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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bd. 6 - S. 183

1846 - Braunschweig : Westermann
183 Bürgerliche Verfassung. nach natürlich inwohncndem Geiste machte das Oberhaus mit ihm gemeine Sache. Die Peers, schon nach dem Titel ihrer Würde, hingen vom Throne ab, oder waren ihm wenigstens verbunden. Es mochte für einen Bruch ihrer persönlichen (Lehens-) Verpflichtung gelten, wenn sic wider den König auf- traten. Auch erzeugte ihr Stolz eine unheilbare Abneigung wider die Ge- meinen. Oft waren diese im Fall, mit dem Könige wider den Adel sich zu verbinden. Aber selbst das Unterhaus war fehlerhaft zusammengesezt. Auch hier hatte der Atel — nämlich der niedere — die erste Grundlage gebildet; die Deputirten der Städte vereinigten sich erst später mit den Abgeordneten jenes Adels. Doch lange blieben die wichtigsten Verhältnisse der Wahlberechti- gung, nicht minder die Gewaltsphäre unbestimmt, und kaum das Recht der Steuerbewilligung unbestritten. Ansehnliche Stärkung erhielt die Demo- kratie in England durch den Untergang vieler hohen Geschlechter im Kriege der Rosen: aber die Könige halfen nachmals durch Standescrhöhungcn der Aristokratie wieder auf. Bei allen Mängeln der englischen Verfassung hat sie doch unschäzbarcs Gutes bewirkt. Die Freiheit fordert zum Gedeihen kein ganz tadelloses Feld. Hindernisse, Gefahren, wenn sie nicht allzugrost sind, erheben die moralische Kraft ihrer Freunde und machen das Ersiegte kostbarer. Stolz schritten die Engländer den übrigen Nationen voraus in dieser edlen Bahn. Die Geistlichkeit, welche früher so mächtig gewesen, nahm bedeutend ab an Einfluß, seitdem die Parlamcntsverfassung sich befestigte. Im Unter- hause hatte sie keine Stimme; im Oberhause saßen nur die großen Prälaten, deren geringe Zahl wider die weltlichen Peers nicht aufkommen mochte. §. 12. Der spanischen Reiche. Auch in Spanien blühte die Freiheit auf oder bildete sich wenigstens ihre Grundlage durch einige Schwächung der Großen, durch Verminderung der Leibeigenschaft, durch das Emporkommen der Städte und durch die mäßige Stärkung der Krone. Zwar in Kastilien ward, unter meist unglücklichen oder unfähigen Königen, der Troz des Adels, auch die Frechheit der Ge- meinen groß. Aber in Aragonicn, allwo sonst die Edlen das verbriefte Recht des Widerstandes gegen den König besaßen, tilgte schon Peter Iv. mit seinem eigenen Blute die Schriftzüge der unheilbringenden Urkunde und stellte das gcsczlichc Ansehen des Thrones fest. Nicht mehr das selbstsüchtige

2. Bd. 6 - S. 186

1846 - Braunschweig : Westermann
186 Erstes Kap. Bürgerlicher Zustand. fchränkung der Königsmacht nahm zu, keine günstige Gelegenheit dazu ward versäumt von den selbstsüchtigen Großen. In Böhmen erneuerte der Aus- gang des luxemburgischen Hauses die Wahlfreiheit der Stände. In Polen verkauften jezt schon die Großen ihre Wahlstimmcn gegen Bestätigungs- Urkunden ihrer Anmaßungen. Unter Kasimir Iv. erschienen zuerst die Landboten oder Dcputirtcn des Adels der Provinzen auf den Reichstagen und erhielten frühe das Ucbergewicht über die geistlichen und weltlichen Rcichs- beamtcn, welche sonst darauf vorherrschten, jezt aber in einer gesonderten Kammer berathschlagten. Die Städte hatten wohl für sich einige Vorrechte, aber in Reichssachen keinen Einfluß. Die Bauern sanken mehr und mehr in Sklaverei. Zwar hatte Kasimir Iii. Li. sie in seinen besonderenschuz genommen, wohl auch sie ermahnt, mit „Steinen und Prügeln" die Zumu- thungen der Edlen abzuwehren: aber die nachfolgenden Könige verschmähten es, „B a ucrnkönigc" zu heißen, wie man den großen Kasimir — nach der Gesinnung sarkastisch, im Grunde höchst ehrenvoll — genannt hatte; und nachdem die Aristokratie entscheidend gesiegt, so vermochte kein König mehr, den Gemeinen zu helfen. Ungarns Verfassung war jener von Polen ähnlich. Auch hier galt der Adel Alles und der Bauer Nichts. Doch gelangten die Städte int löten Jahrhundert zur Neichsstandschaft. Der König, wenn er nicht, wie Ludwig Li. oder Matthias Corvinus, durch persönliche Kraft impo- nirte, hatte wenig Gewalt. Die Magnaten oder die hohen Reichsbeamten und die Prälaten herrschten. In diesen Reichen war also doch ein Stand, der Adel, frei; man möchte in demselben die eigentliche Nation, in den Gemeinen einen Hausen Leibeigener erkennen. In Rußland war auch der Adel Sklave des Thrones. Solches war ein Vermächtniß der mongolischen Herrschaft, welche nach asiatischem und nach Kriegs-Recht über der ganzen Nation gelegen, und nun, nach der Befreiung vom auswärtigen Joch, an die einheimischen Großfürsten kam. Die Betrachtung solcher Verhältnisse ist traurig. Vom griechischen Kaiserthum, vom ganzen Orient zu reden, ist überflüssig. Das bleibende Verhängniß dieser Länder ist Sklaverei. L

3. Bd. 6 - S. 194

1846 - Braunschweig : Westermann
194 Erstes Kap. Bürgerlicher Zustand. meisten edlen und vieler fürstlichen Geschlechter. Schreckliche Eide verbanden die „Wissenden" zum Geheimniß, so wie zum unbedingten Gehorsame. Unter dem Schleier der Nacht wurden die Ladungen angeschlagen, welchen auch Fürsten zitternd gehorchten, und die Urtheile gefällt, gegen welche keine Gnade und keine Berufung ^alt. Wer von der Vchme geächtet war, mochte den allgegenwärtigen Henkern derselben kaum durch ein Wunder entrinnen. Aber heimlich, ohne Ncchtsform — also den Meuchelmord ähnlich und Meuchler begünstigend — geschah die Hinrichtung. Wie so vieles Andere im Mittelalter, also mag auch die cntsezliche Vehme, als Gegenmittel noch größeren llebels, von heilsamer Wirkung gewesen seyn. Die Schrecken des unsichtbaren Gerichtes ersezten die Schwäche der ordentlichen Tribunale, und waren ein Damm gegen die barbarische Leidenschaft und frevelhafte Gewalt. Doch mögen ungeheuere Verbrechen unter dem Deckmantel der heimlichen Acht verübt worden seyn *), und die Macht dcs verborgenen Bundes hätte leicht zu verderblicher politischer Umkehrung können mißbraucht werden. Die Furcht vor der Vehme hat übrigens den Beitritt zum allgemeinen Landfrieden und die Einrichtung der ordentlichen Gerichte wirksam befördert. Sie selbst wurde unnöthig und bedeutungslos durch Beides; daher sic auch bald nachher aufhörte. 8- 20. Der Landfriede. Dieser längst gewünschte, allgemeine und ewige Landfriede, welcher dem unerträglichen, in Teutschland weiter als irgendwo sonst getriebenen, auch hartnäckigeren Unwesen der Befehdungen endlich ein Ziel sczte, war das Werk des edlen Maximilian I., welcher auf seinem ersten Reichstage zu Worms am 7tcn August 1493 denselben feierlich verkündete und an demselben Tage, zur friedlichen Pflege des Rechtes, ein ständiges Reich skammergericht an die Stelle des bisherigen unstäten und wenig geachteten Hofgerichtcs cinsezte. Beides hatten die Stände selbst verlangt. Die Fortschritte der Eivilisation einerseits, welche nach Lebensgenuß begierig machte und Ideen des Rechtes einschärfte, anderseits die Abneigung der Edlen gegen die neu *) Ein strenges Urtheil fällt über die Vehme der hefscnkassel'sche Geb. Rath Ko pp in seiner, 1794 in Göttiugen darüber heransgegebenen, gehaltreichen Schrift. Bergt, anch die Schriften über die Vchmge.richte von Mq. Freher, Kindlinger, Hutter n. ?I.

4. Bd. 6 - S. 25

1846 - Braunschweig : Westermann
28 Erstes Kap. Von dem Reiche der Teutschen. Tagen zu erscheinen. Da erklärte ihn Rudolf in die Acht, besiegte (1276) den Stolzen und zwang ihn zum harten Frieden. Ottokar mußte Verzicht leisten auf Oestreich und alle teutscheländer, wegenböhmen undmähren aber die Belehnung empsahen. Wcchselhcirathcn zwischen Söhnen und Töch- tern der beiden Feinde sollten die Aussöhnung befestigen. Aber bald erneuerte Ottokar den Krieg. Die Reichshilfe war meist heimgezogen, mit Rudolf waren nur noch die eigenen und die Schaaren einiger näheren Freunde. Gleichwohl errang er auf dem Marchfelde (1278) — mühevoll, doch um so glorreicher — den entscheidendsten Sieg. Ottokar Selbst, nach dem verzweifeltsten Kampfe, ward erschlagen, der Rest seines Heeres zerstreut. Dem Sohne des Ge- tödteten gab Rudolf, mit weiser Mäßigung, denselben Frieden, welchen Ottokar treulos gebrochen; nur sollte Mähren, zum Ersaze der Kriegskosten, fünf Jahre lang dem Kaiser verpfändet seyn. Hierauf, mit Rath und Einwilligung aller Kurfürsten — Er Selbst hatte zur Giltigkeit wichtiger Reichsgeschäfte solche Genehmigung für nöthig erklärt —, verlieh er seinen Söhnen Albrecht und Rudolf die herrlichen Länder, deren Wiederbringung an's Reich sein eigenes, schweres Werk gewesen, Oestreich, Steiermark, Krain und die windische Mark (1282). Kärnthcn ward dem Grafen Mainhard von Tyrol gegeben. Also ward die Macht Habsburgs befestigt und der Grund zu ganz neuen, unermeßlich wichtigen Verhältnissen gelegt. ^ Nach der damaligen Lage Teutschlands und der Welt hätte die Erblich- keit der Kaiserkrone in dem nunmehr starken, doch nicht übermächtigen Hause Habsburg wünschenswerth scheinen mögen. Natürlich war, daß Rudolf Selbst darnach strebte. Aber die Kurfürsten, der freien Wahl sich freuend, ge- währten ihm die Ernennung Albrechts, seines Sohnes, zum römischen Kö- nige nicht. Diese Fehlschlagung that ihm wehe. Er starb kurz darauf (1291), von den vaterländisch Gesinnten tief betrauert, ein Vorbild aller Guten sei- nes Hauses, fromm, mild, rechtliebend, wie die Besten aus ihnen, aber kräf- tiger, weiser, mäßiger, als die Meisten. §. 3. Adolf von Nassau. Nach einem fast jahrelangen Zwischenreiche gelangte durch Vorschub des mächtigen und ränkevollen Gerhard, Erzbischofs von Mainz, dessen Ver- wandter Adolf, Gras von Nassau, zur Krone (1292). Aber die Gründe

5. Bd. 6 - S. 27

1846 - Braunschweig : Westermann
27 Erstes Kap. Von dem Reiche der Teutschen. ihren gemeinschaftlichen Anmaßungen Ziel sczen wollte. Die rheinischen Kurfürsten hatten die Fahrt aus dem vaterländischen Strome mit Zöllen belastet, Handel und Verkehr der Nation gewaltthätig ihrem Geize dienstbar gemacht, die allgemeine Industrie unbefugt ihrer eigennüzigen Steuer unter- worfen. Von Rechts und von Pflicht wegen, ja vermöge eigen gefaßten ausdrücklichen Reichsschlusses, forderte Albrecht die Aushebung jener Zölle, und sofort schien er jenen Kurfürsten Feind des Reiches. Der von Mainz ließ sich vernehmen: „Er habe noch mehrere römische Könige in der Tasche", und verabredete mit jenen von Trier und von Köln, auch mit dem Pfalz- grafen am Rhein und dem Böhmen-Könige die Entthronung Albrecht's. Auch der Papst (Bouifacius Viii.), welcher den Kaiser als einen Freun- Philipp's des Schönen von Frankreich haßte, erklärte sich wider ihn, denn: „er sey häßlich und einäugig, und seine Gemahlin sey aus einem Viperngeschlechte". (Sie war von Konrad's Iv. Wittwe in zweiter Ehe geboren.) Er solle über Adolfs Mord vor dem Papste in Rom sich ver- antworten, wo nicht, des Reiches verlustig seyn. Dies Alles war fruchtlos. Albrecht, mit Hilfe seiner Getreuen — worunter abermals die Städte sich auszeichneten —, trieb die Rebellen zu Paaren und erzwang die Freiheit des Rheins; worauf auch der Papst seine Bullen zurücknahm. Wenige Kaiser sind so streng als Albrecht getadelt worden, doch größtcn- theils geschah's aus unstatthaftem Grunde. Wohl mag man cingestehen, daß er stolz, herrisch, streng — zumal im eigenen Lande — gewesen; man mag die anfängliche Zweifelhaftigkeit seines Königs-Titels anerkennen: aber nicht darüber, sondern meistens über löbliche und pflichtmäßige oder doch schuldlose 'Handlungen wurden ihm Vorwürfe gemacht. Daß er den Kur- fürsten die ungerechten Zölle nahm; daß er erledigte Reichslehen zu Handen des Reiches einzog, die Anmaßer — wie den Grafen von Henncgau in Ansehung Hollands — ausschloß, oder zum ordnungsmäßigen Empfange der Lehen zwang; daß er — ob auch zu Gunsten seines Sohnes — die Ver- bindung Burgunds mit dem Reich erneuern wollte; daß er die nach Kö- nig Wenzel's unbeerbtem Tode durch Wahl und Vertrag an sein Haus gekommene Krone Böhmens wider Heinrich von Kärnthen —. ob auch fruchtlos — zu behaupten suchte; endlich daß er — nach der Reichs- Fürsten erklärtem Willen — Thüringen vermöge Adolfs Kauf für's

6. Bd. 6 - S. 36

1846 - Braunschweig : Westermann
36 Erstes Kap. Von dem Reiche der Teutschen. von Norden, die Burgunder von Westen, die Langobarden — oder früher die Ostgothen, ja schon in grauer Vorzeit die Etrusker (s. B. I. S. 183) — von Süden her in die Thäler dringend, begegneten sich im Innersten des Landes, wo sie theils — wie meist die italischen gegen die alemannischen Stämme — nach der Wasserscheidung der Gebirge natürlich sich begrenzten, theils —wie die Alemannen und Burgunder unter sich — mehr willkürliche oder durch Zufall bestimmte Marken sezlen. Auch auö dem fernen Norden sollen, bei verschiedenen Anlässen, mehrere germanische Schwärme in die stillen Thäler gezogen seyn. Die Stämme aller drei Zun- gen wurden zwar vereinigt unter dem Scepter der großen fränkischen Monarchie und, nach deren Zersplitterung, zum zweiten Male unter der Hoheit des auch über Italien und Burgund gebietenden teutschen Rei- ches: aber hier inehr, als sonst irgendwo, weil begünstigt durch die Natur des vielgcthciltcn Landes und durch die Verschiedenheit der Stämme und Zun- gen, trat, im Gefolge der Lehensverfassung und des Faustrechtes, nach dem herrschenden Zeitgeiste eine bunte Zerstücklung in vielgestaltige geistliche und weltliche Herrschaften, Stadtgemeinden, mittelbare und unmittelbare Ho- heitsbezirke u. s. w. ein, und entstand die mannigfaltigste Mischung von Reichs- und Provinzverhältnisscn, nach Gebieten, Rechten, Ansprüchen und Freiheiten der Gemeinden, Familien, Landschaften, Aebte, Bischöfe und königlichen Statthalter. Jede Hauptumwälzung — wie, da die bürgnn- dischc Hoheit an den König der Teutschen kam —, jeder Wechsel der Reichs st atthalterschaft oder überhaupt der vorherrschenden Macht nach Familien und Bezirken — worunter die zähringische, die savoyische, die Habsbur gische Zeit sich auszeichnen —, auch die Schicksale einzelner größerer Herrenhäuser, Erbthcilungen und Vereinigungen u. s. w. ließen dauernde Spuren in den inneren oder äußeren Verhältnissen zurück; Hclveticn ward viclgctheiltcr und vielhcrrischer als jedes andere Reichsland. So besaßen die Bischöfe von Lausanna und Gens und Basel, der Abt von St. Gallen und mehrere andere Aebte, dann die Grafen und Herren von Neu- burg. Greyerz, Vaz, Sargans, Toggcnburg, Rappcrschwyl, Baden, Lenzburg, Kyburg und vor allen mächtig, nachdem sie das Erbe der Leztcrcn mit altcigenem großen Gute vereint hatten, die Grafen von Habsburg, neben und unter einander viel untcrthäntges oder dienft- und zinspflichtiges Land; und es blühten zwischen ihren Gebieten freudig und

7. Bd. 6 - S. 50

1846 - Braunschweig : Westermann
80 Erstes Kap. Von dem Reiche der Teutschen. gesellschaftliche Zustand jener Zeit wußte Nichts von den künstlichen Anstalten, wodurch heut zu Tage dem Fortgange des unsichtbaren Giftes Einhalt ge- than und der gewaltige Würgengel durch Linien und Kontumaz in bezeichnete Schranken gebannt wird. Ohne Vorsicht und Hinderung trug der Handel den Todcskcim von Land zu Land, und entwickelten ihn tausendfältig die im Krieg und Frieden unter einander gemischten Völker. Daher wurden zu Florenz 60,000, zu Lübeck 90,000, zu Basel 140,000 Menschen be- graben. An einem Tage wurden aus den Thoren von Passau 300, aus jenen--von Wien 1200 Leichen getragen. Es glaubten die Zeitgenossen, daß die Hälfte des menschlichen Geschlechtes gestorben. Zum mindesten nahm man den vierten Theil an; und es ist eine Rechnung vorhanden, wvrnach blos in den Klöstern des heiligen Franziskus 124,434 Pestopfer gezählt wurden*). Bald gesellten sich zu diesen Schrecken der Natur die noch größeren der Wuth der Menschen. In die verzweifelnden Gemüther kam plözlich — durch priestcrliche Unholde angefacht — fanatischer Grimm wieder die Juden, als welche durch Brunnen-Vergiftung die Pest verursacht hätten; worauf der Pöbel in den meisten Städten Teutschlands, in den Rhein- und Donau-Ländern und bis zur Ostsee die Unglücklichen angriff und, unter schaudervollcn Scenen, viele tausend Männer, Weiber, Kinder qualvoll törtcte. Ihre Wohnungen sanken in Asche. Sie Selbst, in verzwciflungsvollcr Noth, zündeten dieselben an, stürzten ihre Kinder in die Flammen, sich selbst in Dolch und Schwert. Vergebens drohten Häupter und Gerichte. Den reißenden Thieren gleich er- kannten die Wüthenden weder Gcsez noch Recht. §. 18. Wenzeslaw. Karl Iv. folgte (1378) sein Sohn Wenzeslaw, dessen Erwählung zum römischen König mit italischem Golde erkauft war. Auch erhielt derselbe Böhmen und Schlesien. Sein Bruder Sigismund bekam die brand-en- burgischcn Marken, Johann, der dritte Sobn. einige Ncbenlande. Noch besaß ein Bruder Karl's Iv. das Stammgut Luxemburg und sein Neffe, I v d o k u s, die Markgrafschaft Mähren. König Wenzel ist leidenschaftlich von Vielen geschmäht, von Anderen wohlwollend vertheidigt worden; aber sehr wenig gehört zu einem guten Für- ') Eine zweite — in Symptome» seltsame — Pest, die im 2. 1374 anhol', lind der Veitstanz genannt ward, war minder verwüstend.

8. Bd. 6 - S. 24

1846 - Braunschweig : Westermann
24 Erstes Kap. Von dem Reiche der Teutschen. zur Erweiterung ihrer, dem Throne schädlichen, den Reichsverband schwächen- den, Ansprüche; und Rudolf Selbst, die nähere Verpflichtung erkennend, für Teutschlands Wohl zu sorgen, und die Schwierigkeit erwägend, veraltete Rechte zu behaupten, gab verschiedene derselben den lombardischen Städten um Geld dahin. Dem Papste aber, damit er dessen nüzliche Freundschaft er- halte, gestattete er ansehnliche Vergrößerung des Kirchengebietcs. Auch in Arelat begünstigte Rudolfs nur für's Vaterland kräftige Regierung die Schwächung oder die Vergessenheit der alten Reichsrechte. Dagegen wurden im Inneren Teutschlands die Zerrüttungen, die seit Friedrich's Ii. lezter Zeit schrecklich zugenommen, die vielen Wunden, woran alle Länder durch einheimische Zwietracht und troziges Faustrecht blu- teten, geordnet und geheilt. Rudolf, durch die persönliche Freundschaft der besseren Fürsten, zumal durch die Gunst der Kurfürsten, deren mächtigeren er feine Töchter vermählt hatte, den einzelnen Ruhestörern überlegen, verkündete auf seinem ersten Reichstage einen allgemeinen Landfrieden und handhabte ihn mit Kraft und Strenge. Rastlos zog er in den Provinzen umher, zu schüzen, zu strafen, Ordnung und Geseze zu handhaben, böse Feindseligkeiten zu schlichten. Da wurden unzählige Raubschlösser zerstört und an der Stelle frecher Gewalt das Ansehen der Gerichte erhoben. Jezt erhielt der Acker seine verscheuchten Pflüger wieder, der Kaufmann, welchen sonst die Wegelauerer geplündert, zog sicher seiner Straße, und in den Städten gedieh der Fielst friedlicher Gcwerbslcute. Also verdiente Rudolf den schönen Namen: „Wiederhersteller des Vaterlandes", als welches er von drohender Auflösung errettet und auf den Grundsäulen bürgerlicher Ordnung von Neuem befestiget hat. Seit dein Städteerbaucr Heinrich hatte den heiligen Beruf des Königs Keiner so treu erkannt wie Er, der da sich aufgestellt erklärte, „Frieden und Recht zu schirmen, unter allen die köstlichsten Gaben des Himmels." Aber die glänzendste und folgenreichste That dieses prciswürdigen Kaisers war die Besiegung Ottokar's, des trozigen Böhmen-Königs, des Gc- walträubers von Oestreich und Steiermark, auch Herrn von Kärnthen und Krain (s. B. V. S. 116). Derselbe, auf eine Belehnung König Richard's, mehr noch auf sein Schwert pochend, hielt seinen Besiz sürunan- tastbar. Zugleich verwarf er Rudolf's Wahl, zu welcher man ihn nicht bei- gezogen, und weigerte sich, die Lehen zu empfangen-, oder auf des Königs

9. Bd. 6 - S. 26

1846 - Braunschweig : Westermann
26 Erstes Kap. Von dem Reiche der Teutschen. dieser Wahl, so wie die Eigenschaften des Gewählten waren sehr verschieden von jenen, welche früher bei des Habsburgers Ernennung stattgefunden. Des Reiches ward hier nicht gedacht, nur schnöden Privat- oder Hausvorthcils und persönlicher Leidenschaft. Auch war Adolfs Negierung für Ihn Selbst, wie für das Reich, unglücklich und schmachvoll. An Englands König, Eduard I., in dessen Krieg mit Frankreich, verkaufte er teutsches Blut für Geld (1294), und mit dem Sündengelde wollt' er Land und Leute für sich erhandeln. Albert der Entartete, Landgraf von Thüringen, verstieß sein Weib und verfolgte seine rechtmäßigen Söhne, Friedrich, von dem Schmerzenskuß der Mutter „mit der g e b i sse n e n W a n g e" geheißen, und Tieceman. Damit er sie um das Erbe brächte, bot er Thüringen feil; das Geld gedachte er dem Liebling Apizius, den ihm das Kebsweib ge- boren, zuzuwenden. Der Kaiser schloß den Kauf und schickte Kriegsvölker in's Land, dasselbe einzunehmen. Aber blos verwüsten konnten sie es; denn die Brüder, stark durch die Liebe des Volkes und durch den Besiz Meißens, welches sie vom Oheim ererbt, behaupteten ihr Recht. Verachtet und gehaßt von allen Gutdenkendcn im Reiche ob der gedop- pelten Schande, zog Adolf durch Willkür und Eigenmacht auch die Abneigung derjenigen Kurfürsten auf sich, welche seine Erhebung bewirkt hatten. Sie wandten sich Albrecht von Oestreich zu, dem Todfeinde Adolfs, als des Räubers der von Jenem Selbst begehrten Krone. Nach mehreren Berathungen faßte die Mehrzahl der Kurfürsten den Schluß, daß Adolf des Reiches ent- sezt, Albrecht König seyn solle. Noch hielten Trier und das pfalzbaie- rische Haus, das lezte aus Haß wider das aufblühende Habs bürg, mit Adolf. Viele andere Fürsten und Herren, zumal aber die Städte, als welche natürlich dem Rechte und nicht der Partei anhängen, blieben dem Könige getreu, dem sie gehuldigt. Also mußte das Schwert entscheiden. Adolf, tapfer, aber unklug, verlor wider den kriegsgewandten Gegner unfern Worms (1298) die entscheidende Schlacht und in derselben das Leben; wor- auf die zu Frankfurt versammelten Kurfürsten einstimmig den Sieger zum König ernannten. Nicht unbcstochen, da zumal die geistlichen Wahlherren Güter und Rechte von Albrecht zum Lohne genommen. §. 4. Albrecht I. Gleichwohl blieben sie ibm abhold; ja, sie griffen zum Schwerte, als er

10. Bd. 6 - S. 29

1846 - Braunschweig : Westermann
Erstes Kap. Von dem Reiche der Teutschen. 29 von Ludwig des Baicrn Zeit als natürlich sich darbietende Episode ein- weben. §. 8. Heinrich Vii. Verhältnis)'c Jtaliens. Ein Wahlreich ist den gefährlichen Einwirkungen fremder Mächte bei jeder Thronerledigung ausgesezt. Bereits hatte das Beispiel Richard's von England und des castilischen Alfons den auswärtigen Fürsten eine Aus- sicht auf den Thron der Teutschen eröffnet. Rudolf von Habsburg aber hatte gelehrt, wie die durch eigenen Werth wenig lockende Wahlkrone zur Vergrößerung der Hausmacht könne benüzt werden. Also wurden nach Al- brecht's Tode nicht nur. von vielen einheimischen Fürsten, sondern auch von dem französischen Könige, Philipp dem Schönen — zu seines Bruders Karl von V al ois Gunsten — Anschläge auf den erledigten Thron gemacht. Der Papst, Clemens V., vereitelte — insgeheim, weil er dem Könige sonst vielfach verbunden war — des Lezteren Absicht und ermunterte die geistlichen Kurfürsten zur Beschleunigung der Wahl. Diese, durch wiederholte Ausübung und durch vorzügliche Klugheit an die Spize des Ge- schäftes gestellt verabredeten die Erhebung Heinrich's, des Grafen von Luxemburg, des Bruders von Balduin, dem Kurfürsten von Trier. Aber die Wählenden, zumal Peter Aichspalter, Kurfürst von Mainz, forderten für ihre Stimmen einen hohen Preis, die Bestätigung vieler an- gemaßten Rechte und Freiheiten, selbst Geld und Gut und die kaiserliche Hilfe wider Privatfeinde. Was Heinrich also zur Erlangung der Krone aus eigenen und aus Reichsmitteln'hintangab, ward —- ihm wenigstens und seinem Hanse— durch Erwerbung der Krone Böhmens mit Wucher vergütet. Heinrich von Kärnthen, welcher, nach König Rudolf's von Oestreich frühem Tode, das östreichische Hans von dieser Krone verdrängt hatte, gefiel den Böh- men nicht. Sie boten deßhalb Johann, des Kaisers Sohn, die jüngere Schwester König Wenzel's zur Gattin und als Mitgift das Königreich an (1309). Sofort sprach der Kaiser dem kärnthischen Heinrich die Krone ab, weil er die Belehnung darüber nicht angesuchet, und eroberte ohne Mühe das ganze Land. Auch die Herzoge von Oestreich entsagten ihrem Rechte, da Heinrich sie mit Ansprüchen auf ihr eigenes Erbe schreckte. So war das Haus Luxemburg auf den böhmischen Thron erhoben, und hiedurch 130 Jahre lang in Teutsch land groß und gewaltig.
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