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1. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 159

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
159 erhielten, spter muhte sogar eine Zwischenzeit von 5 Iahren zwischen dem staatlichen Amte und der Statthalterschaft liegen. Die Machtstellung der Statthalter war vllig unumschrnkt, dauerte aber nur ein Jahr- doch konnte das Amt vom Senate verlngert werden. Besondere Schutzgesetze sollten einer willkrlichen oder ungerechten Ver-waltung vorbeugen, und ein reichliches Staatsgehalt sollte den Statt-Haltern ein standesgemes Auftreten ermglichen; doch wurde es immer-mehr Sitte, durch Bedrckung der Provinzialen sich zu bereichern, und wenn die Erpressungen und Unterschlagungen nicht zu viele Millionen betrugen, so stellten sich die Gerichte in Rom regelmig auf die Seite des angeklagten Statthalters. 49. Die Stellung rmischer Vollbrger unter den Untertanen. Rmische Vollbrger in Italien oder in der Provinz verloren nichts von ihrem Brgerrechte, doch ruhten diejenigen Rechte, deren Ausbung an den Aufenthalt in Rom geknpft war, so besonders das ius suffragii. Einzelne Vollbrger lieen sich in groer Zahl Haupt-schlich zu Handelszwecken in Italien und in der Provinz nieder, wobei ihnen ihr ius commercii groe gewerbliche, ihr ius provocationis groe gerichtliche Vorteile bot. Massenniederlassungen rmischer Vollbrger in unterjochten Lndern hieen coloniae. Diese dienten anfangs nur zur militrischen Sicherung unterworfener Gebiete, seit den Gracchen auch zur Versorgung mittel-loser rmischer Brger, seit Sulla zur Versorgung von Veteranen, letzteres jedoch ohne die Beachtung der Frmlichkeiten, die sonst mit einer Koloniegrndung verbunden waren. Die rmischen Vollbrger verloren in der Kolonie ihre civitas nicht, nur ruhten ihre rein politischen Rechte. Wurde eine bereits bestehende Stadt zu einer Kolonie umgewandelt, so nahmen darin die Kolonisten die Stelle eines Adels gegen-ber der eingesessenen Bevlkerung ein. 50. Die romischen Manzen. Die Ausgaben des rmischen Staates waren in der repub-Manischen Zeit im Vergleich zur Kaiserzeit und noch mehr im Ver-gleich zu unserer Zeit gering und unbedeutend. Die Hauptausgabe-posten waren: 1. Der Beamtensold, aber nur fr die Provinzialstatt-Halter und die niederen Beamten, da die eigentlichen Staatsmter als honores unbesoldet waren. 2. Die Ausgaben fr den Staatskultus, umfassend die Opfer, Feste und Tempel. 3. Die Einrichtung und Er-Haltung ffentlicher Bauten, wie Gebude, Straen, Wasserleitungen u. s. w. 4. Der Truppensold, der aber vom besiegten Feinde wieder ersetzt werden mute. 5. Seit C. Gracchus die Getreidespenden an arme Vollbrger in Rom. Die Einnahmen zerfallen in ordentliche und auerordent-liche. Die ordentlichen Einnahmen waren: 1. Die Pachtgelder von den Domnen (agri publici), die teils in der rmischen Feldmark,

2. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 84

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
= 84 -r Abnderungsvorschlge muten schriftlich eingereicht werden, konnten jedoch von dem Vorsitzenden zurckgewiesen werden, wenn sie gegen ein Gesetz verstieen. Nach Schlu der Debatte lie er abstimmen, bei ffentlicher Abstimmung durch Aufhebung der Hnde, bei geheimer durch Stimmsteine. der den ganzen Vorgang setzte der Ratschreiber eine Urkunde auf fr das Staatsarchiv, der er den Namen des Prsidenten und den seinigen beifgte. Die Befugnisse der Volksversammlung: 1. Der Anteil an der Gesetzgebung war bis 404 sehr groß, weil das Volk bis dahin allein darber zu entscheiden hatte, ob eine von Sachverstndigen vorberatene und vom Nate begutachtete Neuerung Gesetz werden sollte oder nicht. Seit der Wiederherstellung der Demo-kratie, 403, setzte das Volk seinen Anteil an der Gesetzgebung jedoch bedeutend herab. Alljhrlich konnte nmlich in einer der ersten Volks-Versammlungen jeder Brger Gesetzesnderungen beantragen, und das Volk stimmte zunchst nur darber ab, ob ein Antrag einer nheren Wrdigung wert sei. War er das, dann mute der Antragsteller ihn nebst dem entgegenstehenden alten Gesetze ffentlich zur allgemeinen Kenntnisnahme ausstellen. Nach einigen Wochen whlte dann das Volk einen aus Heliasten gebildeten Gerichtshof und eine Kommission zur Verteidigung des alten Gesetzes. Dann erst erfolgte die Entschei-dung der die Annahme des neuen Gesetzes in der Form eines regel-rechten Prozesses zwischen dem Antragsteller und der Verteidigungs-Kommission vor dem gewhlten Gerichtshof. 2. Auch bei der Wahl der Beamten waren die Befugnisse der Volksversamlung stark eingeengt; denn von den etwa 20 staatlichen Beamtenkollegien wurde nur ein Viertel gewhlt, wie die Vertreter der militrischen und finanziellen Obermter, während die anderen Be-amten erlost wurden. 3. Die richterlichen Befugnisse der Volksversammlung wurden seit 403 gleichfalls auf auerordentliche Flle beschrnkt und auch dann wurde die endgltige Entscheidung zumeist von dem zustndigen Ge-richtshof getroffen; vergl. unter 86 der die Probole und Eisangelie. (Der Ostrakismos wurde seit 403 nicht mehr ausgebt.) 4. Aber auch nach der Wiederherstellung der Demokratie 403 stand dem Volke doch noch die oberste Entscheidung zu der Krieg und Frieden, der Aussendung und (Empfang von Gesandten, Erteilung des Brgerrechtes, religise Angelegenheiten, auergewhnliche (Ehrungen u. a. 84- Das athenische Gerichtswesen. Der Proze in einer Privatklage heit fj der ffentliche Proze \ Yqa(jrf- Der Klger heit d Stcoxwv, der Beklagte (fevymv. - Als Klger konnte nur ein vollberechtigter Brger auftreten, Fremde und Metoiken muten sich durch einen nqoazrri? vertreten lassen. -Wer als Klger in einem Kriminalprozesse nicht den fnften Teil der Stimmen erhielt, mute 1000 Drachmen Strafe zahlen und konnte im

3. Griechisch-römische Altertumskunde - S. 58

1910 - Münster i.W. : Aschendorff
58 sich die Erde als eine Scheibe, in deren Mitte das eben angegebene Aigaiifche Meer liegt. Dieses stellt er sich als Binnenmeer vor, rings umgeben von mehr oder minder groen Inseln,- jenseits dieses Insel-Kranzes dehnt sich das unabsehbare Auenmeer mit dem alles ab-schlieenden Okeanos-Strom aus. Auen- und Innenmeer sind durch Meerstraen verbunden; als solche gelten auch Flsse, wie Donau und Nil. - Der Okeanos ist eine mchtige Meeresstrmung, welche die Erdscheibe rings umfliet und in sich zurckstrmt,' zumeist umfliet er das Auenmeer, an einzelnen Stellen jedoch berhrt er den Inselkranz. - Das westliche Mittelmeerbecken mit Italien und Sizilien, ja sogar bei Kerkyra ist Homer ein wahres Wundergebiet,- seine abenteuerlichen Vorstellungen drften auf Berichte phoinikischer Seefahrer zurckgehen, die in ihrem Wagemut vom Atlantischen Ozean nicht abgeschreckt wurden und von ihren Fahrten viele Wunderdinge zu erzählen wuten. 49. Die Stndegliederung. Die Brger zerfielen in Adlige und Gemeinfreie,- doch waren jene allein vollberechtigt, während diese unter dem Drucke des Adels zu voller Bedeutungslosigkeit herabgesunken waren, wie das besonders in den Volksversammlungen hervortritt. Aus dem Adel wurde der Rat der Geronten gebildet, den der König bei allen wichtigen Ange-legenheiten erst hren mu; dieser tagt im Megaron des kniglichen Palastes beim Mahle, wobei der Gerontenwein getrunken wird. Der König ist unter den Adligen wenig mehr als der primus inter pares. Die dem patriarchalischen Knigtum berhaupt zukommenden Vorrechte eines Oberpriesters, Oberrichters und Feldherrn stehen auch dem homerischen Könige zu. Seine Einknfte setzen sich zusammen aus freiwilligen und fest bestimmten Beitrgen des Volkes und dem (Ertrage des Krongutes (ro re/nevog). Besondere Abzeichen seiner Wrde hat er nicht: das Szepter trgt er nur dann, wenn er gerade die anordnende oder ratende Person ist. Dasselbe war da-mals nicht das Abzeichen einer kniglichen Machtstellung, sondern kennzeichnete blo den jeweiligen Inhaber einer ffentlichen Handlung, z. B. einen Richter beim Rechtsprechen, einen Redner in einer ffentlichen Versammlung, einen Herold als ffentlichen Abgesandten usw. Auer den Adligen und Gemeinfreien gab es noch wenig geachtete Beisassen (Klienten, ot fierardtai) und freie Arbeiter (ol &rjrs). Dazu kamen noch die Sklaven. In den Zustand der Sklaverei geriet man durch Abstammung von Sklaven, durch Kriegsgefangenschaft und durch den hauptschlich von den Phoinikern betriebenen, sehr eintrglichen Menschenraub. Die Behandlung war meist nicht hart, vielfach sogar recht herzlich und vertraut, wie die Stellung des Sauhirten (Eumaios und ebenso der Eury-kleia, der Amme des Odysseus, beweist. 50. Das Erwerbsleben. 3u Homers Zeiten herrschte die sogenannte Naturalwirtschaft.

4. Geschichte der neueren Zeit - S. 203

1913 - Münster in Westf. : Aschendorff
Die Zeit von der Begrndung des neuen Deutschen Reiches bis zur Gegenwart. 203 600 Mark, er ist Vormundschaftsrichter, er hat das Grundbuch zu führen; mit zwei Laienrichtern (Schffen) richtet er der geringere Strafsachen. Beim Landgericht sind fr brgerliche Rechtsstreitigkeiten von grerer Bedeutung oder als Berufungsinstanz Kollegialgerichte, Zivilkammern (3 Richter) und fr Strafsachen Strafkammern (2 Richter, 3 Schffen; bei zweiter Instanz 3 Richter oder als Berufungssenat 5 Richter) sowie fr schwere Straftaten Schwurgerichte (3 Richter. 12 Geschworene) zustndig, fr Handelssachen zuweilen besondere Handelskammern. Die Senate bei dem Oberlandesgerichte werden aus je 5 Richtern gebildet, beim Reichs-gericht aus je 7 Richtern. Ist die ffentliche Rechtsordnung durch eine schwere Straftat verletzt, so vertritt der Staatsanwalt als Hter des Ge-fetzes die ffentliche Anklage. Beim Amtsgericht ist der Amtsanwalt (Laie) ffentlicher Anklger. Auer bei dem Amtsgericht mssen sich die Par-teien, Klger und Beklagter, durch Rechtsanwlte vertreten lassen (sog. Anwaltszwang). Die beiden Hauptgrundstze bei dem heutigen Proze-verfahren sind ffentlichkeit und Mndlichkeit (seit 1879). Innere Gefchichfe Deuffchlcinds und insbefondere Preuens. 132. Der log. Kulturkampf (1871 1887). Kaum war das Deutsche Reich gegrndet, da wurde der innere Frieden schwer gestrt durch einen kirchlich-politischen Kamps, den man gewhnlich nach einem Ausdruck des preuischen Abgeordneten Rudolf Virchow, eines hervor-ragenden Mediziners, als Kulturkampf" bezeichnet, weil er ein Ringen der modernen Kultur", des Geistes der Freiheit, gegen die der Gewissens-knechtung verdchtigte katholische Kirche schien. Wiederholt hatten kirchenfeindliche Kreise ihre Angriffe gegen ihre angeblich staatsgefhrlichen Ein-richtungen und Grundstze, gegen den Ultramontanismus", die Abhn-gigkeit deutscher Untertanen von einem auerdeutschen kirchlichen Ober-Haupte, gerichtet. Die preuische Regierung hatte ungeachtet dieser Ver-hetzungen die verfassungsmigen Rechte der katholischen Kirche gewahrt. Die Verkndigung des Dogmas von der lehramtlichen Unfehlbarkeit des Papstes durch das Vatikanische Konzil brachte weite Kreise von Ka- u>nehwar-tholiken und Nichtkatholiken in Aufregung, in der Stellung der preuischen ls.guii isvo. Regierung zur Kurie aber keine nderung hervor, bis diese es ablehnte, auf die neue, hauptschlich aus Katholiken bestehende politische Reichs-tagssraktiou des sog. Zentrums (21. Mrz 1871 gebildet) einen Druck zu den. Im Preuischen Abgeordnetenhause hatte sich schon Ende des Jahres 1870 eine gleiche Fraktion gebildet, mit dem Programm, einzutreten fr Aufrechterhaltung und organische Fortentwicklung ver-fassungsmigen Rechts im allgemeinen und insbesondere fr die Freiheit und Selbstndigkeit der Kirche und ihrer Institutionen". Fürst Bismarck erblickte in der neuen politischen Partei des Reichstags eine die Einheit des eben erst geschaffenen Reichs bedrohende Opposition, in der Kurte

5. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 185

1904 - Cöthen : Schulze
— 185 — Hälfte des 17. Jahrhunderts die Teilnahme an den Reichstagen erstrebten, ohne dieselbe zu erlangen, ist schon zur Erwähnung gekommen. Pufeudors urteilt, daß ihnen an der Reichsstandschaft nicht so viel gelegen sei, offenbar um den Leistungen für das Reich sich leichter entziehen zu können. In Sachen der Reichsanschläge haben sie stets eine bevorzugte Stellung eingenommen; zu freiwilligen Leistungen haben sie sich zumeist verstanden. Um sich gegenseitig Zu stützen, schlossen sie sich zu Kreisen zusammen, zum fränkischen, schwäbischen und rheinischen Kreise; diese Kreise zerfielen wieder in Bezirke oder Viertel. Sie hielten Versammlungen, auf denen gemeinsame Angelegenheiten zur Sprache kamen, stellten eigene Gesetze und Gewohnheitsrechte auf und bildeten einen Staat für sich. Sie erfreuten sich derselben Hoheitsrechte wie die übrigen Reichsstände, auch der Segnungen des Religionsfriedens. Die kirchlichen Pfründen wurden vielfach mit Angehörigen der Reichsritterschaft besetzt. Auf die Dauer haben sie den Fürsten so wenig wie die Städte widerstehen tonnen, trotzdem die Kaiser sich ihrer immer wieder annahmen. Bei den Umwälzungen der napoleonischen Zeit erlagen sie. Gewisse Standesvorrechte haben einige vom ehemaligen Reichsadel auch fernerhin gerettet. Die Mannigfaltigkeit der Gerichte, die schon im vorigen Zeitraum zu beobachten war, findet sich auch in diesem. Von den Gerichten in den Dörfern und in den Städten, mögen dieselben in den Händen der Fürsten, des Adels oder der Kommunen Instanzen. x • , , Jr Obere und 1etn, ergeht die Berufung an dte fürstlichen Hofgerichte, von diesen @njre.b«= an die Reichsgerichte, soweit nicht bestimmte Privilegien entgegen- ^ ^ Rüge-siehen (vgl. Landesherr und Gerichtshoheit). Die fürstlichen Hof-gerichte bekommen also immer mehr die Bedeutung von höheren oder Appellationsgerichten. Unter der oberen oder hohen Gerichtsbarkeit wird aber auch noch wie in dem Mittelalter die Gerichtsbarkeit zu Hals und Hand verstanden, im Gegensatz zur niedrigen oder Erbgerichtsbarkeit, die es mit geringeren Rechtsfällen zu tun hat. Das Centgericht wird auf bestimmte Fälle, auf Mord, Brand, Notzucht und Diebstahl beschränkt; unter dem Namen der Centgerichte — ehemalig Landgerichte — versuchen die mächtigeren Reichsstände in die richterlichen Befugnisse der schwächeren einzugreifen. Auf dem Lande erhalten sich wenigstens in einzelnen Teilen Deutschlands bis in die Neuzeit die alten Rügegerichte, von den Landesherren oft absichtlich geschützt. Lehen-und Landfriedens-

6. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 187

1904 - Cöthen : Schulze
— 187 — den Reichshofrat gehörten, durch seinen Geheimen Rat entscheiden ließ, wobei dann nicht rein rechtliche, sondern allerlei politische Gesichtspunkte maßgebend sein mochten. Der westfälische Friede suchte in diesen und anderen Beschwerden Abhilfe zu schaffen durch Einführung der Kammer-Gerichts-Ordnung auch im Reichshofrate, durch Anordnung von Visitationen und Zulassung von Revisionen, durch Forderung paritätischer Besetzung; durchschlagende Verbesserungen sind jedoch nur wenig angebracht. — Für die Zeit des h^Acht Interregnums, wenn die Reichsvikare ihres Amtes walteten, wurden auch Vikariatshofgerichte eingesetzt. — Die Reichslandgerichte bestehen mit merkwürdiger Zähigkeit bis in die letzten Zeiten des Reiches. Sie bewahren den Charakter von kaiserlichen Gerichten, wie denn das Rottweiler Landgericht „Kaiserliches Hofgericht" heißt und der Richter „Kaiserlicher Hofrichter". Zahlreich sind die Privilegien, in denen die Kaiser einzelne Reichsstände von diesen Gerichten befreien. Die Rottweiler beklagen sich dann wohl über derartige Exemtionen und kehren sich nicht an dieselben. Daher dann wieder die Eximierten Grund zur Klage haben. Diese und andere Übelstände durch Visitationen oder anderswie abzustellen, verspricht der Kaiser; doch es bleibt alles beim alten. Die Reichsstände appellierten von diesen Gerichten an das Reichskammergericht oder an den Reichshofrat. — Auch die Vemegerichte fristeten ein kümmerliches Dasein weiter. Wiederholt nahmen Reichsgesetze gegen dieselben Partei, ja sie verboten sie gänzlich. Wirksamer waren die Maßregeln einzelner Landesherren, wie z. B. des Großen Kurfürsten, der das heimliche Gericht in Herford aufhob. — Die Austrägalgerichte erfreuten sich einer ^ufttägai. immer größeren Beliebtheit. Die Wahlfürsten machten es sich zur Pflicht, ihre Streitigkeiten unter einander stets in solchen Austrägen zur Entscheidung zu bringen. Die Kammer-Gerichts-Ordnung vom Jahre 1555 erweiterte die Austräge unter anderem auch durch die Bestimmung, daß jetzt die Fürsten und Fürstenmäßigen von jedem, wer auch immer der Kläger sei, in solchen Gerichten belangt werden sollten. Da die Räte der Fürsten diese Austrägalgerichte besetzten, und da infolgedessen leicht der Vorwurf der Parteilichkeit erhoben werden konnte, so wurde bestimmt, daß mit Bewilligung beider Parteien eine Universität um ihr Urteil angegangen werden durfte. Auch der westfälische Friede sicherte die ganze Einrichtung der Austräge. Sogar in die Verfassung des Deutschen Bundes ist dieselbe

7. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 188

1904 - Cöthen : Schulze
— 188 — übertragen worden. — Zu immer größerem Ansehen kamen, wie jokstl schon bemerkt, die fürstlichen Hofgerichte als Berufungsinstanzen, auch Land- oder Kammergerichte genannt. Wenn in der Anhaltischen Landesordnung die Appellation an die „Regierung" geschieht, so ist das ein Beweis dafür, daß in kleineren Ländern das Regierungskollegium vom Hofgerichte gar nicht getrennt war. Die Reichskammergerichtsordnung sollten sich die Hofgerichte zum Muster nehmen. Wo die Landesherren sich der Einmischung in ihre Hofgerichte begaben, wie in Preußen Friedrich der Große, da wurden diese Gerichte die sicherste Grundlage einer gerechten Rechtssprechung. Gericht — Während in den evangelischen Territorien die bischöfliche Gerichtsbarkeit auf die Landesherren überging, welche sie in ihren Konsistorien ausüben ließen, blieb sie in den geistlichen Ländern in den Händen des Klerus. Die Klagen über Übergriffe geistlicher Gerichtsbarkeit dauerten sort, namentlich auch über Abberufung der Prozesse durch päpstliche Gesandte oder gar an g«tcht£ ^ römische Kurie. — Das Söldnerwesen bildete ein eigentümliches Heergericht aus. Der Feldmarschall *) berief ein solches Gericht aus militärischen Personen. In altertümlichen Formen bewegte sich dasselbe. In der Not des dreißigjährigen Krieges drangen die Reichsstände darauf, daß unter gewissen Umständen ihnen die Verhaftung militärischer Verbrecher zustehen sollte und ebenso auch die Aburteilung, doch daß der nächste Kommandant zu dem Prozeß eingeladen werden sollte. In den Territorialstaaten ist dieses Kriegsgericht zugleich mit dem stehenden Heere immer mehr ausgebildet worden. — Seit dem 15. Jahrhundert vergrößerte »Sgjj* sich die Zahl der des römischen Rechts kundigen Männer von Jahr zu Jahr. Auch auf deutschen Hochschulen wurde jetzt das fremde Recht gelehrt. Luther nennt das weltliche Recht seiner Zeit eine Wildnis; den Leuten würden durch die Weitläufigkeiten desselben viel Beschwerungen gemacht. Auf der Reichshofratstafel mußte das römische Recht ausliegen, als Richtschnur für die Gesetzgebung. Überhaupt kam es zu immer größerem Ansehen, nicht nur in den obersten Gerichten. Das im 17. Jahrhundert in Deutschland gütige Recht ist nach dem Urteil Pusendorfs ein Gemisch von römischen und kanonischen Rechtssätzen und deutschem, Vgl. Blume, Quellensätze, Bd. Iii, 2. Abt. S. 129. Sz. 217.

8. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 214

1904 - Cöthen : Schulze
— 214 — Gerichtshoheit der Einzel-staaten. Truppenteile geblieben; sie haben das Recht der Inspizierung über eben diese Truppenteile; zu Polizeizwecken dürfen sie über alle Teile des deutschen Heeres verfügen; die Bestimmung der äußeren Abzeichen der Regimenter steht ihnen ebenfalls zu; der in das Heer Eintretende leistet seinem Landesherrn den Fahneneid, in den die Verpflichtung gegen den Kaiser mit aufzunehmen ist. Sachsen, Württemberg und Bayern haben noch besondere militärische Vorrechte: x> Sachsen z. B. bezüglich der Ernennung der obersten Militärpersonen der „Königlich Sächsischen Truppen," Württemberg u. a. hinsichtlich der Anlage neuer Festungen in dem Württembergischen Gebiete; „das bayerische Heer bildet einen in sich geschlossenen Bestandteil des deutschen Bundesheeres mit selbständiger Verwaltung, unter der Militärhoheit S. Maj. des Königs von Bayern"; nur im Kriegssalle steht es unter dem Befehl des Bundesfeldherrn; die Mobilmachung des bayerifchen Heeres erfolgt durch den König von Bayern „auf Veranlassung des Bundesfeldherrn" 2c. — In der Zeit des Deutschen Bundes konnte sich auch die Gerichtshoheit der Landesherren kräftig ausgestalten. Der Bund als solcher hatte keine Gerichtshöfe.2) Nur ein Austrägalversahren, wie es schon im allen Reiche üblich gewesen, wurde von Bundes wegen angeordnet. Im übrigen sorgte die Bundesakte für Errichtung oberster, für kleinere Staaten gemeinsamer Gerichte dritter Instanz. Auf dem Gebiete des Handels ist in der Zeit des Deutschen Bundes ein gemeinsames Handels- und Wechselrecht zustande gekommen, das dann vom Norddeutschen Bunde und heutigen Reiche übernommen ist, der erste Anfang einer Rechtseinheit des Reiches. Der Gedanke gemeinsamer Rechtsinstitute wurde in der Verfassung des Norddeutschen Bundes und in der heutigen Reichsverfassung ernstlicher ins Auge gefaßt; und in dem Gesetz über die Gewährung gegenseitiger Rechtshilfe, gemeinsamer Civil- und Strafprozeßordnungen, in der Einrichtung des Oberhandelsgerichts (des Vorgängers unseres heutigen Reichsgerichts), in dem Gerichtsverfassungsgesetz, dem bürgerlichen Gesetzbuch u. a. ist diese Einheit immer mehr verwirklicht. An alle diese Gesetze und Einrichtungen sind die Einzelstaaten sämtlich gebunden. So üben die Einzel- x) Preußen, Sachsen, Württemberg und Bayern haben ihre eigenen Kontingents-Verwaltungen. — Von einem „kaiserlichen" Heere darf man nicht sprechen. — 2) Erft das heutige Reich richtete wieder ein Reichsgericht ein und entzog» damit den Bundesstaaten einen Teil ihrer Gerichtsbarkeit: vgl. Sz. 442.

9. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 215

1904 - Cöthen : Schulze
— 215 — staaten die ihnen gebliebene Gerichtsbarkeit „zwar kraft eigenen Rechtes und im eigenen Namen aus, aber nicht isolirt, sondern als Glieder einer höheren Einheit, und sie sind bei dieser Ausübung nicht souverän, sondern durch die vom Reiche ihnen ertheilten Vorschriften gebunden/") (Über das Begnadigungsrecht der Landesherren siehe zu Sz. 395.) — Das Kirchenwesen blieb den Einzelstaaten allein überlassen. regi£=der Die Landesherrn nehmen das ins advocatiae et inspectionis, Landerdas Schutz- und Aussichtsrecht über sämtliche Kirchen ihrer Länder in Anspruch; auf Grund des Aussichtsrechts des Staates müssen die Kirchen ihre Verordnungen und Gesetze der Genehmigung der weltlichen Obrigkeit unterbreiten (das sog. Placet). Man unterscheidet dabei das ins circa sacra von dem ins in sacra; nur das erstere wird in der Regel dem Landesherrn eingeräumt,2) Während die rein geistlichen, die inneren kirchlichen Angelegenheiten der weltlichen Regierung entzogen sind; freilich ist nicht leicht zu bestimmen, welche Angelegenheiten rein geistliche sind. In einem evangelischen Lande mit katholischem Landesherrn wie in Sachsen wurde die Ausübung des landesherrlichen Episkopalrechts über die evangelischen Untertanen einer besonderen evangelischen Ministerial-behörde anvertraut. Insbesondere behielten sich die Landesherren auch die Bestätigung der Geistlichen der evangelischen und katholischen Kirche, deren Ernennung nicht unmittelbar vom Landesherrn oder von dessen Behörden erfolgt, ausdrücklich vor, so im Hannoverschen Grundgesetz des Jahres 1833?) So gewiß die Artikel 15, 16 und 18 der preußischen Verfassung die Freiheit und Selbständigkeit der Kirchen gegenüber dem Staate bezweckten, so konnte die Absicht dieser Bestimmungen doch nicht dahin gehen, das staatliche Aufsichtsrecht über die Kirchen in Preußen aufzuheben. Da aber diese Artikel von der katholischen Kirche, von den Ultramontanen im staatsfeindlichen Sinne ausgenutzt wurden, so mußten sie in der Zeit des Kulturkampfes aufgehoben rc>erden. Die feit der Reformation zur Ausbildung gekommenen evangelischen Konsistorien blieben bestehen; in größeren Ländern wurde die Oberaufsicht über das Kirchenwesen dem Ministerium des Kultus übertragen. In !) Labarid, a. a. O. S. 217 f. unten. — 2) Doch vgl. Sz. 414a, § 15. 3) Doch siehe Preuß. Verfassung Art 18; Sz. 410.

10. Schicksale unseres Volkes, zusammenfassende Darstellung der staatlichen Zustände unseres Volkes - S. 220

1904 - Cöthen : Schulze
— 220 — anderen deutschen Bundesstaaten Eingang gefunden hat. — Das sanb" Prinzip der Selbstverwaltung ist auch in den Landgemeindeordnungen gemeinden, in der neuesten Zeit immer mehr zur Geltung gekommen. Die gutsherrliche Polizei wurde aufgehoben. Amtsvorsteher stehen an der Spitze der Amtsbezirke, Schulzen und Schöppen an der Spitze der einzelnen Landgemeinden; in größeren Dörfern steht diesen der Gemeinderat zurseite. x) — %fveges= 8ür eine unparteiische Rechtspflege in den deutschen Staaten Uch?eit^der nmrde dadurch gesorgt, daß die Trennung der Justiz von der Gerichte. Verwaltung immer mehr vollzogen, alle Kabinettsjustiz verboten lichung°der nud die Richter möglichst unabhängig gestellt wurden. — Je länger Kirchttche ie Mehr wurden die Gerichte verstaatlicht. Die kirchliche Gerichts-<Sertmt.bar= karfeit erfuhr eine immer größere Beschränkung. In ihren bürgerlichen Handlungen und Beziehungen wurden die Kirchen und Geistlichen den weltlichen Gerichten unterstellt, ebenso in Sachen ihres Vermögens. Den weltlichen Gerichten wurden richterliche Befugnisse der Konsistorialbehörden überwiesen. Namentlich hörte auch die Kriminalgerichtsbarkeit der geistlichen Gerichte auf. Das Gerichtsverfassungsgesetz vom Jahre 1877 erklärt für das gesamte Deutsche Reich die Gerichte für Staatsgerichte und die Ausübung einer geistlichen Gerichtsbarkeit in weltlichen Angelegenheiten für msrntts- ie^toe^er bürgerlichen Wirkung entbehrend. — Die Patrimonial-tarieit. gerichtsbarkeit wurde den ehemaligen Reichsunmittelbaren in allen deutschen Bundesstaaten durch die Bundesakte gewährleistet. Die bayrische Verfassung von 1818 sicherte auch dem gesamten übrigen Adel wie jedem Gutseigentümer die Ausübung der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit. In anderen Staaten wurde wenigstens die Kriminalgerichtsbarkeit wie von der geistlichen, so von der gutsherrlichen getrennt. Die Bewegung von 1848 verlangte die Abschaffung aller Patrimonialgerichte. Mit der Aufhebung aller Privatgerichtsbarkeit im Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 verschwanden auch die letzten Reste patrimonialer Gerichtsbarkeit in Geesbar^Eutschland. — Ein privilegierter Gerichtsstand wurde in der feit Bundesakte ebenfalls den früheren Reichsunmittelbaren zugesichert; in manchen Bundesstaaten genossen auch der übrige Adel, der Guts- x) Natürlich ist auch die Verwaltung der Einzelstaaten heute keine völlig freie, sondern vielfach durch das Reich beschränkt. S. Laband, a. a. O. S. 110.
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