154 Kap. 45. § 170. Das griechische Kaisertum.
schuken bort weiterem Vordringen zurück und schlugen im Westen die Angriffe der statischen Normannen, im Norden die Einfälle der Knmanen und Petschenegen glücklich ab. Auch hielten sie sich standhaft in ihren Konflikten mit den Kreuzfahrern.
Nach Manuels I Tode (1180) folgte sein unmündiger Sohn Alexius Ii, der ober von seinem Vormund Andronicus ermordet wurde. Die grausame Regierung des letzteren wurde nach drei Jahren (1185) durch einen Seitenverwandten der Comnenen, Isaak Angelus gestürzt.
Das Schicksal dieses schwachen Kaisers und seines Bruders Alexius Iii ist oben (§ 98) bei der Darstellung des vierten Kreuzzuges und der Errichtung des lateinischen Kaisertums (1204) erwähnt worden. Dort ist auch der Errichtung der Kaisertümer Nicäa und Trapezunt, sowie des Sturzes des lateinischen Kaisertums und der teilweisen Wiederherstellung des griechischen durch Michael Paläologus (1261) Erwähnung gethan.
Die im Volke tief eingerissene Sittenlosigkeit, welche durch Hofränke und Bürgerkriege vermehrt wurde; die Zerrissenheit der griechischen Kirche, deren Wiedervereinigung mit der lateinischen mißlang; die gänzliche Zerrüttung der Finanzquellen des Landes, welchem Venedig und Genua fast allen Handel entnahmen, — alle diese Ursachen ließen keine Wiedererhebung zu. Im Norden von den Serbiern und Bulgaren, im Süden von den schon seit 1355 in Europa eindringenden Türken oder Osmanen bedrängt, mußte Johann Paläologus es dulden, daß die letzteren 1361 ihren Sitz zu Adrianopel nahmen, und von nun an ging das Reich immer rascher seinem Einsturz entgegen.
Gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts, als Johann Vi Paläologus den Thron inne hatte, war der Umfang des ganzen griechischen Reiches nur noch auf Constantinopel und dessen Umgegend beschränkt, sodaß es zuletzt den Osmanen unter dem gewaltigen Sultan Mehemed Ii gelang, durch die Eroberung von Constantinopel, bei dessen Verteidigung der letzte Kaiser Constar.tin Xi tapfer fechtend fiel, der griechischen Herrschaft 1453 ein Ende zu machen — fast tausend Jahre später, als das abendländische Reich gefallen war.
Die Vorbereitungen zur Belagerung betrieb Mehemed selbst mit unermüdeter Thätigkeit und in kolossalem Maßstabe, wie er denn vor dem Hauptthore die ungeheuerste Kanone aufpflanzen ließ, deren die Geschichte gedenkt: man brauchte jedesmal 2 Stunden, um sie zu laden. Zum Unglück waren die Griechen in der belagerten Stadt (wie einst die Juden bei Jerusalems Fall) kirchlich uneinig und wirkten sich bei der Verteidigung entgegen. Als die Landseite gesperrt und die Verbindung mit dem Meere dadurch abgeschlossen war, daß ein Teil der türkischen Flotte in Einer Nacht auf einer mit Fett bestrichenen Bretterbahn über das Festland hinweg in den Hafen geschafft wurde, begann nach einer durch jene Kanone geöffneten Bresche unter Hörnerschall, Geschützdonner, und Schlachtgeheul der Hauptsturm. Während Konstantin, nachdem er mit seinen Treuen in der Kirche unter Thränen das h. Abendmahl empfangen hatte, das Haupi-thor verteidigte, drangen die Türken durch ein anderes, seit alter Zeit stets verschlossen gewesenes und erst Tags zuvor zu einem Ausfall geöffnetes Thor in die Stadt ein. Der Kaiser fiel nach hartem Kampf unter den Streichen zweier Türken; sein Kopf wurde zum Hohn auf eine Säule gesetzt und soll dann ausgestopft durch alle asiatischen Städte gesandt worden sein. Ein Teil des Volkes, darunter die edelsten Männer mit ihren Söhnen, wurde niedergemacht, der andere in die Sklaverei verkauft. Die Häuser wurden geplündert, die Kirchen ihres Schmuckes beraubt, das Kreuz auf der Sophienkirche mit dem Halbmond vertauscht, unermeßliche Beute an Gold, Silber und andern Kostbarkeiten fortgeschleppt und zahllose Bücher aus den reichen griechischen Bibliotheken größtenteils vernichtet, zum Teil auch auf Schiffen und Wagen nach Osten
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Kap. 46. § 177. Die Erfindungen im 15. Jahrhundert. 161
Von den wichtigsten Folgen gewesen. Denn die von dem deutschen Mönche Berthold Schwarz gemachte und (z. B. 1346 in der Schlacht von Crecy § 157) zum Krieg angewandte Erfindung des Schießpulvers hatte nach und nach zur völligen Veränderung des Kriegswesens und der darauf beruhenden Einrichtungen (des Rittertums, des Lehnswesens rc.) geführt. Besonders hatte die von Johannes Gutenberg aus Mainz i. I. 1440 erfundene Buchdruckerkunst angefangen, ihre unberechenbar tiefe Einwirkung auf die Umbildung des ganzen geistigen Lebens der Welt zu äußern, indem sie auf den Gebieten der Wissenschaft und Kunst, des Handels und der Industrie, der Politik und der Religion jene Umgestaltungen hervorrief. welche der neueren Zeit ihren Charakter gegeben haben.
Das Schießpulver war schon in früheren Zeiten von den Chinesen und Alt-Indern gekannt (wenigstens in einer, der Wirkung nach, ähnlichen Mischung) und von den ersteren zum Sprengen von Felsen, von den letzteren auch zu Belagerungsgeschützen verwendet. Nach der Wiedererfindung desselben in Deutschland, wurde es ebenfalls zuerst zum Sprengen und zum groben Geschütz benutzt; kleinen Geschützes (der Handbüchsen) wird zum erstenmal in einer Urkunde von 1381 Erwähnung gethan.
— Die Buchdruckerkunst erfand Guirnberg zu Straßburg, wo er bewegliche Buchstaben mit Fäden an einander reihte, sie mit Tinte oder Lampenruß bestrich und damit druckte. Diese Methode verbesserte er dann in Mainz (1450), wo er sich mit dem reichen Goldschmied Johann Fust zur Errichtung einer Buchdruckerpresse verband, welche nachher durch Peter Schössers Verbesserung der Matrizen vervollständigt wurde.
— Der Umstand, daß die Erfinder ihre Kunst als Geheimnis betrieben und daß das Drucken die Bücher wohlfeiler machte (indem eine Bibel, davon vorher eine Abschrift 400—500 Goldgulden kostete, von da an nur 30 Goldgulden kostete), war Ursache, daß die Mönche, welche bis dahin vom Bücherabschreiben Vorteil gehabt hatten, die neue Kunst als Schwarzkunst und ihren Erfinder als einen mit dem Satan im Bunde stehenden Zauberer verschrieen. — Das Geheimnis wurde aber bald durch die (bei der Eroberung von Mainz in einem Streit zwischen Diether von Isenburg und Adolf von Nassau über die Besetzung des Erzbistums) nach andern Orten und Ländern hin zerstreuten Druckergehülfen zum Gemeingut gemacht. (Die Behauptung der Holländer, Lorenz Co st er von Haarlem habe zuerst die beweglichen Lettern erfunden, ist gründlich zurückgewiesen). — Auch das Leinenpapier wurde in Deutschland erfunden, indem schon 1324 eine Papierfabrik zu Ravensburg in Oberschwaben bestand und die älteste Urkunde aus Leinenpapier aus dem Jahre 1318 herrührt. Dasselbe trat jetzt fast durchgängig an die Stelle des teuren Pergaments. — Das erste gedruckte Buch war der lat. Psalter vom Jahre 1456; die ganze lateinische Bibel erschien im Jahre 1462 gedruckt.
Kap. 47. Vorreformalorische Bewegungen.
(Gesch. d. W. Xix. 3, 1-3; 2, 1-3.)
(178.) Zwar hatten sich vorzüglich auf dem religiösen Gebiete seit dem Basler Concilium weitere, wenn auch mehr innerliche Bewegungen bemerk-lich gemacht, in denen eine Vorbereitung auf die Neugestaltung der kirchlichen und^ dadurch mittelbar auch der staatlichen Verhältnisse lag. Aber je mehr die Verweltlichung der Kirche ans Licht trat, desto allgemeiner wurde auch das Bedürfnis einer Erneuerung derselben empfunden und anerkannt.
Die zwei im Mittelalter versuchten, auf dem damals vorhandenen Bildungsstande ruhenden kirchlichen Verbesserungsformen, nämlich die den tiefern religiösen Sinn ansprechende Mystik und die biblisch-historische Kritik, verbunden mit den übrigen Fortschritten, die sich in dem Auf-
Dittmar, Umritz d. Weltgesch. 12. Aufl. Ii. H
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Extrahierte Ortsnamen: Mainz Deutschland Mainz Mainz Haarlem Deutschland Ravensburg Oberschwaben
162
Kap. 47. § 179. Wiedererweckung der klassischen Literatur.
blühen eines freien Bürgerstandes, besonders aber in der erneuerten Kenntnis der alten Sprachen, sowie in dem Aufkommen einer Volksliteratur und Volkssprache bekundeten — hatten durch das Zurückgehen auf das Wort Gottes und auf das ursprüngliche Christentum alle Stände der Christenheit für eine christliche Reform empfänglich gemacht.
So kam es, daß es schon viele einzelne Reformatoren vor der Reformation gab, die als ihre Vorläufer zu betrachten sind. Dergleichen waren jene Männer, die wie Thomas a Kempis und der Verfasser der „deutschen Theologie" auf Verinnerlichung der Religion durch Heiligung des innern und äußern Menschen drangen, oder welche, wie Johann von Goch, Johann von Wesel und Johann Wessel durch die Verbindung jenes Strebens mit einer christlichen Philosophie auf eine Umgestaltung der Theologie hinarbeiteten.
Thomas a Kempis (etg. Hammerken aus Kempen im Kölnischen, gest. 1471), aus der Schule der Hieronymianer, regulierter Chorherr und Vorsteher des Klosters St. Agnes bei Zwoll, war Verfasser des Büchleins „von der Nachfolge Christi", das nächst der Bibel die meisten Auflagen erlebt hat. — Johann (Pupper) von Goch bei Cleve (gest. 1475) stellte schon die beiden evangelischen Hauptgrundsätze von der h. Schrift als alleinige Erkenntnisquelle und von der Rechtfertigung aus Gnaden nach der religiösen und moralischen Seite auf; desgleichen Johann von (Ober-) Wesel (gest. 1481), der jedoch viel Irrtümliches einmischte. Johann Wessel aus Groningen (gest. 1489) stellte zwar die nämlichen Grundsätze auf, behauptete aber, das Wirken des H. Geistes sei im Schriftwort nicht abgeschlossen und setzte einen Unterschied zwischen heiliger Schrift und göttlichem Wort.
(179.) Ganz vorzüglich aber hatte die von Italien ausgegangene Wiedererweckung der klassischen Literatur, welche in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts auch in Deutschland zahlreiche Verehrer und eifrige Pflege fand, durch den neuen Aufschwung des wissenschaftlichen Geistes auch einen wesentlichen Einfluß auf die Umgestaltung der Theologie und Kirche.
In Italien nämlich hatten gelehrte Griechen, welche (wie Chrysoloras, Theodor Gaza u. A.) teils schon einige Zeit vor der Eroberung Constantinopels (durch die Türken) dahin gekommen, teils nach dem Eintritt jenes Ereignisses in großer Zahl dahin ausgewandert waren, viele vorher im Abendland noch unbekannte Werke der antiken Literatur mitgebracht und durch Anleitung zu ihrem Verständnis die Liebe zum klassischen Studium geweckt, das durch die freigebigste Unterstützung der Fürsten, insbesondere der Mediceer, gefördert wurde (§ 150). Durch die daraus hervorgehende, humanistisch e Bildung wurde die Herrschaft der Scholastik gebrochen und einer freien G eistesrichtung Bahn gemacht. Da aber der in Italien herrschende tote Kirchenglaube dem in den Schriften der Alten vorkommenden Geiste des Heidentums feine denselben überwindende sittliche Kraft entgegensetzen konnte, so vermehrte das humanistische Studium bei den verd erbten Italienern die Unchristlichkeit in hohem Grade. — Als die wiedererweckte Kenntnis der klassischen Literatur nach Deutschland kam, fand sie im ernsten deutschen Charakter einen besser bereiteten Boden vor, namentlich wegen der bessern Lehrmethode, die in den von Gerhard Groote (§ 137) gestifteten Schulen der Hieronymianer oder „Brüder vom gemeinsamen Leben" (vorzüglich zu Deventer in den Niederlanden und nachher zu Schlettstadt im Elsaß) herrschte.
Als allmählich unter den Universitäten, welche auch hier die Hauptbollwerke der scholastischen Bildung waren, zuerst Heidelberg und Tübingen der klassischen Literatur den Eingang öffneten und dadurch die Zahl der Humanisten sich mehrte, nahm zwar in vielen Gelehrten die humanistische Bildung anfangs ebenfalls eine einseitige, zum Teil widerchristliche Richtung: dennoch wurde bald das klassische Studium von tieferen
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Extrahierte Ortsnamen: Gottes Goch Gnaden Wesel Groningen Italien Deutschland Italien Italien Deutschland Deventer Niederlanden Heidelberg
214 Kap. 61. § 230. Europäische Kunst bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts.
Unter Friedrichs Ii Regierung führte Adolf von Holstein gegen die Dit-marsen, welche seit vierhundert Jahren frei in ihrem Ländchen zwischen der Elbe und Eider unter bischöflich-bremischem Schutzrechte gelebt hatten, einen ungerechten Krieg, der nach dem heldenmütigsten Widerstände derselben (Schlacht bei Hemmingstedt) mit der Unterdrückung ihrer Freiheit endete. — Christians Versuche, auch die heidnischen Finnen dem Evangelium näher zuführen, hatten indes keinen wesentlichen Erfolg und noch lange blieben sie dem Christentum fern.
(229.) Außerdem hatte die luthersche Reformation durch den deutschen Orden, der sie seit 1525 in Preußen eingeführt hatte, auch in Liev-land, Esthland und Kurland Eingang gefunden.
Auch in Polen, Ungarn und Siebenbürgen bekannten sich viele teils zur lutherschen teils zur reformierten Lehre. — Die Reformation würde sich überhaupt in Europa noch weiter verbreitet haben, wenn sie nicht in Spanien und Italien, wo sie bereits tief eingedrungen war, durch die Inquisition vertilgt — in Frankreich durch den Rücktritt Heinrichs Iv aufgehalten — in den Niederlanden durch die eingegrenzte Scheidung der Nord- und Südprovinzen zuin Stillstand gebracht — in Deutschland teils durch die Zerwürfnisse der Protestanten unter einander gestört, teils durch die auf eine Reinigung der katholischen Kirchenlehre gerichteten Bemühungen der katholischen Fürsten gehemmt — in Polen, wo durch die Konföderation den Protestanten schon gleicher Schutz mit den Katholiken gesichert war, durch die rücksichtslosen Schritte König Sigmunds Iii größtenteils verdrängt — überall aber in diesen Ländern durch die vom Tridenter Concilium hervorgebrachte Neubelebung der römischen Kirche und durch die einmütigen und thätigen Bestrebungen ihrer Congre-gationen, vorzüglich des schon oben genannten Jesuitenordens (§ 208), teils zurückgehalten teils wieder vernichtet worden wäre. Allenthalben in Europa, sowie in den übrigen Welttheilen hatte am Ende des 16. und im Anfang des 17. Jahrhunderts der Katholozismus die Oberhand.
Kap. 61. Europäische Bildung in Kunst und Wissenschaft vom Anfang des 16. bis gegen die Mitte des 17. Jahrhunderts.
(Gesch. d. W. Xx. Kap. 7, 6; 4, 5. u. 6; 2 u. 3.)
(230.) Der Aufschwung, den Kunst und Wissenschaft im 15. Jahrhundert zu nehmen begonnen hatten, nahm im 16. Jahrhundert eine noch höhere und vielseitigere Richtung, und in beiden Gebieten treten uns große Geister entgegen. — Die Kunst, eine Tochter der Kirche, hatte bisher ihre Eingebungen nur vom Christentum empfangen; nun aber trat in ihr ein Wendepunkt ein, indem sie sich den schönen Formen und poetischen Ideen des heidnischen Altertums zuneigte, so daß nicht nur die Überreste der griechischen Kunst als Muster dienten, sondern auch die Mythologie auf weit hinaus ein modernes Kunstelement wurde. Die Hauptheimat der Kunst war Italien, wo der allgemeine Wohlstand, der überall rege Sinn für klassische Bildung und die reichliche Unterstützung der Höfe, besonders die Kunst und Prachtliebe des mediceischen Papstes Leo X, eine rasche, nie geahnte Entwicklung der Kunst, wie nicht minder auch der Wissenschaft begünstigte. Von dort empfingen auch die westlichen Länder Europas den Anstoß zu ihrer weitern geistigen Entwicklung und nur der
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Adolf_von_Holstein Adolf Christians Heinrichs Leo_X Leo
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Esthland Kurland Polen Ungarn Europa Spanien Italien Frankreich Rücktritt_Heinrichs Deutschland Polen Europa Italien Europas
294 Kap. 78. § 323. Die Entstehung der nordamerikanischen Freistaaten.
Staatswissenschaftslehrer Vico (f 1744) und Filangieri (f 1788), die Physiker Galvani (f 1799) und Volta 1745—1827.
Die Schweden haben aus jener Periode vorzüglich den Botaniker Linnä (f 1778) aufzuweisen-, der Chemiker Bermus gehört mehr dem 19. Jahrhundert an.
Iv. Die neueste Zeit oder das Retiolutionszeitalter.
Kap. 78. Die Entstehung der nordamerikanischen Freistaaten.
(Gesch. d. Welt Xxiv. 5, 1—6.)
(323.) Die Ostküste von Nordamerika war von den Engländern zum Teil schon 1496, zum Teil feit 1584 (durch Walter Raleigh unter Elisabet) entdeckt worden. Die von ihm in Virginien veranlaßten Niederlassungen gingen bald ein, weil man Gold suchte und keines fand. Dauernde Kolonieen gelangen ihnen erst im Anfang des 17. Jahrhunderts (besonders unter Jakob I), und zwar zuerst 1607 in Virginien, 1620 in Neu-Plymouth durch ausgewanderte Puritaner, welche ehrlich den Indianern ein Stück Land abkauften; 1625 —1633 in Maryland durch Lord Baltimore für ausgewanderte Katholiken und Protestanten;
— 1662 in Carolina durch Lord Clarendon; 1681 in Pennsyl-vanien durch den edlen Quäker William Penn, den Gründer von Philadelphia.
William Penn, der Sohn eines angesehenen und reichen Admirals, Lords Penn, schloß sich zur Betrübnis seines Vaters, der ihn zu einem großen Staatsmann hatte bilden wollen, der vom Schuster Fox gestifteten Sekte der Quäker an. Um ihn davon abzubringen, sandte ihn sein Vater nach Paris; aber die dort herrschende Frivolität befestigte den Sohn nur desto mehr in seiner religiösen Richtung. Daher enterbte ihn sein Vater, ja ließ ihn sogar gefangen setzen. Der Sohn trug alles mit Geduld, erklärte aber, daß er seine Überzeugung nicht gefangen geben könne. Diese Standhaftigkeit bewog den Vater, ihn wieder aufzunehmen und zum Erben seines großen Vermögens einzusetzen. Mit diesem suchte er nun für sich und seine Glaubensgenossen einen Zufluchtsort in Amerika aus, und da König Karl Ii der Erbmasse eine bedeutende Geldsumme schuldete, ließ er sich dafür die waldreiche Gegend zwischen dem Hudson und Delaware (spr. Delläwähr) anweisen. Überzeugt aber, daß weder er, noch der König der rechte Eigentümer dieses Landes sei, kaufte er es den Indianern ab und versprach dabei, sie stets vor Willkür zu schützen. So wurde Pennsylvanien das merkwürdigste Land, wo nicht bloß Quäker, sondern Christen und freie Männer aller Konfessionen und Nationen gegen einen geringen Zins leben und selbständig ihre bürgerlichen Angelegenheiten ordnen konnten.
Canada, das 1497 von den Engländern entdeckt worden war, wurde erst 1608 von den Franzosen kolonisiert; von da aus drangen später 1668 französische Jesuitenmissionare in die Thalflächen des Mississippi.
Anfänglich hatten alle Kolonisten mit den Ureinwohnern oder Indianern, die sich nach Kräften um ihren väterlichen Boden wehrten, schwere Kümpfe zu bestehen, bis die stets wachsenden Einwanderungen die letztem nötigten, sich mehr und mehr in die Urwälder des Innern zurückzuziehen.
— Die neuen von Britannien ausgegangenen Kolonieen erkannten Englands Oberhoheit und den von dort über sie gesetzten Statthalter an, waren aber englischen Gesetzen und Abgaben nicht unterworfen.
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Extrahierte Ortsnamen: Nordamerika Neu-Plymouth Maryland Baltimore Lord_Clarendon Philadelphia Paris Amerika Pennsylvanien Mississippi Britannien Englands
334 Kap. 64. § 358 u. 359. Der konstitutionelle Monarchismus. Ludwig Xviii.
derherstellung des Jesuitenordens, seinen frühern Einfluß auf die Völker wieder zu gewinnen und den Glauben seiner Angehörigen zu beleben strebte, fing auch der durch das Reformationsjubelfest 1817 tief angeregte Protestantismus an, durch die schriftgemäße Verkündigung der Lehre vom Kreuz, durch vermehrte Bibelverbreitung, durch erweiterte Missionsthätigkeit in der Heidenwelt und durch neue Anstalten christlicher Liebe und Barmherzigkeit (Kinderrettungshäuser, Kleinkinderschulen, Diakonissenstifte rc.) das frisch erwachte Glaubensleben zu befördern.
(358.) Der größere Teil der Völkermassen war jedoch zunächst bloß auf die Verbesserung seiner äußern Zustände bedacht, und die Erfahrung, daß die Revolution trotz der Zerstörung so vieles Guten und der Verbreitung so vieles Bösen auch viele Schäden teils aufgedeckt teils getilgt habe, ließ nun die meisten das Heil der Menschen vorzugsweise von einer Veränderung der Staatsverfassungsform hoffen. Die verbündeten Mächte selbst erkannten in dem auf einer Verbindung der Fürsten- und Volksrechte beruhenden konstitutionellen Monarchismus, nach welchem die Regierungsgewalt an die Zustimmung der Landstände oder Volksabge-vrdneten gebunden, doch aber auch die Würde des Königtums gewahrt ist, das für die reifen Völker Europas geeignete Regierungssystem.
Demgemäß traten in vielen Staaten (großenteils nach dem Muster der französischen Charte von 1814) Konstitutionen in mannigfaltigen Formen ins Leben und mit ihnen vieles Gute, aber natürlich nicht gleich alles, was die Ungeduld der für politische Verbesserungen begeisterten Idealisten erwartete, am wenigsten das, was versteckter Demokratismus und Republikanismus mit um so größerer Hoffnung auf Erfolg erstrebte, je mehr die Nachbesserungen jenes neuen europäischen Staatsgrundgesetzes selbst von der Mangelhaftigkeit desselben zeugten, und bereits da und dort mehr oder weniger offene Rückstrebungen zur unumschränkten Monarchie und Hierarchie sich kund thaten.
(359.) Denn noch war der schon an sich durch die neue Ordnung der Dinge nicht befriedigte Geist neuernder Bewegung in vielen nicht zur Ruhe gekommen. In Frankreich traten, so redlich auch Ludwig Xviii nach der von ihm gegebenen Charte zu regieren suchte, die alten Parteien — Ultraroyalisten, Napoleonisten und Republikaner — mit ihren Strebungen unverdeckt hervor und versetzten sein Regierungssystem ins Schwanken. Als am 15. Febr. 1820 der Herzog von Berry, der vorausbestimmte Thronerbe, auf dem die ganze Hoffnung der Bourbonen ruhte, von einem fanatischen Menschen, Namens Louvel, ermordet wurde, brachte die Reaktianspartei, an deren Spitze des Königs Bruder, der Gras von Artois, stand, den König dahin, das Ministerium Decazes zu entlassen und durch das Ministerium Villele die gewährten Freiheiten zu beschränken. Von da an herrschte bis zum Tode des Königs wenigstens noch äußere Ruhe.
Noch heftiger lagen in andern romanischen Staaten die Freiheits- und Reaktionsbestrebungen im Kampf, und ehe man es sich versah, brach in 1820 dem Jahre 1820—21 in Spanien und in Portugal, in Neapel und in Piemont das verborgne Feuer der Revolution in starken Explosionen ans.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xviii Ludwig Ludwig_Xviii Ludwig Berry Namens_Louvel Artois
Extrahierte Ortsnamen: Europas Frankreich Spanien Portugal Neapel
Kap. 95. § 424. Wiederaufrichtung des deutschen Kaisertums. 405
getötet, 363,000, darunter 11,600 Offiziere, gefangen nach Deutschland geführt, gegen 400,000 in Paris entwaffnet, 83,000 nach der Schweiz gedrängt); außerdem waren 26 feste Plätze zur Übergabe genötigt, darunter Metz und Paris, welche beide zu den stärksten und größten Festungen der Erde gehören, über 6700 Geschütze, 120 Adler und ein unermeßliches Kriegsmaterial war erbeutet.
Aber von all den glänzenden Erfolgen dieses ruhmreichsten aller Kriege, durch welchen zwei uralte deutsche, durch französische Raublust entrissene und zwei Jahrhunderte lang vorenthaltene Provinzen dem deutschen Vaterlande wiedergewonnen sind, war die herrlichste Errungenschaft
die Wiederaufrichtung des ehrwürdigen, von französischem Hochmut frevelhaft zertrümmerten, deutschen Kaisertums, als ein Zeichen der neu aufsteigenden Größe und Macht Deutschlands.
Auf den blutgetränkten Feldern Frankreichs legte das siegreiche Schwert der_ tapferen deutschen Heere den Grundstein zu dem neuen deutschen Reich, dessen Führung nach dem gemeinsamen Willen von Deutschlands Fürsten und Völkern Preußens König als erblicher Kaiser von Deutschland übernahm.
Schon Ende November 1870 waren in Versailles die zwischen den durch die Blutläuse geeinten Nord- und Südstaaten gepflogenen Unterhandlungen, welche auf eine engere politische Einigung gerichtet waren, zum Abschluß gekommen. Die Fürsten Süddeutschlands waren, seitdem Österreich 1866 aus Deutschland ausgeschieden, allmählich zu der richtigen Erkenntnis gelangt, daß sie nur im Anschluß an den mächtigen Staat, der an der Spitze des norddeutschen Bundes stand, ihren eigenen Ländern die staatliche Sicherheit verschaffen könnten, welche ihnen das seit 1866 bestehende Verhältnis der Südstaaten zum norddeutschen Bunde trotz aller scheinbaren Unabhängigkeit keineswegs garantierte. In klarer Einsicht sowohl in die Stellung ihres Landes als in die nationalen Bebürsnisse des gemeinsamen deutschen Vaterlanbes und in richtiger Würdigung der patriotischen Kundgebungen, welche auch süblich vom Main immer lauter nach einer engeren politischen Einigung zwischen dem Norben und Süden verlangten, hatten die süddeutschen Regierungen in Erfüllung der 1866 mit dem Nord-bund geschlossenen Verträge ohne Zögern an dem Nationalkrieg gegen Frankreich einen kräftigen und rühmlichen Anteil genommen. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit war olsbann durch das Banb der Wasfenbrüberschast und die gemeinsame Vollführung io herrlicher Waffenthaten in den Völkern und Fürsten des Südens mit solcher Stärke emporgewachsen, daß der Süden dem Norden in aufrichtigem Bruderbund die Hand Über den Main hinüber reichte, der doch nur eine willkürliche, keineswegs von Natur und Geschichte gegebene Grenze gebildet hatte. Ohne daß Preußen jetzt so wenig wie früher einen direkten oder indirekten Zwang auf die süddeutschen Staaten auszuüben versucht hatte, um sie zum Eintritt in den Nordbund zu bestimmen, gaben diese vielmehr aus freiem Antrieb den Wunsch zu erkennen nach einer engeren Einigung, der Erweiterung des norddeutschen Bundes zum deutschen Bunde und der Erneuerung des ohnedies ja nie in der Erinnerung verschwundenen deutschen Reichs unter einem oeutfegen Kaiser, einer Erneuerung, „die nichts Gewaltsames oder Erkünsteltes hatte, sondern von den Gesinnungen der Nation und dem Gang der Ereignisse von selbst vorgezeichnet war". "
Mit Ende des Jahres 1870 wurde durch den Beitritt von Baden, Hessen, Württemberg Baiern der Nordbund zum neuen deutschen Reich, zum Bund - a*en Deutschland erweitert, welche auf Anregung von Baierns patriotischem König Ludwig Ii, der den Hauptschritt zum großen Einigungswerk gethan und unter freudiger Zustimmung von Deutschlands Fürsten und Völkern auf -Preußens Komg Wilhelm den Siegreichen, der für Deutschland mehr gethan als ote früheren Kaiser seit Jahrhunderten, die neu aufgerichtete Kaiserwürde übertrugen,
/Vor \ Preußischen Königshause verbleiben sollte.
(4^5.) Am 18. Januar 1871 fand zu Versailles in Gegenwart einer
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Ii Ludwig Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Paris Paris Deutschlands Frankreichs Deutschlands Deutschland Versailles Deutschland Main Norben Frankreich Main Nordbund Baden Hessen Deutschland Deutschlands Deutschland