136
Viertes Kap. Der Norden und Osten.
fanden oft Anlaß zur Beschwerde. Norwegen dagegen empfand es schmerz-
lich, daß es von einem anderen Reiche aus regiert werde; doch war es kaum
stark genug zur Selbstständigkeit, und historische sowohl als natürliche Ver-
hältnisse neigten cs mehr zu den Dänen als zu den Schweden hin. Die-
ses lezte Dolk aber glaubte sich am meisten gekränkt, und war es auch. Mehr
durch das Recht des Krieges als durch den freien Willen der Nation war
Margaretha seine Fürstin geworden. Die Fortdauer der Union schien eine
Fortdauer seiner Schmach. Von Kopenhagen aus Befehle oder Gcwalts--
boten zu erhalten, war den stolzen Schweden unerträglich: und die Könige,
theils solche Stimmung erkennend, hielten um so nöthiger, ein ihnen abge-
neigtes Volk durch Strenge niederzuhalten, theils thaten sie's aus Stolz, und
weil sic wirklich Schweden als unterworfene Provinz betrachteten. Daher
unaufhörliche Stürme, Empörung, Bürgerkrieg und, nach niehr als hundert-
jährigen Leiden, endlich die völlige Trennung.
Schon König Erich erregte durch Willkür und Druck den Aufstand der
Schweden. Unter Anführung zuerst des tapferen Engelbrecht Engel-
brechtson, dann Karl Knutson Bondc's demüthigten sic das könig-
liche Ansehen, und Bonde ward selbst zum Reichsstatthaltcr ernannt (1436).
Aber auch die Dänen empörten sich zu wiederholten Malen wider Erich,
welchen sein Kriegsrmglück wider den Grasen von Holstein verächtlich ge-
macht hatte. Er entfloh nach Gothland; worauf die Dänen seinen Neffen
Christof, Prinzen von Baiern, zum Könige wählten (1439). Erich
starb erst lange nachher im Elende: Christof, welchen auch die Schwe-
den und Norweger erkannten, regierte minder unglücklich als sein Vor-
fahrer, doch ohne etwas Merkwürdiges zu vollbringen.
§. 4. Das Haus Oldenburg und Delmenhorst.
Nach Christofs unbeerbtem Tode (1448) wurde durch die Wahl der
Dänen, dann der Norweger (1460) Christian, Graf von Olden-
burg und Delmenhorst, erhöht, der Stifter des noch jezt in Skandi-
navien und auch in Rußland regierenden Hauses.
In den Niederungen am teutschen Meere, zwischen Weser und
Ems, in dem Lande Nu st ringen, war von genügen Anfängen, geräusch-
los das Haus der Grafen aufgeblüht, die sich von Oldenburg, als dem
Size der Herrschaft, nannten, und seit Kurzem durch Erbvereinigung mit
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Personennamen: Margaretha Erich Karl_Knutson_Bondc's Karl Bonde Erich Christof Christof Christofs Christian
234
Sechstes Kap. Die Zeiten
genommen, auf seine eigene unbeträchtliche Hausmacht und auf die Kraft der
Böhmen beschränkt. Nicht ohne ängstliches Weigern hatte er die Krone auf's
Haupt gesetzt. Seine Gemahlin, des Königs von England stolze Tochter,
hatte meist ihn dazu ermuntert. Dennoch unterstüzte der unthätige, dem
Schulgezänk mehr, als den Wclthändeln lebende König Jakob seinen Eidam
nicht. Holland und Venedig, Dänemark und Schweden erkannten
ihn zwar als König, aber leisteten keinen Beistand. Der Kurfürst von Sach-
sen. Johann Georg, erklärte sich sogar wider Ihn, und besezte die Lauftz.
llnd mit Blizesschnelle stürzte jezt die vereinigte Macht der Ligue und
des Kaisers über das unglückliche Böhmen. König Friedrich, von Natur-
leichtsinnig und durch den Glanz verblendet, womit das böhmische Volk den
neuen, selbstgewählten Herrn empfangen, verschloß die Augen gegen die drin-
gendste Gefahr, und versäumte über Pomp und Lust die Anstalten der Ge-
genwehr. Also überfiel den noch schlecht gerüsteten das 80,000 Mann starke
Heer der Feinde unter Herzog Maximilian's persönlicher Anführung vor
den Thoren Prags. Die kaum angefangenen Verschanzungen der Böhmen
auf dem weißen Berg gewährten keinen Schuz gegen die liebermacht. In
einer kurzen Stunde war Friedrich's Heer geschlagen, zerstreut, alles Geschüz
erobert, alle Hoffnung dahin (8. Nov. 1620). Der Pfalzgraf mit den vor-
nehmsten böhmischen Herren entfloh, die Hauptstadt und, ihrem Beispiele fol-
gend. das ganze Königreich ergab sich dem Sieger.
§. 3. Der Kaiser mißbraucht den Sieg.
Nach so entscheidendem Siege hing cs von Ferdinand's Weisheit und
Mäßigung ab, den Frieden herzustellen, und aus dauernder Grundlage zu be-
festigen. Der geschlagene Friedrich war nach Brandenburg, dann nach
Holland geflohen. Er war ganz wehrlos. Denn auch sein Erbland, die
Pfalz am Rhein, hatten die Spanier unter Spinola erobert, die Ober-
pfalz Maximilian von B ai ern. Einige Kriegshaufen, die noch im Felde
standen, wie zumal der mannsfcldische bei Pilsen, vermochten nicht den
Krieg fortzusezen gegen den siegenden Kaiser, und die wenigen Freunde Frie-
drich's im teutschen Reiche mußten freudig den Frieden ergreifen, wenn nicht
Verzweiflung sie zum längeren Kampfe trieb.
Ferdinand mißbrauchte seinen Sieg, und verlor dadurch desselben
Früchte. Vorerst über Böhmen erging eine schwere Rache. Nach anfäng-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Jakob Johann_Georg Johann Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Maximilian_von_B Maximilian Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: England Holland Venedig Dänemark Schweden Prags Brandenburg Holland Rhein Pilsen
238
Sechstes Kap. Die Zeiten
8. 7. Dritte Periode. Einmischung Dänemarks. Wallenstein
Abermals stand in der Macht des Kaisers, einen billigen Frieden zu
schließen. Er — ans Nachsucht und Glaubenseifer — versagte Tcutschland
und der Welt diese Wohlthat. Er blieb in Waffen, obschon kein Feind mehr
zu bekämpfen war, und bedrohte durch seine kriegerische Stellung, wie durch
fortwährend härtere Edikte, den ans den Religionsfrieden gebauten Rcchtszu-
stand der Protestanten. Niedersachsen zumal, woselbst die evangelische
Partei vorherrschte, erkannte diese Gefahr, bewaffnete sich, und erkor zum
Kreisobersten den König Christian Iv. von Dänemark (1623), einen ju-
gendlich thatkräftigen Fürsten, während auch England — nun endlich zur
wcrkthätigcn Unterstüzung des Pfalzgrafen enschlossen — und Frankreich,
dessen Staatsruder jezt der einsichtsvolle Kardinal glichelieu lenkte, eine ge-
gen Oestreich feindliche Stellung nahmen.
Der Kaiser, der bisher fast nur mit liguistischcn Truppen den teut-
schen Krieg gcführet, trat endlich mit einem eigenen Heere auf. Der Graf
Albrecht von Wallen ft ein, ein böhmischer Edelmann, hatte es auf eigene
und seiner Freunde Rechnung geworben, und unterhielt es ohne Belästigung
Oestreichs auf Unkosten der Länder, worin es haus'te. Unter den vielen he-
roischen Gestalten, welche der dreißigjährige Krieg hervorrief, ist Wallen-
stein eine der größten*). Ein Geistesblick zum richtigsten Erschauen, ein
Muth zum kühnsten Wagen, ein Wille zum beharrlichsten und unbeugsamsten
Erstreben war durch die Natur ihm verliehen; das Glück that seine reichsten
Spenden dazu, und die Umstände riefen die gedoppelte Kraft auf ein uner-
meßliches Feld des Wirkens. Was wir an ihm erkennen, Gutes und Böffs,
ist groß, und wird noch imposanter durch das geheimnißvolle Dunkel, wel-
ches die Hanptmomente seines Lebens umgibt. Menschlichkeit, Güte, Mäßi-
gung dürfen wir an dem gefürchtetsten Kriegsmcister dieser Zeit nicht suchen;
doch finden wir an Jhin so viele Gerechtigkeit, als vereinbar ist mit solcher
vom Schicksal überkommenen Rolle, Großmuth und Scclcnadel, wie bei den
Gepriesenstcn der Helden und eine von seiner Person weit mehr, als von
seiner Stellung ausgehende, wunderähnliche Herrscherkraft über die Men-
*) Vergl. die Schriften des Grafen Priorato, Herchenhohn, Weltmann, v. Mnrr
n. a. größere oder kleinere Biographien Wallenstein's.
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Extrahierte Personennamen: Dänemarks Christian_Iv Albrecht_von_Wallen Albrecht Weltmann
Extrahierte Ortsnamen: Niedersachsen England Frankreich
240
Sechstes Kap. Die Zeiten
tularcn, theils durch des Kaisers und des Papstes Machtwort verliehen wur-
den. Aber die Vergrößerungssucht blieb hier nicht stehen.
Wallenstein, die gewonnenen Siege nur als Stufen zu noch glänzende-
rer Höhe betrachtend, vermehrte sein jczt schon furchtbar überlegenes Heer bis
auf hundert tausend Streiter, eine unerhörte Kriegsmacht für die damalige
Zeit und von ganz unerträglicher Last für die Länder. Der Freibeuter-Krieg
Maunsfeld's und H. Christian's wurde von Wallenstein im Großen
geführt, und allerdings auf diese Art weit sicherer und im Erfolge entschei-
dender. Je größer das Heer, je unwiderstehlicher seine Gewalt, desto freier
die Forderung, desto leichter nicht nur die Erhaltung, sondern auch die belie-
bige Verstärkung der Kriegsmacht. Nur auf diese Weise war möglich, die
alte Nömcrmaxime, aus dem Kriege selbst die Mittel des Krieges zu ziehen,
in Erfüllung zu sezen. Doch so wie Wallenstein hierin über Mannsfeld, also
sind die neuesten Kriegshäupter weit über Jenem. Er, durch regellosen glaub,
erschöpfte die Hilfsquellen der Gegenwart in kurzer Frist, ließ zur Befriedi-
gung von Einzelnen das Mark der Provinzen aussaugen, und ging, gleich-
wohl aus Unkunde oder Leichtsinn manchem klug verborgenen Reichthum vor-
über. Heute, da noch ungeheurereheeresmassen zu ernähren sind, ist bessere
Ordnung in der Erpressung und mehr Sparsamkeit in der Verwendung nö-
thig. Der Soldat wird auf Wenigeres beschränkt und gleichwohl vom Bür-
ger weit Mehreres gefordert. An die Stelle unnüzer Zerstörung ist planmäßiges
Anssaugen getreten, minder schrecklich in der unmittelbaren Erscheinung, aber
tiefer gehend und allgemeiner in seiner Wirkrmg. Auch die geheimsten Hilfs-
quellen werden erspäht, und nicht nur jene der Gegenwart, sondern auch die
einer fernen Zukunft werden durch künstliche Operationen in Beschlag ge-
nommen. Nicht nur das jezige Geschlecht, sondern auch eine Reihe von nach-
folgenden müssen die Anwesenheit einer — gleich viel ob befreundeten oder
feindlichen — Armee bezahlen, und man weiß, was den wirklich Lebenden
unerschwinglich wäre durch die anticipirte Kraft der Nachkommenschaft zu
bestreiten.
Walle »stein, dessen schwellender Macht Nichts unerreichbar schien, begann
unter dem Vorwände des dänischen Krieges festen Fuß an der Ostsee zu
fassen. Er besezte die wichtigeren Städte an deren Küste, und belagerte das
wohlverwahrte, von Dänemark und Schweden, welche Beide desselben
Wichtigkeit erkannten, eifrigst vertheidigte Stralsund. Schon früher war
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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236
Sechstes Kap. Die Zeiten
§. 17. Hippolytus a lapide.
Noch viele Glückswechsel folgten in diesem schrecklichen Kriege. Ban-
ner und Wränget an der Spize der schwedischen, Guebriant und später
Turcnuc an jeiter des französischen Heeres machten ihre Namen groß. Auf
kaiserlicher Seite führten der Erzherzog Leopold, Piccolomini und
Hazfeld den Stab; auch Johann von Werth und Merch erwarben
Ruhm. Doch allmälig sank die Schale der Feinde Oestreichs. Nach des
Kurfürsten Georg Wilhelm von Brandenburg Tod (1640) trat sein
Sohn und Nachfolger, Friedrich Wilhelm, den man den Großen nicht
mit llnrecht heißt, entschieden auf schwedische Seite. In demselben Jahre
zeigte ein in Regens bürg gehaltener, durchaus ftuchtloser Reichstag, der
erste seit 1613, den gesunkenen Zustand der kaiserlichen Macht. Zu solcher
Erniedrigung trug ein um diese Zeit erschienenes Buch: „Hippolytus a la-
pide, de ratione Status in imperio nostro Romano Germanico etc.“ ent-
scheidend bei. Der Verfasser (Bogislaus Philipp von Chemnitz) stellt
Teutschlands Rcgierungsform als eine Aristokratie der Reichsstände dar, in
deren Versammlung allein die Majestät residire, nicht in der Person des
Kaisers. Damit verbindet er scharfe Ausfälle gegen das östreichische
Haus, welches er unumwunden der Tyrannei zeiht, und vom teutschen Boden
vertrieben wissen will. Das Gewicht dieses Buches wurde dadurch, daß man
es sofort in Wien verbot und verbrannte, nur erhöht, und die in freien
Ländern schnell wiederholten Auflagen desselben vervielfältigten seine Wirkung.
§.18. Sechstekriegsperiode. Ueberlegenheit der schwedischen
und französischen Waffen.
Des Krieges wäre jedoch kein Ende gewesen, wenn er blos auf Unkosten
deö Reiches und in Reichsgebieten wäre fortgeführt worden. Nur durch
Verwüstung der eigenen Erb lande konnte Oestreich zum Frieden vermocht
werden. Auch kamen nun die Kriegsdrangsale wiederholt über dieselben, seit-
dem der schwedische Feldherr Torstenson — wieder eine große Persönlich-
keit in der an Helden so reichen Zeit — durch einen abermaligen glänzenden
Sieg auf dem verhängnißvollen breiten Felde bei Leipzig (23. Oktbr.
1642) die Macht Ferdinand's entschieden gebrochen hatte. Zwar wurden
von den Heeren des Lezten noch mehrere Siege — wie zumal jener bei
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Leopold Leopold Piccolomini Johann_von_Werth Johann Georg_Wilhelm Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Romano_Germanico Philipp_von_Chemnitz Philipp Rcgierungsform
257
deö dreißigjährigen Krieges.
Tuttlingen (24. Novbr. 1643) — erfochten; auch rüstete sich das gegen
Schweden eifersüchtige Dänemark zu Gunsten des Kaisers: aber Torsten-
so n, zuvorkommend, trieb die Dänen in raschem Siegeslauf zu Paaren, be-
sezte Holstein, Schleswig und Jütland, und zerstäubte Lei Jüter-
bock und Magdeburg (23. Novbr. und 22. Decbr. 1644) die Heere Oest-
reichs. Ein nochmaliger Sieg bei Jankowiz (24. Febr. 1645) gab die
Erblande bis Wien den schwedischen Waffen preis. Dänemark suchte jezt
sein Heil im schnellen Frieden (13. August), und Sachsen erkaufte einen
Waffenstillstand, welcher, von Zeit zu Zeit verlängert, bis zum Frieden dauerte.
Auch Baiern, das bisher immer muthige und standhafte Baiern, schloß
einen Stillstand, brach jedoch denselben wieder, und ward durch erneute
Kriegsverwüstung bestraft. Böhmen, Schlesien, Oestreich fühlten wie-
derholt des Feindes Wuth. Torstenson's Nachfolger im Hecrbefehl,
Wrangel, theils vereint mit den Franzosen unter Turenne, theils allein,
erfocht mehrere Triumphe. Doch ward im Ganzen der Krieg jezt minder
heftig geführt, aus allseitiger Ermattung. Endlich ward von dem schwedi-
schen Feldherrn Königsmark die kleine Seite Prags durch schnellen
Ucbersall gewonnen (25. Juli 1648), die Altstadt jedoch gegen den Pfalz»
grafen Karl Gustav, Christinens Thronfolger, glücklich vertheidigt. Das
dreißigjährige Waffengetöse war zurückgekehrt zu derselben Stadt, von wel-
cher es ausgegangen; da machte die Nachricht des geschlossenen Friedens ihm
ein Ende.
8 19. Der westphälische Friede.
Der westphälische Friede, welcher endlich den Dämon des dreißig-
jährigen Haders beschwor, welcher die verworrensten Verhältnisse zu ordnen,
die widerstreitendsten Ansprüche gewaltiger Parteien auszugleichen, die kostbar-
sten Interessen und Rechte zu bestimmen, zu wahren, in Harmonie zu bringen
hatte, das Meisterwerk der politischen Kunst jener Zeit, und nach seinem In-
halt, wie nach seinen Folgen mehr ein Grundgesez für das europäische,
als blos für das teutsche Staatcnsystem — der Schlußstein einer welt-
historischen Periode oder der Ansangspunkt einer folgenden — verdient und
fordert wohl eine etwas umständlichere Betrachtung.
Nicht weniger als dreizehn Jahre ward dieses Friedens willen unterhan-
delt; denn gleich an jenen von Prag (1635) schlossen sich Negotiationen um
v. Rotteck, allgem. Geschichte. Vh. Al
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Extrahierte Personennamen: Dänemark August Oestreich Königsmark Karl_Gustav Karl Gustav Christinens_Thronfolger
298
des Nordens und Ostens.
verholt mit Glück gestritten, sich zum Frieden von Brömsebroe (13. August
1648) genöthigt, worin er Jemptcland, Herjedalen, Gothland und
Ocscl für beständig, Halland aber pfandweise auf dreißig Jahre an Schwe-
den abtrat, und diese Macht vom Sundzoll befreite. Auch das Haus Hol-
stein büßte durch diesen Frieden Bremen und Berden ein. Die Macht
Dänemarks war entscheidend gebrochen.
§. 4. Geschichte Schwedens.
Dagegen erhob sich jene von Schweden zur völligen Präpotenz im
Norden. Gustav Wasa zwar hatte nach einer im Ganzen friedfertigen und
glücklichen, besonders durch Einführung der Reformation und Unterdrük-
kung der Geistlichkeit merkwürdigen, Regierung dem gleich eine langwie-
rige Zerrüttung bereitet durch Verleihung weiter Provinzen an seine Söhne
zweiter Ehe; doch starben zum Glück für Schweden unter Gustav Adolf
die Nebenregenten aus. Wasa's Erstgeborener und Nachfolger, Erich Xiv.
(1360), ein Fürst von guten Geistesanlagen, aber von finsterem, bald zum
Wahnsinne sich hinneigendem Gemüthe, nahm Theil an dem verwickelten Kriege
über Lie stand und Esthland, worin er gegen drei Feinde zugleich, gegen
Rußland, Polen und Dänemark, kämpfte. Sein eigener Bruder, Jo-
hann, Herzog von Finland, sandte demkönige von Polen, seinem Schwä-
her, Hilfsgelder, weßhalb Erich ihn als Verräther erklären ließ, und in's
Gefängniß warf. Aber in steigendem, wildein Trübsinne wüthete er auch ge-
gen Unschuldige, zumal gegen das edle Geschlecht der Sturen, von welchem
er den Feldherrn Niels Sture, mit eigener Hand ermordete. Vergebens
suchte er durch Aeußerungen der Neue, vergebens durch Freilassung Johann's
die darüber zürnende Nation zu besänftigen; man sah die Stunden der Wildheit
öfters wiederkehren, und zitterte vor dem Tyrannenblick. Da verband sich Johann
mit dem dritten Bruder, Karl, dem Herzog von Süder man land, gegen
den König (1369); sie sezten ihn gefangen, und ließen ihn des Thrones ver-
lustig erklären. Herzog Johann, als König der dritte dieses Namens,
bestieg denselben ohne einiges Hinderniß (1369).
Die Kriege gegen die Russen über Lie stand, Esthland und Jn-
germanland erneuerten sich sofort, und wütheten durch Johann's ganze
Regierung. Mit Polen aber hielt er Friede und Freundschaft. Seine Ge-
mahlin, Katharina Jagellona, stimmte ihn nicht blos hiezu, sondern
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: August Gustav_Wasa Gustav Gustav_Adolf Gustav Adolf Erich_Xiv Erich Niels_Sture Johann Johann Karl Karl Johann Johann Katharina_Jagellona
Sechstes Kap. Die Zeiten
5*46
den festen Bund mit dem ersehnten Retter zu schließen; und jczt endlich über-
wand der Kurfürst von Sachsen seinen Widerwillen gegen Schweden, und
warf sich als Schüzling dem König in die Arme (1. Septbr.).
§. 11. Schlacht bei Leipzig.
Gleich darauf traten in den Gefilden von Leipzig die beiderseitigen
Heere einander in's Gesicht, zu einer weltverändernden Schlacht sich bereitend.
So eben war die Stadt von Tilln erobert worden; der Kurfürst von Sach^
sen brannte vor Begierde, sie dem Feind wieder zu entreißen, und der König
von Schweden erkannte, daß die große Stunde der Entscheidung gekommen.
Also stürzte er sich hohen Muthes, in trefflich geregelter Schlachtordnung aus
den bis jezt unüberwundenen Tilly, welcher nahe bei der Stadt auf dem
„breiten Felde" eine feste Stellung genommen, um vor dem Hauptkampse
noch einige Verstärkungen an sich zu ziehen. Gleichwohl nahm er, getrieben
vom Verhängniß, die Schlacht au, und verlor sie (7. Septbr. 1631).
Siebentausend der Seinigen wurden getödtet, fünftausend gefangen, alles Gc-
schüz und Heergcräth mit dem Lager erobert. Die aus der Schlacht Ent-
kommenen zerstoben nach allen Winden; nur armselige Heertrümmer führten
Tilly und Pappenheim fliehend mit sich. Von den Schweden waren
nicht tausend, von den Sachsen jedoch zweitausend gefallen.
Diese Schlacht bei Leipzig zernichtete die zwölfjährigen Triumphe Oest-
reichs, und machte Gustav Adolf zuin Herrn von Teutsehland. Nicht eben
durch den Menschenverlust ward so große Entscheidung bewirkt, denn Kriegs-
knechte lassen sich überall leicht ersezen, wo es sonst nicht an Mitteln fehlt,
sondern durch die moralische Wirkung auf Freund und Feind. Zernichtet
war das Blendwerk von des Kaisers unüberwindlicher Macht und von Tilly's
Furchtbarkeit; hell leuchtete das Genie und die Kraft des nordischen Helden.
Nachdem die Furcht vor Oestreich gewichen, blieb nur der Haß zurück. Alle
geheime Feinde des Kaisers und der Katholiken hatten jezt Muth gewonnen
zum Abfall, seine Freunde durchflog Angst und Schrecken. Der Kaiser selbst
zagte, und Maximilian von Baiern verbot seinem Feldherrn, je wieder ein
entscheidendes Treffen zu wagen.
Gustav Adolf verstand nicht blos zu siegen, sondern auch, was jeltener
ist, den Sieg zu nüzen. Wie aus Sturmes Flügeln durcheilten jczt seine
triumphirendcn Schaarcn das ganze innere Teutsehland, Thüringen, Fr an-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz]]
Extrahierte Personennamen: Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Muth Maximilian_von_Baiern Maximilian Gustav_Adolf Gustav Adolf
249
des dreißigjährigen Krieges.
Fast drei Monden standen die Heere sich gegenüber, da beschloß Gustav
Adolf den Angriff. Aber vergebens stürmte er den ganzen Tag bis in die
sinkende Nacht die Verschanzungen Wallcnstein's; mit großen: Verlust mußte
er zurück in die seinigen weichen (24. Aug.).
Vierzehn Tage darauf verließ der König, durch Hunger gezwungen, die
leichenvolle Stadt, und zog an dem feindlichen Lager vorüber gegen Schwa-
den. Wallen stein verfolgte ihn nicht, sondern eilte nach Sachsen, um
daselbst die Winterquartiere zu nehmen. Der König aber, um Sachsen zu
retten, folgte ihm dahin; und jezt endlich (1. Nov.) geschah bei Lüzcn
die langst erwartete offene Feldschlacht. Sie war an Großthaten und an
Schrecknissen reich, doch von zweifelhafter Entscheidung. Aber die Schweden
verloren darin ihren großen König, welchen im Schlachtgetümmel mehrere
Kugeln (vielleicht durch Vcrräthers Hand abgeschossen) durchbohrten. Die
Kaiserlichen dagegen verloren das Schlachtfeld und den trefflichen Pappcu-
li eim. Der Herzog Bernhard von Weimar war es, welcher nach Gustav
Adolfs Fall das Treffen wiederherstellte, und auf der blutgetränkten Wahl-
statt das Siegeszeichen errichtete.
§. 13 Charakteristik Gustav Adolf's.
Wie ein glänzendes Meteor war an Tcutschlands Himmel Gustav Adolf
erschienen und verschwunden. Sein Charaktergemälde, von Parteigeist und
Leidenschaft entworfen, ist mit widersprechenden Zügen zur Nachwelt gelangt.
Doch einstimmig bewundert man seinen Geist und Muth, und die unver-
werflichstcn Zeugnisse sprechen seinen frommen Sinn und seine Redlichkeit
aus. Nicht nur viele teutsche Fürsten — deren Neigungen freilich meist der
Politik gehorchten — huldigten dem schwedischen Helden, sondern was bc-
weisendcr fürihnist, die Völker, wenigstens des protestantischen Teutsch-
lauds, verehrten und liebten ihn (der bescheidene König äußerte selbst sein
Mißfallen an der fält abgöttischen Ehrfurcht der sächsischen Bürger und
Bauern), und auch die Katholiken erkannten dankbar des Siegers Mensch-
lichkeit und Milde. Weit erträglicher war des Krieges Last, wo seine, als wo
des Friedländers Truppen häuften. Unlängbar ist Er Tcutschlands Wohl-
thäter gewesen, denn ohne ihn siel cs dem despotischen Ferdinand und den
arglistigen Jesuiten als Beute anheim, Seh es, daß er selbst nach dessen
Beherrschung strebte, daß sein Gemüth nach der leipziger Schlacht dem
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Gustav
Adolf Gustav Adolf Bernhard_von_Weimar Gustav
Adolfs Gustav Adolfs Gustav_Adolf's Gustav Gustav_Adolf Gustav Adolf Muth Ferdinand
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des dreißigjährigen Krieges.
entschiedene Oberhand. Einigen Trost gab Ferdinand Ii. die zezt endlich zu
Stande gebrachte Wahl seines Sohnes zum römischen König (12. Dezbr.),
eine Frucht des durch den Prager Frieden neu gestärkten kaiserlichen Ein-
flusses, auch wirklich eine Wohlthat für das Reich, welches sonst durch den
bald darauf erfolgten Tod des Kaisers (15. Februar 1637) in noch kläg-
lichere Zerrüttung hätte fallen mögen. Nunmehr aber bestieg Ferdinandiii.
ganz ruhig den Kaiserthron. Der Gang der Dinge erlitt dadurch kaum eine
merkbare Veränderung.
Unter den Kriegshelden dieser Zeit zog jezt zumal Herzog Bernhard
von Weimar die Blicke der Völker auf sich. Nach der unglücklichen Schlacht
bei Nördlingen hatte dieser große Mann die Trümmer seines Heeres müh-
sam, weil fast ohne alle Hilfsmittel, zusammengehalten. Schweden war ent-
kräftet, die teutschen Stände durch den Präger Frieden theils mit dem Kai-
ser versöhnt, theils dessen Uebermacht preis gegeben: die lezte Aussicht blieb
Frankreich. Bernhard, im Unterhandeln nicht minder geschickt, als im
Kampfe, schloß zu Germain en Laye (Oktbr. 1635) mit Richelieu einen
Vertrag, wodurch ihm jährlich als Subsidicn sechsthalb Millionen Livres und
als künftige Belohnung das zu erobernde Elsaß zugesichert wurden, woge-
gen er seine Armee unter des Königs von Frankreich Hoheit anzuführen ver-
sprach. Durch diesen Vertrag ward er der Abhängigkeit von Schweden los,
und mochte, wenn er glücklich im Kriege war, auch jener von Frankreich sich
entziehen. Viele glänzende Siege über die Truppen des Kaisers und der
Ligue, als zumal bei Rheinfelden, bei Wittcnweiher und bei Thann
auf dem Ochsenfelde (1638), dann in Folge davon die Eroberung der
starken Feste Breisach, brachten seine stolzen Entwürfe der Verwirklichung
näher; und er mochte ohne Vermessenheit hoffen, durch die Hand der verwitt-
weten Landgräfin Amalie von Hessen seine Macht auf einer ansehnlichen
Grundlage zu befestigen. Der Tod, der ihn Plözlich von seiner Heldenbahn
abrief (Huli 1639), zerstörte den genialen Plan und diente nur zur Stär-
kling der Macht Frankreichs. Denn diese Krone bemächtigte sich durch
Hinterlist, Bestechung und Gewalt der trefflichen Armee Bernhard's, um welche
ane kriegführende Parteien buhlten, und errang durch dieselbe die Nebcrlegen-
heit im Felde.
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T63: [Kaiser Macht Rom Zeit Volk Jahr Mann Staat Augustus Name], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Ferdinand_Ii Ferdinand Bernhard
von_Weimar Bernhard Thann Amalie_von_Hessen
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Frankreich Germain Frankreich Schweden Frankreich Rheinfelden Breisach Frankreichs