutschen Bodens beruhte, waren die feudalen Lehren auf das höchste willkommen. Wie oft hat er dem König vorstellen lassen, daß Preußen nach der Verschiedenheit seiner Bestandteile kein Einheitsstaat werden könne. Pro-vinzialstände seien trefflich, Reichsstände gefährlich. In gleichem Sinne empfahl er auch Herstellung der Binnenzölle anstatt des neuen Grenzzollsystems. Der konservativen Gesinnung der preußischen Beamten traute er nicht über den Weg; um so gewisser sah er in den Grundsätzen der altständischen Partei das zuverlässige Bollwerk gegen die sociale Revolution. Was ließ sich vom österreichischen Standpunkte Dringlicheres zur Empfehlung dieser Grundsätze sagen, als daß durch Befolgung derselben Preußen sehr bald zur Höhe der österreichischen Zustände emporsteigen würde? Der König, von den verschiedensten Seiten bestürmt, schwankte längere Zeit. Endlich, am 11. Juli 1821, kam die Entscheidung. Eine von Hardenberg im modernen Sinn entworfene Kommunalord-nnng wurde abgelehnt, die Einrichtung der Provinzialstände beschlossen, die Berufung der Reichsstände vertagt. Die nähere Gestaltung des ständischen Wesens überließ der König seitdem seinem geistreichen Sohne, dem den altständischen Anschauungen zugeneigten Kronprinzen. Es dauerte daun noch bis 1823, ehe das Gesetz über die Provinzialstände fertig war, und als sie endlich an das Licht traten, hatte die feudale Partei zwar den Triumph, daß die Ritterschaft in allen Landtagen das entscheidende Übergewicht besaß, die hohe Beamtenschaft aber hatte dafür gesorgt, daß der Wirkungskreis des ganzen Instituts so harmlos, so enge, so bescheiden wie möglich gezogen war, mit strengem Verbot der Bekanntmachung ihrer Verhandlungen, so daß ihre Thätigkeit der eigenen Provinz verborgen blieb. Diese Schöpfung that der Machtfülle der Krone und der Straffheit der Staatsverwaltung wahrlich keinen Eintrag.

9. Geschichtliches Lesebuch - S. 81

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Vi. Freytag, Das Hambacher Fest. 81 Fürsten und Volksvertreter, alle politischen und socialen Parteien haben dafür und dagegen gerungen. Die Männer, welche an dem Hambacher Fest mit ganzem Herzen teilnahmen, nannten sich selbst zum Unterschied von den gemäßigten Liberalen die Entschiedenen. Ihnen allen war wohl gemeinsam, daß sie die Herrschaft der erlauchten Familien in den deutschen Staaten für eine ungemütliche Erfindung der Vergangenheit hielten, welche schwerlich anders als durch Beseitigung des monarchischen Prinzips unschädlich gemacht werden könnte. Denn man merke wohl, sie waren fast sämtlich aus den Staaten des Rheinbundes. Wer aber näher zusieht, erkennt leicht, daß unter ihnen schon damals zwei grundverschiedene Auffassungen der Politik hervortraten. Die einen stehen in Abhängigkeit von der französischen Bildung jener Jahre, sie verkünden Solidarität der liberalen Jntereffen in Europa, die Pflicht für jedes fremde Volkstum sich zu begeistern, sind nicht frei von kommunistischen Ideen und begünstigen den Kampf gegen das Kapital. Die andern stehen fest auf deutscher Nationalität, betrachten die demokratische Bewegung Frankreichs mit Mißtrauen und sind dem Treiben der Socialisten abhold. Es waren diese beiden Richtungen, welche sich achtzehn Jahre später in den badischen Kammern und anderswo feindselig trennten, die erstere steht noch heute in schwächlichem Kampf gegen das neue Staatsleben der Deutschen, die zweite hat ihre Versöhnung mit dem monarchischen Prinzip geschlossen und wird durch die liberalen Parteien unseres Staates vertreten. Freilich waren damals auch die deutsch gesinnten Patrioten, welche sich nicht mit den unsicheren Träumen von allgemeinem Weltbrand und europäischer Republik befriedigten, in verhängnisvoller Unsicherheit über den Umfang ihres künftigen Deutschlands. Wie die österreichische Ländermasse dazu stehen sollte, wußte keiner zu sagen. Es ist noch lange nachher ein ganzes Jahr parlamentarischer Verhandlungen nötig gewesen, um darüber eine politische Forderung zu erzeugen. Und ferner war ihnen das Wesen des preußischen Staates fast unbekannt. Sie vergaßen gern, daß Preußen damals vierzehn Millionen Deutsche umfaßte, fast mehr als die kleinen Bundesstaaten zusammen, und daß eine festorganisierte Einheit, die bereits die reichliche Hälfte des Ganzen war, bei jeder Neubildung deutscher Verhältnisse ein entscheidendes Wort sprechen mußte. Gern trösteten sie sich mit der Annahme, daß man auch in Preußen sehr unzufrieden sei und daß viele aus der Rheinprvvinz gern unter ihnen Müller, Geschichtliches Lesebuch. ß

10. Geschichtliches Lesebuch - S. 64

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
64 Y. Pfizer, Kosmopolitismus und Nationalität. man es für unmenschlich und frevelhaft, ihn von seiner Familie weg zu verkaufen, Weib und Kinder ans seinen Armen zu reißen; aber Nationen werden immer noch ohne Gewissensregung zerstückelt, auseinandergerissen und mit den abgehauenen blutenden Gliedern Schacher getrieben, wenn gleich der Despot Napoleon selbst es ausgesprochen hat: „daß diejenigen nicht mit dem Geiste des Jahrhunderts übereinstimmen, welche meinen, daß die Nationen Viehherden seien, die nach göttlichem Recht einigen Familien angehören". Denn eben die neue Zeit säugt an, die Rechte der Nationen geltend zu machen und zurückzufordern. Immer klarer tritt es hervor, daß mit den Sprachen sich die Böller teilen, Nation und Sprache aber identisch sind, und daß es frevelhaft und thöricht ist, zu scheiden, was die ewigen Gesetze der Natur und der Geschichte verbunden haben. Die Sprache ist der halbe Mensch, und zwar diejenige Hülste des Menschen, durch welche er einer Nation angehört: so weit eine Sprache reicht, so weit reicht auch eine Nation: dies ist (einzelne Ausnahmen, wie sich überall von selbst versteht, abgerechnet) das leitende Prinzip der neuen Zeit, welche Nationen bilden will, und zwar nicht bloß eine herrschende, sondern ans der Grundlage einer ehrlichern, naturgemäßem Politik und gegenseitiger Achtung der nationellen Persönlichkeit viele. In künftigen Jahrhunderten mag freilich wieder ein ganz anderes Prinzip der Gestaltung zur Herrschaft gelangen; aber der große Kampf der Gegenwart, der jetzt die europäische Welt in ihren Grundfesten bewegt und erschüttert, wird um die Existenz und die Rechte der Nationen gekämpft. In diesem Kampf ist zwar Polen dreimal unterlegen, aber Griechenland, Belgien und Irland haben teilweise gesiegt; bald wird Italien nachfolgen, und Deutschland sollte allein zurückbleiben? Wie die Nichtachtung der freien Persönlichkeit das absolute Unrecht, der Inbegriff aller Verbrechen ist, so kann auch ein Volk nicht freventlicher beeinträchtigt, nicht tiefer im Mark des Lebens angegriffen werden, als wenn man feine Nationalität antastet. Das heiligste Recht einer Nation ist das, als solche zu bestehen und anerkannt zu werden, solange sie die Kraft hat zu bestehen; hat sie diese Kraft verloren, so geschieht ihr freilich kein Unrecht, wenn ihrem selbständigen Dasein ein Ende gemacht wird. Aber wehe dem Volke, bei welchem das Bewußtsein der Nationalität nie erwacht oder auf immer eingeschlafen ist! Es gleicht dem dumpfen Sklaven, der vor dem Gedanken der Befreiung zittert, dem Hunde, der die Hand leckt, die ihn schlägt.
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