auf dem Gebiete der Volksbildung zu sein, über kurz oder lang entreißen könnet) Es
ist aber für ein Volk vielleicht noch bedenklicher, auf dem Gebiete der geistigen Kultur-
geschlagen zu werden, als auf dem Kriegsschauplatz. Gott wolle darum verhüten, daß wir
auf den alten Lorbeeren einschlafen, wie Preußen einst eingeschlafen war anf den Kriegs-
lorbeeren Friedrichs des Großen. Einem Zweige des Volksbildungswesens gilt es heut-
zutage ganz besonders vollste Aufmerksamkeit zuzuwenden, dem Fortbildungsschnl-
wesen, dem Bildungswesen der Jünglinge und Jungfrauen. Möge man darauf doch in
unserem Vaterland mit heiligem Eiser bedacht sein und sich der Erkenntnis nicht ver-
schließen, daß die Größe und Macht der Staaten im letzten Grunde doch nur in der geistigen
und sittlichen Tüchtigkeit der Bewohner sicher basiert ist.
Einen hohen Grad der allgemeinen Volksbildung treffen wir auch in den fkan-
dinavischen Königreichen. Sowohl in Schweden-Norwegen als in Dänemark gehören
Analphabeten zu den größten Ausnahmen, was ganz besonders für Norwegen hohe An-
erkennung verdient, da die Unwegsamkeit des Landes für das Schulwesen ein großes
Hindernis ist. Eine ganz besondere Beachtung verdient Dänemarks Bil-
dungswesen. Hier ist es das Volk selber, — speziell die Baueru, — das
eifrig bemüht ist, für eine Ergänzung der Schulbildung im Jünglings-
und Jungfrauen alter zu sorgen. Aus eigenem Antriebe haben die dänischen
Bauern an 70 „Volkshochschulen", — Bauern-Universitäten hat man sie
wohl genannt, •— gegründet. Im Winter werden dieselben 6 Monate von
den jungen Bauern, im Sommer 4 Monate von den Töchtern besucht. In
jedem Jahre kehren ca. 10000 junge Bauern und Bauerntöchter aus den
Hochschuleu in die Dörfer zurück. Die Folge dieser Einrichtung ist gewesen,
daß der dänische Bauernstand sich zum gebildetsten der ganzen Welt empor-
geschwungen hat. Welch ein reges geistiges Leben auf den Dörfern herrscht,
zeigen iusbesondere die Vereinshäuser, deren sich fast in jedem Dorfe eins
findet. Ein solches Vereinshaus enthält neben anderen Räumen einen
großen Saal, der mitunter 6—800 Menschen faßt. In ihm werden Vor-
trags-Versammlungen abgehalten, in manchen Dörfern in jeder Woche eine.
Die dort gehaltenen Vorträge bringen sowohl Themata allgemein bil-
dender als auch socialer und politischer Natur. In dem Saal übt sich aber
auch die Jugend im Winter in der Gymnastik, die jungen Bauern an zwei
Abenden, die Töchter an zwei anderen Abenden. In einzelnen Dörfern
sängt man sogar an, Konzerte berufener Musiker in ihnen zu veranstalten.
Hand in Hand mit diesem geistigen hat sich ein rascher materieller Auf-
schwung vollzogen. Dänemarks Viehzucht z. B. ist zweifellos die rationellste
und bedeutendste Europas. „Dänische" Pferde, „dänische" Butter, „dänische"
Schweine spieleu bereits auf dem auswärtigen Markte eine große Rolle.
Jährlich können an 100 000 Kühe und Ochsen und 14 000 Pferde ausgeführt
werden (siehe dagegen Deutschland und andere Staaten im letzten Teil des
Buches, Kulturgeographie.)
Eine gute Schulbildung treffen wir auch in der Schweiz, wo ebenfalls Schul-
zwang besteht, und wo sich nur reichlich l°/0 Analphabeten unter den Rekruten befinden.
Wir kommen zu dem Schluß, daß gerade in den germanischen Ländern die Volkskultur
sehr hoch steht. Nur für Großbritannien trifft das nicht so recht zu. Ein Schul-
zwang besteht nur in Schottland, und 1876 war noch 19°/0 der Bevölkerung ohne
Schulbildung. — Unter den romanischen Staaten steht, wie wir sehen, Frankreich oben
*) Selbst der Regierungs-Kommissar für die deutsche Unterrichts-Ausstellung auf
der Weltausstellung in Chicago im Jahre 1894 kouute sich solchen Eindrücken nicht ent-
ziehen. In einen« Vortrag erklärte auch er auf Grund der gemachten Erfahrungen, daß
Frankreich unser schärfster Konkurrent sei. Er verschwieg auch das Gutachten eines ameri-
kanischen Schulmannes nicht, daß man in Amerika anfange, das französische Volksbilduugs-
wesen als ein mustergültiges anzusehen; namentlich erkenne man, daß in Frankreich
für neue, lebensvolle Ideen jetzt ein besserer Boden sei als in Deutschland.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland], T114: [Fleisch Milch Brot Pferd Butter Käse Stück Wein Schwein Getreide]]
Extrahierte Personennamen: Friedrichs Dänemarks
Extrahierte Ortsnamen: Schweden-Norwegen Dänemark Norwegen Europas Deutschland Schweiz Schottland Frankreich Chicago Frankreich Amerika Frankreich Deutschland
— 26 —
dem Bauwerk der Erdoberfläche in die Erscheinung getreten, denn gerade das Wasser ist
es, das an der Gestaltung der Erdoberfläche eine Riesenarbeit geleistet hat und noch leistet,
und zwar das Wasser iu allen seinen Erscheinungsformen, als Meer, See, Fluß, Regeu,
Tau, Reif :c. — Die erdaufbauende Thätigkeit des Wassers wollen wir uns an einem
Beispiel auf engbegrenztem Raum veranschaulichen.
Wir stehen auf einem großen gepflasterten Hofplatz, an den eine geneigte Acker-
fläche grenzt. Die Steinpflasterung möge für uns ein Stück Urgebirge bedeuten. Es
regnet, und das von dem Acker herabkommende schmutzige Wasser läuft auf den Hofplatz.
Hier, wo es auf wagerechter Fläche allmählich vom Fließen aufhört, sinkt der Schmutz
nieder und bildet Sand- und Schlammablagerungen. Werden diese nie entfernt, so lvird
der Hofplatz nach und nach von einer Schlammschicht vollständig bedeckt werden, — das
Urgebirge ist von neuen Erdmassen überdeckt. In der allerersten Zeit der Urperiode
konnte das natürlich noch nicht geschehen, da die höher gelegenen Gebiete, von denen herab
Schlamm und Sand hätten heruntergespült werden sollen, selber noch felsenhart waren.
Aber im Laufe der Zeit zermürbten die Einflüsse der Atmosphäre — (besonders geschieht
das durch Frost und Hitze) — die Gebirge, die der Regen dann immer wieder rein wusch.
Das Abgetragene wurde in die Ebenen und Niederungen oder auch iu die Oceane ge-
schwemmt, wo im Laufe der Jahrtausende über dem Urgebirge Erdschichten von ungeheurer
Mächtigkeit eutstanden. Unser Regenwasser konnte nur das niederschlagen, was es unter-
wegs mit sich fortgerissen hatte, die Flüsse und Oceane führen aber auch Eigenprodukte
mit sich, die sie ablagern können. Es sind das vor allem die Kalk- und Salz bestand-
teile des Wassers, wozu noch die kalkigen Schalen gewisser Tiere kommen. Durch Ab-
setzung derartiger Stoffe sind die Kalk-, Kreide- und Salzschichtungen und -gebirge
entstanden. — Wir müssen also bei der heutigen Erdkruste unterscheiden
a) das Urgebirge, b) die durch das Wasser besorgten Schichtungen, und zwar
1. sandige und thonige, 2. kalkige, 3. salzige Schichtungen.
Nach drei Jahren kehren wir von einem Aufenthalt in der Fremde in die Heimat
zurück und fucheu unseren Hofplatz auf. Wir hatten gebeten, ihn nicht zu benutzen, auch
den auftreibenden Schmutz nicht zu entfernen. Es hat sich denn auch eine stattliche Schicht
gebildet. Mit einem kleinen Löffel graben wir in dieselbe hinein. In der oberen Schicht
finden wir ab und zu ein Haferkorn und Haferspreu: Das Feld muß im letzten Sommer,
sagen wir 1894, mit Hafer bestellt gewesen sein. Etwas tiefer suchen wir vergeblich nach
irgend welchen Ernteresten. Die Schicht wird im Winter, als der Acker gepflügt war,
abgesetzt sein. Wieder ein wenig tiefer finden wir hin und wieder Weizenkörner, sogar
eine ganze Weizenähre entdecken wir; wir sind in der Frühjahrsschicht des Jahres 1893
angekommen. Dann fehlen wieder Körner und Spreu, wir sind wieder in einer Winter-
schicht, Sie hat aber gegen die frühere eine auffällig hellgraue Farbe. Wir untersuchen
sie und finden, daß sie stark mit Mergel durchsetzt ist. Über die Ursache fiud wir nicht
lange im unklaren: Der Acker muß im Winter 1892 bemergelt worden sein, wobei der
Mergel längere Zeit frei liegen blieb. Noch tiefer bringen wir Rapssaatkörner und -schoten
zu Tage, ein Beweis, daß das Feld im Sommer 1892 mit Rapssaat bebaut war. Wir
graben weiter und treffen schwärzlich gefärbte Massen. Bei näherer Untersuchung finden
wir, daß sie mit torfartigem Material durchsetzt sind. Wir schließen, daß der Acker im
Winter 1892 wohl mit Torfstreu bedüngt wurde. Die unterste Schicht hat eine lehmgelbe
Farbe. Wahrscheinlich lag der Acker im Jahre 1891 als Brache. Er war vielleicht sehr
tief gepflügt, so daß infolge der sehr dünnen Ackerkrume der gelbe Lehm vielfach zum
Vorschein kam. — Wir sind auf dem Steinpflaster angekommen. Es war eine interessante
Untersuchung. Die aufgeschwemmten Massen erzählten uns in ihrer stummen Sprache die
Geschichte des benachbarten Ackers. Wir machen noch mit einem langen Messer einen
scharfen Schnitt durch die Erdschichten. Nach Entfernung der vorderen Massen erkennen
wir an den bloßgelegten Schnittflächen deutlich die dünnen, übereinanderliegenden Schichten,
die sich meist schon durch ihre Farbe, sonst aber durch die Einschlüsse voneinander unter-
scheiden. Wir zählen von unten nach oben folgende sieben Schichten: die lehmige Schicht
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
— 127 —
(4. Die Weinlese.) 1) Im Herbst, zwischen Anfang Oktober und Ende
November, wird von dem Ortsvorstand und den größeren Besitzern der Beginn
der Weinlese festgesetzt. In den Wochen vorher sind bereits alle Gärten von
Gemeinde wegen verschlossen, so daß niemand seinen eigenen, geschweige denn
andere Gärten betreten kann. Endlich wird durch die Schelle bekannt gemacht,
wann die Lese beginnen soll. Und nun
„Dappelt's hinaus
Mit Mann und Maus,
Mit Kübeln und Bütten! Das Haus verläßt
Selbst Kind und Kegel beim Lesefest!"
Auf den Straßen, die zu den Weinbergen führen, herrscht bald ein reges Leben.
Mostwagen und Winzer mit Kannen und Bütten ziehen hin und her. Alle
Weingärten sind belebt von fleißigen Arbeitern und Arbeiteriuueu. Heitere
Scherzworte tönen herüber und hinüber, und manch' fröhliches Rhein- und Wein-
lieb schallt dem Fremden entgegen, der sich übrigens auch allerlei Neckereien von
den Übermütigen gefallen laffen muß. — Die Trauben werden gleich an Ort
und Stelle in den Legeln zerquetscht (s. Bild Atlas, Auhg. S. 3). Das sind ovale
Holzgefäße, die mittels Riemen auf dem Rücken getragen werden. Zu Hause er-
folgt dann die vollständige Auspressung in der „Kelter", d. h. in der Presse.
Aus dem abfließenden trüben Most entsteht nach langer Gärung der goldhelle
Rheinwein (Zersetzung des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure).
Gegen Abend kündigen Flintenschüsse auf der rechten, Glockenlänten auf
der linken Rheinseite, — die Bräuche sind hüben und drüben verschieden, —
den Feierabend an. Die Weinberge werden geschlossen, und die Winzer und
Winzerinnen ziehen heim. Ihr Singen und Jauchzen mischt sich mit dem Knallen
der Flinten und dem Läuten der Glocken. — „Am Rhein, am Rhein, da
wachsen unsere Reben, gesegnet sei der Rhein."2)
Im Angesichte des Rheingaues, zu Ingelheim am linken Rheinufer
(südöstlich von Johannisberg) erbaute Karl der Große sich einen mächtigen
Residenzpalast. Auch ihm mochte es die herrliche Landschaft angethan haben.
In Ingelheim wurden viele Reichstage abgehalten. Von hier aus wurde auch
der Zug gegen die Sachsen und Sorben unternommen. — Karl der Große
sorgte auch für Einführung neuer Reben und hob den damals fast bedeutuugs-
losen Weinbau auf eine hohe Stufe. Der mächtige Palast, in dem später hin
und wieder auch andere Kaiser residierten, wurde, nachdem er schon im dreißig-
jährigen Krieg stark gelitten hatte, 1689 von den Scharen Ludwigs Xiv. (S. 9,
71, 74, 75, 76) zerstört.
*) Nach einem Aufsatz in Joh. Meyer, „Lesebuch der Erdkunde".
Der König der Rheingauweine ist der Schloß Johannisberger (s. Karton
Karte Süddeutschland unten links), doch kommt von ihm sehr wenig in den Handel. (Be-
sitzer des Schlosses ist Fürst Metternich, ein Sohn des bekannten österreichischen Ministers.)
Andere vorzügliche Marken sind der Steinberger, Rauenthaler, Markobrunner, Rüdes-
heimer :c. Alle sind „Weiß"weine. Auch der rote Aßmannshänser (von Aßmannshausen,
schon unterhalb Bingen gelegen) zählt noch zu den Rheingauweinen. Die weiter abwärts
wachsenden Weine erreichen die Rheingäner Weine an Güte nicht mehr. — Für schlechte
Weine hat der Rheingaubewohner allerlei witzige Bezeichnungen: Rambaß, Strumpfwein
(„schon bei seinem Anblick ziehen sich die größten Löcher in den Strümpfen zusammen"),
Rachenputzer ?e. — Man hat herausgefunden, daß die Rheinweine da am besten sind, wo
die Kirchglocken den vollsten, kräftigsten Ton haben. Darauf bezieht sich das solgende
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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TM Hauptwörter (200): [T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs]]
Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Karl_der_Große Karl Ludwigs Meyer Fürst_Metternich
— 143 —
(Atlas, Anhgk S. 3) zeigt uns die Ruhrgegend als ein dichtbevölkertes Gebiet,
mit dem nur das westliche Sachsen wetteifern kann. Die darüber stehende
Karte klärt uns über die Ursache auf: das von der Ruhr durchßossene Gebiet,
b) das Ruhrkohlengebirge,
ist das mächtigste Steinkohlenrevier Deutschlands. Dasselbe liegt überwiegend,
was auch die Lage der Städte schon andeutet, auf der rechten Seite des
Flufses. Teils gehört es zur Rheinprovinz, teils zu Westfalen. Es gilt
als das reichste Kohlenlager Europas. Die Fläche, unter welcher bau-
würdige Kohlen liegen, berechnet man auf 2000 qkm (Vergleich!). 90 abbau-
würdige Flötze mit 96 m Kohlen liegen übereinander. Die ursprünglich vor-
Händen gewesene Menge der Kohlen berechnet man auf 35 Milliarden cbm,
wovon bis jetzt erst 1 Milliarde gewonnen ist. Der noch vorhandene Teil dürfte
mindestens noch 500 Jahre reichen. 1891 waren 169 Gruben in Betrieb, in
denen 137 000 Bergleute 37 Mill. t förderten. (1883: 28 Mill. t. Das
Oberschlesifche Revier lieferte im gleichen Jahr die Hälfte, das Saarbrückener
ll4 dieses Quantums.) ^) — Infolge des Kohlenreichtums ist im ganzen Ruhr-
gebiet eine großartige Industrie entstanden (Grund: das billige Heizmaterial
wird nicht durch Frachten verteuert). Alle die rund 30 Städte sind Fabrik-
städte. Vou großem Wert ist es, daß im Kohlengebirge auch reichlich Eisen-
erze gefunden werden, sowie, daß das Siegener Eisenlager nicht allzuweit
entfernt ist. Auch die Erze dieses Lagers werden ins Ruhrkohlengebiet geschafft
und dort verhüttet. (Grund wie oben; warum nicht umgekehrt Kohlen ius Erz-
gebiet gefrachtet?) Die bedeutendste der Fabrikstädte ist Essen (C nördlich von
der Ruhr, in der Rheinprovinz, nahe der westfälischen Grenze.) Hier befindet sich
c) die Kruppsche Fabrikanlage.
(1. Umfang.) Sie ist die größte Fabrik der Welt. 14 000 Arbeiter
sind in den Essener Werken, 7000 in den Anlagen außerhalb Essens thätig.
Die Familien dieser 21 000 Arbeiter zählen an 70 000 Köpfe mit ca. 14 000
Schulkindern! Die Essener Fabrik bedeckt eine Fläche von über 500 ha (Vergleich
mit Dorfflur :c.), wovon an 100 lia (Vergleich mit einem Bauerngut :c.) überdacht
sind. Eine hohe Mauer friedigt den gewaltigen Raum ein. Ihn durchzieht
ein Netz von Schienen, auf denen 38 Lokomotiven und 883 Eisenbahnwagen
verkehren! Schon 1873 waren in Betrieb 250 Schmelzöfen, 240 Dampfkessel
und 71 Dampfhammer. Unter letzteren zeichnet sich besonders der „Fritz" aus,
der ein Gewicht von 50 000 kg hat (— 33 Bauernfuder mit Korn). Wenn er
auf die glühenden Eisenblöcke niedersaust, so glaubt man den Donner einer
Kanone zu hören, und Thüren und Fenster erbeben in weitem Umkreise. Ge-
räuschloser, aber dennoch mit zehnfacher Kraft arbeitet die hydraulische Riesen-
presse, die größte der Welt. Sie durchschmiedet mit einem Druck von
5 Millionen kg die Stahlblöcke bis ins Innerste. — Zur Heizung der Dampf-
kefsel u. f. w. werden täglich 3 Mill. kg Kohlen (Vergleich!) verbraucht. — Außer
diesen Fabrikanlagen in Essen gehören zum Kruppschen Besitz noch drei Kohlen-
bergwerke bei Essen und Bochum, 547 Eisengruben in Deutschland, mehrere
*) Hier ist im Unterricht eine Betrachtung des Lebens und Treibens in einem
Kohlenbergwerk sehr angebracht. Des Raumes halber mußte hier vorläufig darauf ver-
Sichtet werden.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf]]
Extrahierte Personennamen: Anhgk_S.
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Deutschlands Westfalen Europas Rheinprovinz Bochum Deutschland
— 234
in der Dämmerung gespenstisch von dem dunklen Boden ab. Außer ihr, die
aber auch nur vereinzelt das Moor belebt, erhebt sich kaum irgend ein Ge-
wachs über dem Boden. — Wenige nur kennen diese Eindrücke aus Erfahrung,
denn nur wenige wagen sich weit in diese weltverlassenen Gegenden vor. Und
es ist auch uicht ratsam, denn es giebt manche Partien, durch deren trügerische
Decke man in den Morast hinabsinkt, langsam aber unrettbar. Im Saterland
bindet man an manchen Stellen Pferden und Kühen Bretter unter die Füße,
damit sie nicht im Moorschlamm versinken, und die Menschen schwingen sich bei
stark durchnäßten „Wegen" mit dem Springstock von Bult zu Bult. Diese
Unwegsam feit war einst den Römern, die wiederholt auch von der Emsmündung
aus (Drusus, Germaniens) ihre Eroberungszüge begannen, sehr hinderlich. Aber
sie schraken vor dieser Schwierigkeit nicht zurück, sie schufen lange Holzwege
aus starken Eichenbohlen, die man noch heute im Moore findet, — die Eisen-
bahnschienen des Altertums.
Aber selbst in diese Einöde haben sich menschliche Bewohner verloren.
Von der Armseligkeit ihrer Lebensverhältnisse macht man sich schwer einen Be-
griff. Ihre aus Torf erbauten „Plaggenhütten" gleichen mehr einer Erdhöhle.
Sie umschließen meist nur einen Raum, in dessen einer Ecke notdürftig ein be-
fonderes Behältnis für die kleine Moorkuh und ein paar zottige Moorschafe
abgezäunt ist. Ein Sandhausen in der Mitte der Diele bildet den Herd, auf
dem das Torffeuer fchwelt. Um ihn herum sitzt oder hockt au Winterabenden
die Familie, wobei nicht bloß der Vater, sondern auch die Mutter den ohnehin
vorhandenen Rauch durch deu Qualm der Tabakspfeifen vermehrt. Unwillkürlich
erinnert man sich bei einem Besuch dieser Wohnstätten an die Wohnungen der
alten Deutschen, wie sie uns von den Römern beschrieben werden, und man
darf mit Recht sagen, daß diese „Moorker" tatsächlich noch ebenso wohnen und
leben, wie vor zwei Jahrtausenden ihre Vorfahren (die Chanken, Angrivarier u. f. w.).
Eine grenzenlose Unwissenheit und der schwärzeste Aberglaube haben hier eine
Heimat. — Seit zwei Jahrtausenden wird diesen „Eingeborenen" das Moor
jedoch streitig gemacht von einem intelligenteren, regsameren Menschenschlag, den
Moorkolonisten, die Schritt für Schritt von der Geest aus in das Moor
vordringen (f. unten).
Aus den Mooren gewinnt man den Tors.^) Die obersten Schichten liefern
den leichten Stechtorf (Pfeifentorf) von heller Farbe und geringer Heizkraft;
darunter liegt ein brauner und noch tiefer ein schwarzer, schwerer Torf, der
schon an Braunkohlen erinnert (s. S. 113) und eine bedeutende Heizkraft besitzt.
— In ganz Oldenburg und im größten Teil Hannovers bildet der Torf das
wichtigste Heizmaterial, nicht bloß für Ofen und Herde, sondern anch für die
Lokomotiven.
Moorkultur.
Von jeher waren die Moorbewohner bemüht, sich das Moor als Acker-
land dienstbar zu machen. Als solches ist es nämlich in seinem Naturzustand
unbrauchbar. Es ist zu naß, zu kalt, zu lose und zu säurehaltig, so daß feine
Getreideart auf ihm gedeiht. Anf dreierlei Weise nun versucht man, das Moor
i) Auffällig ist, wie fast in allen europäischen Sprachen der Torf mit demselben
Wort benannt ist; englisch turf, dänisch torv, französisch tourbe, italienisch torba,
ungarisch turfa, russisch torf (Jndo-enropäischer Sprachstamm).
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
— 235 —
ertragfähig zu machen, durch das Moorbrennen, durch die Fehn- und durch
die Moordammkultur.
1. Das Moorbrennen ist die ältere und mangelhaftere Kulturform. Man
hackt oder pflügt die oberste Schicht in Schollen aus und zündet diese an. Das
Schwelen derselben verursacht den lästigen Höhenrauch (Heerrauch), der sich
fast über ganz Deutschland, ja bis nach Osterreich hinein verbreitet. Am meisten
l,at natürlich der Moorbrenner selbst darunter zu leiden. In dickem Rauch
stehend verrichtet er seine Arbeit. Das geschwärzte Gesicht triest von Schweiß,
die Augen sind gerötet, die Kleidung ist von Staub und Asche bedeckt. Der
Qualm ist so dicht, daß man die Sonne wie eine rote Scheibe erblickt. In die
Asche wird dauu Buchweizen gesäet, der häufig reichen Ertrag gijbt, oft aber
auch durch Nachtfröste empfindlich leidet. „De Bankweite is en Slump-Koren,
wenn hei aber insleit, en Plnmp-Koren."
2. Viel gründlicher wird das Moor umgestaltet bei der Fehnkultnr. Zu-
nächst wird vom Fluß aus ein Kanal durch das Moor gezogen, entweder mit
Schaufel und Spaten oder mittelst der Torfbagger. Das sind dnrch Dampf
getriebene Maschinen, die sich langsam fortschreitend durch das Moor gleichsam
hindurchfressen, die aufgenommene Erde als gepreßten Torf wieder von sich
geben und einen breiten Kanal hinter sich zurücklassen. Letzterer hat eine
doppelte Wichtigkeit. Er dient zur Entwässerung des Landes und zugleich an
Stelle von Landstraßen, die im Moor außerordentlich schwierig anzulegen sind,
als Verkehrsweg. An den Seiten dieses Kanals beginnt man nun mit der
Bodenkultur. Die oberen, leichteren Torfschichten werden abgegraben und zur
Seite gelegt, die darunter liegenden Massen aber zu Torf verbacken, bis man
den sandigen Untergrund erreicht hat. Den Torf frachtet der „Fehntjer" längs
des Kauals nach den Küstenplätzen, verkauft ihn und bringt als Rückfracht
Dünger, z. B. Straßenkot, Marschschlick ?c. mit heim. Nun kann das „Land-
machen" beginnen. Die aufgesparte obere Torfschicht wird auf deu entblößten
Sandgrund gestürzt und beides zusammen mit dem Dünger gründlich durch-
gearbeitet. Auf diese Weise eutsteht ein sehr fruchtbarer Boden, der nicht
bloß Roggen, Gerste und Hafer, sondern oft auch Weizen und Rapfaat in
reicher Fülle trägt. Allmählich können sich die Fehntjer an Stelle der ersten
armseligen, aus Torserde gebauten Hütten kleine freundliche Ziegelsteinhäuser
bauen, und mit der Zeit bietet das Fehn einen fesselnden Anblick. Der Kanal
ist als Handelsstraße immer wichtiger geworden. Bunt bewimpelte kleine und
große Fahrzeuge beleben ihn. An seinen Ufern erheben sich Schissswerften,
da mit dem steigenden Verkehr immer mehr neue Schiffe und Kähne gebaut
werden müssen. Zeilensörmig ziehen sich die freundlichen Häuser mit schmucken
Gärten, begleitet von einem Ziegelsteinsteg, am Kanal entlang. Auf fruchtbarem
Acker weidet schweres Marschvieh oder wiegt sich ein üppiges Korn; — alles
rühmt den Fleiß und die Ausdauer der Fehntjer, die eine trostlose Einöde durch
saure Arbeit in eine blühende Landschaft umwandelten, und gleichermaßen einen
gesegneten Ackerbau als auch eine flotte Industrie hierherzogen. Die bedeutendste
Fehnkolonie ist Papenburg, unweit der Ems, am Rande des Saterlandes ge-
legen. Vor 200 Jahren gegründet, ist der Ort bereits aus einer Fehnkolonie
zu einer Stadt von 6000 Einwohnern geworden. Mit seinen fast 200 Schiffen
ist es der wichtigste Seehandelsplatz Hannovers, übertrifft also selbst das
an der Küste liegende Emden.
3. Weniger mühevoll und doch gleichfalls von großen Erfolgen begleitet
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Osterreich Papenburg Hannovers Emden
— 140 —
so langen Weg zurück. Mitunter kehrt er nach stundenlangem Lauf zum
Ausgangspunkt zurück.1)
(3. Der Meindan.) Der Weinbau ist im Moselthal mit außerordent-
lichen Schwierigkeiten verbunden, da die Felsufer durchweg noch steiler und
höher sind als im Rheinthal. Häusig muß man die Wände erst in Terrassen
ausstusen, um überhaupt Weingärten anlegen zu köuuen. Man zählt stellen-
weise bis zu 30, durch gemauerte Bögen und Pfeiler getragene
Terrassen übereinander. Mit Staunen ermißt der Wanderer, welch' eine
Riesenarbeit hier von fleißigen, mit dem Fels ringenden Händen geleistet wurde.
„Die vielfach bewunderten hängenden Gärten der Semiramis können nicht mit
diesen Wunderwerken verglichen werden." „Nicht selten steckt in ihnen mehr
Arbeit und Mauerwerk als in einem gotischen Dom." Und nun bedenke man
die Mühe der Bearbeitung! Den Dünger auf dem Rücken, muß der Winzer
oft eine Stunde steigen, um die oberste Terrasse zu erreichen! Und wie hänsig
muß er zu den mannigfaltigsten Arbeiten den Weinberg besuchen, auch im Winter!
Wahrlich, wir können nur mit größter Achtung der arbeitsmutigen Mosel-An-
wohner gedenken! — Kommt dann endlich der Tag der Lese, so ist alle Mühsal
vergessen; wie am Rhein herrscht anch hier fröhlicher Jnbel. 80 Millionen 1
(Vergleich!) des schönen Moselweines können in den besseren Jahren ans den
Weltmarkt gebracht werden.
(4. Abgeschlossenheit») Lange blieb das dicht bevölkerte Moselthal ein
stiller, abgeschlossener Erdenwinkel. Auch Kriegsgeschrei und Schlachten blieben
ihm fern. Es war eben infolge der engschartigen Beschaffenheit und wegen der
zahllosen Krümmungen wenig zugänglich. Die Hauptlandstraße von Koblenz nach
Trier folgt nicht dem Thal, sondern verläuft auf der Eifel, etwa vier Stunden
vom Fluß entfernt. In der Neuzeit wurde das Moselthal aber durch Eisen-
bahn und Dampfschiff mehr erschlossen. Die Eisenbahn benutzt jedoch auch nur
streckenweise das Thal, und die Dampfschiffahrt ist durch die Krümmungen
und das seichte Wasser sehr erschwert. Im Hochsommer müssen die Fahrten
mitunter ganz eingestellt werden.-—Reisende benutzen für die Bergfahrt wohl
die Eisenbahn (bis Trier), für die Rückfahrt dagegen das Dampfschiff.
2. Lahn, Sieg und Wupper.
a) Lahn und Sieg.
Die Lahn kommt vom Rothaargebirge (Ederkops) und trennt den Taunus
vom Westerwald. Unser Bild zeigt uns das lieblich gelegene Ems, 11/2 Stunden
*) Ungefähr unter dem 50. Grad (beim Kloster Marienburg bei Alf im Bezirk
Zell, nordöstlich von Trarbach) liegt auf der schmalen Wurzel einer Landzunge ein Wirts-
haus, in welches der Schiffer, nachdem er es morgens verlassen, am Abend nach Be-
schiffung der (Zelter) Schleife, abermals einkehren kann.
Durch die Krümmungen sind eigentümliche Besitzverhältnisse bedingt. Das
der Sonnenseite zugekehrte Gehänge, — bald ist es das linke, bald das rechte Ufer, —
dient dem Weinbau, das andere trägt Wiesen, Busch und Wald. Um nun weder Wein-
berg noch Wiesen entbehren zu müssen, hat so ziemlich jeder Besitzer hüben und drüben
ein Stück Land. Um diesen getrennten Besitz bewirtschaften zu können, hält sich jeder An-
wohner einen oder einige Kähne, so daß auf keiuem deutschen Fluß ein solcher Kahn-
verkehr herrscht als auf der Mosel. — Für den Fernverkehr ist der Fluß wegeu seiner
Krümmungen und seines seichten Wassers weniger geeignet. — Aus obigem geht hervor,
daß die Mosel in keiner Weise eine Scheide ist, denn da sie nicht einmal Einzelbesitze
trennt, so kann sie auch nicht Dörfer, Gemeinden oder politische Bezirke trennen. — Ver-
gleiche dagegen Jller (Staatengrenze) und Lech (Stammesgrenze).
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus]]
— 198 —
also Städte wie Frankfurt a. M., Nürnberg, Regensburg u. a. suchte, konnte
sich dieser Bucht cds eines Sammelbeckens bedienen, um von dort aus den
Strafsenbahnen nach Süden und Südwesten zu folgen. Genau den Mittelpunkt
des Beckens aber bildet die Doppelstadt (.Doppelstadt in dem Sinne wie bei
Frankfurt-Mainz, S. 77) Leipzig-Halle [Halle s. S. 166). Beiden kommt
gleichmäßig die Gunst der centralen Lage zu statten, und oft schien es, als
solle das iveit ältere Hcdle der endgültige Sieger werden. — Die Strafsen,
die Leipzig mit dem Süden und Südwesten verknüpfen, kennen wir bereits
(s. Frankfurt-Mainz S. 77, Nürnberg S. 105). Die wichtigsten werden be-
zeichnet durch die Namen: 1. Leipzig-Frfurt-Fisenach-Fidda-Frankfurt;
2. Leipzig-Jena-Frankemvaldpafs-Bamberg-Nürnberg - Augs-burg; 3.
X e ip zig -Nabthal-Regensburg; 4. Le ipzi g -Dresden- Fr ag - Wien-Orient.
(2. Messen.) Daß Leipzig tatsächlich ein Sammelpunkt des deutschen
und zum Teil sogar des Welthandels geworden ist, lehren namentlich seine
Messen. Dieselben, — etwa als Jahrmärkte im größten Stil zu bezeichnen, -
bedeuten eben nichts anderes als ein Zusammenströmen ungeheurer Warenmengen
und zahlloser Menschen aus allen Himmelsrichtungen in Leipzig. Drei Messen
werden alljährlich abgehalten. Die Oster- und die Michaelismesse dauern vier
Wochen (!), die Neujahrsmesse 14 Tage. An 200 000 Ctr. (6000 Bauern-
fuder!) Güter werden zu diesen Terminen nach Leipzig befördert! Wochen
vorher haben die auf Leipzig gehenden Bahnen, und in der Stadt die zahllosen
Rollwagen, einen ungeheuren Transport zu bewältigen. Ein großer Teil der
Stadt verändert zur Messezeit geradezu sein gewohntes Aussehen. Die Kaufleute
räumeu nach Möglichkeit ihre Gewölbe und Läden für die fremden, gut zahlenden
Firmen. Die Wände bedecken sich bis znm obersten Stock mit Ankündigungen
zahlreicher Messe-Geschäste. Privatleute vermieten ihre Wohnungen an die
Fremden, deren an 20—30 000 untergebracht werden müssen, abgesehen von
denjenigen, die jeden Abend mit der Bahn ihren Heimatsort aufsuchen können.
Auf den Höfen und zwischen den Häusern werden Waren-Niederlagen eingerichtet,
und auf freien Plätzen entstehen ganze Stadtteile aus Bretterbuden. In manchen
Straßen ist das Getümmel oft derartig, daß man Mühe hat, sich hindnrchzn-
drängen. Aus allen Teilen Deutschlands, aber auch aus England, Frankreich,
Italien, Rußland u. s. w. kommen die großen Kanslente, um sich mit Waren
zu versorgen. Da werden Millionen umgesetzt! Aber auch die kleinen Krämer
und die Handwerker aus weirem Umkreise machen hier ihre bescheidenen Einkäufe..
Daß daueben der übliche Jahrmarktstrubel ein besonders großartiger ist, versteht
sich von selbst.
(Einst hatten die Messen eine noch größere Bedeutung als heute. Seitdem
Eisenbahn und Telegraph bestehen und die Groß-Kaufleute und Fabrikanten ihre
Handlungsreisenden von Ort zu Ort senden, kann jeder Händler sich bequem
mit Waren versorgen, ohne große Reisen zu machen. Ihre Hauptbedeutung
haben die Messen heute namentlich für solche Artikel, die der Kaufmann vor
dem Ankauf notwendig „im Stück" sehen muß, wie z. B. Rauchwaren (Felle),
Leder u. a. So strömen in Leipzig speziell ungeheure Mengen Pelzwerk aus
Nord-Amerika und Nord-Asien zusammen. Dasselbe wird hier zugerichtet und
in alle Welt versandt; nur etwa eiu Achtel der Eiusuhrmeuge bleibt in Deutsch-
land zurück.)
(3. Duchhnndel.) Leipzig ist auch der erste Platz Deutschlands für
Buchdruck und Buchhandel. Es hat wahrscheinlich mehr Buchhandlungen als
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt_a._M. Nürnberg Regensburg Leipzig Nürnberg Leipzig-Jena-Frankemvaldpafs-Bamberg-Nürnberg Leipzig Leipzig Deutschlands England Frankreich Italien Leipzig Nord-Amerika Deutsch- Deutschlands
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Muße, die ihm das Hüteramt läßt, füllt er meist eifrig strickend aus; er „breidelt
Schnuckeufocken", wie man in der Heide fagt.
3. Noch für einen andern Nahrungszweig bildet die Heidepflanze die
Grundlage, für die Imkerei (f. oben). Dieselbe wird von vielen Bewohnern
ausschließlich, von anderen neben dem Ackerbau und der Schafzucht betrieben.
Neben dem Heideblumenflor bieten die Buchwelzenfelder den Bienenvölkern vor-
zügliche Nahrung. Im Winter beträgt die Zahl der Stöcke an 50 000, im
Fig. 63. In der Lttneburger Heide.
Sommer mindestens das dreifache (Grund!). Auch die in der Nähe der Heide
wohnenden Imker senden zur Blütezeit ihre Stöcke hierher, um sie später mit
reicher Beute wieder heimzuholen. Die Produkte der Imkerei, Honig und Wachs,
werden zu einem Teil nordwärts nach Hamburg, zum andern Teil südwärts
nach Celle (o an der Aller) gebracht und von da weiter verschickt.
4. An der Pflanzendecke der Heide beteiligt sich in großen Mengen auch
die blanfrüchtige Heidel- oder Bickbeere und die rotfrüchtige Preißel- oder
Kronsbeere, und ihnen verdanken wiederum viele Bewohuer einen Teil ihres
Erwerbes. Truppweise ziehen zur Zeit der Beerenreife Fraueu und Mädchen,
für den ganzen Tag mit Lebensmitteln ausgerüstet, hinaus in die Heide auf die
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung]]
Extrahierte Ortsnamen: Heide Lttneburger_Heide Hamburg Celle
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a) Der Spree wald.
Der Spreewald, unterhalb Kottbus im Spreeviereck gelegen, ist eine
britchartige Niederung'), die von zahlreichen Spreearmen netzartig durchzogen
und oft überschwemmt wird. Ein Teil der Sumpfflächen ist durch Kanalisierung
und künstliche Erhöhung in sehr fruchtbares Ackerland verwandelt worden
(vergl. Oderbrnch), ein anderer Teil ist mit Wäldern, in denen die Erle vor-
herrscht, bestanden. — Alle Besorgungen müssen hier zu Kahn verrichtet werden.
Die zahllosen Wasserarme und Kanäle vertreten die Stelle der Landstraßen.
Zu Kahn macht man seine Besuche, zu Kahn holt man die Ernte nach Hanse
und bringt man den Dünger auf den Acker. Auf dem Kahn folgt man dem
Verstorbenen zum Gottesacker und der Braut auf dem Hochzeitswege. Auf Kähnen
fahren die Kinder zur Schule, die Erwachsenen zur Kirche, die Förster auf die
ergiebige Jagd und die Postboten in die lauschig versteckten Dörfer. Auf dem
Kahn durchfährt zur Sommerzeit auch der Fremde die interessante Landschaft.
Es ist ein wohliger Genuß, unter dem weit überstehenden, kühlen Laubdach, das
sich freundlich in der Flut spiegelt, dahinzugleiten, vorbei an mächtigen Eichen
und au den auf kleinen Erhöhungen (vergl. die Warften der Halligen) ge-
legenen und wie eine Burg vou Gräben umschlossenen Häuschen. Infolge der
täglichen Übung verstehen die Spreewälder, selbst die Kinder, es meisterhaft, den
Kahn sicher und geschwind dnrch die Flut zu leiten. — Hat aber der Winter
seine Herrschaft angetreten und die Gewäffer mit Eis belegt, so greift alles zu
Schlittschuhen. Knaben und Mädchen, Männer und Frauen, selbst das alte
Mütterchen, das sich im Walde Holz sammeln will, — sie alle gleiten auf
Schlittschuhen über die blanke Eisfläche.
Einst bot der unzugängliche Spreewald den von den Deutschen bedrängten
Wenden eine willkommene Zuflucht. So ist es zu erklären, daß gerade hier sich
das Wendentnm in bemerkenswertem Maße erhalten hat. Sprache und Sitte ist
noch heute in einem Teil des Spreewaldes wendisch.
Ii.
Tie Sudeten.
1. Laqe. Gliederung.
Tjie Sudeten bilden das Grenzgebirge zwischen Schlesien und Böhmen
{und Mähren). Sie sind der dritte der drei hohen Wälle, die den großen
Kessel Böhmen umranden. [Nennen!) In der Hauptsache setzt der Sudeten-
zug sich aus zwei großen Erhebungsgebieten zusammen, dem Riesengebirge
(mit dem Isergebirge) im Westen und den Glatzer Gebirgen (nebst dem in
Österreich gelegenen Alivatergebirge, auch Mährisches Gesenke genannt) im
Osten. Der westliche Flügel kulminiert in der Sehneekoppe mit 1601 rn,
der östliche im Altvater mit 1490. Es sind also die Sudeten, speziell das
Biesengebirge, das höchste Gebirge Deutschlands (<abgesehen natürlich von den
Alpen; Zugspitze 3000 m, S. 53). Zwischen den beiden bezeichneten Ge-
birgsgruppen breitet sich ein niedriges Bergland aus, das man nach der Stadt
x) Bruch (plattdeutsch Brook) ist eine sumpfige, meist mit Bäumen (Erlen :c.) be-
standene Niederung.
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]