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1. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 53

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
53 der Kirche und ihrer Priester bestimmt der König, daß jedem Gotteshause ein Hof und zwei Hufen überwiesen werden sollen. Je 120 Einwohner eines Kirchortes, einerlei, ob Edelinge, Frilinge oder Liten, müssen dem Priester einen Knecht oder eine Magd überlassen. Der König tritt ein Zehntel seiner sächsischen Bann- und Friedensgelder an die Kirche ab. und Adelige, Bauern und Hörige haben ihr den Zehnten ihrer Erträge abzuliefern. Jede Ausübung des heidnischen Götterdienstes wird mit dem Tode bedroht: wer Kirchen verletzt, während der Fasten Fleisch genießt, einen Geistlichen ermordet, Hexen oder Leichen verbrennt, der Taufe sich entzieht, heidnische Menschenopfer begeht, sich an einer Verschwörung gegen die Christen oder den König beteiligt, soll sterben. Hohe Strafe soll erleiden, wer die Kindertaufe im ersten Jahre versäumt, kirchlich verbotene Ehen schließt und heidnische Gelübde thut. Die Toten sollen auf den Frithöfen der Kirche und nicht in den Grabhügeln der Heiben begraben werben, Zauberer und Wahrsager sind den Priestern auszuliefern, an Sonn- und Festtagen dürfen feine Ge-richtsversammlungen abgehalten werben. (Nitzsch.) Wer die auferlegte Gelbbuße nicht bezahlen konnte, mußte für eine entsprechend Zeit Knecht werben. Einige Verbrechen zogen für den roohlhabenben Missethäter Verlust des Vermögens, für den besitzlosen die Prügelstrafe nach sich. Leute, welche sich dem Befehle des Grafen nicht fügen wollten oder sonst für den Staat gefährlich waren, würden verbannt. Gefängnisstrafe trat nur zu dem Zwecke ein, einen zur Gelbbuße verurteilten Menschen zur Erfüllung des Urteils zu zwingen. Auch sperrte man wohl Geistliche ins Kloster ober schor Laien zu Mönchen. Überall brangen die Verorbnungen des Kaisers baraus, durch ein geordnetes Gerichtsverfahren die Blutrache abzuschaffen. — Neben den Grasen- und Sendbotengerichten bestanden für die Geistlichen®”!^ und Mönche die bischöflichen Gerichte. Deren schwerste Strafe war die Exkommunikation (Ausschluß von der kirchlichen Gemeinschaft). Nachdem Karl in der oben angegebenen Weise basür gesorgt hatte,^rlais daß seine Unterthanen in Frieden und befreit von den brücfenbften roirt-Forberungen des Staates ihrer Beschäftigung nachgehen konnten, richtete er fein Augenmerk auf die Art und Weise, wie die tierschiebenen Arten der Berufsthätigkeit zum Wohle des Einzelnen wie des Ganzen verbessert werben könnten. Der weitaus größte Teil der Bewohner seines Reiches trieb Lanbwirtfchast, ihr wanbte Karl beshalb seine

2. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 41

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
41 die Erhebung der Anklagen oder ,Rügen' sowie auch die Vollstreckung der gefällten Urteile sicherten. Ein Netz spannte sich über das ganze Reich, dessen Maschen so leicht kein Bösewicht entging. Der Schrecken, den die heilige Feme verbreitete, war so groß, daß man nicht wagte, nach den geheim gehaltenen Verhandlungen zu forschen, und daß das mutigste Herz erbebte, wenn in der Stille der Nacht die drei Schläge, mit denen der Fronbote die Anheftung des Ladebriefes verkündete, schauerlich durch die Hallen des Hauses tönten. Mächtige Reichsfürsten erschienen auf das Gebot des Femgerichtes, dessen Geheimnisse nicht einmal dem Priester im Beichtstühle verkündet werden durften, und drei Freigrafen sind es gewesen, die Kaiser Friedrich Iii., seinen Kanzler und sein Kammergericht zweimal vor ihren Stuhl gefordert haben, damit der Kaiser ,daselbst seinen Leib und die höchste Ehre verantworte bei Strafe, für einen ungehorsamen Kaiser gehalten zu werden'. Als die große Macht der Femgerichte diese zum Mißbrauch derselben verleitete, und die inzwischen selbständig gewordenen Landesherren für eine kräftige Handhabe des gemeinen Rechts sorgten, ward die Thätigkeit der Freigrafen mehr und mehr beschränkt. Schon irrt sechzehnten Jahrhundert sind sie nur noch in Westfalen wirksam, werden auch dort bald den Landesgerichten untergeordnet und mit der Erledigung von Polizeifällen beschäftigt. So haben sie bis in unser Jahrhundert hinein fortbestanden. Im Jahre 1811 fielen sie der französischen Gesetzgebung zum Opfer. Der letzte Freigraf starb 1835 in Wörl." (Nach verschiedenen Verfassern.) Die Femgerichte hatten ein wenig rühmliches Ende gefunden, aberlandes-auch die Quelle ihrer Macht, der Kaiser, sah die Stützen seines Regimentes mehr und mehr den Zusammenhang mit dem Oberhaupte des Reiches lockern. Wie der Mangrovebaum in der heißen Zone aus seinen knotigen Ästen zahlreiche Luftwurzeln entsendet, die in den Boden herabsteigen und sich dort zu selbständigen Pflanzen entwickeln, so hatte auch das Kaisertum viele Beamte, Grafen und Herren, ins Reich gesandt, welche an allen Orten desselben den kaiserlichen Willen zur Geltung bringen sollten. Sehr bald wurzelten diese Sendlinge im Boden fest und begründeten eine selbständige Herrschaft, die nur noch lose mit dem alten Stamm zusammenhing und in verhängnisvollen Augenblicken oft ihres Ursprungs sich nicht erinnern mochte. Die „goldene Bulle" hatte das Werk der Ablösung der Glieder vom Stamme nahezu vollendet, als fast „souveräne" Herrscher saßen die Fürsten in ihren Landen;

3. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 42

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
42 Land- stände. „Kaiser und Reich", einst der Schrecken umwohnender Völker, war ein wesenloses Traumbild geworden, das, immer höher steigend, den Blicken der Deutschen entschwand und sich zwischen den unzähligen Sternen des Himmels verlor. Jahrhunderte rauschten vorüber, ehe die neuerwachte Sehnsucht des deutschen Volkes nach seinem Vaterlande das schöne Sternbild dort entdeckte und es im Sturme begeisterter Liebeswerbung dem Himmel wieder abrang. Aber wie unsäglich trostlos sind die Züge des Bildes, das unser herrliches Vaterland unsern Blicken in der Zeit des stetigen Niederganges darbietet! Auch die siegreichen Fürsten empfanden es bald, daß sie die hemmende Fessel der kaiserlichen Oberhoheit nur mit einer anderen vertauscht hatten, die noch schmerzlicher ins Fleisch schnitt: sie waren nun abhängig von dem guten oder bösen Willen ihrer Land stände oder, wie sie ursprünglich hießen, der „lantherren". Wie für das ganze Reich Reichs- und Hoftage vom Kaiser berufen wurden, so fanden in den einzelnen Herzogtümern große Gerichtsversammlungen statt, bei denen aber außer den gerichtlichen auch andere Landesangelegenheiten zur Sprache kamen; diese Versammlungen hießen „ l ant tage •' und erhielten sich bis ins dreizehnte Jahrhundert. Neben diesen „lanttagen" pflegten die Landesherren Hosttage abzuhalten, auf denen sie mit den Großen ihres Fürstentums Lehnrechtfachen, Anordnungen zur Ausführung kaiserlicher Beschlüsse u. a. berieten. Immer aber handelte es sich um Dinge, die das ganze Land betrafen. Die Landherren damaliger Zeit bildeten demnach den Regierungsrat ihres Fürsten. Als diese nun nach Maßgabe der „goldenen Bulle" die Leitung der Zoll-, Münz-, Maß- und Gewichtsangelegenheiten, der Salinen, des Bergbaues, des Gerichtswesens u. s. w. überkamen, waren sie zur Anstellung von Beamten gezwungen, deren Dienste sie bezahlen mußten. Es entstand eine regelrechte Landesverwaltung, deren Verordnungen für Geistlichkeit, Ritterschaft, Bürger und Bauern maßgebend wurde. Naturgemäß vergrößerte sich nun auch der Hofhalt des „unumschränkt gebietenden" Landesherren; was in dieser Beziehung nicht durch die Notwendigkeit erzwungen wurde, das heischte mit unerbittlicher Strenge oft die liebe Eitelkeit, die sich am Schimmer der Krone erfreute. Oberhofmeister, Kammerherren, Hofkämmerer, Hofjunker, Edelknaben, Hofdamen u. s. w., oft in großer Menge, an einigen Höfen weniger zahlreich, wie es der Geldbeutel ober der Wille des jeweiligen Regenten zuließ, verbreiteten den Glanz fürstlicher Herrlichkeit über das ganze Land. Leider hatte dieses nicht immer Ursache sich des Glanzes

4. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 51

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
51 zu den weltlichen Bedrängnissen geistliche Not sich gesellte; als der römische Papst den volkstümlichen Kaiser Ludwig v. Bayern bannte, da schieden sich die Geister, und der klaffende Spalt lag klar zu Tage: die Geschlechter standen meist aus habsburgischer und päpstlicher Seite, während die Zünfte es mit dem gebannten Kaiser hielten. Das nationale Gefühl siegte in den Herzen; die Geistlichkeit empfand es jetzt an sich selbst, daß der Buchstabe tötet, daß nur der Geist lebendig macht. Gegen die mächtige Bewegung der Geister waren die Brandpfeile ihrer Bannflüche ohnmächtig; in dem gewaltigen Strome, der durch die deutsch fühlenden und strebenden Seelen flutete, erloschen sie, und mit ihnen wurden auch die engherzigen, von welscher Staatskunst bethörten Herrschaften in den Städten ins Meer der Vergessenheit geschwemmt. In Speier siegten die Zünfte 1349, in Mainz dauerten die Kämpfe bis 1430. Köln bekam 1396 einen Rat, der aus fechsunddreißig von den Zünften und dreizehn von diesen zugewählten Mitgliedern bestand. In Aachen wurde 1470 die Erblichkeit der Ratsstellen abgeschafft, ein gewählter Rat aus zweiundzwanzig Zünftlern gebildet. In Straßburg siegten 1332 die Zünfte, allein 1349 fand ein Rückschlag statt; doch blieb den Zünften ein Anteil am Regiment; insbesondere mußte der eine Bürgermeister (,Ammeister‘) ans ihnen genommen werden, während der andere (,(Stättemeister6) frei ans allen Bürgern gewählt werden konnte. Auch in Augsburg traten am Abend des 21. Oktober 1368 die Zünfte gewaffnet beim Perlochturme unter ihre einundzwanzig Banner und führten eine Änderung der bisherigen Ordnung herbei. Dreißig Ratsstellen nehmen sie für sich in Anspruch, während den Geschlechtern nur fünfzehn bleiben. Diese Verfassung hat lange Jahre zum Wohle der Stadt bestanden, bis Karl V. nach dem schmalkaldischen Kriege den Patriciern die Herrschast zurückgab. Als Augsburg 1806 seine Selbständigkeit verlor und bayrische Landstadt wurde, stand die von Karl V. eingeführte Neuordnung noch in Kraft. Kampf innerhalb der Mauern und Kampf vor den Thoren! Das stät>te= ist das Gepräge der Zeit. Auf den Höhen, welche die Stadt um- nisie." geben; an dem Strome, den die reichbeladenen Schiffe befahren; in den Sümpfen, an denen die Heerstraße vorüber führt — allüberall lauern sie, die Feinde bürgerlichen Glückes, die Raubritter. Große Herren führten den Reigen des Raubadels, kein Wunder, daß die kleinen, und saßen sie gleich in dem jämmerlichsten Burgneste, sich für vollberechtigt hielten, die ,Pfeffersäcke' auszuplündern und dann noch ein hohes 4 *

5. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 33

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
33 zum Gegenstände ihrer Vorlesungen und gaben Erklärungen (Glossen) dazu. Dieses Recht drang auch in Deutschland ein, da, wie bereits angedeutet ist, die bestehenden Gesetze sehr verschieden waren, für manche Fälle gar nicht ausreichten und keine Fortbildung erfuhren. Dazu kam, daß ein bedeutender Bruchteil der Bevölkerung, die Geistlichen, von den Tagen des Bonifacius an bereits nach römischem Rechte lebte, und daß endlich auch die Kaiser deutscher Nation die Einführung dieses Gesetzbuches eifrig beförderten. Es begünstigte nämlich die rechtliche Begründung ihrer Oberhoheit und ward von ihnen um fo unbedenklicher angenommen, da sie sich als die Rechtsnachfolger der alten römischen Kaiser betrachteten. Ganz allmählich vollzog sich nun eine Wandlung: Doktoren des römischen Rechts nahmen die Richterstühle ein, und an die Stelle des öffentlichen und mündlichen Verfahrens trat das geheime und schriftliche. Es half den Schössen nichts, daß sie der Einführung des römischen Rechts widerstrebten; 1342 befahl Kaiser Ludwig der Bayer, „daß das kaiserliche Hofgericht ,nach kunig und kaisern, seiner vorfaren an dem römischen riche, und ihre geschrieben Rechten4 richten sollte, und die Reichskammergerichtsordnung (1495) verwies die Richter ,anf des Reichs und gemeine Rechte', jedoch auch auf Statuten und Gewohnheiten." Nachdem im fünfzehnten Jahrhundert die oberen Gerichte rechtsgelehrte Richter bekommen hatten, vollendete sich die Einführung der fremden Gesetze im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert, als auch die Untergerichte von Jüngern römischer „Meister" geleitet wurden. Der Widerspruch des deutschen Volkes gegen die Anwendung des Codex jur. war indes ein zu lebhafter, seine Klagen darüber zu laut gewesen, als daß die Geltung eines Rechtes, das von ganz anderer Auffassung ausging, auf andern Gewohnheiten und wirtschaftlichen Bedingungen beruhte, eine unbeschränkte hätte werden können. Es ist daher nur zum Teil angenommen worden und hat sich selbst in dieser Beschränkung deutschen Verhältnissen anbequemen müssen. Die immer stärker werdende Sehnsucht nach Befreiung von dieser drückenden Last führte zu gesetzgeberischen Versuchen, die eine Zurückdrängung des römischen Rechts zur Folge hatten. Das allgemeine preußische Landrecht von 1794 ließ das römische Recht nur als Aushilfsrecht bestehen, in demselben Geiste war das österreichische Gesetzbuch von 1811 verfaßt worden, und als man nach der großen französischen Revolution (von 1789 bis Deutsche Kulturgeschichte. Ii. 3

6. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 8

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
es dem Kaiser gelungen war, das große Herrengeschlecht der Welsen zu demütigen; die gewaltig herrschenden Babenberger waren (1246) ausgestorben, die glänzenden Hohenstausen vernichtet. Die noch waltenden Wittelsbacher, in zwei Linien — die bayrische und die pfälzische — gespalten, schwächten ihre Macht durch Familienseindschasten, die Askanier und die Wettiner endlich hielten sich Don den allgemeinen Reichsangelegenheiten fern und verwendeten ihre ganze Kraft aus die Verstärkung ihrer landesherrlichen Gewalt im Innern und nach außen. Zum Spott der Nachbarvölker sank die kaiserliche Gewalt, wie der Scheinkönig sie übte, herab, mit der Gauverfassung schwand ihr der Boden unter den Füßen dahin. Die kirchlichen Mächte, die vom Papste geführt, so wacker geholfen hatten, mit dem Kaiser „den Richter aus Erden" zu vernichten, erkannten ihren verhängnisvollen Irrtum jetzt zwar, aber helfen konnten sie auch nicht. Bistümer und Klöster wurden manchmal hart bedrängt von den weltlichen Herren; mußte doch der Bischof v. Straßburg einen schlimmen Kampf mit den Bürgern dieser Stadt führen, ihr Hauptmann war Graf Rudolf v. Habsburg und dieser belästigte den Kirchensürsten so hartnäckig, daß derselbe nur durch Zahlung bedeutender Geldsummen den Gegner sür einige Zeit los werden konnte. — Eine schöne Zeit war sür die Raubritter gekommen, sie hatten keine Strafe zu fürchten, wenn sie Kaufleute „niederwarfen", ihrer Waren beraubten und in den Turm führten, wo die Ärmsten oft lange schmachten mußten, ehe das Lösegeld für sie zusammengebracht war. Völlig vogelfrei war der Bauer in dieser Zeit des Schreckens: was ihm blieb, wenn er seinem Herrn die Fronden, Steuern it. s. w. geleistet hotte, das nahmen ihm die „Schnapphähne und Wegelagerer". Nach außen hin blieb trotz der innern Wirren das Gebiet des Reiches im ganzen in seinen alten Grenzen bestehen. Gegen die Ungarn kämpften die Babenberger siegreich, den Slaven im Osten und Nordosten wehrten die tapfern Wettiner und die Askanier; Waldemar von Dänemark, der Holstein, Pommern, Lauen-bürg und Mecklenburg unter seine Botmäßigkeit gebracht hatte, verlor mit der Schlacht bei Bornhöved (1227) auch seine Erwerbung'',! wieder. Die Ritter vom „Deutschen Orden" und der „ _ chw ertorden" eroberten und christianisierten Pommern, Pre:ßen, Kur- und Livland, so daß der deutschen Nationalität hier im Nordosten ein breiter Raum geschaffen wurde.

7. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 32

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
32 bezeichnen. Zur Einigung drängen alle sittlichen Gewalten hin, das zeigt sich auch in dem Abschnitte unserer deutschen Kulturgeschichte, dessen staatliches Leben wir in großen Zügen zu schildern versucht haben. Durch die „goldene Bulle" war das Verhältnis des Kaisers zu den Fürsten sowie die Machtstellung derselben in ihren Landen geordnet worden. Sie alle stützten ihre Herrschaft besonders durch die Waffen; in betreff der Rechte und Gesetzte herrschte in deutschen Landen eine so große Mannigfaltigkeit, daß eine wahrhafte Stütze geordneter Verhältnisse darin kaum erkannt werden kann. Die Verordnungen Karls des Großen, im Laufe der Zeit durch Eigentümlichkeiten der einzelnen Stämme in manchen Punkten geändert, bestanden noch zu Recht, neben ihnen hatten der „Sachsenspiegel" und der „Schwabenspiegel" große Verbreitung gefunden. Aber in das zuletzt genannte Gesetzbuch hatte sich bereits der Fremdling eingeschlichen, der unsern heidnischen Vorfahren ein Greuel war und ihren christlichen Nachkommen vielfach znr drückendsten Plage geworden ist: das römische Recht. römische Ursprünglich durch das römische Volk ausgebildet und lediglich den Recht. Verhältnissen desselben angepaßt, entwickelten sich aus ihm die allgemeinen Rechtsgrundsätze, welche der Verkehr mit andern Völkern erforderte. Kaiser Justinian veranstaltete nach dem Vorgänge anderer Kaiser von 528 —534 eine Sammlung der noch gültigen Gesetze, denen später die von ihm selbst erlassenen hinzugefügt wurden. Die Sammlung bekam den Namen »Corpus Juris civilis«. Es enthielt das Staats-, Kirchen-, Straf- und Prozeßrecht, sowie das Privatrecht (d. i. der Inbegriff aller Rechtsbestimmungen, welche sich auf Familien-, Eigentumsund Forderungsrechte der Einzelnen beziehen). Die Anwendung dieser Rechte übten einzig und allein kaiserliche Richter aus, während dem Volke jede Beteiligung bei der Bildung des Rechts und dessen Gebrauch versagt war. Das römische Recht herrschte im ganzen römischen Reich und behielt auch dann noch seine Gültigkeit für die Eingeborenen, als germanische Reiche auf den Trümmern des weströmischen errichtet wurden. Da aber die germanischen Könige nicht den ganzen Umfang der Gesetze beherrschten, ließen einige von ihnen kurze Zusammenstellungen aus den kaiserlichen Gesetzen anfertigen (Edictum Theodorici, Lex Romana Visigothorum u. a.). Seit dem zwölften Jahrhundert machten die Professoren an der Rechtsschule zu Bologna den Codex des Justiuian

8. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 34

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
34 1794) an eine Neuordnung der zertrümmerten alten Einrichtungen ging, mußte das römische Recht dem französischen weichen, das auch für die deutschen Länder am linken Rheinufer maßgebend wurde. Auch für den übrigen Teil Deutschlands brach der Tag der Befreiung an. Bereits hatten einzelne Staaten neue Strafgesetzbücher, neue Straf- und Civilprozeßordnungen erlassen, welche dem römischen Rechte wenig Boden mehr ließen, da erschienen die großen deutschen Justizgesetze (1879, 1. Okt.), denen ein allgemeines bürgerliches Gesetzbuch folgen wird. Mit der Verkündigung dieser Gesetze fällt die Feffel endlich ganz, die dem Rechtssinn unseres Volkes eine der Natur desselben zuwiderlaufende Richtung aufzwang und es wesentlich mitverschuldet hat, daß dem deutschen Manne das „Recht" als Plage und nicht als Wohlthat erschien. Freigelegt sind die alten Bahnen wieder, die dem naturgemäßen Entwickelungsgänge deutscher Rechtspflege eine wirklich gedeihliche Förderung sichern. Aug' in Auge wie in den ältesten Zeiten stehen die Gegner einander gegenüber, Gesetz und Schuld, und in Red' und Gegenrede spiegelt sich ein Kampf ab, den die freie Entfaltung der Persönlichkeit zu einem entscheidenden Ende führen muß. (Meist nach Meyer, Univers.-Lex., Art. Rom. Recht.) Das^ Ein anschauliches Bild des Gerichtsverfahrens, wie es im drei-gericht. zehnten Jahrhundert geübt wurde, gewähren die Fern- ober Freigerichte. Sie waren kaiserliche Landgerichte, hatten ihren Sitz in dem Winkel zwischen dem Rheine und der Weser, in Westfalen und einem Teile von Engern und richteten unter Königsbann namentlich über diejenigen Verbrechen, welche todeswürdig waren. Sie werden auch Freigerichte genannt, da jeder Freie zur Teilnahme an diesem Gerichte berechtigt war. Man findet auch wohl den Namen heimliches Gericht, Still- (oder Stuhl-)geri cht, heimliche Acht, heimlich beschlossene Acht. Damit soll angedeutet werden, daß das Femgericht nicht immer öffentliche Sitzungen hielt, sondern auch geheime, d. H. solche, an denen nur Mitglieder des Gerichts teilnehmen durften. In einem solchem Falle bezeichnete man das Gericht als verbotenes. Hatte ein Nichteingeweihter sich eingeschlichen, so traf ihn der Tod auf der Stelle. Das Gericht konnte nur in Westfalen, „auf roter Erde", gehalten werden. Die alte Gauverfassung hatte sich nach der karolingischen Zeit allmählich aufgelöst; die Grafen, bisher kaiserliche Beamte, fingen an sich als Landesherren in ihren Bezirken zu betrachten und unterwarfen auch

9. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 10

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
10 in großen Bünden zusammen und verteidigten mit mehr oder minder Glück ihre bisherige Stellung. Äo kam es, daß um die Wende des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts in Nord- und Ostdeutschland das Fürstentum allein Träger der politischen Macht war; nur wenige Küstenstädte waren hier reichsfrei. Wie der Adel suchten auch die Städte hier aus friedlichem Wege innerhalb des Territoriums ihren Platz im politischen Leben zu gewinnen. Es ist charakteristisch, daß die große Vereinigung der norddeutschen Hansa fast ausschließlich aus Landstädten bestand, die gar nicht daran dachten, nach Reichsfreiheit zu streben, und daß dieser Bund nicht die Verteidigung der Glieder gegen die Landesfürsten, sondern lediglich Schutz der gemeinsamen Handelsinteressen gegen auswärtige Eingriffe bezweckte. Im Süden und Westen dagegen standen die Städtebünde den verschiedenen Vereinigungen der Fürsten und Ritter als Mitbewerber um die politische Macht gegenüber. Der Südwesten schien sich auflösen zu wollen in einander bekämpfende Vereine von Standesgenossen, der Nordosten in einige große Territorien; das ganze Reich schien auseinanderzufallen in zwei Teile mit verschiedenen Interessen, verschiedener Machtverteilung, verschiedener Kultur. In diese Gegensätze der zum Kampfe um die Macht organisierten socialen Gruppen, sowie der verschiedenen Gegenden Deutschlands gegeneinander griff nun die reformatorische Bewegung völlig umgestaltend ein. Geistige Wenn wir um das Jahr 1500 in Deutschland eintreten, so lesen stnkide. jdjr üf,er dem Thorbogen, durch welchen wir unsern Einzug halten, in goldenen Lettern die Inschrift: Renaissance. Ein Jubelruf geht durch die ganze gebildete Welt: „Freuet euch, freuet euch! Die Welt des klassischen Altertums, neuverklärt, in jugendlicher Schönheit ist sie wiedergeboren worden! Hier ist der echte Aristoteles, hier der göttliche Plato, hier die Meisterwerke der Kunst und Wissenschaft, wunderbarer Schönheit, unsterblichen Geistes voll, — und die Sonne Homers, siehe, sie leuchtet auch uns!" Ein neues Evangelium der Bildung erfüllte, von Italien ausgehend, das Abendland. Die mittelalterlichen Jdeeen und Anschauungen wichen dem Geiste des auferstandenen Altertums. Eine neue Zeit zog herauf, morgenfrisch, eine Zukunft voll unerschöpflicher Verheißungen im Mutterschoße tragend. Und doch, war dies die Wiedergeburt, welche das fünfzehnte Jahrhundert so heiß ersehnte? War dies das Evangelium, nach welchem

10. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 38

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
38 Händel des Volkes eine Duelle des eigenen Gewinnes werden, sieht es die Wahrung des neuen Rechtes anvertraut. Das neue Recht ermöglicht und Begünstigt das Aufkommen zahlloser Rechtsstreitigkeiten, welche von gewissenlosen Menschen, die sich der Kenntnis des neuen Rechtes rühmen, geflissentlich angesucht und unterhalten werden zur schweren Schädigung der Volkswohlfahrt. So wird nicht allein das Rechtsgefühl, sondern auch der Wohlstand des Volkes das Opfer des neuen Rechts. Ein Zeitgenosse, Wimpheling, der Altmeister des Schulwesens, welcher als Deutscher für das deutsche Reich eintritt, schildert mit bewegten Worten diesen Kamps um das Recht. „Wer sollte nicht Freude darüber empfinden, daß Ritter und Bürger und Bauern, treu ergeben dem alten Rechte und den alten Gewohnheiten, sich mannhaft wehren gegen alle diejenigen, welche ihnen dieses Recht und diese Gewohnheiten mit Lug und ^rug und spitzfindigen Künsten aller Art rauben wollen und sie Zu unterdrücken und auszubeuten suchen? Es ist ein Kamps, der das Leben des Volkes im Innersten ergreift, der aber, fürchte ich, bei der Machtlosigkeit der obersten kaiserlichen Gewalt, die nicht mehr ordnend und zügelnd einzugreifen imstande zu sein scheint, und bei den vielen im Reiche vorhandenen Zwistigkeiten zu Gunsten der Gewalthaber und ihrer Werkzeuge: der Rechtskundigen sich entscheiden wird." Aus Wim« phelings Darstellung klingt, dem Hörenden genugsam vernehmbar, die Warnung hervor, daß diese Verwirrung des Rechtsgefühls eine der Ursachen zu folgeschweren Umwälzungen werden mußte. So treffen in den Bestrebungen der Bauern und der Herren Strömung und Gegenströmung aufeinander. Die Gegensätze verschärfen sich durch religiöse und kirchliche Fragen, welche neben den staatsrechtlichen und volkswirtschaftlichen Bestrebungen im Verlaufe der Bewegung hervortreten und für die Entwicklung derselben bedeutsam wurden. Die Bauern klagen über Mißstände der Kirchenverfassung und der Kirchenzucht; sie klagen über Verweltlichung des Klerus und über Unwürdigkeit des Lebens mancher Geistlichen; sie führen Beschwerde über den Druck der vielerlei Abgaben und Leistungen, zu denen sie Kirchen und Klöstern gegenüber angehalten werden; sie weisen verurteilend auf die erbarmungslose Härte mancher der geistlichen Fürsten und Herren hin. Aber es sind nicht solche Äußerlichkeiten des kirchlichen Lebens allein, die ihnen den Ruf nach Umgestaltung eingegeben haben. Ihre kirchlichen und religiösen Bestrebungen werden von einem tief innerlichen Zuge beherrscht. Sie verlangen nach dem „Worte Gottes" zu ihrer
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